Bausteine für einen systematischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen

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Bausteine für einen
systematischen
Diskriminierungsschutz
an Hochschulen
Bausteine für einen
systematischen
Diskriminierungsschutz
an Hochschulen
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    Inhalt

    1. Einleitung                                                                	    7

      1.1 Rechtliche Verpflichtungen für Hochschulen
          nach § 13 Allgemeines Gleichbehandlungs­gesetz                         	    7

      1.2 Bedeutung von Beschwerdestellen nach § 13 AGG für Hochschulen          	    8

      1.3 Ausmaß von Diskriminierung an Hochschulen                              	    9

    2. Bausteine für einen systematischen Diskriminierungsschutz
       an Hochschulen                                                            	 13
      2.1 Identifikation von Diskriminierungsrisiken, Umfragen und Monitoring    	   14

      2.2 Vernetzung und Institutionalisierung                                   	   17

      2.3 Sensibilisierung, Empowerment und Öffentlichkeitsarbeit                	   20

      2.4 Antidiskriminierungs-, Erst- und Verweis­beratung                      	   24

      2.5 Richtlinien zum Diskriminierungsschutz und zur Beschwerdestelle
          nach § 13 AGG                                                          	   26

      2.6 Positive Maßnahmen                                                     	   32

      2.7 Fazit                                                                  	   35
                                                                                     5

3. Anlage: Ergebnisse der Umfrage                                            	 37

    3.1 Studienanlage                                                        	   37

    3.2 Existenz von Beschwerdestellen an Hochschulen                        	   38

    3.3 Beschwerdeverfahren und Zielgruppen der Beschwerdestelle             	   41

    3.4 Organisatorische Anbindung der Beschwerdestellen                     	   42

    3.5 Aufgaben der Beschwerdestelle                                        	   45

    3.6 Ausstattung der Stelle und Qualifikation der zuständigen Personen    	   47

    3.7 Anzahl der Kontakte und Beschwerdeaufkommen                          	   49

    3.8 Zusammenarbeit mit anderen Stellen                                   	   52

    3.9 Bekanntheit und Barrierefreiheit der Beschwerdestelle                	   54

    3.10 Weitere Maßnahmen zum Schutz vor Diskriminierung                    	   58

    3.11 Schlussfolgerungen zu den Ergebnissen der Umfrage                   	   60

4. Literaturverzeichnis                                                      	 63
Einleitung                                                                                               7

1. Einleitung
Die vorliegende Publikation stellt sechs relevante    schutz und Antidiskriminierungsarbeit an Hoch­
Bausteine für Diskriminierungsschutz und Anti­        schulen sowie die Bedeutung von Beschwerde­
diskriminierungsarbeit an Hochschulen vor. Diese      stellen nach § 13 AGG im Hochschulkontext
wurden auf Grundlage einer bundesweiten Um­           eingegangen. Darüber hinaus wird der For­
frge der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu     schungsstand zum Ausmaß von Diskriminie­­
Beschwerdestellen nach § 13 Allgemeines Gleich­       rung an Hochschulen beleuchtet.
behandlungsgesetz (AGG) an Hochschulen in
Deutschland entwickelt. Die Umfrage fragt nach        Im zweiten Teil wird der Frage nachgegangen,
Existenz, Ausgestaltung und Aktivitäten der Be­       welche Bausteine benötigt werden, um einen
schwerdestellen nach § 13 AGG sowie anderen           effektiven Diskriminierungsschutz für alle
Maßnahmen des Diskriminierungsschutzes an             Statusgruppen an Hochschulen zu ermöglichen.
Hochschulen. Anhand der Bausteine werden              Es werden sechs Bausteine für Antidiskriminie­
aktuelle Beispiele von Praxismaßnahmen an             rungsarbeit an Hochschulen vorgestellt und
Hochschulen präsentiert, die zeigen, wie Dis­         praktische Hinweise sowie Beispiele zu deren
kriminierungsschutz an Hochschulen konkret            Umsetzung gegeben.
umgesetzt werden kann. Jede Hochschule muss
individuell entscheiden, an welchen Stellen sie bei   In der Anlage der Publikation werden die Er­
der Antidiskriminierungsarbeit ansetzt und wie        gebnisse der Umfrage zu Beschwerdestellen an
sie bereits an der Hochschule bestehende Maß­         Hochschulen vorgestellt. Dafür wird zuerst in
nahmen, Angebote und Anlaufstellen integrieren        das Studiendesign eingeführt und dann werden
kann. Ziel von Antidiskriminierungsarbeit an          Ergebnisse zu unterschiedlichen Fragen wie dem
Hochschulen sollte es sein, ein Klima zu schaffen,    Vorhandensein von Beschwerdestellen nach
in dem Diskriminierungserfahrungen offen an­          § 13 AGG, deren Ansiedlung, Aufgaben und
gesprochen werden können, sie ernst genommen          Ausgestaltung sowie deren tatsächlichen Arbeit
werden und adäquate Maßnahmen bestehen, um            vorgestellt. Zudem wird auch auf weitere Maß­
Abhilfe zu schaffen.                                  nahmen im Kontext der Umsetzung von Diskri­
                                                      minierungsschutz an Hochschulen eingegangen.
Im ersten Teil der Publikation wird auf die
rechtlichen Grundlagen von Diskriminierungs­

1.1 Rechtliche Verpflichtungen für Hochschulen
    nach § 13 Allgemeines Gleichbehandlungs­
    gesetz
Hochschulen in ihrer Funktion als Arbeitgeber         Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung,
unterliegen den Bestimmungen des Allgemeinen          einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen
Gleichbehandlungsgesetztes (AGG), das im August       Identität (§ 1 AGG) benachteiligt fühlen. Die
2006 in Kraft getreten ist. Zu diesen Bestimmun­      Beschwerde muss von der Beschwerdestelle
gen zählt unter anderem, dass Hochschulen             geprüft und das Ergebnis der Prüfung der oder
Beschwerdestellen nach § 13 AGG einrichten            dem Beschwerde führenden Beschäftigten
müssen. Die Beschäftigten können sich beschwe­        mitgeteilt werden. Darüber hinaus haben die
ren, wenn sie sich aus rassistischen Gründen oder     Hochschulen nach § 12 AGG auch die Pflicht, alle
wegen der ethnischen Herkunft, wegen des              Beschäftigten über ihre Rechte und Pflichten zu
8                                                                                             Einleitung

informieren. Hochschulleitungen müssen dafür          zurückzuführen, dass das AGG als Bundesgesetz
Sorge tragen, dass die Beschäftigten über ihr         keine Wirkung im Bildungsbereich entfaltet. Das
Beschwerderecht im Falle von Diskriminierung          Gesetz greift im Bereich Bildung lediglich bei
informiert sind und Kenntnis von der Beschwer­        privatrechtlichen Verträgen.
destelle nach § 13 AGG haben. Auch können
Hochschulen nach § 5 AGG positive Maßnahmen,          In den Hochschulgesetzen einiger Bundesländer
das heißt kompensatorische Maßnahmen, ergrei­         ist der Diskriminierungsschutz von Studierenden
fen (siehe 2.6).                                      vorgesehen, so beispielweise in Hamburg (Ham­
                                                      burgisches Hochschulgesetz § 3 Abs. 4), Baden-
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gibt           Württemberg (Gesetz über die Hochschulen § 2
allerdings weder genaue Hinweise zur Ausgestal­       Abs. 4) und Schleswig-Holstein (Gesetz über die
tung der Beschwerdestelle nach § 13 AGG noch          Hochschulen und das Universitätsklinikum
regelt es das einzuführende Beschwerdeverfahren.      Schleswig-Holstein § 3 Abs. 5). Dies bietet diesen
Das heißt, Hochschulen können selbst entschei­        Ländern eine Grundlage, die Beschwerdestellen
den, wo sie die Beschwerdestelle ansiedeln, wie sie   gemäß § 13 AGG auch für Studierende zu öffnen
ausgestaltet ist und ob sie ein Beschwerdeverfah­     oder ähnliche Beschwerdeverfahren für Studie­
ren entwickeln (siehe ausführlich 2.5).               rende zu etablieren. Darüber hinaus haben
                                                      Hochschulen die Möglichkeit, eigene Richtlinien
Beschwerdestellen gemäß § 13 AGG sind in der          zum Diskriminierungsschutz zu erlassen, die alle
Regel nur für Beschäftigte der Hochschule zustän­     Hochschulangehörigen umfassen und für Stu­
dig. Sie stehen Studierenden, die Diskriminie­        dierende Zugang zur Beschwerdestelle nach
rungserfahrungen an der Hochschule machen,            § 13 AGG oder anderen Beschwerdeverfahren
daher nicht grundsätzlich offen. Dies ist darauf      geben (siehe dazu auch 2.5).

1.2 Bedeutung von Beschwerdestellen nach
    § 13 AGG für Hochschulen
Hochschulen, wie auch andere Institutionen im         können die individuelle Rechtsdurchsetzung
Bildungsbereich, sind Orte, vor denen Diskrimi­       erleichtern und erlauben es den Hochschulen,
nierung und sexuelle Belästigung nicht Halt           frühzeitig von diskriminierungsrelevanten
machen (siehe 1.3). In den letzten Jahren haben       Vorfällen und benachteiligenden Strukturen im
sich Hochschulen verstärkt mit dem Thema              Betrieb Kenntnis zu erlangen und entsprechende
Diversity beschäftigt und Maßnahmen imple­            Maßnahmen zu ergreifen (Liebscher/Kobes 2010:
mentiert, die Chancengerechtigkeit und Vielfalt       25). Mit der Einrichtung und Bekanntmachung
an Hochschulen stärken sollen. An einigen             einer Beschwerdestelle nach § 13 AGG ist auch das
Hochschulen wurden in diesem Zusammenhang             Bekenntnis verbunden, dass soziale Konflikte und
auch Fragen des Diskriminierungsschutzes              Diskriminierung überall vorkommen können und
thematisiert und beispielsweise Richtlinien zum       dass sie ernst genommen werden sowie bearbei­tet
Schutz vor Diskriminierung erlassen. Auch Be­         werden müssen. Die Einrichtung einer Beschwer­
schwerdestellen gemäß § 13 AGG wurden teil­           destelle und die Etablierung eines Beschwerdever­
weise eingerichtet. Beschwerdestellen gemäß           fahrens können damit zu einem professionellen
§ 13 AGG geben Betroffenen an Hochschulen die         Konfliktmanagement und einer Beschwerdekul­
Möglichkeit, gegen Diskriminierung vorzugehen,        tur beitragen, die neben der Bearbeitung von
und können daher ein wichtiges Instrument des         Einzelfällen Impulse für die Entwicklung einer
Diskriminierungsschutzes sein. Beschwerdestel­        diskriminierungskritischen und -sensiblen
len und die dazugehörigen Beschwerdeverfahren         Hochschule geben können.
Einleitung                                                                                                                       9

Es fehlt aber derzeit noch an umfassenden                          Stiftung 2017: 36). Noch weniger ist bekannt, wie
Informationen, inwieweit Hochschulen in                            die vorhandenen Beschwerdestellen gemäß
Deutschland ihrer Pflicht (siehe 1.1) nach der                     § 13 AGG ausgestaltet sind, ob Beschwerdeverfah­
Einrichtung von Beschwerdestellen nachkom­                         ren etabliert wurden und wie viele Beschwerden
men, da kein entsprechendes Monitoring vorhan­                     bei den Stellen eingehen. Auch stellt sich die
den ist. So ist aktuell nicht genau bekannt, ob alle               Frage, ob Hochschulen ihre Beschwerdestellen
Hochschulen in Deutschland eine Beschwerde­                        auch für Studierende geöffnet haben, um so den
stelle gemäß § 13 AGG eingerichtet haben. Laut                     Diskriminierungsschutz von Studierenden zu
dem Hochschul-Barometer aus dem Jahr 2016, an                      stärken. Die Umfrage der Antidiskriminierungs­
dem 156 von insgesamt circa 400 Hochschulen in                     stelle trägt dazu bei, diese Forschungslücken zu
Deutschland teilnahmen,1 hatten 54 Prozent der                     schließen und gibt Hinweise zur Ausgestaltung
befragten Hochschulen eine Beschwerdestelle                        des Diskriminierungsschutzes an Hochschulen
gemäß § 13 AGG (Stifterverband/Heinz Nixdorf                       (siehe Anlage 3).

1.3 Ausmaß von Diskriminierung an Hochschulen
Zu der Frage, ob und in welchem Ausmaß Diskri­                     nierung wenden sollten. Eine weitere Umfrage
minierung an deutschen Hochschulen stattfindet,                    stammt von der Universität Bielefeld, die 2016
wurden in Deutschland in den letzten Jahren                        zu dem Ergebnis kam, dass beinahe jede bezie­
mehrere relevante Umfragen durchgeführt.                           hungsweise jeder zweite Befragte (45,5 Prozent)
Zudem hat sich die Antidiskriminierungsstelle                      bereits Diskriminierung an der Hochschule er­
des Bundes in ihrem Zweiten Gemeinsamen                            fahren hatte, was im Vergleich zu den anderen
Bericht an den Deutschen Bundestag (ADS 2013b)                     Umfragen ein auffallend hoher Wert ist (Berg­
mit der Diskriminierung im Hochschulbereich                        hahn et al. 2016). In einer aktuellen Studie der
beschäftigt.                                                       Stiftung Mercator, die sich mit den Gründen eines
                                                                   Studienabbruchs unter Studierenden mit Migra­
Eine der umfangreichsten Befragungen legte die                     tionshintergrund beschäftigte, berichteten
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel im Jahr                    22 Prozent der Absolvent*innen und 18 Prozent
2012 vor, deren Stichprobe über 5.000 Studierende                  der Studienabbrecher*innen mit Migrationshin­
zählte (ungefähr 21 Prozent der Studierenden­                      tergrund von Diskriminierungserfahrungen an
schaft) und die zu dem Schluss kam, dass 15,3 Pro­                 der Hochschule (Ebert/Heublein 2017).
zent der Teilnehmer*innen schon einmal Diskri­
minierung erlebt hatten (Klein/Rebitzer 2012). In                  Eine Umfrage unter mehr als 12.663 Studentinnen
einer Studie an der Universität Duisburg-Essen                     an 16 deutschen Hochschulen verweist auf das
aus dem Jahr 2010 gaben von über 5.500 Teilneh­                    hohe Ausmaß von sexueller Belästigung an Hoch­
mer*innen 8,9 Prozent an, selber Diskriminierung                   schulen. In der Umfrage gaben 54,7 Prozent der
erfahren zu haben (Müller/Kellmer 2011).                           Befragten (6.930 Studentinnen) an, sexuelle Be­
11,3 Prozent der 1.632 befragten internationalen                   lästigung während des Studiums erlebt zu haben.
Studierenden und Studierenden mit Migrations­                      Dabei erlebte circa ein Drittel (27,5 Prozent) aller
hintergrund erklärten in einer Umfrage der TH                      Fälle schwerwiegendste Situationen der sexuellen
Mittelhessen aus dem Jahr 2014, bereits Diskrimi­                  Belästigung an der Hochschule, wobei die sexuelle
nierung an der Hochschule erfahren zu haben                        Belästigung meist von Kommilitonen ausging
(Bleicher-Rejditsch et al. 2014). Fast alle von ihnen              (Feltes 2012). Mit dem unzureichenden Schutz für
(94 Prozent) beschrieben zudem, dass sie nicht                     Studierende in Bezug auf sexuelle Belästigung
wussten, an wen sie sich im Falle einer Diskrimi­                  beschäftigte sich daher die im Auftrag der Anti­

1   Es gibt in Deutschland derzeit rund 400 Hochschulen, sodass vom Hochschul-Barometer etwas mehr als ein Drittel der Hochschulen
    erreicht wird.
10                                                                                                                     Einleitung

diskriminierungsstelle des Bundes erstellte                            »Mir wurde im Studium weniger zugetraut,
Expertise »Sexuelle Belästigung im Hochschul­                          weil ich eine Frau bin.« (ebd. 2017: 306)
kontext – Schutzlücken und Empfehlungen«
(Kocher/Porsche 2015).                                               Mobbing und Herabwürdigungen an der Hoch­
                                                                     schule zeigen sich insbesondere im Zusammen­
Auch im Rahmen der großen Betroffenenumfrage                         hang mit der (zugeschriebenen) sexuellen Orien­
„Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“,                        tierung, dem Aussehen, der ethnischen Herkunft,
welche das Berliner Institut für empirische                          dem Geschlecht, der Religion und Weltanschau­
Integrations- und Migrationsforschung (BIM)                          ung und dem Alter (Antidiskriminierungsstelle
2015 im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle                       des Bundes 2017: 309). Das Mobbing geht dabei
des Bundes durchführte, schilderten Betroffene                       sowohl von Dozent*innen (43,2 Prozent) als auch
in 650 Fällen Diskriminierungserfahrungen im                         von Kommiliton*innen (56,2 Prozent) aus (ebd.).
Hochschulkontext (Beigang et al. 2017: 207).2 Die                    So schildert ein Betroffener:
Diskriminierungserfahrungen zeigen sich häufig
als diskriminierend wahrgenommene schlechtere                          «Es geht in meinem Fall um Diskriminierung
Bewertung von Leistungen und als Abwertung                             an der Uni durch Mitstudent*innen; hierbei
und Mobbing.                                                           möchte ich betonen, dass es vor allem interes-
                                                                       santerweise durch die Mitstudent*innen, also
Die schlechtere Leistungsbewertung wird in der                         die eigene, respektive etwas jüngere Generation,
Hochschule vor allem aus Gründen der ethni­                            geschieht; die Dozent*innen sind nicht das
schen Herkunft (30,8 Prozent), der „sozialen                           Thema. Es handelt sich vor allem darum, dass
Herkunft“ (22,8 Prozent), des Lebensalters                             ich als Person aufgrund meiner sexuellen
(17,3 Prozent sowohl niedrigem und zu hohem                            Orientierung von den meisten Mitstudent*in-
Lebensalter) erlebt (Antidiskriminierungsstelle                        nen ausgeschlossen und gemieden werde.»
des Bundes 2017: 305). Besonders auffällig sind                        (Zitat Betroffenenbefragung) (ebd.: 310)
jedoch die Differenzen bezüglich des Geschlechts.
Machen die Geschlechtsdiskriminierungen in                           Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
der Schule noch 21,8 Prozent bei jüngeren bezie­                     gehen verhältnismäßig wenige Beratungsanfra­
hungsweise 25,4 Prozent bei älteren Befragten                        gen zu Diskriminierungserfahrungen an Hoch­
aus, so steigt der Anteil von Geschlechtsdiskrimi­                   schulen ein, was vor allem damit zu tun hat, dass
nierungen in der Hochschule auf 41,4 Prozent an,                     das Allgemeine Gleichbehandlungssetz (AGG)
wobei vor allem Frauen (29,4 Prozent) betroffen                      keinen Diskriminierungsschutz für Studierende
sind. Dies spiegelt sich auch in folgenden Aussa­                    an staatlichen Hochschulen bietet (siehe 1.1). Die
gen wider:                                                           Beratungsanfragen bezogen sich auf Themen wie
                                                                     sexuelle Belästigung, Altersgrenzen beim Zugang
    »Im Übungsbetrieb meiner Universität wurde                       zum Studium, fehlende angemessene Vorkehrun­
    angenommen, ich hätte meine Hausaufgaben                         gen, fehlende Barrierefreiheit beziehungsweise
    (Informatik, Programmieren) nicht selbst                         die Verweigerung von Nachteilsausgleichen für
    angefertigt, sondern dies durch einen (männ-                     Studierende mit Behinderung sowie Benachteili­
    lichen) Kommilitonen erledigen lassen und wur-                   gungen aufgrund des Tragens eines Kopftuches.
    de daher erneut geprüft.« (Aussage Betroffenen-                  Zudem – wie auch in der Betroffenenumfrage des
    befragung) (Antidiskriminierungsstelle des                       BIM herausgestellt – ging es immer wieder um
    Bundes 2017: 307)                                                abwertende Äußerungen durch Dozent*innen
                                                                     und Professor*innen sowie um als diskriminie­
                                                                     rend empfundene Benotung (ebd.: 153).

2    In der Betroffenenumfrage wurden insgesamt 14.764 selbst erlebte Diskriminierungserfahrungen ausgewertet (ADS 2017: 207).
     Näheres zur Methode der Studie und zu Gesamtergebnissen siehe ADS 2017: 204 ff.
Einleitung                                                                                                                   11

In der Summe der Beratungsfälle, die bei nicht                         Zudem wird auch immer wieder von der Diskri­
staatlichen und staatlichen Antidiskriminierungs­                      minierung trans*Studierender berichtet, wie
beratungsstellen eingehen,3 spielt der Bildungsbe­                     folgende Aussage verdeutlicht:
reich insgesamt eine große Rolle. Von den befrag­
ten Beratungsstellen gaben 23 Prozent an, oft                            »Studierende grenzen mit Unterstützung der
(40 Prozent: manchmal) Beschwerdefälle aus dem                           Lehrperson eine transsexuelle Mitstudierende
Hochschulbereich zu erhalten (ADS 2017: 158). Es                         aus.« (Beratungsstelle – Abfrage Antidiskrimi-
wird von Belästigungen durch andere Studierende                          nierungsstelle des Bundes 2017)
berichtet, die an die Herkunft oder Religion der
Betroffenen oder an das Geschlecht der Studie­                         Auch das Alter von Studierenden kann zu Diskri­
renden anknüpfen. Bei Schlechterbehandlung                             minierungserfahrungen führen, wie dieses Zitat
durch Hochschullehrer*innen wird immer wieder                          veranschaulicht:
berichtet, dass Studierende mit einer anderen
Muttersprache als Deutsch, aber auch Studierende                         »Verweigerung von Studienkrediten, Promo-
mit Kopftuch in ihren Leistungen schlechter                              tionsstipendien und preiswerten Dienstleis-
bewertet würden, wie auch folgende Zitate                                tungsangeboten, die Studenten jüngeren Alters
aufzeigen (ebd.: 158 ff.):                                               zur Verfügung stehen« (Büro gegen Altersdiskri-
                                                                         minierung – Abfrage Antidiskriminierungsstelle
    »Schlechtere Prüfungsergebnisse bei Nichtmut-                        des Bundes 2017)
    tersprachlern, erschwerter Zugang zu Promoti-
    ons- und HIWI-Stellen, politisches und system-                     In welchem Ausmaß genau Diskriminierung an
    kritisches Engagement führt zu schlechteren                        Hochschulen stattfindet, lässt sich trotz diverser
    Noten.« (Gleichbehandlungsbüro Aachen – Ab-                        Studien aufgrund ihrer geringen Vergleichbarkeit
    frage ADS 2017)                                                    und Nicht-Repräsentativität nicht vollständig
                                                                       erfassen. Allerdings machen die Umfragen und
    »Wenn internationale Studierende aufgrund                          die Beratungsanfragen der Antidiskriminierungs­
    von Sprachproblemen etwas nicht verstehen,                         stelle des Bundes sowie anderer Beratungsstellen
    wiederholen deutsche Hochschulbeschäftigte                         deutlich, dass Diskriminierung an Hochschulen in
    mit den gleichen Worten, nur lauter, die Anga-                     Deutschland vorkommt und ein virulentes Thema
    ben – oder man spricht mit ihnen, als wären sie                    ist. Deutlich wird aber aus den Ergebnissen der
    kleine Kinder.« (Beratungsstelle – Abfrage                         Umfragen, dass es zum einen insgesamt zu wenige
    Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2017)                        Anlaufstellen für Studierende und Beschäftigte
                                                                       gibt, an die sich Betroffene im Falle einer Diskri­
    »Diskriminierung aufgrund des Kopftuchs                            minierung wenden (können). Zum anderen ist
    an der Hochschule: hierbei Verweigerung der                        aber auch oft gar nicht bekannt, dass es an der
    Teilnahme an einer Klausur. Diskriminierung                        Hochschule Beschwerdestellen gibt beziehungs­
    auch in Form von Beleidigung durch Plakate                         weise geben sollte. Somit zeigt auch der For­
    und Wandmalerei.« (Beratungsstelle – Abfrage                       schungsstand zum Ausmaß von Diskriminierung
    Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2017)                        an Hochschulen die Notwendigkeit auf, mehr
                                                                       über das Vorhandensein von Beschwerdestellen
                                                                       an Hochschulen, deren Bekanntheit und deren
                                                                       Funktionsweisen zu erfahren.

3    Die ADS führte Ende 2016 eine Befragung zu Beratungsfällen durch, an der insgesamt 45 staatliche und nicht staatliche
     Antidiskriminierungsberatungsstellen teilnahmen (ADS 2017: 49 ff.).
Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen                                                       13

2. Bausteine für einen syste­
   matischen Diskriminierungs­
   schutz an Hochschulen
In diesem Abschnitt werden sechs Bausteine vor­                      lichen, Diskriminierungsrisiken – insbesondere
gestellt, die zum Diskriminierungsschutz und der                     die institutionellen und mittelbaren – sowie
Prävention von Diskriminierung an Hochschulen                        Barrieren zu identifizieren, die die Ausübung
beitragen können. Dabei wird erläutert, warum                        gleicher Rechte behindern. Aktive, kompensa­
die Bausteine wichtig sind, und konkrete Beispiele                   torische, sogenannte positive Maßnahmen,
für einzelne Maßnahmen gegeben.4 Die Liste ist                       sollten enthalten sein, um Chancengleichheit
dabei als nicht abschließend zu sehen. Hochschu­                     und Gleichstellung zu erreichen. Die Diskriminie­
len müssen individuell prüfen, an welchen Stellen                    rungsschutz-Strategie kann als ein Teil der
sie ansetzen können oder wo sie besondere                            über­­greifenden Diversity-Strategie verstanden
Bedarfe haben. So ist beispielsweise auch das                        werden, da Diversity-Konzepte an Hochschulen
Thema diskriminierungskritische Lehre und                            nicht ohne einen Fokus auf Antidiskriminierung
Forschung wichtig, auf das hier aber nicht weiter                    und Diskriminierungsschutz umgesetzt werden
eingegangen werden soll.5                                            sollten (vergleiche Antidiskriminierungsstelle des
                                                                     Bundes 2012: 11). Hinweise für die konkrete
Die einzelnen Bausteine sind nicht losgelöst                         Umsetzung für eine erfolgreiche Antidiskriminie­
voneinander, sondern können in ein übergreifen­                      rungsarbeit an Hochschulen finden sich im
des Konzept beziehungsweise eine Strategie von                       Praxis-Leitfaden »Diskriminierungsschutz an
Antidiskriminierung (und Diversity) an der Hoch­                     Hochschulen« (Antidiskriminierungsstelle des
schule eingebunden werden. Eine umfassende                           Bundes 2013a).
Strategie zum Diskriminierungsschutz an Hoch­
schulen sollte darauf zielen, dass Betroffene von                    Die Bausteine basieren unter anderem auf den
Diskriminierung ihre Rechte in Anspruch neh­                         Ergebnissen der Umfrage zu Beschwerdestellen
men können und Hilfe sowie Unterstützung                             nach § 13 AGG an Hochschulen (siehe Anlage 3).
erhalten (zum Beispiel durch Verbesserung der                        Dabei wurde auch nach vorhandenen Maßnah­
Beratungs- und Informationsangebote). Dazu                           men im Bereich Diskriminierungsschutz an
gehört auch, das Wissen über Diskriminierung                         Hochschulen gefragt. Es zeigt sich, dass schon
und Ansätze zum Diskriminierungsschutz bei                           verschiedene Maßnahmen zum Diskriminierungs­
allen Statusgruppen der Hochschule sicherzustel­                     schutz an Hochschulen umgesetzt werden (siehe
len. Darüber hinaus sollte die Strategie es ermög­                   Anlage 3.10).

4   Ausführliche allgemeine Hinweise dazu, wie Hochschulen Maßnahmen zum Schutz entwickeln können, finden sich
    auch im Leitfaden „Diskriminierungsschutz an Hochschulen“ der ADS (ADS 2013a).
5   Siehe dazu beispielsweise die Broschüre der AG Lehre des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien der HU Berlin
    (AG Lehre 2016).
14                              Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen

2.1 Identifikation von Diskriminierungsrisiken,
    Umfragen und Monitoring
Ziel des Bausteins:
Der Baustein zielt darauf ab, dafür zu sensibili­       an der Hochschule von Diskriminierung betrof­
sieren, dass es Diskriminierungsrisiken an Hoch­        fen? Wie zeigt sich Diskriminierung an der
schulen geben kann. Er bildet die Grundlage             Hochschule und welche Prozesse sind davon
dafür, Wissen zu schaffen, und will Diskriminie­        beeinträchtigt?
rungsrisiken thematisieren. Welche Gruppen sind

Warum ist dieser Baustein wichtig?
Mit dem Thematisieren von Diskriminierung               darum, institutionelle Diskriminierungsrisiken
erkennen Hochschulen die Tatsache an, dass es im        zu identifizieren, die sich in unterschiedlichen
Hochschulkontext zu Diskriminierung kommen              Prozessen der Hochschule vom Zugang zum
kann. Dabei geht es nicht nur darum, individuelle       Studium, im Studium selbst, bei der Personalge­
Fälle von Diskriminierung Einzelner an der              winnung, aber auch im Bereich der Hochschul­
Hochschule sichtbar zu machen, sondern auch             verwaltung etablieren können (siehe ADS 2013a).

Mögliche Ansätze/Maßnahmen:
Umfragen und Studien zu Diskriminierungser-             Hochschule sichtbar zu machen. Sie können dazu
fahrungen von Studierenden beziehungsweise              dienen die Hochschulleitung und die Hochschul­
allen Statusgruppen an einer einzelnen Hoch­            öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren
schule können dazu genutzt werden, mehr über            und bieten zudem eine gute Grundlage für die
das Diskriminierungserleben, die vorhandenen            Entwicklung von Antidiskriminierungsmaßnah­
Diskriminierungsrisiken sowie die Nutzung von           men, da sie auch Hinweise auf Zielgruppen geben
bereits bestehenden Beratungs- und Anlaufstellen        können, die besonders in den Blick genommen
zu erfahren (siehe 1.3). Die Ergebnisse der Umfra­      werden sollten.
gen helfen, Diskriminierungserfahrungen an der

     Praxisbeispiele:
     An der Technischen Hochschule Mittelhessen         Rassismus erleben, wie sie mit diesen Erfahrun-
     (THM) wurde 2014 die Studie „Erfahrungen           gen umgehen und welche Handlungsbedarfe sich
     Internationaler Studierender und Studierender      hieraus für die Hochschule ergeben. Im Rahmen
     mit „Migrationshintergrund“ an der THM. Ergeb-     der Studie wurden elf qualitative Interviews mit
     nisse und Handlungsempfehlungen aus der            der Zielgruppe geführt und zusätzlich eine
     qualitativen und quantitativen Studierendenbe-     Online-Umfrage realisiert, an der sich insgesamt
     fragung“ durchgeführt (Bleicher-Rejditsch et al.   1.632 Studierende beteiligten. Die Studie enthält
     2014). Die Studie untersucht, welche Erfahrungen   zudem eine ausführliche theoretische Einführung.
     Internationale THM-Studierende und THM-Stu-        Der Fragebogen der Studie ist veröffentlicht und
     dierende mit „Migrationshintergrund“ in ihrem      kann auch in Bezug auf andere Zielgruppen
     Studienleben machen, ob sie Diskriminierung und    angepasst werden.
Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen                                 15

   Im Rahmen der Kampagne „Uni ohne Vorurteile“        wem oder was die Diskriminierung ausgeht und
   führte die Hochschule Bielefeld 2016 die Umfra-     ob es dringlich ist, an der Hochschule Maßnah-
   ge „Diskriminierungserleben an der Universität.     men gegen Diskriminierung zu ergreifen. Insge-
   Wahrnehmung von und Erfahrungen mit Diskri-         samt konnten die Antworten von 2.354 Hoch-
   minierung an der Universität Bielefeld“ durch       schulangehörigen ausgewertet werden. Am Ende
   (Berghan et al. 2016). Zielgruppe der Umfrage       der Studie werden auf der Basis der Ergebnisse
   waren alle Angehörigen der Universität Bielefeld.   Hinweise gegeben, welche Aktivitäten die
   Gefragt wurde unter anderem nach subjektiven        Hochschule in Bezug auf Diskriminierungsschutz
   Diskriminierungserleben an der Hochschule, von      etablieren könnte.

Auch ein systematisches Diversity- beziehungs­         bestimmte Gruppen beim Zugang zu den ver­
weise Vielfaltsmonitoring über alle Statusgruppen      schiedenen wissenschaftlichen Karrierestufen
an der Hochschule hinweg kann aufzeigen, wo            schlechter abschneiden. Dazu können unter
einzelne Gruppen von Studierenden beziehungs­          anderem die Hochschulstatistik, Sozialerhebun­
weise Beschäftigen nicht ausreichend vertreten         gen des Deutschen Studentenwerks und Personal­
oder beteiligt sind. Zusätzlich kann die Auswer­       statistiken herangezogen werden. Da aber die
tung von statistischen Ungleichheiten helfen,          Daten in diesen Erhebungen nicht alle Diskrimi­
Diskriminierungsrisiken aufzudecken. So kann           nierungsmerkmale umfassen (siehe Baumann et
beispielsweise analysiert werden, ob spezifische       al. 2018), können auch eigene Erhebungen zum
Gruppen von Studierenden das Studium abbre­            Diversity-Monitoring und Umfragen auf Basis
chen, bessere Studienabschlüsse erzielen oder ob       von freiwilligen Selbstangaben Lücken schließen.

   Praxisbeispiele:
   Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-       Heterogenität der Studierenden Hinweise auf
   Nürnberg (FAU) führt regelmäßig Befragungen         Hochschulzugang oder zum Studienerfolg zu
   zur Diversität von Studierenden durch. In der       erhalten. Studierende werden sowohl beim
   Studierendenbefragung werden dabei unter            Studieneingang als auch nach Abschluss befragt,
   anderem Daten zur Bildungsherkunft, zum             sodass hier auch Studienabbrüche et cetera
   Migrationshintergrund und zu der Elternschaft der   nachvollzogen werden können. Daten liegen zu
   Studierenden erhoben, außerdem werden Fragen        Geschlecht, Alter, Bildungshintergrund, Zuwan-
   zur Zufriedenheit, Studiensituation, zu ersten      derungsgeschichte, Behinderung/chronischer
   Erfahrungen an der FAU, Zukunftsperspektiven,       Krankheit, Betreuung von Kindern und der
   aber auch Problemen und Schwierigkeiten an der      Betreuung von Angehörigen vor, die in Bezug auf
   FAU gestellt (siehe Schmidt/Scherber 2017).         Kriterien wie die Finanzierung des Studiums,
                                                       vorheriger Abschluss einer Ausbildung, Infor-
   Die Universität Duisburg-Essen (UDE) hat ihr        miertheit über das Studium, sicheres Lernverhal-
   Diversity-Monitoring für Studierende auf ver-       ten et cetera ausgewertet werden können (siehe
   schiedene Kriterien ausgeweitet, um bei der         Ebert/Stammen 2018).

Auch Testing-Verfahren können an der Hoch­             rungsmerkmal unterscheiden, jedoch ansonsten
schule dazu genutzt werden, Diskriminierungs­          möglichst ähnlich sind. Mit Testing-Verfahren
risiken zu erkennen. Dabei wird das Verhalten          kann beispielsweise geprüft werden, ob eine
einer Person daraufhin überprüft, ob sie sich          Leistungswertung in Bezug auf das Geschlecht,
(mindestens) zwei Personen gegenüber unter­            die Herkunft et cetera der Studierenden bei
schiedlich verhält, die sich in einem Diskriminie­     gleicher Leistung gleich ausfällt.
16                                   Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen

     Praxisbeispiele:
     In Studien wurden Noten beim Abschluss des                    schlechter abschneiden als Männer, auch wenn
     ersten und zweiten juristischen Staatsexamens im              sie „gleich gute“ schriftliche Prüfungen absolvie-
     Land NRW in Bezug auf Unterschiede hinsichtlich               ren. Dabei spielt auch eine Rolle, ob in der
     des Geschlechtes und des Migrationshintergrun-                Prüfungskommission nur Männer oder auch eine
     des ausgewertet. Diese zeigen, dass zum Beispiel              Frau beteiligt sind (siehe Towfigh et al. 2014 und
     in mündlichen Prüfungen Frauen durchschnittlich               Towfigh et al. 2018).

Darüber hinaus können Hochschulen prüfen, ob                       Arbeitgeber ihre Gleichbehandlungsstandards
die vorhandenen Routinen, Arbeitsprozesse und                      überprüfen können, sind geeignet.6
Maßnahmen in Schlüsselbereichen der Hoch­
schule wie Studium, Promotion, Graduiertenver­
lauf/Karriereentwicklung, Beschäftigung, Berufs­                     Tipp:
verlauf, Berufung und Campusleben mittelbare
beziehungsweise institutionelle Diskriminie­                         Im Rahmen des Modellprojektes „Diskriminie-
rungsrisiken enthalten. Dabei kann zum Beispiel                      rungsfreie Hochschule“ im Auftrag der Antidiskri-
im Bereich Studium gefragt werden, ob alle                           minierungsstelle des Bundes wurden Instrumente
Gruppen den gleichen Zugang zu Hochschulen                           entwickelt, die Hochschulen dabei unterstützen
haben und wie die besonderen Lebenslagen zum                         sollen, Diskriminierungsrisiken in den einzelnen
Beispiel von Studienbewerbenden mit Behinde­                         Schlüsselbereichen zu identifizieren (Czock et al.
rung, Migrationsgeschichte et cetera berücksich­                     2012: 65 ff.). Ziel des Projektes war es, Hochschu-
tigt werden können.                                                  len darin zu unterstützen, Diskriminierungsme-
                                                                     chanismen zu erkennen und Strategien für einen
In puncto Hochschulverwaltung kann von der                           diskriminierungsfreien Umgang mit und unter
Hochschule untersucht werden, ob Gleichbe­                           Studierenden und Beschäftigten zu implementie-
handlung beispielsweise in Bezug auf die Entgelt­                    ren. Die im Projekt entwickelten Checklisten zur
gleichheit, das Einstellungsverfahren und auf die                    Überprüfung einzelner Bereiche können hier
Aufstiegsmöglichkeiten der Beschäftigten gege­                       abgerufen werden:
ben ist. Hier können Checklisten aus dem Projekt                     https://www.antidiskriminierungsstelle.de/
„Diskriminierungsfreie Hochschule“ helfen, aber                      SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/
auch andere Instrumente, wie der Gleichbehand­                       Diskriminierungsfreie_Hochschule/Checkliste_
lungs-Check (gb-check) und der Entgeltgleich­                        Diskriminierungsfreie_Hochschule_20111219.
heits-Check (eg-check), die von der Antidiskrimi­                    html;jsessionid=03BCC15397755F5EB-
nierungsstelle des Bundes gemeinsam mit Wis­                         9D493691B88E041.2_cid332?nn=8016068
senschaftler*innen entwickelt wurden, damit

    ——   Die Hochschule für nachhaltige Entwicklung
         Eberswalde und die Universitätsmedizin der
         Johannes Gutenberg-Universität Mainz
                                                                        Prüfung der Gleichbehandlung von Frauen
                                                                        und Männern im Arbeitsleben. Die Werkzeuge
                                                                        ermöglichen eine Einschätzung, inwieweit
         haben den Stand der Gleichstellung in ihrer                    Arbeitgeber die Gleichbehandlung der
         Verwaltung mit dem Gleichbehandlungs-                          Geschlechter in verschiedenen Bereichen von
         Check geprüft. Der Gleichbehandlungs-Check                     Arbeit und Beschäftigung bereits gewährleis-
         ist ein Set von Analysewerkzeugen zur                          ten. Außerdem lassen sich Maßnahmen entwi-

6    Ausführliche Informationen finden sich hier: https://www.eg-check.de/eg-check/DE/Weichenseite/weiche_node.html.
Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen                                                   17

         ckeln, wie Gleichbehandlung zukünftig                         etwaige Ungleichbehandlung der Geschlech-
         sichergestellt werden kann.7                                  ter beim Arbeitsentgelt sichtbar zu machen.

    ——   Die FernUniversität in Hagen hat 2015/2016
         als erste Hochschule verschiedene Entgeltbe-
         standteile ihrer Beschäftigten mit dem
                                                                       Der eg-check ist ein Analyseinstrument für
                                                                       Betriebe, mit dem die Ursachen von unglei-
                                                                       cher Bezahlung in Bezug auf das Geschlecht
                                                                       sichtbar gemacht werden können.
         Analyseinstrument eg-check geprüft, um

2.2 Vernetzung und Institutionalisierung

Ziel des Bausteins:
Der Baustein zielt darauf ab, alle Akteure einer                  nahmen zum Diskriminierungsschutz entwickeln.
Hochschule zusammenzubringen, die im Kontext                      Darüber hinaus wird mit der Institutionalisierung
von Antidiskriminierung beziehungsweise der                       angestrebt, Diskriminierungsschutz und Maßnah­
Unterstützung von Diskriminierung betroffener                     men von Prävention langfristig, nachhaltig und
Gruppen aktiv sind. Sie könnten dann ihre Arbeit                  als Querschnittsaufgabe an der Hochschule zu
aufeinander abstimmen und gemeinsam Maß­                          etablieren.

Warum ist dieser Baustein wichtig?
Da es bei Antidiskriminierung um Themenberei­                     Aktivitäten ermöglichen. Sie kann darüber hinaus
che wie Inklusion, Gleichstellung, Umgang mit                     helfen, leichter mehrdimensionale und intersekt­
Heterogenität und Konfliktbewältigung gehen                       ionelle Formen von Diskriminierung in den Blick
kann, betrifft diese viele verschiedene Akteure an                zu nehmen. Hinzukommend ist die Vernetzung
der Hochschule. Diese wissen häufig nicht vonei­                  häufig der erste Schritt, um eine Antidiskriminie­
nander oder sind nicht über die genaue Arbeit                     rungsstrategie beziehungsweise Verantwortliche
im Kontext von Antidiskriminierung der jeweils                    für Diskriminierungsschutz an der Hochschule
anderen Akteure informiert. Die Vernetzung kann                   nachhaltig zu etablieren.
hier eine Bestandsaufnahme von vorhandenen

Mögliche Ansätze/Maßnahmen:
Um möglichst alle Akteur*innen zusammenzu­                        oder Gleichstellungsbeauftragten, Diversitybe­
bringen, die sich mit Fragen von Diskriminierung                  auftragten, § 13 AGG Beschwerdestellen, Antidis­
an der Hochschule befassen, bietet sich die Orga­­                kriminierungsberatungsstellen der Hochschule
nisation eines regelmäßigen Runden Tisches, die                   et cetera ausgehen. Wichtig ist, dass im Rahmen
Gründung einer permanenten Arbeitsgruppe zu                       einer Bestandsaufnahme über alle Statusgruppen
Antidiskriminierungsarbeit an der Hochschule                      der Hochschule und geschützten Merkmale des
oder eines Antidiskriminierungsrats an. Die                       AGG hinweg geschaut wird, welche Organisatio­
Initiative zur Einrichtung eines solchen Formats                  nen und Personen innerhalb der Hochschule mit
kann dabei von unterschiedlichen Akteur*innen                     Fragen von Diskriminierungsschutz und Antidis­
an der Hochschule wie beispielsweise den Frauen-                  kriminierungsarbeit befasst sind. Dies kann von

7    Ausführliche Informationen zum Gleichbehandlungs-Check finden sich hier: https://www.gb-check.de/gb-check/DE/Weichenseite/
     weiche_node.html.
18                                  Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen

der psychologischen Studienberatung über ein                     vertretungen von Gruppen, die selbst von Dis­
Prorektorat für Diversity und die Beauftragten für               kriminierung betroffen sind (Studierende,
Schwerbehinderte bis zu Beratungsstrukturen                      Beschäftige und Lehrende), einbezogen werden,
innerhalb der studentischen Selbstverwaltung rei­                damit deren Bedarfe ausreichend berücksichtigt
chen. Wo möglich wollen dabei auch Interessen­                   werden.

     Praxisbeispiele:

    ——   An der Rheinisch-Westfälischen Technischen
         Hochschule Aachen (RWTH) hat sich bereits
         2010 der »Runde Tisch Gleichbehandlung und
                                                                     konzeptionelle Unterstützung von Erstbera-
                                                                     tungsstellen an der Hochschule sowie die
                                                                     Evaluation und Weiterentwicklung der
         Antidiskriminierung« etabliert, an dem sich                 hochschulinternen Richtlinie zum Diskrimi-
         unterschiedliche Organisationen wie das                     nierungsschutz. Auch institutionelle Diskrimi-
         Gleichstellungsbüro, das International Office,              nierung an der Hochschule und mögliche
         der AStA Soziales, die Schwerbehindertenver-                Maßnahmen, dagegen vorzugehen, sollen vom
         tretung, der Familienservice, die Sozialbera-               Antidiskriminierungsrat in den Blick genom-
         tung, das Queer Referat, die Beschwerdestelle               men werden. Im Antidiskriminierungsrat sind
         nach § 13 AGG et cetera beteiligen. Der Runde               alle Statusgruppen der Hochschule vertreten
         Tisch hat sich die Vernetzung der beteiligten               sowie die Frauen- und Gleichstellungsbeauf-
         Einrichtungen und den Aufbau eines Bera-                    tragten, die Vertrauensperson für Menschen
         tungsnetzwerkes zum Ziel gesetzt. Auch wird                 mit Behinderung und der Kanzler der Hoch-
         die Professionalisierung der Beratung, mit                  schule.9
         dem Ziel Betroffene zu stärken angestrebt.
         Darüber hinaus setzt sich der Runde Tisch für
         die Sensibilisierung der Hochschulöffentlich-
         keit und speziell der Führungskräfte sowie
                                                                ——   An der Universität Rostock wurde 2013 die
                                                                     Kommission für Vielfalt und Chancengleich-
                                                                     heit etabliert, in der alle Statusgruppen sowie
         den Anstoß von Präventionsmaßnahmen zum                     die Koordinatorin für Willkommenskultur/
         Thema Antidiskriminierung ein.8                             Chancengleichheit und die Stabsstelle

    ——   Ein Antidiskriminierungsrat wurde an der
         Frankfurt University of Applied Sciences
         (UAS) 2018 gegründet. Zu den Aufgaben des
                                                                     Gleichstellung, Vielfalts- und Gesundheitsma-
                                                                     nagement vertreten sind. Diese setzt sich
                                                                     unter anderem für die Verhinderung von
                                                                     Diskriminierung an der Hochschule ein, was
         Antidiskriminierungsrates gehören unter                     auch die Schaffung von mehr Barrierefreiheit
         anderem die Entwicklung von Präventions-                    an der Hochschule umfasst.10
         maßnahmen zum Diskriminierungsschutz, die

Um eine Diskriminierungsschutz- und Antidiskri­                  verantwortlichen Stellen, die sich dem Thema
minierungsstrategie sowie die damit verbunde­                    Diskriminierungsschutz langfristig widmen.
nen Maßnahmen an der Hochschule langfristig zu                   Aufgabe dieser Stelle sollte es sein, Fragen von
verankern, braucht es einerseits entsprechende                   Diskriminierungsschutz und Antidiskriminierung
Ressourcen und andererseits die Schaffung von                    in unterschiedliche Bereiche der Hochschule zu

8    Mehr zum Runden Tisch Gleichbehandlung und Antidiskriminierung an der RWTH siehe http://www.rwth-aachen.de/
     cms/root/Die-RWTH/Einrichtungen/Einrichtungen-A-Z/~enu/Runder-Tisch/.
9    Weitere Informationen finden sich hier: https://www.frankfurt-university.de/
     de/hochschule/wir-ueber-uns/gleichstellung-und-diversity/antidiskriminierung/.
10   Siehe dazu: https://www.uni-rostock.de/universitaet/vielfalt-und-gleichstellung/
     vielfaltsmanagement/kommission-fuer-chancengleichheit-und-vielfalt/.
Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen                                                           19

tragen und die Entwicklung zu diesem Themen­                         rung gewählt. Dies kann von der Einrichtung
bereich an der Hochschule voranzutreiben. Dazu                       von Prorektoren mit Diversity- beziehungsweise
kann unter anderem die Implementierung                               Antidiskriminierungsschwerpunkt sowie die
eines Berichtswesens zu Antidiskriminierung,                         Etablierung von speziellen Kommissionen und
die Durchführung von Diversity-Monitorings                           Beiräten bis zu der Schaffung spezieller Stabs­
(siehe 2.1) zur Erfassung der Teilhabe unterschied­                  stellen reichen. Auch Antidiskriminierungsbera­
licher Gruppen oder auch die Förderung von                           tungsstellen und Antidiskriminierungsbeauftrag­
Barrierefreiheit zählen.                                             te an Hochschulen können im Kontext dieser
                                                                     Institutionalisierung gesehen werden (siehe dazu
In der Praxis haben verschiedene Hochschulen                         ausführlich 2.4).
vielfältige Wege für eine solche Institutionalisie­

     Praxisbeispiele:

 ——    Prorektorate, die Diversity und Diskriminie-
       rungsschutz im Fokus haben, wurden beispiels-
       weise an der Universität Duisburg-Essen mit
                                                                          wachsenden Vielfalt an der Hochschule
                                                                          konstruktiv umzugehen und sie zu einem
                                                                          inklusiven, diskriminierungsfreien Ort zu
       dem Prorektorat mit dem Titel „Gesellschaft-                       machen.15
       liche Verantwortung, Diversität und Interna­
       tionalität“11, an der Universität zu Köln zu
       „Akademischer Karriere und Chancengerech-
       tigkeit“12 oder an der Universität Bielefeld
                                                                    ——    Die Hochschule Heilbronn (HHN) hat 2016
                                                                          eine Senatskommission für Gleichstellung und
                                                                          Diversität etabliert, die unter anderem für die
       mit dem Schwerpunkt „Internationales und                           strategische Gestaltung der Vielfalt und die
       Diversität“13 geschaffen. Auffällig ist, dass das                  Verbesserung des Diskriminierungsschutzes
       Thema Diversität dabei häufig mit dem                              an der Hochschule verantwortlich ist. Sie
       Themenfeld Internationales verbunden ist.                          kann dafür Vorschläge und Empfehlungen für

 ——    Andere Hochschulen haben Stabsstellen für
       Diversity oder Gleichstellung etabliert, die sich
       unter anderem dem Themenfeld Diskriminie-
                                                                    ——
                                                                          Maßnahmen an der Hochschule abgeben.16

                                                                          An der Universität zu Köln wird derzeit ein
                                                                          Beirat für Chancengleichheit etabliert, der
       rungsschutz widmen. So kümmert sich bei-                           die Hochschule in der Entwicklung und
       spielsweise an der Technischen Universität                         Umsetzung von Diversity- und Antidiskrimi-
       Dresden die Stabstelle Diversity-Management                        nierungsmaßnahmen beraten soll. Der Beirat
       um Strategien und Maßnahmen zur Verbesse-                          ist sowohl mit hochschulinternen als auch
       rung der Chancengleichheit, der Teilhabe                           externen Expert*innen besetzt. Grundlage
       sowie des Diskriminierungsschutzes an der                          der Arbeit des Beirats ist die „Strategie für
       Hochschule.14 Die Stabsstelle Gender and                           Chancengerechtigkeit“, die im Rahmen der
       Diversity an der Universität Freiburg setzt sich                   Diversity-Audits des Stifterverbandes ent­
       dafür ein, Konzepte zu entwickeln, um mit der                      wickelt wurde.17

11   Siehe https://www.uni-due.de/de/rektorat/prorektorat_gesellschaftliche_verantwortung.php.
12   Siehe http://portal.uni-koeln.de/universitaet/organisation/rektorat/prorektor-akademische-karriere-und-chancengerechtigkeit.
13   Siehe https://www.uni-bielefeld.de/uni/einrichtungen-organisation/rektorat/intdiv/.
14   Weite Informationen finden sich hier: https://tu-dresden.de/tu-dresden/organisation/rektorat/
     prorektor-unientwicklung/stabsstelle-diversity-management.
15   Weitere Informationen finden sich hier: http://www.diversity.uni-freiburg.de/.
16   Weitere Informationen finden sich hier: https://www.hs-heilbronn.de/12560344/
     senatskommission-fuer-gleichstellung-und-diversitaet.
17   Weitere Informationen finden sich hier: https://vielfalt.uni-koeln.de/fileadmin/home/bdahmen/PDFs/Strategie_
     Chancengerechtigkeit_DINA4.pdf.
20                              Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen

Im Hinblick auf unterschiedliche Ansätze der            dabei die Themen Diskriminierungsschutz und
Institutionalisierung ist es wichtig, dass diese sich   Prävention von Diskriminierung aktiv mitgedacht
nicht alleine auf die Ausgestaltung von Diversity-      werden.
Strategien und -prozessen ausrichten, sondern

2.3 Sensibilisierung, Empowerment
    und Öffentlichkeitsarbeit
Ziel des Bausteins:
Ziel des Bausteins ist es, darüber aufzuklären, dass    schule – insbesondere im Bereich Lehre und
es Diskriminierung an der Hochschule geben              Verwaltung – für die Thematik zu sensibilisieren,
kann, zu beschreiben was Diskriminierung ist und        damit sie Diskriminierung erkennen und vermei­
über die verschiedenen Angebote zum Schutz vor          den können. Ebenso zielt der Baustein darauf ab,
Diskriminierung sowie über vorhandene Bera­             Betroffene von Diskriminierung dabei zu unter­
tungs- und Beschwerdemöglichkeiten zu infor­            stützen über Diskriminierungserfahrungen zu
mieren. Dazu zählt auch, Beschäftige der Hoch­          sprechen und dagegen vorgehen zu können.

Warum ist der Baustein wichtig?
Öffentlichkeits- und Informationsarbeit, Sensibi­       und Studierende und Beschäftigte über ihre
lisierung und Fortbildung sowie Empowerment             Rechte informiert sind, können diese auch
von Betroffenen von Diskriminierung bilden              entsprechend genutzt werden. Um die Beschwer­
einen wesentlichen Bestandteil von Antidiskrimi­        destelle nach § 13 AGG und Beratungsstellen, die
nierungsarbeit an Hochschulen. Nur wenn be­             bei Diskriminierungserfahrungen unterstützen,
stehende Angebote, wie Beschwerdestellen und            bekannt zu machen, braucht es vor allem proakti­
Beratungsstellen, allen Statusgruppen bekannt           ve Maßnahmen (siehe auch Anlage 3.9).

Mögliche Ansätze/Maßnahmen:
Ein erster Schritt zu einer effizienten Informa­        schäftigen der Hochschule kann auf die vorhan­
tionsarbeit ist eine gut verlinkte und aktualisierte    dene Richtlinie zum Diskriminierungsschutz
Website. Um die verschiedenen Angebote im               (siehe 2.5) und Beschwerde- beziehungsweise
Bereich Diskriminierungsschutz bekannt zu               Beratungsmöglichkeiten bei Diskriminierung
machen, können diese beispielsweise in Einfüh-          hingewiesen werden. Zusätzlich können Plakate,
rungsveranstaltungen und Orientierungswochen            Flyer und Aushänge in allen Fachbereichen
für Studierende vorgestellt werden. Auf der Inter­      genutzt werden. Dabei ist es wichtig, auch In­
netseite der Hochschule und in den sozialen             formationen in anderen Sprachen sowie
Medien könnte über die Angebote berichtet               barrierefrei zur Verfügung zu stellen.
werden. Aber auch im Arbeitsvertrag von Be­

     Praxisbeispiele:

 ——   Die Frankfurt University of Applied Science
      informiert darüber, was Diskriminierung ist,
                                                           verweist auf Angebote an und außerhalb der
                                                           Hochschule und klärt über das Allgemeine
Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen                                                        21

       Gleichbehandlungsgesetz auf.18 Ähnliche                            Akteure beteiligt sind. Die Kampagne zielt
       Informationen stellt beispielsweise die                            vor allem darauf ab, Diskriminierung an der
       Hochschule Heilbronn (HHN) zur Verfügung,                          Hochschule abzubauen und Zivilcourage zu
       die ausführlich über den Diskriminierungs-                         fördern. Im Rahmen der Kampagne wurden
       schutz an der HHN und Unterstützungsange-                          Veranstaltungen und eine Umfrage durchge-
       bote informiert.19                                                 führt.22 Zusätzlich wurde die Entwicklung

 ——    Im zweisprachigen (deutsch/englisch) Flyer
       „Was tun bei Diskriminierung?“ informiert die
                                                                          eines Strategiepapiers zu „Diversität in der
                                                                          Gesellschaft und der Umgang mit Diversität
                                                                          an der Universität Bielefeld“ unterstützt.23
       Technische Hochschule Nürnberg über
       Diskriminierung, Anlaufstellen an der Hoch-
       schule und Handlungsmöglichkeiten.20 Die
       Jade Hochschule hat einen Flyer veröffent-
                                                                    ——    Im Rahmen von „NO GO! Aktionstag der
                                                                          Uni Greifswald gegen Diskriminierung und
                                                                          Sexismus“ wurden von Studierenden des
       licht, der speziell Informationen zum Umgang                       Caspar-David-Friedrich-Instituts Plakate,
       mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt                      die sich mit Diskriminierung und Sexismus
       an der Hochschule enthält.21                                       beschäftigen, ausgestellt.24

 ——    Die Universität Bielefeld hat 2013 die Kam-
       pagne „Uni ohne Vorurteile“ ins Leben
       gerufen, an der das Rektorat, der AStA der
                                                                    ——    Die Universität Göttingen macht mit der
                                                                          Postkarte „Rote Karten gegen Diskriminie-
                                                                          rung“ auf das Problem der Diskriminierung
       Hochschule, das Institut für interdisziplinäre                     an der Hochschule aufmerksam.25
       Gewalt- und Konfliktforschung sowie andere

Um Diskriminierung im Hochschulkontext zu                            auch Anti-Bias-Trainings, bei denen es darum
vermeiden, ist es darüber hinaus notwendig, das                      geht, sich eigener Vorurteile bewusst zu werden
Wissen zu Diskriminierung, den eigenen Vor­                          und für den Umgang mit heterogenen Lerngrup­
urteilsstrukturen und möglichen Interventions­                       pen zu sensibilisieren. Einen allgemeinen Beitrag
ansätzen durch Schulungen, Fortbildungen von                         zur Sensibilisierung im Hinblick auf Diskriminie­
Lehrenden, Verwaltung sowie Studierenden zu                          rung kann auch das Leitbild der Hochschule
erhöhen. Dazu bedarf es regelmäßiger Trainings,                      leisten, wenn in diesem Fragen von Diskriminie­
Schulungen, Projekttage und ähnlicher Instru­                        rung und Chancengerechtigkeit angesprochen
mente für alle Statusgruppen der Hochschule.                         werden. Auch der Abschluss von Dienstvereinba­
Diese sollten sich mit Themen wie Diskriminie­                       rungen und das Aufstellen von Verhaltenskodizes
rung, Diskriminierungsschutz und dem Allgemei­                       zum Diskriminierungsschutz, die allen Beschäftig­
nen Gleichbehandlungsgesetz, aber auch mit                           ten und Lehrenden ausgehändigt werden, können
Fragen von Diversity beschäftigen. Sinnvoll sind                     zum Schutz vor Diskriminierung beitragen.

18   Siehe hier: https://www.frankfurt-university.de/de/hochschule/wir-ueber-uns/gleichstellung-und-diversity/antidiskriminierung/
     was-ist-diskriminierung/.
19   Ausführliche Informationen finden sich hier: https://www.hs-heilbronn.de/antidiskriminierung.
20   Der Flyer findet sich hier: https://www.th-nuernberg.de/fileadmin/global/Gelenkte_Doks/ZE/HSFG/HSFG_0400_INFO_
     Diskriminierung_public.pdf.
21   Der Flyer findet sich hier: https://www.jade-hs.de/fileadmin/gleichstellung/downloads/Diskriminierung/
     Flyer_Antidiskriminierung.pdf.
22   Siehe ausführlich hier: http://www.uni-bielefeld.de/ohne-vorurteile/.
23   Siehe hier: https://www.uni-bielefeld.de/themen/diversitaet/diversity-policy/strategiepapier-diversity.pdf.
24   Weiter Informationen finden sich hier: https://www.uni-greifswald.de/universitaet/organisation/verwaltung/
     detailansicht-news-verwaltung/n/no-go-aktionstag-der-uni-greifswald-gegen-diskriminierung-und-sexismus-31183/
25   Siehe hier: https://www.uni-goettingen.de/de/580846.html.
22                                    Bausteine für einen syste­matischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen

     Praxisbeispiele:

 ——    Die Universität Konstanz bietet ein bedarfs-
       gerechtes Training zur Umsetzung des Anti­
       diskriminierungsansatzes auf der Basis eines
                                                                          Hochschule Bremen vor Diskriminierung,
                                                                          Mobbing und sexueller Belästigung am
                                                                          Arbeitsplatz.30
       speziellen Theatertrainings an, in dem ge-
       meinsam mit Improtheaterschauspieler*innen
       diskriminierende Situationen im Hochschul-
       alltag nachgespielt und dekon­struiert werden
                                                                    ——    Die Leitbilder verschiedener Hochschulen
                                                                          gehen auf Aspekte im Bereich des Diskrimi-
                                                                          nierungsschutzes ein. Im Leitbild der Hoch-
       können.26                                                          schule Bochum wird beispielsweite betont:

 ——    Anti-Bias-Trainings, die dazu dienen, Diskri­
       minierung und eigene Vorurteilsstrukturen
       sicht­bar zu machen, wurden beispielsweise an
                                                                          „Chancengleichheit, Diskriminierungsfreiheit
                                                                          und Wertschätzung der Unterschiedlichkeit
                                                                          sind selbstverständlich“.31 Vielfalt wird im
                                                                          Leitbild der Evangelischen Hochschule
       der Rheinisch-Westfälischen Technischen                            Freiburg als Bereicherung gesehen, die
       Hochschule Aachen (RWTH) für unterschied-                          Notwendigkeit des Umgangs mit eigenen
       liche Zielgruppen an der Hochschule ange­                          Vorurteilen betont und der Abbau von
       boten.27                                                           Diskriminierung und Barrieren in der Hoch-

 ——    Verschiedene Hochschulen führen Projektta-
       ge oder -wochen durch, die sich mit den
       Themen Gleichstellung, Diversity und Antidis-
                                                                          schule als wichtig angesehen.32 Im Diversi-
                                                                          ty-Leitbild der Hochschule Kassel wird an
                                                                          verschiedenen Punkten die Notwendigkeit
                                                                          des Schutzes vor Diskriminierung hervorge­
       kriminierung befassen. Diese enthalten häufig                      hoben.33
       auch Workshops zu spezifischen Themen wie
       Umgang mit sexueller Belästigung, Mobbing
       oder der Auseinandersetzung mit Vorurteilen.
       Die Universität zu Köln beispielsweise
                                                                    ——    Der Verhaltenskodex der Technischen Hoch-
                                                                          schule Mittelhessen verpflichtet alle Angehö-
                                                                          rigen der Hochschule zu einem wertschätzen-
       organisiert seit 2015 eine Diversity-Woche, die                    den, respektvollen Umgang miteinander und
       2017 unter dem Motto „Diskriminierungen                            gibt vor, dass Diskriminierung an der Hoch-
       abbauen, Chancen aufbauen“ stand.28                                schule nicht toleriert wird. Dabei wird sowohl

 ——    An der Hochschule Pforzheim gibt es einen
       »Ethik-Kodex« der Fakultät für Wirtschaft und
       Recht, nach dem jegliche Form von Diskrimi-
                                                                          auf die verschiedenen geschützten Merkmale
                                                                          als auch die Verhaltensweisen, die nicht ak­
                                                                          zeptiert werden, eingegangen.34 Der Verhal-
                                                                          tenskodex ist auf der Website der Hochschule
       nierung nicht toleriert wird.29                                    veröffentlicht, darüber hinaus ist er in allen

 ——    Die Dienstvereinbarung »Konfliktbewältigung
       am Arbeitsplatz« schützt Beschäftigte der
                                                                          Gebäuden der Hochschule sichtbar ausge-
                                                                          hängt.

26   Mehr Informationen finden sich hier: https://www.uni-konstanz.de/gleichstellungsreferat/diversity/anti-diskriminierung/
     massnahmen/.
27   Siehe hier: http://www.igad.rwth-aachen.de/cms/IGAD/Die-Stabsstelle/Aktuelles/~nxlb/Anti-Bias-Trainingsreihe/.
28   Siehe hier: https://www.portal.uni-koeln.de/diversity-woche.html.
29   Siehe hier: https://businesspf.hs-pforzheim.de/fakultaet/profil/unser_ethik_kodex/.
30   Siehe hier: https://www.hs-bremen.de/internet/hsb/struktur/gleichstellungsstelle/gl/diskriminierung/dienstvereinbarung_
     konfliktbew__ltigung_am_arbeitsplatz.pdf.
31   Siehe hier: https://www.hochschule-bochum.de/die-bo/hochschule/profil/leitbild/.
32   Mehr Informationen finden sich hier: https://www.eh-freiburg.de/leitbild/.
33   Siehe hier: https://www.uni-kassel.de/intranet/fileadmin/datas/themen/mentoring-divers/Diversity-Leitbild_
     Universit%C3%A4t_Kassel_02.pdf.
34   Siehe hier: https://www.thm.de/site/hochschule/profil/verhaltenskodex.html.
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