Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich

Die Seite wird erstellt Günter Hirsch
 
WEITER LESEN
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
 

	
                                                      Eingereicht von
	
                                                      Nina Wiesmayr
	
  
                                                        Angefertigt am
                                                 	
     Institut für Europarecht
	
  
	
                                                      Beurteiler
                                                        Assoz. Univ.-Prof.
	
                                                      Dr. Franz Leidenmühler
	
  
	
                                                      August 2016
	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und
ihre Umsetzung in Österreich
	
  
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades

Magistra der Rechtswissenschaften
im Diplomstudium

Rechtswissenschaften
	
  
                                                        JO HA NN ES K EPLER
	
                       	
  
                                                        U NIV ER SITÄT LINZ
	
                                                      Altenberger Straße 69
	
                                                      4040 Linz, Österreich
	
                                                      www.jku.at
                                                        DVR 0093696

	
                                        	
  
	
                                 	
     	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig
und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und
Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen
Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten
Textdokument identisch.

Linz, August 2016

	
                                           	
  
	
                                  	
       	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
I.	
  EINLEITUNG	
                                                                                                            2	
  

II.	
  DIE	
  NEUE	
  TABAKPRODUKTRICHTLINIE	
  2014/40	
                                                                     4	
  

A.	
   Regelungsgegenstände	
  der	
  RL	
                                                                                   4	
  
      1.	
   Tabakerzeugnisse	
                                                                                              4	
  
            a.	
   Inhaltsstoffe	
  und	
  Emissionen	
                                                                      5	
  
            b.	
   Kennzeichnung	
  und	
  Verpackung	
                                                                      6	
  
            c.	
   Tabak	
  zum	
  oralen	
  Gebrauch,	
  Fernabsatz	
  und	
  neuartige	
  Tabakerzeugnisse	
              10	
  
            d.	
   Rückverfolgbarkeit	
  und	
  Sicherheitsmerkmale	
                                                       11	
  
      2.	
   Elektronische	
  Zigaretten	
  und	
  pflanzliche	
  Raucherzeugnisse	
                                        12	
  

B.	
   Zuständigkeit	
  der	
  Union	
                                                                                      14	
  
      1.	
   Rechtsgrundlage	
                                                                                              14	
  
      2.	
   Subsidiarität	
                                                                                                16	
  
      3.	
   Verhältnismäßigkeitsgrundsatz	
                                                                                17	
  

C.	
   Tabakproduktrichtlinie	
  im	
  Zusammenhang	
  mit	
  den	
  Grundrechten	
                                         19	
  
      1.	
   Eigentumsfreiheit	
                                                                                            20	
  
            a.	
   Schutzbereich	
                                                                                          20	
  
            b.	
   Eingriff	
                                                                                               20	
  
            c.	
   Rechtfertigung	
                                                                                         22	
  
      2.	
   Meinungs-­‐	
  und	
  Informationsfreiheit	
                                                                   23	
  
            a.	
   Schutzbereich	
                                                                                          23	
  
            b.	
   Eingriff	
                                                                                               24	
  
            c.	
   Rechtfertigung	
                                                                                         25	
  
      3.	
   Unternehmerische	
  Freiheit	
                                                                                 25	
  
            a.	
   Schutzbereich	
                                                                                          25	
  
            b.	
   Eingriff	
                                                                                               26	
  
            c.	
   Rechtfertigung	
                                                                                         26	
  

D.	
   Wirtschaftliche	
  Folgen	
  der	
  neuen	
  RL	
                                                                    27	
  

III.	
  TABAKPOLITIK	
  IN	
  ÖSTERREICH	
                                                                                  29	
  

A.	
   Rechtliche	
  Grundlagen	
                                                                                           29	
  
      1.	
   Tabakgesetz	
                                                                                                  29	
  
            a.	
   Begrenzung,	
  Messung	
  und	
  Kontrolle	
  des	
  Schadstoffgehalts	
  von	
  Tabakerzeugnissen	
     29	
  
            b.	
   Warnhinweise	
                                                                                           30	
  
            c.	
   Erhebung	
  und	
  Überwachung	
  des	
  Schadstoffgehalts	
                                             34	
  
      2.	
   Tabakmonopolgesetz	
                                                                                           35	
  
            a.	
   Handel	
  mit	
  Tabakerzeugnissen	
                                                                     36	
  
            b.	
   Monopolverwaltungsgesellschaft	
  m.b.H.	
                                                               36	
  

B.	
  Nichtraucherschutz	
  in	
  Österreich	
                                                                              38	
  
      1.	
   Geltende	
  Rechtslage	
  –	
  Gastronomie	
                                                                   38	
  
      2.	
   Ausblick	
  –	
  Generelles	
  Rauchverbot	
  in	
  der	
  Gastronomie	
  ab	
  Mai	
  2018	
                  41	
  

IV.	
  ANHANG:	
  WARNHINWEISE	
                                                                                            43	
  

V.	
  LITERATURVERZEICHNIS	
                                                                                                47	
  

VI.	
  MATERIALIENVERZEICHNIS	
                                                                                             49	
  

	
                                                                            	
                                              1	
  
	
                                                              	
            	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
I.	
  Einleitung	
  

                                                                        „Ein leidenschaftlicher Raucher,
        der immer wieder von der Bedeutung der Gefahr des Rauchens für seine
                                                                                               Gesundheit liest,
                                                         hört in den meisten Fällen auf - zu lesen.“
                                                    (Sir Winston Churchill, britischer Politiker und Schriftsteller)

In der Europäischen Union sterben ca. 700.000 Menschen jährlich an den
Folgen des Rauchens. Damit ist der blaue Dunst verantwortlich für zahlreiche
(vermeidbare) Krankheiten und Todesfälle in der EU.1 Vor allem junge Leute
beginnen immer früher zu rauchen: 70% vor dem 18. und 94% vor dem 25.
Lebensjahr.2 Um dieser Gefahr Rechnung zu tragen, bedarf es gesetzlicher
Regelungen, um den Tabakkonsum einzudämmen bzw auf die schädliche
Wirkung dieses Genussmittels hinzuweisen.

Auf nationaler Ebene ist das Tabakgesetz3 aus dem Jahre 1995 einschlägig.
Mehrmals novelliert, bildet es die Basis für weitere Verordnungen, welche die
Tabakpolitik in Österreich regeln sollen. Der Handel mit Tabakwaren wird im
Tabakmonopolgesetz                                                              festgelegt.                                  Dieses                            Gesetz                             normiert                         das
Tabakhandelsmonopol in Österreich.4

Auf Unionsebene wurde bereits im Jahr 2001, mit der Erlassung der
Tabakrichtlinie5, der erste Schritt in Richtung Regulierung des Tabakmarktes
gesetzt. Ziel dieser Richtlinie war es, durch Harmonisierung der Vorschriften

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
1	
  Vgl Borg, Spiel, Satz und Sieg – für die neue Tabakproduktrichtlinie, EuZW 2014, 321.
2	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,	
  
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).
3	
  Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die
Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), BGBl 431/1995 idF BGBl
12/2014.
4	
  Vgl Bundesgesetz, mit dem das Tabakmonopol neu geregelt wird (Tabakmonopolgesetz 1996 –
TabMG 1996), BGBl 830/1995 idF BGBl 105/2014.	
  
5	
  Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen, ABl L 194/26.

	
                                                                                                                                       	
                                                                                         2	
  
	
                                                                                                              	
                       	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
bezüglich der Herstellung, der Aufmachung und des Verkaufs von
Tabakerzeugnissen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und
die Ausübung der Warenverkehrsfreiheit zu gewährleisten. Seitdem sind
einige Jahre vergangen.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Marktentwicklungen machen es
daher erforderlich, die bislang geltende Richtlinie zu erneuern und zu
ergänzen.6 Am 29. April 2014 wurde daher die neue Tabakproduktrichtlinie
erlassen und im Amtsblatt der Europäischen Union kundgemacht. Sie ist bis
2016 innerstaatlich umzusetzen.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den wesentlichen Regelungen der
neuen Tabakproduktrichtlinie und welche Auswirkungen diese auf den
europäischen Binnenmarkt sowie auf die österreichische Tabakpolitik hat.

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
6	
  Vgl	
  Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen,
http://ec.europa.eu/health//tobacco/docs/com_2012_788_de.pdf (05.02.2015), 2.

	
                                                                                                                                 	
                                                                                              3	
  
	
                                                                                                         	
                      	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
II.	
  Die	
  neue	
  Tabakproduktrichtlinie	
  2014/40	
  
	
  
Die wissenschaftlichen Entwicklungen und die Veränderungen auf den
Märkten machen es erforderlich, die Richtlinie 2001/37/EG aufzuheben und
durch die neue Tabakproduktrichtlinie zu ersetzen. 7 Die Mitgliedstaaten
müssen daher ihre nationalen Regelungen über Tabakwaren innerhalb von
zwei Jahren nach Inkrafttreten der neuen Tabakproduktrichtlinie anpassen.8

          A. Regelungsgegenstände	
  der	
  RL	
  

Schwerpunkte der neuen Richtlinie sind ein besseres Funktionieren des
europäischen Binnenmarktes und die Gewährleistung eines hohen Maßes an
Gesundheitsschutz.9 Die wesentlichen Änderungen bzw Neuerungen werden
in diesem Kapitel näher ausgeführt.

                     1. Tabakerzeugnisse	
  

Der Begriff „Tabakerzeugnis“ wird in Art 2 Abs 4 der Richtlinie näher definiert.
Darunter versteht man ein Erzeugnis, „das konsumiert werden kann und das,
auch teilweise, aus genetisch verändertem oder genetisch nicht verändertem
Tabak besteht.“10 Dazu zählen Zigaretten, Drehtabak, Pfeifentabak, Zigarren,
Zigarillos, nicht zum Rauchen bestimmter Tabak, E-Zigaretten und pflanzliche

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
7	
  Vgl	
  Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/1.
8	
  Vgl	
  Europäisches Parlament, Tabakproduktrichtlinie: Parlament handelt, um junge Menschen vom
Rauchen abzuhalten, http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-
room/content/20140221IPR36632/html/Tabakrichtlinie-Parlament-handelt-um-junge-Menschen-vom-
Rauchen-abzuhalten (11.01.2015).	
  
9	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,	
  
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).
10	
  Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/10.	
  

	
                                                                                                                                        	
                                                                                       4	
  
	
                                                                                                              	
                        	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
Raucherzeugnisse.11 Beim Rauchen werden ca. 4800 Substanzen inhaliert,
wobei 250 davon sogar krebserregend und giftig sind.12

                                                                            a. Inhaltsstoffe	
  und	
  Emissionen	
  

Die Höchstmenge für Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid wurde aus der
Richtlinie                                                            2001/37/EG                                                                             übernommen,                                                                  es   dürfen   daher   folgende
Emissionswerte nicht überschritten werden (Art 3 Abs 1):

                   •                  10 mg Teer pro Zigarette
                   •                  1 mg Nikotin pro Zigarette
                   •                  10 mg Kohlenmonoxid pro Zigarette

Gemäß Art 4 Abs 1 werden die Schadstoffe anhand der sogenannten ISO-
Normen gemessen. Diese Messungen werden von Laboren vorgenommen,
welche in den Mitgliedstaaten zugelassen sind und von diesen überwacht
werden.13
Art 5 der Richtlinie sieht ein einheitliches Meldesystem für Inhaltsstoffe und
Emissionen vor. Hersteller und Importeure von Tabakerzeugnissen werden
angehalten, Berichte über die verwendeten Inhaltsstoffe den Mitgliedstaaten
vorzulegen.14 Zusätzlich zu diesen Meldepflichten wird es eine Prioritätenliste
geben, in welche häufig verwendete Substanzen aufgenommen werden (Art
6).15

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
11 Vgl	
  Europäische Kommission, Tabakerzeugnisse,
http://ec.europa.eu/health/tobacco/products/index_de.htm (05.02.2015).
12	
  Vgl Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs, Rauchen,
https://www.gesundheit.gv.at/Portal.Node/ghp/public/content/basisinfo-rauchen.html (05.02.2015).
13 	
  Vgl	
   Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/13.	
  
14	
  Vgl Europäische Kommission, Tabakerzeugnisse,
http://ec.europa.eu/health/tobacco/products/index_de.htm (05.02.2015).
15	
  Vgl	
  Europäisches Parlament, Tabakproduktrichtlinie: Parlament handelt, um junge Menschen vom
Rauchen abzuhalten,
http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/content/20140221IPR36632/html/Tabakrichtlinie-
Parlament-handelt-um-junge-Menschen-vom-Rauchen-abzuhalten (11.01.2015).	
  
	
  
	
                                                                                                                                                                                                                                 	
                                 5	
  
	
                                                                                                                                                                                                          	
                     	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
Art                                  7                         verbietet                                                                  das                                        Inverkehrbringen                                                  von   Tabakerzeugnissen       mit
charakteristischen Aromastoffen, wie zB Vitamine, Koffein, Taurin oder
Frucht- und Schokoladenaromen. Hintergrund ist, dass, vor allem bei jungen
Menschen, nicht der Eindruck entstehen soll, dass Rauchen einen
gesundheitlichen Nutzen hätte oder stimulierend auf den Körper wirke.16
Bei Mentholzigaretten ist eine Übergangsfrist von vier Jahren vorgesehen, dh
ab Mai 2020 ist auch dieser Aromastoff verboten.
Zigarren, Zigarillos und rauchlose Erzeugnisse sind von diesem Verbot nicht
betroffen.
Zucker, welcher für die Herstellung von Tabakerzeugnissen unerlässlich ist,
darf weiterhin verwendet werden.17

                                                                                           b. Kennzeichnung	
  und	
  Verpackung	
  
	
  
Nach der geltenden Rechtslage (RL 2001/37/EG) müssen 30% der Vorder-
und 40% der Rückseite von Tabakwaren mit Warnhinweisen versehen
sein. 18 Gemäß dieser Richtlinie sind textliche Warnhinweise verpflichtend,
                                                                                                                                                                                                                                                                        19
bildliche                                                              Warnhinweise                                                                                                     hingegen                                           optional      anzubringen.        Rumänien,
Großbritannien, Belgien, Malta, Frankreich, Dänemark, Litauen, Spanien,
Ungarn                                                            und                                        Irland                                                 verwenden                                                             bereits      Bildwarnhinweise      auf   ihren
Zigarettenverpackungen.20

Die neue Tabakproduktrichtlinie sieht nun vor, dass 65% der Vorder- und der
Rückseite mit einem kombinierten Warnhinweis (Bild und Text) beschriftet

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
16	
  Vgl Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen,
http://ec.europa.eu/health//tobacco/docs/com_2012_788_de.pdf (05.02.2015), 6.
17	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).
18	
  Vgl Schroeder, Vom Brüsseler Kampf gegen den Tabakrauch – 2.Teil, EuZW 2001, 490.	
  
19 	
  Vgl Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen, ABl L 194/30.
20	
  Vgl British American Tobacco Germany, Verpackung,
http://www.bat.de/group/sites/BAT_7TYF37.nsf/vwPagesWebLive/DO94QCVW?opendocument&SKN=1
(06.02.2015).

	
                                                                                                                                                                                                                                              	
                                    6	
  
	
                                                                                                                                                                                                                                 	
           	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
werden sollen. 21 Gemäß Art 9 müssen auch 50% der Schmalseiten von
Zigarettenverpackungen mit Warnhinweisen bedeckt sein.22

Die Richtlinie sieht zwei Arten von Warnhinweisen vor:

Art 9 normiert die allgemeinen Warnhinweise. In Zukunft müssen daher alle
Zigarettenpackungen mit folgenden Hinweisen ausgestattet sein:

          •          „Rauchen ist tödlich – hören Sie jetzt auf.“ oder
          •          „Rauchen ist tödlich“

Es liegt im Ermessen der Mitgliedstaaten, welcher Warnhinweis verwendet
wird. Der allgemeine Warnhinweis muss so platziert werden, dass dieser
sofort ins Auge sticht. Zusätzlich muss auch folgende Informationsbotschaft
auf Verpackungen aufscheinen:

          •          „Tabakrauch                                     enthält                       über                   70                    Stoffe,                 die               erwiesenermaßen
                     krebserregend sind.“

Die kombinierten Warnhinweise bestehen aus:

          •          einem textlichen Warnhinweis mit einem dazu passenden Farbfoto
          •          Informationen über Raucherentwöhnungsprogramme23

Die Bilder sollen den Zweck einer abschreckenden Wirkung gegenüber dem
Konsumenten erfüllen.24

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
21	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).
22 	
  Vgl	
   Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014                                                                                                                                   zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung,                                                                                                                                      die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und                                                                                                                                                   zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/18.	
  
23 	
  Vgl	
   Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014                                                                                                                                   zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung,                                                                                                                                      die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und                                                                                                                                                   zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/19.	
  

	
                                                                                                                                       	
                                                                                         7	
  
	
                                                                                                              	
                       	
  
Die Tabakproduktrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich
Die textlichen Warnhinweise werden im Anhang 1 der Richtlinie festgelegt:

                           1)                         Rauchen verursacht 9 von 10 Lungenkarzinomen.
                           2)                         Rauchen verursacht Mund-, Rachen- und Kehlkopfkrebs.
                           3)                         Rauchen schädigt Ihre Lunge.
                           4)                         Rauchen verursacht Herzanfälle.
                           5)                         Rauchen verursacht Schlaganfälle und Behinderungen.
                           6)                         Rauchen verstopft Ihre Arterien.
                           7)                         Rauchen erhöht das Risiko, zu erblinden.
                           8)                         Rauchen schädigt Zähne und Zahnfleisch.
                           9)                         Rauchen kann Ihr ungeborenes Kind töten.
                           10) Wenn Sie rauchen, schaden Sie Ihren Kindern, Ihrer Familie, Ihren Freunden.
                           11) Kinder von Rauchern werden oft selbst zu Rauchern.
                           12) Das Rauchen aufgeben – für Ihre Lieben weiterleben.
                           13) Rauchen mindert Ihre Fruchtbarkeit.
                           14) Rauchen bedroht Ihre Potenz.

Beide Gesundheitswarnungen, textliche und bildliche, werden spätestens im
Mai 2016 65% der Fläche von Zigarettenverpackungen ausmachen. Bis
dorthin muss die neue Tabakproduktrichtlinie in den Mitgliedstaaten
umgesetzt werden.
Für rauchlose Tabakerzeugnisse, Zigarren und Pfeifentabak wurden die
Bestimmungen der Richtlinie 2001/37/EG übernommen. Gerechtfertigt wird
diese Ausnahme mit dem Argument, dass solche Tabakwaren eher von
einem älteren Klientel konsumiert werden und der Schwerpunkt der neuen
Richtlinie vorwiegend auf dem jungen Publikum liegt.25

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
24	
  Vgl British American Tobacco Germany, Verpackung,
http://www.bat.de/group/sites/BAT_7TYF37.nsf/vwPagesWebLive/DO94QCVW?opendocument&SKN=1
(06.02.2015).
25	
  Vgl Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen,
http://ec.europa.eu/health//tobacco/docs/com_2012_788_de.pdf (05.02.2015), 7.	
  

	
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                	
                                                                                                                                                                                                                                                                     8	
  
	
                                                                                                                                                                                                                                                                                               	
                                                               	
  
26
                                                                                                                                             Abbildung 1: Beispiel für künftige Zigarettenpackungen

Nach Art 14 der Richtlinie müssen Zigarettenpackungen quaderförmig sein
und mindestens einen Inhalt von 20 Zigaretten aufweisen. 27 Daher sind
zukünftig sogenannte Lippenstift-Verpackungen für Slim-Zigaretten, welche
vor allem weibliche Verbraucherinnen ansprechen, verboten.28

Ein Spielraum bleibt hingegen den Mitgliedsstaaten hinsichtlich der
Einführung von Einheitsverpackungen (sog „plain packaging“). Beim plain
packaging ist die Aufmachung der Tabakprodukte neutral, dh es scheint kein
Markenlogo auf, lediglich Warnhinweise sind auf der Außenfläche abgedruckt.
Es                                              steht                                                            den                                                     Mitgliedstaaten                                                     frei,      Regelungen            bezüglich
Einheitsverpackungen zu treffen, die Maßnahmen müssen aber dem Schutz
der öffentlichen Gesundheit dienen und verhältnismäßig sein. Des weiteren
darf der freie Warenverkehr nicht eingeschränkt werden.29
Kritik zum Thema „plain packaging“ wird von Seiten der Tabakindustrie laut.
Es handle sich dabei um einen Eingriff in das Markenrecht und der illegale
Handel mit gefälschten Produkten könnte in die Höhe schießen. 30 In
Australien                                                                                                    und                                                        in                                         vielen         Staaten          Südamerikas        sind     solche
	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
26 Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).	
  
27 	
  Vgl	
   Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/22.	
  
28	
  Vgl Borg, Spiel, Satz und Sieg – für die neue Tabakproduktrichtlinie, EuZW 2014, 321.	
  
29	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).	
  
30 Vgl Verband der Cigarren- und Pfeifenhändler Österreichs, EU-Tabakprodukt-Richtlinie,
http://www.vcpoe.at/vcpoe-diskussions-foren/18/news-forum/view/3436 (07.02.2015).

	
                                                                                                                                                                                                                                           	
                                      9	
  
	
                                                                                                                                                                                                                                 	
        	
  
Einheitsverpackungen bereits im Umlauf.31 In der neuen Richtlinie ist eine
solche Standardisierung jedoch nicht vorgesehen.

                                      c. Tabak	
   zum	
   oralen	
   Gebrauch,	
   Fernabsatz	
   und	
  
                                                neuartige	
  Tabakerzeugnisse	
  

Wie auch schon die Richtlinie 2001/37/EG verbietet auch Art 17 der neuen
Richtlinie den Verkauf von Tabak zum oralen Gebrauch innerhalb der EU,
mit Ausnahme von Schweden. Typisches Beispiel für Tabak zum oralen
Gebrauch ist schwedischer „Snus“. Snus ist feuchter Tabak, abgepackt in
kleinen Portionssäckchen, der unter die Ober- oder Unterlippe geschoben
wird. Die Nikotinaufnahme erfolgt über die Schleimhaut, dabei wird Snus
weder gekaut noch geschluckt.32
Dem Vorschlag zur Richtlinie 2014/40 ist zu entnehmen, dass es nicht in
Erwägung gezogen wird, das bestehende Verbot aufzuheben. Das hat auch
der EuGH, in der Rechtssache Arnold André GmbH & Co. KG gegen Landrat
des               Kreises                      Herford,                        bestätigt.                        In           seinem                       Urteil                 wird                auf              die
gesundheitsschädigende Wirkung und die große Gefahr der Abhängigkeit bei
Tabak zum oralen Gebrauch hingewiesen. Diese Aspekte haben auch heute
noch ihre Gültigkeit. 33

Art 18 der Richtlinie enthält eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten, den
grenzüberschreitenden Verkauf von Tabakwaren zu verbieten. Machen sie
von diesem Recht Gebrauch, dürfen Produkte im betreffenden Mitgliedstaat
nicht im Fernabsatz an Konsumenten verkauft werden.

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
31	
  Vgl Shmatenko, Verfassungsmäßigkeit von Einheitsverpackungen (Plain Packaging) bei Zigaretten,
http://www.academia.edu/2625046/Verfassungsm%C3%A4%C3%9Figkeit_von_Einheitsverpackungen_
Plain_Packaging_bei_Zigaretten (07.02.2015).
32	
  Vgl Suchtprävention Jugendrotkreuz, Informationsblatt zu „Snus“,
http://www.kontaktco.at/shop/pdf/109-22.pdf (07.02.2015).
33	
  Vgl EuGH Rs C-434/02, Arnold André GmbH & Co. KG gegen Landrat des Kreises Herford, Slg
2004, I-11825, Rz 4ff.	
  

	
                                                                                                                            	
                                                                                        10	
  
	
                                                                                                     	
                     	
  
Ist hingegen der grenzüberschreitende Fernabsatz in einem Mitgliedstaat
erlaubt, so müssen sich Tabakhändler bei der zuständigen Behörde ihres
Mitgliedstaates registrieren lassen.34
Zusätzlich                                                 ist                   ein                       Altersüberprüfungssystem                                                                                                vorgesehen,   damit   das
vorgeschriebene Mindestalter für Verbraucher kontrolliert werden kann.

Neuartige Tabakerzeugnisse müssen nach Art 19 der Richtlinie 6 Monate
vor dem beabsichtigten Verkaufsstart bei der zuständigen Behörde im
Mitgliedstaat gemeldet werden.35 Den Inhalt dieser Meldung regelt Art 19 Abs
1 lit a-c.36 Unter neuartigen Tabakerzeugnissen versteht man Produkte, die
weder Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Zigarren, Zigarillos,
Schnupftabak, Kautabak noch Tabak zum oralen Gebrauch sind und die erst
nach dem Inkrafttreten der Richtlinie zum Verkauf angeboten werden.37
	
  
                                                               d. Rückverfolgbarkeit	
  und	
  Sicherheitsmerkmale	
  
	
  
Gemäß Art 15 und 16 der Richtlinie müssen Tabakerzeugnisse mit einem
individuellen Erkennungsmerkmal (näher geregelt in Art 15 Abs 2) und einem
fälschungssicheren                                                                                           Sicherheitsmerkmal                                                                                             (sichtbar    und     unsichtbar)
ausgestattet sein, welche unablösbar, unverwischbar und unverdeckt auf
jeder Packung platziert werden müssen.38 Dem Verbraucher soll hiermit die
Möglichkeit eröffnet werden, Tabakprodukte auf ihre Echtheit zu überprüfen

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
34	
  Vgl Wirtschaftskammer Österreich, Tabakerzeugnisrichtlinie,
https://www.wko.at/Content.Node/branchen/oe/sparte_iuc/Werbung-und-
Marktkommunikation/TabakerzeugnisRL_Maerz_2014.pdf (07.02.2015).
35	
  Vgl	
  Europäische Kommission, Tabakerzeugnisse,
http://ec.europa.eu/health/tobacco/products/index_de.htm (05.02.2015).
36 	
  Vgl	
   Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/25.	
  
37	
  Vgl Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen,
http://ec.europa.eu/health//tobacco/docs/com_2012_788_de.pdf (05.02.2015), 10.	
  
38 	
  Vgl	
   Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/23.	
  

	
                                                                                                                                                                                                             	
                                        11	
  
	
                                                                                                                                                                       	
                                    	
  
und dem Handel mit illegalen Raucherzeugnissen soll durch ein einheitliches
Rückverfolgungssystem ein Riegel vorgeschoben werden.39

                                              2. Elektronische	
  Zigaretten	
  und	
  pflanzliche	
  
                                                                     Raucherzeugnisse	
  

Einen weiteren Schwerpunkt der neuen Richtlinie bildet die Regulierung von
                                                                                                                                                                                                                                          40
elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten).                                                                                                                                                                                                        Hierbei handelt es sich um
Produkte, welche nikotinhaltige Flüssigkeiten (sog „Liquids“) enthalten. Diese
werden erhitzt und der daraus entstehende Dampf wird wie normaler
Tabakrauch vom Konsumenten inhaliert.41 Es gibt verschieden Arten von E-
Zigaretten:42

                                                                                                                                                                                                                                                    -   Einwegprodukte

                                                                                                                                                                                                                                                    -   Nachladen mittels
                                                                                                                                                                                                                                                        Einwegkartuschen

                                                                                                                                                                                                                                                    -   Nachladen mittels
                                                                                                                                                                                                                                                        Nachfüllbehälter

                                                                                                                                                                                          43
Abbildung 2: Elektronische Zigarette

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
39 	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen        & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).
40	
  Vgl Borg, Spiel, Satz und Sieg – für die neue Tabakproduktrichtlinie, EuZW 9/2014, 322.
41	
  Vgl Gesundheitsportal Österreich, Die E-Zigarette – neues Übel oder Alternative zu Tabak?,
http://gesund.co.at/e-zigarette-uebel-oder-alternative-zu-tabak-26081/#e-zigarette (09.02.2015).
42	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).
43 Europäische Kommission, Fragen & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).	
  

	
                                                                                                                                                                                                                                        	
                                12	
  
	
                                                                                                                                                                                                                                 	
     	
  
In den Mitgliedstaaten gelten E-Zigaretten entweder als Arzneiprodukte oder
als Tabakerzeugnisse.44 Fallen sie unter die Kategorie Tabakwaren, müssen
die in Art 20 der Richtlinie normierten Vorschriften eingehalten werden:

          •         Nachfüllbehälter dürfen höchstens ein Volumen von 10 ml bzw
                    Einwegkartuschen höchstens ein Volumen von 2 ml umfassen.
          •         Die Flüssigkeit darf höchstens einen Nikotingehalt von 20 mg/ml
                    aufweisen.
          •         Auch bei E-Zigaretten dürfen keine Zusatzstoffe wie etwa Vitamine,
                    Taurin, Koffein oder Farbstoffe verwendet werden.
          •         E-Zigaretten müssen in Zukunft kinder- und manipulationssicher sein.
          •         Jede Packung muss einen Beipackzettel enthalten. Dieser hat
                    Informationen hinsichtlich des Herstellers, Angaben über mögliche
                    gesundheitliche                                               Auswirkungen                                               und                        Gebrauchs-                                          und
                    Aufbewahrungsanweisungen, zu enthalten.

Auch                   die               E-Zigaretten                                 müssen                          mit                einem                    gesundheitsbezogenen
Warnhinweis versehen werden:

          •         „Dieses Produkt enthält Nikotin: einen Stoff, der sehr stark abhängig
                    macht. Es wird nicht für den Gebrauch durch Nichtraucher empfohlen.“
                    oder
          •         „Dieses Produkt enthält Nikotin: einen Stoff, der sehr stark abhängig
                    macht“

Des weiteren ist auch die Werbung für E-Zigaretten verboten.45

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
44	
  Vgl	
  Europäisches Parlament, Tabakproduktrichtlinie: Parlament handelt, um junge Menschen vom
Rauchen abzuhalten, http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-
room/content/20140221IPR36632/html/Tabakrichtlinie-Parlament-handelt-um-junge-Menschen-vom-
Rauchen-abzuhalten (11.01.2015).
45 	
  Vgl	
   Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die
Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur
Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl L 127/27.	
  

	
                                                                                                                                	
                                                                                           13	
  
	
                                                                                                        	
                      	
  
Die Hersteller von E-Zigaretten müssen den Mitgliedstaaten jährlich über
Verkaufszahlen, Konsumentenverhalten sowie aktuelle Marktentwicklungen
Bericht erstatten.46

Auch die Verpackung von pflanzlichen Raucherzeugnissen muss gem Art 21
der Richtlinie mit einem Warnhinweis versehen werden:

                       •                       „Das Rauchen dieses Produkts schädigt Ihre Gesundheit.“

Pflanzliche Raucherzeugnisse enthalten keinen Tabak und werden auf Basis
von Früchten, Kräutern oder Pflanzen hergestellt.47

                       B. Zuständigkeit	
  der	
  Union	
  

                                               1. Rechtsgrundlage	
  

Art 114 Abs 1 AEUV bildet die Rechtsgrundlage für die Erlassung der neuen
Tabakproduktrichtlinie. Auf dessen Grundlage ist die Union dazu ermächtigt,
„Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten,                                                                                                               welche                                                            die                               Errichtung          und   das   Funktionieren   des
Binnenmarkts zum Gegenstand haben“ zu setzen. 48 Solche Maßnahmen
ergehen meist in Form von Richtlinien und müssen, nach dem Grundsatz der
begrenzten Einzelermächtigung, die Beseitigung von Hindernissen im
Binnenmarkt zum Gegenstand haben.49 Daraus ergibt sich keine allgemeine
Kompetenz der Union zur Regelung des Binnenmarktes.

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
46 	
  Vgl Europäische Kommission, Fragen    & Antworten: Neue Regelungen für Tabakerzeugnisse,                                                                                                                                                                                        ,	
  
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-134_de.htm (05.02.2015).
47	
  Vgl Wirtschaftskammer Österreich, Tabakerzeugnisrichtlinie,
https://www.wko.at/Content.Node/branchen/oe/sparte_iuc/Werbung-und-
Marktkommunikation/TabakerzeugnisRL_Maerz_2014.pdf (07.02.2015), 8.
48	
  Vgl Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht8, Rz 1219.
49	
  Vgl Leidenmühler, Europarecht, 145f.

	
                                                                                                                                                                                                                                              	
                                 14	
  
	
                                                                                                                                                                                                                                   	
         	
  
Der EuGH prüft daher,

          •         ob             Hindernisse                                für             den                 freien                  Warenverkehr                                     und                spürbare
                    Wettbewerbsverzerrungen bestehen und
          •         ob die Maßnahme zur Überwindung solcher Hemmnisse beiträgt.50

Im Bereich des Gesundheitsschutzes geht die Union gem Art 114 Abs 3
AEUV von einem hohen Schutzniveau aus. Hierbei muss auf neue
wissenschaftliche Erkenntnisse und Entwicklungen in diesem Bereich
Bedacht genommen werden.51 Vor allem junge Menschen sollen, nach der
Zielrichtung der neuen Richtlinie, geschützt werden.52

Bei eingehendem Studium des Richtlinienvorschlags entsteht jedoch der
Eindruck,                           dass                   das                 Ziel               der                Richtlinie                          nicht                 der                Abbau                       von
Binnenmarkthindernissen ist, sondern der Schutz der Menschen vor
Krankheiten und Tod durch die Folgen des Tabakkonsums. Das WHO-
Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs, welches für
alle Mitgliedstaaten und die Europäische Union verbindlich ist, sieht vor, dass
solche Schutzmaßnahmen von den Mitgliedstaaten zu erlassen sind.53 Auch
gem Art 168 Abs 7 AEUV liegt die Kompetenz zur Erlassung von Vorschriften
zur „Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie die Organisation und
Bereitstellung von Gesundheitsdiensten und medizinischer Versorgung“ bei
den Mitgliedstaaten.54 Aufgrund der fehlenden Kompetenz kann die Union die
Richtlinie nur auf Art 114 AEUV stützen, um somit das Harmonierungsverbot
des Art 168 AEUV zu umgehen. Der EuGH hat diese Diskrepanz aufgegriffen
und in seinem Urteil Bundesrepublik Deutschland gegen Europäisches
Parlament und Rat der Europäischen Union festgelegt, dass die Union auch
dann die volle Kompetenz zur Binnenmarktharmonisierung hat, wenn den

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
50	
  Vgl Schroeder, Grundkurs Europarecht, 334.
51	
  Vgl Leidenmühler, Europarecht, 147.	
  
52	
  Vgl Borg, Spiel, Satz und Sieg – für die neue Tabakproduktrichtlinie, EuZW 2014, 322.
53	
  Vgl Di Fabio, Gesundheitsschutz durch paraprohibitive Produktregulierung – Rechtsgutachten   zur
Novelle        der      Tabakproduktrichtlinie    2001/37/EG,     http://www.verband-rauchtabak.de/wp-
content/uploads/2015/01/Gutachten-Di-Fabio-final.pdf (09.12.2015), 18f.	
  
54	
  Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl C 326/123.

	
                                                                                                                                 	
                                                                                              15	
  
	
                                                                                                         	
                      	
  
getroffenen Maßnahmen auch gesundheitspolitische Bedeutung zukommt55
und die Union bei Erlassung solcher Harmonisierungsvorschriften durch diese
Aspekte maßgeblich geleitet wurde.56

Dem Vorschlag zur neuen Tabakproduktrichtlinie ist zu entnehmen, dass Art
114 AEUV auf mehreren Ebenen eine geeignete Rechtsgrundlage zur
Harmonisierung des Binnenmarktes bildet. Erstens sollen, aufgrund neuer
wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Angaben der Schadstoffgehalte und die
Größe der Warnhinweise auf Tabakerzeugnissen angeglichen werden.
Zweitens sollen mit der neuen Richtlinie Regelungen geschaffen werden,
welche der Beseitigung von Hindernissen im freien Warenverkehr dienen
sollen.                                                                 Drittens                                                                        sollen                                                              durch         die     Angleichung   bestehende
Binnenmarktvorschriften nicht umgangen werden. Dies gilt insbesondere für
Maßnahmen im Zusammenhang mit dem System der Rückverfolgbarkeit, für
Regelungen hinsichtlich der Anbringung von Sicherheitsmerkmalen und für
Maßnahmen in Bezug auf den grenzüberschreitenden Fernabsatz. All diese
Punkte sollen dem illegalen Handel mit Tabakprodukten Einhalt gebieten und
einen funktionierenden Binnenmarkt gewährleisten.57

                                             2. Subsidiarität	
  

Das sogenannte Subsidiaritätsprinzip ist in Art 5 Abs 3 AEUV geregelt. Es
besagt, dass die Union in Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche
Zuständigkeit fallen, nur tätig werden darf, sofern die angestrebten Ziele von
                                                                                                                                                                                                                                                                   58
den Mitgliedstaaten nicht besser verwirklicht werden können.                                                                                                                                                                                                            Das
Subsidiaritätsprinzip beinhaltet somit zwei Voraussetzungen:

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
55	
  Vgl EuGH Rs C-380/03, Bundesrepublik   Deutschland gegen Europäisches Parlament und Rat der
Europäischen Union, Slg 2006, I-11573, Rn 39.
56	
  Vgl Di Fabio, Gesundheitsschutz durch paraprohibitive Produktregulierung – Rechtsgutachten zur
Novelle        der    Tabakproduktrichtlinie   2001/37/EG,       http://www.verband-rauchtabak.de/wp-
content/uploads/2015/01/Gutachten-Di-Fabio-final.pdf (09.12.2015), 20.
57	
  Vgl Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen,
http://ec.europa.eu/health//tobacco/docs/com_2012_788_de.pdf (05.02.2015), 12.	
  
58	
  Vgl Leidenmühler, Europarecht, 39.	
  

	
                                                                                                                                                                                                                                         	
                            16	
  
	
                                                                                                                                                                                                                                 	
      	
  
•               eine optimale Zielerreichung durch die Mitgliedstaaten ist nicht
                               gewährleistet,
               •               die Ziele sind hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Wirkungen besser
                               auf Unionsebene zu verwirklichen.

Beide Voraussetzungen sind kumulativ zu erfüllen.59

Auch bei der neuen Tabakproduktrichtlinie kommt Art 5 Abs 3 AEUV zur
Anwendung. Unterschiedliche Regelungen in den Mitgliedstaaten führen zu
einer Beeinträchtigung des Binnenmarktes, weshalb die Union hier einen
großen                                       Handlungsbedarf                                                                               sieht.                                Dieses                                      Problem      wird   anhand   der
unterschiedlichsten                                                                                     Maßnahmen                                                                hinsichtlich                                       des   Fernabsatzes    von
Tabakerzeugnissen sichtbar. Für einen Mitgliedstaat ist es schwierig, den
Internetvertrieb zu regeln, wenn dieser Handel in einem anderen Mitgliedstaat
gar nicht normiert bzw nicht erlaubt ist. Eine einheitliche Regelung seitens der
Union erscheint hier klar von Vorteil.60
	
  
                               3. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz	
  
	
  
Mit dem Subsidiaritätsprinzip ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eng
verbunden. Dieser ist in Art 5 Abs 4 EUV festgehalten.61 Der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit besagt, dass die Maßnahmen der Union nicht das
erforderliche                                                         Maß                             überschreiten                                                               dürfen.                                     Des    Weiteren    müssen   die
Regelungen geeignet und erforderlich sein, um das angestrebte Ziel zu
erreichen. Bei mehreren geeigneten Mitteln ist jenes zu wählen, dass die
mitgliedstaatliche Kompetenz am wenigsten beschränkt.62

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
59	
  Vgl Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht8, Rz 166.	
  
60	
  Vgl Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie
                                                            des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen,
http://ec.europa.eu/health//tobacco/docs/com_2012_788_de.pdf (05.02.2015), 12f.	
  
61	
  Vgl Leidenmühler, Europarecht, 38.	
  
62	
  Vgl Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht8, Rz 174f.	
  

	
                                                                                                                                                                                                              	
                                        17	
  
	
                                                                                                                                                                        	
                                    	
  
Dem Vorschlag zur neuen Tabakproduktrichtlinie ist zu entnehmen, dass die
Maßnahmen                                     der                Union                      dem                    Verhältnismäßigkeitsgrundsatz                                                                       nicht
widersprechen                                     und               daher                   die                  Interessen                        der             Mitgliedstaaten                                     nicht
                                                                 63
beeinträchtigt werden.

Kritik kommt von Seiten der Tabakindustrie. Bei der neuen RL steht nicht
mehr die Konsumenteninformation im Vordergrund, sondern eine generelle
Verminderung der Attraktivität von Tabakerzeugnissen. In Bezug auf plain
packaging bzw auf Bildwarnhinweise existieren keine wissenschaftlichen
Erkenntnisse, die belegen, dass solche Maßnahmen das Rauchverhalten
beeinflussen oder den Einstieg in die Sucht, insbesondere für junge
Menschen, verhindern.64 Auch in Ländern, welche bereits Bildwarnhinweise
auf Tabakprodukten platziert haben, zeigt sich keine Reduzierung des
Tabakwarenabsatzes.65

Als gelindere Mittel werden zB vermehrte Aufklärung in Schulen und
strengere Kontrollen im Zusammenhang mit gesetzlichen Abgabeverboten
von Tabakwaren an Jugendliche angeführt.

Auch hinsichtlich des Verbots von Zusatzstoffen äußert die Tabakindustrie
ihre Bedenken. Auch zu diesem Thema gibt es keine wissenschaftlichen
Nachweise,                               dass                 Zusatzstoffe                               den               Rauchstart                             erleichtern                           bzw                das
Suchtverhalten verstärken. 66 Gerade der Einsatz von Zusatzstoffen macht es
den Herstellern möglich, sich von anderen Mitbewerbern hinsichtlich des

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
63	
  Vgl Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie, des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen,
http://ec.europa.eu/health//tobacco/docs/com_2012_788_de.pdf (05.02.2015), 13.	
  
64 Vgl Deutscher Zigarettenverband, Rechtliche Grenzen der Überarbeitung der EU-
Tabakproduktrichtlinie, https://www.zigarettenverband.de/pos-data/page_img/Themen/TPD/2011-10-
10_TPD_Rechtspositionen.pdf	
  (12.3.2015).
65	
  Vgl Bundesverband der Zigarrenindustrie, Positionspapier des Bundesverbandes der
Zigarrenindustrie zur Evaluierung Tabakprodukt-Richtlinie, http://www.zigarren-
verband.de/bdz/images/stories/pdf/bdz_positionspapier_tpd.pdf (12.3.2015).
66	
  Vgl Deutscher Zigarettenverband, Rechtliche Grenzen der Überarbeitung der EU-
Tabakproduktrichtlinie, https://www.zigarettenverband.de/pos-data/page_img/Themen/TPD/2011-10-
10_TPD_Rechtspositionen.pdf	
  (12.3.2015).	
  

	
                                                                                                                               	
                                                                                           18	
  
	
                                                                                                        	
                     	
  
Geruchs und Geschmacks von Tabakwaren, zu unterscheiden. 67 Es wird
auch argumentiert, dass Zigaretten mit Zusatzstoffen genauso schädlich sind
wie Zigaretten ohne Zusatzstoffe.68

All diese Ausführungen verletzen, nach Meinung der Tabakindustrie, den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

                   C. Tabakproduktrichtlinie	
  im	
  Zusammenhang	
  mit	
  den	
  
                                      Grundrechten	
  

Durch die Erlassung der neuen Tabakproduktrichtlinie werden mehrere
Grundrechte berührt. Die Grundrechte sollen vor Eingriffen des Staates in die
Sphäre der Rechtsunterworfenen schützen.69 Die Rechtsquellen werden in
Art 6 EUV angeführt: die Grundrechte-Charta der EU (GRC), die Europäische
Menschenrechtskonvention (EMRK) und die allgemeinen Rechtsgrundsätze.
Bei letzterem handelt es sich um Grundrechte, welche sich aus dem Vergleich
der verschiedenen Verfassungsordnungen der Mitgliedstaaten ergeben.70

Im folgenden Kapitel sollen die Regelungen über die kombinierten
Warnhinweise und das Verbot charakteristischer Aromen für Tabakwaren auf
ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten geprüft werden. Diese beiden
Bestimmungen in der neuen Tabakproduktrichtlinie stellen einen erheblichen
Eingriff in die Rechte der Tabakunternehmen dar und bedürfen daher einer
näheren Betrachtung.71

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
67 	
  Vgl Bundesverband der Zigarrenindustrie,         Positionspapier des Bundesverbandes der
Zigarrenindustrie         zur        Evaluierung      Tabakprodukt-Richtlinie,    http://www.zigarren-
verband.de/bdz/images/stories/pdf/bdz_positionspapier_tpd.pdf (12.3.2015).	
  
68 	
  Vgl Deutscher Zigarettenverband, Rechtliche Grenzen der Überarbeitung der EU-
Tabakproduktrichtlinie,      https://www.zigarettenverband.de/pos-data/page_img/Themen/TPD/2011-10-
10_TPD_Rechtspositionen.pdf	
  (12.3.2015).	
  
69	
  Vgl Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht8, Rz 653.	
  
70	
  Vgl Hengstschläger/Leeb, Grundrechte2, Rz 1/23.
71	
  Vgl Di Fabio, Gesundheitsschutz durch paraprohibitive Produktregulierung – Rechtsgutachten zur
Novelle     der    Tabakproduktrichtlinie     2001/37/EG,      http://www.verband-rauchtabak.de/wp-
content/uploads/2015/01/Gutachten-Di-Fabio-final.pdf (09.12.2015), 69.	
  

	
                                                                                                                                                                                                                                 	
     19	
  
	
                                                                                                                                                                                                          	
                     	
  
1. Eigentumsfreiheit	
  

                                                   a. Schutzbereich	
  
	
  
Die Unverletzlichkeit des Eigentums ist in Art 17 GRC, Art 5 EMRK und in Art
1 1.ZPEMRK geregelt. Die Lehre und Judikatur gehen von einem weiten
Eigentumsbegriff aus und verstehen als „Eigentum“ alle vermögenswerten
Privatrechte. 72 Der Schutzbereich des Art 17 GRC umfasst nicht nur das
Sacheigentum, sondern auch nichtkörperliche Gegenstände, wie etwa das
Marken- und Patentrecht. Auch die Wahrung von vermögenswerten
Geschäftsgeheimnissen ist in Art 17 GRC miteingeschlossen.73

                                                   b. Eingriff	
  
	
  
Eingriffe in die Eigentumsfreiheit können auf zwei Arten erfolgen: Entweder
durch Entziehung des Eigentums (Enteignung), oder in Form einer
Eigentumsbeschränkung.                                                                                                                      Bei                           der                          Enteignung                       kommt     es   zu   einer
Vermögensverschiebung, dh das Recht an einer Sache wird dem Eigentümer
entzogen und auf eine andere Person oder Körperschaft übertragen. Bei der
sogenannten „de-facto-Enteignung“ kommt es zwar zu keiner formellen
Eigentumsübertragung,                                                                                                            jedoch                                       wird                            eine                  zweckmäßige   Nutzung    des
Eigentums durch hoheitliche Anordnungen unterbunden.74
Da der EuGH einen engen Enteignungsbegriff anwendet, kommt es in der
Praxis häufiger zu Eigentumsbeschränkungen. Ähnlich wie bei der de-facto-
Enteignung wird in diesen Fällen eine bestimmte Nutzung des Eigentums
vorgeschrieben bzw verboten.

Eingriffe in die Eigentumsfreiheit dürfen nur unter gewissen Voraussetzungen
erfolgen: In Bezug auf die Tabakproduktrichtlinie dürfen Maßnahmen nur in
die Eigentumsfreiheit eingreifen, wenn das angestrebte Ziel im Interesse der

	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  	
  
72	
  Vgl Hengstschläger/Leeb, Grundrechte2, Rz 8/1ff.	
  
73	
  Vgl Di Fabio, Gesundheitsschutz durch paraprohibitive Produktregulierung – Rechtsgutachten zur
Novelle       der     Tabakproduktrichtlinie    2001/37/EG,     http://www.verband-rauchtabak.de/wp-
content/uploads/2015/01/Gutachten-Di-Fabio-final.pdf (09.12.2015), 70f.	
  
74	
  Vgl Hengstschläger/Leeb, Grundrechte2, Rz 8/6.

	
                                                                                                                                                                                                                           	
                               20	
  
	
                                                                                                                                                                                  	
                                       	
  
Sie können auch lesen