Biologische Vielfalt. Für uns wichtig - Biodiversitätsstrategie ...
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Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Biologische Vielfalt. Für uns wichtig. Hessischer Biodiversitäts- bericht 2018 Bericht der Landesregierung über ergriffene und geplante Maßnahmen zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt in Hessen Berichtszeitraum Mitte 2017 bis Ende 2018
2 Lesenswertes kurzgefasst. Hintergrundinfos auf Abruf. Der Hessische Biodiversitätsbericht informiert über persönliches und amtliches Engagement auf allen Ebenen. biologischevielfalt.hessen.de
3 Inhalt Vorwort 4 Wirksamkeit und Sensibilisierung 5—8 Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie Kernbotschaften 10 Erläuterungen zu ausgewählten Kennzahlen Maßnahmen zur Verbesserung der Biologischen Vielfalt im Umweltministerium 13 Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft und Naturschutz Resümee und Ausblick 18 Was muss die Hessische Biodiversitätsstrategie leisten Ziel I: Natura 2000 Ausgewählte Maßnahmen zur Erfassung und Verbesserung 20 Ziel II: Arten und Lebensräume der Hessen-Liste Ausgewählte Maßnahmen zur Förderung und Entwicklung 24 Ziel III: Ökosystemleistungen Ausgewählte Maßnahmen zur Sicherung gesunder Lebensverhältnisse 28 Ziel IV: Offenland und Landwirtschaft Ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung der Vielfalt 32 Ziel V: Wald und Forstwirtschaft Ausgewählte Maßnahmen zur Kartierung und Revitalisierung 36 Ziel VI: Gewässer Ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands 38 Ziel VII: Invasive Arten Ausgewählte Maßnahmen zur Vermeidung möglicher Ausbreitungen 42 Ziel VIII: Monitoring Ausgewählte Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Naturschutz-Monitorings 46 Ziel IX: Ehrenamt und Wissenschaft Ausgewählte Maßnahmen zu deren verstärkter Einbindung 48 Ziel X: Bürgerwertschätzung und -beteiligung Ausgewählte Maßnahmen zur Öffentlichkeitsbeteiligung 50 Ziel XI: Maßnahmen anderer Ressorts zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt Ausgewählte Maßnahmen der Hessischen Landesregierung 54 Übersichten weiterer ausgewählter Aktivitäten zu den Zielen I bis XI 58 Abkürzungen und Begriffserklärungen 58 Impressum und Bildnachweise 59 Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie — Überblick 61
4 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, weltweit sind eine Million Tier- und Pflanzenarten Grundlagenarbeit liegen uns für zahlreiche natür- vom Aussterben bedroht – mit dieser alarmierenden liche Lebensräume und geschützte Arten in Hessen Zahl hat der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) im Mai konkrete Informationen vor, wie diese gezielt ge- dieses Jahres viele Menschen bewegt und aufgerüt- fördert werden können. telt. Wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um die Biologische Vielfalt auf dem ganzen Planeten, Besonders wichtig für den Erhalt der Biologischen aber auch ganz konkret vor unserer Haustür zu be- Vielfalt ist die Förderung des Ökolandbaus. Mittler- wahren. Denn nicht nur am Amazonas sind Tiere und weile wird in Hessen auf 14,7 Prozent der Fläche Pflanzen vom Aussterben bedroht. Auch in Hessen ökologisch gewirtschaftet. Damit sind wir bundes- kämpfen Arten wie Braunkehlchen, Feldhamster weit im Spitzenfeld. Bis 2025 sollen es 25 Prozent oder Schwarzer Apollo ums Überleben. sein. Das ist zentral, denn besonders im Agrarland hat die Artenvielfalt abgenommen. Seit April 2014 arbeitet Hessen aktiv mit der Hessi- schen Biodiversitätsstrategie daran, dass die Vielfalt Um gefährdete Arten zu erhalten, müssen wir auch an Arten und Lebensräumen in unserem Land erhal- gezielt gegen invasive Arten vorgehen. So bedroht ten bleibt. Mehr als zwei Drittel der in den elf Zielen beispielsweise der aus Nordamerika stammende der Hessischen Biodiversitätsstrategie aufgeführten Signalkrebs die letzten bekannten Populationen Aktionen sind bereits umgesetzt. Für alle hessischen des heimischen Stein- und Edelkrebses. Wir haben FFH-Gebiete wurden Maßnahmenpläne erstellt, die deshalb die Zahl der Maßnahmen, um invasive Arten sich an den im Gebiet vorkommenden Tier- und einzudämmen, stark gesteigert. Pflanzenarten orientieren und konkret durchzufüh- rende Maßnahmen zu deren Erhalt beinhalten. Zu- Die Gesamtzahl der durchgeführten Aktivitäten und dem werden fortlaufend weitere Artenhilfskonzepte Maßnahmen im Rahmen der Biodiversitätsstrategie für bedrohte Arten erstellt. Durch diese so wichtige ist beachtlich. In den Schutzgebieten wurde die
5 Wirksamkeit und Sensibilisierung – Kennzahlen der Hessischen Biodiversitätsstrategie 1 Günstige Erhaltungszustände der Natura 2000-Schutzgüter in Hessen Ziel I, II a) Erhaltungszustand der relevanten b) Erhaltungszustand der relevanten c) Erhaltungszustand der relevanten Arten der Vogelschutz-Richtlinie Arten der FFH-Richtlinie Lebensraumtypen der FFH-Richtlinie Angabe in Prozent 26,19 29,03 45,68 30,49 15,22 ? ? 25,64 ? 2008 2014 2020 2007 2013 2019 2007 2013 2019 Art. 12– Bericht (HE); nur 6-jährlich (2014, 2020, …) Art. 17 – Bericht (HE); nur 6-jährlich (2013, 2019, …) Art. 17 - Bericht (HE); nur 6-jährlich (2013, 2019, …) Ziel 2 Bestandsentwicklung lebensraumtypischer Vogelarten in Hessen I, II, III, IV, V, VI gemäß Nachhaltigkeitsindex Ziel 2020 „Artenvielfalt und 100 % 1994 Gesamtlandschaft Landschaftsqualität“ Angabe in Prozent 84,3 % 2016 72,8 % 2017 ? 2016 91 83 76 51 90 82 79 2010 59 74 79 78 67 2004 1994 104 102 62 58 Teil- Agrarland Wälder Siedlungen Binnengewässer indikatoren: gemäß Nachhaltigkeitsindex „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ Bestandsentwicklung repräsentativer Arten [%]
6 3 Naturschutzfinan- Ziel 4 Gesamtzahl der erstellten Ziel zierung in Hessen I, II, III, VII, IX, X Artenhilfskonzepte in Hessen I, II, VII in Mio. Euro 2020 ? Gesamtzahl (aufsummiert) 2018 17,7 19,1 2017 2015 11,1 9,3 2016 8,8 9,1 10,3 2014 2012 2013 2013 2015 2017 2018 2019 Naturschutzmittel in den Landeshaushaltsplänen des Um- alle im Auftrag der Naturschutzfachbehörden (HLNUG, weltministeriums; naturschutzrelevante Haushaltsmittel des VSW) erstellt Förderkapitels 09 22 5 Prozentualer Anteil der Ziel 6 Umgesetzte Maßnahmen hessischen Vogelschutz- pro Jahr in hessischen I, II, Ziel gebiete, für die Maß- Natura 2000- und VII, VIII I, II nahmenpläne vorliegen Naturschutzgebieten 2017 2018 41% 6.984 7.053 2015 2018 5.234 2016 5.779 2013 3.084 2014 2012 2.948 4.772 Im letzten Berichtszeitraum Ende 2016 lagen für alle FFH- Maßnahmen aus den jeweiligen Maßnahmen- bzw. Pflege- Gebiete Maßnahmenpläne vor, deshalb beziehen sich die plänen gem. Naturschutzinformationssystem NATUREG Angaben jetzt auf die Vogelschutzgebiete. 7 Landwirtschaftsflächen mit Ziel 8 Anteil der ökologisch bewirt- Ziel hohem Naturwert in Hessen IV, VIII schafteten Fläche in Hessen IV 16,3 2018 16 13,5 14, 2017 7 14,5 15,1 2016 12,5 %% 13,5 2015 % 11,5 2014 % 11,4 % 11,4 2011 2015 2013 % 2017 11 2009 2013 2012 % High Nature Value Farmland: Anteil der „Landwirtschafts- Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen an der lan- flächen mit hohem Naturwert“ an der gesamten Landwirt- desweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche [%] schaftsfläche [%] 9 Förderung artenreicher Agrarökosysteme 10 Förderung artenreicher Grün in Hessen Ziel III, IV land-Ökosysteme in Hessen Ziel III, IV Hektar pro Jahr 14.772 14.019 14.626 14.795 Tausend Hektar pro Jahr 13.230 12.272 12.326 12.095 1.542 1.747 2.300 2.700 62,0 2.420 2.080 2.246 59,0 2018 55,4 2017 2012 2013 2014 42,0 51,5 2016 2012 40,0 2015 2015 2016 2017 2018 2013 37,5 2014 HIAP HALM HIAP/HALM Greening gesamt Förderung 2012 bis 2014 gem. HIAP (Blüh- und Schonstreifen), ab 2015 gem. HALM (ein- und Agrarumweltmaßnahme „Grünlandextensivierung“, Förderung 2012 mehrjährige Blühstreifen/-flächen, Ackerrandstreifen, Ackerwildkrautflächen) sowie GREENING bis 2014 gem. HIAP B5, ab 2015 gem. HALM D1 (Ökologische Vorrangflächen Brache und Feldrandstreifen)
7 11 Dauerhaft ungenutzter Ziel 12 FSC-zertifizierte Waldfläche in Hessen (Flächenanteile für Ziel Staatswald in Hessen III, V Staatswald, Privatwald und Kommunalwald) V in Prozent, Anteil von hessischer Gesamtwaldfläche 37,0 0,1 7,75 % Staatswald Kommunalwald Privatwald Gesamtfläche 4,5 2014 2018 2017 14,46 17,0 0,1 41,6 % 0,1 4,5 0,54 6,93 3,75% 2016 0,54 0,1 0,54 0,1 0,1 0,1 3,82 21,6 2015 2,46 2,38 2,4 3,59 18,4 % 2013 3,1 3,02 3,04 % 10,6 3% % 2012 % 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Flächenanteil ungenutzter Staatswaldflächen [%] zertifizierte Flächenanteile für Staatswald, Privatwald und Kommunalwald [% der jeweiligen hessischen Gesamt- waldfläche] 13 Ökologischer Zustand der Ziel 14 Höhe der in Hessen bewilligten Fördermittel Ziel hessischen Gewässer VI für Maßnahmen zur Gewässerentwicklung VI und zum naturnahen Gewässerausbau Anteile mit „gutem“ oder „sehr gutem“ Zustand in Mio. € jährlich Fließgewässer Seen Gesamt Teilkomponente 2018 bewertung Fische 2012 11.020.180 11.416.950 2011 9.680.670 2015 2013 4,7% 20,4 % % 2010 8.068.990 2015 7.618.770 6.965.170 2017 6.463.520 2016 2009 6.417.650 2014 5,7% 5.050.380 % % Die Gesamtbewertung setzt sich aus 3 Teilkomponenten zusammen und Mittel aus dem „Landesprogramm für Gewässerentwicklung und Hochwasser- richtet sich nach der schlechtesten Teilkomponente; deshalb sind Fische ge- schutz“ sondert aufgeführt; Erhebung nur 6-jährlich (2009, 2015, 2021 …). 15 Anzahl der umgesetzten Maßnahmen pro 16 Anzahl der ehrenamtlichen sach- Jahr zur Bekämpfung von invasiven Neobiota Ziel kundigen Helfer für „geschützte Ziel in hessischen Natura 2000- und Naturschutz- I, VII Konfliktarten“ in Hessen (z.B. Biber, II, VIII, IX gebieten Luchs, Wolf) jährlich 2018 2017 145 147 115 2016 2015 93 2018 2014 80 60 2016 111 77 2012 43 2013 41 2015 2017 gem. Naturschutzinformationssystem NATUREG vom Land geschulte Personen, die vor Ort ehrenamtlich Unterstützung leisten
8 17 Gesamtmitgliederzahl der anerkannten Naturschutzvereinigungen Ziel in Hessen IX, X 199.902 196.947 181.227 187.886 171.853 176.821 168.303 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 gem. Angaben der Landesgeschäftsstellen (acht Institutionen) 18 Besucherzahlen ausgewählter hessischer Naturschutzzentren Ziel X Nationalparkzentrum Kellerwald Edersee Umweltbildungszentrum Schatzinsel Kühkopf (Eröffnung 2014) 41.000 45.855 40.000 36.000 38.000 27.869 38.780 27.392 31.134 33.000 25.115 29.953 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Personen, die Eintritt gezahlt oder dort an Veranstaltungen teilgenommen haben 19 Teilnehmertage in den hessischen Jugendwaldheimen Ziel XI 21.380 22.836 20.704 21.685 18.418 17.218 17.275 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Personen, die an Veranstaltungen teilgenommen haben
Hessischer Biodiversitätsb ericht 2018 9 „Nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass gefährdete Arten wie Rebhuhn, Feldhamster oder Arnika nicht aus Hessen verschwinden. Ehrenamt, Wissenschaft und Verwaltung arbeiten für den Erhalt der Biologischen Vielfalt Hand in Hand. Dafür allen Beteiligten mein herzliches Dankeschön!“ – Umweltministerin Priska Hinz Zahl der umgesetzten Maßnahmen von 3.084 im Dieser jährlich erscheinende Bericht dokumentiert Jahr 2013 auf 7.053 in 2018 gesteigert. Das haben den Stand der Umsetzung der Hessischen Biodiver- vor allem Bedienstete der Kommunen und Land- sitätsstrategie gegenüber dem Landtag und zeigt kreise, Vertreter der Land- und Forstwirtschaft sowie zugleich Bürgerinnen und Bürgern viele Möglich- haupt- und ehrenamtliche Naturschützerinnen und keiten einer aktiven Mitwirkung auf. Denn jede und Naturschützer ermöglicht – gemeinsam haben wir jeder kann dazu beitragen, dass auch nachfolgende viel erreicht! Ich danke den vielen Aktiven für dieses Generationen die Vielfalt unserer hessischen Natur andauernde, so wichtige Engagement! erleben können. Engagieren Sie sich – sei es im Naturschutzverein vor Ort oder durch blühende Für eine gute Zukunft brauchen wir die Natur und Wildpflanzen auf dem eigenen Balkon. ihre Ökosystemleistungen. Frische Luft, sauberes Wasser, Nahrung und Rohstoffe sind die Grundlagen Ihre unseres Lebens. Doch nur eine vielfältige Natur kann sich an die, beispielsweise durch den Klimawandel, stark ändernden Rahmenbedingungen anpassen und damit auch unser Überleben sichern. Der Erhalt der Biologischen Vielfalt hat für die Lan- desregierung hohe Priorität. Deshalb haben wir die allein dem Naturschutz zur Verfügung stehenden Mittel gegenüber der vorhergehenden Legislatur- Priska Hinz periode im Jahr 2018 mehr als verdoppelt. 2019 Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, stehen 19,12 Millionen Euro zur Verfügung. Landwirtschaft und Verbraucherschutz
10 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Erläuterungen Kernbot- zu ausgewählten Kennzahlen schaften Trotz zahlreicher Aktivitäten in Hessen, Deutsch- → Steigerung der Anzahl umgesetzter Maßnahmen land, Europa und der Welt belegen leider auch die gegen invasive Arten um über 250 Prozent. neusten internationalen Untersuchungen des Welt- biodiversitätsrates den global besorgniserregenden → Überwindung der 40-Millionen-Euro-Grenze für Zustand der Natur. im Jahr 2018 durchgeführte Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen. Unabhängig davon sind sich führende Fachleute sicher: → Ausdehnung des Anteils ökologisch bewirtschaf- Der Rückgang der Biologischen Vielfalt ist noch auf- teter Fläche von 11,4 Prozent auf 14,7 Prozent. zuhalten, wenn umgehend auf allen Ebenen aktiv Hessen gehört damit bundesweit zu den Spitzen- Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, um das reitern. weitere Verschwinden von Lebensräumen, der dort vorkommenden Tier- und Pflanzenarten sowie deren → Zunahme der Seen mit mindestens gutem öko- unterschiedlicher genetischer Ausstattungen zu ver- logischen Zustand um über 160 Prozent. hindern. → Deutlich ambitioniertere Weiterentwicklung der Hessen hatte schon in der letzten Legislaturperiode Hessischen Biodiversitätsstrategie, die 2016 vom von 2014 bis 2018 seine Aktivitäten deutlich gestei- Kabinett verabschiedet wurde. gert. Das spiegelt sich nicht nur in der Verdopplung der naturschutzrelevanten Haushaltsmittel in den Der Erfolg solcher Maßnahmen zeigt sich leider Landeshaushaltsplänen des Umweltministeriums (noch) nicht in der Entwicklung wichtiger, aber nur wider (s. S. 7 Kennzahl 3: 8,8 Millionen Euro im Jahr periodisch erhobenen Zustandskennzahlen, wie 2013; 17,7 Millionen Euro im Jahr 2018), sondern zum Beispiel in den Erhaltungszuständen der auch im bisher Erreichten: Natura 2000-Schutzgüter in Hessen (s. S. 6 Kennzahl 1) oder der Bestandsentwicklung lebensraumtypischer → Steigerung der in den Schutzgebieten umgesetz- Vogelarten in Hessen (s. S. 6 Kennzahl 2 sowie u. a. ten Maßnahmen von 3.084 auf 7.053, weil mitt- Erläuterungen). Bei der Verbesserung der Zustands- lerweile für alle FFH-Gebiete Maßnahmenpläne kennzahl 7 (s. S. 7 Landwirtschaftsflächen mit hohem vorliegen und ausreichend finanzielle Mittel zur Naturwert) könnte das anders sein. Verfügung stehen. Unabhängig davon konnten seit den letzten Berich- → Erhöhung der dauerhaft ungenutzten Staatswald- ten zur Kennzahl 1 Fortschritte erreicht werden, die flächen von 3,75 Prozent auf 8 Prozent. zeigen, dass die deutlich verstärkte Umsetzung von Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen → Zunahme der FSC-zertifizierten hessischen Ge- erfolgreich ist. Darüber hinaus belegen zum Beispiel samtwaldflächen von 3,0 Prozent auf 41,6 Prozent die Beobachtungen an 51 Monitoringstandorten auf (Staatswald: 1,4 auf 98,6). Berg-Mähwiesen (Hochrhön) die positive Wirkung.
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 11 Dauerflächen Dauerflächen im Vertragsnaturschutz ohne Vertragsnaturschutz 25 % 50 % 25 % Positive Tendenz Negative Tendenz Keine Änderung Abb. 1: Bewertung der Veränderungstendenz von Daueruntersuchungsflächen von Berg-Mähwiesen in der Hochrhön im Hinblick auf einen guten Erhaltungszustand; Flächen im Vertragsnaturschutz (n = 36), Flächen ohne Vertragsnaturschutz (n = 15). Aus Becker & al. 2015, verändert durch Mahn, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), Jahresbericht 2018, S. 75. des Vertragsnaturschutzes auf die Erhaltung der Bio- Da der Bezugszeitraum für den Hessischen Bio- logischen Vielfalt. Mit Vertragsnaturschutz entwickel- diversitätsbericht bis ans Jahresende verlängert ten sich in maximal 14 Jahren mehr als doppelt so wurde, können 2018 meist zwei neue Werte ergänzt viele Flächen positiv oder stabilisierten sich – näm- werden. Allerdings ermöglichte der mehrjährige lich 75 Prozent statt 33 Prozent. Gleichzeitig traten Erhebungsrhythmus (z. B. nach FFH-Richtlinie) keine negative Entwicklungen mit 25 Prozent deutlich aktuellen Werte für die Kennziffern 1, 2, 3, 7 und 13. seltener auf als ohne Vertragsnaturschutz (67 Pro- Mit Ausnahme der Kennzahlen 18 und 19 werden im zent; s. Abb. 1). Berichtsjahr Höchstwerte erreicht. Die Kennzahlen 4, 6 und 12 belegen die intensivierten Anstrengungen Diese Intensivbeobachtung bestätigt, dass die Um- bzw. erbrachten Zusatzleistungen. setzung gezielter Maßnahmen positive Wirkung entfaltet. Die Bestandsentwicklung lebensraumtypischer Vo- gelarten in Hessen (s. S. 5 Kennzahl 2) musste modi- fiziert werden, weil bestimmte Vogelarten in den Erläuterungen zu ausgewählten Erhebungsgebieten nicht mehr oder nicht mehr in ausreichendem Umfang vertreten waren. Die Werte Kennzahlen wurden rückwirkend bis 1994 mit den Bestands- zahlen der jetzt relevanten Arten neu berechnet. Wie den 19 Piktogrammen mit Zielzuordnung (s. S. 5 Deshalb weichen die Werte im Piktogramm von den — 8 blauer Kasten oben links auf den Piktogrammen) Werten ab, die im Biodiversitätsbericht 2017 auf S. 7 zu entnehmen ist, weisen die meisten Kennzahlen aufgeführt sind. Ein Vergleich der in beiden Auflis- eine positive Tendenz auf. Das bestätigt auch der tungen enthaltenen Werte für 2010 zeigt, dass die Überblick auf der hinteren Umschlaginnenseite. neuen Werte in allen Lebensräumen höher ausfallen.
12 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Trotz der tendenziellen Erhöhung bleibt aber die Jetzt bezieht sich die Kennzahl auf die Vogelschutz- Grundaussage für Hessen unverändert negativ. Ins- gebiete. Ende 2018 lagen Planungen für 41 % dieser besondere außerhalb des Waldes (Offenland) — und Gebiete vor. Es ist absehbar, dass diese Maßnah- deshalb auch in der Gesamtlandschaft — fällt der menplanungen frühestens 2022 abgeschlossen Index weiter ab. Die Ursachen dafür sind vielfältig. werden können. Dem Thünen Report 65 zu den Leistungen des öko- logischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft ist Mit der Förderung artenreicher Grünland-Öko- zu entnehmen, dass insbesondere Vogelarten, die systeme in Hessen (s. S. 6 Kennzahl 10) beschreitet während der Brutzeit vorwiegend Kleininsekten und Hessen einen erfolgreichen Weg: 2018 wurden rund Spinnen fressen, über 25 Jahre einen Bestandsrück- 62.000 Hektar artenreiches Grünland gefördert, was gang um etwa ein Drittel zeigten. Wenn nur 12 Jahre zugleich eine wichtige Maßnahme zur Förderung betrachtet werden, waren davon bereits fast die der Insekten ist. Die Studie Schuldt et al. (https:// Hälfte der Arten betroffen. Es wird ein Zusammen- go.nature.com/2XB0EL8) belegt, dass die Vielfalt hang mit Nahrungsknappheit und der flächigen An- an Pflanzenarten die Zahl der Insektenarten und die wendung von hochwirksamen Insektiziden vermutet. Höhe der Insekten-Biomasse positiv beeinflusst. Aber auch die zunehmende Zerschneidung und Auch die pflanzliche Strukturvielfalt beeinflusst die Versiegelung der Landschaft, die Auswirkungen des tierische Vielfalt positiv. Diese unter Führung des Klimawandels, die Zunahme von Luftverschmutzung Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitäts- und Eutrophierung sowie die Änderungen der Be- forschung gewonnenen Ergebnisse geben wichtige wirtschaftungsintensität und der Struktur im Offen- Hinweise für die insektenfördernde Bewirtschaftung land tragen zum Rückgang der Insekten und damit von Ökosystemen, insbesondere von Wiesen, Wäl- dem sinkenden Erfolg der Vogelbrut bei. dern und Waldrändern. Die mittlerweile 54 im Auftrag des Hessischen Die Abbildung Ökologischer Zustand der hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie Gewässer (s. S. 7 Kennzahl 13) gibt die Gesamtbe- (HLNUG) und der Staatlichen Vogelschutzwarte von wertung der Seen und der Fließgewässer wieder. Spezialisten für Pflanzen- und Tierarten erstellten Ar- Weil bei Fließgewässern die Gesamtbewertung tenhilfskonzepte (s. S. 6 Kennzahl 4) bieten wertvolle immer schlecht wird, wenn schon eine der 3 Teilkom- Hintergrundinformationen über die Verbreitung und ponenten — Fische, Nahrungstiere der Fische und Bestandsituation der jeweiligen Art sowie über den Wasserpflanzen — in einem schlechten Zustand ist, optimalen Lebensraum. Des Weiteren werden für waren 2015 nur 4,7 Prozent in dem gewünschten die jeweilige Art nicht nur die Gefährdungsursachen, guten Zustand. Bei der Teilkomponente Fischbe- sondern auch geeignete Erhaltungsmaßnahmen stände waren es dagegen schon 20,4 Prozent. aufgezeigt. Zusätzlich werden kurze, leicht lesbare Unabhängig davon wurde der ebenfalls von Teil- „Maßnahmenblätter“ erstellt, in denen das Wich- komponenten abhängige mindestens gute Zustand tigste zusammengefasst ist. Auswertungen des Na- in über 160 Prozent mehr Seen erreicht. turschutzinformationssystems (NATUREG) belegen, dass in den Schutzgebieten deutlich mehr Maßnah- Die Besucherzahlen ausgewählter hessischer Natur- men für die Zielarten geplant und umgesetzt wer- schutzzentren erreichte im Jahr 2017 mit über 75.000 den, wenn ein Artenhilfskonzept vorliegt. Für Vögel Menschen einen Besucherrekord (s. S. 8 Kennzahl gibt es zudem die sogenannten Gebietsstammblät- 18). Während 2018 das Umweltbildungszentrum ter (z. B. für Kiebitz oder Braunkehlchen). Dieses Mo- Schatzinsel Kühkopf die Besucherzahlen weiter dul der Artenhilfskonzepte nutzen Dritte (Verbände, um gut 1.000 Personen steigerte, sanken diese im Kommune, Privatleute) als Vorlage für Maßnahmen- Nationalparkzentrum Kellerwald-Edersee um über pläne. Durch diese Zusatzangebote entfalten die 7.000 Personen. Ein vergleichbar hoher Rückgang Artenhilfskonzepte mehrfachen Nutzen und sind für war 2013 zu verzeichnen. Der aktuelle Rückgang viele Naturschützer gut praktisch umsetzbar. lässt sich aber ganz wesentlich durch eine nur im Jahr 2017 durchgeführte Konferenz mit mehr als Der Schwerpunkt der Erstellung von Maßnahmen- 4.000 Teilnehmenden und dem verregneten, norma- plänen (s. S. 6 Kennzahl 5) lag aufgrund der Ver- lerweise aber sehr gut besuchten Herbstmarkt 2018 pflichtungen aus der FFH-Richtlinie solange in den erklären. FFH-Gebieten, bis diese alle Ende 2016 vorlagen.
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 13 zur Verbesserung der Biologischen Vielfalt im Umweltministerium Bereiche Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft und Naturschutz Maßnahmen Zur besseren Umsetzung der Hessischen Biodiversi- Die zur Förderung der Biologischen Vielfalt und ins- tätsstrategie hat Staatsministerin Hinz im Berichts- besondere des Insektenvorkommens im Offenland zeitraum ganz wesentliche Verbesserungen initiiert wichtigsten Agrarumweltmaßnahmen sind neben und deren Realisierung ermöglicht. der artenreichen Grünlandbewirtschaftung (circa 62.000 Hektar) der ökologische Landbau auf über Im Bereich Landwirtschaft wurden am Ende der 113.000 Hektar und die biodiversitätsfördernden vorangegangenen Legislaturperiode 2013 im Maßnahmen auf circa 35.000 Hektar Ackerflächen. Rahmen des Programms HIAP (Hessisches Integ- Im ökologischen Landbau gehört Hessen mit 14,7 riertes Agrarumweltprogramm) circa 25 Millionen Prozent ökologisch bewirtschafteter Fläche bundes- Euro zur Finanzierung von Agrarumwelt- und Land- weit zu den Spitzenreitern. schaftspflegemaßnahmen auf circa 145.000 Hektar Verpflichtungsfläche abgerufen. Rund 160 Prozent Im Bereich Forstwirtschaft sind, neben der Festle- mehr waren es im Berichtsjahr 2018. Im Rahmen des gung weiterer Kernflächen, die der Umsetzung der Hessischen Programms für Agrarumwelt- und Land- Klima- und Biodiversitätsstrategie dienende Revita- schaftspflegemaßnahmen (HALM) wurden erstmals lisierung der Burgwaldmoore sowie die Wiederher- über 40 Millionen Euro auf circa 205.000 Hektar stellung verbuschter Waldwiesen hervorzuheben. Verpflichtungsfläche ausgezahlt. Diese Steigerung Aufgrund einer Studie ist bekannt, dass im Burgwald hat viele Ursachen. Sie ist sowohl auf jahrlange Bera- ideale Voraussetzungen gegeben sind, die seit über tungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie eine maßnah- 300 Jahren durch Entwässerung und anschließende mengerechte Prämiengestaltung zurückzuführen als Wiesennutzung oder Aufforstung stark verringerten auch auf geänderte Einstellungen der Bewirtschafter Moore zu revitalisieren. Finanziert aus Mitteln der und die verstärkte Umsetzung der Maßnahmenpläne Hessischen Biodiversitätsstrategie und des Inte in Schutzgebieten. grierten Klimaschutzplans erfolgt 2017 und 2018 die
14 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Regeneration der Burgwaldmoore mit 140.000 Euro eingeebnet und angrenzende Bachläufe gepflegt. dreigleisig: Insgesamt wurden in der Pilotphase 2018 circa 87.000 Euro verausgabt. 1. Möglichst umfassende Wiederherstellung des ursprünglichen Wasserregimes durch Verschluss Für den Naturschutz leisten Synergieprojekte an und Verfüllung der alten Entwässerungsgräben, Fließgewässern einen wertvollen Beitrag zur Ver- die nur wenige Monate nach Abschluss der Arbei- besserung der Biologischen Vielfalt. In bestimmten ten im Gelände nicht mehr zu erkennen sind. gewässerabhängigen Landschaftsbereichen – ins- besondere den Flussauen – verfolgen nämlich die 2. Rücknahme der Fichtenbestände auf Flächen, Habitat- (FFH-) bzw. Vogelschutz- und die Wasserrah- unter denen sich bemerkenswerte Moorreste men-Richtlinie (WRRL) das gleiche Ziel: die Erhaltung erhalten haben, um den Wasserverlust durch die und Wiederherstellung ökologisch funktionsfähiger, Transpiration zu reduzieren und der moortypi- natürlicher Lebensräume als Voraussetzung für die schen Vegetation Gelegenheit zur Ausbreitung zu Erhaltung der Biologischen Vielfalt. Dadurch erge- geben. ben sich Synergien bei der Planung und Umsetzung in den gemeinsamen Zielräumen. Um diese aus- 3. Vergrößerung des Einzugsgebiets der Moore, in- zuschöpfen, begann Hessen bereits im Dezember dem durch Reduzierung des Baumbestandes die 2009 mit den konzeptionellen Vorarbeiten. Seit 2012 Tiefenversickerung von Niederschlagswasser er- werden Synergieprojekte durchgeführt. Viele dieser höht und so ein zusätzlicher Impuls für die Moor- Projekte haben das Ziel, die Gewässerdurchgängig- regeneration gegeben wird. keit für die Tiere wiederherzustellen, zum Beispiel durch den Rückbau von Wehren, die Herstellung von Im Rahmen der Naturschutzkampagne wurden im Umgehungsgerinnen oder durch die Umwandlung Jahr 2018 insgesamt knapp 100 Hektar verbuschter kleinerer Abstürze in sogenannte raue Rampen. Waldwiesen in 3 Pilotforstämtern wieder bewirt- Ein herausragendes Projekt in Südhessen war die schaftbar gemacht und einer langfristigen Nutzung 2017 abgeschlossene Renaturierung der Weschnitz zugeführt. Um sie wieder instand zu setzen wurden im Naturschutzgebiet „Weschnitzinsel von Lorsch“. nicht nur die Verbuschungen beseitigt und zur Auf knapp drei Kilometer Länge wurde hier ein Reduzierung der Verschattung Randbäume entnom- neues, durch Grünland mäandrierendes Flussbett men bzw. Äste gestutzt, sondern auch die langjäh- geschaffen, das die parallel verlaufenden einge- rig entstandenen Wühlschäden der Wildschweine deichten und befestigten Rinnen der Alten und der
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 15 Neuen Weschnitz ersetzte. Das naturnahe Überflu- der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im tungsregime ermöglicht zudem wieder die Ent- Allgemeinen und der europarechtlichen Ver- wicklung einer artenreichen Grünlandaue. Darüber pflichtungen aus Natura 2000 im Besonderen. Die hinaus wurde im neuen Gewässerbett durch das Ein- Landschaftspflegeverbände können die zustän- bringen von Störhindernissen wieder Strukturvielfalt digen Kreisbehörden mit Arbeitskapazität und hergestellt. Diese wird in den kommenden Jahren Fachwissen stärken und beispielsweise die Pflege- zahlreichen bisher nicht oder nicht mehr im Gebiet und/oder Vertragsnaturschutzmaßnahmen organi- vorkommenden Arten unterschiedliche Lebens- sieren. Dadurch werden im Offenland die Ziele zur räume bieten. Ganz wesentlich für eine möglichst Erhaltung der Biologischen Vielfalt eher erreicht reibungslose Umsetzung solcher Projekte ist der und so die Lebensgrundlagen besser gesichert. frühzeitige, intensive Dialog mit allen betroffenen Zudem sind alle vor Ort Beteiligten rechtzeitig Nutzern, Eigentümern und den zahlreich zu beteili- und aktiv eingebunden, weil in den Landschafts- genden Behörden. pflegeverbänden Landwirtinnen und Landwirte, Ab 2012 bis einschließlich 2018 konnten so für Naturschutzvereine und Kommunen gleichberech- mehr als 100 abgeschlossene Maßnahmen über 12 tigt am Tisch sitzen. Die Landschaftspflegever- Millionen Euro verausgabt (2018 wurden 10 Projekte bände sollen darüber hinaus die Kommunen beim abgeschlossen und insgesamt 1,5 Millionen Euro Management der kommunalen Ausgleichs- und ausgezahlt) werden. 53 Projekte befinden sich der- Eingriff-Flächen unterstützen. In den Pilotkreisen zeit in der Umsetzung (rund 17 Millionen Euro sind werden bis Ende 2019 Erfahrungen gesammelt. hierfür gebunden). Ohne die Synergieprojekte wäre Zudem wird die Pilotphase evaluiert. Die seit 2018 es nicht möglich gewesen, in beiden Bereichen die gewonnenen Ergebnisse sind sehr positiv und Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben erfolgreich rechtfertigen eine hessenweite Einrichtung von voranzutreiben. Landschaftspflegeverbänden. Im Bereich Naturschutz sind exemplarisch neun 3. Die 1978 gegründete Stiftung Hessischer Natur- Punkte zu nennen: schutz feierte 2018 ihr vierzigjähriges Bestehen 1. Für das von der UNESCO anerkannte Biosphären- und dokumentiert damit im Sinne des materiellen reservat Rhön wurde unter Beteiligung der Rhöner und ideellen Schutzes der Natur eine Verstetigung Bevölkerung, der relevanten gesellschaftlichen des landesweiten Engagements und die stetige Gruppen, Institutionen und Verwaltungen ein Anpassung an neue Herausforderungen. neues Rahmenkonzept entwickelt, das ein um- fassendes Leitbild und Zukunftskonzept für die 4. Die neue hessische Kompensationsverordnung Rhön darstellt. Das erste Rahmenkonzept aus dem vom 26.10.2018 reduziert Beeinträchtigungen der Jahr 1994 bedurfte einer Aktualisierung aufgrund Natur und verbessert die Qualität von Ausgleichs- neuer Aufgabenstellungen für die nachhaltige, maßnahmen. Die Wiederbesiedlung bereits umweltgerechte Entwicklung, wie z. B. erneuer- gestörter Böden im Innenbereich soll Vorrang bare Energien, Klimaschutz und demografischer haben vor der Neubesiedlung des Außenbe- Wandel sowie aufgrund der Erweiterung des reichs. Ausgleich, der gleichzeitig der Umsetzung Biosphärenreservates Rhön im bayerischen Teil im der Wasserrahmenrichtlinie dient, soll unterstützt Jahr 2014. Mit zahlreichen Konzepten und Pro- werden. Die Qualität der Planungen wird durch jektideen gibt die Neuauflage Antworten auf die Anforderungen an die Planer verbessert; die Flä- aktuellen und künftigen Herausforderungen einer chenverfügbarkeit muss nachgewiesen werden, nachhaltigen, umweltgerechten Entwicklung. ferner werden Umsetzungsfristen eingeführt. Zur Verbesserung der Biodiversität im Offenland sind 2. Am 14.7.2017 – und damit zu Beginn der Be- jetzt als Ausgleich auch Ökolandbau und produk- richtsperiode 2018 – erfolgte die Unterzeichnung tionsintegrierte Maßnahmen anerkannt. Neu ist der 3-jährigen Pilotvereinbarung zur Einrichtung auch die bessere Berücksichtigung von invasiven von Landschaftspflegeverbänden zwischen dem Arten, Bodenschutz- und Klimaschutzbelangen Umweltministerium, dem Lahn-Dill-Kreis, dem sowie gesetzlich geschützten Biotopen und Le- Landkreis Waldeck-Frankenberg und dem Wetter- bensraumtypen bei der Wahl und Bewertung von aukreis. Damit beschritt Hessen neue Wege bei Kompensationsmaßnahmen.
16 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 5. Hessen hat die Öffentlichkeitsbeteiligung zu den Arten weitere Lebensräume besiedeln und sich so Entwürfen der Maßnahmenpläne zur Bekämp- die Situation der Feldarten insgesamt verbessert. fung europarechtlich festgelegter invasiver Arten Im Juli 2017 wurde in Wiesbaden die Einrichtung organisiert, wodurch bundesweit Finanz- und Per- einer Feldhamsterstation aus Überschussmitteln sonalressourcen eingespart und die erfolgreiche der Umweltlotterie gefördert. Jetzt können in ihr Abstimmung vereinfacht und beschleunigt wurde. gefundene, z. T. verletzte Tiere so lange gehalten werden, bis diese zur Bestandsstützung erneut 6. Zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt an be- ausgewildert werden können. stehenden Gebäuden und bei der Füllung von 2018 konnte sogar zur Förderung der Feldar- Baulücken haben das Wirtschafts- und das Um- ten eine zusätzliche Beratungskraft ausgewählt weltministerium im Bauvorlagenerlass festgelegt, werden, die zunächst im Rebhuhn-Projekt Bad dass Hinweise auf Vorkommen geschützter Arten Zwesten die Aufgabe hat, die Zahl der mitwirken- von der Bauherrschaft dem Bauantrag beizufügen den Bewirtschafter zu erhöhen und zugleich die sind. Um neue Anforderungen aus Klima-, Ar- Maßnahmen noch zielgenauer umzusetzen. ten- und allgemeinem Umweltschutz mit Bebau- Ebenfalls zur Verbesserung der Biologischen Viel- ungsplänen umzusetzen wurden diesbezügliche falt im Offenland wurden Betreiber von Infrastruk- Möglichkeiten in Fortbildungsveranstaltungen der tureinrichtungen in Fortbildungsmaßnahmen auf Hessischen Landgesellschaft aber auch in Bro- entsprechende Möglichkeiten beim Vegetations- schüren aufgezeigt. rückschnitt entlang von Straßen und Bahnlinien hingewiesen. 7. Zur Verbesserung der Umsetzung der Arten- Für Bewirtschafter von Flächen wurde darüber hilfskonzepte werden im Rahmen der Natur- hinaus ein mit den Landwirtschafts- und Natur- schutzkampagne Experten von den zwei Fach- schutzverbänden abgestimmter Flyer im Herbst behörden – dem HLNUG sowie der Staatlichen 2017 veröffentlicht, der zeigt, wie auch gezielte Vogelschutzwarte – beauftragt, die zuständigen Pflegemaßnahmen auf Saumstrukturen zu dieser Dienststellen artspezifisch vor Ort bei der Um- Verbesserung beitragen können. setzung der im Konzept vorgeschlagenen Maß- nahmen zu beraten. Das Angebot können auch 9. Zur Förderung der Biologischen Vielfalt in den ehrenamtlich Aktive in Anspruch nehmen. Dieser 28 Kommunen des Main-Kinzig-Kreises hat der erfolgreiche Ansatz wird sukzessive ausgebaut Kreis 2018 das für zwei Jahre aus Landesmitteln und weitere Experten bestellt. Die Artenhilfskon- (circa 200.000 Euro) finanzierte Pilotprojekt „Main zepte werden insbesondere für Arten erstellt, für Kinzig blüht“ aufgelegt. Zur Durchführung zusätz- deren Erhaltung Hessen eine besondere Verant- licher Maßnahmen stockte der Kreis im ersten wortung hat. Jahr das Budget um 50.000 Euro auf. Die Gesamt- koordination hat der örtliche Landschaftspflege- 8. 2018 wurde das Sonderprogramm zur Förderung verband übernommen, die fachliche Koordination von Leitarten der Feldflur aufgelegt, weil Hessen der z. T. noch ergänzend zu schulenden Bera- auch für den Erhalt der Biologischen Vielfalt im tungskräfte eine Naturgarten-Expertin. Der dort Offenland eine besondere Verantwortung hat. vorgesehene Einsatz von mehrjährigen Wildpflan- Solche Leitarten sind beispielsweise der Feld- zen dient nicht nur wildlebenden Bestäubern und hamster, die Grauammer, die Feldlerche oder anderen Insekten sondern auch der Kostensen- das Rebhuhn. Maßnahmen zur Verbesserung des kung. Da die Beete nicht länger mehrfach im Jahr Lebensraums für eine dieser Leitarten verbessern neu bepflanzt und bearbeitet werden müssen, zugleich den Lebensraum für zahlreiche andere reduziert sich längerfristig der Arbeitsaufwand Arten. So profitieren nicht nur die Quellpopulatio- deutlich. nen der Leitarten von zum Beispiel zusätzlichen Das bis Ende 2019 laufende Projekt hat zum Ziel, Strukturelementen, Brachen oder Blühstreifen, die Biodiversität im besiedelten Bereich insbe- sondern auch die anderen an diesen Lebensraum sondere auf geeigneten öffentlichen, aber auch angepassten Feldarten. Es ist zu erwarten, dass privaten Grünflächen zu erhöhen. Das bezieht sich durch den so bewirkten Populationsanstieg diese sowohl auf die Vielfalt an einheimischen Pflanzen
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 17 als auch der daran angepassten wildlebenden Bereits jetzt ist absehbar, dass dank des großen Insekten. Deshalb wurden die zuständigen Mit- Engagements — insbesondere der das Projekt arbeiter bei den Kommunen respektive bei deren initiierenden Kreisverwaltung — alle angestreb- Bau- bzw. Betriebshöfen fortgebildet. Sie werden ten Ziele bis Ende 2019 erreicht werden und das über zwei Jahre 100 Flächen im MKK exempla- Projekt so als sehr erfolgreich bewertet werden risch beplanen, die Planung gemeinsam umsetzen kann. Da der Landschaftspflegeverband das sowie die umgewandelten Flächen über ein bis Projekt auch nach 2019 fachlich begleiten wird zwei Jahre gemeinsam mit den Beratungskräften und die erzielten Vorteile für alle Beteiligten offen- vor Ort pflegen. Hierdurch sollen alle zuständigen sichtlich sind, ist davon auszugehen, dass in den Bearbeiter in die Lage versetzt werden, zukünf- Folgejahren auch die angestrebte selbstständige tig selbstständig weitere Flächen umzuwandeln Umwandlung weiterer Flächen in den Kommunen und dann ohne externe Anleitung fachgerecht zu beobachtet werden kann. pflegen. Zur Verbesserung der Breitenwirkung und Übertragung des Ansatzes in den Privatgarten werden außerdem stark nachgefragte Vorträge angeboten und die Öffentlichkeit über die Presse informiert.
18 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Resümee und Was muss die Hessische Biodiversitätsstrategie leisten? Ausblick Der neu gestaltete, sich noch auf die letzte Legis- In der Präambel des Koalitionsvertrags für diese laturperiode beziehende Hessische Biodiversitäts- Legislaturperiode wird herausgestellt, dass die bericht 2018 zeigt, dass in Hessen die Aktivitäten Bewahrung der Schöpfung und der Erhalt unserer zur Erhaltung der Biologische Vielfalt mit großem natürlichen Lebensgrundlagen für uns und nach- Engagement intensiviert wurden. Sowohl Vereine, kommende Generationen eine der vordringlichsten Verbände und Behörden, aber auch viele Bürgerin- Herausforderungen ist und bleibt. Im Koalitions- nen und Bürger engagierten sich verstärkt. Zusätzli- vertrag selbst findet sich deshalb nicht nur das klare che Aktivitäten sind notwendig, damit sich die Arten Bekenntnis: Die Hessische Biodiversitätsstrategie an die stark veränderten Rahmenbedingungen an- werden wir umsetzen und weiterentwickeln, sondern passen können. Nur das Überleben möglichst vieler an vielen Stellen dafür notwendige, konkrete Maß- Arten mit unterschiedlichen Genen ermöglicht diese nahmen. So sollen der Vertragsnaturschutz weiter Anpassung. Die Biologische Vielfalt sichert für uns gestärkt werden und die Ziele der Biodiversitätsstra- und nachfolgende Generationen die für das Leben tegie in die Novelle des Hessischen Naturschutzge- aber auch für den Wohlstand und Wirtschaftserfolg setzes einfließen. essenziellen Ökosystemleistungen, wie zum Beispiel frische Luft, sauberes Wasser, fruchtbare Böden, Roh- Schließlich belegt die nochmalige Erhöhung der stoffe und Erholung. Naturschutzmittel im Jahr 2019 nachdrücklich, dass dieser Aufgabe Priorität eingeräumt wird. Hessen hat 2018 die Naturschutzfinanzierung deut- lich erhöht (s. S. 6; Kennzahl 3). Das Land konnte Der Umsetzungsstand der den Zielen I bis X zuge- deshalb den vor Ort Aktiven für von der Kreisbe- ordneten Aktionen hat sich 2018 nicht verändert, hörde befürwortete und vom Regierungspräsidium auch die schwerpunktmäßig für 2018 geplanten genehmigte Maßnahmen zur Optimierung der Arten Maßnahmen wurden noch nicht abgeschlossen. In und Lebensräume der Hessen-Liste (Ziel II) knapp den übrigen Ressorts der Landesregierung (Ziel XI) 650.000 Euro zur Verfügung stellen. Darüber hinaus konnten dagegen nicht nur die für 2018 schwer- riefen Vereine rund 105.000 Euro Lotto- und Tronc- punktmäßig geplanten Aktionen erfolgreich durch- mittel zur Förderung der Biologischen Vielfalt ab, geführt, sondern auch weitere Maßnahmen erledigt davon über die Hälfte im Rahmen der Kampagne werden. Dadurch erhöhten sich die vollständig „Bienenfreundliches Hessen“. umgesetzten Aktionen um 7 Prozentpunkte. Die als Daueraufgaben fortzuführenden Aktionen nahmen Zusätzlich zahlte die im April 2016 gegründete um 3 Prozentpunkte zu. Umweltlotterie nicht nur jährlich 260.000 Euro zur Förderung der wöchentlich in den Kreisen festgeleg- Wie dem am 06.05.2019 verabschiedeten Bericht ten Umwelt- und Naturschutzprojekte aus, sondern zur Situation der weltweiten Artenvielfalt des Welt- förderte 2018 auch mit circa 74.000 Euro weitere biodiversitätsrates IPBES zu entnehmen ist, muss Projekte zur Erhaltung der Biologischen Vielfalt aus jede achte Tier- und Pflanzenarten weltweit als vom den Überschussmitteln. Aussterben bedroht angesehen werden. Zusammen betrifft das rund 1 Million Arten. Der IPBES-Vor- sitzende betonte, dass einerseits die Menschheit aktuell die Natur in einem nie dagewesenen Ausmaß
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 19 zerstört und damit zugleich die Basis unserer Le- muss daher ambitionierte Ziele und Aktionen vorge- bensgrundlagen, unserer Lebensqualität und ben. Dabei müssen nicht nur Herausforderungen aus unserer Volkswirtschaft. Andererseits könne jede Hessen berücksichtigt werden. Die neue Strategie Person nicht nur durch eigenes Konsumverhalten muss auch gezielt zur Erreichung der im Novem- und Handeln Druck auf Regierungen und Wirtschaft ber 2020 festzulegenden internationalen sowie der ausüben, den notwendigen schnellen Wandel zu voraussichtlich bis Sommer 2021 verabschiedeten bewirken. Auch eigene Maßnahmen vor Ort würden europäischen Vorgaben zum Erhalt und zur Verbes- hier wertvolle Beiträge leisten und so den Wandel serung der Biologischen Vielfalt beitragen. beschleunigen. Mit einer ambitionierten Strategie ist aber noch Für Gegenmaßnahmen sei es aber nur dann noch nichts erreicht. Zur erfolgreichen Umsetzung bedarf nicht zu spät, wenn wir sofort und auf allen lokalen, es auf allen Ebenen ausreichender Mittel und darü- nationalen, europäischen und internationalen bzw. ber hinaus engagierter Personen im amtlichen und globalen Ebenen jetzt damit beginnen. im ehrenamtlichen Bereich. Nur dann kann es gelin- gen, die Biologische Vielfalt zu erhalten und künfti- Die 2021 anstehende Aktualisierung der 2016 wei- gen Generationen gute Perspektiven zu eröffnen. terentwickelten Hessischen Biodiversitätsstrategie Umsetzungsstand der Umsetzungsstand der 100 (Teil-)Aktionen bzgl. 31 (Teil-)Aktionen bzgl. der Ziele I – X der HBS des Ziels XI der HBS (Stand: Herbst 2017/Herbst 2018) (Stand: Herbst 2018) a vollständig umgesetzt; b in Bearbeitung (mit gepl. Abschlussdatum) c Umsetzung geplant – schwerpunktmäßig 16/17 d Umsetzung geplant – schwerpunktmäßig 2018; e „Daueraufgabe“
20 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Ziel I: Natura 2000 Kennzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 15 Stopp der Verschlechterung der relevanten Natura 2000-Lebensräume und -Arten und Verbesserung des Erhaltungszustandes Erfassungssoftware für die Eingabefunktionalitäten für die HLBK ergänzt wurde. Hessische Lebensraum- und Eine integrierte Erfassung von Geo- und Sachdaten wird durch den Ansatz komplettiert, dass die erfor- Biotopkartierung (HLBK) derlichen Kartierungsgrundlagen über Web-Dienste bereitgestellt werden können. Geplant ist, das Seit 2018 steht zur Erfassung der Ergebnisse der QGIS-Plugin über die Auftragnehmer des HLNUG HLBK eine Software zur Verfügung, die betriebs- hinaus auch für Dritte, also zum Beispiel für Auftrag- systemunabhängig und frei verfügbar ist. Anwen- geber wie Regierungspräsidien oder Hessen-Mobil, derinnen und Anwender werden bei der Erfassung zugänglich zu machen. Deren eigene Erfassungen der Kartierungsergebnisse nach den Anforderungen würden künftig nach der HLBK-Methodik mit ein- der HLBK-Methodik durch qualitätssichernde Funk- heitlichen Standards erhoben und verwaltet werden, tionen unterstützt. Entwickelt wurde die Software sodass Naturschutzdaten zu Lebensräumen und Bio- als Erweiterung (englisch: plug in) für das frei ver- topen untereinander vergleichbar werden. fügbare geografische Informationssystem QGIS in Zusammenarbeit mit der Firma geoSYS aus Berlin. In ■ Autor: Ingo Pfisterer, Hessisches Landesamt QGIS steht ein breiter Funktionsumfang zum Erstel- len, Editieren und Verwalten von Vektor- und Ras- Weiterlesen: QGIS, https://www.qgis.org terdaten bereit, der im Plugin um die spezifischen
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 21 Große Pflanzenfresser im andere Tierarten. Der Kot bietet Nahrung für Insek- ten und Vögel. Die Nutzung der alten Kopfweiden Naturschutzgebiet Hammer Aue soll ergänzend belebt werden. Die Öffentlichkeits- arbeit des Förderkreises verweist auf die kulturhis- torische Bedeutung der Auen und präsentiert die Brachgefallene Flächen, die früher als Feuchtgrün- eindrucksvollen Weidetiere als Beispiel für erfolg- land mit Kopfweiden genutzt wurden, sind heute reiches Schützen durch angemessenes Nutzen. teilweise eingezäunt und werden durch Weidetiere Trägerin des Projektes Natur- und Kulturlandschafts- des Auerrindprojekts des Freilichtlabors Lauresham entwicklung in der Hammer Aue ist die Gemeinde gepflegt. Der Förderkreis Große Pflanzenfresser Groß-Rohrheim; Kooperationspartner sind: Förder- kümmert sich ehrenamtlich um deren Versorgung. kreis Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße e. V., Beratend und an der Umzäunung durch die Ge- Freilichtlabor Lauresham (UNESCO-Welterbestätte meinde Groß-Rohrheim auch finanziell beteiligt war Kloster Lorsch). die Obere Naturschutzbehörde. Es ist vorgesehen, die Zahl der Rinder und auch das Projektgebiet zu ■ Autorin: Henriette Wache, RP Darmstadt vergrößern. Die Rinderherde verdrängt Brombeeren und Brennnessel. Klauenabdrücke im Auenlehm Weiterlesen: www.auerrind.de / schaffen Lebensräume für die Gelbbauchunke und www.kloster-lorsch.de / www.megaherbivoren.de
22 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Sandmagerrasen und Streuobst im FFH-Gebiet Zusammen mit der unteren Naturschutzbehörde Ha- nau und dem Forstamt Hanau-Wolfgang wurden am Gailenberg, Teil des FFH-Gebietes 5819-303 Ameri- kafeld, Schindkaute und Gailenberg bei Steinheim, umfangreichere Maßnahmen durchgeführt. Dabei wurden die Grundstückseigentümer von Anbeginn in Konzeption und Umsetzung einbezogen. Vorran- gig galt es, die hier typischen Sandmagerrasen und Streuobstbestände zu erhalten oder wiederherzu- stellen. Großflächige Rodungen von Gehölzen und Verwaldungen machten die alten Nutzungsgrenzen sichtbar. Dabei verblieben abgestorbene Obst- bäume als wertvolle Strukturen für Vögel, Fleder- mäuse, Kleinsäuger, Reptilien und Insekten auf der Fläche. Stark verfilztes Grünland wurde tief gemäht, in Teilen gemulcht, um möglichst viel Biomasse zu entziehen und die Vegetationsdecke zu öffnen. Ge- meinsam mit Eigentümern wurden mehr als 80 Obst- bäume gepflanzt. Der alte Streuobstbestand konnte über mehrere Pflegeschnitte saniert werden. Eine dauerhafte Schafsbeweidung ist vorgesehen. Für die Bevölkerung hat der Gailenberg als Naherholungs- gebiet sich zu einer vielfältigeren, strukturierteren Landschaft mit deutlich mehr Erlebnisqualität ent- wickelt. ■ Autor: André Balke, RP Darmstadt
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 23 ■ 100 Prozent Mittelfristige Maßnahmenpläne Für den Regierungsbezirk Gießen wurden die Mittelfristigen Maßnahmenpläne (MMP) für rund 140 FFH-Gebiete innerhalb von sieben Jahren erstellt und veröffentlicht. In Oberer Naturschutzbehörde, Forstämtern und Ämtern für den ländlichen Raum sind rund 63 Personen für die MMP zuständig. ■ Autorin: Bianka Lauer, RP Gießen
24 Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 Ziel II: Hessen-Liste Kennzahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 16 Sicherung und Entwicklung von Arten und Lebensräumen, für die Hessen eine besondere Verantwortung hat Ressourcenschutz — Erfolgreiche über 3.000 Euro an den NABU Hessen. Im Biodi- versitätsprojekt Mäuse für den Milan verbessert die Handy-Sammelaktion NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe die Lebens- bedingungen für den Rotmilan im Vogelsberg. Während der Aktion konnten Geräte über Sammel- boxen in den Supermärkten und nach zertifiziertem Löschen der Daten einer Weiterverwendung oder dem Recycling zugeführt werden. ■ Autorin: Anne-Karin Walter, Hessisches Umweltimisterium Weiterlesen: https://bit.ly/1P0XUd3 ■ Was kann ich selber tun? Vor dem Kauf eines neuen Handy gut überlegen, ob das alte nicht weitergenutzt werden kann, um Ressourcen zu schützen. Weitere Anregungen finden Sie unter www.sauberhaftes-hessen.de und in den sozialen Netzwerken: www.fb.com/ Millionen ungenutzter Handys haben sich in den umwelthessen, www.instagram.com/ vergangenen Jahren bundesweit in den Privat- umwelthessen und www.twitter.com/ haushalten angesammelt. Rund zwei Tonnen Gold, umwelthessen. 20 Tonnen Silber und 720 Tonnen Kupfer könnten daraus zurückgewonnen werden. Die Umweltkampa- gne Sauberhaftes Hessen warb gemeinsam mit den Kooperationspartnern REWE Region Mitte, der Deut- schen Telekom, dem NABU Hessen und Teqcycle Solution für das bewusste Einkaufen und das Recy- cling veralteter Handys. Dieser Ressourcenschutz ist mit geringem persönlichen Aufwand zu realisieren. Mehr als 3.200 gesammelte Handys im Aktionszeit- raum von acht Wochen waren die Grundlage für eine Spende des Hessischen Umweltministeriums
Hessischer Biodiversitätsbericht 2018 25 Hessens Bürgerinnen und Von Artenhilfskonzepten, Bürger in Aktion — Citizen- Maßnahmenblättern, Gebiets- Science-Projekt Feuersalamander stammblättern und Beratern Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Amphi- Ein Teil der in Hessen regelmäßig brütenden Vogel- bien- und Reptilienschutz in Hessen e. V. (AGAR) arten sind ausgestorben (24), davon bedroht (36), und der Justus-Liebig-Universität Gießen werden stark gefährdet (6), gefährdet (16) oder auf der Vor- seit 2015 jährlich alle hessischen Bürgerinnen und warnliste der Roten Liste (23). Auch die überwiegend Bürger aufgerufen, ihre Feuersalamanderfunde zu schlechte Bewertung der Erhaltungszustände zeigt, melden. Mit dem Feuersalamander-Meldenetz hat dass es großer Anstrengungen bedarf, den Negativ- das HLNUG ein weiteres erfolgreiches Bürgerwissen- trend umzukehren. Die Staatliche Vogelschutzwarte schaften- bzw. Citizien-Science-Projekt etabliert. Ziel für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland hat seit dieser Form der Beteiligung an wissenschaftlichen 2008 in Kooperation mit Gutachtern und Fachorni- Projekten ist die Vergrößerung der Datengrundlage thologen 25 Artenhilfskonzepte oder Artgutachten und die Nutzung der damit verbundenen neuen Er- erstellt. Die darin enthaltenen detaillierten Maß- kenntnisse in der Forschung. Das Meldenetz doku- nahmenvorschläge und oft GIS-basierten Gebiets- mentiert die Verbreitung der Feuersalamander in stammblätter (Kernvorkommen der Art) erlauben Hessen (https://bit.ly/2W75LNn) und verbessert die eine teils parzellenscharfe Umsetzung zur Verbes- bedarfsgerechte Naturschutzarbeit. Gerade mit Blick serung der Situation. Unterstützt werden Behörden, auf den Salamanderpilz ist diese Datengrundlage Verbände und Privatleuten durch fachkundige ausgesprochen wertvoll. Auch Sie als Leserinnen Artberater. Ergänzend gibt es für Hessenarten Maß- und Leser sind jetzt gefragt: Melden Sie gesichtete nahmenblätter, die allgemein verständlich beschrei- Feuersalamander! ben, was getan werden kann. Sie halten so wertvolle Tipps für Behörden und Privatleute bereit. ■ Autor: Christian Geske, Hessisches Landes- amt ■ Autor: Gerd Bauschmann, Staatliche Vogel- schutzwarte Melden und weiterlesen: https://bit.ly/2JVih0K Weiterlesen: https://bit.ly/2EBd1v7
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