DIE INFIZIERTE WELT - Complexity Science Hub Vienna
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ausland DIE INFIZIERTE WELT Wie die globale Gesellschaft auf das Coronavirus reagiert, sagt viel über uns selbst aus: Wir sind so vernetzt, widerstandsfähig und ängstlich wie nie zuvor. Von Martin Staudinger und Robert Treichler I n China starben bis vergangene Woche 2115 Menschen am Co- ronavirus, im Rest der Welt waren es insgesamt elf. Ein Toter in Ägypten wird von der deutschen Tageszeitung „Frankfurter Rundschau“ als „Vorbote einer Katastrophe“ vermeldet. Russland hat die Grenzen für chinesische Staatsbürger geschlossen. Die In- vestmentbank Goldmann Sachs warnt, der drohende Effekt der Pan- demie auf die Börsen werde noch unterschätzt. In den USA, wo bis- lang keine derartige Erkrankung nachgewiesen wurde, sind vieler- orts die Schutzmasken ausverkauft. In der Ukraine versucht eine aufgebrachte Menschenmenge, mit Gewalt zu verhindern, dass 27 aus Wuhan ausgeflogene Landsleute in eine Klinik eingeliefert werden. Das klingt nach Panik. Wir schreiben das Jahr 2020. Ein neuer Krankheitserreger brei- tet sich aus. Er wird „Coronavirus“ genannt, wobei das nicht sein wissenschaftlich korrekter Name ist, aber dazu später. Ihren Anfang nahm die Seuche in den ersten De- zembertagen des vergangenen Jahres, wahrscheinlich auf dem „Huan- an Meeresfrüchte Groß- markt“ in der Direktver- bindungen Forscher des Complexity Science Hub Vienna haben anhand Dutzender Wirtschaftssektoren errechnet, welche ökonomischen Folgen die Coronavirus-Epidemie auf 43 Staaten hat – und eine eindrucksvolle grafische Darstellung von Beziehungen, Abhängigkeiten und Wechsel- wirkungen in Zeiten der Globalisierung geschaffen. COMPLEXITY SCIENCE HUB VIENNA/JOHANNES SORGER, TOBIAS REISCH Quelle: Complexity Science Hub Vienna/Johannes Sorger, Tobias Reisch 40 profil 9 • 23. Februar 2020 23. Februar 2020 • profil 9 41
ausland chinesischen Elf-Millionen-Einwohnerstadt Wuhan. Dort dürfte es nach derzeitigem Wissensstand von Wie das Virus heißen soll – und wie auf gar die Begriffe leicht zu merken sein sollen, sieht die WHO nicht vor. Ferien unter Hausarrest einem bisher unbekannten Tier auf den Menschen Der Versuch, niemanden auch nur implizit mit übergesprungen und solcherart mutiert sein, dass dem Ausbruch einer Krankheit in Verbindung zu es seither von Mensch zu Mensch weitergegeben keinen Fall bringen, ist ebenso ehrenwert wie vergeblich. In- werden kann. zwischen weiß die ganze Welt genau, wo das neue Ende Jänner befragte profil Einwohner von Wuhan nach ihren Er- E Bald stellte sich heraus, dass das Virus für Infi- in Virus braucht einen Namen – nicht so sehr, Virus entstanden ist: in der Stadt Wuhan (deren Na- fahrungen in den ersten Tagen der Corona-Epidemie. Inzwischen zierte potenziell tödlich ist und dass sich mittler- um Medienberichterstattung und Small Talk men außerhalb von China zuvor kaum jemand stehen sie rund vier Wochen unter Quarantäne. Zwei von ihnen weile unzählige Menschen damit angesteckt haben zu erleichtern, sondern auch, um die infekti- kannte), und zwar auf dem dortigen Tiermarkt (des- berichten, wie es ihnen damit geht. – wie viele es sind, kann niemand sagen. Sicher ist, ösen organischen Strukturen wissenschaftlich ein- sen Existenz noch viel weniger bekannt war). dass sich der Erreger von Wuhan aus über die ge- zuordnen, wie Elemente in ein Periodensystem oder Zu Zeiten der Spanischen Grippe, die wahrschein- Xiaomeng, 18, Schülerin samte Provinz Hubei ausgebreitet, deren Grenzen Tiere in Gattungen. So werden Verwechslungen aus- lich im Ersten Weltkrieg durch Soldaten aus den überschritten und auch das Ausland erreicht hat. geschlossen und die Informationsweitergabe in der USA nach Europa eingeschleppt wurde, war man „Für Leute die gerne ausgehen, In der öffentlichen Wahrnehmung ist das Corona- wissenschaftlichen Community ermöglicht. Zustän- naturgemäß nicht so skrupulös wie heute. Ihren Na- ist es wie Fegefeuer“ virus bereits eine Pandemie – nach der Definition dig ist dafür seit dem Jahr 1971 das Internationale men erhielt die Krankheit nicht, weil sie auf der Ibe- des klinischen Wörterbuchs Pschyrembel eine Komitee für die Taxonomie von Viren. Und dieses rischen Halbinsel ausgebrochen wäre, sondern vor I Krankheit, „die sich über Länder und Kontinente hält sich an strenge Regeln: „Coronavirus von Wu- allem deshalb, weil die Zensur in Spanien so n den vergangenen vier Wo- den meisten Wohnbezirken be- ausbreitet und in der Regel eine große Anzahl von han“, wie man das Phänomen anfangs nannte, schwach ausgeprägt war, dass Zeitungen über eine chen sind die Leute nicht nur stellen die Leute gemeinsam, da- Menschen betrifft“. kommt nicht infrage. Der Name darf niemanden Epidemie berichten konnten – übrigens mit der fal- in Wuhan, sondern fast im gan- mit die Lieferanten alle benötig- Man könnte auch sagen: eine Weltseuche. stigmatisieren und deshalb keinen Hinweis auf eine schen Erklärung, Deutsche hätten Konservendosen zen Land zu Hause geblieben. Es ten Produkte auf einmal bringen Diese Einschätzung erscheint angesichts der kon- geografische Bezeichnung, eine Person, eine Volks- vergiftet und damit die Kriegsgegner sabotieren wol- kreten Zahlen einigermaßen übertrieben, und das gruppe und nicht einmal ein Tier beinhalten. Au- len. waren sozusagen die längsten können. In manchen alten ist bereits einer der bemerkenswerten Aspekte der ßerdem muss er „einfach auszusprechen“ sein, er- Frühlingsfestferien in der Ge- Wohnbezirken, wo dieses Ma- Geschichte des Coronavirus. Wie die Gesellschaft läutert Tedors Adhanom Ghebreyesus, Generaldi- schichte. Für mich ist es wunder- nagement nicht funktioniert, INTERNIERUNG mit der Plage umgeht, wie sie den Erreger benennt, wie sie sich davor zu schützen versucht und welche rektor der Weltgesundheitsorganistion (WHO). Bezeichnungen wie „Spanische Grippe“ (1918– Warum wir uns so bar: Ich kann den ganzen Tag Fil- me schauen, Handy spielen oder müssen sie sich selbst versorgen. Für die Verpflegung der Kran- Coronavirus-Patienten mit leichten Symptomen Ängste sie dabei plagen, all das erzählt viel über uns selbst. 1920) oder „Hongkong-Grippe“ (1968–1969) sollen der Vergangenheit angehören. Das aktuelle Virus wurde schrecklich fürchten Bücher lesen, ohne dass meine El- ken wurden in Wuhan viele me- D tern sagen, ich solle jetzt lernen ge- dizinische Notfall-Sammelpunk- am 18. Februar in einem auf den Namen „Sars-CoV-2“ getauft; die Krankheit, ie Zahl von mehr als 2000 Todesopfern klingt zur Notfallklinik die es verursacht, heißt wiederum „Covid-19“. Dass nach einer mittleren Katastrophe. Tatsäch- hen. Die Mittelschüler haben we- te eingerichtet. Dort werden Leu- umfunktionierten niger Glück. Die meisten Schulen te, die Anfangssymptome zeigen lich entspricht dies in China, einem Staat mit Sportstadium in Wuhan annähernd 1,4 Milliarden Einwohnern, einer fast haben schon lange Unterrichtslek- oder vermutlich infiziert sind, APA/AFP/STR vernachlässigbaren Bedrohung. Allein im Acht-Mil- tionen online gestellt. Aber mit beaufsichtigt. Schwer Erkrankte lionen-Einwohnerland Österreich sterben pro Jahr Handy zu lernen, ist schwieriger werden in spezielle Spitäler ge- zwischen 1000 und 2000 Personen an der klassi- als gedacht. Es gibt einfach zu vie- bracht. schen Grippe. Die elf Toten außerhalb Chinas wie- le Sachen, die interessanter sind Die meisten Leute arbeiten zu derum rechtfertigen kaum eine erhöhte Aufmerk- samkeit, und doch herrscht selbst in Europa und als der Lernstoff. Hause online. In manchen Städ- den USA, die gesundheitstechnisch bestens versorgt Für Leute, die gerne ausgehen, ten aber beziehen die Industrie- und zudem weitab vom Schuss sind, das große Zit- ist es wie Fegefeuer. Weil es kein arbeiter bereits wieder ihre Pos- tern. leckeres Essen und keine Geträn- ten. Es sind nicht viele, sie wer- In einem Wiener Gymnasium wurde vergange- ke aus dem Restaurant gab, ha- den streng beobachtet und mit ne Woche die für April geplante Berlin-Reise einer ben viele begonnen, zu Hause den nötigen Schutzmitteln aus- Klasse abgesagt. Begründung: „die unklare Sicher- kreativ selbst zu kochen – etwa gestattet. Außerdem wird ihre heitslage“ im Zusammenhang mit dem Coronavi- indem sie mithilfe ihrer Reisko- Körpertemperatur vor und nach rus. In Australien, wo bisher 15 Infektionsfälle re- gistriert wurden, melden chinesische Restaurants cher Kuchen backen, Hühner- der Arbeit gemessen. völlige Flaute. Ähnliche Berichte kommen aus Nord- schenkel braten und so weiter … Anfang März soll das Leben amerika. Vereinzelte Krankheitsfälle in Frankreich, Solche Gerichte haben wir in der außerhalb von Wuhan wieder Deutschland und 26 weiteren Staaten weltweit wer- Vergangenheit meistens im Lo- normal verlaufen, heißt es. Wie den als Beleg dafür herangezogen, dass eine globa- kal gegessen oder auf Waimai lange die „Ferien“ hier noch dau- le Pandemie drohen könnte. (einer App, Anm.) geordert. ern, wissen wir nicht. Die WHO hingegen hält derzeit jegliche Reisebe- Ein generelles Problem ist die Protokoll: Carina Wandl schränkungen wegen des Coronavirus (abgesehen von den Quarantäne-Gebieten in China) für über- Nahrungsmittelversorgung. In * Name von der Redaktion geändert flüssig. Alle Staaten beteuern, auf allfällige Anzei- chen einer Epidemie vorbereitet zu sein. Epidemio- logen reden sich den Mund fusselig, um der Bevöl- kerung die Angst zu nehmen. Arnaud Fontanet vom Pariser Institut Pasteur etwa stand Usern der Web- site der Tageszeitung „Le Monde“ Rede und Antwort und riet davon ab, in Europa Gesichtsmasken zu tragen oder auf Flugreisen zu verzichten. Es sei auch 42 profil 9 • 23. Februar 2020 23. Februar 2020 • profil 9 43
ausland nicht notwendig, Menschenansammlungen zu mei- den, weil derzeit ganz einfach keine Gefahr beste- zem ein Schild mit der Aufschrift: „Aus Anlass des Coronavirus bitte kein Händeschütteln. Danke.“ Doch in Wahrheit minimiert die internationale Vernetzung die Risiken. Allein die Verbreitung von Tang, 23, Studentin he, so Fontanet. Informationen über Ausbrüche von Infektionen „Ich genieße mein Leben gerade ziemlich“ Doch die Gesellschaften des 21. Jahrhunderts funktioniert dank globalisierter Technologien un- sind beseelt davon, Restrisiken auszuschalten. Zähl- Wie ungeheuer vernetzt vergleichlich schnell. Von der Hongkong-Grippe er- R te man vor 100 Jahren die Toten, so berechnet man fuhren Zeitgenossen erst Wochen nach ihrem Aus- ichtig große Angst hatte ich das Fenster öffnen. Aber wir hat- heute das denkmöglich schlimmste Szenario auf Ba- sis geringster Wahrscheinlichkeiten und gelangt so die Welt ist und warum bruch durch einen Bericht in der britischen Tages- zeitung „The Times“. Heute sind Neuigkeiten über bislang nicht. Verglichen ten früher Angst, dass sich der zur realen Bedrohung einer tödlichen weltweiten das nicht schlecht ist das Virus und seine Verbreitung weltweit ohne Ver- mit der Zeit vor drei, vier Virus über die Luft verbreiten Pandemie. zögerung zugänglich. Jeder einzelne Fall, sogar je- Wochen fühle ich mich jetzt zu könnte. Jetzt bin ich froh, dass I Zum Vergleich: An der Spanischen Grippe star- n kaum einer Betrachtung des Phänomens welt- der Verdachtsfall wird reportiert. Das erleichtert die Hause sogar wohl. Ich bin aller- wir einfach das Fenster aufma- ben etwa 25 Millionen Menschen, an der Hong- weiter Pandemien fehlt der Hinweis darauf, dass Einschätzung, ob und welche Präventionsmaßnah- dings auch Studentin und nicht in chen können. Der Druck ist viel kong-Grippe etwa eine Million. Die SARS-Pandemie die Globalisierung eine Ausbreitung von Infek- men sinnvoll sind. der gleichen Lage wie andere ar- geringer geworden. Wir sehen (2002–2003), die ebenfalls durch einen Erreger aus tionskrankheiten exponentiell beschleunigt. Inten- Außerdem forschen bereits mehrere Teams nach beitende Menschen. bereits eine gute Zukunft vor der Familie der Coronaviren ausgelöst wurde, for- siver Handel rund um den Globus, internationale einem Impfstoff gegen Covid-19. Sobald es einer For- Ich komme also gut mit der uns. derte rund 1000 Todesopfer, außerhalb Chinas wa- Konferenzen sowie Tourismus bringen Menschen aus schergruppe gelingen sollte, ein Serum herzustel- ren es 121. Im Anschluss daran wurden zur (noch) allen Ländern miteinander in Kontakt. len, wird es sehr schnell überall einsetzbar sein. Situation zurecht. Es gibt aber Lebensmittel können wir on- besseren Bekämpfung infektiöser Krankheiten eine Als Symbol dafür eignet sich das Schicksal des Viren konnten sich auch vor 100 Jahren weltweit auch verschiedene Arten von line oder per WeChat buchen, europäische Seuchenbehörde, das Europäische Zen- Kreuzfahrtschiffes „Diamond Princess“, das mit sei- verbreiten. Soldaten schleppten sie ein, doch bis klar Menschen. Manche mögen es, und sie werden uns an die unte- trum für die Prävention und die Kontrolle von nen rund 3700 Passagieren und Crewmitgliedern im wurde, um welche Krankheit es sich handelte, war sich in Menschenmengen zu ver- re Eingangstür des Wohnhauses Krankheiten (ECDC) mit Sitz in Schweden, gegrün- Hafen der japanischen Stadt Yokohama unter Qua- die Epidemie längst außer Kontrolle. gnügen, beschäftigt und laut zu geliefert. Einer von uns geht det. rantäne gestellt wurde. Bei 621 Personen konnte ei- Heute ankert die „Diamond Princess“ in Japan, sein. Sie fühlen sich dann glück- dorthin und holt sich den Ein- Mehr kann man kaum tun. Und dennoch bricht ne Infektion nachgewiesen werden, zwei über 80-Jäh- und die Behörden wissen bereits, auf welches Virus lich. Diese Menschen können kauf. Es ist eine sogenannte kon- nunmehr der internationale Passagierflugverkehr rige starben. hin sie die Menschen an Bord untersuchen müssen. FREILASSUNG ein; im New Yorker Stadtviertel Chinatown wagte Große, international zusammengewürfelte Grup- nicht gut allein zu Hause sein, taktlose Lieferung. Nicht infizierter sich kaum jemand zu den Neujahrsfeiern, obwohl pen auf engem Raum, die danach in ihre Herkunfts- lesen oder sich mit Computer- Bei Studenten hängt die Situa- Passagier der „Dia- mond Princess“ am 19. Februar beim Ver- in der ganzen Stadt kein einziger Coronavirus- Krankheitsfall aufgetreten war; und am Portal des länder zurückkehren und dort Viren verbreiten kön- nen, scheinen der unschlagbare Beweis dafür zu Warum uns das Virus spielen die Zeit vertreiben. Vielleicht stimmt es, dass die tion von der Universität ab. Mei- ne Universität hat schon am lassen des in Japan unter Quarantäne Venture-Capital-Unternehmens Andreessen Horo- witz im kalifornischen Silicon Valley hängt seit Kur- sein, dass die Globalisierung ein extremer Risiko- faktor ist. verbindet und warum Menschen in Orten, wo es längst 17. Februar das neue Semester gestellten Kreuzfahrt- schiffs es uns trennt nicht so schlimm wie hier ist, viel ängstlicher als in Wuhan gestartet. Ich habe bereits Kurse für eine Woche bekommen. E ine globale Bedrohung kann Staaten und Ge- sind, weil sie nicht genau wissen, Es sind für mich fast normale sellschaften zusammenbringen, auch wenn wovor sie sich fürchten müssen. Tage mit dem Unterschied, dass sie politisch verfeindet sind. Längst wissen Po- Sie müssen keine Angst haben. ich die Dozenten nicht persön- litik und Wirtschaft, dass eine Gesundheitskrise in In China gibt es das Sprichwort: lich fragen kann und nicht ne- einer Volkswirtschaft auf der anderen Seite der Welt „Du musst dich überhaupt nicht ben meinen Kommilitonen sitze. Auswirkungen auf alle Staaten hat – erst recht, wenn sorgen. Deine Sorge ist überflüs- Aber ich kann WeChat nutzen die Großmacht China involviert ist. sig, denn der Himmel wird nicht und auch online studieren. Wir Peter Klimek, der als Professor an der Meduni herunterfallen.“ haben spezielle Apps wie Teng- Wien und am Complexity Science Hub Vienna tä- tig ist, hat die kurios anmutende Berechnung ange- Ich erfahre durch die Nach- xun huiyi für Online-Meetings. stellt, wonach jeder Euro, der in China in der Gast- richten im Fernsehen, in den Zei- Dieses Programm für die Arbeit ronomie nicht konsumiert wird, in Österreich eine tungen und über die Apps, die ähnelt Skype, hat aber viel mehr Einbuße von 0,12 Cent bedeutet. Auf den nach mo- ich sonst noch auf dem Handy Tools und Implementierungen. mentanem Stand prognostizierten Umsatzausfall habe, dass die Zahl der Neuinfi- Wir können einander damit von 300 Millliarden Euro in China kämen durch in- zierten immer geringer wird. Die nicht nur sehen und miteinan- direkte Effekte aufgrund von Handelsverflechtun- Zahl der Geheilten ist nun schon der reden, sondern beispielswei- gen international weitere 100 Milliarden Euro an Verlusten hinzu, so Klimek. „Jetzt entscheidet sich, oft höher als die Zahl der neuen se auch unsere Powerpoint-Prä- wie groß der Schaden wirklich wird. Bislang haben Fälle. sentationen online zeigen. Das sich die Auswirkungen unseren Berechnungen zu- Ich denke, die Sterblichkeitsra- ist auch ein bisschen wie in der folge im verkraftbaren Bereich bewegt und sind weit te wird auch sinken. Das Virus Schule. Wir bekommen jeden entfernt von Großereignissen wie der Finanzkrise mag uns Menschen und andere Tag Hausaufgaben, und der Do- im Jahr 2008. Es ist zwar eine messbare Verlangsa- Wirte auch lieber lebendig, weil zent überprüft sie. Ich genieße mung der Weltwirtschaft zu erwarten, aber noch es sich dann vielfach reproduzie- mein Leben gerade ziemlich, besteht kein Grund zur Panik“, so der Komplexitäts- forscher. ren kann. denn ich kann in meinem Bett Der ganze Planet hat jedenfalls großes Interesse Wir alle sind heute nicht mehr liegen und einfach dem Kurs zu- APA/AFP/CHARLY TRIBALLEAU daran, dass China die Seuche möglichst rasch in den so gestresst wie früher. Wir sind hören. Ich bevorzuge es derzeit Griff bekommt. Die Regierung in Peking kann auf jetzt viel entspannter. Wir konn- sogar, zu Hause zu sein. jegliche Unterstützung zählen, nicht zuletzt aus Ei- ten vorher schon rausgehen oder Protokoll: Nils Bergemann geninteresse der Staatengemeinschaft. 44 profil 9 • 23. Februar 2020 23. Februar 2020 • profil 9 45
ausland APA/AFP/STR SÄUBERUNG Polizeibeamte am 18. Februar bei Doch auch das Risiko einer Pandemie lässt Kon- naheliegende Vorwand: Quarantäne aus Sicherheits- Desinfektionsarbeiten flikte zwischen Gesellschaftssystemen nicht ver- gründen. in der ostchinesischen schwinden. Als China ganze Städte unter Quarantä- Peking hat die Bekämpfung des Coronavirus zum Stadt Bouzou ne stellte, wurde dies international weitgehend be- „Krieg des Volkes“ erklärt. Wer Zweifel an der Füh- grüßt. Aber die Regierung in Peking reagiert mit rung äußert, wird behandelt wie ein Verräter. Auch Zensur, wann immer sie sich unverhältnismäßig kri- die öffentlichen Aufschriften sind entsprechend tisiert fühlt, und vergangene Woche war dies der martialisch getextet: „Diejenigen, die ihr Fieber nicht Fall, nachdem das amerikanische „Wall Street Jour- melden, sind Klassenfeinde, die sich unter das Volk nal“ einen Kommentar mit dem Titel „China ist der gemischt haben.“ Oder: „Jeder, dem Sie auf der Stra- wahre kranke Mann in Asien“ veröffentlicht hatte. ße begegnen, ist ein wilder Geist, der Ihnen nach Das sei „rassistisch“, wetterte das chinesische Au- dem Leben trachtet.“ ßenministerium und verlangte eine Entschuldigung. Insgesamt jedoch stehen die Zeichen im dritten Nachdem diese ausblieb, wurden drei Journalisten Monat der Coronavirus-Krise eher auf Entspannung des „Wall Street Journal“ des Landes verwiesen. der Lage als auf Katastrophe. Zwei chinesische Oppositionelle, die es gewagt Doch dank Sars-CoV-2 haben wir etwas über uns hatten, das Krisenmanagement von Staatschef Xi als Weltgemeinschaft gelernt: Wir waren einander Jinping zu kritisieren, wurden kaltgestellt – der eine noch nie so nahe. Wir waren noch nie so widerstands- verhaftet, der andere unter Hausarrest gestellt. Der fähig. Und wir waren noch nie so ängstlich.n
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