Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik

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Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Chancengleichheit und Personalentwicklung
                                                                                               in der bremischen Hafenwirtschaft und
                                                                                                                 hafennahen Logistik

                                                                                                                FAKTEN BEISPIELE AUSBLICK

Das Projekt „Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirt-
schaft und hafennahen Logistik“ wurde im Rahmen des Programms „Fachkräfte sichern:
weiter bilden und Gleichstellung fördern“ durch das Bundesministerium für Arbeit und So-
ziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.

                                                                                            2
Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Impressum

Herausgeber:
Unternehmensverband Bremische Häfen e. V., Tilsiter Straße 8 - 10, 28217 Bremen

                                                                                                   Chancengleichheit und Personalentwicklung
Redaktion:
Dr. Uwe Jürgenhake, Lilli Marquardt, Fabian Pal,

                                                                                                     in der bremischen Hafenwirtschaft und
mit einem Beitrag von Dr. Wilfried Kruse

                                                                                                               hafennahen Logistik
Design und Layout:
AVVM Werbung & Marketing GmbH, Schwerte

Fotografie:

                                                                                                             FAKTEN BEISPIELE AUSBLICK
s. Bildnachweis auf Seite 142

Verlag:
Soziale Innovation GmbH, Dortmund 2019

ISBN-Nummer:
978-3-938765-49-4

Das Projekt „Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und
hafennahen Logistik“ wurde im Rahmen des Programms „Fachkräfte sichern: weiter bilden und
Gleichstellung fördern“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen
Sozialfonds gefördert.
Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Inhaltsverzeichnis

EINFÜHRUNG – GRUSSWORT – DAS PROJEKT                                            6   CHANCEN GEBEN – CHANCEN NUTZEN                                           76
Einführung                                                                      8   BLG LOGISTICS – Einstiegs- und Entwicklungschancen für Menschen mit
                                                                                    bunten Biografien                                                        78
Grußwort: Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales                10
                                                                                    ma-co – Die Zusatzqualifikation FALOGplus – Führungschancen auch ohne
Die Sozialpartner U·B·H und ver.di im Gespräch                                 12   Duales Studium                                                           88

Das Projekt „ChancenVielfalt Bremische Häfen“: Ansatz - Inhalte - Fazit        18   Der ma-co-Hanselogistiker – die Eintrittskarte für den Einstieg
                                                                                    in die Logistik                                                          96
Bremische Hafenbetriebe halten Kurs auf Vielfalt                               26
                                                                                    BLG LOGISTICS – Top in Führung – BLG Ladies & Logistics                 104
GRUNDLAGEN SCHAFFEN                                                            30
Heuer Port Logistics GmbH & Co. KG – Seehafenlogistik nach                          KULTUREN IM BETRIEB                                                     110
hanseatischer Auffassung                                                       32   Diversity Management bei BLG LOGISTICS                                  112

Hermann Runge GmbH – Leitbilder und Strukturen für eine chancengleiche              Wilfried Kruse: Menschen von überall her – in der bremischen
Personalpolitik                                                                38   Hafenwirtschaft                                                         120

Gesamthafenbetriebsverein im Lande Bremen e. V. – Von der Beschäftigten-
befragung zum betrieblichen Personalmanagement                                 42   Bildnachweis                                                            142

protectis GmbH – Wege zur Nachwuchsgewinnung in einem Kleinbetrieb             52   Am Projekt beteiligte Unternehmen                                       143

Zitate zum Projekt                                                             57

BERUF UND PRIVATES VEREINBAREN                                                 58
BLG LOGISTICS – Vom Bremer Lagerhaus zum weltweiten Logistikdienstleister      60

BLG LOGISTICS – Die Arbeitgeberattraktivität stärken – die Arbeits-
zufriedenheit erhöhen: Aktivitäten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie     64

Unternehmensverband Bremische Häfen e. V. – Gute Vereinbarkeit
von Beruf und Familie durch mehr Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort   70

  4                                                                                                                                                         5
Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
“
    Über das Projekt konnten viele Beschäftigte
    nachhaltig qualifiziert werden – Aufstiegs-
    chancen wurden verbessert und Arbeitsplatz-
    risiken reduziert. Neue Schulungsthemen
    konnten im Kontext „ChancenVielfalt“ ange-

                            ”
    boten und verstetigt werden.
    Gerrit Küther
    Geschäftsführer ma-co

         “
                  Solch ein Projekt ist immer wieder eine große
                  Herausforderung und auch ein gewisses Ri-
                  siko: inhaltlich, organisatorisch und finanziell.

                                                                              EInFüHRunG – GRuSSwoRt – DAS PRojEkt
                  Das geht nur mit Partnern, auf die man sich
                  total verlassen kann, so wie hier in Bremen.

                                                                 ”
                  Uwe Jürgenhake
                  Geschäftsführer Soziale Innovation GmbH

“
     Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Unternehmen dabei zu helfen,
     Vielfalt als Chance zu sehen, das war unser Anliegen. Fortbildung, die
     Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Konzeption und Durchfüh-
     rung von Diversity Management waren Kernthemen des Projekts. Di-
     versity Management steht für eine Unternehmenspolitik der Vielfalt
     und für ein weltoffenes und anerkennendes Miteinander. Vielfalt
     leben ist insoweit das Ziel. Ich bin fest davon überzeugt, dass es uns
     mit unserem Projekt gelungen ist, dieses Ziel vielen Mitarbeiterinnen,
     Mitarbeitern, Führungskräften und Mitgliedsunternehmen näher zu
     bringen.
     Peter Marx

6                                                                                                              7
     Geschäftsführer U•B•H
Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Der dritte Teil „Beruf und Privates verein-    die Dinge zu ordnen, in die richtigen Bah-
                                                                                          baren“ stellt Unternehmensbeispiele dar,       nen zu lenken und das Projektschwung-

      Einführung
                                                                                          wie Arbeitsbedingungen geschaffen wer-         rad in Bewegung zu halten.
                                                                                          den können, die Beruf und private Ver-
                                                                                          pflichtungen in Einklang bringen – um          Ohne unseren engen Kooperationspart-
                                                                                          genau dieses zu realisieren.                   ner BLG LOGISTICS wären wichtige Im-
                                                                                                                                         pulse und Seminare nicht zustandege-
                                                                                          Mit „Chancen geben – Chancen nutzen“           kommen. Dafür unseren herzlichen Dank!
                                                                                          ist der vierte Teil überschrieben. Hier geht   Danken möchten wir auch Herrn Dieter
Die vorliegende Broschüre erscheint zum      Dies führt zu der folgenden Struktur der     es um Ansätze und Beispiele, wie man           Schumacher, Arbeitsdirektor der BLG, der
Ende des dreijährigen Projektes „Chan-       Broschüre:                                   Menschen Chancen geben kann – in Ar-           dieses Projekt konzeptionell mit erson-
cenVielfalt Bremische Häfen“. Ergebnisse                                                  beit, in Ausbildung, in eine berufliche        nen hat und stets mit Rat und Tat zur Ver-
dieses Projektes werden hiermit einer        Nach einem Grußwort des Bundesminis-         Karriere – wenn sie denn wollen.               fügung stand, Neues zu erproben und das
breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Die    ters für Arbeit und Soziales, Herrn Huber-                                                  Projekt am Laufen zu halten.
Broschüre soll nicht nur über Ziele, Ab-     tus Heil, resümieren die Sozialpartner       Im abschließenden fünften Teil, der mit
lauf, Inhalte und Ergebnisse des Projektes   der Branche im Lande Bremen das Projekt      „Kulturen im Betrieb“ betitelt ist, stellen    Wir wünschen den Leserinnen und Lesern
informieren, sondern vor allem betriebli-    und ihre Zusammenarbeit. Danach haben        wir einen umfassenden Ansatz für ein be-       eine anregende Lektüre und hoffen da-
che Praxisbeispiele präsentieren, die        die Projektpartner Informationen zum         triebliches Diversity Management vor.          rauf, dass das eine oder andere Beispiel
ChancenVielfalt praktisch erlebbar ma-       Ansatz, zur Vorgehensweise und den we-       Darüber hinaus haben wir unter dem Titel       zur betrieblichen Nachahmung anregt.
chen. Möglichst konkret und plastisch.       sentlichen Ergebnissen des Projektes zu-     „Arbeitsmigration und die Bremischen
Dabei werden die Perspektiven der ver-       sammengestellt. Diese werden durch           Häfen“ das Thema in einen historischen         Bremen, im Juni 2019
schiedenen Akteure eingenommen: der          einige Zahlen zum Projektgeschehen er-       wie aktuellen Kontext gestellt.
Personalmanagerin bzw. des Personalma-       gänzt. Abschließend für diesen ersten                                                       Für die Projektpartner:
nagers, die bzw. der eine betriebliche He-   Teil werden die Ergebnisse der Branchen-     Unser Dank geht an alle, die zum Gelin-        Peter Marx (U·B·H)
rausforderung lösen wollen bzw. ein          befragung zum Stand und Status des The-      gen des Projektes beigetragen haben,           Uwe Jürgenhake (SI)
strategisches Ziel verfolgen. Oder die der   mas ChancenVielfalt präsentiert.             allen voran diejenigen, welche in unseren      Gerrit Küther (ma-co)
Akteure in den Gestaltungsbeispielen                                                      Häusern keine Mühen gescheut haben,
selbst, die um eine berufliche Einstiegs-    Im zweiten Teil, der mit „Grundlagen
oder Entwicklungschance kämpfen. Oder        schaffen“ betitelt ist, berichten wir über
die des Weiterbildungsanbieters, der um      Unternehmen, die genau dieses getan
neue Wege sucht, wie dem Arbeitskräfte-      haben: Grundlagen geschaffen für eine
bedarf erfolgreich begegnet werden kann      auf ChancenVielfalt beruhende Personal-
und dabei Menschen eine Chance gibt, die     politik.
sie vorher nicht hatten.

  8                                                                                                                                                                           9
Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Grußwort
 Hubertus Heil, MdB
 Bundesminister für Arbeit und Soziales

                    Die Bremischen Häfen waren stets ein Tor     heit und Vielfalt gefördert – und die Per-   Millionen Euro stehen zur Verfügung, um
                    zur Welt und sind es noch heute. Das liegt   sonalentwicklungsstrukturen entspre-         Sozialpartner und betriebliche Akteure
                    an ihrer herausragenden Stellung im Ex-      chend modifiziert werden.                    bei der Fachkräftesicherung und der An-
                    port und Import von Waren und Produk-                                                     passung an den demografischen Wandel
                    ten. Es liegt vor allem aber auch an ihrer   In Bremen ist dies gelungen. Fast 2.000      zu unterstützen. Voraussichtlich 30.000
                    Belegschaft. Traditionell ist die Hafen-     Beschäftigte haben in den drei Jahren der    Beschäftigte sollen bis zum Programm-
                    wirtschaft weltoffen: Seeleute aus allen     Projektlaufzeit die Chance ergriffen, sich   ende 2022 davon profitieren.
                    Ländern fanden hier schon lange vor den      beruflich weiterzubilden oder in Füh-
                    aktuellen Migrationsbewegungen Arbeit        rungs- bzw. Personalverantwortung chan-      Denn nicht nur in der bremischen Hafen-
                    und Perspektiven.                            cengleiche Personalpolitik umzusetzen.       wirtschaft, sondern bundesweit ist klar:
                                                                 Mehr als 30 Unternehmen haben sich           Nur, wenn es uns gelingt, mehr Fach-
                    Die Integrationskraft des zweitgrößten       aktiv daran beteiligt.                       kräfte zu finden, zu formen und zu bin-
                    deutschen Seehafens soll auch in Zukunft                                                  den, werden wir auch künftigt den
                    groß bleiben. Diesem Ziel hat sich das       Das ist ein schöner Erfolg, der zugleich     Wohlstand in unserem Lande sichern
                    Projekt „ChancenVielfalt Bremische           zeigt: Das Bundesprogramm „Fachkräfte        können.
                    Häfen“ verschrieben. Zentrales Anliegen      sichern; weiter bilden und Gleichstellung
                    war es, Unternehmen der Hafenwirtschaft      fördern“ kommt in der Fläche an – ist        Hubertus Heil
                    dabei zu unterstützen, ihren Fachkräfte-     doch das Bremer Projekt auch in diesem
                    bedarf zu sichern, indem Chancengleich-      Rahmen gefördert worden. Insgesamt 160

10                                                                                                                                               11
Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Die Sozialpartner u•B•H und ver.di
                                                                                             Marx:                                        wir Beschäftigung sichern und da spielt
                                                                                             Für die Bremischen Häfen gesprochen,         das Thema Qualifizierung eine wichtige

    im Gespräch
                                                                                             war es immer so, dass die Akteure der Ha-    Rolle, womit wir bei einer der Säulen die-
                                                                                             fenwirtschaft miteinander gesprochen         ses Projektes sind.
                                                                                             haben und versucht haben, Lösungen zu
                                                                                             finden. Dies zeigt sich auch daran, wenn     Marx:
                                                                                             man sieht, wie selten in den letzten Jahr-   In der Tat ist die Sicherung qualifizierten
                                                                                             zehnten gestreikt wurde. Der Dialog hat      Nachwuchses eine gemeinsame Aufgabe.
                                                                                             da doch meist zu tragfähigen Kompro-         Das fällt nicht vom Himmel, bedarf der
Zur Beantragung des Projektes „Chancen-       Schubert:                                      missen geführt. Bei unserem Projekt-         Begleitung, nicht nur über Tarifverträge
Vielfalt Bremische Häfen” schlossen der       Gemeinsam erreicht man einfach mehr.           thema ist es aber auch nicht schwer, weil    sondern auch über die Gestaltung der In-
Unternehmensverband Bremische Häfen           Und es ist ein starkes gemeinsames Zei-        die Ziele gemeinsame sind. Insofern ist es   halte und Themen. Unternehmen fragen
e.V. (U·B·H) und der Landesbezirk Bre-        chen dafür, dass das Thema Vielfalt und        auch nicht außergewöhnlich, dass wir uns     meist: „Was nützt mir das?“ Das war das
men-Niedersachsen der Gewerkschaft            Chancengleichheit uns alle angeht. Die         auf eine Sozialpartnervereinbarung ver-      Spannende an dem Projekt. Es konnte di-
ver.di (ver.di) eine Sozialpartnervereinba-   Frage ist zentral für ein friedliches sozia-   ständigt haben.                              rekt auf die Bedarfe der Unternehmen
rung ab mit dem Titel „Chancengleichheit      les Miteinander und entsprechend zentral                                                    eingehen, in Bezug auf Schulungen, Ge-
und Berufsentwicklung in der bremischen       für die Sozialpartner. Da sind sich beide      Ist unser Thema eher ein ethisch-ge-         staltung von Leitlinien und Personalent-
Hafen- und hafennahen Logistik“.              Seiten auch einig.                             sellschaftspolitisches Anliegen oder         wicklung, bis hin zu rechtlichen Aspekten
                                                                                             hat es handfest mit der Zukunft der          der Gestaltung von ChancenVielfalt ge-
Über die Zusammenarbeit im Projekt und        Schaut man in andere Branchen und              Personalpolitik der Betriebe zu tun?         rade auch für operative Führungskräfte.
dessen Bewertung trafen sich Herr Marx,       Regionen, so scheint es nicht selbst-                                                       Das Thema hatten wir zu Beginn nicht so
U·B·H-Geschäftsführer, und Herr Schu-         verständlich zu sein, dass sich Sozial-        Schubert:                                    erwartet. Hinzu kam das Thema Personal-
bert, ver.di Landesfachbereichsleiter Ver-    partner parallel zu durchaus harten            Es ist wohl beides. Vielfalt der Kulturen    gewinnung und Image von Unternehmen
kehr, zum Interview.                          Konflikten darauf verständigen, sich           und betriebliche Diversität sind Stärken     der Branche. Immer mehr Bewerber*in-
                                              an derartigen Programmen zu beteili-           und keine Schwächen und damit müssen         nen schauen, wo sie sich eigentlich be-
Wie kam es zu der gemeinsamen Sozi-           gen.                                           wir aktiv in die Förderung dessen hinein-    werben, welchen Ruf hat das Unterneh-
alpartnervereinbarung?                                                                       gehen. Das ist dann eng verknüpft mit der    men, wie gehen sie dort miteinander um
                                              Schubert:                                      Gestaltung der Zukunft. Es geht um Wei-      und wie gehen sie mit mir um?
Marx:                                         In unserer Branche ist dies schon so, aber     terbildung und Berufsentwicklung und
Die Sozialpartner haben immer gemein-         das gilt ja nicht nur für Bremen. Eine         zwar für alle Beschäftigtengruppen, das      Schubert:
sam versucht, die Zukunft zu gestalten        funktionierende Sozialpartnerschaft ist        sind die Herausforderungen, die im Hafen     Genau, das sind die Kernthemen, auch vor
und entsprechende Rahmenbedingungen           für alle das Beste. Ohne die gäbe es bspw.     anstehen. Bei der Digitalisierung und Au-    dem Hintergrund der Digitalisierung und
zu schaffen. Dazu bietet die Sozialpart-      auch den GHB nicht, weder in Bremen            tomatisierung sieht es so aus, dass diese    Automatisierung. Wir wollen das tarifver-
nerrichtlinie zusätzliche Möglichkeiten.      noch in Hamburg.                               zu den größten Veränderungen führen          traglich begleiten und dabei den Men-
Es gab daher keinen Grund, diesen Ball                                                       werden seit Einführung des Standardcon-      schen in den Mittelpunkt stellen. Und da
nicht aufzunehmen.                                                                           tainers vor über 50 Jahren. Wie können       sind wir mitten im Thema Qualifizierung.

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Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Angesichts der voraussichtlich auf die       einem Betrieb? Wie sind die Arbeitsbe-        Werden diese „neuen“ Tätigkeiten ge-           BDA diskutiert und beim BMAS konstruk-
Branche zukommenden Entwicklung:             dingungen? Auch das sind wichtige Fra-        eignet sein, den Arbeitsmarkt so wie           tiv eingebracht.
Stellt sich das Thema Nachwuchsman-          gen für die Menschen.                         bisher in den geringer qualifizierten
gel für die Branche wirklich?                                                              Segmenten zu entlasten?                        Insgesamt aber war das Projekt nicht nur
                                             Marx:                                                                                        in Bezug auf die Beteiligung, sondern
Schubert:                                    Noch einmal zur Digitalisierung: Noch ist     Marx:                                          auch angesichts der Vielfalt der Themen
Wir müssen da differenzieren: In der ei-     unklar, wie schnell diese erfolgt. Und wir    Bisher konnten wir gerade in der Logistik      und Angebote – inklusive Themenfrüh-
gentlichen Hafenwirtschaft kann es zu        wissen auch noch nicht, welche Auswir-        vielen Menschen ohne spezielle Ausbil-         stücke und Betriebsbesuche – eine sehr
Nachwuchsmangel führen, das hängt            kungen sie auf die Arbeit hat. Beim „au-      dung eine Chance geben. Das wird               positive Erfahrung. Alles in allem hat sich
davon ab, ob und wie schnell Digitalisie-    tonomen Fahren“ kann man das antizi-          schwieriger werden, denn die Anforde-          das Projekt gelohnt für unsere Mitglieds-
rung und Automatisierung greifen und         pieren, aber das ist nur ein Teil der Digi-   rungen werden steigen. Sowohl in der Lo-       unternehmen und auch für uns. Somit hat
damit Auswirkungen auf den Personalbe-       talisierung. Die logistischen Prozessket-     gistik als auch im Hafen. Aktuell haben        sich der höher als geplante persönliche
stand haben. Das ist eine Unwägbarkeit,      ten werden sich verändern, es werden          wir auch im Hafen Arbeitsplätze, die           Zeitaufwand ausgezahlt.
wir können das schwer abschätzen. In der     neue Berufe entstehen, aber das Gesamt-       zwar anspruchsvoll sind, aber keine Be-
hafennahen Logistik haben wir allerdings     bild ist noch unscharf.                       rufsausbildung voraussetzen. Das wird          Schubert:
schon jetzt Probleme, die Stellen zu be-                                                   bei den neuen Tätigkeiten anders sein.         Positiv ist sicher auch, dass das Thema
setzen. Es entstehen in den Logistikzen-     Schubert:                                                                                    Vielfalt und Chancengleichheit in den
tren durch Neuansiedlungen und Wachs-        Bezogen auf die hafennahe Logistik sind       Wie sähe ein Projektfazit aus Ihrer            Fokus gerückt worden ist, gerade auch bei
tum zusätzliche Arbeitsplätze, die zu        die Auswirkungen der Digitalisierung und      Sicht aus?                                     den beteiligten Unternehmen. Das Pro-
einem Verdrängungswettbewerb am Ar-          Automatisierung schwer abzuschätzen.                                                         jekt war eher ein Auftakt, der gelungen
beitsmarkt führen. Da heißt es für die Un-   Vielleicht ist die Technik hier schon wei-    Marx:                                          ist. Es gilt, den eingeschlagenen Weg der
ternehmen, auch wettbewerbsfähig in der      ter als im Hafen, aber es kommen weitere      Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Be-   Chancengleichheit weiter zu beschreiten,
Konkurrenz um Arbeitskräfte zu sein.         Parameter hinzu. Der Investitionsauf-         teiligung gut war. Allerdings bedurfte es      damit aus dieser zarten Pflanze ein star-
                                             wand steigt bei eher kurzen Vertragslauf-     doch eines hohen Begleitaufwandes sei-         ker Baum wird. Dafür war es in der Tat ein
Marx:                                        zeiten. Lohnt sich da ein hohes Invest-       tens des Projektes, um die Nachfrage           guter Auftakt. Die weitere Arbeit ist dann
Hier kommt unser Projekt ins Spiel. Das      ment überhaupt? Das ist im Hafen an-          immer wieder zu stimulieren. Aber es           Aufgabe der Sozialpartner und der be-
ist zwar auch ein Entgeltthema, aber         ders.                                         wurden wichtige Themen bewegt. Insge-          triebsverfassungsrechtlichen Gremien
nicht nur. Auch die Unternehmenskultur,                                                    samt war die Beteiligung der Unterneh-         vor Ort. Das bedeutet Dialog, Dialog, Dia-
Leitlinien, Führung, all das macht zuneh-    Marx:                                         men sehr unterschiedlich und ich hätte         log. Anders kommen wir hier nicht vom
mend Arbeitgeberattraktivität aus.           Und auch die Bedeutung des Themas             mir gewünscht, dass mehr Betriebe sich         Fleck.
                                             Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung         so engagiert hätten, wie einige wenige.
Schubert:                                    ist schwer abschätzbar. Aber natürlich        Hinzu kamen manche Hindernisse aus             Marx:
Entgelte sind zentral, aber nicht allein     wird die technische Entwicklung Auswir-       den Förderbedingungen, bis hin zur             Als Verband werden wir dieses Thema
ausschlaggebend. Welche Chancen zur          kungen auf die Arbeit, die Arbeitsanfor-      schleppenden finanziellen Abwicklung.          auch weiter bewegen, etwa über Veran-
Entwicklung, zum Aufstieg, habe ich in       derungen und das Arbeitsvolumen haben.        Beide Themen wurden auch schon im              staltungen, Seminare etc. im Rahmen der

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Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
finanziellen Möglichkeiten. Dazu gehört        Schubert:                                    Peter Marx
auch die individuelle Betreuung und Be-        Wir sehen auch eher die gesellschaftliche    Geschäftsführer
ratung unserer Unternehmen zu diesen           Gemengelage, dass Frauen aufgrund ihrer
Themen. Interessant war, vor allem zu          Sozialisation es sich nicht zutrauen, sich   Unternehmensverband Bremische Häfen e. V.
Beginn des Projektes, dass das Wort            für diese Arbeit zu bewerben und weni-       Tilsiter Str. 8-10, 28217 Bremen
„Chancengleichheit“ vielfach gleichge-         ger, dass die Unternehmen ihnen keine
setzt wurde mit „Gleichbehandlung“. Da         Chance gegeben hätten. Was nicht bedeu-      E-Mail: peter.marx@ubh-online.de
galt es zunächst einmal aufzuklären, dass      tet, dass die Betriebe sich deutlich mehr    Tel.: 0421 38 51 54
es nicht darum ging, alle gleich zu behan-     mühen könnten.
deln sondern gleiche Chancen zu eröff-
nen.                                           Ein Schlusswort bitte!                       Stefan Schubert
                                                                                            Landesfachbereichsleiter
Etwas schwergängig war das Thema               Marx:                                        Fachbereich 11 - Verkehr
„Frauen im Hafen“. Ist die Branche             Die Erwartungen haben sich erfüllt. The-
hier noch zu sehr in alten Klischees           matik und Inhalte waren und sind hoch        ver.di Landesbezirk Niedersachsen-Bremen
verhaftet?                                     relevant. Wir müssen und werden daran        Bahnhofsplatz 22-28, 28195 Bremen
                                               weiter arbeiten. Beendet ist das Thema
Schubert:                                      nicht.                                       E-Mail: stefan.schubert@verdi.de
In der Logistik ist das weniger ein Pro-                                                    Tel.: 0421 33 01 320
blem. Hier ist der Frauenanteil hoch und       Schubert:
auch in den Fach- und Führungsfunktio-         Wie gesagt, der eingeschlagene Weg muss
nen langsam zunehmend. Im Hafen kann           fortgesetzt werden, jeder in seinem Wir-
es gut sein, dass hier noch Frauen weniger     kungsbereich und gemeinsam als Sozial-
zugetraut wird, v.a. in den gewerblichen       partner. Dies kann wieder über ein
Bereichen. Allerdings gibt es auch hier        größeres Projekt wie dieses erfolgen oder
positive Entwicklungen, nicht nur bei den      über viele kleine Maßnahmen. Das wird
Fahrer*innen, sondern z.B. bei den Con-        man sehen. Der Sprössling muss weiter
tainerbrücken.                                 wachsen.

Marx:
Mag sein, dass die Rahmenbedingungen
des Hafens mit Arbeit rund um die Uhr
und hoher Flexibilität auch abschrecken.
Dies ist vielleicht auch ein gesellschaftli-
ches Problem. Es bewerben sich aller-
dings auch nicht genügend Frauen.

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Chancengleichheit und Personalentwicklung in der bremischen Hafenwirtschaft und hafennahen Logistik
Das Projekt
      ChancenVielfalt Bremische Häfen”
    “
    Ansatz – Inhalte – Fazit

Die Bremischen Häfen waren und sind           tung des Themas verdeutlicht. Mit den         ternehmen für eine chancengleiche Per-      angebote zum Thema „ChancenVielfalt
immer ein Tor zur Welt. Um diese Posi-        beiden anderen Projektpartnern, ma-co         sonalpolitik zu gewinnen und dies auch –    im Betrieb in den Strukturen umsetzen“.
tion zu festigen bedarf es moderner, in-      und SI, verbindet der U·B·H eine langjäh-     wo noch nicht geschehen – in ihren          Andererseits durch ein breites Spektrum
novativer Unternehmen mit motivierten         rige vertrauensvolle Zusammenarbeit,          Systemen und Strukturen zu verankern.       an Schulungsangeboten für Führungs-
und qualifizierten Beschäftigten. Bunte       unerlässliche Basis für ein gutes Gelin-                                                  kräfte und Personalfachkräfte als Träger
Belegschaften sind in der Hafenwirtschaft     gen. Die BLG Logistics Group und der Ge-      Die notwendige Aufmerksamkeit erhielt       eines chancengleichen Personalmanage-
kein Fremdwort, und die Integrations-         samthafenbetriebsverein, beide mit eige-      das Anliegen durch eine öffentliche Auf-    ments sowie Beschäftigte aller Kompe-
kraft ist hoch. Diese Erfahrungen und         nen Projekterfahrungen, beteiligten sich      taktveranstaltung im September 2016.        tenzniveaus, insbesondere solcher, die
Tradition aufzugreifen und als Arbeitge-      aktiv und mit eigenen Projektlotsen am        Über 100 Vertreter*innen der Branche        sonst eher weiterbildungsfern sind. Der
ber offen zu sein für die Erwerbsbevölke-     Vorhaben. Sie waren mit Treiber des Pro-      und der interessierten Öffentlichkeit des   Zugang zu den Seminaren erfolgte dabei
rung in all ihrer Vielfalt war Anliegen des   jektes und insbesondere die BLG sorgte        Landes Bremen erlebten einschlägige         auf zweierlei Weise: zum einen – gestützt
Projektes „ChancenVielfalt Bremische          für eine Basisauslastung vieler Seminare,     Vorträge und die Vorstellung des Projek-    auf die gemeinsam mit den Unternehmen
Häfen“. Unterschiedlichen Menschen            die sonst nicht hätten stattfinden kön-       tes. Höhepunkt war die öffentliche Unter-   durchgeführten Bedarfserhebungen – auf
gleiche berufliche Entwicklungschancen        nen. Davon profitierten die kleineren Ha-     zeichnung der „Charta der Vielfalt“ durch   Vorschlag der jeweiligen Führungskräfte,
zu geben und dieses im betrieblichen Per-     feneinzelbetriebe, die allein die notwen-     17 Unternehmen und Organisationen.          zum anderen auf individuellen Wunsch
sonalmanagement zu verankern, war das         dige Anzahl an Teilnehmer*innen nicht                                                     der Beschäftigten. Das halbjährlich ak-
zentrale Anliegen.                            zusammenbekommen hätten.                      Danach erfolgte in über 20 Unternehmen      tualisierte Schulungsangebot wurde ana-
                                                                                            eine Bestandsaufnahme zur betrieblichen     log und digital entsprechend breit
Das Projekt „ChancenVielfalt Bremische        Das Projekt war thematisch breit angelegt     Verankerung von ChancenVielfalt (siehe      verteilt, über die Unternehmen und Inte-
Häfen“ war unter mancherlei Aspekten          und sollte Beschäftigten aller Beleg-         hierzu Seite 26 ff.) und daraus ableitba-   ressenvertretungen als auch direkt an Be-
ein Novum. Zum einen dadurch, dass mit        schaftsgruppen – vor allem aber solchen,      rem Handlungsbedarf. Die betriebliche       schäftigte. Über einen zweiwöchentlichen
dem Unternehmensverband Bremische             die eher weiterbildungsfern sind – die        Intervention durch das Projekt erfolgte     Newsletter wurden aktuelle Angebote
Häfen e. V. einer der beiden Sozialpartner    Chance zur beruflichen Entwicklung            auf zwei Ebenen: einerseits durch kon-      und freie Plätze über einen breiten Ver-
der Branche selbst als Konsortialführer       geben. Berufliche Entwicklungschancen         krete Unterstützung betrieblicher Verän-    teiler beworben.
und Antragsteller auftrat. Damit war der      für möglichst viele Beschäftigtengruppen      derungsprozesse und Schaffung von
direkte Draht zu den Unternehmen si-          zu eröffnen, war ein wichtiges Ziel des       Systemen und Strukturen sowie betrieb-
chergestellt und die besondere Bedeu-         Projektes. Ein weiteres Ziel lag darin, Un-   licher und überbetrieblicher Schulungs-

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Vielfalt im Betrieb verankern - Schu-       Belegschaften vor allem Seminare zur          unterschliche Werte und Lebenswelten       Chancen geben: Schulungen zur be-
lungen für ein chancengleiches Perso-       Schulung von operativen Führungskräf-         gewidmet. Die Unterschiedlichkeit von      ruflichen Entwicklung für gewerblich
nalmanagement                               ten und Personalfachleuten im Umgang          Menschen auch innerhalb einer Genera-      Beschäftigte ohne Berufsabschluss
Unter diesem Motto wurden vor allem         mit interkulturellen Teams stark ge-          tion nicht nur zu akzeptieren, sondern     Menschen eine Chance zur beruflichen
Schulungen durchgeführt, welche sowohl      fragt. Insgesamt nahmen über 500 Be-          auch für das Unternehmen nutzbar zu        Weiterbildung zu ermöglichen, die eher
theoretisches Rüstzeug als auch prakti-     schäftigte an diesen Trainings teil. Diese    machen, wurde in mehreren Seminaren        weiterbildungsungewohnt sind, war eines
sche Gestaltungsbeispiele für Chancen-      vermittelten Wissen über kulturelle           thematisiert und praktische Vorgehens-     der zentralen Anliegen des Projektes. Von
Vielfalt im Personalmanagement bein-        Besonderheiten – auch der eigenen Kul-        weisen wurden geschult.                    den Unternehmen wurde dies in großem
halteten. Dabei wurden alle betrieblichen   tur – sowie praktisches Handwerkszeug         Veranstaltungen und Schulungen zum         Umfange wahrgenommen. In keinem an-
personalpolitischen Gestaltungsfelder       für die tägliche Führungspraxis.              Transfer von Beispielen Guter Praxis aus   deren Bereich nahmen so viele Mitglieds-
berücksichtigt. Zu diesem Themenkom-        Zu diesem Themenkomplex gehörten              anderen Branchen und Betrieben runde-      unternehmen des U·B·H teil.
plex gehörten insbesondere folgende         auch Seminare, die Grundlagen für             ten dieses Angebot ab. Diese fanden
Seminarangebote:                            einen chancengleichen Umgang im Un-           zum Teil auch vor Ort in den Unterneh-     Nach wie vor können in der Hafenwirt-
                                            ternehmen schaffen, seien es Leitbilder       men statt und vermittelten neben dem       schaft und hafennahen Logistik viele Tä-
 Das Thema Diversity nahm hierbei eine      für die gemeinsamen Ziele oder die Zu-        fachlichen Input auch direkte Anschau-     tigkeiten auch ohne einen einschlägigen
 besondere Rolle ein. Dies beinhaltete      sammenarbeit im Betrieb. Dies beinhal-        ungsmöglichkeit.                           Berufsabschluss ausgeübt werden. Damit
 zum einen grundlegende Seminare zur        tete auch die Betriebe zu befähigen, ihre                                                bietet die Branche Einstiegs- und Ent-
 Implementation von Diversity Manage-       eigenen Potenziale zu entwickeln und         Führung chancengleich gestalten:            wicklungschancen für Menschen jeden
 ment. Zum anderen waren aufgrund der       Chancen zu eröffnen.                         Schulungen für Führungskräfte und           Alters und bunter Berufsbiografien. Die
 Strukturen in der bremischen Hafen-        Ein besonderer Stellenwert wurde             solche, die es werden wollen                Sicherung des Arbeitsplatzes und weitere
 wirtschaft mit ihren multikulturellen      zudem dem Thema Vielfalt in Bezug auf        Die Befähigung von Führungskräften zu       berufliche Entwicklungsschritte sind je-
                                                                                         einem Vielfalt fördernden und Unter-        doch ohne logistisches Grundlagenwissen
                                                                                         schiedlichkeit akzeptierenden Führungs-     und fachliche Vertiefungen oder Spezia-
                                                                                         verhalten bildete einen weiteren            lisierungen nicht möglich. Und auch für
                                                                                         Schwerpunkt des Projektes. Dabei wurden     die Besetzung unterer operativer Füh-
                                                                                         sowohl Beschäftigte angesprochen, die       rungsfunktionen sehen die Unternehmen
                                                                                         bereits in Führungsfunktionen waren als     zunehmend einen Berufsabschluss als
                                                                                         auch solche, die es werden möchten. Die     Voraussetzung.
                                                                                         dazu aufgelegte Schulungsreihe umfasste
                                                                                         insgesamt 10 Tage und wurde in fünf je      Schulungsangebote, die diese Möglich-
                                                                                         zweitägigen Modulen über einen länge-       keiten boten, wurden entsprechend gut
                                                                                         ren Zeitraum verteilt durchgeführt. Kom-    wahrgenommen, zum Teil als überbe-
                                                                                         plementär angebotene Trainings zur          triebliche Seminare, zum Teil aber auch
                                                                                         Stärkung der Moderations- und Präsenta-     als betriebsinterne Seminare, in denen
                                                                                         tionsfähigkeiten ergänzten dieses Ange-     ganze Belegschaftsgruppen geschult wur-
                                                                                         bot.                                        den. Die Unternehmen nutzten so das

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Auch der Arbeitsstil in den Unternehmen       mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Dabei ist
                                                                                         ändert sich. Interne Projekte und be-         die Varianz der Schulungsdauer recht
                                                                                         reichsübergreifende Arbeitsgruppen ge-        hoch: das Spektrum reicht von der eintä-
                                                                                         hören zum Betriebsalltag. Dabei mangelt       gigen Intervention bis hin zur über 400-
                                                                                         es teilweise am Handwerkszeug, um sol-        stündigen Seminarreihe, wobei letzteres
                                                                                         che heterogenen Gruppen zum ge-               die Ausnahme bildet.
                                                                                         wünschten Erfolg zu führen. Modera-
                                                                                         tions- und Präsentationskurse wurden          Mehr als 30 Unternehmen der bremi-
                                                                                         entsprechend besucht.                         schen Hafenwirtschaft haben Mitarbei-
                                                                                                                                       ter*innen für betriebliche oder über-
                                                                                         Die quantitative Dimension                    betriebliche Schulungen freigestellt. Wen
                                                                                         Bis zu Ende des Projektes haben über 260      auch das Gros der Teilnehmer*innen bei
                                                                                         Seminare im Umfang fast 40.000 Unter-         den großen Unternehmen der Branche
                                                                                         richtsstunden stattgefunden. Das ist deut-    beschäftigt ist, so ist doch erfreulich, wie
Projekt, um auch über den unmittelbaren     Anschluss halten - Schulungen für            lich mehr als vorher kalkuliert worden ist.   viele kleine und mittlere Unternehmen
Bedarf hinaus Beschäftigten diese Chance    kaufmännische und gewerbliche Fach-          Dabei haben in 30 Monaten Schulungen          ihren Beschäftigten die Teilnahme er-
zur Erweiterung ihrer beruflichen Kom-      kräfte                                       stattgefunden. Über 2.600 Teilnehmer*-        möglicht haben.
petenz zu eröffnen. Diese Seminare leis-    Die Digitalisierung der Arbeitswelt führt    innen konnten in den Kursen verzeichnet
teten jedes für sich einen Beitrag zur      zu veränderten Anforderungen an die Ar-      werden, die sich auf 1.200 verschiedene       Das Thema Management von Diversity
schrittweisen Entwicklung von Beschäf-      beit. Insbesondere der souveräne Umgang      Beschäftigte der bremischen Hafenwirt-        und ChancenVielfalt hat bezogen auf den
tigten ohne formale fachliche Qualifika-    mit IT-Programmen wird zum Standard          schaft verteilen. Im Durchschnitt haben       Anteil der Teilnehmende mit über 43 Pro-
tion hin zu Fachkraft.                      und zunehmend von den Unternehmen            die Teilnehmer*innen also an etwas mehr       zent den Spitzplatz und liegt auch bei dem
                                            bei Einstellungen vorausgesetzt, vor         als zwei Seminaren teilgenommen. Jede*r       Anteil der Kursstunden weit vorne. Hierin
Wer mehr wollte hatte die Möglichkeit,      allem bei den Tools für die Arbeit im Büro   Teilnehmer*in hat dabei im Durchschnitt       finden wir vor allem Führungskräfte – da-
eine Seminarreihe zur Vorbereitung auf      sowohl in den Verwaltungen als auch in       mehr als 33 Unterrichtsstunden verbucht       runter viele operative Führungskräfte –
die Externenprüfung bei der Handels-        den Büros der operativen Unternehmens-       und damit mehr als vier Tage für Weiter-      als auch Fachkräfte aus dem Bereich des
kammer zur Fachkraft für Lagerlogistik zu   bereiche. Entsprechende Schulungsange-       bildung allein im Rahmen des Projektes        betrieblichen Personalmanagements.
besuchen. Dieser über 9 Monate laufende     bote wurden daher gut gebucht.               investiert. Weitere betriebliche Weiterbil-
Kurse mit über 400 Unterrichtsstunden       Insbesondere langjährige Beschäftige         dungsaktivitäten sind hier nicht berück-      Mit fast 30 Prozent der Teilnehmenden
wurde in der zweiten Projekthälfte ange-    nutzten die Chance, über learning bei        sichtigt. Die Teilnehmerzahl wurde            und über 44 Prozent den Kursstunden
boten. Mit 10 Teilnehmer*innen gestartet    doing eher beiläufig erworbenen Kompe-       deutlich übertroffen, die durchschnittli-     nehmen auch die gewerblichen Schulun-
bleiben immerhin neun kontinuierlich        tenzen auf eine solide Grundlagen zu         che Stundenzahlnicht. Dies liegt daran,       gen einen vorderen Platz ein. Hierin ist
dabei. Darunter waren auch ältere Be-       stellen und die Möglichkeiten der ver-       die Freistellung für kürzere – 1-2 tägige     allerdings der Kurs zur Externenprüfung
schäftige, die diese Chance ergriffen, um   schiedenen EDV - Programme kompletter        Seminare - deutlich besser von den Un-        FALOG enthalten, der die Kursstunden
ihrem Erwerbsleben eine neue Wende zu       nutzen zu können.                            ternehmen gewährleistet werden konnte         dieses Themenblockes in die Höhe treibt.
geben.                                                                                   als längere Seminare. Gleichwohl sind wir     Viele Beschäftigte ohne einschlägigen

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immer unter dem Vorzeichen der Kurz-         alle Geschlechter, das waren die Kernele-
                                                                                          fristigkeit. Dies führte häufig zu Absagen   mente dieses Projektes. Integration in die
                                                                                          von Seminaren oder zu Kursgrößen, die        Sozialstruktur eines Betriebes und dessen
                                                                                          deutlich unter eine Mindestzahl lagen        Kultur sowie berufliche Perspektiven und
                                                                                          sowie zu eher kurzen, eintägigen Semina-     Entwicklungschancen sind elementare
                                                                                          ren, weil längere betriebliche Abwesen-      Voraussetzungen auch für eine gesell-
                                                                                          heit nicht möglich war. Und: viele kleine    schaftliche Integration.
                                                                                          Unternehmen können eher einzelne Be-
                                                                                          schäftigte abstellen und haben auch
                                                                                          kaum Chancen Ersatz zu stellen. In vielen
                                                                                          Seminaren waren wir daher darauf ange-
                                                                                          wiesen, dass die wenigen beteiligten
                                                                                          Großbetriebe eine „Grundlast“ stellten,
Berufsabschluss hatten hier die Gelegen-     kulturell. Daraus entsteht ein Selbstbe-     wofür wir der BLG LOGISTICS und
heit ihre beruflichen Kompetenzen zu er-     wusstsein, die Dinge schon im Griff zu       LESCHACO sehr dankbar sind.
weitern und zu vertiefen, bis hin zum        haben und weniger auf Strukturen und
Berufsabschluss.                             Systeme zu setzen als auf langgelebte        Allein die Zahlen gebieten es, das Projekt
                                             Tradition und Erfahrung. Da fällt es nicht   als Erfolg zu werten. Es wurden deutlich
Bei den Schulungen zu Kommunikation          so leicht, sich zu hinterfragen und die      mehr Beschäftigte erreicht als gedacht
und Führung liegen Teilnehmendenanteil       Dinge systematisch zu betreiben. Je grö-     und geplant und auch mehr Mitgliedsbe-
und Kursstundenanteil mit um die 13          ßer der Betrieb desto eher bestehen          triebe des U·B·H. Auch das durchgeführte
Prozent gleichauf, wohingegen EDV –          Strukturen und Routinen auch für Diver-      Stundenvolumen sprengte alle Planun-         Nun dieses Projekt ist zu Ende, aber in
Schulungen und Sprachkurse in beiden         sity Managements, und mit der BLG Lo-        gen und war nur durch den hohen Einsatz      einem neuen Projekt wollen ma-co, SI
Kategorien einen Anteil von 10 Prozent       gistics wurde ein Unternehmen, welches       der ma-co Dozenten*inne realisierbar.        und die Sozialpartner der Branche Wei-
und weniger einnehmen und insgesamt          ist stark im Projekt engagierte während      Gerade in der Projektendphase stieg die      terbildung für die gesamt deutsche See-
nicht so ins Gewicht fallen.                 der Projektlaufzeit mit dem Bremer Di-       Nachfrage noch einmal an und Fragen          hafenwirtschaft ab Herbst 2019 in
                                             versity Preis ausgezeichnet.                 nach einer Fortführung wurden laut.          möglichst digitalisierter Form anbieten.
Ein Fazit
Drei Jahre lang hat das Projektteam von      Darüber hinaus sind Schulungen in der        Initiativen wie diese sind es, welche so-    Kontakt:
U·B·H, ma-co und SI versucht, dieses Pro-    Branche nach wie vor schwer exakt plan-      wohl den gesellschaftlichen Zusammen-        Dr. Uwe Jürgenhake (Geschäftsführer
jekt zum Erfolg zu bringen, durchaus mit     bar, insbesondere im gewerblichen Be-        halt fördern als auch den Arbeits- und       Soziale Innovation GmbH)
hohem persönlichen Einsatz und Engage-       reich. Denn die Kundenanforderungen          Fachkräftebedarf unserer Wirtschaft zu       E-Mail: juergenhake@soziale-innovation.de
ment. Neben vielen Erfolgen und High-        sind immer kurzfristiger und Schiffsan-      decken helfen. Verschiedenheit als Mehr-     Telefon: 0231 88 08 64 11
lights war die Arbeit dennoch insgesamt      künfte verschieben sich nach wie vor.        wert und Stärke zu verstehen, Chancen
nicht einfach: die Branche versteht sich     Weiterbildung, die vor allem auf Präsenz-    für Alt und Jung, für alle Kulturen und
sehr als traditionell weltoffen und multi-   veranstaltungen beruht, steht damit          Qualifikationsniveaus zu eröffnen, für

  24                                                                                                                                                                        25
Bremische Hafenbetriebe halten kurs
    auf Vielfalt
                                                                                        ternehmen der Schlüssel zur Umsetzung         Nach erfolgreicher Gewinnung neuen
                                                                                        von ChancenVielfalt. Umso klarer sehen        Personals konzentrieren sich die meisten

    Ergebnisse der Befragung von Mitgliedern des uBH zeigen viele
                                                                                        sie hier auch noch Handlungsbedarf. Dies      Betriebe auf die fachliche Einarbeitung

    Stärken, aber auch nicht ausgeschöpfte Potenziale in Bezug auf
                                                                                        beginnt bei der Platzierung des Themas        der neuen Mitarbeiter*innen. Dort sehen
                                                                                        in den Führungsprinzipien und mündet          sie sich auch gut aufgestellt. Doch weil
    Chancengleichheit und Vielfalt im unternehmen                                       in den mangelnden Führungskompeten-           die Integration weit über das Fachliche
                                                                                        zen hinsichtlich der Fähigkeit, verschie-     hinausgeht, haben die Betriebe auch die
                                                                                        dene Personengruppen mit unterschied-         soziale und (betriebs-) kulturelle Integra-
Im Folgenden werden in Kurzform die Er-    Denn die Beschäftigtenstruktur weist in      lichen Hintergründen gut zu führen.           tion als wichtiges Thema im Blick. Es
gebnisse der im Rahmen des Projektes in    den meisten Betrieben eine große Vielfalt                                                  fehlt hier allerdings mitunter noch an
21 Mitgliedsunternehmen des UBH            auf. Dabei haben viele Mitarbeiter*innen     Im Prozess der Personalgewinnung stel-        entsprechenden Instrumenten, wie bei-
durchgeführten Befragung präsentiert.      in den befragten Unternehmen ihre Wur-       len die Aspekte Chancengleichheit und         spielsweise Mentoren-, Patensystemen
Die Langfassung steht unter                zeln im arabisch-persischen Raum oder        Vielfalt in nur wenigen Betrieben einen       sowie an Kenntnissen über die sozialen
www.soziale-innovation.de als Download     in den osteuropäischen Staaten. Dies         festen Bestandteil dar. Immerhin öffnet       und kulturellen Spezifika der unter-
zur Verfügung.                             steht in der Tradition der Hafenwirt-        sich etwa die Hälfte der Betriebe gezielt     schiedlichen Zielgruppen. Demzufolge
                                           schaft, Menschen unterschiedlicher Her-      und strategisch für Zielgruppen auf dem       wird in vielen Betrieben Handlungsbedarf
Mit der Befragung wurden vor allem drei    kunft, Berufsbiografie und Qualifikation     Arbeitsmarkt, die bisher nicht im Fokus       gesehen. Mit interkulturellen Trainings
Fragestellungen verfolgt:                  Arbeit und Berufsperspektive zu bieten.      standen, weil es mehr Aufwand bedarf, sie     sowie speziellen Seminaren gerade für
 Welchen Stellenwert hat das Thema         Die Aspekte Chancengleichheit und Viel-      fachlich, sozial und kulturell zu integrie-   operative Führungskräfte konnte hier im
 ChancenVielfalt in den Unternehmen        falt sind allerdings in unterschiedlichem    ren und der Arbeitsmarkt „attraktivere“       Rahmen des Projektes Abhilfe geschaffen
 jetzt und in Zukunft?                     Umfang in den Strukturen und Routinen        Bewerber*innen hergab. Die andere             werden.
 In welchen Gestaltungsfeldern des be-     des betrieblichen Personalmanagements        Hälfte der Unternehmen scheut diesen
 trieblichen Personalmanagements sind      der Unternehmen verankert.                   Schritt noch. Es scheint, dass dort (noch)    Neben den Führungsgrundsätzen und
 die Unternehmen vor diesem Hinter-                                                     keine akuten Probleme bei der Gewin-          dem Führungsverhalten stufen die Be-
 grund aktiv?                              Weitgehend einig sind sich die Unterneh-     nung neuer Arbeitskräfte bestehen. Sie        triebe auch die beruflichen Entwicklungs-
 Wo sehen sie Handlungsbedarf?             men darin, dass das Thema Führung eine       setzen in ihrer Selbstdarstellung auch auf    chancen als (sehr) wichtig für die Um-
                                           zentrale Rolle bei der Realisierung von      die klassischen Attraktivitätsmerkmalen       setzung von Chancengleichheit und Viel-
Die Ergebnisse zeigen, dass Chancen-       ChancenVielfalt spielt. Führungsleitli-      wie Sicherheit, gute Bezahlung und Sozi-      falt ein. Zugleich sehen sie sich in dieser
gleichheit und Vielfalt in den Betrieben   nien werden von nahezu allen Betrieben       alleistungen. Es ist zu erwarten, dass sich   Hinsicht bereits gut aufgestellt. Die Nut-
als Themen präsent sind und auf der        – insbesondere im Hinblick auf Themati-      im Zuge des zunehmenden Arbeitskräf-          zung geeigneter Instrumente zur syste-
Agenda betrieblichen Personalmanage-       sierung von Chancengleichheit und Viel-      temangels immer mehr Unternehmen              matischen Ermittlung von Qualifizie-
ments stehen. Es zeichnet sich das Bild    falt – für (sehr) wichtig befunden. Dies     bisher weniger beachteten Arbeitsmarkt-       rungsbedarfen variiert: Zum Teil werden
ab, dass die Betriebe grundsätzlich für    gilt erst recht für das konkrete Führungs-   gruppen zuwenden werden.                      Bedarfe individuell ermittelt, teils Be-
eine bunt gemischte Belegschaft offen      verhalten. Die Führungsgrundsätze und                                                      darfe mit den Unternehmen abgeglichen,
sind, auch weil sie diese bereits haben.   das Führungsverhalten sind für viele Un-                                                   teils Qualifizierungspläne aufgestellt und

  26                                                                                                                                                                        27
die persönlichen wie auch betrieblichen       Dem Unternehmensleitbild und der Un-         auch von kaum einem Betrieb Hand-             dass es durchaus Kompetenzlücken bei
Anforderungen bei den Qualifizierungs-        ternehmenskultur wird im Vergleich zu        lungsbedarf gesehen.                          für bestimmte Bereiche zuständigen Per-
maßnahmen berücksichtigt. Der größte          den anderen Bereichen des betrieblichen                                                    sonen gibt, wie beispielsweise bei den
Handlungsbedarf wird von den Betrieben        Personalmanagements eine etwas gerin-        Schlussendlich lässt sich festhalten, dass    Führungskräften, um unterschiedliche
im Hintergrundwissen der für die Perso-       gere Relevanz für die Umsetzung von          sich die befragten Betriebe der Bedeutung     Beschäftigtengruppen gut zu führen und
nalentwicklung zuständigen Personen zu        ChancenVielfalt zugeschrieben. Dies wird     von ChancenVielfalt für ihr Unternehmen       zu fördern. Auf Grundlage dessen wurde
sozialen und kulturellen Spezifika der un-    auch daran liegen, dass gerade die kleine-   und auch dessen Erfolg durchaus bewusst       im Rahmen des Projektes ein Schulungs-
terschiedlichen Beschäftigten gesehen.        ren Unternehmen häufig kein schriftlich      sind. Den Betrieben ist in diesem Zusam-      angebot für Führungskräfte, zum Beispiel
                                              niedergelegtes Leitbild haben. Hier zählt    menhang auch klar, dass die Aspekte           in Form von Trainings zu interkultureller
Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Pri-      eher das konkrete Tun als das geschrie-      Chancengleichheit und Vielfalt in der Zu-     Kompetenz, bereitgestellt. Außerdem
vatleben wird insbesondere der Arbeits-       bene Wort. Die geringere Anonymität und      kunft an Wichtigkeit gewinnen werden.         wurden Betriebe bei der Gestaltung ihrer
zeitflexibilisierung eine große Bedeutung     weniger Führungsebenen machen es             In vielen Betrieben sind Gestaltungsan-       Leit- und Grundsätze unterstützt.
für die Umsetzung von ChancenVielfalt         leichter als in größeren Unternehmen,        sätze zur Förderung von Chancengleich-
zugesprochen. Die meisten Unternehmen         eine einheitliche Unternehmenskultur zu      heit und Vielfalt zu finden, gleichwohl       Kontakt:
bieten Regelungen zur flexiblen Arbeits-      entwickeln und zu leben .                    diese nicht ausdrücklich als Maßnahme         Dr. Uwe Jürgenhake (Geschäftsführer
zeit an. Obwohl die flexible Wahl des Ar-                                                  oder Konzept des Diversity Managements        Soziale Innovation GmbH)
beitsortes für viele Tätigkeiten nicht oder   Damit einhergehend sehen relativ wenige      betitelt werden, also nicht systematisch      E-Mail: juergenhake@soziale-innovation.de
nur schwer zu realisieren ist, hat immer-     Unternehmen selbst einen Bedarf, die As-     erfolgen. Die Betriebe stellen jedoch fest,   Telefon: 0231 88 08 64 11
hin ein Drittel der Unternehmen hier Re-      pekte Chancengleichheit und Vielfalt im
gelungen getroffen. Es ist nicht verwun-      Leitbild des Unternehmens zu verankern.
derlich, dass im Rahmen gesetzlicher Vor-     Dies mag auch daran liegen, dass der Wir-
gaben der Berücksichtigung gesundheit-        kung von Leitbildern von einer größeren
licher Veränderungen von Mitarbeiter*in-      Gruppe an Unternehmen nur begrenztes
nen eine große Bedeutung beigemessen          Gewicht beigemessen wird.
wird. Darüber hinaus nehmen viele Be-
triebe auch freiwillig auf familiäre Anfor-   Die Bestandsaufnahme zeigt zudem, dass
derungen ihrer Beschäftigten Rücksicht.       vergleichsweise wenige Betriebe einen
Deutlich schwerer tun sich die Unterneh-      Zusammenhang zwischen der Mitbestim-
men mit sonstigen privaten Anforderun-        mung von Mitarbeiter*innen und der Um-
gen, wie z. B. Hobbys. Immerhin gibt es       setzung von Chancengleichheit und
diesbezüglich Handlungsansätze, auch          Vielfalt wahrnehmen. So waren auch
wenn der Handlungsbedarf eher gering          keine Betriebsvereinbarungen bekannt,
eingeschätzt wird.                            in denen Aspekte von Vielfalt und Chan-
                                              cengleichheit integriert sind. Hier wird

  28                                                                                                                                                                         29
“
     Durch das Seminar „Fit für Verantwortung“
     habe ich hilfreiche Werkzeuge zum Thema
     Führung an die Hand bekommen. Gerade das
     Modul „Vom Kollegen zum Vorgesetzten“ war
     ein sehr passendes Thema und ich habe profes-

                                                 ”
     sionelle Inputs erhalten.
     Philipp Kuhn
     Sachgebietsleiter Finanzbuchhaltung GHBV

                  “
                           Durch die ganzheitliche Unterstützung des Pro-

                                                                              GRunDLAGEn SCHAFFEn
                           jektteams konnten wir eine gute Basis für den
                           Start einer Ausbildung in unserem Unterneh-
                           men schaffen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass
                           wir durch diesen Weg eine Nachwuchsgewin-
                           nung sicherstellen können.

                                                          ”
                           Michael Aßmann
                           Niederlassungsleiter protectis

“
        Bei der Erarbeitung des Unternehmensleitbil-
        des und der Führungsgrundsätze hatte ich die
        Möglichkeit, mich als Geschäftsführer selbst zu
        reflektieren. Das habe ich sehr gern genutzt,

                                                 ”
        um auch andere Perspektiven zu beleuchten.
        Jan-Dirk Brüggemann
        Geschäftsführer Hermann Runge GmbH

30                                                                                                  31
Herausforderung                             Hierfür gab sich Heuer in einen offenen

    Heuer Port Logistics GmbH & Co. kG
                                                                                         Der Anspruch des Unternehmens ist           Gestaltungsprozess. In einer Reihe von

    Bremerhaven
                                                                                         damit klar umschrieben. Wie aber in be-     Seminaren wurden über einen längeren
                                                                                         triebliches Handeln umsetzen? Genügt        Zeitraum all diese Themen durchaus kon-
                                                                                         es, wenn allein die Führungsspitze eine     trovers diskutiert, einvernehmlich fest-

    Heuer Port Logistics – Seehafenlogistik nach hanseatischer Auffassung
                                                                                         Vorstellung davon hat, wie die Unterneh-    und letztlich schriftlich niedergelegt. Be-
                                                                                         mensphilosophie in praktisches Tun und      schäftigte aller Bereiche, Führungsebe-
                                                                                         Handeln umgesetzt werden kann? Und          nen und Mitarbeiter*innen waren hieran
                                                                                         wie kann eine Grundüberzeugung im kol-      beteiligt: auf Augenhöhe, ohne Tabus und
                                              Seeterminal am Hauptsitz in Bremerha-
                                                                                         lektiven Bewusstsein einer Belegschaft      Zwänge, was von den Teilnehmern*innen
                                              ven bildet das heutige „Flaggschiff“.
                                                                                         verankert werden?                           durchaus positiv bewertet wurde: Fred
                                              Neben der Frucht- und Lebensmittello-
                                                                                                                                     Grabbert, operativer Mitarbeiter, führt
                                              gistik ist die mittelständische Heuer-
                                                                                         Offensichtlich muss man darüber spre-       dazu aus: „Die Mitwirkung bei der Erar-
                                              Gruppe spezialisiert auf Logistik für
                                                                                         chen, muss diskutieren, konkretisieren      beitung der Leitlinien fand ich besonders
                                              diverse Stückguter und seeseitige Pro-
   Ort: Hauptsitz Bremerhaven
                                                                                         und letztlich definieren, was das Selbst-   spannend. Ich bin sehr dankbar, dass sich
                                              jektverladungen. Speditionsbetriebe, an-
   Beschäftigte: 105
                                                                                         verständnis des Unternehmens, der An-       die Geschäftsleitung einen bunten, reprä-
                                              gesiedelt   in   Deutschlands   größten
   Gründung: 1902
                                                                                         spruch an die Führung und das Mit-          sentativen Kreis der Mitarbeiter ausge-
                                              Seehäfen Bremerhaven, Hamburg und am
                                                                                         einander im Unternehmen sind.       Und     sucht hat und ich auch dabei sein konnte.
                                              Standort Bremen, runden das Portfolio
                                                                                         auch welchen Stellenwert der Mensch im      Es war eine sehr schöne Erfahrung. In an-
                                              ab. An den Standorten werden zudem
                                                                                         Betrieb hat und was das für das Personal-   deren Firmen wird so etwas nur unter
                                              eine Vielzahl von Dienstleistungen ange-
                                                                                         management bedeutet.                        Verschluss auf der Chefebene ausge-
Der Betrieb                                   boten, individuell zugeschnitten auf die
                                                                                                                                     führt.“
Bis ins Jahr 1902 reicht die Firmenge-        Anforderungen der Kunden im Import-
schichte des Unternehmens zurück. Die         und Exportgeschäft.
Anfänge lagen im Fruchtumschlag und
Früchte blieben lange das Kerngeschäft        Heuer ist regional verwurzelt und hat
des Unternehmens. Doch die Zeiten än-         eine klare nachhaltige Geschäftsauffas-
dern sich und damit auch die Märkte und       sung, die sich an den hanseatischen
Kundenanforderungen. So ist das Frucht-       Grundsätzen ausrichtet: Werte wie Fair-
geschäft heute nur ein Teil des Unterneh-     ness, Zuverlässigkeit und Weltoffenheit
mensportfolios, wenn auch ein stabil          sind auch heute noch gefragte Qualitäts-
wichtiger. Gleichwohl ist Heuer nunmehr       indikatoren für die Dienstleistungen der
durch Diversifizierung in verschiedene        Heuer-Gruppe.
logistische Nischenmärkte deutlich brei-
ter aufgestellt: ein multimodales Reefer- /

  32                                                                                                                                                                       33
Grundsätze zu schaffen und darum, of-         von systematischen Personal- und Feed-
                                                                                         fene Fragen zu klären. Und darum, wie         backgesprächen bedürfen. Das gab es bis-
                                                                                         hoch diese Messlatte, der Anspruch an         her im Unternehmen nicht. Solche
                                                                                         das eigene Handeln, eigentlich liegt? Wie     Gespräche gab es bislang nur aus konkre-
                                                                                         groß werden die Unterschiede zwischen         tem Anlass heraus, auf Initiative der Füh-
                                                                                         der Realität und dem postulierten An-         rungskraft oder auch der Beschäftigten.
                                                                                         spruch subjektiv empfunden.                   Ein solches leicht zu handhabendes Sys-
                                                                                                                                       tem wurde im Sommer 2019 eingeführt.
                                                                                         Es zeigte sich, dass die Führungskräfte       Mindestens jährlich werden nun Perso-
                                                                                         eine schriftliche Fixierung an das eigene     nalgespräche zwischen Mitarbeiter*in
                                                                                         Handeln durchaus begrüßten und in vie-        und direkter Führungskraft stattfinden.
                                                                                         len Punkten bereits einen hohen Realisie-     Anlassbezogene Feedbackgespräche wird
Im Ergebnis entstand zunächst ein Leit-     Zusammenarbeit      niedergelegt.   Dazu     rungsgrad empfanden. Zwischen An-             es weiterhin geben, je nach Bedarf.
bild für das Unternehmen, welches den       wurde das Bekenntnis zu Vielfalt im Un-      spruch und Realität – so die allgemeine
Anspruch an sich selbst, an den Umgang      ternehmen und Chancengleichheit aus-         Wahrnehmung – ist kein so großer Ab-          Die Firma Heuer hat sich auf einen Weg
mit Kunden und an ethische Werte kon-       drücklich betont. „Unter Chancengleich-      stand.                                        begeben, gelebte Unternehmenskultur
kretisiert und festlegt. Es ist auf der     heit verstehen wir auch, jedem Neuein-                                                     nachhaltig im Betrieb zu verankern, aus
neuen Homepage des Unternehmens ver-        steiger bzw. jeder Neueinsteigerin eine                                                    einem Gefühl Klarheit zu machen und
öffentlicht und an zentralen Orten im       Chance zu geben, wenn gewisse Voraus-                                                      verlässliche Leitplanken für alle zu schaf-
Unternehmen öffentlich ausgehängt. Da-      setzungen erfüllt sind und Motivation                                                      fen. Mit den neu eingeführten Führungs-
rauf aufbauend wurde der Anspruch an        vorherrscht. Quereinsteigerinnen und                                                       instrumenten und den bestehenden Ge-
den internen Umgang miteinander ge-         Quereinsteiger sind bei uns herzlich will-                                                 sprächsroutinen, ergänzt durch Trainings
meinsam erarbeitet. Folgende vier Leit-     kommen“, betont Matthias Hasselder,                                                        und einem insgesamt höheren Stellen-
fragen bildeten die Basis für die gemein-   Mitglied der Geschäftsleitung.                                                             wert des Personalmanagements, stehen
same Entwicklung:                                                                                                                      die Zeichen auf Nachhaltigkeit. Die At-
 Wie wollen wir führen bei Heuer?           Damit waren die Grundlagen gelegt: Wie                                                     traktivität des Unternehmens als Arbeit-
 Wie wollen wir geführt werden?             aber dieses gemeinsame Verständnis in                                                      geber wird so weiter steigen und die
 Wie wollen wir grundsätzlich miteinan-     die Belegschaft tragen? Bedarf es Umset-     Gleichwohl, es gab Punkte, in denen die       Integration neuer Mitarbeiterinnen und
 der umgehen?                               zungs- und Verstetigungsinstrumente,         Wahrnehmung auseinander ging und sol-         Mitarbeiter erleichtert werden. Auch, weil
 Welches Bild vom Menschen legen wir        gibt es Standards und Routinen, die not-     che, an denen ein höherer Realisierungs-      die Firma die Angebote des Projektes ge-
 dabei zugrunde?                            wendig sind? Hierzu wurden in weiteren       grad wünschenswert war. Der daraus            nutzt hat, wie Kerstin Borchert, Assisten-
                                            Seminaren alle Führungskräfte des Un-        erwachsene Handlungsbedarf wurde prio-        tin der Geschäftsführung, erläutert:
In mehreren Seminaren wurden diese          ternehmens miteinbezogen. Dabei ging         risiert und wird kontinuierlich bearbeitet.   „Durch die Teilnahme am Seminar „Per-
Fragen bearbeitet und in gemeinsam ge-      es vor allem darum, ein gemeinsames          Deutlich wurde auch, dass die Ansprüche       sonalgewinnung und Chancenvielfalt“
tragenen Grundsätzen für Führung und        Verständnis für die neuen Leitlinien und     der Führungsgrundsätze eines Systems          wurde mir bewusst, wie vielfältig die Er-

  34                                                                                                                                                                         35
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