Didaktik der Physik Frühjahrstagung - virtuell 2021 - PhyDid
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Didaktik der Physik Frühjahrstagung – virtuell 2021 Eine Lehrerbefragung zum Einsatz digitaler Tools im Physikunterricht Lars-Jochen Thoms, Raimund Girwidz Ludwig-Maximilians-Universität München l.thoms@lmu.de Kurzfassung Ein Fragebogen zum Einsatz digitaler Tools in und um den Physikunterricht wurde erstellt. Damit soll in Lehrkräftefortbildungen zum Einsatz digitaler Medien im Physikunterricht besser auf die Vorerfahrungen von Physiklehrerinnen und Physiklehrern eingegangen werden können. In einer ers- ten Pilotstudie wurden n = 58 Physiklehrkräfte basierend auf den im Orientierungsrahmen DiKo- LAN (Digitale Kompetenzen für das Lehramt in den Naturwissenschaften) formulierten Kompe- tenzerwartungen dazu befragt, (a) wie häufig sie für eine bestimmte Tätigkeit digitale Tools einset- zen und (b) welche konkreten Tools sie für diese vorgegebenen Tätigkeiten nutzen. Erste Einblicke deuten an, dass sich durch diese Fragestellungen ein differenziertes Bild der Nutzung digitaler An- wendungen seitens der befragten Lehrkräfte erfassen lässt. Die Antworten zeigen zudem, dass auch innerhalb eines Kompetenzbereiches die Nutzungshäufigkeit für einzelne Anwender in Abhängig- keit von der vorgegebenen Tätigkeit stark variieren kann. 1. Einleitung anbieten zu können, sollte ein entsprechender Frage- Am Lehrstuhl für Didaktik der Physik der Ludwig- bogen erstellt werden, mit welchem der Ist-Stand der Maximilians-Universität München werden regelmä- unterrichtsbezogenen Mediennutzung von potenziell ßig Fortbildungen für Physiklehrkräfte angeboten. an solchen Fortbildungen teilnehmenden Physiklehr- Viele dieser Fortbildungen beinhalten Konzepte zum kräften erhoben werden kann. Die entsprechende Einsatz digitaler Medien im Physikunterricht. Durch Leitfrage lautet: diese speziellen Angebote sollen sowohl die digitalen Für welchen Zweck im und um den Physikunterricht Kompetenzen der Lehrkräfte als auch der gezielte und werden welche Tools wie häufig eingesetzt? fachdidaktisch fundierte Einsatz digitaler Medien im Physikunterricht gefördert werden. 2. Methoden In der Vorbereitung einer entsprechenden Fortbil- In Anlehnung an die im Orientierungsrahmen Digi- dung sollte beachtet werden, dass die Voraussetzun- tale Kompetenzen für das Lehramt in den Naturwis- gen der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer senschaften – DiKoLAN (Arbeitsgruppe Digitale Ba- äußerst heterogen sein können. Dies betrifft u. a. die siskompetenzen, 2020) im Bereich „Spezielle Tech- vorhandenen oder verfügbaren technischen Ausstat- nik (TK)“ definierten Kompetenzerwartungen wurde tungen in der Schule, seitens der Lehrkräfte aber auch ein Fragebogen zum Einsatz digitaler Tools in und bei den Schülerinnen und Schülern. Ebenso können um den Physikunterricht erstellt. Die Strukturierung das Vorwissen und die Kompetenzstände der Lehre- für den Fragebogen basiert auf der Unterscheidung rinnen und Lehrer über den Bereich digitaler Kompe- der sieben zentralen Kompetenzbereiche im tenzen im Ganzen unterschiedlich ausgeprägt sein. DiKoLAN. Diese wurden ursprünglich aus naturwis- Auch bei einer einzelnen Person können zwischen senschaftlichen Arbeitsweisen abgeleitet und spie- verschiedenen Kompetenzbereichen Unterschiede geln daher notwendige Kompetenzen für das Unter- bestehen. richten naturwissenschaftlicher Fächer mit digitalen Insbesondere wenn digitale Tools Mittel oder Gegen- Medien wider (Thyssen et. al, 2020). Entsprechend stand der Fortbildung sind, sollten vorhandene Soft- werden die sieben zentralen Kompetenzbereiche des und Hardwarekenntnisse sowie die Häufigkeit der DiKoLAN fokussiert (Abb.1): Nutzung solcher Tools durch die Lehrkräfte berück- • Dokumentation, sichtigt werden. Hierbei ist zu beachten, dass in • Präsentation, MINT-spezifischen Fortbildungen mitunter spezielle Soft- oder Hardware gebraucht wird, was wiederum • Kommunikation/Kollaboration, naturwissenschaftsspezifische digitale Kompetenzen • Recherche und Bewertung, seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfor- • Messwert- und Datenerfassung, dert und fördert. • Datenverarbeitung sowie Um zielgerichtete und an zukünftigen Teilnehmerin- • Simulation und Modellierung. nen und Teilnehmern orientierte Fortbildungen 195
Thoms, Girwidz Abb.1: Orientierungsrahmen Digitale Kompetenzen für das Lehramt in den Naturwissenschaften – DiKoLAN (Arbeitsgruppe Digitale Basiskompetenzen, 2020, https://dikolan.de). Allgemeine technische Basiskompetenzen werden b) kenne ich, aber nie dafür benutzt, nicht berücksichtigt. Das gleiche gilt für die rechtli- c) selten dafür benutzt, chen Rahmenbedingungen, da diese stark von dem d) gelegentlich dafür benutzt, konkreten Kontext abhängen, in dem eine Anwen- dung genutzt werden würde. e) häufig dafür benutzt, Für jeden der sieben Kompetenzbereiche wurden aus f) sehr häufig dafür benutzt, den im DiKoLAN definierten Kompetenzerwartun- g) keine Antwort. gen eine, drei oder fünf Hauptfragen extrahiert Zusätzlich erhalten die Befragten die Möglichkeit, bis (Tab.1), die jeweils die folgende Grundfrage nachbil- zu drei weitere, nicht angegebene Tools hinzuzufügen den: und jeweils gleichermaßen Angaben zur Häufigkeit Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Tools, um …? der Nutzung zu machen. Zur Pilotierung des Fragebogens wurden mittels einer Als Antworten können die Befragten eine der folgen- Online-Erhebung n = 58 Physiklehrerinnen (24) und den Optionen auswählen: Physiklehrer (29; 5 keine Angabe) im November a) nie, 2020 (50) und Januar 2021 (8) zu ihrer Nutzung digi- b) selten, taler Tools im und um den Unterricht befragt. Die Be- c) gelegentlich, fragten waren im Schnitt 44,5 Jahre alt (SD = 10,5 Jahre) und seit 15,6 Jahren im Schuldienst (SD = 9,7 d) häufig, Jahre) in Bayern (54), Hessen (2) oder Baden-Würt- e) sehr häufig bis immer sowie temberg (1; keine Angabe) tätig. f) keine Antwort. 3. Ergebnisse und Diskussion Falls die Befragten digitale Tools für den in der Hauptfrage angegeben Einsatzzweck nutzen (also Im Folgenden soll ein Einblick in erste Ergebnisse nicht „nie“ oder „keine Antwort“ gewählt haben), aus der Pilotierung geben werden. wird ein weiterer Fragenblock eingeblendet, der die 3.1. Häufigkeiten der Nutzung digitaler Tools für Hauptfrage für ausgewählte Tools spezifiziert, etwa vorgegebene Einsatzzwecke nach Kompetenzbe- in der Form: reichen Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Lehr- Wie oft verwenden Sie die folgenden Tools, um …? kräfte innerhalb der Kompetenzbereiche je nach kon- Als Antwortoptionen werden hier gegeben: kretem Einsatzzweck stark unterschiedliche Nut- a) kenne ich nicht, zungshäufigkeiten aufweisen (Abb.2). Von den 196
Eine Lehrerbefragung zum Einsatz digitaler Tools im Physikunterricht Item Itemtext DO1 Wie regelmäßig dokumentieren Sie Protokolle, Experimente, Daten etc. digital? DO2 Wie regelmäßig nutzen Sie Systeme zur sicheren und dauerhaften Datenablage (Netzwerkspeicher, Cloudspeicher, Archivierungsserver)? DO3 Wie regelmäßig nutzen Sie Möglichkeiten der Versionsverwaltung und Dateiarchivierung für Ihren eigenen Gebrauch, wenn Sie nicht mit anderen zusammenarbeiten (z. B. Dateibenennung mit fortlau- fender Nummerierung, datumsbasierte Dateinamen, Windows Dateiversionsverlauf, Apple Time Ma- chine, Subversion, Git)? PR1 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Tools, um Inhalte unterschiedlicher Größenordnungen zu präsen- tieren (z. B. Dokumentenkamera, Videokamera, Smarthone, Tablet, Mikroskopkamera? PR2 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Tools, um Prozesse auf unterschiedlichen Zeitskalen zu präsentie- ren (z. B. Zeitlupe, Zeitraffer)? PR3 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Tools, um Präsentationen einem größeren Auditorium zugänglich zu machen (z. B. Beamer, interaktive Tafeln)? PR4 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Tools, um Präsentationen/Bildschirmanzeigen mehreren Gruppen zugänglich zu machen (z. B. Anzeige auf mehreren Endgeräten)? PR5 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Tools, um Präsentationen/Bildschirmanzeigen einzelnen Empfän- gern zugänglich zu machen? KK1 Wie regelmäßig nutzen Sie Software für kollaborative Text- und Datenverarbeitung (z. B. Office 365, Google Docs, Etherpad)? KK2 Wie regelmäßig nutzen Sie Cloud-Speicher, um Dateien gemeinsam zu bearbeiten oder auszutau- schen? KK3 Wie regelmäßig nutzen Sie Möglichkeiten zur Versionsverwaltung Ihrer Dateien gemeinsam mit an- deren (z. B. Dateibenennung mit fortlaufender Nummerierung, datumsbasierte Dateinamen, Subver- sion, Git)? KK4 Wie regelmäßig nutzen Sie Systeme für gemeinsam nutzbare Netzspeicher (z. B. WLAN-Speicher, NAS)? KK5 Wie regelmäßig nutzen Sie Systeme zur gemeinsamen Datenverwaltung? RB1 Wie regelmäßig nutzen Sie Suchmöglichkeiten der digitalen Recherche, wie Suchfunktionen von Bibliotheken, Fachdatenbanken oder elektronische Volltexte? RB2 Wie regelmäßig nutzen Sie Recherchestrategien (z. B. Problemanalyse, Stichwörter, Synonyme und Suchdienste)? RB3 Wie regelmäßig erstellen Sie Datenbanken? MD1 Wie regelmäßig führen Sie Videoanalysen von Bewegungsabläufen durch? MD2 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Tools zur computerunterstützten Messwerterfassung mit schul- spezifischen Systemen (z. B. für EKG-, pH-, Temperatur-, Strom-, Spannungs-, Bewegungsmessun- gen)? MD3 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Labor-/Messinstrumente, die Messdaten zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stellen (u. a. Wetterstationen, digitale Waagen, Wärmebildkameras)? MD4 Wie regelmäßig nutzen Sie mobile Endgeräte mit eingebauten Sensoren zur Datenaufnahme (z. B. Kamera, Gyroskop, Beschleunigungs-, Licht- und Biometrie-Sensor)? MD5 Wie regelmäßig nutzen Sie mobile Endgeräte mit externen Sensoren? DV2 Wie regelmäßig nutzen Sie digitale Werkzeuge (z. B. Statistikprogramme, Tabellenkalkulation, Da- tenbanken) zur Aufbereitung zur Visualisierung? SM1 Wie regelmäßig nutzen Sie Programme oder Webpakete, mit denen Simulationen und Modellierun- gen vorgenommen werden können zur Generierung von Daten im Erkenntnisprozess, zum Abgleich mit experimentell gewonnenen Daten oder zur Veranschaulichung fachlicher Zusammenhänge? Tab.1: Hauptfragen zur Häufigkeit der Nutzung digitaler Tools in und um den Physikunterricht. 197
Thoms, Girwidz 100% 75% 50% 25% 0% 25% 50% 75% 100% DO1 0% 12% 21% 26% 22% 19% DO2 2% 9% 17% 17% 7% 48% DO3 5% 28% 17% 17% 16% 17% PR1 0% 2% 2% 12% 26% 59% PR2 2% 38% 34% 19% 5% 2% PR3 2% 3% 3% 9% 19% 64% PR4 2% 24% 22% 33% 9% 10% PR5 2% 28% 21% 26% 17% 7% RB1 3% 22% 21% 14% 26% 14% RB2 5% 28% 16% 14% 22% 16% RB3 7% 67% 19% 5% 2% 0% KK1 3% 31% 12% 14% 16% 24% KK2 0% 36% 16% 22% 19% 7% KK3 2% 48% 28% 14% 3% 5% KK4 7% 53% 24% 7% 2% 7% KK5 7% 59% 19% 9% 5% 2% MD1 2% 29% 29% 31% 9% 0% MD2 3% 26% 22% 26% 14% 9% MD3 3% 48% 29% 9% 7% 3% MD4 2% 17% 26% 40% 9% 7% MD5 3% 62% 21% 9% 3%2% DV1 2% 12% 24% 33% 24% 5% DV2 2% 16% 16% 45% 19% 3% DV3 3% 31% 29% 21% 14% 2% SM1 2% 14% 16% 36% 26% 7% 0% 25% 50% 75% 100% keine Angabe nie selten gelegentlich häufig sehr häufig bis immer Abb.2: Diverging stacked bar chart der prozentualen Häufigkeiten der Nutzung digitaler Anwendungen für einen vorgege- benen Einsatzzweck. Befragten geben 85% an, häufig bis immer digitale variantenreiche Anwendung findet, da hier ein großer Tools zu verwenden, um Inhalte unterschiedlicher Anteil der Lehrkräfte bei allen vorgegebenen Einsatz- Größenordnungen zu präsentieren und 83% geben an, zwecken digitale Medien nutzt (55%, 48% bzw. häufig bis immer digitale Anwendungen zu nutzen, 59%). Von den Befragten nutzen auch 85% Simulati- um Präsentationen einem größeren Auditorium zu- onen und Modellierungen im Physikunterricht. gänglich zu machen. Dagegen nutzen nur 7% digitale Tools, um Prozesse auf unterschiedlichen Zeitskalen zu präsentieren; und 38% geben an, diese Möglich- Nutzung digitaler Tools keit niemals in die Unterrichtsgestaltung einzubin- den. Auffällig ist die starke Differenzierung zwischen Bereich Anz. bei keinem bei allen den einzelnen Hauptfragen zur Nutzungshäufigkeit Item Items digitaler Medien für bestimmte Einsatzzwecke auch Dokumentation 3 2% 55% innerhalb der Kompetenzbereiche. Dies deutet darauf hin, dass auch Fragestellungen zum Kompetenzstand Präsentation 5 0% 48% von Lehrerinnen und Lehrern in diesen Kompetenz- Kommunikation/ 5 16% 16% bereichen differenziert betrachtet werden müssen. Kollaboration Es gibt einzelne Einsatzzwecke vor allem in den Recherche und 5 16% 17% Kompetenzbereichen Präsentation und Dokumenta- Bewertung tion, für die vergleichsweise häufig digitale Medien Messwert- und 5 3% 17% genutzt werden (vor allem PR1, PR3, DO2 aber auch Datenerfassung DO1). Dennoch lässt sich keine deutliche generelle Tendenz erkennen, dass zum Beispiel in fachspezifi- Datenverarbeitung 3 7% 59% scheren Kompetenzbereichen gegenüber allgemeine- Simulation und 1 14% 85% ren Kompetenzbereichen generell eine häufigere Me- Modellierung diennutzung stattfinden würde oder umgekehrt. Tab.2: Teil der Befragten je Kompetenzbereich, die bei al- Bemerkenswert ist auch, wenn Lehrkräfte angeben, len bzw. keiner Hauptfrage(n) zur Nutzung digitaler Tools bei keinem vorgegeben Einsatzzweck eines Kompe- in dem jeweiligen Kompetenzbereich „nie“ angegeben ha- tenzbereiches digitale Medien zu nutzen. Trotz der ben. durch die Covid-19-Pandemie erzwungene Verlage- 3.2. Ausgewählte Beispiele zur Häufigkeit der Nut- rung des Unterrichts in das Distanzlernen, geben 16% zung spezifischer Tools für vorgegeben Einsatz- der befragten Lehrkräfte bei allen Items des Kompe- zwecke tenzbereichs Kommunikation/Kollaboration an, nie Aufgrund der Vielzahl der untersuchten Einsatzzwe- digitale Tools zu verwenden (Tab.2). cke können an dieser Stelle nur beispielhaft Ergeb- Andererseits zeigt sich, dass die Nutzung digitaler nisse zur Häufigkeit der Nutzung digitaler Anwen- Medien in den Bereichen Dokumentation, Präsenta- dungen für ausgewählte Einsatzzwecke vorgestellt tion und Datenverarbeitung eine breite und werden. 198
Eine Lehrerbefragung zum Einsatz digitaler Tools im Physikunterricht 3.2.1. Häufigkeiten der Nutzung digitaler Tools bei Lehrkräfte (31%) gab an, niemals Software für die der digitalen Dokumentation von Experimenten kollaborative Text- und Datenverarbeitung zu nutzen. und Daten Wenn Lehrerinnen und Lehrer Software zur Kollabo- Der größte Teil der Befragten (88%) gab an, digitale ration bei der Gestaltung von Texten und Verarbei- Tools zur Protokollierung und dauerhafte Dokumen- tung von Daten nutzen, sind auch hier Anwendungen tation von Experimenten und Daten zu nutzen aus dem Microsoft-Office-Paket am verbreitetsten (Abb.3). Die Nutzungshäufigkeit ist insgesamt stark (Abb.6). unterschiedlich. Im Vergleich der Einzelnutzung für die Dokumenta- tion zur kollaborativen Nutzung der Software fällt auf, dass Google Docs in der Reihenfolge der Nut- zungshäufigkeit beim Wechsel von der Einzelnut- zung zur kollaborativen Nutzung deutlich ansteigt. Abb.3: Häufigkeiten der Nutzung digitaler Anwendungen zur Dokumentation von Experimenten und Daten (DO1 in Tab.1). Sehr häufig genutzt werden für diesen Zweck kom- merzielle Produkte aus dem Microsoft-Office-Paket Abb.5: Häufigkeiten der Nutzung digitaler Anwendungen (Word, Excel, OneNote). Open-Source-Alternativen für kollaborative Text- und Datenverarbeitung (KK1 in sind den Lehrkräften zwar bekannt, werden von die- Tab.1). sen aber nur selten genutzt (Abb.4). Abb.6: Häufigkeiten der Nutzung vorgegebener digitaler Abb.4: Häufigkeiten der Nutzung vorgegebener digitaler Anwendungen für kollaborative Text- und Datenverarbei- Tools bei der Dokumentation von Experimenten und Da- tung (KK1 in Tab.1). ten (DO1 in Tab. 1). 3.2.3. Häufigkeiten der Nutzung digitaler Tools 3.2.2. Häufigkeiten der Nutzung digitaler Tools für Simulation und Modellierung für kollaborative Text- und Datenverarbeitung Simulationen und Modellierungen werden von fast Wenn es darum geht, gemeinsam Texte zu schreiben allen Lehrkräften im Physikunterricht eingesetzt und Daten zu verarbeiten oder schreiben bzw. verar- (Abb.7). Die meisten Befragten gaben an, Simulatio- beiten zu lassen, nimmt die Nutzungshäufigkeit ge- nen und Modellierungen gelegentlich bis häufig zu genüber jener im Kompetenzbereich Dokumentation nutzen. deutlich ab (Abb.5). Fast ein Drittel der befragten Bei der Nachfrage, welche konkreten Tools genutzt werden, zeigt sich, dass die im Internet frei 199
Thoms, Girwidz verfügbaren Angebote auf LEIFIphysik im Physikunterricht nutzen, wissen 40% nicht, dass (https://www.leifiphysik.de/), die PhET-Simulatio- einige Smartphones über eingebaute Pulsoximeter nen der University of Colorado Boulder verfügen. Entsprechend selten werden Pulsoximeter (https://phet.colorado.edu/; Wieman et al., 2010) und eingesetzt. die Simulationen von Walter Fendt (https://www.walter-fendt.de/) breite und häufige Anwendung finden (Abb.8). Für Modellierungen wird lediglich Microsoft Excel häufiger genutzt. Spe- ziell für das Physiklernen entwickelte Softwarean- wendungen wie Easy JavaScript Simulations (https://www.um.es/fem/EjsWiki/Main/HomePage; Christian & Esquembre, 2007) und CMA Coach (https://cma-science.nl/home-2; Heck et al., 2009) sind weitgehend unbekannt. Abb.9: Häufigkeiten der Nutzung mobiler Endgeräte mit eingebauten Sensoren zur Messwert- und Datenerfassung (MD4 in Tab.1). Abb.7: Häufigkeiten der Nutzung digitaler Anwendungen für Simulation und Modellierung (SM1 in Tab.1). Abb.10: Häufigkeiten der Nutzung vorgegebener mobiler Endgeräte mit eingebauten Sensoren zur Messwert- und Datenerfassung (MD4 in Tab.1). 4. Fazit und Ausblick An dieser Stelle konnte nur ein kleiner Einblick in die Ergebnisse dieser Pilotstudie gegeben werden. Es zeigt sich, dass auch innerhalb eines Kompetenzbe- reiches teils große Unterschiede in der Mediennut- Abb.8: Häufigkeiten der Nutzung vorgegebener digitaler zung zwischen verschiedenen Einsatzszenarien beste- Tools für Simulation und Modellierung (SM1 in Tab.1). hen. Auch differenzieren die befragten Lehrkräfte zwischen den Einsatzzwecken, wie häufig für be- 3.2.4. Häufigkeiten der Nutzung mobiler Endge- stimmte Anforderungen digitale Tools genutzt wer- räte mit eingebauten Sensoren zur Messwert- den. Während die Einsatzhäufigkeiten bei vielen Ein- und Datenerfassung satzzwecken um eine mittlere Häufigkeit streuen, Von den befragten Physiklehrerinnen und Physikleh- zeigt sich bei der Kommunikation/Kollaboration eine rern nutzen 81% die eingebauten Sensoren von zweigipflige Verteilung der Nutzungshäufigkeiten. Smartphones oder Tablets zur Aufnahme von Mess- Hier gibt es einen signifikanten Teil an Lehrkräften werten beim Experimentieren (Abb.9). die nie digitale Tools zur gemeinsamen Bearbeitung Neben Mikrofon und Kamera des mobilen Endgerä- von Texten und Daten nutzen und ebenso eine ausge- tes wird vor allem der Beschleunigungssensor genutzt prägte Gruppe an Lehrerinnen und Lehrern, die sehr (Abb.10). Von den Lehrkräften, die mobile Endgeräte häufig bis immer digitale Medien hierfür nutzt. 200
Eine Lehrerbefragung zum Einsatz digitaler Tools im Physikunterricht In der Pilotierung des Fragbogens hat sich gezeigt, 5. Literatur dass die Erhebung der Nutzungshäufigkeit digitaler Arbeitsgruppe Digitale Basiskompetenzen: Becker, Anwendung für bestimmte unterrichtsbezogene Tä- S., Bruckermann, T., Finger, A., Huwer, J., tigkeiten durch potenzielle Fortbildungsteilnehmerin- Kremser, E., Meier, M., Thoms, L.-J., Thyssen, nen und -teilnehmer ein differenziertes Bild des Ein- C. & Kotzebue, L. von. (2020). Orientierungs- satzes digitaler Tools durch die Befragten liefern rahmen Digitale Kompetenzen Lehramtsstudie- kann. Insgesamt ist die Aussagekraft dieser Befra- render der Naturwissenschaften – DiKoLAN. In gung dahingehend begrenzt, dass die Stichprobe im S. Becker, J. Meßinger-Koppelt & C. Thyssen wesentlichen bayerische Physiklehrerinnen und Phy- (Hrsg.), Digitale Basiskompetenzen: Orientie- siklehrer umfasst. Dennoch lassen sich aus den Er- rungshilfe und Praxisbeispiele für die universi- gebnissen wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige täre Lehramtsausbildung in den Naturwissen- Gestaltung des Fortbildungsangebotes zum Einsatz schaften (S. 14–43). Joachim Herz Stiftung. digitaler Medien im Physikunterricht am Lehrstuhl https://www.joachim-herz-stiftung.de/ für Didaktik der Physik der Ludwig-Maximilians- fileadmin/Redaktion/ Universität München gewinnen. JHS_Digitale_Basiskompetenzen_web_srgb.pdf Die Ableitung der Hauptfragen aus dem Orientie- Christian, W. & Esquembre, F. (2007). Modeling rungsrahmen Digitale Kompetenzen für das Lehramt Physics with Easy Java Simulations. The Phys- in den Naturwissenschaften (DiKoLAN) hat sich da- ics Teacher, 45(8), 475–480. bei als gut gangbarer Weg gezeigt. Eine Angleichung https://doi.org/10.1119/1.2798358 der Anzahl der Hauptfragen je Kompetenzbereich Heck, A., Kędzierska, E., & Ellermeijer, T. (2009). wäre wünschenswert. Dies lässt sich aber nicht ein- Design and implementation of an integrated fach durch Zusammenfassen verschiedener Tätigkei- computer working environment for doing math- ten erreichen, eben weil die Befragten deutlich zwi- ematics and science. The Journal of Computers schen den einzelnen Items unterscheiden. in Mathematics and Science Teaching, 28(2), Der Bereich Simulation und Modellierung muss zu- 147-161. https://learntechlib.org/p/30302/ künftig differenzierter erhoben werden, da die befrag- Thyssen, C., Thoms, L.-J., Kremser, E., Finger, A., ten Lehrkräfte Simulationen sehr häufig aber Model- Huwer, J. & Becker, S. (2020). Digitale Basis- lierungen nur selten im Physikunterricht nutzen. kompetenzen in der Lehrerbildung unter beson- derer Berücksichtigung der Naturwissenschaf- Für einen breiteren Blick auf die Nutzung digitaler ten. In M. Beißwenger, B. Bulizek, I. Gryl & F. Tools im naturwissenschaftlichen Unterricht sollte Schacht (Hrsg.), Digitale Innovationen und die Befragung auch auf Chemie- und Biologielehr- Kompetenzen in der Lehramtsausbildung kräfte und auf andere Bundesländer ausgedehnt wer- (S. 77–98). Universitätsverlag Rhein-Ruhr. den. Mit der Orientierung am Ordnungsrahmen für https://doi.org/10.17185/duepublico/73330 die digitalen Kompetenzen für das Lehramt in den Wieman, C. E., Adams, W. K., Loeblein, P. & Per- Naturwissenschaften (DiKoLAN) ist die Grundlage kins, K. K. (2010). Teaching Physics Using für eine Übertragbarkeit des Erhebungsinstruments PhET Simulations. The Physics Teacher, 48(4), jedenfalls geschaffen. 225–227. https://doi.org/10.1119/1.3361987 Mit einer größeren Stichprobe sollte dann auch explo- rativ untersucht werden, ob sich unter den Lehrkräf- Förderhinweis ten unterschiedliche Typen bezüglich der Nutzung di- Das diesem Artikel zugrundeliegende Vorhaben „Di- gitaler Medien identifizieren lassen. Es gibt bereits in gitale Medienkompetenz im Lehramt – Physik den vorliegenden Daten Hinweise auf zumindest drei (MiLA-P)“ ist Teil des Projekts „Lehrerbil- mögliche Arten: dung@LMU“ und wird im Rahmen der gemeinsamen a) Wenignutzer, „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ von Bund und b) Experten/Vielnutzer in einzelnen Bereichen, Ländern mit Mitteln des Bundesministeriums für Bil- dung und Forschung unter dem Förderkennzeichen c) Universalexperten / Vielnutzer in vielen Bereichen. 01JA1810 gefördert. Die Verantwortung für den In- Sollten sich solche oder andere Typen erkennen las- halt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. sen, wäre dies ein möglicher Ansatzpunkt für gezielte Fortbildungsmaßnahmen, z. B., um Multiplikatoren auszubilden. Schließlich würde eine jährliche Wiederholung der Befragung Erkenntnisse über zeitliche Veränderun- gen in der typischen Mediennutzung ermöglichen. Lehrkräfte sind selbst sehr interessiert an solchen Umfrageergebnissen und gaben hierzu sehr diskussi- onsfreudig Rückmeldung. 201
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