Der Pflegemarkt Niederlande - Übersicht über das System des Pflegemarktes in den Niederlanden - IMMAC Holding AG
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Inhalt Inhalt 1. Auftrag 4 2. DEMOGRAPHISCHE ENTWICKLUNG NIEDERLANDE 5 2.1. Allgemeine Informationen 5 2.2. Demographische Entwicklung Niederlande 6 2.2.1. Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung in den Niederlanden 8 2.2.2. Regionale Unterschiede in der demographischen Entwicklung 10 2.2.3. Prognose der Entwicklung des Anteils von über 80-jährigen in den Niederlanden 14 3. DER PFLEGEMARKT NIEDERLANDE 16 3.1. Die Struktur des Pflegemarktes 16 3.2 Die Gesundheitsreform von 2006 17 3.3 Kernelemente des Pflegesystems 21 3.4. Ermittlung und Vergütung der Pflegebedürftigkeit 22 3.5. Zuständige Behörden und deren Aufgaben im Pflegemarkt 28 3.6. Trends und Herausforderungen 32 4. NACHFRAGE UND ANGEBOT wird aktualisiert 34 4.1. Entwicklung des Pflegesektors 35 4.2. Entwicklung des Pflegevolumens 36 4.3. Regionale Verteilung der Heime 37 4.4. Wartelisten für Plätze in Alten- und Pflegeheimen 39 4.5. Abbau von Mehrbettzimmern 40 5. FINANZIERUNG 41 5.1. Die Finanzierungsreform 41 5.2. Fallstudie zur Finanzierung 43 5.3. Gebäudefinanzierung 44 5.4. Finanzielle Kennzahlen zu Unternehmen im Pflegesektor 48 5.4.1. Der Gesundheitssektor 2010 (Studie von Ernst & Young) 49 6. GESETZLICHE RAHMENBEDINGUNGEN 56 6.1. Relevante Gesetze im Pflegemarkt 56 2
Inhalt 6.1.1 Das AWBZ „Algemene Wet Bijzondere Ziektekosten“ 56 6.1.2 Das WMO „Wet Maatschappelijke Ondersteuning 56 6.1.3 Das WMG „Wet Marktordening Gezondheidszorg“ 56 6.2 Das Kwaliteitswet Zorginstellingen 56 6.3 Das WGBO „Wet Geneeskundige Behandelovereenkomst“ 56 6.4 Das WTZi „Wet Toelating Zorginstellingen“ 57 6.5 Gesetzliche Regelung zur Verwendung des Persönlichen Budgets (PGB) 57 6.6 Überwachung und Qualitätssicherung in der Pflege 58 7. BETREIBERÜBERSICHT NIEDERLANDE 59 7.1. Die Top 10 Betreiber 2009/2010 59 7.2. Umsatzstärkste und finanzstärkste Heimbetreiber 61 8. FIRMENGRÜNDUNG IN DEN NIEDERLANDEN 70 8.1. Niederlassung 70 8.2. Einkommen- und Körperschaftssteuer 70 7.3. Immobilienrecht 71 7.4. Gesellschaftsrecht 72 wird aktualisiert Abkürzungsverzeichnis ?? Abbildungsverzeichnis ?? Tabellenverzeichnis ?? Stand Juni 2012 3
Auftrag 1 Auftrag Auftrag Auftragsdurchführung Die IMMAC Objektmanagement GmbH Zielsetzung -Fachbereich Analyse & Consulting- wurde von der Firma IMMAC Verwal- Ziel der Pflegemarktanalyse Niederlande tungsgesellschaft für Immobilienfonds ist es, die sich aus der Auftragsstellung GmbH beauftragt, eine Marktanalyse ergebenden Parameter zu ermitteln und über den stationären Pflegemarkt in den damit eine umfassende Entscheidungs- Niederlanden zu erstellen. und Handlungsgrundlage für zukünftige Investitionen bereitzustellen. Gegenstand der Untersuchung ist der stationäre Pflegemarkt in den Nieder- Aufbau landen, im Besonderen die Bedarfser- mittlung stationärer Pflegeplätze sowie Ausgehend von einer allgemeinen Dar- die Darstellung regionaler Unterschie- stellung des Seniorenmarktes in den de der Bedarfs- und Angebotsstruktur Niederlanden mit Fokus auf die de- stationärer Pflegeeinrichtungen in den mographische Entwicklung sowie die Niederlanden. Des Weiteren stehen der Pflegemarktstruktur werden die The- Finanzierungskreislauf stationärer Pfle- menfelder Bedarf und Angebot statio- geleistungen ebenso wie die gesetz- närer Pflegeleistungen, die Aspekte der lichen Rahmenbedingungen im Sinne Finanzierung sowie gesetzliche Rah- von Anforderungen für Betreiber und menbedingungen beleuchtet. Der Un- Immobilie im Fokus. tersuchungsgegenstand liegt primär auf Einrichtungen der vollstationären Pflege. 4
Demografische Entwicklung 2 Demographische Entwicklung in den Niederlanden 2.1 Allgemeine Informationen Die Niederlande sind eine parlamentari- sche, konstitutionelle Monarchie, wobei die politische Verantwortung und die po- litische Macht bei den Ministern liegen. Gesetze, welche das Sozial- und Ge- sundheitswesen betreffen, werden vom Parlament beschlossen. Im Rahmen der Exekutive ist das zuständige Ministerium für Angelegenheiten im Bereich der Ge- sundheit und für Soziales das Ministerie van Volksgezondheit, Welzijn en Sport (VWS), das Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport. In den Niederlanden leben 16.680.000 Menschen (Stand 2011) auf einer Flä- che von 41.528 km², das sind rund 400 Bewohner pro km². Nirgendwo in Euro- pa leben so viele Menschen auf so en- gem Raum. Ungefähr die Hälfte davon lebt im dicht besiedelten Westen, der Abbildung 1: Niederlande, Quelle: Wikipedia „Randstad“. Die Randstad erstreckt sich über Teile der Provizen Nordholland, Südholland, Flevoland und Utrecht mit Städte der Randstad nach Einwohnerzahlen (2012) einer Einwohnerzahl von ungefähr 8 Mio. Menschen. Die Randstad macht 20 % Rang Stadt Einwohner der Gesamtfläche der Niederlande aus, in diesem Ballungsgebiet wohnen aber 1 Amsterdam 762.057 mehr als 40 % der niederländischen Be- 2 Rotterdam 603.425 völkerung. Die Städte liegen zwischen 3 Den Haag 488.370 min. 26 km und max. 77 km auseinan- 4 Utrecht 301.632 der. Andere große Städte außerhalb der 5 Eindhoven 212.679 Randstad sind Groningen, Maastricht, 6 Tilburg 203.492 Eindhoven und Enschede. 7 Almere 188.017 8 Groningen 184.929 Diese Region bildet das wirtschaftliche 9 Breda 172.219 Herz der Niederlande und liegt im euro- 10 Nijmegen 161.634 päischen Vergleich hinter London, Paris, 11 Enschede 156.109 Rhein-Ruhr und Mailand auf dem fünften 12 Apeldoorn 155.415 Platz. Quelle: CBS (2008) 5
Demografische Entwicklung 2.2 Demographische Entwicklung Nachdem in der Vergangenheit ein deut- In der Periode zwischen dem Ende des Niederlande liches Bevölkerungswachstum zu ver- zweiten Weltkriegs und dem Beginn zeichnen war, (1950: 10 Mio. Menschen, der 70-er Jahre war die Geburtenrate Die demografische Entwicklung wird 2010: 16,5 Mio. Menschen) gehen die zur in den Niederlanden bedeutend höher durch folgende drei Komponenten be- Zeit aktuellsten Bevölkerungsprognosen als in den Jahren davor und danach. stimmt: (CBS) davon aus, dass die Einwohnerzahl Das hat zur Folge, dass die Niederlande in 2033-2036 knapp über 17 Mio. liegen nun eine große Bevölkerungsgruppe von 1. Fertilität (dem Geburtenverhalten) wird. Danach soll sie absinken und im 39 – 64-jährigen hat. Ab 2011 beginnt 2. Mortalität (Sterblichkeit) Jahr 2050 bei etwa 16,8 Mio. Menschen diese Bevölkerungsgruppe die Marke von 3. Migration (Wanderungsverhalten) liegen. Nach dieser Prognose würde die 65 Jahren und älter zu überschreiten, wo- Bevölkerung in über 40 Jahren nur um durch die Anzahl von älteren Menschen In den Niederlanden geht im Hinblick auf 500.000 wachsen. schnell ansteigt. die Fertilität die Geburtenrate seit Jahren zurück. Die durchschnittliche Kinderzahl Dass sie wächst, ist der dritten Kompo- Die geburtenstarken Nachkriegsjahr- ist unter das Bestandhaltungsniveau ge- nente, der Migration, zuzurechnen, die gänge, auch Babyboom-Generation sunken. Gründe hierfür liegen insbeson- die Effekte aus sinkender Fertilität und genannt, beginnen nun über 65 Jah- dere in den individuellen Entscheidungen Mortalität teilweise kompensieren wird. re alt zu werden und aus dem akti- in Bezug auf das Bildungs-, Erwerbs-, Die Niederlande sind ein Einwanderungs- ven Erwerbsleben auszuscheiden. und Familienleben. land. Der zu erwartende Migrationssaldo 1950 betrug der Anteil der älteren Men- Gleichzeitig ist eine anhaltende Verlänge- wird nach den Prognosen auch in den schen über 65 Jahre noch 7,75% der rung der Lebenserwartung zu verzeich- kommenden Jahrzehnten positiv sein Gesamtbevölkerung der Niederlande. Im nen und somit eine sinkende Mortalität. und somit einen Anteil an der Erhaltung Jahr 2000 stieg diese Zahl auf 13,6% Die ist primär durch den medizinischen der Bevölkerung haben. und für das Jahr 2050 wird der Anteil laut Fortschritt bedingt mit der Folge, dass Angaben der UN Population Division auf Männer heute ein Durchnittslebensalter Im Zuge des demographischen Wan- 25% ansteigen. von 77 Jahren erreichen, Frauen werden dels wird die zunehmende Überalte- im Schnitt 81 Jahre alt. rung der Bevölkerung zu einem immer dringlicheren Problem, ebenso wie in Es ist davon auszugehen, dass die Le- den meisten europäischen Ländern. benserwartung in den Niederlanden in Der Anteil der über 65-jährigen steigt den kommenden Jahrzehnten noch zu- zwar schon seit dem letzten Jahrhundert, nehmen wird, wie auch in anderen euro- aber in den kommenden Jahren wird es päischen Ländern. zu einer deutlichen Beschleunigung des Alterungsprozesses der niederländischen Bevölkerung kommen. 6
Demografische Entwicklung Nicht nur der Anteil älterer Menschen Anteil der Pflegebedürftigen erhöhen, Die Niederlande weisen im OECD- nimmt zu, sondern auch die absoluten andererseits nimmt die Bereitschaft von Maßstab (Organisation for Economic Zahlen. In den Niederlanden waren im Familienangehörigen, für die älteren Men- Cooperation and Development) eine Jahr 1950 784.000 Menschen 65 Jah- schen zu sorgen, ab. vergleichsweise junge Bevölkerung auf. re und älter und 103.000 Menschen Das Durchschnittsalter in den Niederlan- 80 Jahre und älter. Für 2050 wird erwar- Eine Kombination aus Frühpensionie- den beträgt 40,8 Jahre, während es in tet, dass diese Zahlen auf ca. 4,3 Milli- rung, eines durchschnittlich höheren Deutschland bei 44,3 Jahren liegt (Stand onen Menschen über 65 Jahre und 1,8 Zugangsalters zum Arbeitsmarkt und 2011). Aber der Anteil der über 80-jähri- Millionen Menschen über 80 Jahre anstei- eine insgesamt längere Lebenserwar- gen steigt in den Niederlanden laut Prog- gen. tung bereiten auch dem niederländi- nosen stärker als in den anderen Ländern Dieser demographische Wandel stellt schen Alterssicherungssystem Proble- (U.S.Census Bureau, 2010). Dies ist ein nicht nur das Alterssicherungssystem der me. Auch hier sind die Auswirkungen guter Indikator dafür, dass der Bedarf für Niederlande vor eine Herausforderung, der „doppelten Alterung“ zu spüren. Pflege in Zukunft ebenfalls steigen wird. sondern ist auch eine starke Belastung Die Rente muss länger gezahlt werden für den Pflegemarkt. Einerseits wird sich und es stehen gleichzeitig immer weniger aufgrund der Alterung der Menschen der Beitragszahler zur Verfügung. Bevölkerungsaufbau der Altersklassen 65+, 2010 bis 2030 Abbildung 2: Altersstruktur Niederlande 65+ Quelle: Sociaal Cultureel Planbureau (SCP), 2011 7
Demografische Entwicklung 2.2.1 Prognosen zur Bevölke- rungsentwicklung in den Nieder- landen Die Bevölkerungsentwicklung nach Al- tersklassen zeigt einen generellen Trend zur Abnahme des prozentuellen Anteils der Altersklassen von 0-19 Jahren und 20-64 Jahren. Der Anteil von über 65-jäh- rigen hingegen steigt stark an. Jahre Jahre Jahre 65-79 Jahre 80 Jahre und älter Abbildung 3: Bevölkerung nach Altersklasse Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2008 8
Demografische Entwicklung Jahr Anzahl Einwohner Einwohner nach Alter (in%) Wie in der nachstehenden Tabelle dar- (in Millionen) gestellt, liegt der Anteil der über 65-jäh- rigen im Jahr 2011 bei 15,6%, bei ei- 0-19 Jahre 20-64 Jahre 65 Jahre und ner Einwohnerzahl von 16,7 Millionen. älter Bis 2060 steigt der Anteil von über 65-jäh- 2011 16,7 23,5 60,9 15,6 rigen in der Bevölkerung erwartungsge- mäß auf 24,8 %. 2015 16,9 22,7 59,6 17,7 2020 17,2 22 58,3 19,7 2025 17,5 21,3 57 21,7 2030 17,7 21,3 55 23,7 2035 17,8 21,4 53,3 25,3 2040 17,8 21,5 52,6 25,9 2045 17,8 21,4 53,1 25,5 2050 17,8 21,2 53,7 25,1 2055 17,8 21,2 54 24,8 2060 17,7 21,2 53,9 24,8 Tabelle 1: Prognose zur Entwicklung der Einwohner nach Alter (2011-2060) Quelle: CBS, 2010 9
Demografische Entwicklung 2.2.2 Regionale Unterschiede in der demographischen Entwicklung Abbildung 4: Übersicht der Provinzen Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009 10
Demografische Entwicklung Auf regionalem Niveau läuft die Bevölke- rungsentwicklung bis 2025 stark ausein- ander. Je nach Provinz variiert diese dann zwischen einer Abnahme von beinahe 70.000 Einwohnern in Limburg, hin zu einer Zunahme von etwa 190.000 Ein- wohnern in Noord-Holland (siehe Tabel- le 2). Vor allem in der Randstad Region werden die Einwohnerzahlen stark zu- nehmen. Beinahe die komplette Bevöl- kerungszunahme von einer halben Million Menschen bis 2025 wird in den Provinzen Noord-Holland, Zuid-Holland, Utrecht und Flevoland stattfinden. In relativer Sicht ist Flevoland die am schnellsten wachsende Provinz mit einer Bevölkerungszunahme von 20% bis 2025 Tabelle 2: Anzahl Einwohner per Provinz, 2007 und 2025 Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009 (siehe Tabelle 3). Die Provinz Utrecht soll bis 2025 erwartungsgemäß 10% mehr Einwohner haben und Noord-Holland soll um 7% wachsen. Die restlichen Provin- zen werden nicht so stark wachsen und die Bevölkerung von Limburg soll bis 2025 sogar um etwa 6% schrumpfen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich um prozentuale Zuwächse han- delt, in absoluten Zahlen wirken sich die Zuwächse je nach Bevölkerungsanzahl in der entsprechenden Provinz anders aus, z.B. wächst danach Noord-Holland in ab- soluten Zahlen am stärksten. In den kommenden Jahren wird die Über- alterung stetig zunehmen und ein immer wichtigeres Thema für den Staat werden. Die geburtenstarke Nachkriegsgeneration hat ab 2010 angefangen, die Altersklasse von 65 Jahren und älter zu erreichen. Tabelle 3: Prozentuelles Bevölkerungswachstum per Provinz zwi- schen 2007 und 2025 Alle Gemeinden müssen also mit einer Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009 zunehmenden Überalterung rechnen, was auch zu einer zunehmenden Nach- 11
Demografische Entwicklung frage nach Pflege und geeigneten Wohn- formen führen wird. Die nachstehende Tabelle zeigt die Anteile der 65+er nach Provinzen, Stand 2007 und erwartet 2025. In 2007 lag der Anteil von 65+ern in den meisten Provinzen dicht am landesweiten Wert von 14,5%. Obwohl nach Tabelle 3 in Flevoland pro- zentual gesehen der stärkste Bevölke- rungszuwachs zu erwarten ist, ist jedoch Flevoland deutlich weniger überaltert: der Anteil von 65+ern war 9%. In dieser Provinz leben viele junge Familien und die relativ hohe Geburtenrate hemmt die Überalterung etwas. Besonders die südlichen Gemeinden Tabelle 4: Anteil über 65-jähriger per Provinz, 2007 und 2025 Limburg und Zeeland haben einen hohen Quelle: CBS Bevolkingstrends, 2009 Anteil an alten Menschen. Andere überal- terte Gebiete sind das östliche Groningen, das südwestliche und östliche Friesland, große Teile von Drenthe, der Norden von Gelderland und das Nordholländische Küstengebiet. Dass diese ländlichen Ge- biete eine stärkere Überalterung erfahren, hängt damit zusammen, dass viele der Jüngeren in städtische Gegenden weg- ziehen, während die Älteren zurückblei- ben. 12
Demografische Entwicklung Die am stärksten überalterte Provinz Diese Region rund um Vecht ist seit jeher auf der Suche nach bezahlbarem Woh- in 2007 ist Zeeland mit etwa 17% über bei vermögenden älteren Menschen sehr nen und einer Umgebung, die attraktiv 65-jährigen, dicht gefolgt von Limburg beliebt. Durch die hohen Hauspreise in für junge Familien ist. Dadurch bleibt die und Drenthe, beide auch mit fast 17%. Kombination mit wenigen Neubauten ist Bevölkerung in den Städten überdurch- Aus diesen Provinzen ziehen viele junge diese Gegend besonders unattraktiv für schnittlich jung. Leute zum Studieren oder Arbeiten weg. junge Starter auf dem Immobilienmarkt. Auch andere Gemeinden mit hohen Bis zum Jahr 2025 werden diese drei Hauspreisen, wie Rozendaal, Heemstede Provinzen auch am stärksten von der und Wassenaar, lassen eine starke Über- Überalterung betroffen sein. Nach Erwar- alterung erkennen. tungen soll dann einer von vier Einwoh- nern 65 Jahre oder älter sein. Für Flevo- In Utrecht ist der Anteil an über 65-jähri- land wird eine Verdoppelung der Anzahl gen relativ gering, was daran liegt, dass von 65+ern erwartet: von 9% in 2007 auf die Stadt sehr attraktiv für Studenten ist, 18% in 2025. sowie für junge Arbeitnehmer und Fami- lien. Im Fall von Süd-Limburg spielt außer- dem die Tatsache, dass die Geburtenzahl Die großen Städte sind vergleichsweise schon Jahrzehnte niedriger ist als der nie- wenig überaltert: In den Städten studie- derländische Durchschnitt, eine wichtige ren und arbeiten relativ viele junge Men- Rolle. Auch im Südosten von Amsterdam schen, die aus kleineren Gemeinden in befindet sich eine Anzahl von Gemeinden die Städte ziehen. Sobald sie ein Alter um mit einer hohen Konzentration von Älte- die 30 Jahre erreicht haben, ziehen viele ren. Menschen wieder aus den Städten weg 13
Demografische Entwicklung 2.2.3 Prognose der Entwicklung des Anteils von über 80-jährigen in den Niederlanden Die folgenden Prognosen isolieren den Anteil von über 80-jährigen in den Nieder- landen, welche auch einen Großteil der Alten- und Pflegeheimbewohner ausma- chen und daher als Altersklasse beson- ders interessant sind. Die verwendeten Zahlen stammen aus der “Regionalen Bevölkerungs- Aus- länder- und Haushaltsprognose 2007- 2025”, ein gemeinsames Produkt von dem PBL Planungsbüro (“Planbureau voor de Leefomgeving”, www.pbl.nl) und dem CBS (“Centraal Bureau voor de Sta- Abbildung 5: Anteil von über 80-jährigen in 2010 tistiek”, www.cbs.nl). Quelle: PBL/CBS Die Zahlen basieren auf Annahmen über die zukünftige Entwicklung von regionalen Abbildung 6: Anteil von über 80-jährigen in 2015 Quelle: PBL/CBS 14
Demografische Entwicklung Unterschieden in Geburten- und Ster- beraten, Ein- und Auswanderungen und Umzüge innerhalb des Landes. Mit dieser umfassenden Methodik können unter- schiedliche Zukunftsszenarien errechnet werden. In den folgenden Karten ist die Bevölkerungsprognose für über 80-jähri- ge für die Jahre 2010, 2015, 2020 und 2025 wiedergegeben. In der Periode von 2010-2025 soll der prozentuelle Anteil von über 80-jährigen landesweit von 3,9% auf 5,2% steigen. An den Landesgrenzen, insbesondere im Norden, Osten und in Süd-Limburg ist der Anteil von Älteren höher, während dieser Anteil in Flevoland und rund um die großen Städte in der Randstad, niedriger Abbildung 7: Anteil von über 80-jährigen in 2020 ist und auch bleiben wird. Auf Grund des Quelle: PBL/CBS hohen Anteils von älteren Menschen wird Limburg auch als das Florida der Nieder- lande bezeichnet. Abbildung 8: Anteil von über 80-jährigen in 2025 Quelle: PBL/CBS 15
Gesetzliche Rahmenbedingungen 3 Gesetzliche Rahmenbedingungen 3.1 Relevante Gesetze im Pfle- 3.1.3 Das WMG „Wet Marktor- 3.2 Das „Kwaliteitswet Zorgin- gemarkt dening Gezondheidszorg“ stellingen“ Das „Gesetz zur Marktordnung in Das Qualitätsgesetz für Pflegeein- 3.1.1 Das AWBZ „Algemene Wet der Gesundheitsversorgung“ ist am richtungen bestimmt, dass sowohl die Bijzondere Ziektekosten“ 1. Oktober 2006 in Kraft getreten und Einrichtungen als auch die Personen, macht Vorschriften bezüglich der Orga- die Pflege leisten, für die Qualität dieser Das AWBZ (Allgemeines Gesetz für nisation, Effizienz und Wirtschaftlichkeit Pflege verantwortlich sind. Die Qualität besondere Krankheitskosten) re- im Gesundheitswesen von Pflege bezieht sich sowohl auf die gelt die schweren Krankheitsfälle ein- Qualität der geleisteten Pflege also auch schließlich der Pflege. Jeder, der in den Das Ziel des WMG ist, durch mehr Wett- die Qualität der verwendeten Produk- Niederlanden lebt oder arbeitet, ist hier bewerb und mehr Handlungsfreiheit ei- te. Dieses Gesetz gilt für alle Arten von versichert. Das AWBZ deckt schwere nen verbesserten Markt mit einem effizi- Pflege, die in einem Alten- oder Pflege- gesundheitliche Risiken ab, die nicht un- enten und effektiven System der Pflege heim angeboten wird, also auch die pri- ter die allgemeine Krankenversicherung zu erreichen. Die Überwachung der vat finanzierte Pflege. Privat finanzierte fallen. Es wird zwischen fünf Funktio- Leistungen und Gebühren der Anbieter Pflege muss die gleichen Qualitätsstan- nen unterschieden: persönliche Pflege, erfolgt durch die Behörde „Nederland- dards wie reguläre Pflege erfüllen. Heimpflege, Begleitung, Behandlung, se Zorgautoriteit“ (NZa) und diese sorgt Aufenthalt. auf diesem Wege auch dafür, dass die Interessen der Verbraucher geschützt 3.3 Das WGBO „Wet Ge- 3.1.2 Das WMO „Wet Maats- werden. neeskundige Behandelovereen- chappelijke Ondersteuning komst“ Die Idee hinter dem „Gesetz für staat- Das Gesetz für medizinische Be- liche Unterstützung“ ist, dass es allen handlungsübereinstimmung (WGBO) Bürgerinnen und Bürgern gleicherma- regelt eine Anzahl an essenziellen Rech- ßen möglich ist, am gesellschaftlichen ten von Klienten sowie das Recht auf Leben teilzunehmen. Alle Bürger in den Information, die benötigte Zustimmung Niederlanden sind versichert. zur Behandlung, das Recht auf Einsicht . in das medizinische Dossier sowie das Bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie Recht auf Privatsphäre und Geheimhal- zum Beispiel ältere Menschen, Behin- tung. derte und Obdachlose, sind dabei auf Unterstützung angewiesen. Diese Un- terstützung wird durch das WMO ge- währleistet. Die Verantwortlichkeit für die Umsetzung dieses Gesetzes liegt bei den Gemeinden. 16
Gesetzliche Rahmenbedingungen 3.4 Das WTZi „Wet Toelating 3.5 Überwachung und Quali- Das BIG bestimmt unter anderem, dass Zorginstellingen“ tätssicherung in der Pflege es strafbar ist, die Gesundheit eines Pa- tienten zu schädigen. Ferner bestimmt Das WTZi (Gesetz zur Genehmigung Die Qualität der Pflege ist gesetzlich ge- es mehrere spezifische Tätigkeiten (z.B. von Pflegeeinrichtungen) regelt die regelt. Die Hauptidee, die den relevan- Anästhesie), welche nur von qualifizier- Genehmigung von Pflegeinrichtungen ten Gesetzen unterliegt, besteht darin, ten Fachleuten ausgeführt werden dür- (Nederlandse Overheid, 2005). Nach dass die primäre Verantwortung für die fen. diesem Gesetz benötigt eine Pflege- Qualität bei den Pflegeeinrichtungen einrichtung eine Genehmigung, um selbst liegt. Das Gesundheitsfürsor- Außerdem hat die Nederlandse Zorg- bestimmte Pflegeleistungen erbringen ge-Inspektorat (IGZ) hat lediglich eine autoriteit (NZa) eine spezielle Rolle als zu dürfen, welche durch das AWBZ be- Rolle als Aufsichtsorgan. ein Aufsichtsorgan, Marktmacher und stimmt werden. Das bedeutet, dass ein Regulierungsbehörde in der Gesund- Pflegeheim lediglich die gesetzlich fest- Zwei Gesetze betreffen direkt die heitsfürsorge. Die NZa kontrolliert Kon- gelegten Pflegeleistungen anbieten darf, Regelung der Qualität in der Pflege: kurrenz im häuslichen Pflegesektor und die einem Pflegeheim zugeteilt wurden. bestimmt maximale Tarife. Es werden Voraussetzungen bestimmt, 1. Gesetz über die Qualität in Pfle- Stationäre Pflege wurde vor 2009 noch welche eine Pflegeeinrichtung erfüllen ge-Organisationen (Kwaliteitswet relativ stark staatlich reguliert, wird aber muss, um eine Zulassung zu erhalten. zorginstellingen; KWZ) durch die Einführung des neuen Finan- Wichtig ist, dass Pflegeeinrichtungen 2. Gesetz über Berufe in der persön- zierungsystems zunehmend mehr kon- effektiv und transparent geführt werden. lichen Gesundheitsfürsorge (Wet op kurrenzfähig. de Beroepen in de Individuele Gezond- Des Weiteren gibt es seit Anfang 2009 heidszorg; Wet BIG) keine Kapazitätsplanung durch die Re- gierung mehr. Das KWZ betrifft Organisationen, die gesundheiltliche Versorgung liefern und somit auch Alten- und Pflegeheime. Or- ganisationen müssen ihre Firmenpolitik auf das Liefern qualitativ guter Pflege richten. Es muss ein System geben, um die Qualität der Pflege zu schützen, und es muss ein jährlicher Qualitätsbericht erstellt werden, der zum IGZ gesandt wird. Die Arbeit von Pflegekräften muss den Kriterien des Gesetzes BIG entspre- chen, welches, abhängig von ihrem Beruf und der Art von Tätigkeiten, mehr oder weniger streng sein kann. 17
Der Pflegemarkt 4 Der Pflegemarkt in den Niederlanden 4.1 Die Struktur des genleistung, welche die Heimbewohner Pflegeheime, Altenheime Pflegemarktes bezahlen müssen, wird über ein soge- und Einrichtungen für Demenz- nanntes „zorgkantoor“ ermittelt. kranke Nachfolgend werden zusammenfassend Ein zorgkantoor ist eine selbstständige die Grundstrukturen des Pflegemarktes, Organisation und der in der jeweiligen Es existieren verschiedene Formen von des Pflegebedarfs, der Pflegeangebote, Region größte Pflegeversicherer stellt stationärer Betreuung, abhängig vom die gesetzlichen Rahmenbedingungen, das zorgkantoor, um deren Aufgaben Pflegegrad und Art der Bedürftigkeit. die Refinanzierung von Pflege sowie ak- auszuführen. Das zorgkantoor ist ver- Pflegeheime beherbergen hauptsäch- tuelle politische Tendenzen erörtert. antwortlich für die Zuweisung und die lich Patienten, die intensiv gepflegt wer- Finanzierung von Pflege. Die Nieder- den müssen, während Altenheime sich Pflegeleistungen können auf zwei unter- lande sind in 32 Regionen unterteilt um weniger pflegeintensive Fälle küm- schiedlichen Wegen angeboten werden: und für jede Region ist ein zorgkantoor mern. Die Alten- und Pflegeheime in im Wege der formellen und der infor- zuständig. Es bestehen also aktuell 32 den Niederlanden werden überwiegend mellen Pflege. Informelle Pflege wird in zorgkantooren. Jeder Pflegebedürftige von Wohlfahrtsverbänden, den soge- der Regel von Familie und Angehörigen hat das Recht auf die Pflege, die ihm in nannten ”stichtingen”, getragen. erbracht. Daneben gibt es die formel- der Untersuchung des CIZ zugewiesen Für demenzkranke Patienten gibt es ne- le, d.h. die ambulante und stationäre wurde. ben den Alten- und Pflegeheimen auch Pflege, wobei die Prämisse ambulant besondere Einrichtungen, wovon in den vor stationär gilt. Ambulante Pflege- Die Mitarbeiter eines zorgkantoor ver- Niederlanden etwa 60 existieren. Wie dienstleister sind in den Niederlanden mitteln grundsätzlich zwischen den An- die anderen Heime in den Niederlanden ausschließlich private Anbieter. Man bietern und den Empfängern von Leis- wird auch die Pflege für demenzkranke unterscheidet allerdings zwischen den tungen der Langzeitpflege wie: Patienten von der Pflegeversicherung traditionellen „non-profit“-Anbietern und nach dem AWBZ finanziert. den neuen „for-profit“-Anbietern, welche • ambulanter Pflege, Allerdings verschwinden die Grenzen sich durch die gesetzlichen Änderungen • Leistungen in Alten- und Pflege- zwischen Alten- und Pflegeheimen und im Rahmen der Gesundheitsreform eta- heimen, es bilden sich immer mehr Mischformen. blieren konnten. • langfristiger Verbleib im Kranken- Diese Entwicklung hat in den Niederlan- haus oder Rehabilitationseinrich- den wesentlich früher begonnen als in Die Aufnahme in ein Alten- oder Pflege- tungen, anderen europäischen Ländern und ist heim wird durch ein Indikationsgutach- • bestimmte Formen der Versorgung dort auch viel weiter ausgebreitet. ten des CIZ (Zentrum für Bedarfsana- von Menschen mit psychischen Er- lyse in der Pflege) gewährt, welches krankungen oder Die gesellschaftspolitische Verantwor- den Pflegebedarf einstuft. Dieses wird • Betreuung und Begleitung von tung für die Langzeitpflege liegt bei der durch eine Indikationskommission, die Menschen mit Behinderung. Regierung, welche auch die Gesetzent- von einem Arzt mit Sachkenntnis in der würfe einbringt. (Psycho)Geriatrie begleitet wird, inner- Die zorgkantooren versuchen außer- halb der Wohngemeinde des Patienten dem, die Nachfrage und das Angebot Die Abrechnung der Kosten für die erstellt. Die Finanzierung von Pflege und der Langzeitpflege in ihrer Region auf- Langzeitpflege in einem stationären Unterkunft in Alten- und Pflegeheimen einander abzustimmen. Sie bilden die Pflegeheim, erfolgt direkt zwischen Be- erfolgt auf Grundlage des AWBZ so- zentrale Anlaufstelle für alle Regelungen treiber und dem zuständigen zorgkan- wie über Beiträge der Heimbewohner, bezüglich AWBZ-Leistungen nach der toor, das die Abrechnung wiederum mit sofern bei diesen keine Bedürftigkeit Bedarfsfeststellung. der Pflegeversicherung vornimmt. vorliegt. Die Höhe der finanziellen Ei- 18
Der Pflegemarkt 4.2 Allgemeine Information zur Die wesentlichen Elemente des • Beiträge für Kinder: Die Beiträge für Kranken-, Pflege- und Renten- neuen Krankenversicherungs- Kinder unter 18 Jahren werden voll- versicherung systems sind: ständig aus Steuermitteln finanziert. • Tarifwahlfreiheit für Versicherte: Das Wie in den meisten europäischen Län- • Privatisierung der Krankenversiche- Tarifangebot ist groß. Versicherte dern leidet auch das niederländische rer: Das alte System aus gesetzli- haben die Wahl zwischen Kosten- Gesundheitssystem insbesondere auf- cher und privater Krankenversiche- erstattung und Sachleistung einer- grund der Überalterung der Bevölkerung rung ist ersetzt worden durch ein seits und unterschiedlich hohen unter finanziellem Druck. Das aus den System, welches eine ausschließ- Selbstbehalten andererseits. Nachkriegsjahren stammende Kran- lich privatrechtliche Struktur hat • Wettbewerb: Das neue System kenversicherungssystem wurde immer und den Krankenversicherer Mög- kurbelt den Wettbewerb an. Anbie- schwieriger finanzierbar. Nach langen lichkeiten zur Gewinnerzielung bie- ter von medizinischen Leistungen Diskussionen trat am 1.1.2006 eine Ge- tet. bemühen sich um die Gunst von sundheitsreform in Kraft. Damit sind die • Versicherungspflicht: Es gilt eine Krankenversicherungen und Versi- Niederlande auf ein vollständig privati- Krankenversicherungspflicht für alle cherten. Den Krankenversicherun- siertes Versicherungssystem mit starker in den Niederlanden lebenden oder gen ist die Möglichkeit gegeben, staatlicher Kontrolle umgestiegen. arbeitenden Personen. Wer dage- innerhalb der verschiedenen Ver- gen verstößt, muss mit Nach-und sorgungsbereiche mit Leistungser- Strafzahlungen rechnen. bringern individuelle Verträge abzu- • Kontrahierungszwang: Kranken- schließen. versicherer müssen Menschen un- geachtet ihres Alters, Geschlechts Der Staat regelt in dem neuen Kranken- oder Gesundheitszustands versi- versicherungssystem nicht mehr alles. chern. Im Gesundheitswesen gibt es nach der • Risikostrukturausgleich: Der mor- Reform dementsprechend mehr Frei- biditätsorientierte Risikostruktur- heit, um die Gunst der Kunden zu wer- ausgleich (RSA), der bereits vor der ben. Reform von den Krankenversiche- rungen vorgenommen wurde, wird Der Staat ist aber weiterhin für die Zu- auch im neuen System praktiziert. gänglichkeit sowie die Finanzierbarkeit Von einer zentralen Stelle aus wer- und die Qualität des Gesundheitswe- den finanzielle Ausgleichszahlun- sens verantwortlich. gen an die Krankenversicherungen geleistet, um die aufgrund der je- weiligen Kundenzusammensetzung unterschiedliche Risikostruktur auszugleichen. So soll verhindert werden, dass Versicherungen mit einem hohen Anteil an alten oder kranken Kunden schlechter gestellt sind. 19
Der Pflegemarkt Die Gesundheitsversorgung in den Niederlanden ist auf 3 Säulen Die 3 Säulen der Gesundheitsversorgung aufgebaut in den Niederlanden Seit der Gesundheitsreform im Jahr 2006 beruht das Gesundheitssystem der Niederlande im Wesentlichen auf drei Säulen, die für die Finanzierung un- terschiedlicher Leistungsbereiche wie folgt zuständig sind: Das AWBZ (Algemeen Wet Bijzondere * Ziektekosten) ist für alle Bürger obliga- torisch. Ihr Beitrag wird wie eine Steuer erhoben. In 2012 beträgt sie 12,15% des Bruttoeinkommens mit einer Beitragsbe- messungsgrenze von € 33.000. Diese Versicherung deckt keine ambulante oder *länger als ein Jahr dauernde, stationäre Versorgung akutmedizinische Behandlung durch ei- Tabelle 5: Das 3-Säulenmodell der Gesundheitsversorgung nen Hausarzt oder eine Klinik ab, sondern das Risiko der Pflege für Menschen mit Daneben haben Niederländer die Mög- Familienhilfe und Arzneimittel. Das AWBZ Behinderung oder im Alter. In Deutsch- lichkeit private Zusatzversicherungen ist eine Pflichtversicherung, in der jeder land werden vergleichbare Leistungen für Leistungen abschließen, die nicht Einwohner der Niederlande versichert ist. von der Pflege- und Rentenversicherung, von den obligatorischen Versicherungen aber auch von der Sozialhilfe getragen. abgedeckt sind. Dies sind zum Beispiel Die zweite Säule stellt die generelle Im Vergleich zur deutschen Pflegever- Zahnersatz und Physiotherapie. Krankenversicherung (Zorgverzekerings- sicherung deckt das AWBZ neben den wet- ZVW) dar. Die ZVW ist eine obliga- klassischen Pflegeleistungen auch dauer- Die erste Säule ist die Pflegeversiche- torische Basisversicherung, welche für hafte Erkrankungen ab, wie z.B. psychia- rung (Algemeen Wet Bijzondere Ziekte- Akutversorgung und Basisleistungen in trische Erkrankungen. kosten- AWBZ), welche gesundheitliche Krankheitsfällen aufkommt. Langzeitrisiken abdeckt. Die Leistungen Die ZVW Versicherung (Zorgverzeke- auf Grundlage des AWBZ sind umfang- In der dritten Säule wird die private Zu- ringswet) ist ebenfalls obligatorisch und reicher als die der deutschen Pflegever- satzversicherung dargestellt. Die private deckt die ambulante und stationäre Ba- sicherung. Der Leistungskatalog des Zusatzversicherung kann freiwillig abge- sisversorgung ab und ist mit der deut- AWBZ sichert gegen besonders schwere schlossen werden und deckt Leistungen schen gesetzlichen Krankenversicherung gesundheitliche Risiken wie die Langzeit- ab, die nicht in den anderen beiden Ver- (GKV) vergleichbar, jedoch mit einem pflege, dauerhafte Behinderungen oder sicherungen einbezogen sind, wie z.B. wichtigen Unterschied: Sie ist eine privat- psychische Erkrankungen ab. Es ergibt Zahnersatz und Physiotherapie. rechtliche Versicherung, die von privaten sich nach dem AWBZ ein Anspruch auf Versicherungsunternehmen angeboten Leistungen wie z.B. Aufnahme und Auf- Der Unterschied zwischen gesetzlicher wird. Die ZVW Versicherung wird – wie in enthalt in einem Krankenhaus oder einer und privater Krankenversicherung entfällt Deutschland – von den Versicherten, den voll- oder teilstationären Pflegeeinrich- in diesem System zugunsten eines ein- Arbeitgebern und dem Staat finanziert. tung, psychosoziale Versorgung, präven- heitlichen Systems mit privatrechtlicher tive Leistungen, Rehabilitationsleistungen, Struktur. 20
Der Pflegemarkt Sozialversicherung Arbeitnehmerbeitrag Arbeitgeberbeitrag Beitragshöhe (2012) Allgemeines Gesetz über 12,15% (2011: 12,15%) beitragsfrei Jeder, der in den Niederlanden wohnt besondere Krankheitskos- und arbeitet, ist verpflichtet, Beiträge zu ten (AWBZ) den Arbeitnehmerversicherungen (Ar- Krankenversicherung beitragsfrei 7,10%* beitslosigkeit, Erwerbsminderung), Ren- (ZVW) (2011:7,75%) te (AOW), AWBZ, sowie zu der allgemei- Arbeitslosenversicherung beitragsfrei 4,50% nen Krankenversicherung zu leisten. Der (WW) (2011: 4,20%) Arbeitgeber behält diese Beiträge von den Löhnen ein und leitet diese weiter. Altersrente (AOW) 17,90% (2011: 17,90%) beitragsfrei Allgemeines Hinter- 1,10% (2011: 1,10%) beitragsfrei bliebenengesetz (Anw) *Den Beitrag zur Krankenversicherung (ZVW) behält der Arbeitgeber vom Lohn ein. Er ist jedoch verpflichtet, diesen Beitrag zu erstatten und erhöht daher den Bruttolohn um den entsprechenden Satz. 21
Der Pflegemarkt Finanzierung der Krankenversi- a) Einkommensunabhängiger 2. Rentenversicherung cherung und der Rentenversi- Anteil (Prämie/Kopfpauschale) cherung Das Rentensystem in den Niederlanden Die Versicherten müssen eine Kopfpau- besteht ebenfalls aus 3 Säulen: 1. Krankenversicherung (ZVW) schale (unabhängig vom Einkommen) von € 1050 im Jahr (Stand 2011) zahlen. • Die erste Säule, welche zugleich Die niederländische Krankenversiche- Einkommensschwache Versicherte er- auch die Basissäule ist, besteht aus rung ist umlagefinanziert. D.h. die Versi- halten steuerfinanzierteTransferzahlun- der allgemeinen Altersrente, dem cherungskosten werden durch Beiträge gen, um die durch den Pauschalbeitrag AOW („Algemene Ouderdoms- gedeckt. entstandenen finanziellen Belastungen wet“), welche auf Umlagefinanzie- Der Versicherungsbeitrag besteht aus auszugleichen. rung basiert. einem einkommensabhängigen und Bei Einkommen < € 25 000 im Jahr kann • Die zweite Säule besteht aus den einem einkommensunabhängigen Teil. ein Zuschuss (zorgtoeslag) von maximal betrieblichen Altersrenten, welche Der einkommensabhängige Beitrag € 403 beantragt werden. eine Ergänzung zum AOW darstel- muss vom Arbeitgeber getragen wer- len und auf dem Kapitaldeckungs- den. Der einkommensunabhängige b) Einkommensabhängiger verfahren basieren. Beitrag wird von den Versicherten auf- Anteil • Die dritte Säule umfasst die kapi- gebracht und ist pauschal und auch talgedeckte Privatvorsorge. Hierbei unabhängig vom Alter, Geschlecht und Arbeitgeber müssen 2012 7,10% (2011: handelt es sich um freiwillige, teils Gesundheitszustand kalkuliert. 7,75%) der Einkommen als Arbeitgeber- steuerbegünstigte Sparmaßnah- anteil abführen. Pensionäre und Selbst- men, welche direkt bei den Anbie- ständige führen 5,0% (2011: 5,65%) tern abgeschlossen werden kön- vom Einkommen ab. nen. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind kostenlos mitversichert. Die Sozialpolitik in den Niederlanden und Deutschland ähneln sich in Vielem, aber es gibt auch Unterschiede: In den Niederlanden wird die Rente wesentlich mehr über Kapitalanlagen finanziert als in Deutschland, denn es besteht ledig- lich für die einheitliche Grundrente (Säu- le 1) eine Art Generationenvertrag wie in Deutschland. 22
Der Pflegemarkt 4.3 Das AWBZ – Kernelemente Die Finanzierung der Pflege in den Nie- Anfang des Jahres 2009 bezogen etwa des niederländischen Pflege- derlanden erfolgt durch das oben be- 600.000 Personen in den Niederlanden systems schriebene AWBZ. AWBZ-Leistungen, davon 260.000 in in- Die Finanzierung des AWBZ wiederum stitutionellen Einrichtungen (43,3%) und erfolgt über einkommensabhängige 250.000 in Form von häuslicher Pflege Management und Finanzierung Beiträge und Subventionen vom Staat. (41,7%). von Pflegeleistungen Dabei wird das gesamte steuerliche Einkommen bis zur Beitragsbemes- Das Ausgabenvolumen des AWBZ wird 1968 trat das „Allgemeine Gesetz für sungsgrenze herangezogen. Die AWBZ- jährlich geschätzt, um den Beitragssatz besondere Krankheitskosten“ in Kraft, Beiträge werden direkt vom Arbeitgeber gegebenenfalls anzupassen. Der Aus- welches in den Niederlanden als das eingezogen und an das Finanzamt über- gabenbetrag für das Jahr 2010 liegt AWBZ – Algemene Wet Bijzondere wiesen. Dieses leitet die Versicherungs- bei 23,3 Mrd. Euro (Rijksoverheid und Ziektekosten - bezeichnet wird. Durch beiträge dann an die entsprechenden Tweede Kamer der Staten- Generaal dieses Gesetz und die darauf aufbauen- Versicherer weiter. Die AWBZ Versiche- 2010). Häufig muss dieser Ausgaben- de Versicherung sind Risiken der Lang- rung muss beim gleichen Versicherer betrag im Laufe des Jahres angepasst zeitpflege, psychiatrische Erkrankungen abgeschlossen werden, bei dem auch werden. Das AWBZ trägt etwa 42% al- oder chronische Erkrankungen abgesi- die Krankenversicherung (ZVW) abge- ler gesundheitsbezogenen Ausgaben in chert. schlossen wurde. Die Versicherer küm- den Niederlanden (Hull et al. 2008). Diese Pflegeversicherung ist mit der mern sich vor allem um die administra- zwei Jahrzehnte später in Deutschland tive Durchführung. Der Beitragssatz in eingeführten Pflegeversicherung nur be- 2012 liegt bei 12,15% des Bruttoein- dingt vergleichbar. Das AWBZ deckt ein kommens. breiteres Risikospektrum ab und über- nimmt nicht nur die Kosten, wenn je- Die Beiträge zum AWBZ werden aus- mand durch Alter, Krankheit oder Unfall schließlich von den Versicherten getra- zum Pflegefall wird, sondern beispiels- gen, wobei Kinder unter 15 Jahren und weise auch für den Aufenthalt in psych- Personen ohne eigenes Einkommen iatrischen Einrichtungen oder Langzeit- beitragsfrei mitversichert sind. aufenthalte in Krankenhäusern. 23
Der Pflegemarkt Wer bezahlt was im AWBZ? – eine grafische Zusammenfassung Bürger bezahlen AWBZ-Prämie an den Staat Bürger zahlen die Prämie via den Arbeitgeber Selbstständige zahlen die Prämie direkt an die Steuerbehörde Die AWBZ-Prämie beträgt 12,15% des Bruttoeinkommens, bis zu maximal € 33.000 Bürger Bürger kaufen Pflege mit einem persönlichen Budget (pgb) Das CIZ untersucht die Bürger und bescheinigt das Recht auf ein pgb Bürger erhalten von dem Pflegebüro ein pgb um selbst Pflege einzukaufen Bürger bezahlen einen eigenen Beitrag an das CAK Bürger, die AWBZ-Pflege in Anspruch nehmen, zahlen einen eigenen Beitrag Die Höhe des eigenen Beitrages ist abhängig von Alter, Einkommen, Familiensituation etc. In 2010 betrug der maximale eigene Beitrag pro Monat für stationäre Pflege € 2.081,60 Der Staat gibt die AWBZ-Prämie weiter an das CVZ (College voor Zorgverzekeringen) Der Staat überweist die Prämie in den durch das CVZ verwalteten Gesundheitsfonds (AFBZ) Staat Der Staat zahlt einen Kostenbeitrag (BIKK) an das CVZ Der Staat füllt die AWBZ-Prämien mit Geld aus allgemeinen Mitteln auf: dem BIKK Das BIKK kompensiert die verminderten Prämienerträge als Folge der Steuerreform von 2001 Der Staat überweist das BIKK in den AFBZ Wer bezahlt Der Staat bezahlt eventuelle Defizite im AFBZ Der AFBZ hat jährlich einen finanziellen Überschuss oder ein Defizit was im Der Staat kompensiert Defizite aus der Staatskasse Der AFBZ zahlt Zinsen für Defizite an den Staat, in 2009 betrugen diese Zinsen € 34 Mio. AWBZ? Das CVZ gibt Geld für Pflegeansprüche weiter an das CAK CvZ Das CVZ verwaltet den AFBZ, woraus die AWBZ-Pflege bezahlt wird Das CVZ bezahlt die Pflegebüros (zorgkantoren) Das CVZ zahlt pgb-Zuschüsse an die Pflegebüros Das CAK zahlt den eigenen Beitrag der Bürger weiter an das CVZ CAK Das CAK empfängt den eigenen Beitrag der Bürger und zahlt diesen weiter an das CVZ Der eigene Beitrag für stationäre Pflege betrug € 1,6 Milliarden in 2010 Der eigene Beitrag für nicht stationäre Pflege betrug € 70,5 Millionen Das CAK bezahlt die Pflegeanbieter (z.B. Heimbetreiber) Das CAK bezahlt die Pflegeanbieter im Auftrag von den Pflegebüros (zorgkantoren) Das CAK bezahlt € 13,2 Milliarden für Pflege in Alten- oder Pflegeheimen, € 6,5 Milliarden für Behindertenpflege (in 2010) sowie € 1,7 Milliarden für langzeitige psychiatrische Pflege (GGZ) Die Pflegebüros (zorgkantoren) treffen Absprachen mit den Heimbetreibern Pflegebüros treffen Absprachen mit den einzelnen Heimbetreibern über Pflegebüros die zu liefernde Pflege in der Region Zorgkantoren Pflegebüros geben Zahlungsaufträge an das CAK, um die Heimbetreiber zu bezahlen Pflegebüros bezahlen Bürger Pflegebüros zahlen das persönliche Budget (pgb) an die Bürger 24
Der Pflegemarkt Die Zahlungsströme im niederländischen Pflegemarkt Bürger AWBZ Prämie Pfl gb Staat eg np ee ge ink lun au zah fp gb Be Zuschuss Eigener AFBZ Beitrag CVZ Kranken- und Pflegeversiche- rungsverwaltung BZ pgb e AW Z AWB sse rüch chü itrag nsp Zus e gea er B Pfle n Eige CAK Pflege- Pflegebüros Zentrales Verwaltungsbüro anbieter Pflege- Altenpflege versicherer Behindertenpflege Psychiatrische Pflege Andere Pflege 25
Der Pflegemarkt 4.4. Ermittlung der Pflege- bedürftigkeit Ob ein Klient Anspruch auf die Leistun- gen der Pflegeversicherung hat, stellt das CIZ („Centrum Indicatiestelling Zorg“) fest, welches im ganzen Land Büros unterhält. Das CIZ prüft die Pflegebedürftigkeit der Patienten und stuft diese ein. Das CIZ ist eine unabhängige Organisation und muss feststellen, in welchem Um- fang und auf welche Art der Pflege der Festgestellter Patient ein Recht hat. Die medizinische Versorgungsbedarf Diagnose zur Ermittlung der Pflegebe- nach dem AWBZ dürftigkeit wird durch einen Haus- oder Facharzt durchgeführt. Bedarfsfeststellung durch das CIZ Als Grundlage für die Bedarfsermitt- lung durch das CIZ wird anhand von bestimmten Indikatoren der individuelle Pflegebedarf ermittelt. Abbildung 9: Das Trichtermodell Schematische Darstellung der Bedarfsfeststellung durch das CIZ Die Bedarfsfeststellung des CIZ erfolgt Quelle: IGES, nach (CIZ 2010) durch das sogenannte „Trichtermodell“ (Abbildung 9). Dabei wird zunächst der Status quo der Lebenssituation und des Gesund- heitszustands des Antragsstellers er- hoben. Im nächsten Schritt wird der Versorgungsbedarf festgestellt. Dabei werden die bereits bestehenden Unter- stützungsangebote betrachtet und an- schließend ermittelt, wie hoch der Um- fang der Leistungen sein sollte. 26
Der Pflegemarkt Im ersten Schritt analysiert das CIZ Im zweiten Schritt („Versorgungssitua- Im vierten Schritt trifft CIZ die Ent- die Situation eines potentiellen AWBZ- tion des Versicherten“, Abb. 9) bestimmt scheidung über die Pflege in einer Ein- Empfängers. Es schaut nicht nur soma- das CIZ, welche Maßnahmen für eine richtung oder zu Hause. tische, psycho-geriatrische und mentale Versorgung des Patienten erforderlich Das CIZ erstellt einen Bericht über die Beschränkungen an, sondern auch die sind. Ergebnisse der Netto-Bedarfsfeststel- Umstände, unter denen die Person lebt. Das Ergebnis der Bedarfsfeststellung ist lung und übermittelt diesen an das zu- Die Umstände betreffen die Verfügbar- zunächst der Brutto-Pflegebedarf, den ständige lokale „Pflegebüro“, das zorg- keit von „ üblicher Versorgung“ (gebrui- der Antragsteller im Rahmen des AWBZ kantoor. kelijke zorg) und informeller Versorgung, benötigt. Anschließend wird festgestellt, sowie bestehende staatliche Unterstüt- ob Teile dieses Pflegebedarfs durch Die Bedarfsfeststellung des CIZ ist maxi- zung. bereits bestehende freiwillige informelle mal fünf Jahre gültig, wobei die Periode Versorgung gedeckt werden können. durch Veränderungen in der Pflegebe- Unter „übliche Versorgung“ fallen Haus- dürftigkeit oder der Lebensumstände haltsleistungen, kurzzeitige Versorgung Dieser dritte Schritt betrifft die mögli- verkürzt werden kann. oder finanzielle Unterhaltsleistungen che Rolle der freiwilligen (s.o.) Pflegeleis- durch Angehörige oder andere im glei- tungen. Familienmitglieder sollen zwar Das zorgkantoor ist dafür verantwort- chen Haushalt wohnende Personen. die Pflegeleistungen im üblichen Aus- lich, dass der Patient auch die entspre- Durch den zunehmenden Ausbau des maß erbringen, weitergehende Leistun- chende Pflegeleistung tatsächlich erhält. AWBZ, ist die Anzahl der Leistungs- gen sind jedoch freiwillig. Somit besteht Des Weiteren verhandelt das zorgkan- bezieher ständig gestiegen und damit für alle Leistungen, die das übliche Aus- toor mit den Pflegeanbietern über die zu einhergehend auch die Kosten. Um wei- maß an informeller Pflege überschreiten, liefernde Pflege und den dazugehörigen tere Kostensteigerungen im Bereich der ein Anspruch auf Erstattung durch das Tarif. Sie erhalten ein Regionalbudget Langzeitpflege zu vermeiden, wurden AWBZ. und sind angehalten, die Pflegeleistun- die Zugangsbestimmungen zusehends Das CIZ versteht unter „freiwilliger Ver- gen so effizient wie möglich einzukaufen verschärft. sorgung“ (mantelzorg) die Versorgung und innerhalb des vom VWS Ministe- So wurde beispielsweise die informelle durch beispielsweise Familie, Freunde rium jährlich neu berechneten Budgets Pflege durch Familienmitglieder in die oder Nachbarn. „Freiwillige Versorgung“ zu bleiben. Anspruchsvoraussetzungen mit einbe- wird bei der Ermittlung des Netto-Be- Die Kosten für stationäre Pflegeleistun- zogen. D.h. wenn Familienmitglieder darfs nur berücksichtigt, wenn sie zum gen werden vom AWBZ Fonds bezahlt. vorhanden sind, die Pflege in einem Zeitpunkt der Ermittlung und nach Auf- „üblichen“ Ausmaß leisten können, re- fassung des CIZ auch dauerhaft und in duzieren sich dadurch die Leistungen hinreichender Qualität geleistet werden des AWBZ. kann. 27
Der Pflegemarkt 4.5. Die verschiedenen Pflegestufen und deren Vergütung CODE TITEL KUNDENPROFIL wöchentliche Pflege (in Stunden) ZZP 1 VV Beschütztes Wohnen somatische Krankheiten von unter- 3,0 bis 5,0 Stunden mit etwas Unterstützung schiedlicher Intensität ZZP 2 VV Beschütztes Wohnen somatische Krankheiten von unter- 5,5 bis 7,5 Stunden mit Unterstützung und Pflege schiedlicher Intensität ZZP 3 VV Beschütztes Wohnen somatische Krankheiten von unter- 9,5 bis 11,5 Stunden mit Unterstützung und intensiver Pflege schiedlicher Intensität ZZP 4 VV Beschütztes Wohnen mit intensiver psycho-geriatrische Krankheiten 11,0 bis 13,5 Stunden psychologischer Betreuung und Pflege ZZP 5 VV Beschütztes Wohnen mit intensiver Pflege psycho-geriatrische Krankheiten 16,5 bis 20,0 Stunden bei Demenz ZZP 6 VV Beschütztes Wohnen mit intensiver schwerwiegende somatische Krank- 16,5 bis 20,0 Stunden Behandlung und Pflege heiten (z.B. Parkinson, Hirnschäden etc.) ZZP 7 VV Beschütztes Wohnen mit intensiver Pflege schwerwiegende somatische oder 20,0 bis 24,5 Stunden von spezifischen Krankheiten mit Fokus auf psycho-geriatrische Krankheiten Unterstützung (z.B. schwere Demenz, Korsakow- Syndrom etc.) ZZP 8 VV Beschütztes Wohnen mit intensiver Pflege somatische Krankheiten in terminaler 24,0 bis 29,5 Stunden von spezifischen Krankheiten mit Fokus auf Phase (z.B. Hurlington-Syndrom, Pflege ALS, MS, starkes Rheuma etc.) ZZP 9 VV Rehabilitations-orientierte Behandlung und sowohl somatische als auch psycho- 18,0 bis 22,0 Stunden Pflege geriatrische Krankheiten, solange es sich um einen Rehabilitations-Fall handelt ZZP 10 VV Beschütztes Wohnen mit intensiv-terminaler sowohl somatische als auch psycho- 26,5 bis 35,5 Stunden palliativer Pflege geriatrische Krankheiten Die Pflegepakete (ZZP’s) Das CIZ stellt für die stationäre Pflege den Pflegebedarf fest, und da nicht je- der gleichviel Pflege benötigt, gibt es eine Einteilung in 10 Pflegestufen, ZZP’s (Zorgzwartepakketten) genannt. Diese bestimmen, auf wie viele Stunden Pfle- ge pro Woche ein Patient ein Recht hat. 28
Der Pflegemarkt ZZP Tarif pro Tag Die Vergütung der Alten- und Pflegeheimbetreiber 1VV € 58,55 2VV € 74,77 Auch die Vergütung, die die Heime er- halten, hängt von den ZZP’s ab. Sie wird anhand der Pflegestufe bestimmt: ZZP Tarif pro Tag Diese Tarife gelten lediglich für die sta- Patient ist nicht zugelassen tionäre Pflege. Für die häusliche Pflege für Behandlung* gelten andere Tarife. 3VV € 90,49 4VV € 103,27 5VV € 141,51 6VV € 141,55 7VV € 166,62 8VV € 194,20 9VV € 137,76 10VV € 212,42 ZZP Tarif pro Tag Patient ist zugelassen für Behandlung** 3VV € 113,18 4VV € 125,96 5VV € 165,38 6VV € 165,42 7VV € 197,39 8VV € 224,97 9VV € 196,15 10VV € 243,20 Tabelle 7: Vergütung ZZP´s für „Verpleging & Verzorging“ (V&V) *Tarif berücksichtigt nicht besondere medizinische Behandlung **Tarif berücksichtigt besondere medizinische Behandlung 29
Der Pflegemarkt 4.6. Das Persönliche Budget Zu den Bereichen, für die im Rahmen Auch Familienmitglieder und Freunde (PGB) eines Persönlichen Budgets Unterstüt- können mit dem Persönlichen Budget zung in Anspruch genommen werden beschäftigt und vergütet werden. Die In 1995 wurde das PGB eingeführt, wel- konnte, zählten: externen, qualitätssichernden Maßnah- ches Pflegebedürftigen die Möglichkeit men im Rahmen des PGB beschränken gab, sich über ein persönliches Pflege- • persönliche Versorgung (z.B. Hilfe sich auf professionelle Leistungsanbie- budget zu Hause pflegen oder betreu- beim Duschen, Toilettengang, An- ter, die auch Sachleistungen erbringen. en zu lassen. Diese zweckgebundene und Auskleiden, Rasieren, Essen Diese unterliegen dem Qualitätsgesetz Geldleistung wurde als Folge eines als und Trinken), für Anbieter im Gesundheitswesen erfolgreich bewerteten Modellversuchs • Pflege (z. B. Wundversorgung, In- (Kwaliteitswet zorginstellingen) und wer- mit dem Ziel, das Ausmaß der Selbst- jektionen), den durch die Inspektion im Gesund- bestimmung der Pflegebedürftigen zu • Begleitung, evtl. in Verbindung mit heitswesen (Inspectie voor de Gezond- erhöhen, eingeführt. Die Bezieher des Transport (z. B. Unterstützung, den heidszorg) kontrolliert. persönlichen Budgets konnten frei wäh- Tagesablauf zu strukturieren und len, welchen staatlich zugelassenen die Regie über das eigene Leben zu Das Persönliche Budget unterlag ei- Pflegeleistungsanbieter sie in Anspruch ermöglichen, Tagesaktivitäten) und ner jährlich festgelegten Deckelung, nehmen wollen oder ob sie lieber eine • kurzzeitiger Verbleib in einer Institu- mit deren Hilfe die Ausgabenentwick- von ihnen bestimmte private Person an- tion bis zu maximal 6 Tage pro Wo- lung kontrolliert werden sollte. Dies war stellen mochten. che (z.B. im Falle von kurzfristiger möglich, da das AWBZ das Recht auf Krankheit der Pflegeperson). Sachleistung garantiert, auf das Persön- Wie bei anderen Pflegeleistungen auch, liche Budget aber kein Rechtsanspruch war ein medizinisches Gutachten erfor- Um Sachleistungen anbieten zu können, bestand. derlich, um das persönliche Budget zu bedarf es in den Niederlanden einer Zu- Die Gesamtzahl von PGB-Budgethal- erhalten. Das zorgkantoor bestimmte lassung (Wet Toelating Zorginstellingen). tern stieg von 13.000 in 1998 auf bei- auf Grundlage des CIZ-Ergebnisberichts Die einzigen rechtlichen Regelungen, die nahe 150.000 in 2008. In 2008 machte die Höhe des PGBs. bei der Erbringung von Leistungen im das PGB 20% des gesamten AWBZ- Rahmen des PGB berücksichtigt wer- Gebrauchs aus und 10% (€ 2,1 Milliar- Das Persönliche Budget wurde anhand den müssen, sind hingegen allgemeine den) der Gesamtkosten des AWBZ. eines Tarifsystems je Leistungsart be- niederländische Gesetze, die sich bspw. rechnet. Die Höhe des Bedarfs wurde mit Arbeitsrecht, Brandschutz oder Hy- in Stunden ermittelt und in Klassen ein- giene befassen. Es existieren also keine gestuft. Für jede Klasse je Leistungs- spezifischen rechtlichen Regelungen in art wurden jährlich vom Ministerium Bezug auf die Leistungserbringung im für Volksgesundheit (VWS) Euro-Tarife Rahmen des PGB und die für analoge auf Jahresbasis festgelegt (AWBZ Art. Sachleistungen geltenden Regelungen 2.6.6) (vgl. Tabelle 6). sind auf die Leistungserbringer im PGB nicht anwendbar. Eine formelle Ausbildung des von Bud- gethaltern beschäftigten Personals ist nicht vorgeschrieben und 72% der im Rahmen des PGB tätigen Personen ha- ben keine Ausbildung in einem Pflege- beruf. 30
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