DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz

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DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
DER FUTTERMITTEL-
SCHWINDEL
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Editorial

                                                                                                           «Schweizer Fleisch»?
Impressum
                                                                                                           Rund 500 Kilogramm pflanzliche Nahrungsmittel verbraucht die Schweizer Be-
Die Inhalte dieser Broschüre beruhen im Wesentlichen auf der
Publikation von Priska Baur und Patricia Krayer: Futtermittel                                              völkerung pro Kopf und pro Jahr. Pro Person wird aber gleichzeitig noch einmal
Schweiz – Eine Studie im Auftrag von Greenpeace Schweiz.                                                   diese Menge an Kraftfutter eingesetzt, um alle Nutztiere zu ernähren, die uns
ZHAW Institut für Umwelt und natürliche Ressourcen,
Wädenswil, 2021                                                                                            Fleisch, Milch und Eier liefern.
Die Recherche basiert auf zwei Hauptquellen: Statistiken und
Schätzungen der Statistikabteilung des Schweizer Bauernver-                                                Der Einsatz des Kraftfutters stellt ein massives ökologisches Problem dar. Zu-
bandes Agristat sowie Primärdaten aus der Swissimpex-Daten-                                                dem ist es moralisch bedenklich, denn ein grosser Teil davon könnte direkt von
bank der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV).
                                                                                                           uns Menschen gegessen werden. Das gilt für Getreidearten wie Weizen, Mais,
Zusätzlich wurden vor allem folgende Datenbanken genutzt:
Eurostat, FAOSTAT der Food and Agriculture Organisation                                                    Reis, Hafer und Gerste, aber auch für Soja.
(FAO), PSD des United States Department of Agriculture
(USDA), United Soybean Board (USB), Conab des brasiliani-
schen landwirtschaftlichen Informationsdienstes, Censo Agro-
                                                                                                           Greenpeace liess die verschlungenen Wege der Futtermittel von der Zürcher
pecuario der brasilianischen Geodaten- und Statistikbehörde,                                               Hochschule für Angewandte Wissenschaften analysieren. Diese Broschüre ba-
trase.earth und die Nährwertdatenbank des Bundesamtes für
Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Die Abschät-
                                                                                                           siert auf der umfassenden Studie und legt Zahlen auf den Tisch.
zung der Umweltfolgen basiert auf dem SOL-Modell, das am
Forschungsinstitut für Biologischen Landbau entwickelt wurde.                                              Die Fakten zeigen, dass Agrar- und Fleischlobby und die Politik die Realität
Herausgeberin: Greenpeace Schweiz                                                                          massiv beschönigen. So ist die mit Steuermillionen geförderte Marke «Schweizer
Projektleitung: Alexandra Gavilano, Greenpeace                                                             Fleisch» ein Etikettenschwindel. Denn die Fleischproduktion ist hochgradig
Redaktion: Sinnform AG, Basel                                                                              abhängig von importiertem Kraftfutter. Die Schweiz hat schlicht zu wenig Acker-
Gestaltung: Franziska Neugebauer, Greenpeace                                                               flächen, um ihren zu hohen Tierbestand zu unterhalten.
Bezug: www.greenpeace.ch/futtermittel
                                                                                                           Die Futtermittelstudie belegt: Die wohlklingenden Worte in den bisherigen Ag-
Klimaneutraler Druck auf 100% Recyclingpapier
                                                                                                           rarstrategien taugen nichts – es braucht endlich einen echten Wandel zu mehr
                                                                                                           Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. Und die Zahlen zeigen, dass auch eine
Bildnachweis: S.1 Jonas Wresch / Greenpeace, S. 2/3 Tier im
Fokus (TIF), S. 4/5 Hannes Blaser, S. 8 Fred Dott / Green-
                                                                                                           menschen- und tiergerechtere Produktion genügend Nahrung liefert, um uns
peace, S. 9 Sonja Och, Greenpeace, S. 10/12/13/14/15 Han-                                                  alle gesund zu ernähren.
nes Blaser, S.16/17 Victor Moriyama / Greenpeace, S.18/19
Lucas Wahl / Greenpeace, S.20/21 Hannes Blaser, S. 21 oben
rechts Theophile Trossat / Greenpeace, S.22 Das Bild, S.23                                                 Die Wende gelingt indes nur, wenn wir als Konsumenten und Konsumentinnen
oben Elsa Palito / Greenpeace, unten Shujin Liu / Greenpeace.                                              mitmachen. Das heisst vor allem, weniger Fleisch, Milchprodukte, Käse und Eier
Die Erstellung dieser Broschüre wurde durch die Stiftung für
nachhaltige Landwirtschaft unterstützt.
                                                                Hauptsache Fleisch.                        zu essen. Und diese umso bewusster zu geniessen.
                                                                Auch in der Schweiz vegetieren Millionen
© Greenpeace Schweiz, Februar 2021
                                                                von Küken unter schlimmsten Bedingungen.
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Futtermittelsystem
                                                                                                                                                      Anbau von Ackerkulturen für die Ernährung                                                     Die Sache mit dem

Auf Biegen und Brechen                                                                                                                                von Menschen und Tieren                                                                       Selbstversorgungsgrad

                                                                                                                                                                                                                                                    Der Selbstversorgungsgrad
Die Schweizer Landwirtschaft setzt voll auf die Produktion von Fleisch, Eier                                                                                    FG                    MA     KL                                                     ist ein politischer Zielwert
und Milch. Um die Nutztiere zu ernähren und zu mästen, reichen unsere                                                                                                         Ackerkulturen für Ernährung Tiere                                     aus dem vergangenen Jahr-
                                                                                                                                                                              (Total 115 000 ha)                                                    hundert, der aber das Den-
Wiesen und Weiden sowie landwirtschaftliche Reste nicht aus. Das Geschäft
                                                                                                                                                                                                                                                    ken in der Landwirtschaft
mit Tierfutter blüht.                                                                                                                                                BG               KA GM ZR        RA SB                                         bis heute prägt. Es ist eine
                                                                                                                                                                                                                                                    hypothetische Prozentzahl,
                                                                                                                                                                                      Ackerkulturen für Ernährung Menschen
                                                                                                                                                                                      (Total 152 000 ha)                                            welche die Gesamtmenge
                                                                                                                                                                                                                                                    der hierzulande produzier-
                                                                                                                                                                                                                                                    ten Kalorien ins Verhältnis
                                                                                                                                                      0              50 000            100 000          150 000          200 000
In den agrarpolitischen Papieren der letzten     Schweine und Geflügel, aber auch die Hoch-                                                                                                                                                         setzt mit jenen Kalorien, die
Jahre sind die Wörter «ökologisch» und «nach-    leistungstiere in der Milchproduktion und in                                                             Brotgetreide (BG)            Kartoffeln (KA) 		                Freilandgemüse (GM)        insgesamt in der Schweiz
haltig» oft zu lesen. Tatsächlich bestimmt       der intensiven Rindermast, brauchen jedoch                                                               Zuckerrüben (ZR)             Raps (RA)		                       Sonnenblumen (SB)          verbraucht werden.
jedoch weiterhin das Streben nach hohen Er-      Kraftfutter vom Acker. Es ist reich an Energie                                                           Futtergetreide (FG)          Silo- und Grünmais (MA)           Körnerleguminosen* (KL)

trägen das Geschehen auf den Feldern und         und Eiweissen, die das Wachstum fördern.                                                                                                                                                           Obwohl der Selbstversor-
in den Ställen.                                                                                                                                                                                                                                     gungsgrad nichts über die
                                                 Kraftfutter kommt zu mehr als 50 Prozent aus                                                                                                                                                       Versorgungssicherheit des
Die Schweizer Landwirtschaft setzt noch          dem Ausland. Es wird in Form von Agrar-                                                                                                                                                            Landes aussagt, verfolgt die
immer mehrheitlich auf die Tierproduktion.       rohstoffen wie Weizen und Soja in die Schweiz                                                                                                                                                      Agrarpolitik bis heute das
Alles in allem beansprucht die Nutztierhaltung   importiert und von Futtermühlen zu einer                                                             Futtermittel Schweiz                                                                          Ziel, ihn hochzuhalten. Die
86 Prozent der Landwirtschaftsflächen.           Vielfalt von art- und leistungsspezifischen                                                          in Prozent                                                                                    Folge davon sind ökono-
Besonders die Milchproduktion und die Rind-      Mischfuttern verarbeitet.                                                                                                                                                                          mische sowie ökologische
viehhaltung haben Tradition in unserem                                                                                                                            45%                             55%
                                                                                                                                                                                                                           Kraftfutter              Fehlentwicklungen.
                                                                                                                                                                                                                           (100% = 1.9 Mio. t TS)
gebirgsreichen Land mit ausgedehnten Wiesen      Um alle Tiere zu ernähren, setzen die Tierhalter
und Weiden.                                      gemäss Agrarstatistik insgesamt pro Jahr rund                                                                                                                                                      Die Schweizer Landwirt-
                                                 25 Millionen Tonnen Raufutter und 4 Millionen                                                                                    96%                               4%
                                                                                                                                                                                                                           Raufutter                schaft ist ohnehin seit
                                                                                                                                                                                                                           (100% = 6.0 Mio. t TS)
Wiederkäuer wie Rinder ernähren sich             Tonnen Kraftfutter ein.                                                                                                                                                                            mehreren Generationen
mehrheitlich von sogenanntem Raufutter.                                                                                                                                                                                                             nicht mehr in der Lage, die
Als Raufutter gelten Gräser, Klee und Kräuter,   Die Produktion und Verarbeitung von                                                                                                                                       Futtermittel total       Bevölkerung zu ernähren.
                                                                                                                                                                                84%                           16%          (100% = 7.9 Mio. t TS)
die auf Weiden und Wiesen wachsen sowie          tierischen Produkten und der Handel sind ein
Silo- und Grünmais auf Ackerland. Fast           Milliardengeschäft. In der Schweiz wird es
100 Prozent des Raufutters stammen aus           von wenigen Grossunternehmen dominiert.
                                                                                                    Schweine in der Schweiz.                          0%         20%            40%        60%          80%       100%
dem Inland.                                      Die grössten sind die Mischkonzerne Coop
                                                                                                    Schweine können kein Raufutter verdauen und
                                                 und Migros und die weniger bekannte Fenaco.                                                              aus Inlandproduktion         aus Importen
                                                                                                    fressen darum viel Kraftfutter aus dem Ausland.
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Futtermittelsystem Schweiz

                                                                                          KLIMA
                                                                                                                                               16% Import

                                           LUFT
                                                  Ammoniak
                                                                                                   Methan
                                                                                                               Tiere und

                                                                                                                                               Futtermittel
                                                                                                               deren Produkte
                                    Kraftfutter

                       Masthallen                                                                                      INDUSTRIE
                                                                                                                       UND HANDEL
                                                         Nutztierhaltung
                                              LANDWIRTSCHAFT
                                                                                                                                               Futtermittel als Trockensubstanz = 54.99% Kraftfutter
                                                         Futtermittelanbau
                                                                                                                                               Pflanzlicher Ursprung:
                                                                                                                  Schlachtung und
   VERARBEITUNG
                                                                                                   Raufutter      Verarbeitung                 – 50% Getreide / Körner
   UND HANDEL
                                                                                                                                               – 100% (Bruch-)reis aus Brasilien
                                                                                                                                    Fleisch,
                                       Kraftfutter                                                                                             – 41.06% getrocknete Hülsenfrüchte (Soja)
                                                                                        Schwermetalle                               Milch,
                                                                                                                                    Eier       – 100 % Zucker
                                                              Nitrat                                                                           – 100 % pflanzliche Fette und Öle
      Kraftfutter                                                                      Pestizide                KONSUM
                                                                                                                                               – 29.12 % verarbeitetes Grünfutter
                                                                                                                                               – 100 % Maniok (Tapioka)
                                                                                                                                               – 98.36 % andere Produkte (Soja)

                                                                                                   BODEN
                                                     WASSER

                                                                       BIODIVERSITÄT

           Futtermittelanbau
           im Ausland
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Umweltfolgen
                                                                                                                                                                Umweltprobleme durch
Doppelt schlecht fürs Klima                                                                                                                                     die Tierhaltung

                                                                                                                                                                Weltweit trägt die Fleisch-
Die intensive Landwirtschaft verschmutzt Luft, Gewässer und Böden. Sie                                                                                          und Milchproduktion
beeinträchtigt die Artenvielfalt und befeuert die Klimaerhitzung. Besonders                                                                                     bereits heute so stark zum
                                                                                                                                                                Klimawandel bei wie
schädlich ist die Tierhaltung, auch wegen der Futtermittelimporte.
                                                                                                                                                                der Verkehr. Wenn wir nichts
                                                                                                                                                                ändern, werden die Treib-
                                                                                                                                                                hausgasemissionen aus dem
                                                                                                                                                                Nahrungsmittelsystem bis
Mehr als ein Viertel der Umweltbelastungen       Weitere rund 200 000 Hektar Ackerflächen                                                                       2050 mehr als die Hälfte der
in unserem Land hängt mit der Ernährung          benötigt die Schweizer Tierproduktion für                                                                      gesamten globalen Emi-
zusammen. Die vom Bund gesetzten Umwelt-         den Anbau der importierten Futtermittel im                                                                     ssionen im Zusammenhang
ziele verfehlt die Landwirtschaft seit Jahren.   Ausland. Und diese Importe haben einen                                                                         mit menschlichen Aktivi-
Trotz milliardenschwerer Direktzahlungen         doppelten Einfluss auf die Umwelt: Einerseits                                                                  täten ausmachen.
schwindet die biologische Vielfalt. Ausserdem    verursachen sie Emissionen im Herstellungs-
gelangen viel zu viele Düngemittel und Pesti-    land. Andererseits erlauben sie, in der Schweiz                                                                – Anheizung des Klimas
zide in Gewässer, Luft und Boden.                mehr Tiere zu halten, wodurch die ökologi-                                                                        durch Treibhausgase
                                                 schen Belastungen auch hier höher ausfallen.                                                                      Methan, Lachgas und CO2
Einen besonders grossen ökologischen
Fussabdruck hinterlässt die Tierhaltung. Die     Gemäss Modellrechnungen des Forschungs-                                                                        – Überdüngung ökologisch
Produktion von Fleisch und Milch verur-          instituts für biologischen Landbau sind mit                                                                       wertvoller Ökosysteme
sacht Treibhausgase, trägt zur Überdüngung       der Schweizer Landwirtschaft jährliche Klima-                                                                     durch Ammoniak
bei und braucht viel mehr Fläche und Ener-       emissionen verbunden, die über 8,5 Millionen
gie als die Produktion von Getreide, Hülsen-     Tonnen Kohlendioxid entsprechen. In dieser                                                                     –Ü
                                                                                                                                                                  berdüngung der Gewässer
früchten, Gemüse und vielen anderen              Zahl eingeschlossen ist auch die Futtermittel-                                                                  durch Phosphate
pflanzlichen Nahrungsmitteln.                    produktion Ausland.
                                                                                                                                                                – Verunreinigung des Trink-
Futtermittel tragen entscheidend zur mise-       Die Berechnungen zeigen auch, dass in der                                                                        wassers durch Nitrate und
rablen Ökobilanz der Tierhaltung bei:            Schweizer Landwirtschaft jedes Jahr rund                                                                         Pestizide und ihre Abbau-
Rund 400 000 Hektar Ackerland gibt es in der     100 0000 Tonnen Stickstoffüberschüsse ent-                                                                       produkte
Schweiz. Fast die Hälfte dieser wertvollen       stehen. Die Futtermittelimporte tragen
Fläche, 43 Prozent, dient dem Anbau von          einen Viertel dazu bei. Stickstoffverbindungen                                     Gülleflut.                  – Bodenbelastung durch
Tierfutter wie Futtergetreide, Silo- und         sind verantwortlich für die Überdüngung           Muttermilch.                     Unsere hohen Tierbestände      Schwermetalle wie Blei und
                                                                                                   Der Konsum von Milchprodukten    sind die Hauptursache für
Grünmais sowie eiweissreichen Erbsen, Soja       von Böden und Gewässern, aber auch für die                                                                        Cadmium.
                                                                                                   wird auf Kosten von Tier-        die Überdüngung von Boden
und Ackerbohnen.                                 Luftverschmutzung und Klimaerhitzung.                                              und Gewässern
                                                                                                   wohl und Umwelt vorangetrieben
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Kühe und das Klima                                            Folgen Futtermittelimporte für Stickstoff-
                                                                                                        bilanz und Treibhausgasemissionen

                                                                                                                                                                                         Stickstoffbilanz
                                                                                                                         50 873                               26 830             8 897
                                                                                                                                                                                         (100% = 86 600 t N)
                                          Wiederkäuer haben einen mehrteiligen Magen, der es
                                          ihnen ermöglicht, Raufutter – pflanzliche Nahrung wie
                                          Gräser, Kräuter und Blätter – zu nutzen, die für Säugetiere
                                          mit nur einem Magen nicht verdaulich sind. Zu den
                                          Wiederkäuern zählen neben den Rindern auch Schafe,                                                                                             Treibhausgasemissionen
                                                                                                                         5 057 769               1152 578              2 301 530
                                          Ziegen und Hirsche.                                                                                                                            (100% = 8 511 877 t CO2-eq.)

                                          In Ruhephasen würgen Wiederkäuer die vorverdaute              0%        20%                40%         60%               80%              100%
                                          Nahrung hoch und zerkauen sie nochmals, um sie erneut
                                          zu verschlucken und endgültig zu verdauen. Beim                Import- unabhängige Emissionen CH

                                          Verdauungsprozess entstehen Klimagase wie Kohlendioxid         Import- abhängige Emissionen CH
                                          und Methan, die die Tiere an die Umwelt abgeben.               Emissionen in Ursprungslänern

                                          Bedeutend für die Klimabilanz sind indes nicht allein die
                                          direkten Emissionen der Wiederkäuer, sondern auch in-
                                          direkte. So entsteht durch das Ausbringen von Hofdünger
                                                                                                        Verdauungsapparat der Kuh
                                          auf Wiesen und Äcker das stickstoffhaltige Lachgas, des-
                                          sen Treibhauspotenzial über zweihundert Mal stärker ist als                                                                                       Methan
                                          jenes von CO2.
                                                                                                                    Ammoniak- Verflüchtung
                                          Unter dem Strich erzeugen die Schweizer Nutztiere be-                     bei Düngung
                                          trächtliche Mengen von Treibhausgasen: Auf sie gehen
                                          gemäss Modellrechnungen insgesamt 4,5 Millionen Tonnen                                                              3                             1. Gebiss
                                                                                                                            10                                           2
                                          CO2-Äquivalente zurück. Zum Vergleich: Laut Treibhaus-                                                                             1              2. Zunge
                                                                                                                                      8      4
                                          gasinventar des Bundesamts für Umwelt von 2018 betra-                     11                            6
                                                                                                                                                          5                                 3. Schlund
                                          gen die gesamten Klimagasemissionen auf dem Gebiet der                                                                                            4. Pansen
                                                                                                                                                      7
                                                                                                                                                                                            5. Netzmagen
                                          Schweiz 46 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.                                               9
                                                                                                                                                                                            6. Blättermagen
                                                                                                                                                                                            7. Labmagen
                                          Eine Reduktion der Tierbestände in der Schweiz leistet                                                                                            8. Dünndarm
Effiziente Kühe.                          natürlich nur dann einen Beitrag zum Klimaschutz, wenn                                                                                            9. Blinddarm
Rinder können von Gras und Heu leben.     die Produktion nicht an einen anderen Ort verlagert wird,                                                                                        10. Dickdarm
Eigentlich perfekt für die Schweizer                                                                                                                                                       11. Blase
                                          indem die Konsumentinnen und Konsumenten mehr
Landwirtschaft. Aber die hohen Bestände
                                          Fleisch aus dem Ausland kaufen.                                          organischer Dünger
schaden dem Klima.
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Importwirtschaft                                                                                                                                 Futter aus Inlandproduktion bzw. Import
                                                                                                                                                 Eiweiss im Futter, in Tonnen
                                                                                                                                                                                                                                            Amtlich bewilligte

Das grosse Fressen über den Zaun                                                                                                                   18 987                          587 230
                                                                                                                                                                                                                                            Täuschung

                                                                                                                                                                    6.4%                     15.5%
                                                                                                                                                                                                                                            Die sogenannten «Nebener-
Die Schweiz verfügt über zu wenige fruchtbare Flächen, um ihren enormen                                                                                                                                                                     zeugnisse der Ölherstellung
Tierbestand zu versorgen. Futtergetreide und anderes wichtiges Kraft-                                                                                               93.6%                    84.5%                                          (Ölkuchen)» in der offiziel-
                                                                                                                                                                                                                                            len Futtermittelbilanz sind
futter wird daher massgeblich aus dem Ausland beschafft und konkurrenziert
                                                                                                                                                                                                                                            für die Tierproduktion von
die menschliche Ernährung.                                                                                                                                                                                                                  zentraler Bedeutung, denn
                                                                                                                                                                                                                                            hier geht es um Eiweiss-
                                                                                                                                                                                                                                            futter, das in der Schweiz
                                                                                                                                                  133 919                           75 635
                                                                                                                                                                                                                                            besonders knapp ist. Das
                                                                                                                                                                    39.3%                     16.5%                                         wichtigste Futtermittel in
Rund 15 Millionen Nutztiere gibt es gemäss         Hauptanteil in der Kategorie Ölsaaten/-                                                                                                                                                  dieser Kategorie ist mit
                                                                                                                                                                    60.7%                     83. 5%
offizieller Statistik in der Schweiz. Unser Land   kuchen bilden gemäss Statistik «Ölkuchen und                                                                                                                                             einem geschätzten Anteil
verfügt jedoch über zu wenig Ackerflächen,         andere feste Rückstände aus der Gewinnung                                                                                                                       Inlandanteil
                                                                                                                                                                                                                                            von 70 bis 80 Prozent Soja-
um diesen hohen Tierbestand selbst zu versor-      von Sojaöl». Die Bezeichnung «Rückstände» ist                                                                                                                   Importanteil             extraktionsschrot/-kuchen.
gen. Ein grosser Teil der Futtermittel stammt      allerdings höchst irreführend, da Sojaeiweiss-                                                                                                                                           Weiter zählen dazu auch
daher aus dem Ausland. Seit 1995 haben die         futter eigentlich das Hauptprodukt der Soja-                                                                                                                                             Raps- und Sonnenblumen-
Einfuhren stark zugenommen und sich auf            verarbeitung ist (siehe Textbox).                                                             Der Agrarriese FENACO                                                                      extraktionsschrot.
hohem Niveau stabilisiert.
                                                   Für die Schweizer Tierproduktion ist Soja                                                                                                            Visavis                             Während Raps- und
In den letzten Jahren wurden im Durch-             enorm wichtig: Zu den rund 3000 im Inland                                                                     22.4%                                                             Volg-    Sonnenblumenextraktions-
                                                                                                                                                                 Energie                                                          Gruppe
schnitt 1,4 Millionen Tonnen Futtermittel          geernteten Tonnen wurden in den letzten Jahren                                                AGROLA AG                                                                                  schrot tatsächlich Neben-
importiert. Die zwei hauptsächlichen Katego-       im Mittel 268 000 Tonnen Sojaeiweissfutter
                                                                                                                                                 (Tankstellen)                                                29.1%                         produkte der Herstellung
                                                                                                                                                                                                                   Detail-
rien sind 480 000 Tonnen energiereiches            jährlich importiert. 38 Prozent dieser Menge                                                                                                                    handel                   von Raps- und Sonnenblu-
Futtergetreide und 350 000 sogenannte Öl-          stammen nach Angaben der Zollverwaltung                                                                                           FENACO                                        Landi    menöl für die menschliche
saaten/-kuchen, die viele Eiweisse enthal-         aus Brasilien. Weitere 24 Prozent kommen aus                                                                                                                                             Ernährung sind, gilt dies
ten. Als Ölsaaten bezeichnen Fachleute Kul-        Russland und 16 Prozent aus Italien.                                                                                                                                                     nicht für Soja. Sojaextrakti-
turpflanzen wie Sonnenblumen und Raps,                                                                                                                                                            Ramseier
                                                                                                                                                                                                                                            onsschrot/-kuchen sind das
                                                                                                                                                        UFA AG
aus denen sich Öle pressen lassen.                 Gemäss dem Soja Netzwerk Schweiz stam-                                                             (Futtermittel-            Landor            Suisse AG                                 Hauptprodukt des Futter-
                                                                                                                                                       produktion)             (Dünger)          (Elmer Citro,                  Ernst
                                                   men sogar 50 Prozent des Sojaeiweissfutter                                                                                                    Apfelsaft etc.)              Sutter AG
                                                                                                                                                                                                                                            sojaanbaus, und Sojaöl das
Das wichtigste importierte Futtergetreide          aus Brasilien. Dies hängt damit zusammen,                                                                                                                                 (Fleischver-   Nebenprodukt. Die Be-
                                                                                                                                                                    27.6%                                   19.0%              arbeiter)
ist Weizen, gefolgt von Körnermais, Bruchreis,     dass als Ursprungsland nicht nur das Land                                                                                                                                                zeichnung «Nebenerzeug-
Hafer und Gerste. Vier Fünftel der einge-          gilt, in dem die Kultur angebaut wurde, sondern   Volle Silos.                                                      Agrar                              Lebens-
                                                                                                                                                                                                           mittel-                          nisse der Ölherstellung» ist
                                                                                                                                                  ANICOM AG
                                                                                                     Fenaco ist ein marktmächtiger Player im                                                    Granador industrie
                                                                                                                                                                                                                    Frigemo
führten Menge stammt aus Frankreich und            auch das Land, in dem die letzten wesentlichen                                                (Nutztierhandel)        Sercor                                    (Nahrungs-               im Fall von Soja-Eiweissfut-
                                                                                                     Schweizer Futtermittelhandel. In solchen                            (Land-                Holding AG
                                                                                                                                                                                                                               mittel)
Deutschland.                                       Verarbeitungsschritte durchgeführt wurden.        Silos lagert das Unternehmen Kraftfutter.                          technik)                                                            ter schlicht falsch.
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Soja-Boom                                                                                                                                                Globale Sojaproduktion nach Endkonsum
                                                                                                                                                         Darstellung basierend auf Modellrechnung
                                                                                                                                                                                                                                                                 Wahnwitzige

Perlen vor die Hühner                                                                                                                                                                                                                                            Pouletmast

                                                                                                                                                                                    Ganze Bohnen (13%)                                                           Der wichtigste Treiber des
Weltweit wuchern Soja-Anbauflächen auf Kosten der Natur. Doch die                                                                                                                                                                        Nahrungsmittel (19%)
                                                                                                                                                                                                                                                                 globalen Sojaanbaus ist die
wertvolle Ernte landet zu drei Vierteln in den Futtertrögen. Der                                                                                                                                             Sojaöl (16%)
                                                                                                                                                                                                                                                                 stark zunehmende Hühner-
                                                                                                                                                                                                                                                                 haltung. In der Schweiz
Soja-Import der Schweiz ermöglicht die Haltung und Schlachtung von
                                                                                                                                                                                                                                                Geflügel (35%)   ist Poulet inzwischen die
über 70 Millionen Poulets pro Jahr.                                                                                                                                                                                                                              einzige Fleischsparte, die
                                                                                                                                                                                                                                                                 wächst – und zwar rasant.
                                                                                                                                                          Produktion Total (100%)                                        Futter (74%)
                                                                                                                                                                                                                                                                 2019 endeten hierzulande
                                                                                                                                                                                    Verarbeitung (87%)                                                           73 Millionen Hühner im
                                                                                                                                                                                                                                             Schweine (19.5%)
                                                                                                                                                                                                             Sojamehl (68%)                                      Schlachthof. Fatalerweise
Soja ist eine der wichtigsten Nutzpflanzen           von Soja konkurrenziert somit direkt die Ver-                                                                                                                                                               treibt die Umweltdebatte
                                                                                                                                                                                                                                             Aquakultur (5.5%)
und wird auf rund 6 Prozent der weltweiten           wendung als Nahrungsmittel für Menschen.                                                                                                                                                                    diesen Pouletmast-Wahn-
Landwirtschaftsfläche angebaut. Die geringen                                                                                                                                                                                              Futter Weitere (14%)   sinn noch voran, denn das
Produktionskosten sowie ihre günstige Zu-            Gemäss den neuesten Zahlen des United                                                                                                                                                                       Hühnerfleisch gilt als gesun-
sammensetzung mit hohen Eiweissgehalten              Soybean Board USB wird weltweit über die                                                                                                                         Industrie (4%)            Biodiesel (3%)   de und «klimafreundliche»
                                                                                                                                                                                                                                        Industrie Weitere (1%)
prädestiniert die Saat für eine vielseitige Ver-     Hälfte des Sojaeiweissfutters in der Geflügel-                                                                                                                                                              Alternative zu Rindfleisch.
wendung.                                             produktion eingesetzt. 29 Prozent gelangen
                                                     in die Schweinemast und 7 Prozent in Aqua-                                                                                                                                                                  Die überbordende Poulet-
Die globale Produktion von Soja – und                kulturen.                                                                                           Verteilung Soja auf Tierarten                                                                           mast ist auch ein Bei-
der Handel damit – ist in den vergangenen                                                                                                                                                                                                                        spiel dafür, dass nicht die
                                                                                                                                                                                                  2.37%                                100% = 268 392 t
Jahren exponentiell gewachsen. 2018                  Auch in der Schweiz steigt der Anteil Soja,                                                                                                                                       Soja im Mischfutter
                                                                                                                                                                                                                                                                 Schweizer Landwirtschaft
wurden rund 350 Millionen Tonnen Soja-               der an Geflügel verfüttert wird. Am meisten                                                         Sonstige Zwecke                                                                                         insgesamt von den Futter-
bohnen geerntet. Die USA, Brasilien und              Soja geht aber immer noch an Rindvieh, weil                                                                                                                                                                 mittelimporten profitiert,
Argentinien erzeugen zusammen 80 Prozent             hierzulande die Milchproduktion von grösster                                                        Schweine                                            27.73%
                                                                                                                                                                                                                                                                 sondern nur ein sehr kleiner
der weltweiten Produktion. Rund die                  Bedeutung ist und Hochleistungsrassen ge-                                                                                                                                                                   Teil der Betriebe sowie eini-
Hälfte der Ernte gelangt in den internatio-          züchtet werden, die auf eiweissreiches Kraft-                                                                                                                                                               ge vor- und nachgelagerte
nalen Handel, die andere Hälfte verwer-              futter angewiesen sind.                                                                                                                                                                                     Unternehmen. Die Aus-
                                                                                                                                                         Rindvieh                      40.28%
ten die Anbauländer selber.                                                                                                                                                                                                                                      dehnung der Pouletmast ist
                                                     Seit 1995 haben sich die Sojaimporte der                                                                                                                                                                    unter dem Strich eine Fehl-
Die Sojabohne ist ein ernährungsphysio-              Schweiz nahezu versechsfacht. 2019 gelang-                                                                                                                                                                  entwicklung mit wenigen
logisch wertvolles Nahrungsmittel und wurde          ten 265 000 Tonnen Sojaextraktionsschrot und                                                                                                                                                                Gewinnern und sehr vielen
                                                                                                                                                         Geflügel                                   29.62%
in Asien ursprünglich für die menschliche Er-        9 000 Tonnen ganze oder geschrotete Bohnen                                                                                                                                                                  Verlierern.
                                                                                                      Industrielle Pouletmast.
nährung kultiviert. Trotzdem enden heute drei        ins Land. Dies entspricht einer Erntemenge
                                                                                                      Die wenige Tage alten Mastküken picken
Viertel der Ernte als Tierfutter. Die Verfütterung   von rund 340 000 Tonnen Sojabohnen.              hauptsächlich Import-Futtermittel auf Sojabasis.
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Spurensuche                                                                                                                                           Brasilianische Landwirtschaft
                                                                                                                                                      Agrarstrukturen in Brasilien: Anzahl Betriebe und Fläche
Verantwortung ist ein dehnbarer Begriff
                                                                                                                                                                                                                    56%
                                                                                                                                                           500+ ha
Das meiste Soja, das die Schweizer Nutztierwirtschaft verbraucht, stammt                                                                                                2%                                                                                        B
                                                                                                                                                                                                                                                                   etriebsfläche
                                                                                                                                                                                                                                                                  (334 Millionen ha)
aus Brasilien. Dort wächst es in Monokulturen von gewaltigen Ausmassen.                                                                               100-500+ ha
                                                                                                                                                                             7%
                                                                                                                                                                                        23%
                                                                                                                                                                                                                                                                   Anzahl Landwirtschaftsbetriebe
                                                                                                                                                                                                                                                                  (5,2 Millionen)
Der intensive Anbau hinterlässt drastische Spuren in artenreichen Gebieten.                                                                                                           16%
                                                                                                                                                       20-100+ ha
                                                                                                                                                                                            24%

                                                                                                                                                                            5%
DER FUTTERMITTEL-SCHWINDEL - Greenpeace Schweiz
Absatzförderung                                                                                                                                    Absatzförderung von tierischen und pflanzlichen
                                                                                                                                                                                                                                           Wie viele Nutztiere gibt
                                                                                                                                                   Produkten
Schönfärberei auf unsere Kosten                                                                                                                                                                                                            es eigentlich?

                                                                                                                                                                                                                                           Der Tierbestand in der
Fleisch und Milch über alles – dieses Denken beherrscht die Agrarpolitik                                                                             1% Lebende Tiere
                                                                                                                                                   und Genetik (Rinder,                                                                    Schweiz umfasste in den
                                                                                                                                                                                                                17%
bis heute. Trotz Bekenntnissen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gibt der                                                                           Pferde, Ziegen)                                          Pflanzenbau                letzten Jahren laut Statistik
                                                                                                                                                            3% Eier                                                                        stets etwa 15 Millionen
Bund viel mehr Geld für die Förderung von tierischen Produkten aus als                                                                                                                                          51% Käse
                                                                                                                                                         11% Fleisch
                                                                                                                                                                                                                Inland/Ausland             Tiere. Am Stichtag der
für pflanzliche Erzeugnisse.                                                                                                                                                                                                               statistischen Erhebungen
                                                                                                                                                                                13%                                                        leben also jeweils knapp
                                                                                                                                                          17% Milch                                                                        doppelt so viele Nutztiere in
                                                                                                                                                          und Butter
Ungeachtet der bekannten Umweltprobleme           Das restliche Viertel der totalen Futtermittel                                                                                                                                           unserem Land wie Men-
fördern einflussreiche Interessengruppen in       ist Kraftfutter. Das klingt nach wenig, ist                                                      100% = 47 628 560 Mio. CHF (2020)
                                                                                                                                                                                                                                           schen. Wenn man hin-
der Schweiz weiterhin den Absatz von tierischen   aber zentral für die Produktion von Geflügel-                                                                                                                                            gegen die Anzahl der Tiere
Produkten. So lanciert Proviande – die Bran-      und Schweinefleisch sowie für die Rinder-                                                                                                                                                betrachtet, die während
chenorganisation der Fleischwirtschaft – jedes    mast. Und vom Kraftfutter stammt mehr als                                                        Tiere in der Schweiz                                                                    eines ganzen Jahres gelebt
Jahr aufwändige Werbekampagnen unter              die Hälfte aus dem Ausland. In Bezug auf                                                         Anzahl Tierindividuen im Jahr, Angabe in Millionen                                      haben, kommt man auf eine
der Marke «Schweizer Fleisch», um die Vorzüge     den Eiweissgehalt im Kraftfutter beträgt der                                                                                                                                             bedeutend höhere Zahl,
der einheimischen Fleischproduktion zu prei-      Importanteil sogar 70 Prozent!                                                                   100                                                                                     nämlich 74 Millionen.
sen und den Konsum anzukurbeln.                                                                                                                                                                      4
                                                  Ärgerlich ist nicht bloss die Verzerrung der                                                                                                                                             Der Grund für diese Diffe-
So behauptet Proviande unter anderem              Tatsachen, sondern auch der Umstand,                                                              80                                                                                     renz ist, dass es mehrere
auf ihrer Website, dass unsere Landwirtschaft     dass wir alle als Steuerzahlende die millionen-                                                                                                    3
                                                                                                                                                                                                                                           sogenannte Umtriebe
«85 Prozent des Tierfutters selber produ-         schwere Förderung einer nicht nachhaltigen                                                                                                                                               pro Jahr gibt. Ein Stallplatz
                                                                                                                                                    60
ziert». Diese Zahl ist massiv irreführend und     Tierhaltung mitbezahlen. Denn die Fleischpro-                                                                                                                                            wird je nach Tier- und
weckt ein völlig falsches Bild. Denn tat-         paganda erfolgt auch mit staatlichen Gel-                                                                                                                                                Nutzungsart mehrfach pro
                                                                                                                                                                                                     2.
sächlich basiert bloss die Hälfte der in der      dern, die der Bund unter der Rubrik «Absatz-                                                                                                                                             Jahr mit einem Tier be-
                                                                                                                                                    40
Schweiz produzierten Fleischmenge auf in-         förderung» verbucht.                                                                                                                                                                     setzt. Bei Mastschweinen
ländischen Futtermitteln.                                                                                                                                                                                                                  beispielsweise gibt es
                                                  Zugute kommen die Beiträge des Bundes-                                                                                                             1                                     im Durchschnitt etwa drei
                                                                                                                                                   20.
Die Darstellung der Fleischvermarkter             amts für Landwirtschaft einer ganzen Reihe                                                                                                                                               Umtriebe, bei Mastpoulet
verschleiert entscheidende Unterschiede           von Agrarprodukten. Weitaus am meisten Geld                                                                                                                                              etwa sieben pro Jahr. Ent-
zwischen Futter- und Tierarten: Drei Viertel      fliesst in die Bewerbung von tierischen Erzeug-                                                    0                                               0                                     sprechend hoch sind
der total eingesetzten Menge Futtermittel ist     nissen, 2020 insgesamt rund 39 Millionen Fran-                                                         Rindvieh Schweine Schafe/ Geflügel               Rindvieh Schweine      Schafe/
                                                                                                                                                                                                                                           auch die Schlachtzahlen bei
Raufutter, das zwar fast vollständig aus der      ken. Im Vergleich dazu wirken die etwas mehr                                                                             Ziegen                                                Ziegen    den Hühnern, die insge-
                                                                                                    Töten im Sekundentakt.
Schweiz stammt, aber nur von Wiederkäuern         als 8 Millionen Franken zur Förderung pflanzli-                                                                                                                                          samt bei über 70 Millionen
                                                                                                    Werbebilder und Realität klaffen in der
gefressen wird.                                   cher Produkte wie ein ökologisches Feigenblatt.                                                    Tiere pro Jahr mit FM-Importen    Tiere pro Jahr nur Inlandfutter                     pro Jahr liegen.
                                                                                                    Fleischindustrie besonders weit auseinander.
Freiland Wollschwein.
Alternative                                                                                          Dieses Schwein lebt tiergerecht und        Natürliche Rindviehhaltung.                               Schweizer Fleischproduktion aus Inland- bzw.
                                                                                                     frisst Futtermittel vom eigenen Hof.       Rinderrassen, die nicht auf Höchstleistung getrimmt       Importfutter
Es geht auch ohne Importe                                                                                                                       sind, lassen sich mit inländischen Ressourcen ernähren.
                                                                                                                                                                                                                  68 597                         106 041                    Schweine

Die heutige Nutztierhaltung ist verantwortlich für die problematischen Futter-
                                                                                                                                                                                                                  63 397                 11 650 Stiere, Ochsen, Kühe und Rinder
mittelimporte in der Schweiz. Ohne diese gingen die Bestände von Schweinen
und Hühnern stark zurück. Dennoch gäbe es noch viel Fleisch und Milch.                                                                                                                                                       7842 39 821                                     Geflügel

                                                                                                                                                                                                                 15 906 2923                                                   Kälber

                                                                                                                                                                                                                 13 372 2360                      Sonstiges (Einhufer, Kaninchen)
Die wissenschaftlichen Analysen zeigen              ginge auf 39 Prozent und jener des Geflügels
klar, dass auf der Basis der jetzigen Tierhaltung   auf 17 Prozent zurück. Denn diese beiden Tier-
                                                                                                                                                                                                              3428   236                                                       Schafe
in der Schweiz keine nachhaltige Nahrungs-          haltungen sind stark von importiertem Kraft-
mittelproduktion möglich ist. Die Tierproduktion    futter abhängig.
braucht viel mehr Ressourcen und belastet                                                                                                                                                                  329       23                                                        Ziegen

die Ökosysteme stärker als die Natur auf Dau-       Die Pouletmast würde praktisch ganz ver-
er verkraften kann.                                 schwinden. Denn das knappe einheimische                                                                                                               0               50 000           100 000         150 000           200 000
                                                    Futtermittel würde primär zur Eierproduktion
                                                                                                                                                                                                          Fleischproduktion (ohne Knochen, Nettogewicht), in Tonnen
Wie aber sähe eine Landwirtschaft aus, die          verwendet, also an Legehennen verfüttert                                                                                                                 Fleischproduktion aus Inlandfutter
auf solche Importe verzichtet?                      und nicht an Mastküken.                                                                                                                                  Fleischproduktion aus Importfutter

Im Auftrag von Greenpeace berechneten               Unter dem Strich ginge die gesamte An-
Forschende der Zürcher Hochschule für An-           zahl der Nutztiere, die während eines gesam-
gewandte Wissenschaften, was geschähe,              ten Jahres in der Schweiz gelebt haben,                                                                                                               Pro Kopf verfügbare tierische Nahrungsmittel
wenn die Schweiz keine Futtermittel mehr im-        von 74 Millionen auf 14 Millionen zurück. Es
                                                                                                                                                                                                                                   200                        37         Milch (kg)
portieren würde. Diese Berechnungen erga-           würden also jedes Jahr 60 Millionen Tiere
ben, dass hierzulande immer noch 94 Prozent         weniger geschlachtet! Ein grosser Teil dieses
der Schafe und Ziegen sowie 85 Prozent              Rückgangs betrifft das Geflügel.                                                                                                                      19              97               Eier (Stück)

der Kühe und Rinder gehalten werden könnten.
                                                    Insgesamt können mit inländischem Futter                                                                                                              21 19       Fleisch (kg)
Folglich könnten die Bäuerinnen und Bauern          173 000 Tonnen Fleisch oder 52 Prozent
immer noch die grosse Menge von 3,3 Millionen       der heutigen Menge produziert werden. Mehr                                                                                                            19 3 Käse (kg)
Tonnen Milch pro Jahr melken.                       als die Hälfte davon stammt von Wiederkäu-
                                                    ern. Die Schweinefleischproduktion ginge         Neuer Weg.
                                                                                                     Dieser innovative Betrieb bewirtschaftet   Genügsame Bisons.                                         0           50                 100         150           200           250
Ganz anders sähe es dagegen bei den übri-           zwar stark zurück – dennoch bliebe Schweine-
                                                                                                     eine grossen Anbaufläche in nachhaltiger   Diese robusten Wildrinder in Avenches (VD) fressen        aus Inlandproduktion verfügbar pro Kopf und Jahr
gen Nutztieren aus: Der Bestand der Schweine        fleisch die wichtigste Fleischsorte.
                                                                                                     Permakultur.                               das ganze Jahr nichts anderes als Gras und Heu.             verfügbar aus Inlandfutter     verfügbar aus Importfutter
Vision
                                                                                                                                                                                                          So geht wirklich nach-

Gut, besser, TOP                                                                                                                                                                                          haltige Landwirtschaft

                                                                                                                                                                                                          – Vielfältige, gesunde Nah-
Wirklich nachhaltig kann die Landwirtschaft nur dann werden, wenn sie                                                                                                                                     rungsmittel werden stand-
auf den Einsatz von Kraftfutter verzichtet. Unsere Vision TOP illustriert, wie                                                                                                                            ortgerecht und ökologisch
                                                                                                                                                                                                          produziert.
eine solche Zukunft aussehen könnte
                                                                                                                                                                                                          – Betriebe verzichten auf
Es ist höchste Zeit, dass die Schweizer Land-     und echten Nebenerzeugnissen der Nahrungs-                                                                                                              Mineraldünger, und die
wirtschaft die Nachhaltigkeit ins Zentrum ihrer   mittelproduktion zu ernähren sind. Ihnen würde                                                                                                          Nährstoffkreisläufe sind
Anstrengungen stellt, und nicht die Erzeugung     ausserdem ein längeres Dasein zugestanden.                                                                                                              weitgehend geschlossen.
von möglichst vielen tierischen Nahrungsmit-      Kühe zum Beispiel würden mindestens zehn
teln. Nicht zuletzt auch, weil von einer hohen    Jahre leben, doppelt so lange wie heute.                                                                                                                – Auf Ackerland wird kein
Produktion nicht die Landwirtschaft am meis-                                                                                                                                                              Futtergetreide angebaut,
ten profitiert, sondern die vor- und nachge-      TOP bringt einen respektvolleren Umgang mit                                                                                                             und es werden auch keine
lagerten Industrie- und Handelsunternehmen.       den Nutztieren. Sie werden von einem Produk-                                                                                                            Futtermittel importiert.
                                                  tionsfaktor zu Lebewesen mit einem Anspruch
Greenpeace hat bereits vor einiger Zeit zu-       auf ein würdiges Leben. Alle – auch Schweine                                                                                                            – Alle Nutztiere werden art-
sammen mit Fachleuten der Landwirtschaft          und Hühner – bekommen genügend Platz zum                                                                                                                gerecht gezüchtet, gehalten
eine Vision entwickelt, die aufzeigt, wie die     Leben und Auslauf auf Weideflächen.                                                                                                                     und ernährt.
Schweiz bis 2050 flächendeckend auf eine
tiergerechte und ökologische Produktion,          Durch die weniger intensive Produktion ver-                                                                                                             – Es werden keine che-
abgekürzt TOP, umstellen könnte. (Mehr Infos      mindert sich die in der Schweiz erzeugte Men-                                                                                                           misch-synthetischen Pes-
zu TOP finden sich in unserer Broschüre           ge tierischer Nahrungsmittel zwangsläufig.                                                                                                              tizide und möglichst wenig
«Landwirtschaft mit Zukunft»)                     Am deutlichsten fällt der Rückgang beim Fleisch                                                                                                         Tierarzneimittel eingesetzt.
                                                  aus: Statt 40 Kilogramm wie heute (bzw.                                                         Produktion tierischer Nahrungsmittel
                                                                                                                                                  Auch ohne Futtermittelimporte, sowie auch mit der
TOP verzichtet nicht bloss auf Futtermittelim-    21 Kilo ohne Futtermittelimporte) stellt die TOP-                                               Implementierung einer Tiergerechten Oekologischen
                                                                                                                                                                                                          Diese Vorgaben entspre-
porte, sondern orientiert sich am Grundsatz,      Landwirtschaft insgesamt noch 10 Kilo                                                           Produktion (TOP)n können wir noch tierische Produkte    chen weitgehend den
dass Tierfutter nicht die menschliche Ernährung   Fleisch pro Kopf und Jahr zur Verfügung.                                                        auf einen nachhaltige Weise konsumieren.                heutigen Regeln des bio-
konkurrenzieren soll. Also keine Verfütterung                                                                                                                   Futtermittel    Futtermittel   TOP
                                                                                                                                                                                                          logischen Landbaus.
von Weizen, Gerste, Soja und anderen pflanz-      Eine gute Ernährung besteht nicht allein aus                                                                  Inland und      Inland         Vision
                                                                                                                                                                Importe                        2050
lichen Nahrungsmitteln – auch nicht, wenn sie     der richtigen Menge Nährstoffe. Was zählt, ist
                                                                                                                                                                Anzahl          Anzahl         Anteil
aus dem Inland stammen.                           insbesondere auch die Qualität des Essens. TOP
                                                                                                                                                   Fleisch      42 kg           21 kg          10 kg
                                                  liefert hervorragende und gesunde Nahrungs-
                                                                                                      Blick in eine bessere Zukunft.               Milch (mit   425 kg          349 kg         273 kg
Dies bedeutet, dass nur noch so viele Tiere       mittel, die frei sind von chemischen Rückständen                                                 Verkäsung
                                                                                                      Die Vision TOP ermöglicht Kühen und allen
gehalten werden können, wie mit Raufutter         und ein natürliches Geschmackserlebnis bieten.                                                   Eier         104 Stück       19 Stück       48 Stück
                                                                                                      anderen Nutztieren ein Leben in Würde.
Wie schweizerisch ist Schweizer Fleisch? Wie unabhängig ist unsere
Nutztierhaltung tatsächlich? Und wie angepasst ist die Landwirtschaft
am Standort Schweiz?
Diese Broschüre bringt verborgene Fakten ans Licht und zeigt, wo der
Öffentlichkeit bisher nur die halbe Wahrheit aufgetischt wurde.
Und sie beantwortet die Frage, was es für eine nachhaltige Tierproduktion
wirklich braucht.
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