Daten und Vernetzung - Standards und Normen für intermodale Mobilität - AG 3 UND AG 6 - BERICHT

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AG 3 UND AG 6 - BERICHT

Daten und Vernetzung – Standards
und Normen für intermodale Mobilität
AG 3                              AG 3

   Klimaschutz im Verkehr         Alternative Antriebe und Kraft-
                                  stofie für nachhaltige Mobilität

            AG 3                              AG 3
    Digitalisierung für den        Sicherung des Mobilitäts- und
       Mobilitätssektor         Produktionsstandortes, Batteriezell-
                                produktion, Rohstofie und Recycling,
                                     Bildung und Quali4zierung

            AG 3                              AG 6
Verknüpfung der Verkehrs- und      Standardisierung, Normung,
 Energienetze, Sektorkopplung   Zertifizierung und Typgenehmigung
INHALT

KURZFASSUNG                                                                                         4

EXECUTIVE SUMMARY                                                                                   6

1 AUSGANGSLAGE UND ZIELSETZUNG                                                                      7

2 STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT                                                    9
  2.1 Allianz der Treiber – Gemeinsames Interesse schaffen                                          9

  2.2 Basis für intermodale Mobilität – Vertrauen durch solide vertragliche Basis                  12

    2.3 Umsetzung intermodaler Mobilität ermöglichen – Vereinbarte Standards und Normen anwenden   14

3 AKTUELLE AKTIVITÄTEN ZUR INTERMODALEN MOBILITÄT – STATUS QUO
  VON REGULIERUNG UND NORMUNG                                                                      16

ÜBERSICHT STANDARDS, NORMEN, RICHTLINIEN                                                           19

GLOSSAR UND ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS                                                                  28

IMPRESSUM                                                                                          30
AG 3 UND AG 6   DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT

     KURZFASSUNG
    Ziel des Berichts ist es zu klären, welche Standards und      Aktuell versucht jeder Mobilitätsanbieter, die Kund:innen
    Normen geschaffen und welche politisch-organisato-            so weit wie möglich mit seinen eigenen Mobilitätsangebo-
    rischen Bedingungen zu erfüllen sind, um einen nahtlosen,     ten zu versorgen. Es gibt deshalb bislang kein gemeinsa-
    bezahlbaren, möglichst emissionsarmen intermodalen            mes Interesse, intermodale Mobilität in Form eines inte-
    Personen- und Güterverkehr in Deutschland sowie in Euro-      grierten Angebots in einer Anwendung zu schaffen, wie zum
    pa zu ermöglichen. Intermodales Reisen wird heute bereits     Beispiel hinsichtlich der Einigung/Festlegungen zu den
    vielfältig praktiziert. Umstiegshürden für die Nutzer:in-     Themen Datenaustausch, Schnittstellen, anzuwendende
    nen sowie Barrieren durch fehlende oder nicht vernetz-        Standards sowie Richtlinien und Vereinbarungen. Es wird
    te Dienste erschweren jedoch eine breite Anwendung. Die       daher empfohlen, einen moderierten Prozess mit Vertre-
    Barrieren entstehen in erster Linie durch fehlende Schnitt-   tern aller relevanten Stakeholder aufzusetzen, um ein ge-
    stellen, die ein einfaches Zustandekommen von Vertrags-       meinsames Interesse für eine funktionierende intermoda-
    beziehungen oder einfache Integrationsmöglichkeiten in        le Mobilität zu organisieren und auf dieser Basis Standards
    existierende Mobilitätsplattformen verhindern.                und Normen zu entwickeln. Die Moderation sollte im Sinne
                                                                  des Interessenausgleichs durch eine übergeordnete ord-
    Im vorliegenden Bericht wird dargelegt, welche zentra-        nungspolitische Instanz erfolgen. Aufbauend auf diesem
    len Herausforderungen gelöst werden müssen, damit die         Moderationsprozess soll bis Ende 2022 ein Fahrplan ein-
    Standards und Normen entwickelt und flächendeckend an-        schließlich festzulegender Meilensteine entwickelt werden,
    gewendet werden können. Die wichtigsten Schritte sind:        wie Standards und Normen zum Informieren, Buchen und
    Schaffung eines gemeinsamen Interesses, Vertrauen durch       Abrechnen von Mobilitätsdienstleistungen entwickelt und
    solide vertragliche Basis und Unterstützung durch zielge-     auf europäischer Ebene vereinbart werden können.
    richtete Umsetzungsmaßnahmen.
                                                                  Darüber hinaus sind grundsätzliche Regelungsfragen zur
    Ein wesentliches Defizit liegt dabei im Fehlen von Stan-      Vertragssicherheit, insbesondere im Hinblick auf die Inte-
    dards und Normen für die Dienste des verkehrsträger-          gration in Mobilitätsplattformen, zu klären. Standardver-
    übergreifenden Informierens, Buchens und Abrechnens           träge spielen für die Partnereinbindung eine zentrale Rolle.
    von Mobilitätsleistungen. In diesem Zusammenhang wird         Diese gewährleisten die Vertragssicherheit zwischen den
    insbesondere dargelegt, welchen Herausforderungen Nor-        Vertragspartnern, legen die Basis für die Umsetzung sowie
    mung und Standardisierung aktuell gegenüberstehen und         die Etablierung plattformbasierter intermodaler Mobilität
    welche Schritte erforderlich sind, um weitere Entwicklun-     und erzeugen das notwendige Vertrauen in der Geschäfts-
    gen zu ermöglichen. Hierbei spielen vor allem das Zusam-      abwicklung. Standards und Normen für die erforderlichen
    menwirken der jeweiligen Interessen der verschiedenen         Schnittstellen zur Unterstützung der Einhaltung der Ver-
    Stakeholder im Bereich der intermodalen Mobilität eine        tragssicherheit zwischen den Stakeholdern sollten daher
    wesentliche Rolle.                                            für alle relevanten Geschäftsprozesse einer Mobilitäts-
                                                                  dienstleistung entwickelt werden.

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DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT        AG 3 UND AG 6

Technische Standards und Schnittstellen für alle Stake-       den Aufbau einer digitalen Wissensplattform und Best-
holder sollten zudem dafür sorgen, dass Verträge auto-        Practice-Datenbank erfolgen.
matisiert ausgehandelt werden können. Auf diese Weise
können neue Mobilitätsanbieter zügig und aufwandsarm          Die Einrichtung zentraler, miteinander verknüpfter Fach-
in ein plattformbasiertes intermodales Mobilitätsangebot      zentren auf regionaler, nationaler und europäischer Ebe-
eingebunden werden. Ebenso erschwert eine fehlende und        ne ist zudem ein geeignetes Mittel, um Mobilitätsanbie-
nicht angewandte Standardisierung organisatorischer Pa-       ter bei der Umsetzung von nationalen oder europäischen
rameter (zum Beispiel Fahrten- und Strecken-ID, tarifliche    Standards und Normen und damit zusammenhängenden
Bestimmungen) die Digitalisierung und damit die Erbrin-       Konzepten zu unterstützen. Den Fachzentren sollte eine
gung intermodaler Services.                                   koordinierende Rolle zukommen, um eine stringente und
                                                              flächendeckende Umsetzung der intermodalen Mobilität in
Im Hinblick auf die Umsetzung intermodaler Mobilitäts-        Deutschland zu ermöglichen. Ziel ist es, die umfassende
konzepte zeigt sich, dass viele der beteiligten Akteure –     und vollständige Umsetzung von vereinbarten Standards
wie zum Beispiel kleinere Städte und regionale Verkehrs-      und Normen durch alle Mobilitätsdienstleister zu errei-
betriebe – nicht über die erforderlichen Kapazitäten, das     chen, zum Beispiel durch konsequente und verpflichtende
Know-how oder die Methoden zur einheitlichen Anwen-           Umsetzung und Anwendung vereinbarter Standards und
dung verfügen und häufig auf individuell gestaltete, lokale   Normen im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen.
Umsetzungskonzepte setzen. Die Implementierung von
Standards und Normen sowie damit zusammenhängen-              Eine Verpflichtung auf die Einhaltung von Standards und
de übergreifende und abgestimmte Konzepte für eine            Normen im Rahmen eines Gesetzes wird zum jetzigen
intermodale Mobilität müssen daher praktisch unterstützt      Zeitpunkt nicht empfohlen. Sollten sich die im Bericht dar-
werden. Dazu bedarf es einer zentralen Koordination, um       gelegten Handlungsempfehlungen aber als nicht ausrei-
der Entstehung von regionalen Einzellösungen entgegen-        chend erweisen, ist ein weiterer Regulierungsbedarf zu
zuwirken. Die Unterstützung kann dabei durch geeignete        prüfen.
Expert:innen, technische Mittel (wie Softwarelizenzen) und

                                                                                                                             5
AG 3 UND AG 6   DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT

     EXECUTIVE SUMMARY
    The report aims at clarifying which norms and standards           ting parties, form the basis for implementing and esta-
    need to be created, and which political and administrative        blishing platform-based intermodal mobility services and
    conditions need to be met to enable seamless, affordable,         create the necessary trust in their business processes. This
    low-emission intermodal passenger and goods transport             is why standards and norms for all necessary interfaces
    in Germany and Europe. Intermodal travel is already rea-          should be developed for all relevant business processes
    sonably common today. However, really widespread appli-           of a mobility service in order to enhance compliance with
    cation is still hindered by transit obstacles for users as well   contractual security.
    as missing or unconnected services. These barriers usually
    result from missing interfaces which prevent the simple           In addition, technological standards and interfaces for
    entry into a contractual relationship or simple integration       all stakeholders should ensure automatic negotiation of
    opportunities into existing mobility platforms.                   contracts. In this way, new mobility providers can quickly
                                                                      and easily be integrated into a platform-based intermodal
    The report explains which major challenges need to be             mobility system. Missing or unused standardisation of ad-
    overcome in order to develop and widely apply standards           ministrative parameters (e.g. journey and route IDs, fare
    and norms. These are the key steps: creation of a common          rules) also stand in the way of digitalisation and hence the
    interest, trust through a robust contractual basis and sup-       provision of intermodal services.
    port through targeted implementation measures.
                                                                      In terms of the implementation of intermodal mobility
    One major shortcoming is missing standards and norms for          concepts, it is clear that many of the stakeholders – e.g.
    intermodal information, reservation and billing of mobili-        small towns and regional transport companies – do not
    ty services. In this context, the report highlights what the      have the required capacities, know-how or the methods
    current challenges are in terms of standardisation, and what      for a consistent application and prefer using individual, lo-
    steps are necessary to enable further developments. It will       cal application strategies. This is why the implementation
    be particularly important to reconcile the different interests    of standards and norms as well as connected, harmonised
    of the various stakeholders in intermodal mobility.               concepts for intermodal mobility need practical support.
                                                                      This in turn requires centralised coordination in order to
    At the moment, mobility providers are trying to offer custo-      prevent regional stand-alone solutions. Support can be
    mers as many of their own mobility services as possible. So       provided through suitable experts, technical tools (such as
    far, there has not been a common interest in creating inter-      software licences) and the creation of a digital knowledge
    modal mobility as an integrated proposition in one appli-         platform and best-practice database.
    cation, e. g. there has been no agreement on topics such as
    data exchange, interfaces, applicable standards as well as        Setting up central, interconnected centres of expertise at
    guidelines and contracts. One recommendation is therefore         regional, national and European level is also an appropri-
    to launch a facilitated process with the representatives of all   ate means to support mobility providers in implementing
    relevant stakeholders in order to awaken a common interest        national and European standards and norms and the re-
    for a functioning intermodal mobility system and to then          lated concepts. Centres of expertise should play a coor-
    develop standards and norms. In the interests of fairness,        dinating role to enable stringent and nationwide imple-
    facilitation should be ensured by a higher regulatory body.       mentation of intermodal mobility in Germany. The aim is
    On the basis of this facilitation process, a roadmap including    comprehensive and exhaustive implementation of the
    milestones is to be developed by the end of 2022 to deter-        agreed standards and norms by all mobility providers,
    mine how standards and norms for information, reservation         e. g. via consistent and obligatory implementation and
    and billing of mobility services can be developed and com-        application of agreed standards and norms as part of
    bined at a European level.                                        public tenders.

    Moreover, basic regulatory queries regarding contractual          A legal commitment to compliance with standards and
    security, especially with regard to the integration into mo-      norms is not recommended at this point in time. However,
    bility platforms, need to be resolved. Standard contracts         if the recommendations for action provided in the report
    are key in terms of integrating partners. These standard          are deemed to be insufficient, further regulatory require-
    contracts ensure contractual security between the contrac-        ments should be considered.

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DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT                                   AG 3 UND AG 6

  1 AUSGANGSLAGE UND ZIELSETZUNG
Der Bericht Daten & Vernetzung – Standards und Normen                                   nation innerhalb einer Route, sollte vereinfacht werden.
für intermodale Mobilität setzt sich mit der Fragestellung                              Maßgebend hierfür ist die Planung, Buchung und Abrech-
auseinander, welche Standards und Normen geschaffen                                     nung vollständiger Reise- beziehungsweise Transportleis-
werden müssen und welche politisch-organisatorischen                                    tungen innerhalb einer einzelnen Anwendung. Abbildung 1
Bedingungen zu erfüllen sind, um einen nahtlosen, bezahl-                               veranschaulicht, wie Multi- und Intermodalität in diesem
baren, möglichst emissionsarmen intermodalen Personen-                                  Bericht definiert werden, wobei sich dieser in erster Linie
und Güterverkehr in Deutschland sowie in Europa zu ermög-                               mit der intermodalen Mobilität im Personenverkehr aus-
lichen. Er geht insbesondere der Frage nach, wieso es trotz                             einandersetzt. Für die intermodale Reisekette ist vor allem
vieler Forschungsprojekte und Studien als auch vielfacher                               wichtig, dass Kund:innen die Strecke von A nach B mit nur
Aktivitäten privater und öffentlicher Mobilitätsanbieter zu                             einem Ticket zurücklegen können.
intermodaler Mobilität bisher nicht gelungen ist, Standards
und Normen für die Integration der verschiedenen Mobili-                                Multi- und intermodales Reisen (beziehungsweise Trans-
tätsleistungen zu entwickeln und eine breite, flächende-                                portieren) wird heute schon vielfältig praktiziert. Um-
ckende Anwendung dieser zu erreichen. Das Ergebnis des                                  stiegshürden für die Nutzer:innen sowie Barrieren durch
Berichts ist ein Vorschlag für einen Handlungsrahmen, der                               fehlende oder nicht vernetzte Dienste erschweren jedoch
die Entwicklung und Implementierung der noch fehlenden                                  eine breite Anwendung. Die Barrieren entstehen in erster
Normen und Standards zügig anstoßen soll.                                               Linie durch fehlende Schnittstellen, die ein einfaches Zu-
                                                                                        standekommen von Vertragsbeziehungen oder einfache
Die AG 3 der NPM hat in ihrem 3. Zwischenbericht Plattform-                             Integrationsmöglichkeiten in existierende Plattformen
basierte intermodale Mobilität und Handlungsempfehlun-                                  verhindern. Durch die Digitalisierung bietet sich die Mög-
gen zu Daten und Sicherheit1 bereits ein Zielbild für den                               lichkeit, den Nutzer:innen ein integriertes Mobilitätsan-
multi- und intermodalen Verkehr der Zukunft entworfen.                                  gebot machen zu können, das ein durchgängiges Dienst-
Multi- und intermodale Mobilität, insbesondere die dyna-                                angebot von der Information und Buchung, inklusive
mische Verfügbarkeit und Nutzung verschiedener Ver-                                     Authentifizierung, bis zur Bezahlung und Abrechnung über
kehrsmittel zu unterschiedlichen Zeiten oder in Kombi-                                  die gesamte intermodale Mobilitätskette beinhaltet.

      MULTIMODALITÄT                                                                      INTERMODALITÄT

                 A                                                  B                               A                                                 B

      Multimodalität bezeichnet die Wahlmöglichkeit verschiedener                          Intermodalität bezeichnet die Nutzung einer Kombination
      Verkehrsmittel für die Durchfahrt von A nach B                                       verschiedener Verkehrsmittel auf einer Fahrt von A nach B

                                                                                                                  Abbildung 1: Definition Multi- und Intermodalität
                                                                                                                                        (Quelle: Eigene Darstellung)

1 https://www.plattform-zukunft-mobilitaet.de/2download/plattformbasierte-intermodale-mobilitaet-und-handlungsempfehlungen-zu-daten-und-sicherheit/

                                                                                                                                                                       7
AG 3 UND AG 6         DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT

    Den Schlüssel dazu stellen intermodale Mobilitätsplatt-                                           tät bieten zu können. Dies umfasst die Möglichkeiten, sich
    formen dar, um die genannten Services nahtlos aus einer                                           IT-sicher bei einem oder mehreren Anbietern von Services
    Hand bieten zu können. Diese haben sich bisher nur sehr                                           im Rahmen intermodaler Mobilität sowohl über die jewei-
    partiell in einigen Regionen gebildet. Ein überregionales                                         ligen Mobilitätsleistungen zu informieren als auch Leistun-
    Angebot, welches beispielsweise alle regionalen Angebo-                                           gen buchen und bezahlen zu können. Es setzt zudem vor-
    te mit abbildet, existiert bisher nicht. Im 3. Zwischenbe-                                        aus, dass diese Leistungen unkompliziert, datensicher und
    richt Plattformbasierte intermodale Mobilität und Hand-                                           bei den Anbietern intermodaler Mobilitätsketten rechts-
    lungsempfehlungen zu Daten und Sicherheit2 der AG 3 wird                                          sicher, transparent und datenschutzkonform abgerechnet
    aufgezeigt, welche Defizite heute bestehen, um inter-                                             werden. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die Bu-
    modale Mobilität in Deutschland und Europa organisieren                                           chung als Nutzungsberechtigung einfach und nachvollzieh-
    zu können, und welche Maßnahmen aufgesetzt werden                                                 bar kontrollierbar ist.
    müssen, um diesbezüglich einen deutlichen Fortschritt
    zu erreichen. Ein wesentliches Defizit liegt im Fehlen von                                        Der Bericht formuliert daher Handlungsempfehlungen,
    Standards für die Dienste des verkehrsträgerübergreifen-                                          auf deren Grundlage die hierfür notwendigen Normen und
    den Informierens, Buchens und Abrechnens von Mobili-                                              Standards aus einer gemeinsamen Interessenlage heraus
    tätsleistungen.3 4 Der vorliegende Bericht geht deshalb der                                       innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre entstehen be-
    Frage nach, wieso solche Standards und Normen bisher                                              ziehungsweise flächendeckend angewendet werden sol-
    noch nicht vollständig und an vielen Stellen interpretierbar                                      len, wobei europäische Normen und Standards gegenüber
    vorliegen, obwohl seit vielen Jahren die Notwendigkeit von                                        nationalen Definitionen vorzuziehen sind. Die Nutzung der
    Standards und Normen für intermodale Mobilität artiku-                                            Verkehrsinfrastruktur und damit das Themenfeld der Daten
    liert wird.                                                                                       und Schnittstellen einer vernetzten Verkehrsinfrastruktur,
                                                                                                      welche im 4. Zwischenbericht der NPM AG 3 behandelt wur-
    In diesem Zusammenhang wird insbesondere dargelegt,                                               de, ist nicht Bestandteil der Betrachtungen dieses Berichts.
    welchen Herausforderungen Normung und Standardisie-
    rung aktuell gegenüberstehen und welche Schritte erfor-
    derlich sind, um weitere Entwicklungen zu ermöglichen.
    Hierbei spielen vor allem das Zusammenwirken und die je-
    weiligen Interessen der verschiedenen Stakeholder im Be-
    reich der intermodalen Mobilität eine wesentliche Rolle.

    Ziel ist es, Nutzer:innen eine einfache, reibungslose, auf-
    wandsarme und sichere Nutzung von intermodaler Mobili-

    2 https://www.plattform-zukunft-mobilitaet.de/2download/plattformbasierte-intermodale-mobilitaet-und-handlungsempfehlungen-zu-daten-und-sicherheit/
    3 NPM AG 3, 3. Zwischenbericht: Handlungsempfehlung 4: Solange keine einheitlichen Schnittstellen und Standards verfügbar sind (vgl. Empfehlung Nr. 5), muss der Integrations- und Migra-
      tionsaufwand übergangsweise durch staatliche Mittel unterstützt werden. Vorhandene Best Practices sollten eine Grundlage bilden, aus denen im Laufe des Prozesses Standards entwickelt
      werden müssen.
    4 NPM AG 3, 3. Zwischenbericht: Handlungsempfehlung 5: Es sind einheitliche Schnittstellen und Standards für die Dienstebereitstellung und den Datenaustausch – im Kontext der internationalen
      Standardisierungsorganisationen – als Standardisierungsauftrag zu definieren, um das übergeordnete Ziel eines interoperablen multi- und intermodalen Mobilitätssystems voranzutreiben.

8
DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT                                                    AG 3 UND AG 6

  2 STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE
    MOBILITÄT

2.1 ALLIANZ DER TREIBER – GEMEINSAMES INTERESSE SCHAFFEN

BESCHREIBUNG DES THEMAS UND AKTUELLE                                                             Automobilhersteller sind Marktrelevanz, Kundenbindung
HERAUSFORDERUNGEN                                                                                und der Absatz ihrer Produkte von zentralem Interesse.
                                                                                                 Start-ups kommen mit neuen Geschäftsmodellen in den
Die Entwicklung von Diensten und Produkten für die Nut-                                          Markt und bereichern das Angebot mit innovativen Ideen.
zung verschiedener Mobilitätsdienstleistungen wird von                                           Aber auch bereits etablierte Unternehmen verändern ihr
einer großen Zahl von Stakeholdern des Mobilitätsökosys-                                         Produktportfolio und sehen im Wandel der Mobilität neue,
tems mit hohem Aufwand vorangetrieben. Unternehmen,                                              lukrative Geschäftsfelder.
öffentliche Verkehrsunternehmen, Autohersteller, Flotten-
betreiber, Start-ups, Städte, Gemeinden und Landkreise                                           Die Mobilitätsnutzenden können sich heute bereits viel-
sowie der Bund arbeiten intensiv auf unterschiedliche Wei-                                       fältig intermodal fortbewegen. Jeder Mobilitätsanbieter
se an der Optimierung ihrer jeweiligen Mobilitätsangebote.                                       versucht jedoch, so weit wie möglich die Kund:innen mit
Treiber sind steigende Umweltbelastungen, die Verpflich-                                         seinen eigenen Mobilitätsangeboten zu versorgen. Bis-
tung der Autohersteller zur Reduktion des Schadstoffaus-                                         lang gab es daher kein gemeinsames Interesse, intermo-
stoßes ihrer Flotten, überlastete Innenstädte bei ten-                                           dale Mobilität in Form eines integrierten Angebots in einer
denziell abnehmendem Parkraum sowie der Wunsch von                                               Anwendung zu schaffen, wie zum Beispiel hinsichtlich der
Kund:innen nach umweltfreundlicheren, flexibleren und                                            Einigung/Festlegungen zu den Themen Datenaustausch,
kostengünstigen Alternativen.                                                                    Schnittstellen, anzuwendende Standards sowie Richtlinien
                                                                                                 und Vereinbarungen, obwohl erste Strukturen wie zum
Es liegen bereits zahlreiche Erkenntnisse aus Forschungs-                                        NAP (National Access Point)5 oder der Datenraum Mobi-
projekten und Studien zur Organisation und Einführung                                            lität (DRM)6 bereits initiiert wurden. Nutzer:innen müs-
intermodaler Mobilitätsdienstleistungen vor und ver-                                             sen sich die verschiedenen Verkehrsmittel daher noch zu
schiedene Initiativen, Plattformen und Angebote sind in                                          oft selbst zusammenstellen und jeweils getrennt buchen.
den letzten Jahren entstanden (vgl. Kapitel 3). Ziel sollte                                      Auch die Abrechnung und Bezahlung findet meist für die
sein, diese Erkenntnisse sowohl in bereits existierenden                                         unterschiedlichen Angebote getrennt statt, wenngleich die
als auch in künftigen Diensten unter Einbeziehung aller                                          Thematik derzeit im Zusammenhang mit der Delegierten
relevanten Stakeholder nutzerfreundlich umzusetzen, auch                                         Verordnung (EU) 2017/1926 auf EU-Ebene diskutiert wird.
wenn die große Zahl unterschiedlicher Anbieter und Markt-
teilnehmer unweigerlich zu Zielkonflikten führt, die mode-                                       Eine nutzerfreundliche intermodale Mobilität würde sich
riert werden müssen.                                                                             gerade dadurch auszeichnen, dass die Kund:innen unter-
                                                                                                 schiedliche Mobilitätsangebote je nach Bedarf kombinie-
Reisende wollen ihre Anforderungen an Reisezeit, Preis,                                          ren, aber über nur einen von ihnen gewählten Mobilitäts-
Komfort und Umsteigemöglichkeiten bedient sehen. Städ-                                           plattformbetreiber7 planen, buchen und bezahlen können
te und Gemeinden wollen ihren Versorgungsauftrag er-                                             und zudem die Sicherheit erhalten, dass unvorhersehbare
füllen und ihre Standortattraktivität und Lebensqualität                                         Verzögerungen in der Reisedurchführung auch eine An-
für Bürger:innen und Gewerbe steigern. Mobilitätsanbie-                                          passung ihrer Reisekette zulassen. Für die Kund:innen
ter, wie zum Beispiel Sharing Provider oder die Deutsche                                         entsteht durch die Reduktion der Geschäftsbeziehung von
Bahn, wollen eine Markenbindung erzeugen und über eine                                           vielen Mobilitätsdienstleistern zu einem Vermittler ein
hohe Auslastung ihre Wirtschaftlichkeit sicherstellen. Für                                       deutlicher Mehrwert und durch die Einfachheit ein zusätz-

5 https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/DG/multimodale-reisefunktionen-flyer.html
6 https://www.acatech.de/projekt/datenraum-mobilitaet/
7 Mobilitätsanbieter, die ein eigenes Beförderungs- bzw. Verkehrsmittelangebot bereitstellen, können gleichzeitig als intermodale Plattformbetreiber fungieren. Siehe zu der Begriffsklärung
  auch NPM AG 3 Zwischenbericht Plattformbasierte intermodale Mobilität und Handlungsempfehlungen zu Daten und Sicherheit, 2020, S. 20 f.

                                                                                                                                                                                               9
AG 3 UND AG 6   DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT

     licher Anreiz, intermodal zu reisen. Die Kundenbeziehung       Normen in einem Stakeholder-übergreifenden Rahmen
     liegt damit zum Beispiel beim intermodalen Plattformbe-        erfolgen. Aktuell ist dieses gemeinsame Interesse zwar in
     treiber und somit nicht mehr ausschließlich bei demjeni-       Ansätzen, jedoch nicht ausreichend vorhanden, was not-
     gen, der die eigentliche Transportleistung jeweils erbringt,   wendige Standardisierungsinitiativen zur intermodalen
     es sei denn, er agiert selbst als intermodaler Plattformbe-    Mobilität erschwert. Die Etablierung eines moderierten
     treiber. Hierzu gibt es bereits entsprechende Projekte, wie    Prozesses würde den privaten wie öffentlichen Mobilitäts-
     beispielweise Jelbi (Berlin) oder hvv switch (Hamburg), die    anbietern die Möglichkeit bieten, diese Lücke zu füllen und
     eine Tiefenintegration aller relevanten Mobilitätsangebote     einen diskriminierungsfreien Zugang zu intermodalen Mo-
     in der Region anstreben. Jedoch sind die bis heute exis-       bilitätslösungen zu ermöglichen.
     tierenden Mobilitätsangebote nicht vollständig integriert
     und damit für die Kund:innen nicht verfügbar. In diesem        Leitfrage und Ziel eines solchen moderierten Prozesses
     Zusammenhang ist es von Bedeutung, dass für die Anbie-         sollte also die Klärung der Frage sein, welche Vereinba-
     tenden einer Mobilitätsleistung ein diskriminierungsfreier     rungen und Maßnahmen erforderlich sind, um ein über-
     Marktzugang gewährleistet ist, um eine einfache Integra-       greifendes Gesamtinteresse für die intermodale Mobilität
     tion von Mobilitätsleistungen zu ermöglichen.                  zu schaffen. Dieses Gesamtinteresse bildet den notwen-
                                                                    digen Rahmen, um den Nutzer:innen einen durchgängi-
     Aufgrund der zahlreichen Zielkonflikte können weder ein-       gen intermodalen Mobilitätsservice (Informieren, Bu-
     zelne Unternehmen noch einzelne Wirtschaftsverbände            chen und Abrechnen eines Tickets über die gesamte Reise
     oder Interessenvertretungen die Entwicklung eines Rah-         einschließlich Reisedurchführung) zu ermöglichen. Dabei
     menwerkes und entsprechender Standards und Normen              sind die unterschiedlichen Interessenlagen der beteiligten
     übernehmen. Ein moderierter Prozess mit Vertretern aller       Mobilitätsdienstleistenden mit ihrer jeweiligen Zielsetzung
     relevanten Stakeholder ist daher erforderlich, um ein ge-      zu beschreiben und in Einklang zu bringen. Dazu gehört
     meinsames Interesse für eine funktionierende intermoda-        beispielsweise die Frage, wer die Kundenbeziehung führt
     le Mobilität zu organisieren und auf dieser Basis Standards    und wie der Zugriff auf Daten der Nutzer:innen vertraglich
     und Normen zum Informieren, Buchen und Abrechnen von           geregelt wird. Ziel des moderierten Prozesses ist nicht die
     Mobilitätsdienstleistungen zu entwickeln.                      Entwicklung von Standards und Normen, sondern die Basis
                                                                    für deren Entwicklung zu legen. Mit Blick auf den europäi-
     Eine übergreifende ordnungspolitische Instanz ist not-         schen Binnenmarkt und den grenzüberschreitenden Perso-
     wendig, um den Interessenausgleich zu moderieren und           nen- und Güterverkehr sind zudem parallel eine politische
     auszubalancieren. Die Initiative zur Einrichtung dieses        Initiative sowie entsprechende Normungs- und Standardi-
     moderierten Prozesses sollte daher vom Bundesministe-          sierungsaktivitäten auf EU-Ebene unabdingbar.
     rium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus-
     gehen beziehungsweise umgesetzt werden. Der aktiv              Sollte sich abzeichnen, dass die erforderlichen Standards
     ausgestaltete politische Wille zur Umsetzung einer platt-      und Normen – aufbauend auf einem Stakeholder-über-
     formbasierten intermodalen Mobilität ist Grundvorausset-       greifenden Interesse – nicht rechtzeitig erarbeitet oder
     zung für die Überwindung von Interessenkonflikten und          einheitlich angewendet werden, ist bereits deutlich davor
     die Entstehung eines Konsenses zwischen den Mobilitäts-        ein zusätzlicher Incentivierungs- und Regulierungsbedarf
     anbietern. Dieser moderierte Prozess kann dabei unter Be-      durch die Politik zu prüfen. Hierbei sind relevante EU-Ge-
     rücksichtigung der in der NPM bestehenden Strukturen so-       setzesinitiativen zu berücksichtigen, um Doppelregulie-
     wie unter Einschluss bestehender Kreise, wie dem Bündnis       rungen zu vermeiden.
     für moderne Mobilität, und bereits vorliegender Erkennt-
     nisse, wie sie im Vernetzungsleitfaden der Initiative Digi-
     tale Vernetzung im ÖPV enthalten sind, eingerichtet werden
     (vgl. Kapitel 3). Mit der Veröffentlichung der Datenstra-
     tegie der Bundesregierung und der Arbeit am Datenraum
     Mobilität (DRM) wurden hierzu bereits wichtige politische
     Schritte unternommen (vgl. Kapitel 3).

     Erst nach Schaffung eines gemeinsamen Interesses kann
     die Ausgestaltung und Anwendung von Standards und

10
DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT   AG 3 UND AG 6

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

    HANDLUNGSEMPFEHLUNG                                                  VERANTWORTLICH         ZEITHORIZONT

1   Unter Moderation des BMVI soll unter Beteiligung aller relevanten    BMVI, relevante        Innerhalb der
    Stakeholder des Ökosystems intermodaler Mobilitätsdienstleis-        Stakeholder            nächsten 1–2
    tungen bis Q4/2022 ein Fahrplan einschließlich festzulegender                               Jahre
    Meilensteine entwickelt werden, welche Standards und Normen
    zum Informieren, Buchen und Abrechnen entwickelt und auf eu-
    ropäischer Ebene vereinbart werden müssen.

2   Sollte sich abzeichnen, dass die im Fahrplan vereinbarten Meilen-    BMVI                   Innerhalb der
    steine nicht erreicht und somit die erforderlichen Standards und                            nächsten 2–3
    Normen zur Umsetzung des beschriebenen Zielbilds nicht inner-                               Jahre
    halb der nächsten 3–5 Jahre erarbeitet sein werden, ist zusätzli-
    cher Incentivierungs- oder Regulierungsbedarf zu prüfen.

3   Es sollen konkrete Projekte in Pilotregionen gefördert werden, die   Fördermittelgeber      Innerhalb der
    zum Ergebnis haben, intermodale Mobilität mit ALLEN relevanten,                             nächsten 1–2
    in einer Region verfügbaren Mobilitätsleistungen zu organisieren                            Jahre
    und in diesen Projekten Standards und Normen zum Informie-
    ren, Buchen und Abrechnen von Mobilitätsleistungen zu entwi-
    ckeln und zu erproben. Die Einbeziehung aller relevanten Mobili-
    tätsdienstleister soll als notwendiges Förderkriterium definiert
    werden. Die Pilotprojekte sollen einen diskriminierungsfreien und
    niederschwelligen Zugang auch für lokale bzw. regionale Mobili-
    tätsanbieter garantieren.

4   Die Förderung intermodaler Mobilität soll innerhalb entsprechen-     Fördermittelgeber      Innerhalb
    der Förderprogramme und Ausschreibungen generell an die Be-                                 der nächsten
    dingung geknüpft werden, dass Standards und Normen – sofern                                 1-2 Jahre
    bereits vorhanden – angewendet werden.

                                                                                                                      11
AG 3 UND AG 6        DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT

     2.2 BASIS FÜR INTERMODALE MOBILITÄT – VERTRAUEN DURCH SOLIDE
         VERTRAGLICHE BASIS

     BESCHREIBUNG DES THEMAS UND AKTUELLE                                                           Darüber hinaus sind weitere Unklarheiten zu adressieren,
     HERAUSFORDERUNGEN                                                                              etwa die Rechte an Mobilitätsdaten. Viele Fragen – etwa
                                                                                                    welche Daten erhoben werden dürfen, wie Verwertungs-
     Neben dem unter 2.1. beschriebenen fehlenden Gesamt-                                           und Abtretungsregelungen an Nutzer- und Nutzungsdaten
     interesse aller Mobilitätsanbieter sind für die Bereitstel-                                    geregelt werden, wie lange sie gespeichert werden dürfen
     lung von deren Basisdiensten zum Informieren, Buchen                                           beziehungsweise wann relevante Daten gelöscht werden
     und Abrechnen sowie zur Integration auf Mobilitätsplatt-                                       müssen – bedürfen insbesondere einer Klärung, möglichst
     formen grundsätzliche Regelungsfragen zu beantworten.                                          auf EU-Ebene. Hier ist auf eine Datenschutzkonformität
     Der Zwischenbericht Plattformbasierte intermodale Mobili-                                      zu achten. Ebenso erschwert eine fehlende und nicht an-
     tät und Handlungsempfehlungen zu Daten und Sicherheit                                          gewandte Standardisierung organisatorischer Parameter
     der AG 3 hat dazu Governance-Grundsätze für die Berei-                                         (zum Beispiel Fahrten- und Strecken-ID, tarifliche Be-
     che Datenaustausch, ID-Management, IT-Sicherheit und                                           stimmungen) die Digitalisierung und damit die Erbringung
     Datenschutz sowie Haftungs- und Schlichtungsfragen                                             intermodaler Services. Es sind Standards und Normen zu
     formuliert. 8 Für Letzteres kommt Standardverträgen für                                        entwickeln oder bestehende anzuwenden, um die Kom-
     die Partnereinbindung eine zentrale Rolle zu. Diese ge-                                        munikation zwischen den beteiligten Systemen, also zwi-
     währleisten die Vertragssicherheit zwischen den Vertrags-                                      schen verschiedenen Mobilitätsplattformen und den IT-
     partnern, legen die Basis für die Umsetzung sowie die                                          Systemen einzelner Mobilitätsanbieter, zu gewährleisten.
     Etablierung plattformbasierter intermodaler Mobilität und                                      Übergangsweise sollen hierfür gegebenenfalls Brückenlö-
     erzeugen das notwendige Vertrauen in der Geschäftsab-                                          sungen geschaffen werden.
     wicklung. Technische Standards und Schnittstellen für alle
     Stakeholder sollten zudem dafür sorgen, dass Verträge au-                                      Grundsätzlich ist ein Mobilitätsmarkt mit definierten
     tomatisiert ausgehandelt werden können. Auf diese Weise                                        Marktspielregeln zu schaffen, in dem Mobilitätsanbieter
     können neue Mobilitätsanbieter zügig und aufwandsarm                                           in gleichberechtigter sowie gleichverpflichtender Wei-
     in ein plattformbasiertes intermodales Mobilitätsangebot                                       se Mobilitätsdienste für Plattformbetreiber bereitstellen
     eingebunden werden.                                                                            und Plattformbetreiber diskriminierungsfrei sämtlichen
                                                                                                    Mobilitätsanbietern die gleiche Partizipation an Mobili-
     Für den normativen Rahmen müssen verschiedene Ele-                                             tätsmarkt und -daten garantieren. Hierfür braucht es auch
     mente berücksichtigt werden, wie beispielsweise die Be-                                        eine Definition beziehungsweise Harmonisierung von nati-
     rechtigung zur Nutzung der Dienstleistung (zum Beispiel                                        onal und international einheitlichen Schnittstellen für den
     Führerscheinkontrolle), Transparenz über Daten und deren                                       Zugang zu erforderlichen Verkehrsdaten, um Services für
     Verwendung sowie Kommunikationsverbindungen, die Ge-                                           intermodale Verbindungen zu realisieren.
     währleistung der Leistungserbringung (anbieterübergrei-
     fend im intermodalen Verkehr) sowie Haftungsfragen bei
     Schäden, Regelverstößen oder Leistungsverzug. Ein weite-
     rer Themenkomplex ist das digitale Mobilitätsvertragswerk
     als solches, zum Beispiel in Bezug auf den rechtssicheren
     digitalen Abschluss und die Kündigung von verschiedens-
     ten Verträgen innerhalb einer intermodalen Transport-
     kette. Hierzu sind genauere Vorgaben unter anderem für
     Authentifizierung, digitale Unterschrift und Fälschungssi-
     cherheit, Vertragslaufzeiten und Kündigungsregelungen zu
     erarbeiten. 9

     8 Vgl. NPM AG 3 Zwischenbericht Plattformbasierte intermodale Mobilität und Handlungsempfehlungen zu Daten und Sicherheit, 2020, S. 9-12 und 14-16.;
       sowie NPM Fortschrittsbericht 2020, S. 18-19.
     9 Vgl. NPM AG 3 Zwischenbericht Plattformbasierte intermodale Mobilität und Handlungsempfehlungen zu Daten und Sicherheit, 2020, S. 9-12 und 14-16.

12
DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT       AG 3 UND AG 6

Darüber hinaus ist die Normung und Standardisierung          sind zwei Funktionen verbunden: Zum einen wird der Zu-
von Daten(austausch)- und Kommunikationsprotokollen,         gang zu Mobilitätsdienstleistungen für die Nutzenden er-
Datenformaten, Reports und Auswertungen von Nutzer-          leichtert, zum anderen kann die Kontrolle zur Nutzung von
verhalten und -präferenzen erforderlich, soweit dies nicht   Transportdienstleistung im öffentlichen Verkehr (zum Bei-
durch bestehende Standards und Normen abgedeckt wer-         spiel e-Ticket) verbessert werden.
den kann. Kommerzielle Rahmenbedingungen sollten in
standardisierter Form gesetzt und damit auch vereinbart      Die Frage, wie Data Privacy, Data Security sowie das Prin-
werden können. Zusätzlich sollten definierte Mindeststan-    zip der Sparsamkeit im Umgang mit personenbezogenen
dards für Medien zur Nutzung von Mobilität (Mobilitäts-      Daten sichergestellt werden können, sollte ebenfalls um-
karte/QR-Codes/Ladekarte etc.) entwickelt werden. Damit      fassend und zeitnah geklärt werden.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

     HANDLUNGSEMPFEHLUNG                                                   VERANTWORTLICH               ZEITHORIZONT

5    Standards und Normen für die erforderlichen Schnittstellen zur        Technische Regelsetzer       Innerhalb der
     Unterstützung der Einhaltung der Vertragssicherheit zwischen den      (z. B. DIN/DKE, VDV, …),     nächsten 2–4
     Stakeholdern sollen für alle relevanten Geschäftsprozesse einer       relevante Stakeholder        Jahre
     Mobilitätsdienstleistung entwickelt werden. Das sind insbesonde-
     re die Informationen zu einem Mobilitätsangebot („Informieren“),
     Prozesse für die Buchung und Nutzung eines Mobilitätsangebotes
     („Buchen“ und „Nutzen“) und Prozesse für die Abrechnung der in
     Anspruch genommenen Mobilitätsleistung („Abrechnen“).

6    Es sollen Standards und Normen erarbeitet werden, die zur Pro-        Technische Regelsetzer       Innerhalb der
     zess- und Vertragssicherheit beitragen und Basis für die Sicher-      (z. B. DIN/DKE, VDV, …),     nächsten 2–4
     stellung der Lizenzkonformität sind. Standards und Normen zum         relevante Stakeholder        Jahre
     Datenschutz und zur IT-Sicherheit sollen vervollständigt bzw.
     konsequent angewendet werden.

7    Es sollen Definitionen standardisierter und mindestens anzubie-       Technische Regelsetzer       Innerhalb der
     tender Medien für die Nutzung von Mobilität (Mobilitätskarte/QR-      (z. B. DIN/DKE, VDV, …),     nächsten 2–4
     Codes/Ladekarte etc.) entwickelt werden.                              relevante Stakeholder        Jahre

8    Brückenlösungen zur Sicherstellung der Kommunikation zwischen         Technische Regelsetzer       Innerhalb
     existierenden proprietären Systemen für den Zeitraum, in dem          (z. B. DIN/DKE, VDV, …),     des nächsten
     die oben genannten Standards und Normen noch nicht existieren,        relevante Stakeholder        Jahres
     sollen geschaffen werden. Diese Brückenlösungen sind aber tem-
     porär begrenzt und sollen schnellstmöglich durch zu entwickelnde
     Standards und Normen ersetzt werden.

                                                                                                                            13
AG 3 UND AG 6   DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT

     2.3 UMSETZUNG INTERMODALER MOBILITÄT ERMÖGLICHEN –
         VEREINBARTE STANDARDS UND NORMEN ANWENDEN

     BESCHREIBUNG DES THEMAS UND AKTUELLE                          wäre ein geeignetes Mittel, um Mobilitätsanbieter bei der
     HERAUSFORDERUNGEN                                             Umsetzung von nationalen oder europäischen Standards
                                                                   und Normen und damit zusammenhängenden Konzepten
     Bei der Integration von Mobilitätsdienstleistungen für        zur intermodalen Mobilität zu unterstützen. Das Entste-
     eine intermodale Mobilität existiert eine Vielzahl an         hen von lokalen oder regionalen Insellösungen kann da-
     Hemmnissen im Hinblick auf die Bereitstellung von Res-        durch vermieden werden. Aufgabe der Fachzentren wäre
     sourcen und Know-how sowie die Bewältigung von Kom-           es, Akteure eines intermodalen Mobilitätssystems zur
     plexität. In Deutschland existieren aktuell rund 800 Un-      Implementierung geltender Normen, Standards und Ver-
     ternehmen des öffentlichen Personenverkehrs sowie rund        fahrensweisen sowie Konzepten zu beraten und damit die
     1.000 weitere Mobilitätsanbieter (beispielsweise Sha-         Anschlussfähigkeit einzelner Akteure innerhalb des Ge-
     ring-Anbieter), die oftmals noch auf regionale Lösungen       samtsystems sicherzustellen.
     zur Intermodalität setzen.
                                                                   Auf regionaler Ebene können beispielsweise Fachzentren
     Bei der Bewältigung spezifischer Herausforderungen in         in einer Mobilitätsregion organisiert werden, um lokalen
     der Umsetzung intermodaler Mobilität zeigt sich zudem,        Mobilitätsanbietern unkomplizierten Zugang zu Informa-
     dass viele der beteiligten Akteure – wie zum Beispiel klei-   tionen zu gewähren, wie intermodale Mobilität vor Ort um-
     nere Städte und regionale Verkehrsbetriebe – nicht über       gesetzt werden kann. Eine Unterstützung und Steuerung
     die erforderlichen Kapazitäten oder Methoden zur Lösung       der regionalen Arbeiten durch eine nationale Stelle kann
     verfügen und häufig auf individuell gestaltete, lokale        den Gesamtprozess zusätzlich beschleunigen. Die Arbeiten
     Umsetzungskonzepte setzen. Die Nutzung von flächende-         auf nationaler Ebene müssen wiederum auch den Prozess
     ckend einsetzbaren Standards und Normen wird dadurch          auf europäischer Ebene beschleunigen. In Europa sollte
     erheblich erschwert oder sogar unmöglich. Diesem Um-          die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Ländern aus-
     stand sollte durch ein gemeinsam abgestimmtes Vorge-          gebaut und intensiviert werden, die bereits einen deut-
     hen von Politik und Wirtschaft entgegengewirkt werden.        lichen Fortschritt bei intermodalen Mobilitätsdienstleis-
                                                                   tungen aufweisen, beispielsweise Niederlande, Finnland
     Ein weiteres Problem ist die zu heterogene Verteilung von     oder die Schweiz. Den Fachzentren sollte insgesamt eine
     Verantwortlichkeiten, Wissen und Kompetenzen, zum             koordinierende Rolle zukommen, um eine stringente und
     Beispiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen, wo-             flächendeckende Umsetzung der intermodalen Mobilität
     durch eine umfassende Umsetzung gebremst wird. Die            in Deutschland zu ermöglichen. Dabei könnten vorhande-
     Implementierung von Standards und Normen sowie da-            ne Ressourcen und Einrichtungen, wie beispielsweise das
     mit zusammenhängende übergreifende und abgestimm-             Kompetenzzentrum Digitalisierung NRW, genutzt werden.
     te Konzepte für eine intermodale Mobilität müssen daher
     praktisch unterstützt werden. Dazu bedarf es einer zen-       Eine Verpflichtung auf Einhaltung von Standards und Nor-
     tralen Koordination, um der Entstehung von regionalen         men im Rahmen eines Gesetzes wird zum jetzigen Zeit-
     Einzellösungen entgegenzuwirken. Die Unterstützung soll       punkt nicht angestrebt. Ziel ist es stattdessen, die um-
     durch geeignete Expert:innen, technische Mittel (wie Soft-    fassende und vollständige Umsetzung von vereinbarten
     warelizenzen) und den Aufbau einer digitalen Wissens-         Standards und Normen durch alle Mobilitätsdienstleister
     plattform und Best-Practice-Datenbank erfolgen. Da die        zu erreichen, zum Beispiel durch konsequente und ver-
     Implementierung auch eine Investition in die Bereitstel-      pflichtende Umsetzung und Anwendung vereinbarter Stan-
     lung standardisierter Dienste bedeutet, sollten Fördermit-    dards und Normen im Rahmen von öffentlichen Ausschrei-
     tel für die technische Umsetzung bereitgestellt werden,       bungen, als Ergebnis von Zugwirkungen direkt am Markt
     um möglichst schnell einen hohen Durchdringungsgrad der       oder durch Ausgestaltung der Bedingungen für die Nutzung
     standardisierten Dienste zu erreichen.                        der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur durch Mobilitätsan-
                                                                   bieter (beispielsweise indem die kostenfreie Nutzung des
     Die Einrichtung zentraler, miteinander verknüpfter Fach-      bewirtschafteten, öffentlichen Parkraums durch Sharing-
     zentren auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene     Fahrzeuge oder die Mitbenutzung von Busspuren durch

14
DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT        AG 3 UND AG 6

Shuttles an die Umsetzung relevanter Normen und Stan-        Als mögliches Nachweismittel der Konformität bietet sich
dards für die Integration in intermodale Mobilitätsplatt-    die Zertifizierung an, bei deren Etablierung auf existieren-
formen geknüpft wird). Sollte sich dieses Mittel als nicht   de Strukturen, welche die Mobilitätsdienstleister hinsicht-
ausreichend zur konsequenten Anwendung von Standards         lich der Einhaltung der Standards und Normen überwachen
und Normen darstellen, ist ein weiterer Regulierungsbe-      und zertifizieren, zurückgegriffen werden sollte.
darf zu prüfen (siehe Handlungsempfehlung Kapitel 2.1).

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

      HANDLUNGSEMPFEHLUNG                                                   VERANTWORTLICH              ZEITHORIZONT

9     Ein Konzept für den Aufbau sowie die organisatorische Umsetzung       Länder, BMVI                Innerhalb
      zur Einrichtung von Fachzentren einschließlich der Abstimmung                                     des nächsten
      mit den relevanten Akteuren soll erarbeitet werden. Die Koordi-                                   Jahres
      nierung soll durch das BMVI erfolgen.

10    Koordinierende Fachzentren sollen aufgebaut oder bestehende           Länder, BMVI                Innerhalb der
      Strukturen erweitert werden, um bei der Lösung regionaler Um-                                     nächsten 1–3
      setzungsprobleme zu unterstützen, insbesondere bei der Umset-                                     Jahre
      zung von Standards und Normen. Existierende Probleme (z. B. un-
      terschiedliche Standards in EU etc.) können hier aufgegriffen und
      dabei gesammelte Erfahrungen in die Entwicklung neuer sowie
      die Erweiterung existierender nationaler/europäischer Normen
      und Standards eingebracht werden. Die Fachzentren sollen auf
      regionaler, nationaler und europäischer Ebene durch Einrichtung
      entsprechender Strukturen miteinander verknüpft werden.

11    Der Austausch zu Best Practices sowie zu Erfahrungen aus Umset-       Länder, BMVI,               Innerhalb
      zung und Betrieb intermodaler Verkehrskonzepte soll fortgeführt       relevante Stakeholder       des nächsten
      und intensiviert werden, z. B. im Rahmen der Initiative Digitale                                  Jahres
      Vernetzung im öffentlichen Personenverkehr.

12    Die Nutzung von Förderprogrammen für den öffentlichen und             Fördermittelgeber           Innerhalb der
      privaten Verkehr soll an die Nutzung sowie Bereitstellung von                                     nächsten 1–2
      standardisierten Diensten geknüpft werden.                                                        Jahre

13    Die bilaterale europäische Zusammenarbeit, insbesondere in            BMVI, Länder                Innerhalb
      Grenzregionen, soll ausgebaut werden, um das Zusammenwach-                                        des nächsten
      sen von Mobilitätsräumen zu unterstützen.                                                         Jahres

14    Ein Zertifizierungssystem für Standards und Normen in der inter-      BMVI                        Innerhalb der
      modalen Mobilität soll aufgebaut werden. Eine hierfür verant-                                     nächsten 2–3
      wortliche Stelle ist zeitnah zu bestimmen.                                                        Jahre

15    Die Umsetzung von vereinbarten Standards und Normen soll bei          BMVI, Länder,               Innerhalb der
      der Ausgestaltung der Bedingungen für die Nutzung der öffent-         Kommunen                    nächsten 2–4
      lichen Verkehrsinfrastruktur durch Mobilitätsanbieter (z. B. Ab-                                  Jahre
      stellen von Sharing-Fahrzeugen, Mitbenutzung von Busspuren,
      Nutzung Ladeinfrastruktur) konsequent berücksichtigt werden.
      Als Nachweismittel bietet sich die Zertifizierung an.

16    Kommunalen Verwaltungen kommt eine Schlüsselrolle bei der             Länder                      Innerhalb der
      Umsetzung der intermodalen Mobilität zu. Anreiz- und Unterstüt-                                   nächsten 1–2
      zungsprogramme sollen initiiert werden.                                                           Jahre

                                                                                                                             15
AG 3 UND AG 6        DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT

      3 AKTUELLE AKTIVITÄTEN ZUR INTERMODALEN
        MOBILITÄT – STATUS QUO VON REGULIERUNG UND
        NORMUNG
     In der Einleitung dieses Berichts wurde bereits darauf                                  langfristig Mindestvorgaben für die Standardisierung und
     hingewiesen, dass es trotz vieler Forschungsprojekte und                                digitale Vernetzung zu verankern.
     Studien als auch vielfacher Aktivitäten privater und öffent-
     licher Mobilitätsanbieter zu intermodaler Mobilität bisher                              Eine weitere Initiative ist das „Bündnis für moderne Mobi-
     nicht gelungen ist, Standards und Normen für die Integ-                                 lität“12. Diese Kooperation zwischen dem Bundesministe-
     ration der verschiedenen Mobilitätsleistungen zu entwi-                                 rium für Verkehr und digitale Infrastruktur, der Verkehrs-
     ckeln und eine breite, flächendeckende Anwendung dieser                                 ministerkonferenz der Länder, dem Deutschen Städtetag,
     zu erreichen. Im Bericht wird folglich dargelegt, welche                                dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städte-
     zentralen Herausforderungen – Schaffung eines gemeinsa-                                 und Gemeindebund adressiert insbesondere die Schnitt-
     men Interesses, Vertrauen durch solide vertragliche Basis,                              stellen zwischen Kommunen, Ländern und Bund. Ein
     Einrichtung unterstützender Fachzentren – gelöst werden                                 wichtiger Arbeitsbereich ist der Ausbau des ÖPNV im städ-
     müssen, damit die Standards und Normen entwickelt und                                   tischen und ländlichen Raum sowie dessen Digitalisierung
     flächendeckend angewendet werden können.                                                und Vernetzung.

     Wichtig ist dabei, die vielfältigen laufenden Aktivitäten                               Das Kooperationsnetzwerk der Bundesländer „DELFI“13
     und Projekte gezielt zu nutzen und zu bündeln, um auf                                   (Durchgängige ELektronische Fahrgast Information) hat
     Basis der Erkenntnisse des Berichts schnelle Fortschritte                               zum Ziel, sowohl den technologischen als auch den orga-
     bei der Umsetzung einer intermodalen Mobilität zu erzie-                                nisatorischen Rahmen für eine einheitliche Routenberech-
     len. Neben diesen Aktivitäten gibt es auch eine Reihe von                               nung im öffentlichen Personenverkehr zu setzen. Mit dem
     regulatorischen Vorgaben und bestehenden Standards                                      deutschlandweiten DELFI-Datensatz soll die Grundlage für
     und Normen, die für die weitere Bearbeitung beachtet                                    zukunftsfähige Informationsdienste im ÖPNV geschaffen
     werden sollten. An dieser Stelle erfolgt daher ein Über-                                werden.
     blick über die wichtigsten aktuellen Aktivitäten zur inter-
     modalen Mobilität als auch zum Status quo von Regulie-                                  Einen wichtigen strategischen Rahmen hat die Bundesre-
     rung und Normung.                                                                       gierung 2021 mit der Veröffentlichung ihrer „Datenstra-
                                                                                             tegie“14 geliefert. Die Strategie umfasst rund 240 Maßnah-
                                                                                             men mit dem Ziel, Dateninfrastrukturen leistungsfähig und
     AKTUELLE AKTIVITÄTEN                                                                    nachhaltig zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise In-
                                                                                             frastrukturmaßnahmen, wie das Projekt Gaia-X15, eine eu-
     Ein wichtiges Projekt ist die Initiative Digitale Vernetzung                            ropaweite Initiative zur Schaffung einer offenen und sou-
     im öffentlichen Personenverkehr. Dieser seit 2015 be-                                   veränen Plattform zur Bereitstellung und zum Austausch
     stehende Dialog- und Stakeholderprozess verfolgt das Ziel,                              von Daten über vernetzte föderale Cloudstrukturen. Dar-
     ein flächendeckendes, diskriminierungsfreies, inter- und                                über hinaus sollen die Rahmenbedingungen gesetzt wer-
     multimodales und vernetztes ÖPV-Angebot über Stadt-                                     den, damit mehr Daten verantwortungsvoll und nachhaltig
     und Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen. Wichtige Mei-                                  genutzt und geteilt werden können. Dazu will die Bundes-
     lensteine der bisherigen Arbeit waren die Veröffentlichung                              regierung mehr Rechtssicherheit schaffen und innovative
     der Roadmap 2.0 „Digitale Vernetzung im ÖPV“ 10 sowie                                   Datenräume anstoßen.
     des „Vernetzungsleitfadens“, 11 der entwickelt wurde, um

     10   https://www.digital-vernetzt-mobil.de/wp-content/uploads/2016/11/Roadmap-2020.pdf.
     11   https://www.digital-vernetzt-mobil.de/wp-content/uploads/2020/12/Vernetzungsleitfaden_Arbeitspapier_V1.0_Stand-201210.pdf.
     12   https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2021/055-scheuer-buendnis-moderne-mobilitaet.html
     13   https://www.delfi.de/
     14   https://www.bundesregierung.de/resource/blob/992814/1845634/f073096a398e59573c7526feaadd43c4/datenstrategie-der-bundesregierung-download-bpa-data.pdf?download=1.
     15   https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/gaia-x.html

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DATEN UND VERNETZUNG – STANDARDS UND NORMEN FÜR INTERMODALE MOBILITÄT                                              AG 3 UND AG 6

Der aktuell entstehende „Datenraum Mobilität“ (DRM)16                                         Richtlinie) legt fest, dass die Mitgliedstaaten der Euro-
ist in diesem Zusammenhang ausdrücklich zu begrüßen,                                          päischen Union, sofern sie intelligente Verkehrssysteme
da dieser mithilfe von einheitlichen Schnittstellen (Kon-                                     einführen, die von der Kommission erlassenen Spezifika-
nektoren) den Datenaustausch künftig erleichtert. Dieser                                      tionen anwenden. Ergänzt wird die IVS-Richtlinie durch
hat die Datensouveränität der Teilnehmenden zum Ziel.                                         die Delegierte Verordnung (EU) 2017/1926 zur Bereitstel-
Durch Anwendung der International Data Space Architek-                                        lung EU-weiter multimodaler Reiseinformationsdienste.
tur können die Teilnehmenden den Datenkatalog der im                                          Die Verordnung legt Mindestanforderungen fest, die der
DRM verfügbaren Daten einsehen. Als dezentrales Daten-                                        Zugänglichkeit, dem Austausch und der Aktualisierung von
netzwerk speichert der DRM keine Daten, die Teilnehmen-                                       standardisierten Reise- und Verkehrsdaten dienen. Sowohl
den rufen die Daten direkt bei der Datenquelle ab. Mittels                                    die IVS-Richtlinie als auch die delegierte Verordnung wer-
standardisiertem, Open-Source basiertem IDS Connector,                                        den derzeit überarbeitet. Die Novellierung soll Ende 2021
können Teilnehmende ihre Daten sicher unter Einhaltung                                        abgeschlossen sein.
der EU-Rechtsprechung austauschen. Der IDS Connector
stellt hierbei einen Rahmen für das Anbieten beziehungs-                                      Seit dem 1. Dezember 2019 sind Verkehrsbehörden, Ver-
weise das Generieren von Services dar. Dennoch besteht                                        kehrsbetreiber, Infrastrukturbetreiber und Anbieter nach-
der Bedarf zur Einigung auf einheitlich anzuwendende                                          frageorientierter Verkehrsangebote verpflichtet, Reise-
Standards und Normen auch innerhalb des DRM-Rahmens.                                          und Verkehrsdaten über einen Nationalen Zugangspunkt
Zur Sicherung der Qualität und Stabilität des DRM werden                                      (National Access Point – NAP) zugänglich zu machen. Damit
Konnektoren und Teilnehmende durch eine neutrale Stelle                                       wird das Ziel verfolgt, die grenzüberschreitende EU-wei-
zertifiziert.                                                                                 te Versorgung Reisender mit multimodalen, hochwertigen
                                                                                              und durchgängigen Reiseinformationen vor und während
Auf europäischer Ebene laufen ebenfalls eine Reihe re-                                        der kompletten Reise zu gewährleisten. Die Rolle des NAP
levanter Aktivitäten. Dazu zählt das EU-Projekt Data4PT                                       in Deutschland übernimmt der „Mobilitäts Daten Markt-
17
  , das den Datenaustausch im ÖV durch die Entwicklung                                        platz“ (MDM) 20, betrieben von der Bundesanstalt für Stra-
harmonisierter Datenaustauschformate unterstützt, um                                          ßenwesen (BASt).
die Anforderungen multimodaler Reiseinformationsdiens-
te zu erfüllen. Ebenfalls von Bedeutung ist das Projekt                                       Im Rahmen ihrer Datenstrategie hat die EU-Kommissi-
„EU-Spirit“ 18, ein grenzüberschreitender Reiseinforma­                                       on zusätzlich neue Vorschriften für die Daten-Governan-
tionsdienst für Kund:innen des öffentlichen Verkehrs. Es                                      ce 21 vorgeschlagen. Die Verordnung soll den unionsweiten
basiert auf bestehenden lokalen, regionalen und natio-                                        Datenaustausch, aber auch den Datenaustausch zwischen
nalen Reiseinformationssystemen, die über technische                                          den Sektoren erleichtern und eine neue Grundlage für die
Schnittstellen miteinander verknüpft sind. Die europawei-                                     europäische Daten-Governance schaffen. Weitere aktuelle
te Interessenplattform „Mobility as a Service Alliance“ 19                                    EU-Gesetzesvorhaben sind das „Gesetz für digitale Diens-
fördert die Integration von öffentlichen und privaten Ver-                                    te“ 22 sowie „Gesetz über digitale Märkte“ 23.
kehrsangeboten und setzt sich für die Schaffung von ein-
heitlichen Standards ein. Eine europäische Expertengruppe
behandelt zusätzlich das Thema „Multimodal Travel In-                                         STANDARDISIERUNG UND NORMUNG
formation Services“ (MMTIS). Von deutscher Seite ist das
BMVI an diesem Gremium beteiligt.                                                             Die Gremienlandschaft im Kontext der intermodalen Mo-
                                                                                              bilität ist äußerst vielfältig und spiegelt die Komplexität
                                                                                              des Themas wider. Standards und Normen entstehen durch
REGULATORISCHE VORGABEN                                                                       die Arbeit verschiedener Organisationen auf internationa-
                                                                                              ler, europäischer und nationaler Ebene. Abbildung 2 zeigt
Die Richtlinie 2010/40/EU zum Rahmen für die Einführung                                       beispielhaft, welche Organisationen und Gremien an der
Intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für                                       Erarbeitung beteiligt sind. Beispielhaft hervorzuheben ist
deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (IVS-                                         das Gemeinschaftskomitee von DIN und DKE als deutsches

16   https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Publikationen/DG/multimodale-reisefunktionen-flyer.html
17   https://data4pt-project.eu/.
18   https://eu-spirit.eu/.
19   https://maas-alliance.eu/.
20   https://www.mdm-portal.de/.
21   https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/proposal-regulation-european-data-governance-data-governance-act.
22   https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/digital-services-act-ensuring-safe-and-accountable-online-environment_de#documents.
23   https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/digital-markets-act-ensuring-fair-and-open-digital-markets_de.

                                                                                                                                                                                     17
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