Andacht zum Palmsonntag, den 10. April 2022 - Kirche in ...

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Ev.-Luth. Kirchengemeinde Niendorf

   Andacht zum Palmsonntag, den 10. April 2022
                                                                   von Pastorin Ute Andresen
Herzlich willkommen!! Und schon wieder ist eine Woche vorbei, die Fastenzeit neigt sich lang-
sam dem Ende zu und wir gehen gemeinsam in die Karwoche. Doch zunächst wird Jesus am
Sonntag Palmarum mit Palmenzweigen und fröhlichen Rufen „Hosianna! Gesegnet sei, wer im
Namen des Herrn kommt!“ in Jerusalem willkommen geheißen.

Wir feiern Andacht
im Namen Gottes, der die Menschen nicht verlässt,
in Namen Jesu Christi, der im Leiden begleitet
und im Namen des Heiligen Geistes, der in allem Glück und Leid an der Seite ist. Amen!

Psalm 69 – in neuen Worten
Gott, ich verzweifle noch an den Menschen, die mich umgeben.
Die Luft wird enger und das Wasser steht mit bis zum Hals.
Ich gehe im Morast unter, der mich umgibt.
         Meine Füße finden keinen festen Grund
         und ich blicke in den Abgrund, der sich vor mir auftut.
Ich habe so viel geweint, dass ich keine Tränen mehr habe,
dass meine Kehle vom Schluchzen wund ist und die Augen brennen.
         Es fühlt sich so an, als hätte ich nirgendwo ein Platz an dem ich geborgen sein kann,
         die Vögel haben ihre Nester oder sind in Häuser gezogen.
         Aber ich bin allein.
Doch in meinem Herzen weiß ich, dass du, Gott, da bist,
auch wenn ich dich nicht sehen kann.
         Ich weiß, dass du mich hörst und das tut mir gut.
         Du kennst meine Schwächen, aber reduzierst mich nicht darauf.
Darauf zu hoffen, dass andere Menschen mich verstehen und mir helfen, ist müßig.
Sie werden mich nicht aus dem Sumpf ziehen,
         aber ich bete zu dir, dass ich nicht umkomme,
         sondern, dass du mich in deine Arme schließt
         und mir neue Kraft schenkst.
Amen.

Du stellst meine Füße
Weite Räume meinen Füßen,
Horizonte tun sich auf.
Zwischen Wagemut und Ängsten,
nimmt das Leben seinen Lauf. :I
Du stellst meine Füße auf weiten Raum :I
Schritt ins Offne, Ort zum Atmen,
hinter uns die Sklaverei;
mit dem Risiko des Irrtums
machst du, Gott, uns Menschen frei. :I
Du stellst meine Füße auf weiten Raum. :I
Da sind Quellen, sind Ressourcen,
da ist Platz für Phantasie;
zwischen Chancen und Gefahren
Perspektiven wie noch nie. :I
Du stellst meine Füße auf weiten Raum. :I
Doch bleib Kompass, bleibe Richtschnur,
dass wir nicht verloren gehn;
zu der Weite unsrer Räume
lass uns auch die Grenzen sehn. :I
Du stellst meine Füße auf weiten Raum.      :I
Der Name des Sonntags „Palmarum“ lehnt sich an die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusa-
lem an und findet sich in allen vier Evangelien wieder: Matthäus, Markus, Lukas und Johan-
nes und erzählen sie kurz vor Beginn der Leidensgeschichte Jesu.
Diese Geschichte ist das Evangelium des Tages, z. B. bei Johannes 12, 16-19.
Predigt
Liebe Weggefährten,
was passiert eigentlich alles in dieser einen Woche, die uns auf den Karfreitag und Ostern
hinführt! So viele Dinge, die sich schwer in Worte fassen und in die Gefühlswelt integrieren
lassen: Wo liegt der Sinn?
Das Evangelium erzählt vom Einzug Jesu in Jerusalem. Die Leute liegen ihm zu Füßen, breiten
ihre Kleider aus, schmücken den Weg mit Palmzweigen und rufen ihn zum König aus: „Hosi-
anna! Gesegnet sei, wer im Namen des Herrn kommt. Er ist der König Israels!“ Ein König, wie
er in den Schriften angekündigt war und auf den sie so lange gewartet haben. Er zeigt einen
neuen Weg auf, der den Lazarus vom Tod auferweckt hat. „Hosianna!“, der auch die Römer
in die Schranken weisen wird und uns endlich wieder zu einem eigenständigen Staat macht.
Die Kinder und Erwachsenen, so stelle ich es mir vor, sind sowieso in Feierstimmung – „Hosi-
anna!!“ Denn in dieser Woche findet das große Passahfest statt und sie feiern Gott, der sie
zu seinem Volk auserwählt hat – das wird ein Freudenfest!
Und nun erleben sie auch noch, dass dieser besondere Mann in Jerusalem einzieht – „Hosi-
anna! Gesegnet sei, wer im Namen des Herrn kommt…“ Andere beobachten die Szenerie
skeptischer: „Da merkt ihr, dass ihr nichts machen könnt. Alle Welt läuft ihm nach“, lässt Jo-
hannes die Pharisäer sagen.
Am Abend zieht Jesus sich mit seinen Jüngern zurück – und sie bekommen seine Lehre noch
einmal in Kompaktform zu hören. Er dient ihnen und wäscht ihnen die Füße, danach feiern
sie Abendmahl und er redet von seinem Tod. Aber sie werden nicht allein bleiben, sondern
er verspricht ihnen den Heiligen Geist zu schicken, der sie trösten soll, wenn er es nicht mehr
kann. Er lehrt sie, erinnert sie, stärkt sie mit seinen Worten und mit seinem unerschütterli-
chen Glauben – das volle Programm, die volle Liebespackung.
Und dann wird Jesus in seinem Reden ganz innerlich. Plötzlich sind nicht mehr die Jünger die
Adressanten, sondern er blickt in den Himmel und die folgenden Worte klingen fast intim –
ein vertrauensvolles Gespräch mit seinem Vater.
Johannes 17, 1-5 lesen
So, jetzt ist alles auf einen guten Weg gebracht. Es klingt wie ein großes Abschiedswort Jesu
an Gott: Ich habe alles gesagt, was ich auf dem Herzen hatte; alles, was du, Gott, mir aufge-
geben hast. Alles, was meine Freunde an Liebe, Hoffnungs- und Glaubenssätzen und zur
Stärkung brauchten, habe ich ihnen weitergegeben. Nun, Gott, bist du an der Reihe! – Jesus
gibt die Aufgabe an Gott zurück. Er hat seinen Teil erfüllt und der Welt von Gott erzählt. Je-
sus hat sein Bestes gegeben, damit Gottes Name wieder groß unter den Menschen wird,
dass Gott nicht in Vergessenheit gerät, dass sie wieder eine Beziehung zu Gott aufbauen
können und der Glauben neu wachsen kann. Jesus sagt: „Ich habe das Werk vollbracht, das
du mir aufgetragen hast.“ Und nun halte dich auch an dein Versprechen, mich nach allem
wieder zu dir zu holen und mich auf den alten Platz in der Herrlichkeit einzusetzen: So wie es
einmal war, bevor ich in diese Welt gekommen bin.
Aber geht das? Kann Jesus so zum Vater zurückkehren, wie er einmal gewesen ist? Ich denke
nicht, denn alles, was er hautnah auf dieser Erde erlebt und erlitten hat, all die Situationen in
denen er herausgefordert und missachtet wurde, haben Spuren auf der Seele hinterlassen.
Er ist feinfühliger geworden; weiß nun hautnah, was Ausgrenzung, was Todesfurcht und
auch Leid bedeutet und wird so ein mitfühlender Gott, der die Menschen in ihren Ängsten
und Grenzen, ihren Befürchtungen und ihrem Verrat besser verstehen kann. Er ist so nah an
die Leute herangekommen, wie es nicht anders geht: Er ist Mensch geworden – mit allem,
was dazu gehört.
In dieser innigen Zwiesprache bittet Jesus Gott darum, den Jüngern bzw. allen, die dem Wort
Jesu Glauben geschenkt haben, das Ewige Leben zu geben. Und er fügt direkt an, worin das
Ewige Leben besteht, nämlich im Erkennen Gottes. Und hier geht es nicht darum Gott vom
Kopf her zu verstehen, sondern in mit allen Sinnen zu begreifen. Als die Schriftgelehrten Je-
sus auf seiner Wanderung einmal fragten, was das höchste Gebot sei, antwortete er: „Du
sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem
Gemüt“. (Matthäus 22, 37)
Ich muss sagen, dieser Satz hat mich schon als Jugendliche berührt und tut es bis heute. Es
geht nicht darum, Gott mit dem Verstand zu erfassen und vor anderen Menschen wissen-
schaftlich zu vertreten, sondern mit allem, was mich ausmacht, Gott zu lieben – mit meinem
Herzen, meiner Seele und auch mit meinem Gemüt – mit allem, was mir zu Gebote steht. Da
passt dann auch nichts mehr zwischen Gott und mir, kein Blatt Papier – nichts, was noch An-
spruch auf mein Leben erheben kann.
Gott lieben ist mein Leben – könnte ich sagen. Und gleichzeitig zum Glauben einladen, mich
mit kritischen Fragen auseinandersetzen und immer wieder neu lernen, auch durch Konfir-
mand*innen, wie Glaube und ein Verstehen Gottes von einer anderen Perspektive aussieht.
Ich lade zu einem Glauben ein, der in allen Lebenslagen, im Guten wie im Abschiednehmen,
in Wüstenzeiten und wie auf den Sonnenseiten des Lebens mit Gott rechnet; der auf eine
gute Führung im Miteinander wie in einsamen Stunden vertraut und sich bei Gott gut aufge-
hoben weiß.
Das könnte doch eine gute Grundlage für ein Ewiges Leben sein: Gott erkennen und lieben,
von ganzem Herzen, ganzer Seele und von ganzem Gemüt.
                                            Amen

1. Soll ich meinem Gott nicht singen? (EG 325)
Sollt ich ihm nicht dankbar sein?
Denn ich seh in allen Dingen,
wie so gut er's mit mir mein'.
Ist doch nichts als lauter Lieben,
das sein treues Herze regt,
das ohn Ende hebt und trägt,
die in seinem Dienst sich üben.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

2) Wie ein Adler sein Gefieder
über seine Jungen streckt,
also hat auch hin und wieder
mich des Höchsten Arm bedeckt,
alsobald im Mutterleibe,
da er mir mein Wesen gab
und das Leben, das ich hab
und noch diese Stunde treibe.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.

5) Wenn ich schlafe,
wacht sein Sorgen
und ermuntert mein Gemüt,
dass ich alle liebe Morgen
schaue neue Lieb und Güt.
Wäre mein Gott nicht gewesen,
hätte mich sein Angesicht
nicht geleitet, wäre ich nicht
aus so mancher Angst genesen.
Alles Ding währt seine Zeit,
Gottes Lieb in Ewigkeit.
Text von Paul Gerhardt – Melodie von Johann Schop

Fürbitte
Gott, wir klagen dir auch weiterhin die Kriege dieser Welt,
das Unrecht, das begangen wird,
die Unmenschlichkeit, die dort triumphiert.
         Und rufen: Gott erbarme dich!
Gott, wir bitten dich um Frieden in der Welt,
um ein Aushandeln gerechter Verträge,
um Menschen, die ihr Leben und ihr Engagement in tragfähige Lösungen setzen.
         Und rufen: Gott erbarme dich!

Gott, wir bitten dich um Kraft und Langmut für alle Ehren- und Hauptamtlichen,
die sich um Geflüchteten kümmern – egal aus welchem Land sie kommen
oder welche Nationalität sie haben.
          Und rufen: Gott erbarme dich!

Gott, wir bitten dich auch für uns selbst,
für die Dinge, die gerade nicht so rund laufen,
für die Verletzungen, die wir anderen durch Worte und Taten zugefügt haben.
In der Stille sagen wir dir, was uns auf dem Herzen liegt
                                             STILLE
          Und rufen: Gott erbarme dich!
Gott, wir hoffen und vertrauen darauf,
dass du ein offenes Ohr für jedes Gebet hast.
Deshalb beten wir mit allen Christinnen und Christen auf der Welt gemeinsam:

Vater unser
  Vater unser im Himmel
  Geheiligt werde dein Name.
  Dein Reich komme.
  Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden
  Unser tägliches Brot gib uns heute.
  Und vergib uns unsere Schuld.
  Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
  Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
  Denn dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
  Amen

Segen
Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen.
Der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen und dich zu schützen.
Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren vor der Heimtücke böser Menschen.
Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst.
Der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Der Herr sei um dich herum, um dich zu verteidigen, wenn andere über dich herfallen.
Der Herr sei über dir, um dich zu segnen.
So segne dich der gütige Gott.
Amen

  Abschlussmusik: Johann Sebastian Bach - I. Toccata (aus Toccata, Adagio und Fuge C-Dur
BWV 564) gespielt von Finnegan Schulz
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