BULLETIN DER BUNDESREGIERUNG

 
WEITER LESEN
BULLETIN
                                DER
                          BUNDESREGIERUNG
                              Nr. 33-1 vom 9. März 2020

Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

bei der Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz
am 9. März 2020 in Berlin:

Sehr geehrter Herr Schweitzer,
meine Damen und Herren,

ganz besonders begrüße ich Sie, Herr Ministerpräsident, lieber Kyriakos Mitsotakis,
hier heute in Berlin. Das ist ein großes Ereignis. Ich freue mich, dass Sie hier sind und
dass du hier bist. Wir haben letztes Jahr über die Möglichkeit einer deutsch-griechi-
schen Konferenz gesprochen und waren uns sofort einig, dass wir diese Idee unter-
stützen. Nun ist sie Realität geworden. Wir sind davon überzeugt, dass die Wirtschafts-
beziehungen unserer beiden Länder gar nicht so gut sein können, dass wir sie nicht
noch weiter ausbauen könnten.

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Griechenland er-
streckt sich natürlich weit über die wirtschaftlichen Fragen hinaus und ist auch für Eu-
ropa in vielerlei Hinsicht von großer Wichtigkeit. Das möchte ich besonders in diesen
Tagen noch einmal betonen. Wenn man sich die Landkarte anschaut, dann sieht man,
dass die geografische Lage Griechenland vor besondere Herausforderungen stellt.
Griechenland liegt an der EU-Außengrenze. Der Krieg in Syrien, die Spannungen im
Libanon, die Fragen in Libyen, die ungelösten Fragen der Seegrenzen und der Res-
sourcennutzung im östlichen Mittelmeer – all das betrifft Griechenland wie kein ande-
res Land der Europäischen Union.
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -2-

Besonders sieht sich Griechenland in diesen Tagen, wie auch schon in den vergange-
nen Jahren – oft wird das nicht ganz beachtet –, mit Flucht und Migration vieler ver-
zweifelter und perspektivloser Menschen konfrontiert. Mit der Ersthilfe für Asylsu-
chende und dem Schutz der europäischen Außengrenze nimmt das Land eine große
Verantwortung für ganz Europa wahr. Dafür – das will ich hier noch einmal ausdrück-
lich unterstreichen – verdient es unsere volle Solidarität und unsere volle Unterstüt-
zung. Das haben in der vergangenen Woche die EU-Innenminister klar zum Ausdruck
gebracht; auch die Außenminister. Und wir haben das gestern auch im Koalitionsaus-
schuss der deutschen Regierung noch einmal betont.

Natürlich ist es unsere Aufgabe, Zuflucht suchenden Menschen in ihrer Heimat oder,
wo das wegen Krieg und Verfolgung nicht möglich ist, möglichst nahe ihrer Heimat
Sicherheit und eine Perspektive für Bildung, Ausbildung und Arbeit zu geben. Denn
wir sollten auch nie vergessen, dass natürlich niemand seine Heimat leichtfertig ver-
lässt. Das gilt im Übrigen auch für die Menschen, die allein aus wirtschaftlicher Per-
spektivlosigkeit nach Europa wollen, hier aber keinerlei Bleibeperspektive haben.

Wenn wir uns all das vor Augen führen, dann verstehen wir, dass mit dem EU-Außen-
grenzschutz und Frontex die illegale Migration bekämpft werden muss, um auch ganz
konkret Leben zu retten, das Schleuser immer wieder skrupellos aufs Spiel setzen.
Dann verstehen wir, dass illegale Migration darüber hinaus auch durch legale Migrati-
onsmöglichkeiten ersetzt werden muss, wie es ja auch schon im EU-Türkei-Abkom-
men vorgesehen ist, und dass wir – das ist am allerwichtigsten wie auch am schwie-
rigsten – die Ursachen von Flucht bekämpfen müssen, damit Menschen in ihrer Heimat
wieder eine Perspektive haben.

Genau das ist die Philosophie, die das EU-Türkei-Abkommen trägt, für das ich mich
seit 2015 eingesetzt habe und auch in Zukunft weiter einsetzen werde. Das ist auch
die Philosophie der Migrationszusammenarbeit zum Beispiel mit den afrikanischen
Staaten, die mir natürlich ebenso wichtig ist.

Wir können sagen: 2020 ist nicht 2015. Doch niemand sollte deshalb so naiv sein, zu
glauben, die Themen Flucht und Migration könnten gleichsam per Knopfdruck ein für
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -3-

alle Mal, wie es oft heißt, gelöst werden. Das ist angesichts so vieler Kriege und Kon-
flikte falsch und irreführend, zumal in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung.
Aber sehr wohl – das können die Bürgerinnen und Bürger auch von uns als Politikern
erwarten – können wir es schaffen, Flucht und Migration zu ordnen, zu steuern und zu
reduzieren. Das ist das Ziel der vielen Gespräche, die ich und viele andere seit 2015
und auch aktuell in diesen Tagen wieder führen, nicht zuletzt auch mit dem türkischen
Präsidenten Erdoğan. Denn bei allem Verständnis für die große Last, die die Türkei
mit der Aufnahme von über 3,5 Millionen syrischer Flüchtlinge und noch sehr viel mehr
anderen Flüchtlingen trägt, kann sie kein Verständnis dafür erwarten, wenn sie eigene
Probleme auf dem Rücken von Flüchtlingen zu lösen versucht, die dann an der tür-
kisch-griechischen Grenze in einer Sackgasse stranden. Dieses Vorgehen ist inakzep-
tabel. Ich setze mich deshalb mit ganzer Kraft dafür ein, dass das EU-Türkei-Abkom-
men in eine neue Stufe überführt werden kann. Dazu wird es heute Abend ein Treffen
der Kommissionspräsidentin und des Präsidenten des Rates mit Präsident Erdoğan
geben.

Ein großer Unterschied zu 2015 ist übrigens, dass sich jetzt die europäischen Institu-
tionen, besonders mit Ursula von der Leyen und Charles Michel, ganz anders in die
Fragen einbringen, die uns gemeinsam bewegen. Das hat auch der Besuch von Ursula
von der Leyen und Charles Michel gezeigt. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass das
Gespräch heute Abend stattfindet. Es ist auch in vielerlei Hinsicht durch viele Telefo-
nate gut vorbereitet.

Wir kennen im Übrigen die Belastung Griechenlands, die nicht erst in den letzten Ta-
gen begonnen hat – denken wir etwa an die Inseln –, und fühlen uns deshalb auch in
Deutschland mit dafür verantwortlich, dass neben dem Schutz der Außengrenze Kin-
dern, die krank, besonders verwundbar, unbegleitet und in einer schwierigen Situation
sind, Hilfe gegeben werden muss. Das kann Griechenland nicht allein bewältigen. Des-
halb wird sich Deutschland an einer „Koalition der Willigen“ mit einem angemessenen
Anteil beteiligen.

Bei dieser Konferenz heute stehen ganz besonders die bilateralen deutsch-griechi-
schen Wirtschaftsbeziehungen im Mittelpunkt. Ich möchte dem Deutschen Industrie-
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -4-

und Handelskammertag sowie der Deutsch-Griechischen Industrie und Handelskam-
mer (AHK) für die Ausrichtung dieser Konferenz herzlich danken und auch die vielen
griechischen Gäste herzlich begrüßen. Seit vielen Jahrzehnten ist unsere Auslands-
handelskammer in Athen und Thessaloniki ein wichtiger Ansprechpartner für alle Un-
ternehmen, die die Wirtschaftspartnerschaft unserer beiden Länder mit Leben erfüllen
oder sich neu einbringen wollen.

2019 wurden immerhin Waren im Wert von rund sechs Milliarden Euro aus Deutsch-
land nach Griechenland exportiert. Dem gegenüber stehen Importe aus Griechenland
im Wert von über zwei Milliarden Euro. Da gibt es noch Luft, was eine Steigerung
angeht. Darüber hinaus gehört Griechenland – Kyriakos Mitsotakis hat es gesagt – zu
den beliebtesten Reisezielen deutscher Urlauber. Aber immerhin: Umgekehrt steht
Deutschland auf der Zielliste griechischer Reisender nach dem Nachbarn Bulgarien
bereits an zweiter Stelle.

Mit Blick auf Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand braucht es neben dem Touris-
mus aber natürlich auch Erfolge in anderen Branchen. Griechenland hat mit der Staats-
schuldenkrise sehr, sehr schwierige Jahre hinter sich. Aber gerade auch die neue Re-
gierung hat mutig Reformen für ein wachstumsfreundliches Umfeld angestoßen. Es
braucht natürlich Zeit, bis die Reformen in vollem Umfang wirken. Aber die Anstren-
gungen lohnen sich. Laut Prognose der Europäischen Kommission könnte das Wirt-
schaftswachstum in Griechenland 2020 bei 2,4 Prozent liegen – und damit deutlich
über dem Durchschnitt des Euroraums. Erfreulicherweise macht sich endlich das bes-
sere Wirtschaftsklima auch auf dem Arbeitsmarkt positiv bemerkbar. Der Trend stimmt
also. Wir wissen ja, was es bedeutet, wenn viele Menschen arbeitslos sind.

Von besonderer Bedeutung sind Bildung und Ausbildung. Ich finde es deshalb sehr
wichtig, dass auch die AHK Griechenland einen Schwerpunkt auf die Berufsbildung
vor Ort legt. Das ist zum einen ein wichtiger Beitrag dazu, griechischen Jugendlichen
eine Perspektive zu bieten, und zum anderen ein wichtiger Beitrag für die Unterneh-
men, die ja auch in Griechenland und nicht nur in Deutschland auf qualifizierte Fach-
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -5-

kräfte angewiesen sind. Fachliches Know-how ist und bleibt wesentliche Vorausset-
zung für Wachstum und Beschäftigung. Wir wissen ja, dass wir uns weltweit in einem
ständigen Wettbewerb um die besten Ideen und Innovationen bewegen.

Die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ist gerade auch angesichts vieler Unsicherheiten
in der Weltwirtschaft von allergrößter Bedeutung. Es gibt eine Reihe schwelender Han-
delsstreitigkeiten. Es gibt den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union.
Wir haben zudem seit Anfang des Jahres die Folgen des Coranavirus zu bewältigen;
vorneweg die medizinischen, aber auch – das wird jeden Tag sichtbarer – die ökono-
mischen. Ich weiß und verstehe, dass Sie sich alle hier im Raum, die Sie Unternehmen
führen oder in Unternehmen beschäftigt sind, hierüber Gedanken und Sorgen machen.
Deshalb möchte ich auch zu diesem Thema ein paar grundsätzliche Bemerkungen
machen.

Wir alle erleben, wie sich das Virus von China aus über die Welt ausbreitet. Das Virus
ist inzwischen auch in unserem Land; und es wird sich auch hier weiter ausbreiten.
Das heißt aber in keiner Weise, dass alles, was wir in allen Ländern dieser Erde, auch
in Deutschland, zur Unterbrechung der Infektionsketten mit Quarantänemaßnahmen
bislang gemacht haben, in irgendeiner Weise vergebens gewesen wäre oder dass es
sogar egal wäre, was wir unternehmen, weil das Virus ja sowieso nicht mehr gestoppt
werden kann. Es war und ist überhaupt nicht vergebens; und es war und ist überhaupt
nicht egal, was wir tun. Warum nicht?

Seit Jahresbeginn haben wir es mit einem neuartigen Virus zu tun, das sehr anste-
ckend ist und gegen das es keinen Impfstoff und auch noch kein Medikament gibt. In
einer solchen Lage – das erklären uns die Fachleute des Robert-Koch-Instituts und
viele andere Wissenschaftler wieder und wieder – ist das wirksamste Mittel gegen das
Virus der Faktor Zeit, gerade auch um die Überlastung von Ärzten und Krankenhäu-
sern zu vermeiden, die entstünde, wenn innerhalb kürzester Zeit sehr viele Menschen
gleichzeitig wegen Corona zu behandeln wären. Mit anderen Worten: Das wirksamste
Mittel gegen das Virus ist, seine Ausbreitung zu verlangsamen, sie also über einen
längeren Zeitraum zu strecken. Denn – auch das müssen wir neben Corona beachten
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -6-

– immer müssen auch Menschen mit anderen Erkrankungen die medizinische Be-
handlung bekommen können, die sie brauchen.

Wir erarbeiten uns also wertvolle Zeit. Zeit, in der die Wissenschaft für Medikamente
und einen Impfstoff forschen kann. Zeit, in der Staat und Politik dazu beitragen können,
den in den nächsten Monaten – vielleicht auch erst im Herbst und nächsten Winter –
benötigten zusätzlichen Bedarf an Schutzausrüstung für medizinisches und pflegeri-
sches Personal und für die intensivmedizinische Bettenausstattung in den Kranken-
häusern aufzustocken. Zeit, in der auch jeder Einzelne von uns lernen und noch besser
verstehen kann, dass es – wie wir es heute gemacht haben – genauso schön sein
kann, Menschen zur Begrüßung zuzulächeln, und dass sowieso auf ein rücksichtsvol-
les Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen mit etwas Abstand, ganz besonders
beim Husten und Niesen, zu achten ist.

Fazit: Nichts von dem, was mit Quarantäne- und Hygienemaßnahmen zur Unterbre-
chung der Infektionsketten gemacht wurde und gemacht wird, war und ist vergebens
oder sinnlos. Ganz im Gegenteil, alles davon ist notwendig – und zwar im wahrsten
Wortsinne notwendig, denn damit tragen wir alle dazu bei, die Ausbreitung des Virus
zu verlangsamen und über einen längeren Zeitraum zu strecken. Das ist das so über-
aus wichtige Ziel all unserer Bemühungen.

Dabei behalten wir auch die deutsche und europäische Wirtschaft im Blick. Es gibt
Einbußen in der Wirtschaftstätigkeit. Deshalb haben wir gestern Verordnungsermäch-
tigungen bis zum Ende 2021 beschlossen, die dazu dienen, durch Absenkung der Hür-
den den Bezug des Kurzarbeitergeldes zu erleichtern. Wir werden nur ein Quorum von
bis zu zehn Prozent verlangen, damit man Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen kann.
Es wird nicht mehr unbedingt auf negative Arbeitszeitsalden bestanden, sondern wir
können darauf etwas oder ganz verzichten. Das Kurzarbeitergeld soll auch für Leihar-
beiter gezahlt werden. Zudem werden wir die Sozialversicherungsbeiträge durch die
Bundesagentur für Arbeit übernehmen. Das ist etwas, das wir bereits während der
Finanzkrise gemacht haben und damals sehr erfolgreich war, weil es den Unterneh-
men ein höheres Maß an Liquidität verlieh.
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -7-

Wir werden dieses Gesetz zusammen mit einem Gesetz zur strukturellen Frage des
Kurzarbeitergeldes, wie wir sie ja auch noch in der Automobilindustrie und im Maschi-
nenbau angesichts der durch die Digitalisierung notwendig gewordenen Umstellung
haben, am Mittwoch im Kabinett behandeln. Unser Ziel ist es, am 3. April den Bundes-
rat zu erreichen, sodass das Ganze sehr schnell wirken kann. Darüber hinaus werden
der Bundesfinanz- und der Bundeswirtschaftsminister noch in dieser Woche Maßnah-
men zur Verbesserung der Liquiditätssituation von Unternehmen vorstellen, sodass
wir für die Situation, die auf uns und viele von Ihnen zukommt und teils schon einge-
treten ist, auch gut gerüstet sind.

Wir werden 2020 und in den Folgejahren unsere Investitionen weiter steigern. Das ist
etwas, womit Deutschland auch einen Beitrag leisten möchte, damit wir in Europa eine
gute wirtschaftliche Entwicklung haben.

Natürlich werden wir auch beim Europäischen Rat am 26. März über Wirtschaftsfragen
sprechen. Wir unterstützen die Politik der Europäischen Union, alles zu tun, damit auch
die vernetzte Weltwirtschaft weiter gut funktionieren kann, zum Beispiel durch bilate-
rale oder regionale Handelsabkommen. Wir investieren in die Wettbewerbsfähigkeit,
indem wir vor allem in Innovationen investieren. Wir haben uns vor zehn Jahren das
Ziel gesetzt, dass wir unsere Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in Deutschland
mit drei Prozent des Bruttoinlandprodukts finanzieren – Wirtschaft und Staat zusam-
men. Das haben wir erreicht. Jetzt heißt das nächste Ziel: 3,5 Prozent bis 2025.

Wir müssen uns natürlich in allen Branchen innovationsfreudig zeigen. Das ist auch
ein deutsch-griechisches Thema, zum Beispiel im Bereich des Tourismus und der
Landwirtschaft. Die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit wird sich verändern. Je schneller
wir die Transformation schaffen, umso besser. Wir müssen natürlich bei Künstlicher
Intelligenz, Blockchain, Biotechnologien und Quantentechnologien vorn mit dabei sein.
Mit den europäischen Forschungsprogrammen und dem Europäischen Innovationsrat
verfolgen wir besonders gute Ansätze. Gerade auch mit dem griechischen Minister-
präsidenten teilen wir viele Gemeinsamkeiten, was den Anspruch für die Zukunft un-
serer Länder anbelangt.
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -8-

Wir wollen digitale Souveränität erreichen. Ich sehe mit Freude, dass die Europäische
Kommission in dieser Woche noch eine Industriestrategie vorstellen wird. Mit dieser
Industriestrategie wird man sich auch noch stärker überlegen: Wie stellen wir uns auf
die Wettbewerbssituation ein? Wie bekommen wir globale Champions auch in Eu-
ropa? Das finde ich sehr wichtig.

Was die Möglichkeiten der Digitalisierung anbelangt, können wir in Europa viel vonei-
nander lernen. So machen etwa griechische Städte vor, was Smart Cities auszeichnet.
Zum Beispiel sind in Trikala nicht nur autonom fahrende Busse unterwegs, dort sind
auch alle städtischen Dienstleistungen miteinander vernetzt. So kann ein Verwaltungs-
mitarbeiter etwa den Status von Ampeln, Wasserleitungen, freien Parkplätzen und so-
gar die Standorte jedes einzelnen Müllwagens überprüfen. Und die Bürgerinnen und
Bürger haben die Möglichkeit, ihre Dienstleistungsanfragen online oder per App zu
stellen. Ich glaube, Berlin kann noch etwas davon lernen.

An den neuen Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, sehen wir, dass die techno-
logischen Neuerungen auch für die Transformation hin zur Treibhausgasneutralität
eine wichtige Rolle spielen, die wir in Europa bereits 2050 erreichen wollen. Denken
wir nur an digital gesteuerte und effizientere Produktionsprozesse. Natürlich kommt es
auch auf den Umbau des Energiesektors an. Der griechische Premierminister hat dar-
über auch gesprochen. Es freut mich, dass im Rahmen der heutigen Konferenz zwei
Unternehmen ein Memorandum of Understanding unterzeichnet haben. Es soll eine
gemeinsame Realisierung von Solarparks in Griechenland geben. Ich gratuliere.

Neben dem Energiebereich ist uns auch an einer engen Zusammenarbeit in anderen
Sektoren gelegen. Das zeigte sich nicht zuletzt beim Deutsch-Griechischen Innovati-
onsforum, das im November in Athen stattgefunden hat. Wir freuen uns natürlich, dass
wir bei der berühmten Thessaloniki International Fair im September dieses Jahres –
wenn sie ansteht, kann kein griechischer Premierminister etwas anderes machen, als
Thessaloniki zu besuchen – Partnerland sein werden. Danke dafür. Wir werden beste-
hende Kontakte festigen, neue Kontakte knüpfen und weitere Projekte angehen.
Bulletin Nr. 33-1 vom 9. März 2020 / BKin – zur Deutsch-Griechischen Wirtschaftskonferenz, Berlin

                                                -9-

Es gibt also viele Bereiche und viele Gelegenheiten, um die deutsch-griechische Part-
nerschaft noch weiter zu vertiefen – sei es in der Wirtschaft oder in der Wissenschaft,
in der Kultur oder auch in der Politik. Ich möchte ausdrücklich die Kommunalpolitik
einschließen. Denn in unseren Städten und Gemeinden, also im direkten Lebensum-
feld, stehen viele Menschen vor vergleichbaren Herausforderungen. Es bietet sich also
an, voneinander zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. Deshalb haben wir 2010
die Deutsch-Griechische Versammlung ins Leben gerufen. Und die jetzige Regierung
hat das auch noch einmal bekräftigt.

Aus einem konstruktiven Gedankenaustausch ein gewinnbringendes Miteinander zu
machen – dem dient auch die heutige Konferenz. An den hochrangig besetzten Ex-
pertenpanels zeigt sich, wie groß das Interesse an einer noch engeren Zusammenar-
beit ist. Neue Investitionen, weitere Handelsbeziehungen, gute menschliche Beziehun-
gen – das wünsche ich dieser Konferenz und allen, die an den deutsch-griechischen
Beziehungen beteiligt sind.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und dass wir hier dabei sein konnten.

                                          * * * * *
Sie können auch lesen