Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"

Die Seite wird erstellt Linus Grimm
 
WEITER LESEN
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
November 2019/2

Die Generalistik kommt!   „Ende eines Erfolgsmodells“   Chance oder Risiko?
Was sich mit der          Ingrid Hastedt und            Wie die Praxis die Reform
neuen Ausbildung ändert   Ute Schienmann im Gespräch    der Pflegeausbildung beurteilt
Seite 4                   Seite 8                       Seite 12
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
›› Inhalt
                   Abschluss

                                                 Fokus ›› Neue Pflegeausbildung
                   Pflege-              lu ss
                  fachmann     Ab sch
                                      -
                                Alten n
                                       ri
                                pflege

                                                    Die Generalistik kommt – das ändert sich!                                         4
                                                    Die neue Pflegeausbildung im Überblick

                                                    „Ein Erfolgsmodell wird abgeschafft“                                              8
                                                                           Karri ere

                                                    Im Gespräch: Vorstandsvorsitzende Ingrid Hastedt und
                                                    Bildungszentrums-Leiterin Ute Schienmann

                                                    Generalistische Pflegeausbildung – Chance oder Risiko?                           12
                                                    Stimmen aus der Praxis
                                Qualität

                                                 ›› Aus unserer Arbeit
                                                    Von der Servicefachkraft zum Altenpflegeberuf                                    14
                                                    Für Gjyste Scardamaglia und Joscha Hübenthal war die
                                                    Servicehelfer-Ausbildung ein Sprungbrett

                                                    Stammpersonal stärken – neue Kräfte binden                                       16
                                                    Die 63. Fachtagung des Wohlfahrtswerks gab Impulse
                                                    für eine erfolgreiche Personalarbeit im Pflegeheim

                                                    Mit Musik durch das Jahr                                                         18
                                                    2019 ist beim Wohlfahrtswerk das „Jahr der Musik“
Impressum
Herausgeber
                                                    Glücksfaktor Essen                                                               20
  Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg              Das Jakob-Sigle-Heim wurde als „Botschafter emotionaler
  Falkertstr. 29 · 70176 Stuttgart
                                                    Genuss“ ausgezeichnet
  www.wohlfahrtswerk.de
  V.i.S.d.P.: Ingrid Hastedt,
  Vorsitzende des Vorstands                         Eine Zeit der Expansion                                                          22
Redaktionsleitung                                   Ein Rückblick auf die aktive Zeit des verstorbenen
  Katja Kubietziel (kk)                             früheren Vorstands Paul S. Held
  Tel. 0711 / 6 19 26-104
  Fax 0711 / 6 19 26-199
                                                    „Die Idee passt bis heute“                                                       24
  katja.kubietziel@wohlfahrtswerk.de
Redaktionelle Mitarbeit                             Nach 37 Jahren beim Wohlfahrtswerk geht Erwin Müller in Rente – ein
  Anja Wieland (aw), Frank Bantle (fb),             Gespräch zum Haus am Weinberg und Entwicklungen der Altenhilfe
  Stephanie Rieder-Hintze (srh)
Fotos
  Titelfoto: Adobestock; Fotos S.20-21:          ›› Panorama                                                                         26
  Transgourmet; Foto S. 29: privat.                 Kurz berichtet
  Alle weiteren Fotos: Wohlfahrtswerk
  für Baden-Württemberg
Satz und grafische Gestaltung                    ›› Menschen                                                                         28
  Kreativ plus GmbH                                 Maria Krämer: Die ausgezeichnete Azubine
  Hauptstr. 28 · 70563 Stuttgart
Druck und Herstellung
  Krautheimer Werkstätten
  für Menschen mit Behinderung gGmbH
  In der Au 15 · 74238 Krautheim

Das Wohlfahrtswerk für Baden-Würt­
temberg ist Mitglied im Paritätischen
                                                Spendenkonten
Wohlfahrtsverband. Die Stiftungszeitschrift     Baden-Württembergische Bank (BIC: SOLADEST600)         IBAN: DE85 6005 0101 0002 0264 08
WEITwinkel erscheint zweimal jährlich
und kann kostenlos bezogen werden.              Postbank Stuttgart (BIC: PBNKDEFFXXX)                  IBAN: DE51 6001 0070 0002 8257 03
Auflage dieser Ausgabe: 5.500                   Bank für Sozialwirtschaft Stuttgart (BIC: BFSWDE33STG) IBAN: DE46 6012 0500 0007 7395 00
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Editorial ‹‹

                               Liebe Leserin, lieber Leser,

wussten Sie, dass es eine Ausbildung speziell für die   in diesem Jahr beschäftigt. Ergebnis ist ein 180
Pflege Älterer nur in Deutschland und in Österreich     Seiten füllendes Abschlusspapier. Dieses beschreibt
gibt? Und dass unsere duale Ausbildung – also           nicht nur über 300 notwendige Maßnahmen im
die enge Verzahnung von betrieblicher Praxis und        Detail, sondern sagt auch konkret, durch wen sie
Unterricht in der Berufsfachschule – in anderen         jeweils umzusetzen sind. Dazu zählen Bundes-
Ländern gar nicht existiert und sogar als Vorbild       und Landesbehörden, Fachverbände, Pflege- und
gilt? Ab 2020 wird sich bei der Pflegeausbildung in     Krankenkassen, Gremien der Selbstverwaltung und
Deutschland vieles ändern: Aus den drei bisherigen      natürlich auch die Krankenhäuser und Pflegeein-
Ausbildungen Krankenpflege, Kinderkrankenpfle-          richtungen.
ge und Altenpflege wird dann eine gemeinsame
Pflegeausbildung. Die Fachwelt beschäftigt dieses       Diese Vielfalt der Akteure zeigt, dass eine Ver-
im Moment sehr; noch ist vieles unklar und Vor-         besserung der Rahmenbedingungen ein komplexes
bereitungen auf diese einschneidende Umstellung         Unterfangen ist, bei dem vieles parallel anzuge-
laufen – natürlich auch bei uns. Wir beleuchten         hen ist und das erst durch das Zusammenwirken
in diesem Heft Fakten und Meinungen zu dieser           aller beteiligten Seiten gelingen kann. Dieses
neuen generalistischen Pflegeausbildung.                fordert erneut Zeit und Geduld und wird letzt-
                                                        lich auch zu weiteren Reformen der Pflegeversi-
Neben einer guten Ausbildung braucht es für die         cherung führen müssen. Doch der Blick auf die
in der Pflege Tätigen auch gute Rahmenbedin-            demografische Entwicklung und die Situation
gungen. Damit hat sich eine von drei Bundesmi-          auf dem Arbeitsmarkt zeigt: Es geht kein Weg
nistern eingesetzte „Konzertierte Aktion Pflege“        daran vorbei.

                                                        Es grüßt Sie herzlich

                                                        Ihre
                                                        Ingrid Hastedt

                                                                             WEITwinkel   •   November 2019   •   2   3
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

    Die generalistische Pflegeausbildung
                                    Das ändert sich!
                                                     Das wird kommen

      1         Ab 2020 tritt die Pflege­                               3        Im dritten Jahr gibt es ein Wahlrecht:
                berufe­reform in Kraft:                                          Wer durch die Auswahl des Trägers
                Es wird dann keine                                               seinen Schwerpunkt auf die Pflege
                Aufteilung in Alten-,                                            alter Menschen gelegt hat, kann
                Kinderkranken- und                                               dann entweder die generalistische
                Krankenpflege mehr                                               Ausbildung fortsetzen oder den Ab-
                geben.                                                           schluss „Altenpfleger/in“ anstreben.

      2         Alle Azubis starten mit                                 4        Das gleiche gilt für Azubis in der
                dem Ausbildungsziel                                              Kinderkrankenpflege: Sie können
                „Pflegefachfrau bzw.                                             im dritten Jahr ebenfalls wählen, ob
                Pflegefachmann“.                                                 sie den generalistischen Abschluss
                Die ersten beiden                                                oder den Abschluss als Gesundheits-
                Jahre lernen sie die                                             und Kinderkrankenpfleger erwerben
                gleichen Inhalte in                                              möchten.
                Theorie und Praxis.
    2 Jahre                                           GENERALISTISCHE
                                                        AUSBILDUNG

                                                                                 Quelle: Homepage des Bundesministeriums für
                                                                                 Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    3. Jahr
                                                                             Gesundheits-
    Berufs-                                                Pflege-
                           Altenpfleger/in                                    und Kinder-
    abschluss                                          fachfrau/-mann
                                                                            krankenpfleger/in

4         WEITwinkel   •    November 2019    •   2
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

Gründe für die Reform

1   Krankenpflege wird auch im Pflegeheim immer wichtiger, denn:
    Die Bewohner sind oft chronisch und mehrfach erkrankt. Die
    pflegerische Versorgung wird immer anspruchsvoller.

2   Altenpflege wird auch im Krankenhaus                                                          88
                                                                                                  +    %

    immer wichtiger, denn: Die Patienten sind
    häufig an Demenz erkrankt. Kenntnisse                                              MEHR PFLEGEBEDÜRFTIGE
                                                                                         BIS ZUM JAHR 2050
    im Umgang mit alten Menschen werden
    immer     wichtiger.
       Abschluss
       Pflege-             s  h lu s
      fachmann         Absc
                                  -
                        Alten
                          f le g erin
                        p
3   Durch den demografischen Wandel
    braucht die Pflege mehr Personal.
    Die genera­listische Ausbildung soll             2,4        2,9        3,4             3,9         4,5
                                                     Mio.       Mio.        Mio.           Mio.            Mio.
    den Beruf für noch mehr Menschen
    attraktiv machen.

4   Deutschland zieht mit der Reform international nach: In anderen                Quelle: Homepage des
    europäischen Ländern wird in der Pflege schon lange generalistisch             Bundesministeriums für Familie,
    ausgebildet, den Beruf Altenpfleger/in kennt man dort nicht. Der               Senioren, Frauen und Jugend
                                                                                                                     Ka rri ere
    generalistische Berufs­abschluss wird europaweit automatisch
    anerkannt werden.

                                           Das dürfen künftig
                                           nur Pflegefachkräfte
                        Qualität

                                        Den Pflegebedarf erheben, den Pflegeprozess
                                        steuern und die Qualität sicherstellen – diese
                                        Aufgaben dürfen künftig ausschließlich durch
                                        Pflegefachkräfte ausgeübt werden. Deshalb
                                        werden sie „Vorbehaltsaufgaben“ genannt.

                                                                          WEITwinkel   •   November 2019    •   2   5
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung
                                                                                                                                                                                                                        usbildung · 2.100
                                                                                                                                                                                                                   eA                       Std
                                                                                                                                                                                                              ch                                  .
                                                                                                                                                                                                      u   lis

                                                                                                                                                                                            h
                                                                                                                                                                                                                                    Ka rri ere

                                                                                                                                                                                       Sc
    Pflegeausbildung mit akademischem Grad
                                                                                                                                                                                                                        4.600
    Ein neues grundständiges Pflegestudium soll erweiterte Karrieremöglichkeiten                           Stunden

                                                                                                               Orientie Std.
    und Aufstiegschancen eröffnen: Es vermittelt die Kompetenzen der dualen

                                                                                                                                               In de
    Pflegeausbildung in Berufsschule und Praxisstelle, ergänzt diese um pflege­

                                                                                                                      400
                                                                                                                       rung

                                                                                                                                                    r Al
    wissenschaftliche Inhalte und befähigt zur Steuerung und Gestaltung
                                                                                                                                           St

                                                                                                                           sph

                                                                                                                                                                                                                                                      d.

                                                                                                                                                                                                                                                                st ggf
                                                                                                                                                        ten
    hochkomplexer Pflegesituationen. Das Studium dauert mindestens drei Jahre               Be                                        5 00

                                                                                                                              ase

                                                                                                                                                           pfl
                                                                                                                                     .

                                                                                                                                                                                                                                                           in chen
                                                                                               tri e                                2
                                                                                                     b li c h e                  g·
                                                                                                                A u s b il d u n

                                                                                                                                                              eg
    und schließt mit der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau/Pflegefachmann“

                                                                                                                                                                                                                                                               i
                                                                                                                                                                                                                                                             de
                                                                                                                                                   Be

                                                                                                                                                                ee

                                                                                                                                                                                                                                                             re
                                                                              ic

                                                                                                                                                                  in
                                                                                                                                                                                                                                                               M
    in Verbindung mit dem akademischen Grad ab. Wer bereits eine Pflege­- htun                                                                 ren

                                                                                                                                                                    r
                                                                                                                                              e
                                                                                 g · Mich                                                   nd
                                                                                     Min es                                             In a
    ausbildung mitbringt, kann sich Leistungen anrechnen lassen.

                                                                                                                                               Pf 4
                                                                        h           gibt de

                                                                                                                                                 lic
                                                                                                                                                   00 tein                          1 Mio.stens 1.300 S
               Qualität                                                                                                                              St sat                              Mal
                                                                                                                                                                                                                             td.
                                                                                                                                                       d.  z

                                                                                                                                                                                                          Vertie
                                                                                                                                                                                                                fungseinsatz
                                                                                                                                                                                                               500 Std.
                                                                                                                  Kostenfreie Ausbildung für alle

                                                                                                             Was in Baden-Württemberg bereits seit 1990 gilt,
                                                                                                             kommt jetzt für alle Bundesländer: Künftige
                                                                                                                        Zusätzlich: Zur freien              Zusätzlich: Erweiterung
                                                                                                             Schülerinnen Verteilung
                                                                                                                           und Schüler      müssen kein Schulgeld
                                                                                                                                     · 80 Std.              des Ausbildungshorizonts
                                                                                                             mehr für die Pflegeausbildung bezahlen.        (z.B. Pflegeberatung) · 80 Std.

                                                       BISHERIGE ALTENPFLEGEAUSBILDUNG

                                                                                             usbildung · 2.100
                                                                                    h   eA                                   Std
                                                                                isc                                                .
                                                                           ul
                                                                   h
                                                              Sc

                                                                                                                                                                                                                                   Ambulante
                                                                                                                                                                                   gern* · 500 Std.
                                                                                                                                                                    bei deren Bereichen ggf.

                                                                                                                                                                                                                                   Pflege
                                                                                             4.600
                                                                                               Stunden                                                                                                                             Geronto-
                                                                                                                                                                            ren Trä

                                                                                                                                                                                                                                   psychiatrische
                                                                                                                                                                                                                                   Einrichtung
                                                                                                                                                                        ande
                                                                                                                                                                          n
                                                                                                                                                                      In a

                                                                                                                                               t                                                                                   Krankenhaus
                                                                                                                                              d.

                                                                            Be                                                            0S
                                                                                                                                 50
                                                                                   trie
                                                                                          b lic h e                      g   · 2.
                                    In

                                                                                                      A u s b il d u n
                                        de

                                              lte
                                        rA

                                                  n   pf
                                                           le g
    * Diese Zeiten wurden häufig                                  eei
                                                                        n r ic
                                                                                 ht u n                                                td .
    im ausbildenden Betrieb erbracht,                                                     g · M in d e s t e n s 2 .0 0 0 S
    mindestens 100 Stunden im Außeneinsatz
    waren vorgeschrieben. · Inhalt und Grafik: Wohlfahrtswerk

6       WEITwinkel    •   November 2019   •    2
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

         Mehr Praxisanleitung für Azubis

   Für Azubis wird es künftig mehr Anleitung in ihrer
   betrieblichen Ausbildung geben – das soll die Ausbil-
   dungsqualität erhöhen. Waren bisher 25 Stunden pro
   Halbjahr vorgesehen, müssen künftig mindestens zehn
   Prozent der Ausbildungszeit auf die Praxisanleitung
   entfallen. Die Kosten dafür bekommen die ausbildenden
   Einrichtungen aus dem Ausgleichsfonds ersetzt.

                                                 KÜNFTIGE AUSBILDUNG IM PFLEGEHEIM

                                                                                        ildung · 2.10
                                                                            e   Au sb                        0S
                                                                        sch
                                                                                                                     t d.
                                                                    i
                                                                 ul
                                                      h
                                                     Sc

                                                                                                                                                                                          Pädiatrische
                                                                                                                                                                                          Versorgung (z.B. im
                                                                                                                                                                                          Kinderkrankenhaus)

                                                                                   4.600
                                                                                                                                                                                          120 Std.
                                                                                                                                                              ren Trägern

                                                                                      Stunden                                                                                             Psychiatrische
   Orientie Std.

                                                                                                                                                                                          Versorgung (z.B. in
                                                                                                                                                                                          Gerontopsychiatrie)
                                                                                                                                                  1.0 ei ande
                        In de

                                                                                                                                                          td.

                                                                                                                                                                                          120 Std.
          400
           rung

                                                                                                                                                     40 S
                             r Al

                                                                                                                                                      b

                                                                                                                                   t
                                                                                                                                            ste ggf.
               sph

                                                                                                                                 d.
                                 ten

                                                                                                                              0S
                                                                   Be                                                    50
                  ase

                                                                                                                                               ns
                                    pfl

                                                                                                                     · 2.
                                                                                                                                       in chen

                                                                         tri e
                                                                                 b li c h e                      g                                                                        Ambulante Pflege
                                                                                              A u s b il d u n
                                       eg

                                                                                                                                           i
                                                                                                                                         de

                                                                                                                                         Be M
                                         ee

                                                                                                                                         re

                                           ich                                                                                                                                            (z.B. bei ambulantem
                                           in

                                                                                                                                     ren
                                             r

                                              tu                                                                                    e                                                     Pflegedienst) · 400 Std.
                                                ng
                                                     ·M                                                                     In   and
                        Pf 4

                            h                             in d
                          lic

                                                                 e s te
                          00 tein                                         ns 1.3
                            St sat                                              00 Std.
                              d.  z

                                                                   Vertie                                                                                         Stationäre Akutpflege
                                                                         fungseinsatz
                                                                                                                                                                  (z.B. im Krankenhaus) · 400 Std.
                                                                        500 Std.

                        Zusätzlich: Zur freien                                                      Zusätzlich: Erweiterung
                          Verteilung · 80 Std.                                                      des Ausbildungshorizonts
                                                                                                    (z.B. Pflegeberatung) · 80 Std.

Quelle: Inhalt nach www.pflegeausbildung.net;
Grafik Wohlfahrtswerk

                                                                                                                                                                      WEITwinkel   •   November 2019   •   2        7
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

    „Ein Erfolgsmodell wird abgeschafft“
      Die generalistische Pflegeausbildung kommt – was sind Befürchtungen und
      Hoffnungen der Altenpflege? Wir sprachen mit der Vorstandsvorsitzenden
      Ingrid Hastedt und Ute Schienmann, die das Bildungszentrum Wohlfahrtswerk leitet.

     Die wichtigste Frage vorab: Wie beurteilen Sie die   Ein zentrales Argument ist ja, dass sich die
     geplante Reform?                                     Anforderungen in der Pflege verändert haben.

     Hastedt: Ich kann nur sagen: Glückwunsch an          Schienmann: Das stimmt. Im Krankenhaus muss
     die Krankenhäuser – die brauchen diese Reform        man sich auf Demenz und Hochbetagte einstellen.
     dringend. Für die Altenhilfe finde ich die Ziel-     Gleichzeitig sind Pflegeheime dadurch gefordert,
     setzung verfehlt.                                    dass die Bewohner mehrfach und chronisch erkrankt
                                                          sind und schneller aus den Krankenhäusern entlas-
     Schienmann: Leider ist der Zeitpunkt schwierig.      sen werden. Kenntnisse aus der Behandlungspflege
     Die Einrichtungen am Lernort Praxis haben im         wie Beatmung oder Wunddrainagen spielen deshalb
     Augenblick unfassbar viele Neuerungen zu be-         auch zunehmend in der Altenpflege eine Rolle.
     wältigen wie zum Beispiel die Umstellung der
     Qualitätserhebungen und die Einführung der           Da klingt es doch sinnvoll, Fachkräften bereits in
     „entbürokratisierten Pflegedoku“. Die Fachkräfte     der Ausbildung mehr pflegerische Kenntnisse zu
     sind bereits jetzt an der Kante ihrer Belastungen.   vermitteln?

8    WEITwinkel   •   November 2019   •   2
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

                               Wer Menschen mit Demenz versorgt, muss ganz viel
                               Geduld haben, Kreativität mitbringen und nach
                               Lösungen für herausforderndes Verhalten suchen –
                               für solche Themen bleibt künftig weniger Raum.

                                                                                              Ingrid Hastedt

Schienmann: Das ist richtig. Aber die Generalistik    bisher. Wir werden die Absolventen nach der
wird durch ihren breiten Ansatz auch nicht alle       Ausbildung für die Altenpflege deshalb weiter
erforderlichen fachpflegerischen Inhalte vermitteln   qualifizieren müssen.
können. Deshalb werden wir auch in Zukunft Wei-
terbildungen benötigen, die auf besondere Pfle-       Werden sich mehr Menschen für den Beruf
gebedarfe zugeschnitten sind. Und ich hoffe, dass     entscheiden, wenn die Ausbildung attraktiver
uns als Schule genügend Raum bleiben wird, die        wird? Das ist ja ein weiteres Argument für die
Kompetenzen zu vermitteln, die für den Umgang         Generalistik…
mit Menschen mit Demenz erforderlich sind.
                                                      Hastedt: In den ersten zwei Jahren sind die Azubis
Hastedt: Die Ausbildungsdauer bleibt gleich, des-     künftig in vielen verschiedenen Einrichtungen.
halb wird nicht mehr Wissen vermittelt werden,        Für einen Teil wird das interessanter sein als
sondern anderes. Wer Menschen mit Demenz              bisher. Für andere, die zunächst die Sicherheit
versorgt, muss ganz viel Geduld haben, Kreati-        durch Einbindung in ein Team brauchen, nimmt
vität mitbringen und nach Lösungen für heraus-        die Herausforderung zu. Auf der Metaebene hat
forderndes Verhalten suchen – für solche The-         die Politik Karriereoptionen und Durchlässigkeit
men bleibt künftig weniger Raum. „Weniger in          für die Generalistik ins Feld geführt – das sind
die Tiefe und mehr in die Breite“ ist das Motto       Argumente, die vor allem auf Schulabgänger ab-
der Generalistik.                                     zielen. In unseren Altenpflegeklassen sitzen aber
                                                      auch Frauen nach der Familienphase, nur ein Teil
Die Azubis werden weniger Zeit im Pflegeheim          sind Schulabgänger. Außerdem sind es fast aus-
ausgebildet – reicht das für den späteren Einsatz     schließlich Personen mit Migrationshintergrund.
aus?                                                  Für die meisten unserer bisherigen Zielgruppe
                                                      zählen andere Argumente…
Hastedt: Was heute jemand nach drei Jahren Al-
tenpflegeausbildung gelernt hat, können drei Jahre    Schienmann: …nämlich bei denjenigen, die zur
Generalistik nicht erreichen – das wäre eine Über-    Ausbildung ins Land kommen, vor allem finan-
forderung. Selbst mit einer Vertiefung im dritten     zielle: Viele kommen, weil sie eine wirtschaftliche
Jahr in der Altenpflege ist die gesamte Zahl der      Notwendigkeit haben. Viele schicken Geld an ihre
Altenpflege-Praxisstunden deutlich geringer als       Familien. Wenn es weiterhin unterschiedliche

                                                                           WEITwinkel   •   November 2019   •   2   9
Die Generalistik kommt! - Was sich mit der neuen Ausbildung ändert "Ende eines Erfolgsmodells"
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

         Bezahlung gibt und das Krankenhaus 300 Euro           Wird hier also ein Erfolgsmodell abgeschafft?
         mehr bezahlt, werden sie dorthin gehen.
                                                               Schienmann: Delegationen aus China, der Türkei
         Hastedt: Die Attraktivität eines Berufs hängt doch    und anderen Ländern kommen zu uns, weil das
         mit guten Rahmenbedingungen bei der Arbeit zu-        deutsche System in der Altenpflege und der Al-
         sammen. Dazu hat die Konzertierte Aktion Pflege       tenpflegeausbildung so attraktiv ist. Da ist viel
         jüngst viele Vorschläge gemacht – auch, dass das      „Hirnschmalz“ und soziologische Hintergrund-
         Gehaltsgefälle zwischen Pflegeheim und Kran-          arbeit in die Entwicklung eingeflossen. Wir gel-
         kenhaus abgeschafft werden muss. Sehr gut! Zur        ten anderswo als Vorbild. Ich hoffe sehr, dass das
         Beseitigung braucht es aber nicht die Generalistik,   Leben und Wohnen im Alter auch in der neuen
         sondern Finanzierbarkeit durch Pflegesätze und        Ausbildung so gut vermittelt werden kann.
         ambulante Entgelte.
                                                               Hastedt: Andere Länder kennen ja gar keine
         Muss die Altenpflege am Ende mit weniger statt        duale Ausbildung und haben auch keine Ausbildung
         mit mehr Azubis rechnen?                              für Pflegehilfskräfte. Dort gibt es entweder ange-
                                                               lernte Hilfskräfte oder Akademiker – und nichts
         Hastedt: Bisher war die Rekrutierung erfolgreich:     dazwischen.
         Es gibt inzwischen mehr Fachkräfte der Alten-
         pflege als der Krankenpflege. Und für alle Berufe     Das System selbst hätten Sie also belassen – was
         werden demografisch bedingt Bewerberzahlen            hätte man ändern sollen?
         sinken. Aber es gibt ja die These, dass die Ar-
         beit im Krankenhaus so unattraktiv sei, dass viele    Hastedt: Eine sinnvolle Weiterentwicklung wäre
         Absolventen in der Altenpflege bleiben werden –       gewesen, sich über akademische Pflegekräfte und
         warten wir mal ab.                                    ihre Rolle im Vergleich zu den dual Ausgebildeten
                                                               Gedanken zu machen. Ein breites Spektrum an
                                                               Pflegekräften, die für die vielfältigen Einsatzfelder
                                                               mal mehr und mal weniger geeignet sind – da-
                                                               mit hätten beide Seiten die Auswahl gehabt: die
                                                               Pflegekräfte selbst und auch wir als Arbeitgeber.

                                                               Stichwort Akademisierung: Geplant ist auch ein
                                                               neues grundständiges Pflegestudium…

                                                               Schienmann: Grundständige Pflegestudiengänge
                                                               gibt es ja bereits heute. Ausbildungsvergütungen
                                                               bekommen aber nur Azubis in der dualen Aus-
                                                               bildung. Für die Studierenden müssten die Träger
                                                               dagegen auf freiwilliger Basis bezahlen. Ich bin
                                                               gespannt, ob sich das durchsetzen wird – die Praxis
                                                               wird es zeigen.

                                                               Hastedt: Es fehlt noch an originären Einsatzfeldern
Ingrid Hastedt                                                 für diese Akademiker in der Altenhilfe – und ohne

10       WEITwinkel   •   November 2019   •   2
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

        diese ist es schwierig, passende Tarifstrukturen      die ambulanten Dienste – da werden ganze Tou-
        zu schaffen. Solange wiederum die Gehaltsan-          ren grundsätzlich zu zweit nötig oder sogar mit
        reize fehlen, desto geringer ist der Anreiz, das zu   mehreren Azubis erforderlich sein. Nach meiner
        studieren. Letztlich geht es dabei um die Frage,      Wahrnehmung suchen diesbezüglich noch alle
        wie ein Funktionsprofil für die eine oder andere      nach sinnvollen Organisationsformen.
        Berufsgruppe aussieht.

        Wie kann sich die Praxis auf die Reform               Wir gelten anderswo als Vorbild. Ich
        vorbereiten?
                                                              hoffe sehr, dass das Leben und Wohnen
        Schienmann: Man sollte sich personell                 im Alter auch in der neuen Ausbildung
        vorbereiten. Künftig ist ja mehr Zeit für
        die Praxisanleitung vorgeschrieben. Ent-              so gut vermittelt werden kann.
        sprechend der Anzahl der Schüler, die
        man ausbilden möchte, muss man also                                                         Ute Schienmann
        genügend Praxisanleiter vorhalten und
        diese müssen mit 300 Stunden (Anm.: bisher            Schienmann: Als Schule sind wir zum Glück
        200 Stunden) qualifiziert sein. Da sollte man die     bereits auf vieles gut vorbereitet. Wir haben
        Vorlaufzeit jetzt nutzen.                             zum Beispiel bereits Erfahrung mit simulierten
                                                              Lernsituationen und Prüfungen. Auf Prüfungen
        Hastedt: Und man sollte nachdenken, wie die           in der Gesundheits- und Krankenpflege haben
        Verortung der Praxisanleitung im Dienstplan           wir bereits in Projekten mit chinesischen und
        und die Freistellung für die Anleitung praktisch      philippinischen Fachkräften vorbereitet und sie
        gestaltbar sind. Schwierig wird das vor allem für     durchgeführt. Wir bilden bereits weitgehend kom-
                                                              petenzorientiert aus, uns fehlt eigentlich nur die
                                                              Kinderkrankenpflege.

                                                              Was liegt Ihnen sonst noch am Herzen?

                                                              Hastedt: Hoffentlich bleibt in Baden-Württem-
                                                              berg wenigstens die vom Land geregelte, einjäh-
                                                              rige Ausbildung zum Altenpflegehelfer bestehen.
                                                              Ansonsten kann ich nur fragen: Warum lässt man
                                                              nicht die seit Jahrzehnten erprobte Altenpflege-
                                                              ausbildung neben der Generalistik bestehen?

                                                              Schienmann: ...und bietet ein zusätzliches Modul
                                                              in der Kinder- und Krankenpflege an für alle, die
                                                              einen europaweit gültigen Abschluss anstreben.
                                                              Das wäre ein sinnvoller Weg gewesen.

                                                              Das Interview führte Katja Kubietziel
Ute Schienmann

                                                                                   WEITwinkel   •   November 2019   •   2   11
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

                     Das sagt die Praxisanleiterin
                                   im Pflegeheim
„Ich sehe noch viele offene Fragen: Werden die Schulen im
 Krankenhaus- und Altenhilfebereich künftig nach einheit-
   lichen Konzepten arbeiten? Und welche neuen Aufgaben
   werden auf uns Praxisanleiter zukommen? Mit der neuen
Ausbildung werden wir ja viele Pflegeschüler aus dem Kran-                  Julia Kormann arbeitet als
 kenhaus bei uns haben, die nur einige Wochen bleiben. Wir müs-             Stabstelle für Praxisanleitung und
sen also schauen, welche Kenntnisse diese Azubis mitbringen und             Pflegefachauf­gaben im Altenburgheim.
was wir ihnen in der kurzen Zeit vermitteln können. Der zeitliche           Die Alten­pflegerin und Sozialwirtin
   Aufwand für die Planung dieser Einsätze und für die Anleitung            ist seit 2015 in der Bad Cannstatter
     wird größer werden. Ich selbst bin freigestellt für die Praxisan-      Einrichtung des Wohlfahrtswerks
  leitung und finde das auch wichtig. Meine Sorge ist, ob wir auch          beschäftigt.
                           künftig genügend Bewerbungen für die
                       Altenpflegeausbildung bekommen werden.“

                                                                                           Generalistische
                                                                                                  Chance
                                                                                                         Stimmen aus

          Bernd Kux ist                                                  Das sagt der Hausleiter
            Hausleiter im                                              „Der soziale Bereich ist oft geprägt durch
     Altenburgheim. Der                                                gutgemeinte Absichten, die sich dann erst
 Altenpfleger und Pflege­                                              im Alltag etablieren sollen – so auch bei
     fachwirt arbeitet seit                                           der Generalistik. Man will durch die
      25 Jahren in der Bad                                            Reform mehr fachliche Spezialisierung in
  Cannstatter Einrichtung            der Altenpflege erreichen – und das wäre auch sinnvoll, denn in der Lang­
       und hat dort bereits          zeit­pflege sind andere Schwerpunkte wichtig. Beispielsweise ist ja die Bezie-
         seinen Zivildienst          hungsarbeit ganz anders als in der Akutpflege. Tatsächlich befürchte ich aber
                 absolviert.         eine Abqualifizierung der Altenpflege, weil eben genau diese Spezialisierung
                                     auf abgesenktem Niveau stattfinden soll. Und trotzdem: Wir wollen dies auch
                                     als Chance verstehen, um Auszubildenden aus anderen Pflegebereichen einen
                                     interessanten und attraktiven Einblick in die stationäre Altenhilfe zu bieten.“

12      WEITwinkel   •   November 2019   •   2
Fokus ›› Neue Pflegeausbildung

                           Das sagt die Zentrale
                     Praxisanleitung des Trägers
      „Die Reform wird den Stellenwert der Praxisanleitung
          und damit die Qualität der Ausbildung stärken. So
         wird den Auszubildenden künftig mehr Zeit für die                                              Vera Koch
      Praxisanleitung zugemessen als bisher – nämlich zehn                                              arbeitet im Team
       Prozent in jedem Einsatz statt bisher 25 Stunden pro                                             der Zentralen
      Halbjahr. Wie das in der Praxis umgesetzt wird, bleibt                                            Praxis­anleitung des
          abzuwarten. Neu ist auch die Pflicht zur jährlichen                                           Wohlfahrtswerks. Die
     Weiterbildung der Praxisanleiter. Dieses ‚Mehr‘ an An-                                             Krankenschwester und
     leitungszeit und -qualität wird künftig aus einem ‚Aus-                                            Diplom-Pflegewirtin
         gleichsfonds‘ finanziert. Für die Pflegeeinrichtungen                                          ist Ansprechpartnerin
                 wird die Umsetzung trotzdem eine Herausforderung, denn sie           für die Praxisanleiter in den Einrich­
            müssen die zusätzlichen Zeiten ja organisieren und auffangen. Aus         tungen und unterstützt Azubis
                 meiner Sicht ist es kaum mehr zu leisten, dass Praxisanleitung       bei ihrer Ausbildung und
                ‚so nebenher‘ funktioniert – Praxisanleiter aus dem Pflegeteam        vor Prüfungen.
                                 müssten für ihre Tätigkeit freigestellt werden.“

P fl e g e a usb i l d u n g :

oder Risiko?
der Praxis
                                                                                Das sagt die Pflegefachkraft
                                                                                und Mentorin
                                                                              „Für künftige Fachkräfte bringt die
                                                                              Reform einen Vorteil, denn sie werden
           Birgit Büsing ist Alten­                                            mehr Möglichkeiten haben, für sich
            pflegerin und arbeitet seit                                        das richtige Aufgabengebiet zu finden.
           33 Jahren im Jakob-Sigle-                                           Allerdings ist meine Sorge, dass viele
             Heim in Kornwestheim.                                           Fachkräfte nach ihrer Ausbildung im
              2006 hat sie die Zusatz­     Krankenhaus bleiben werden. Die Krankenpflege wird künftig einen größe-
            qualifikation als Mentorin     ren Raum in der Ausbildung einnehmen – dabei müssen wir aufpassen, dass
          abgeschlossen. Dies war die      die Werte der Altenpflege nicht verloren gehen. Vor lauter Professionalität
                bisherige Bezeichnung      darf man schließlich nicht die Bedürfnisse des täglichen Lebens vergessen.
                der Weiterbildung für      Ganz praktisch halte ich angesichts des Pflegenotstands die geplanten zu-
               Praxisanleiter/innen im     sätzlichen Anleiterstunden für schwer umsetzbar. Mein Wunsch? Genügend
                      Wohlfahrtswerk.      Freiräume, um die Azubis auch künftig gut ausbilden zu können.“

                                                                                      WEITwinkel   •   November 2019   •   2   13
›› Aus unserer Arbeit

         „Wir bekommen so viel zurück!“
         Gjyste Scardamaglia und Joscha Hübenthal sind Altenpfleger aus
         Überzeugung. Als ersten Schritt auf ihrem Berufsweg haben sie erfolgreich
         die Ausbildung „Servicehelfer/in im Sozial- und Gesundheitswesen“
         abgeschlossen – ein Sprungbrett und Start zweier Erfolgsgeschichten.

     „   I    ch wollte schon immer in einem sozialen
              Beruf direkt mit Menschen arbeiten“, erzählt
         Gjyste Scardamaglia (28), ausgebildete Altenpfle-
                                                                  Joscha Hübenthal, geboren in Pforzheim und seit
                                                                  Oktober 2018 in der Ausbildung zum Altenpfle-
                                                                  ger, absolvierte nach dem Hauptschulabschluss ein
         gerin und Hygienefachkraft bei der Caritas. Ge-          Freiwilliges Soziales Jahr in einem Seniorenzen-
         boren im Kosovo, kam sie mit vier Jahren mit ihrer       trum. „Ich habe mich da direkt aufgehoben ge-
         Familie nach Stuttgart, wo der Vater schon länger        fühlt“, sagt der 23-Jährige, sodass die Ausbildung
         arbeitete. Vor ihrem Hauptschulabschluss machte          zum Servicehelfer im Anschluss „genau mein Ding
         eine Lehrerin sie auf den neuen Beruf „Service-          war“. In seiner damaligen Praxisstelle, dem Haus
         helfer“ aufmerksam. „Ich war gerade 16 geworden,         Heckengäu des Wohlfahrtswerks in Heimsheim,
         als der erste Ausbildungsjahrgang 2007 startete.         arbeitet er bis heute. „Auf die Schulstunden hät-
         Wir waren so etwas wie ‚Versuchskaninchen‘ “,            te ich verzichten können“, gibt er offen zu. Was
         erinnert sie sich schmunzelnd. Die Schulphasen           aber nicht an den Inhalten, sondern daran gelegen
         bewältigte sie problemlos und die Praxis im Haus         habe, „dass man so lange still sitzen muss“, so
         Martinus der Caritas in Stuttgart-Mitte machte           Hübenthal. Er sei ein „Arbeitstier“ und wolle am
         ihr viel Spaß. „Auch wenn mein Traumberuf                liebsten immer im Wohnbereich für die Bewohner
         Polizistin war, merkte ich gleich, das passt super       da sein. Seinen Abschluss hat er selbstverständlich
         für mich.“                                               dennoch geschafft.

                                                                               Schwerpunkt ist die Praxis

                                                                          Rund 40 Prozent der Ausbildung
                                                                          sind den Schulphasen gewidmet,
                                                                          die alle Servicehelfer im Bildungs-
                                                                          zentrum Wohlfahrtswerk in Stutt­
                                                                          gart absolvieren. Für die Ausbildung
                                                                                  wurde eigens ein Curriculum
                                                                                  entwickelt, zu dem unter
                                                  „Ich habe mich da direkt        anderem Mahlzeitenservice,
                                                                                  Betreuung und Begleitung,
                                                  aufgehoben gefühlt.“
                                                                                  Kommunikation oder der
                                                                          Umgang mit Demenz gehören. Die
                                                                          anderen 60 Prozent der Zeit erfol-
                                                                          gen in der Praxisstelle bei derzeit 23
                                                                          Kooperationspartnern (Kliniken,
                                                                          ambulante Dienste, Pflegeheime und
Joscha Hübenthal                                                          Einrichtungen der Behindertenhilfe).

14       WEITwinkel   •   November 2019   •   2
›› Aus unserer Arbeit

                 „Ich wollte schon immer
        direkt mit Menschen arbeiten.“

Gjyste Scardamaglia und Joscha
Hübenthal haben sich beide nach
dem Abschluss für die Altenpflege-
ausbildung entschieden – mit starker
Unterstützung ihrer Arbeitgeber –
und dies nicht bereut. „Unser Beruf
ist so vielfältig mit etlichen Qua-
lifikationsmöglichkeiten. Und man
bekommt so viel von den Bewohnern
zurück“, erklärt Joscha Hübenthal.      Gjyste Scardamaglia

„Ich wollte mich weiterbilden und bewusst di-          sie. Die Servicehelfer-Zeit brachte ihr auch das
rekt in der Pflege arbeiten“, erinnert sich Gjyste     private Glück: Sie lernte ihren Ehemann kennen.
Scardamaglia. „Auch wenn es körperlich und             Er schloss die Ausbildung 2012 ab und arbeitet
psychisch oft anstrengend ist. Aber wir sind für       heute verantwortlich in der Haustechnik des Wohn-
die Bewohner alles und können so viel Positives in     und Pflegezentrums Flugfeld des Wohlfahrtswerks
diesem Lebensabschnitt für sie bewirken“, ergänzt      in Böblingen.                                 srh

  Auf einen Blick

   Servicehelfer/in im Sozial- und Gesundheitswesen
   • Start 2007 als Modellprojekt der Robert Bosch            Die Ausbildung vereint zwei Ziele: Junge Menschen,
     Stiftung in Baden-Württemberg                            die wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, er­
   • 2010 staatliche Anerkennung                              halten eine berufliche Perspektive. Die Arbeitgeber
   • Seit 2013 vom Verein Caro Ass vorangetrieben             im Sozial- und Gesundheitswesen stärken dank der
   • Kliniken, ambulante Dienste, Pflegeheime und             Servicehelfer Dienstleistung und Assistenz in ihren
     Einrichtungen der Behinderten­hilfe bieten               Häusern und entlasten ihre pflegerischen und the­
     Ausbildungsplätze an                                     rapeutischen Fachkräfte. Und sie rekrutieren ihren
   • Schulischer Teil am Bildungszentrum des                  fachlichen Nachwuchs im eigenen Haus. Denn viele
     Wohlfahrtswerks für Baden-Würt­temberg                   Absolventen entscheiden sich für weiterführende
   • Bisher rund 250 erfolgreiche Absolventen                 Pflege- oder therapeutische Ausbildungen.

   Weitere Informationen:
   www.caroass.de und www.wohlfahrtswerk.de/servicehelfer

                                                                                WEITwinkel   •   November 2019   •   2   15
›› Aus unserer Arbeit

      Stammpersonal stärken –
      neue Kräfte binden
      Wie kann man das Personal im Pflegeheim unterstützen und halten? Und wie bindet man
      neue Kollegen gut ein? Die Referenten der 63. Fachtagung des Wohlfahrtswerks waren
      sich einig: Die Widerstandsfähigkeit gegen Stress lässt sich stärken, daneben braucht es
      aber auch bessere Rahmenbedingungen in der Pflege.

                                                                            2

     D          as Stammpersonal ist eine zentrale
                Säule im Alltag eines Pflegeheims –
      und gleichzeitig extrem gefordert: Neben den
                                                               Die Beziehungs­qualität fördern
                                                                          Dr. Stefanie Wiloth
                                                           Psychische Widerstandsfähigkeit lässt sich stärken.
      Alltagsaufgaben müssen aktuell viele Weiterent-      Wie das gehen kann, erklärte Dr. Stefanie Wiloth
      wicklungen bewältigt werden. Die Referenten          vom Institut für Gerontologie an der Ruprecht-
      der diesjährigen Fachtagung erklärten, wie Mit-      Karls-Universität Heidelberg: „Mit-
      arbeitende trotz dieser Belastung gestärkt werden    arbeiter, die sich anerkannt und
      können und wie sich Bindung schaffen lässt.          ins Team eingebunden füh-
                                                           len, sind weniger anfällig
      Sechs Impulse für eine gelingende Personalarbeit     bei Stress. Solche ‚Schutz-
      im Pflegeheim:                                       faktoren‘ ergeben sich vor
                                                           allem aus der positiven
                                                           Interaktion mit Kollegen
                                   1
                                                           und Bewohnern.“ Deshalb
        Bei Individuum, Einrichtung und                    sei es so wichtig, dass die Be-
                                                           ziehungsqualität gefördert werde.
         Rahmen­bedingungen ansetzen
                       Prof. Hermann Brandenburg
                                                                                    3
                       „Der Blick auf das Individuum ist
                          zentral, wenn man Belastung
                                                           Persönliche Wünsche berücksichtigen
                           reduzieren möchte: Wer ist                      Nils Himmelmann
                            besonders gefährdet und wie    Die SSB (Stuttgarter Straßenbahnen AG) ist ein
                            lassen sich ‚Widerstands-      Dienstleister, der wie Pflegeheime an 365 Tagen
                           ressourcen‘ zum Beispiel        rund um die Uhr Schichtdienste organisieren muss.
                          durch Gesundheitsangebote        Nils Himmelmann, Unternehmensbereichsleiter
                        stärken? Das muss begleitet        Betrieb, berichtete von den seit 2011 gesammelten
                     werden durch einen Blick auf          positiven Erfahrungen mit der Einführung eines
              interne Strukturen in der Einrichtung“,      flexiblen digitalen Dienstplans: „Nach unter-
     so fasste Prof. Hermann Brandenburg von der           schiedlichen Mustern können Mitarbeitende im
     Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallen-        Fahrdienst ihre Wunschdienste angeben.“ Bei kon-
     dar seine Erkenntnisse aus dem PERLE-Projekt          kurrierenden Wünschen bekomme derjenige den
     zum Personalmix im Pflegeheim zusammen. Nicht         Zuschlag, der beim letzten Mal schlechter gestellt
     zuletzt müssten sich aber auch die „skandalösen       war. Für Planungslücken und kurzfristige Ausfälle
     Rahmenbedingungen“ in der Altenpflege ändern.         sei weiteres Personal fest eingeplant und finanziert.

16    WEITwinkel   •   November 2019   •   2
›› Aus unserer Arbeit

                         4                                                      6
Positive Gefühle bewusst aktivieren                      Stolpersteine erkennen und reagieren
                  Sacha Hübner                                  Dr. Maria Kontos
Unter dem Motto „Gemeinsam aufblühen im Pfle-           Aktuelle Studienergebnis­
gealltag“ stellte Sacha Hübner, Geschäftsführer         se zum Gelingen und
Wohlglückheit aus Heilbronn vor,                        zu Stolpersteinen der
wie sich positive Gefühle                               betrieblichen Einbin-
im (Pflege-)Alltag be-                                     dung ausländischer
wusst aktivieren lassen:                                     Pflegekräfte stellte
„Beginnen Sie zum                                              Dr. Maria Kontos
Beispiel Teambespre­                                           vom Institut für Sozi-
chungen mit einem                                              alforschung an der Johann
fünfminütigen Ein-                                             Wolfgang Goethe-Universität in Frank-
stieg zur Frage: Womit                                        furt vor: „Wenn ausländische Pflegekräfte
sind wir zufrieden?“ Wer                                    kommen, sehen sich die ‚Etablierten‘ oft in der
solche Übungen regelmäßig                                Defensive und reagieren mit Ablehnung. Das muss
praktiziere, steigere seine psychi-                     man erkennen und dagegen angehen.“ Außerdem
schen, sozialen und mentalen Ressourcen.                sei wichtig, dass sich auch die Familienangehörigen
                                                        gut integriert fühlten und sich ihnen Zukunfts­
                         5                              perspektiven böten.

       Den Einstieg leicht machen
                                                                               »

                Prof. Tim Bruysten
                    Wie schafft man es, dass neue                            Fazit
                       Mitarbeiter im Unterneh-         „Wir müssen auf vielen Ebenen arbeiten, um neue
                          men gut ankommen und          Mitarbeiter einzubinden und unser Stammpersonal
                           sich schnell wohlfühlen?     zu halten. Hier ist jeder einzelne gefragt“, fasste
                            Prof. Tim Bruysten von      Ingrid Hastedt die Erkenntnisse der Fachtagung
                            der richtwert GmbH          zusammen. Abschließend warf sie einen Blick auf
                           machte deutlich, wie         die Rahmenbedingungen und forderte, dass bei
                          wichtig es ist, den Ein-      der Personalbemessung zum Beispiel auch Zeiten
                        stieg so unkompliziert und      für Personalausfall oder für die Einarbeitung neu-
                     bequem wie möglich zu gestal-      er Mitarbeiter berücksichtigt werden müssten.
               ten: „Wen kann ich fragen? Wo finde      Mit der Konzertierten Aktion Pflege gehe die
ich was?“ „Basics“ wie diese erleichterten den Start,   Bundesregierung in die richtige Richtung: „Die
denn man dürfe nicht vergessen: „Wer einen Neu-         Altenpflege bekommt mehr Aufmerksamkeit – das
anfang macht, der hat auch gerade etwas beendet.“       stärkt unsere Position.“                        kk

                                                                             WEITwinkel   •   November 2019   •   2   17
›› Aus unserer Arbeit

      Mit Musik durch das ahr
      „Das Jahr der Musik – Wir bringen Musik zu den Menschen“. Unter diesem Motto
      fanden 2019 besondere Veranstaltungen und Projekte in den Einrichtungen des
      Wohlfahrtswerks statt.

     D          raußen Schmuddelwetter, ein grauer
                Herbstnachmittag. Aber im Saal der
      Else-Heydlauf-Stiftung in Stuttgart-Zuffen-
                                                                 dann ganz viele Eierrasseln verteilen lässt, wird
                                                                 aus Trommlern und Publikum eine große „Banda“.

      hausen heizen Samba- und Reggae-Rhythmen                   Wenige Tage zuvor waren die „Miladies“ in Zuf-
      ein und sorgen für Latino-Feeling. Christoph               fenhausen zu Gast: Jutta, Lisa, Nicole, Andrea und
      Haas ist mit seiner Banda Maracatu zu Gast.                Angela sind fünf Frauen mit Spaß an der Musik
      Was die 13 Musiker auszeichnet: Sie spielen                der 1920/30er-Jahre. Sie bringen älteren Men-
      ausschließlich auf Bass- und Conga-Trommeln                schen Momente der Erinnerung, wenn sie Lieder
      und mit Shaker-Rasseln. So hört man ihre Musik             wie „Ein Freund, ein guter Freund“ oder „Ganz
      im ganzen Haus, und sie lockt immer mehr Zuhö-             Paris träumt von der Liebe“ vortragen. Die Sänge-
      rer an. Ganz lässig und wie es in Brasilien üblich         rinnen tragen dabei stilecht bunte Paillettenkleider,
      ist, animiert Christoph Haas Alt und Jung im               Flapper-Stirnband und Federboa. Natürlich wird
      Saal, mitzuklatschen und mitzuwippen. Als er               auch bei den „Miladies“ mitgesungen, denn die

                                                   Da bleibt keiner still:
                                               Trommelkonzert von Maracatu

18    WEITwinkel   •   November 2019   •   2
›› Aus unserer Arbeit

über 80-jährigen Bewohner können fast
alle Texte in- und auswendig.

Kraftvolles Trommeln oder Schlager von
früher: So vielseitig gestaltet sich das mu-
sikalische Angebot in den Häusern des
Wohlfahrtswerks. Wer die Veranstaltungs-
kalender vor Ort studiert, findet ganzjährig
Konzerte, Tanzmittage, Singkreise, Abend-
singen im Wohnbereich und gemeinsame          Musik selbst erleben beim Fachtag für Mitarbeitende
Aktionen mit Kapellen, Kindergärten oder
Musikschulen aus der Nachbarschaft. „Musik ist gut       Auch Mitarbeiterinnen des Kraichgauheims be-
für Kopf und Seele, weckt Erinnerungen und fördert       suchten den Fachtag und fuhren motiviert nach
die Gemeinschaft. Deshalb haben wir 2019 zum             Bad Schönborn zurück. „Bei uns im Haus gibt es
Jahr der Musik gemacht“, erklärt Tatjana Bergmann,       eine lange Tradition rund um die Musik“, berichtet
die das Projekt mit organisiert und geplant hat.         Renata Niess vom Sozialen Betreuungsdienst: „So
                                                         kommen zum Beispiel Feuerwehrfrauen einmal im
Weiterbildung im Themenjahr Musik                        Monat zum Singen. Eine Besonderheit ist auch
                                                         unsere Kooperation mit der Musikschule Wag-
Um neue Erkenntnisse und Ideen aus der Mu-               häusel.“ Die Musiktherapeuten der Musikschule
siktherapie zu vermitteln, organisierte das Wohl-        laden 14-tägig zu Singrunden mit instrumentaler
fahrtswerk im April einen Fachtag in Stuttgart.          Begleitung ein. Außerdem bieten sie Musikthe-
Über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nah-           rapie für Bewohner an, die krankheitsbedingt die
men daran teil und besuchten Workshops von               meiste Zeit in ihrem Zimmer verbringen. Neu
Rollstuhltanz bis zur Entspannung mit Klang-             ist die Sitztanzgruppe: Zwei Betreuungsassisten-
instrumenten. Jan Sonntag, Professor für Mu-             tinnen bringen ihr Wissen aus dem AOK-Seminar
siktherapie in Hamburg, schilderte die positive          „Musik, Tanz und Bewegung“ ein und treffen sich
Wirkung von Musik auf Stimmung und Gefühl                jede Woche mit den Bewohnern, um zu verschie-
von Menschen mit Demenz.                                 densten Musikrichtungen zu tanzen.             fb

  Das Jahr der Musik
   Zum „Jahr der Musik“ stellte das Wohlfahrtswerk jeder Einrichtung eine „Musikbox“ für die tägliche
   Arbeit zur Verfügung. Sie enthält zum Beispiel Spiele zum Thema Musik, Klangschalen, Entspan­
   nungs-CDs sowie Lautsprecher und Kopfhörer. Beim Fachtag in Stuttgart konnten sich die Häuser
   außerdem über einen Scheck in Höhe von 500 Euro freuen. Das Geld verwendeten sie zum Beispiel
   für Gastauftritte von Musikern oder für den Kauf von Instrumenten. Und weil das Musikjahr so gut
   lief, gibt es nun nochmals je 500 Euro – für eine musikalische Aktion zum Abschluss.

                                                                             WEITwinkel    •   November 2019   •   2   19
Essen
›› Aus unserer Arbeit

                   Glücksfaktor
             Das Jakob-Sigle-Heim in Kornwestheim wurde für sein kulinarisches Gesamt-
             konzept ausgezeichnet und darf sich „Botschafter emotionaler Genuss“ nennen.

      Weckt Erinnerungen an früher: Gemeinsames Backen im Jakob-Sigle-Heim

      W             er eine stationäre Wohngemeinschaft
                    im Jakob-Sigle-Heim besucht, lan-
      det direkt in einem großen hellen Aufenthalts­
                                                                   zu backen. Beim „Adventszauber“ locken frische
                                                                   Waffeln und Glühwein. Immer wieder finden
                                                                   festliche „Menue-Abende“ statt, bei denen auch
      bereich mit einer modernen Wohn-Ess-Küche.                   Angehörige und Freunde fürstlich bewirtet wer-
      Hier kochen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter                 den. Und rund um die Terrasse wachsen Kräuter,
      von Montag bis Freitag frisch und saisonal. Be-              Tomaten und Paprika.
      wohner, die mithelfen wollen, sind jederzeit ein-
      geladen. Wer sich nur unterhalten möchte, gesellt            Keine Frage: Es schmeckt gut im Jakob-Sigle-
      sich einfach so dazu. „Unsere Wohn-Ess-Küchen                Heim und die Bewohner und Gäste sind hoch-
      bilden ein Zentrum. Hier führt man einen Alltag,             erfreut über das vielseitige Angebot an Speisen
      wie er auch früher in Familien üblich war“, be-              und Aktionen rund ums Essen. Das hat jetzt
      richtet Einrichtungsleiterin Beate Dornbusch. Das            auch eine Fachjury erkannt und der Einrichtung
      Konzept der stationären Wohngemeinschaften mit               den Titel „Botschafter emotionaler Genuss“ in
      einer gemeinsamen Küche ist nur ein Bestandteil              Gold verliehen. Gemeinsam mit zwei weiteren
      des kulinarischen Gesamtkonzepts. Daneben gibt               Seniorenheimen wurde das Jakob-Sigle-Heim
      es eine Zentralküche, die täglich drei Menüs für             Sieger des Wettbewerbs „Vom Kostenfaktor zum
      Mieter aus dem Betreuten Wohnen und Gäste aus                Glücksfaktor – emotionale Genusskonzepte in der
      der Nachbarschaft kocht. Regelmäßig kommen                   Seniorenverpflegung“ und hat sich dabei gegen
      außerdem Schüler einer Berufsschule, um mit Be-              rund 70 Mitbewerber aus ganz Deutschland durch-
      wohnern Leckereien im Holzbackofen im Garten                 gesetzt. Veranstalter der Aktion ist Transgourmet

20    WEITwinkel   •   November 2019   •   2
›› Aus unserer Arbeit

Deutschland, ein großer Anbieter von Gemein-
schaftsverpflegung.

Kochen fördert soziale Kontakte

Als die Juroren Anfang des Jahres nach Korn-
westheim kamen, organisierte man im Haus ein
Mittagessen, das in jedem Gang eine Komponente
aus dem Holzbackofen enthielt: Erst gab es Lauch-
suppe mit Kartoffelbrot, dann eine Ofenkartoffel,
Hähnchengeschnetzeltes mit Sour-Cream und zum
Nachtisch köstlich süße Zimtschnecken. Bei der       Im Holzbackofen im Garten wird das Brot selbst gebacken
Zubereitung und beim Servieren wirkten Berufs-
schüler der Oscar-Walcker-Schule mit, die ihre
Ausbildung im Bereich Nahrung wie zum Beispiel
                                                        Sieger-Ideen
als Bäcker oder Lebensmittelverkäufer absolvieren.
Regelmäßig kommen die Azubis ins Jakob-Sigle-           Für den Wettbewerb bewarb sich das
Heim, um am Holzbackofen praktische Übungen             Jakob-Sigle-Heim mit drei Angeboten:
durchzuführen und gemeinsam mit Bewohnern
etwas Zeit zu verbringen. Beate Dornbusch: „Die         Holzbackofen
jungen Leute sehen dabei, dass es in einem Pfle-        Seit 2011 gibt es ihn im Garten. Hier wird regelmä­
geheim ein schönes Miteinander gibt und dass            ßig frisches Brot gebacken, aber auch Flachswickel
auch ältere Menschen gerne noch genießen.“ Für          oder Apfelschnecken aus Mürbteig. Oft helfen
den Sieg beim Wettbewerb waren das Miteinan-            Kindergarten-Gruppen oder Berufsschüler mit.
der von Alt und Jung sowie der Holzbackofen ein
wichtiges Kriterium. Die Jury war beeindruckt, wie      Kooperation mit Berufsschule
das Backen an der frischen Luft die Sinne anregt,       Angehende Bäcker und Verkäufer/innen sowie

Erinnerungen weckt und soziale Kontakte fördert.        Menschen mit Handicap der Oscar-Walcker-Schule
                                                        (Fachgebiet Nahrung) aus Ludwigsburg kommen
Alle helfen zusammen                                    zu gemeinsamen Aktionen in die Einrichtung.

                                                        Menue-Abende
Bei den Vorbereitungen für den Wettbewerb und
                                                        Bis zu sechs Mal pro Jahr wird ein festliches
bei der Organisation der kulinarischen Projekte
                                                        4-Gänge-Menü ausgerichtet. Über 70 Gäste –
spielt das Zusammenwirken der verschiedenen Be-
                                                        Bewohner, Angehörige, Freunde – genießen
rufsgruppen im Haus eine zentrale Rolle: „Wenn
                                                        im Saal einen schönen Abend.
die Mitarbeitenden der Pflege nicht pünktlich
die Bewohner versorgt haben, können sie nicht
zu den Angeboten kommen. Und wenn der So-
ziale Betreuungsdienst nicht aktiv Menschen             Der Film dazu
im Haus und Angehörige einlädt, können wir              Zu den Gewinnern des Wettbewerbs hat der Veran­
keinen Menue-Abend realisieren“, erklärt Beate          stalter Transgourmet ein Video gedreht. Es ist auf
Dornbusch: „Unser Sieg ist deshalb eine schöne          der Homepage www.jakob-sigle-heim.de zu sehen.
Gemeinschaftsleistung.“                     fb

                                                                              WEITwinkel   •   November 2019   •   2   21
›› Aus unserer Arbeit

      Eine Zeit der Expansion
      Im Frühjahr 2019 verstarb Paul S. Held, Vorstand des Wohlfahrtswerks von 1984 bis zum
      Eintritt in den Ruhestand Ende 1996. Wir nehmen dies zum Anlass zu einem Rückblick
      auf das Wohlfahrtswerk in seiner aktiven Zeit.

      Von Ingrid Hastedt

      A         ltenhilfestrukturen der 1980er
                Jahre sind mit den heutigen
      nicht zu vergleichen: Sozialstationen
      fehlten vielerorts und unter „Senio­
      renwohnen“ verstand man Ein-Zim-
      mer-Appartements in Altenwohnhei-
      men und Altenheimen. Ansteigender
      Hilfebedarf bedeutete Umzug: Vom
      Wohnheim ins Altenheim und von
      dort ins Pflegeheim. Beim Amtsan-
      tritt von Paul S. Held 1984 hatte das
      Wohlfahrtswerk sieben zwei- und drei-
      gliedrige Heime und war Pionier mit
      einer Altentagespflege. Planungen für
      weitere Häuser waren in Arbeit. Seine
      zwölf Vorstandsjahre wurden eine Zeit
      der Expansion. Zu den neuen Einrich-       Paul S. Held beim Neujahrsempfang 1992
      tungen zählten die Pflegeheime Haus an
      der Steinlach in Mössingen, das Haus am Fleins-         für Ältere und ein Wohnbereich für junge Pfle-
      bach in Filderstadt und das Haus Heckengäu in           gebedürftige, eine Tagespflege und Betreuungs-
      Heimsheim. Das Haus im Park in Bisingen war             leistungen für Bewohner der Seniorenwohnungen
      bei seiner Pensionierung 1996 noch im Bau.              nebenan, die von der Baugenossenschaft Zuffen-
                                                              hausen vermietet wurden.
      Eine Besonderheit dieser neuen Einrichtungen war
      die enge Zusammenarbeit des Wohlfahrtswerks             Pionierleistungen in den 1980er Jahren
      mit den jeweiligen Kommunen, die im Sinne der
      Daseinsvorsorge die Bauherren waren. Für das            In den frühen 1980er Jahren begonnene konzep-
      Haus Heckengäu schlossen sich sogar fünf Ge-            tionelle Überlegungen führten dann zu weiteren
      meinden zu einem Zweckverband zusammen,                 Pionierleistungen: Mit dem „Betreuten Wohnen
      der bis heute Bestand hat. Das Wohlfahrtswerk           Stuttgart-West“ wurde 1987 eine gemeinsam
      wurde über langjährige Mietverträge als Betreiber       mit der Sozialplanung der Stadt Stuttgart ent-
      verpflichtet. Den Anfang machte 1985 die Stadt          wickelte Idee umgesetzt. Dafür mietete man ein
      Stuttgart mit dem Bau der Else-Heydlauf-Stiftung        von der Baugenossenschaft FLÜWO errichtetes
      in Zuffenhausen. Ein breit gefächertes Angebot          Gebäude langfristig an. Die Erfahrungen mit die-
      wurde geschaffen: Im Pflegeheim Wohngruppen             sem neuen Angebot führten nach und nach zur

22    WEITwinkel   •   November 2019   •   2
›› Aus unserer Arbeit

           vertraglichen Umstellung der bisherigen Alten-               Ehrenamtlich engagiert
           heim-Appartements auf einen mit dem Mietver-
           trag gekoppelten Dienstleistungsvertrag. Für die             Zeitgleich wurden also ganz unterschiedliche
           Bewohner dieser „Betreutes Wohnen“ genannten                 Hauskonzepte umgesetzt, denen eines gemeinsam
           Wohnform er­gab die Umstellung Vorteile: Sie                 war: ein vielfältiges Angebot unter einem Dach.
           mussten neben dem Notruf zwar die benötigte                  Paul S. Held brachte diese und andere Träger­
           Hilfe, aber nichts darüber hinaus abnehmen und               erfahrungen auch in vielen Gremien ein. So
           bezahlen. Beim Altenheim hatte es vorher pau-                engagierte er sich zum Beispiel in Fachgruppen des
           schale Tagessätze gegeben und einen definierten              Paritätischen Wohlfahrtsverbands, war ehrenamt-
           Leistungsumfang.                                             lich von 1986 bis 1993 Vorsitzender des Arbeits-
                                                                        kreises Stuttgarter Heimträger und Mitglied im
           Etwas noch heute Innovatives war die Konzep­                 „Koordinierungsausschuss“, der Beratungen zu
           tion für das Haus am Weinberg in Obertürkheim:               Pflegeheim-Förderanträgen abhielt. Es waren
           Durchmischtes Wohnen von je ein Drittel rüs­                 Jahre, in denen die Altenpflegeausbildung auf
           tigen, ein Drittel hilfebedürftigen und ein Drit-            Bundesebene diskutiert wurde, Standards für die
           tel pflegebedürftigen Älteren in 97 baugleichen              Praxisanleitung in der Pflegeausbildung entwickelt
           Appartemens. Bei steigendem Hilfebedarf sollte               wurden und die Finanzierung der Altenpflege-
           kein Umzug mehr nötig sein (mehr dazu lesen Sie              schulen zu verhandeln war. Vorstand Held wirkte
           im Interview mit Erwin Müller auf den folgenden              durch seine Gremienarbeit bei vielen Themen
           Seiten). Dieser erfolgreiche Ansatz ist bis heute            mit, die interessanterweise heute so aktuell sind
           Vorbild für eine nachhaltige Wohnform im Alter.              wie damals.

           Blätter der Wohlfahrtspflege
           Deutsche Zeitschrift für Soziale Arbeit
 Mit den Blättern der Wohlfahrts-
                                        Themenheft »Der demokratische und
    pflege gibt das Wohlfahrtswerk
       für Baden-Württemberg eine       solidarische Sozialstaat« (Heft 6/2019)
  der traditionsreichsten Fachzeit-
schriften in Europa heraus. Bereits     Wie gelingt ein demokratisch gerechtes und solidarisches
1848 entstand die Publikation, die
                                        Gemeinwesen, wie das Miteinander von Jung und Alt,
 sich an Fach- und Führungskräfte
    im Sozialwesen wendet und zu        Gesund und Krank, Arm und Reich? Die Beiträge des
  aktuellen Entwicklungen in allen      Themenheftes beschäftigen sich zum Beispiel mit der
      Tätigkeitsfeldern der Sozialen    Frage, wie sich die politische Beteiligung von Senioren
                   Arbeit informiert.
                                        in der Kommunalpolitik stärken lässt und wie ein
                                        so­zialethischer Orientierungsrahmen für Wohngemein-
                                        schaften im Alter aussehen kann.
                                                                                                   Heft 6/2019

                             Nomos Verlagsgesellschaft
                 g
        Bestellun            76520 Baden-Baden • Telefon 072 21 / 21 04-39 • Fax 072 21 / 21 04-43
                             E-Mail: hohmann@nomos.de • www.bdw.nomos.de

                                                                                             WEITwinkel   •   November 2019   •   2   23
›› Aus unserer Arbeit

     „Die Idee
            passt bis heute“
          Nach 37 Jahren beim Wohlfahrtswerk geht Erwin Müller in Rente. Der langjährige
        Einrichtungsleiter des Haus am Weinberg erzählt, warum das Konzept der Einrichtung
            heute so aktuell ist wie damals und was sich in der Altenhilfe ändern müsste.

      Bei der Konzeption des Haus am Weinberg in        Man wollte eine Gesamteinrichtung schaffen, in
      Stuttgart-Obertürkheim ist man Anfang der         der jemand auch dann in seiner Wohnung blei-
      1990er Jahre ganz neue Wege gegangen…             ben kann, wenn er schwer pflegebedürftig wird.
                                                        Die Wohnungen wurden deshalb alle gleich – als
      Damals fehlten alleine in Stuttgart 600 Pflege-   Einzel-Appartements mit Küche – ausgestattet.
      plätze – die Kommunen mussten sich deshalb
      dringend Gedanken zur Versorgung ihrer älteren    Mit Einführung der Pflegeversicherung ab 1995
      Bürger machen. Wir wurden als Experten für die    hat das Konzept so nicht mehr funktioniert….
      Planung und Beratung an den Tisch geholt, mit
      Stiftungen und Genossenschaften hat man neue      Das war eine richtige Krise, denn es wurden plötz-
      Förder- und Finanzierungsstrukturen aufgebaut.    lich Schubladen aufgemacht: Wir mussten genau
      Das Haus am Weinberg war offizielles Modell-      festlegen, welche Wohnungen ambulant und wel-
      projekt des Landes Baden-Württemberg.             che stationär sind. Unsere Grundidee, dass jemand
                                                        in seiner Wohnung bleibt und sich nur sein Status
      Was war das Revolutionäre?                        ändert, hat damit nicht mehr funktioniert.

      Keiner sollte im Alter mehr umziehen müssen!      Wie sieht das inzwischen aus?
      Damals kannte man ja nur die Dreigliedrigkeit
      der Einrichtungen: Im Wohnheim wohnten fittere    Heute ist genau festgelegt, welche Appartements
      Senioren, dann gab es das Altenheim mit vor-      zum Pflegeheim und welche zum Betreuten Woh-
      wiegend hauswirtschaftlicher Versorgung und       nen gehören – aber trotzdem muss niemand um-
      das Pflegeheim für pflegebedürftige Menschen.     ziehen. Man kann auch dann noch im Betreuten

24    WEITwinkel   •   November 2019   •   2
›› Aus unserer Arbeit

Wohnen bleiben, wenn man                                                              Was bleibt Ihnen
schwer pflegebedürftig wird                                                           besonders in Erinne-
und bekommt dort ein Leis­                                                            rung?
tungsniveau wie im Pflege-
heim. Nur die Abrechnung                                                               Es gibt wohl kaum ei-
muss eben auf ambulanter                                                                nen Beruf, bei dem man
Basis erfolgen. Wir mussten                                                             so viel zurückbekommt
für das Betreute Wohnen eine                                                            und das Gefühl hat,
Lösung finden, damit jemand                                                             dass die Arbeit sinnvoll
auch bei schwerem Pflegebe-                                                             ist und wertgeschätzt
darf nicht oder kaum mehr be-                Erwin Müller hält 1992 die Rede            wird. Die Arbeit im
zahlen muss als im Pflegeheim.          bei der Eröffnung des Haus am Weinberg          Pflegeheim hat auch
                                                                                        eine entspannt schöne
Wie beurteilen Sie die Idee aus heutiger Sicht?            Seite: Faschings-, Weihnachts- und Sommerfeste
                                                           sind zwar eine riesige Anstrengung, aber sie sind
Das Konzept passt bis heute! Es passt nur nicht            auch etwas sehr Schönes.
auf die politische Landschaft mit einer Pflegever-
sicherung, die immer noch so große Unterschiede            Was wünschen Sie der Altenhilfe zum Abschied?
zwischen stationärer und ambulanter Versorgung
macht.                                                     Ich wünsche mir, dass dieses kritische Beäugen
                                                           von außen weniger wird. Die Pflege steht viel zu
Sie haben ein viertel Jahrhundert das Haus am              oft unter Generalverdacht – das ist für alle Be-
Weinberg geleitet. Welche Eigenschaften braucht            teiligten ein Riesenstress. Kritisches Prüfen hat
es dafür?                                                  ja seine Berechtigung, aber es muss immer noch
                                                           das praktische Leben gelebt werden – und das
Als Einrichtungsleiter muss man sehr gut or-               kann man nicht ausschließlich wissenschaftlich
ganisiert sein und empathisch mit Mitarbeitern             klassifizieren. Viele aktuelle Entwicklungen in der
umgehen können. Man muss Wertschätzung für                 Altenhilfe sehe ich dagegen positiv – eigentlich
die schwierige Arbeit vermitteln und ein offenes           wäre es eine spannende Zeit, weiterzumachen.
Ohr für alle Krisensituationen haben. Gute Mit-
arbeiterführung ist das A und O. Ein Hausleiter            Wir danken Ihnen für das Gespräch!
ist nur dann erfolgreich, wenn es ihm gelingt, ein
gutes Team um sich herum aufzubauen.                       Das Interview führte Katja Kubietziel

   Zur Person
   Seinen Berufseinstieg hatte der Sozialpädagoge und Sportwissenschaftler Erwin Müller 1982 im Sozialdienst
   des Ludwigstifts. Später baute er als Assistent des Vorstands den Sozialdienst in allen Pflegeheimen des
   Wohlfahrtswerks auf. Seine Leidenschaft gehört dem Haus am Weinberg in Obertürkheim, das er mit
   konzipierte und das er 25 Jahre lang leitete. Seit 2018 ist der 63-Jährige als Regionalleiter für das Haus
   am Weinberg, das Haus am Kappelberg und das Altenburgheim verantwortlich. In seiner Freizeit ist der
   Familienmensch in Tennis- und Tischtennismannschaften aktiv und reist gerne.

                                                                                 WEITwinkel   •   November 2019   •   2   25
Sie können auch lesen