Drei Jahre frühe Nutzenbewertung nach 35a SGB V - kritische Würdigung und Lösungsvorschlag

 
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Pharmacoecon Ger Res Artic (2013) 11:13–24
DOI 10.1007/s40275-014-0007-4

 O R I G I NA L - F O R S C H U N G S A R B E I T

Drei Jahre frühe Nutzenbewertung nach §35a SGB V – kritische
Würdigung und Lösungsvorschlag
Susanne Höhle-Pasques · Johannes Hankowitz ·
Peter Oberender

Online publiziert: 11. März 2014
© The Author(s) 2014. Dieser Artikel ist auf Springerlink.com mit Open Access verfügbar

Abstract Background: Against the background of increas-                 evaluated by G-BA (Federal Joint Committee) between Jan-
ing cost pressure in the German Health Care system Ger-                 uary 2011 and December 2013 with respect to the above
man health policy introduced several law changes to in-                 mentioned political objectives. Parameters such as added
crease competition within German health care system for                 value, determination of an adequate competitor, patient
both, payers and health care providers. At the same time law            relevant endpoint surrogate parameter and subgroup anal-
changes included centralization of decisions—counteracting              ysis are being discussed.
a real competition. Both approaches are part of an austerity            Results: AMNOG process has been implemented as a learn-
plan. The latest example for this approach is the new drug              ing system and indeed several issues have already been ad-
law (AMNOG) in 2011 with the core element of centralized                dressed, such as the determination of the adequate compara-
early benefit assessment (§ 35a SGB V) for new drugs and                tor by G-BA as well as the treatment of orphan drugs in this
therapies and price negotiations between federal association            process. Basically implementation of AMNOG and early
of health insurances and pharmaceutical company.                        benefit assessment is a necessary step on the way to trans-
    In this review we examine the implementation of the new             parent priorisation of health care benefits. But the AMNOG
drug law with respect to the achievement of political ob-               process is one step further towards centralization of the Ger-
jectives: Ensure sustainable financing of innovations in the            man health care system and therefore contradicts a healthy
German health care system, provide innovations early to the             and fair competition within the system. As a consequence
patient, decrease overregulation and establish a transparent            the development of high quality solutions for patients might
environment in which efforts of the pharmaceutical industry             be hampered.
are being honored by fair prices.                                          The analysis of the first 64 value dossiers shows that less
Methods: We reviewed the new AMNOG process since                        of half of the affected patient populations (40 %) have ac-
its implementation on 1st January 2011 and first 64 values              cess to new therapies being reimbursed by health insurances
dossiers from pharmaceutical companies that have been                   with a premium price. There is a major inbalance in assess-
                                                                        ment of drugs in different therapeutic areas. In combina-
                                                                        tion with increased uncertainty for the pharmaceutical com-
S. Höhle-Pasques (B)
                                                                        panies the AMNOG process on the middle and long-term
MBA Health Care Management, München, Deutschland                        might jeopardize the commitment of pharmaceutical indus-
e-mail: shoehle@t-online.de                                             try in the German market. This in turn endagers the political
                                                                        objective to ensure patients early access to innovative ther-
J. Hankowitz
Institut für Pharmakologie und Präventive Medizin, München,
                                                                        apies.
Deutschland                                                                Besides this, centralization of the subjective parameter
e-mail: hankowitz@ippmed.de                                             “added value” seems to be problematic, since value deci-
                                                                        sions should be taken by democratic processes.
P. Oberender
                                                                           We therefore suggest a model in which only objectively
Volkswirtschaftlehre und Gesundheitsökonomie, Universität
Bayreuth, Bayreuth, Deutschland                                         measurable value decisions are being taken centrally and
e-mail: peter.oberender@uni-bayreuth.de                                 subjective value decisions are as much as possible decen-
14                                                                                                         S. Höhle-Pasques et al.

tralized. This results in both a stronger competition of qual-     chend würdigen. Die Sonderstellung Deutschlands inner-
itatively best solutions for patients and in a higher fault tol-   halb Europas, Innovationen für den Patienten direkt nach
erance. Instruments such as health care research and con-          Markteinführung verfügbar zu halten, soll beibehalten wer-
ditional reimbursement can help to enhance a fair competi-         den.
tion for more quality in regionally organized health care and         Dass nicht alle Anforderungen von Anfang an erfüllt wer-
more economical allocation of short resources.                     den können, war allen Beteiligten klar und ist an der Tat-
                                                                   sache erkennbar, dass die Änderungen als „lernenden Sys-
                                                                   tems“ implementiert wurden. Tatsächlich wurden bereits mit
1 Hintergrund und Fragestellung                                    der Änderung der AMG Novelle erste Anpassungen vorge-
                                                                   nommen [2].
Die kurzfristige Erholung der Budgets der gesetzlichen                Mit dem Koalitionsvertrag zwischen Union (CDU/CSU)
Krankenkassen (GKV) kann nicht darüber hinweg täuschen,            und SPD wurde die Bewertung des Bestandsmarktes aufge-
dass die Ausgaben der GKV, die in den letzten Jahren nur           geben bevor die ersten Entscheidungen zum Bestandsmarkt
marginal gestiegen sind, in Zukunft wieder steigen werden          (Gliptine) ihre Wirkung zeigen konnten [3].
und sich damit die Budgetsituation verschärfen wird.
    Allein auf Grund der demografischen Entwicklung ist ab-        1.1 Das AMNOG im Kontext gesetzlicher
zusehen, dass der Kostendruck auf das deutsche Gesund-                 Kostendämpfungsmaßnahmen
heitssystem weiter zunehmen wird.
    Vor diesem Hintergrund begrenzter Ressourcen und               Der Gedanke der zentralen Nutzenbewertung wurde bereits
gleichzeitig steigender Ausgaben, ist die Einführung des           2004 mit dem GMG vom Gesetzgeber verankert und das
Arzneimittel-Neuordnungsgesetztes (AMNOG) im Jahr                  im Jahr 2004 hierfür gegründete Institut für Qualität und
2011 mit der obligaten frühen Nutzenbewertung für neue             Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hatte den
Medikamente ein Schritt in die richtige Richtung. Sie lie-         Auftrag, Nutzenbewertungen für neue Arzneimittel zu er-
fert die Grundlage für eine transparente Priorisierung von         stellen. Hier gab es bereits die Möglichkeit, Festbeträge für
Gesundheitsleistungen, um langfristig eine qualitativ hoch-        patentgeschützte Arzneimittel mit geringem therapeutischen
wertige Patientenversorgung sicher zu stellen.                     Nutzen einzuführen. Diese Aufgaben wurden mit dem
    Der Gesetzgeber hatte hier in den letzten zwei Jahrzehn-       GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, das zum 01.04.2007 in
ten eine Vielzahl an Gesetzen eingeführt, die sich im Span-        Kraft trat, um eine Kosten-Nutzen-Abwägung erweitert. In
nungsfeld zwischen einem Mehr an Wettbewerb um mehr                Konsequenz konnte dann erstmalig auf Basis dieser Bewer-
Qualität und Effizienz auf der einen Seite und einer stärkeren     tung von dem GKV Spitzenverband ein Höchstpreis für die
Zentralisierung bewegen. Letzteres führte u.a. zu einer kon-       Erstattung von patentgeschützten Arzneimitteln festgelegt
tinuierlichen Machtausweitung des Gemeinsamen Bundes-              werden. Insbesondere für solche Arzneimittel, die nicht be-
ausschusses (G-BA), dessen Einflussbereich durch die Po-           reits einem Festbetrag zugeordnet werden konnten. Diese
litik fortlaufend erweitert wurde. Mit dem AMNOG wurde             Möglichkeiten bestanden zusätzlich auf Innovationen fest-
2011 ein weiteres Kostendämpfungsgesetz in das deutsche            gelegten Zwangsrabatten (6 % im Beitragssatzsicherungsge-
Gesundheitssystem eingeführt, was zu einer verstärkten             setzt (2003), 16 % im GKV-Modernisierungsgesetz (2007)).
Zentralisierung beiträgt. Kernstück dieses Gesetzes ist die        Clopidogrel (Plavix® Iscover® , Sanofi, BMS) zum Beispiel
„Frühe Nutzenbewertung nach § 35a SGB V“, wobei zen-               wurde in 2008 durch eine Nutzen-Bewertung vom IQWiG
tral über den subjektiven Parameter „Nutzen/Zusatznutzen“          in der Indikation Schlaganfallprophylaxe – trotz vorliegen-
für rund 80 Millionen Menschen (gesetzliche und priva-             der Zulassung und überlegener Wirksamkeit gegenüber dem
te Krankenversicherung) in Deutschland entschieden wird.           bisherigen Therapiestandard Azetylsalizylsäure – über einen
Ziel der Politik sei es, „die rasant steigenden Arzneimittel-      Therapiehinweis von der Erstattung durch die GKV ausge-
ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen einzudämmen.               schlossen [4]. Paliperidon (Invega® , Janssen) wurde 2009
Das AMNOG schaffe „die schwierige Balance zwischen In-             vom G-BA auf Festbetragsniveau eingestuft. Janssen ent-
novation und Bezahlbarkeit bei Arzneimitteln zu halten“ [1],       schied, das Medikament auf dem deutschen Markt zu lassen,
womit schließlich die Beitragsstabilität gewährleistet wer-        sodass die Patienten die Differenz zwischen Erstattungspreis
den soll. Das Einsparpotential soll 1,8 Milliarden Euro pro        und Listenpreis selbst tragen mussten, aber das Arzneimittel
Jahr erreichen.                                                    weiter verfügbar war [5].
    Die Entscheidungsprozesse sollen transparent und nach-             Die forschende Pharmazeutische Industrie befindet sich
vollziehbar gestaltet werden und in faire Preisverhandlun-         im Hinblick auf die Entwicklung und Produktion innovativer
gen zwischen dem Spitzenverband Bund der gesetzlichen              Arzneimittel – ihrem bisherigen Kerngeschäft – in einer
Krankenversicherungen (GKV-SpiBu) und der Pharmazeu-               schwierigen Situation: Es wird von ihr zu Recht erwartet,
tischen Industrie münden, die die Innovationen entspre-            „innovative Produkte“ für die Patienten auf den Markt zu
Drei Jahre frühe Nutzenbewertung nach §35a SGB V – kritische Würdigung und Lösungsvorschlag                                    15

Abb. 1 Regulationsdichte beim
Verfahren der frühen
Nutzenbewertung nach § 35a
SGB V

bringen. Hierdurch trägt sie aber zu einer steigenden Nach-             Das IQWIG hat in seinen Allgemeinen Methoden auf
frage und damit zu höheren Ausgaben bei. Zudem stehen               178 Seiten die wissenschaftlichen Kriterien für die Nutzen-
die monetären Zielrichtungen der Industrie dem ethischen            bewertung dargelegt [9]. Es fehlt nach wie vor ein wis-
Ansatz der zum Großteil solidarisch geförderten Gesund-             senschaftlich anerkanntes Verfahren, wie ein Zusatznutzen
heitsversorgung vermeintlich entgegen, wodurch die Image-           quantifiziert werden soll. Das IQWiG hat im Anhang der
probleme der Pharmazeutischen Industrie maßgeblich be-              Nutzenbewertung von Ticagrelor® ein Verfahren vorgestellt,
stimmt werden. Vergessen wird in diesem Zusammenhang                das allerdings nicht international anerkannt ist und vom
oft, dass eine wirtschaftlich starke Pharmazeutische Indus-         G-BA in seinen Entscheidungen nicht angewandt wird [10].
trie nicht nur direkt über die Entwicklung und Produktion           Es ergibt sich ein dringender Handlungsbedarf, dieses De-
neuer Medikamente zur Gesundheit der Bevölkerung bei-               fizit unter Beteiligung der medizinischen Fachgesellschaf-
trägt, sondern auch indirekt durch sichere Arbeitsplätze und        ten (z. B. AWMF), Patientenvertretern, Krankenkassen und
soziale Netzwerke, da sie allein in Deutschland mehr als            Pharmazeutischer Industrie zu beheben. Im Anschluss an
100.000 Mitarbeiter beschäftigt [6].                                die Nutzenbewertung durch den G-BA schließt sich die Ver-
                                                                    handlung zwischen pharmazeutischem Hersteller und dem
1.2 Die Regularien und beteiligte Institutionen                     GKV-Spitzenverband über den Erstattungsbetrag für das
                                                                    neue Arzneimittel an.
Seit dem 01.01.2011 müssen alle pharmazeutischen Herstel-               In der Rahmenvereinbarung zu den Preisverhandlungen
ler für erstmals in den Verkehr gebrachte Wirkstoffe und            werden die Grundsätze der Preisverhandlungen zwischen
Wirkstoffkombinationen ein Nutzen-Dossier für die frühe             pharmazeutischem Unternehmen und Spitzenverband Bund
Nutzenbewertung nach § 35a SGB V einreichen, sofern sie             festgelegt und schließlich gibt es die Schiedsstellenordnung,
für das neue Arzneimittel einen Zusatznutzen und damit              die das Schiedsstellenverfahren zwischen dem Spitzenver-
einen aus ihrer Sicht akzeptablen Preis beanspruchen [7].           band Bund (SpiBu) und dem pharmazeutischen Unterneh-
In Abb. 1 sind die Gesetzestexte, Verordnungen und Regu-            men regelt und zu einer zeitnahen Preisfestlegung führt.
larien aufgeführt, die bisher im Kontext der frühen Nutzen-             Allein die Regulationsdichte zeigt, dass es sich um einen
bewertung aufgestellt worden sind.                                  stark formalisierten Prozess handelt, wodurch die Verant-
    Im SGB V sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen                wortlichen den Eindruck erwecken möchten, es handele sich
verankert, die in der Arzneimittel-Nutzenverordnung des             um einen objektiv nachvollziehbaren Prozess.
BMG konkretisiert werden [7]. Der G-BA hat in seiner Ver-               Das Ziel der Deregulierung wurde, zumindest für alle, die
fahrensordnung zur Nutzenbewertung die Struktur und die             sich mit der frühen Nutzenbewertung beschäftigen, nicht er-
formalen inhaltlichen Anforderungen festgeschrieben, u.a.           reicht. Zusätzliche Administration für ein im Schnitt mehre-
auch die Anforderungen an das Dossier eines pharmazeu-              re hundert Seiten langes Dossier ist nicht nur mit Bindung
tischen Unternehmens (PU) [8].                                      wichtiger zeitlicher Kapazitäten verbunden, sondern auch
    Diese sind im fünften Kapitel der G-BA-Verfahrensord-           mit zusätzlichen Kosten. Laut ursprünglichen Schätzungen
nung in vier Abschnitten festgelegt. Dabei geht es insbe-           der Politik sollte ein Dossier ca. € 1.250 kosten.
sondere auch um die Anforderungen an den Nachweis des                   Der VFA schätzt die tatsächlichen Kosten für ein Dos-
so genannten „Zusatznutzens“ und die Bestimmung einer               sier dagegen auf ca. € 400.000–600.000. Die Kurzatmigkeit
zweckmäßigen Vergleichstherapie.                                    der Politik zeigt sich in dem aktuellen Koalitionsvertrag, in-
16                                                                                                       S. Höhle-Pasques et al.

Abb. 2 Timelines der frühen
Nutzenbewertung nach § 35 a
SGB V

dem die Bewertung des Bestandsmarktes komplett gekippt             Als einziges Druckmittel um Einfluss auf einen aus Sicht
wurde, bevor die erste Bestandsmarktgruppe (Gliptine) in        des pharmazeutischen Unternehmens fairen Preis zu neh-
den laufenden Preisverhandlungen final entschieden worden       men, bleibt dem PU die Option „Out“, d.h. die Rücknahme
ist [3]. Ob zukünftig Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der      des Arzneimittels aus dem deutschen Markt. Bisher wurden
Stichtagsregelung des AMNOGs vermieden werden kön-              6 Arzneimittel vom Markt genommen bzw. in Deutschland
nen, wird sich im anstehenden Gesetzgebungsverfahren zur        nicht eingeführt. Es ist sicherlich noch zu früh, um abschlie-
Änderung der frühen Nutzenbewertung herausstellen.              ßend zu bewerten, ob dadurch die Therapiemöglichkeiten in
                                                                Deutschland signifikant beeinträchtigt werden.
1.3 Timelines des Verfahrens der frühen Nutzenbewertung            Diese Entwicklung zeigt, dass eine der Zielsetzungen
                                                                der Politik, weiterhin in Europa Innovationen für Patienten
Die Dossiereinreichung erfolgt spätestens mit der Meldung       schnell zugänglich zu halten, zumindest einmal in Frage
in der Lauertaxe zur Markteinführung durch das pharmazeu-       gestellt ist. Bei nicht anerkanntem Zusatznutzen erfolgt ei-
tische Unternehmen, wobei der zeitliche Vorlauf von rund        ne Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe, sofern mög-
neun Monaten für das pharmazeutische Unternehmen be-            lich. Ist dies nicht möglich, dürfen die Jahrestherapiekosten
trägt. Das Dossier wird innerhalb von 3 Monaten durch           nicht höher sein als die der zweckmäßigen Vergleichsthera-
IQWiG, G-BA oder Dritte bewertet und publiziert. Es folgt       pie (ZVT) (s. Abb. 2).
eine schriftliche und mündliche Anhörung innerhalb von             Spätestens nach 12 Monaten nach Einreichen eines
drei Wochen und anschließend eine Beschlussfassung durch        Nutzendossiers soll ein Erstattungsbetrag festgelegt sein,
den G-BA.                                                       der rückwirkend wirksam wird (s. Abb. 2). Im Anschluss
                                                                kann das Arzneimittel in den vom G-BA anerkannten
1.4 Preisfestlegung                                             Zusatznutzen-Indikationen verordnet werden, ohne dass, im
                                                                Falle einer Richtgrößenprüfung, die Verordnungen zu ei-
Wurde ein Zusatznutzen vom G-BA anerkannt, erfolgt in           ner Belastung des individuellen Arzneimittelbudgets führen.
den nächsten sechs Monaten eine Preisverhandlung zwi-           Diese Verordnungen können als Praxisbesonderheit aner-
schen pharmazeutischem Hersteller und Spitzenverband            kannt werden, wie im Falle von Ticagrelor® [11] oder nicht,
Bund über einen Erstattungsbetrag für alle Krankenkassen        wie bei Incivo® [12].
als Rabatt auf den ursprünglichen, durch das pharmazeu-            Ein großer Diskussionspunkt war und ist hier die Offen-
tische Unternehmen selbst festgelegten Abgabepreis (siehe       legung des verhandelten Rabatts. Diese ist politisch gewollt
SGB V §130b). Kommt es in der Verhandlung zu keiner             und wurde bereits für das erste abgeschlossene Nutzenbe-
Einigung, dann setzt eine „Schiedsstelle“ den Erstattungs-      wertungsverfahren von Ticagrelor® praktiziert.
betrag fest. Ein Parameter soll dabei das „europäische Preis-      Auch die 16. AMG-Novelle brachte hier keine Änderung
niveau“ sein.                                                   [13]. Für die Pharmazeutische Industrie wird durch eine Of-
Drei Jahre frühe Nutzenbewertung nach §35a SGB V – kritische Würdigung und Lösungsvorschlag                                  17

fenlegung eine negative Preisspirale innerhalb Europas in-          für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
itiiert, da Deutschland für einen Großteil der europäischen         (IQWiG) zu errichten, das den medizinischen Nutzen, die
Länder als Preisreferenzland dient. Dieser Umstand trägt,           Qualität und die Wirtschaftlichkeit von Leistungen, dia-
ebenso wie die fehlende Transparenz in den Entscheidungs-           gnostischer und therapeutischer Verfahren bei ausgewähl-
prozessen, dazu bei, dass sich die pharmazeutischen Unter-          ten Krankheiten sowie den Nutzen von Arzneimitteln in der
nehmen zukünftig genau überlegen werden, ob sie ein neues           gesetzlichen Krankenversicherung bewerten soll.
Medikament im deutschen Markt einführen.                               Der G-BA erteilt dem IQWiG zwar Aufträge, dieses ar-
    Nach der Festlegung des Erstattungsbetrages können de-          beitet aber eigenständig anhand des aktuellen medizinischen
zentrale Verträge zwischen pharmazeutischen Hersteller und          Wissenstandes (evidenzbasierte Medizin). So sind die Nut-
Krankenkassen geschlossen werden. Der hier vereinbarte              zenbewertungen des IQWiG für den G-BA eine wichtige
Preis sollte jedoch den zentral festgelegten Preis nicht über-      Entscheidungshilfe und müssen nach dem Willen des Ge-
schreiten. Dies dürfte die Motivation der Pharmazeutischen          setzgebers in die Richtlinien mit einfließen. Die abschlie-
Industrie, ihr Know-How und ihre Kapazitäten für eine bes-          ßende Entscheidung des G-BA wird aber nicht vorweg ge-
sere Versorgung der Patienten einzubringen schmälern, wo-           nommen. Die Trägerorganisationen des G-BA, Krankenkas-
durch der ursprünglich politisch gewollte Wettbewerb um             sen, Krankenhäuser und Vertragsärzte, sind hierfür nicht de-
mehr Qualität in der Versorgung kontakariert wird.                  mokratisch legitimiert. Werteentscheidungen erfordern ein
    Ebenso kann von beiden Verhandlungsseiten eine Kosten-          breiteres Mandat. Daher sollten Vertreter der medizinischen
Nutzen-Bewertung beantragt werden, wobei die Frage, wie             Wissenschaft und der Selbsthilfe wirksam mit eingebunden
man einem Nutzen eine quantifizierbare Kostendimension              werden. Der BPI forderte daher schon früh eine Reform des
zuordnen kann, derzeit Gegenstand einer Methodenerarbei-            G-BA und schlug u.a. einen wissenschaftlichen Beirat und
tung durch das IQWiG ist. In Erarbeitung befinden sich der-         eine wissenschaftliche Schiedskommission vor. Außerdem
zeit die Methodik der Conjoint Analysis und der Analytic            sollten die Vertreter der jeweiligen Selbsthilfeorganisation
Hierachic Analysis [14]. Diese Methoden bieten gegenüber            Stimmrecht erhalten vor [15].
den bisherigen Methoden den Vorteil, dass erstmalig Pati-
entenpräferenzen bezüglich der Endpunkte berücksichtigt
werden und hiermit der Patientennutzen tatsächlich in den           2 Aktueller Status nach drei Jahren
Mittelpunkt rückt.
                                                                    Bis zum 31.12.2013 wurden vom G-BA für 77 Arzneimit-
                                                                    tel mit neuen Wirkstoffen ein Nutzenbewertungsverfahren
1.5 Bedeutung von G-BA und IGWiG im Rahmen der
                                                                    eröffnet, von denen 64 bereits abgeschlossen waren.
    frühen Nutzenbewertung
                                                                        Konfliktfrei verliefen die bisherigen Verfahren naturge-
                                                                    mäß nicht. Umstritten war und ist bei den Bewertungen ins-
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das oberste
                                                                    besondere die Frage nach der Operationalisierung des Zu-
Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der               satznutzens und eng damit verbunden die Frage nach der ge-
Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und              eigneten zweckmäßigen Vergleichstherapie. Besonders pro-
Krankenkassen in Deutschland, wurde am 1. Januar 2004               blematisch war dies in denjenigen Fällen, in denen die An-
durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) gegründet.                forderungen des G-BA nicht in Einklang standen mit den
Ihm obliegt die Ausgestaltung der gesundheitlichen Versor-          Anforderungen der Zulassungsbehörden für die Durchfüh-
gung der Bevölkerung. Die vom G-BA beschlossenen Richt-             rung von pivotalen Studien. Ende März 2012 trafen sich
linien haben den Charakter so genannter „untergesetzlicher          unter anderem Vertreter der Hersteller, der Krankenkassen
Normen“, d. h. sie sind für die gesetzlichen Krankenkassen          und des G-BA im Bundesgesundheitsministerium (BMG),
und die behandelnden Ärzte sowie andere Leistungserbrin-            um eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden. Erstes
ger verbindlich.                                                    Ergebnis des Treffens: Der G–BA soll künftig ausführlich
    Diese Machtfülle wurde mit der Arzneimittel-Nutzen-             begründen, warum er eine bestimmte Vergleichstherapie ge-
verordnung vom 28.12.2010 deutlich erweitert, in der der            wählt hat [16]. Dies wurde in den nachfolgenden Verfahren
Gesetzgeber den G-BA als durchführendes Organ der frühen            vom G-BA transparent umgesetzt.
Nutzenbewertung nach § 35a SGB V benannt hat. Hiernach
entscheidet der G-BA zentral, wie hoch die subjektive Grö-          2.1 Erstattungsbetrag für innovative Arzneimittel
ße „Nutzen“ eines Arzneimittels für Patienten in Deutsch-
land ist. Hinter dem Begriff „Nutzen“ stehen gesellschaftli-        Nach den bereits drei Hürden, die ein pharmazeutischer Un-
che Werteentscheidungen (bekennende Werteentscheidung),             ternehmer für die Zulassung eines Arzneimittels in Deutsch-
die hiermit zentralisiert werden.                                   land nehmen muss (therapeutische Wirksamkeit, toxikologi-
    Bereits im Jahr 2004 hatte der Gesetzgeber den G-BA             sche Unbedenklichkeits- und pharmazeutische Qualitätsprü-
beauftragt, ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut           fung), muss er nun verpflichtend zur Markteinführung den
18                                                                                                                  S. Höhle-Pasques et al.

Tab. 1 Kriterien für das quantitative Ausmaß eines Zusatznutzen (modifiziert nach IQWIG Nutzenbewertung Ticagrelor® ) [10]

                            Zielgrößenkategorie
                            Mortalität                   Schwerwiegende               Lebensqualität              Nicht schwerwiegende
                                                         Symptome (. . .) und                                     Symptome und
                                                         Nebenwirkungen                                           Nebenwirkungen

Erheblich                   Erhebliche Verlängerung      Langfristige Freiheit bzw.   Erhebliche Verbesserung     Nicht besetzt
(nachhaltige (. . .)        der Überlebensdauer KIs:     weitgehende Vermeidung       KIs: 0,75 (RR = 0,17)
große Verbesserung)         0,85 (RR = 0,50)             KIs: 0,75 (RR = 0,17)        und Risiko ≥ 5 %
                                                         und Risiko ≥ 5 %
Beträchtlich                Moderate Verlängerung        Abschwächung bzw.            Bedeutsame Verbesserung     Bedeutsame Vermeidung
(deutliche Verbesserung)    der Überlebensdauer KIs:     relevante Vermeidung         KIs: 0,90 (RR = 0,67)       KIs: 0,80 (RR = 0,33)
                            0,95 (RR = 0,83)             KIs: 0,90 (RR = 0,67)
Gering                      Jegliche (statistisch        Jegliche (statistisch        Relevante Verbesserung      Relevante Vermeidung
(moderate und nicht         signifikante)                signifikante) Verringerung   KIs: 1,00                   KIs: 0,90 (RR = 0,67)
nur geringfügige            Verlängerung der             KIs: 1,00
Verbesserung)               Überlebensdauer KIs:
                            1,00

KIs = Schwellenwert für obere Grenze des 95 %-Konfidenzintervalls, RR = relatives Risiko

Zusatznutzen gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichs-                   abzugrenzen und wird in der Verfahrensordnung des G-BA
therapie belegen, sofern er einen höheren Preis erstattet ha-           in § 3 wie folgt definiert: „Der Nutzen eines Arzneimittels
ben möchte [17]. Wie bereits dargestellt, ist der Zusatznut-            ist der patientenrelevante therapeutische Effekt insbesonde-
zen als Bewertungskriterium für ein Arzneimittel mit der                re hinsichtlich der Verbesserung des Gesundheitszustandes,
Möglichkeit, den Erstattungspreis zu regulieren, nicht die              der Verkürzung der Krankheitsdauer, der Verlängerung des
erste Möglichkeit um den Preis für innovative Arzneimittel              Überlebens, der Verringerung von Nebenwirkungen oder ei-
zu begrenzen.                                                           ner Verbesserung der Lebensqualität“ (. . . ) „Der Zusatznut-
   Neu ist aber die verbindliche Terminierung, sowie dass               zen eines Arzneimittels ist ein Nutzen, der qualitativ oder
ein genau vorgegebenes Dossier mit der Markteinführung                  quantitativ höher ist als der Nutzen, den die ZVT aufweist.“
dem G-BA vorzulegen ist, als auch, dass nach der Entschei-              [8] Anlass zu den aktuellen Diskussionen liefert insbeson-
dung über einen Zusatznutzen das pharmazeutische Unter-                 dere die Quantifizierung des Zusatznutzens im Verhältnis zu
nehmen zentrale Preisverhandlungen mit dem GKV Spit-                    einer ZVT. Ausschlaggebend ist hier, dass es sich bei dem
zenverband beginnt, die in der Festlegung eines Erstattungs-            „Nutzen“ um eine subjektive Größe handelt, die nicht ob-
betrages münden. In den bisher 40 abgeschlossenen Verfah-
                                                                        jektiv messbar ist und daher nicht zentral festgelegt werden
ren wurden bei 32 Arzneimitteln eine direkte Einigung er-
                                                                        sollte.
zielt, in 5 Fällen wurde die Marktrücknahme (Opt-out) bzw.
                                                                            Aber auch, wenn man es akzeptieren würde, dass der
keine Markteinführung vorgenommen und in 3 Fällen wur-
                                                                        Nutzen zentral festgelegt würde, bleibt eine Vielzahl an Un-
de das Ergebnisse der Schiedsstelle angenommen [Stand:
                                                                        klarheiten.
01.01.2014]. Ob und inwieweit dies in Zukunft zu fairen
                                                                            Trotz aller Regulierungen ist das Ausmäß eines Zusatz-
Arzneimittelpreisen von innovativen Arzneimitteln führen
                                                                        nutzens in den bisherigen Methodenpapieren des IQWiG
wird, bleibt abzuwarten. Die ersten Verfahren sind bereits
durch die Schiedsstelle entschieden worden. Die freie Preis-            noch nicht definiert worden, sondern ergibt sich lediglich
bildung für ein innovatives Arzneimittel in Deutschland, die            aus dem Anhang der ersten Bewertung des Arzneimittels Ti-
bisher den deutschen Markt so attraktiv für Arzneimittel-               cagrelor (s. Tab. 1). In den entsprechenden Tabellen werden
hersteller gestaltet hat, ist endgültig Geschichte. Erschwe-            die patientenrelevanten Endpunkte: Mortalität, Morbidität,
rend für die Pharmazeutische Industrie kommt hinzu, dass                Nebenwirkungen und Lebensqualität qualitativ und quanti-
der Ausgang des Bewertungsverfahrens ungewiss ist und so-               tativ beschrieben (siehe dort). Die quantitative Beschreibung
mit die Planungsunsicherheit für ein pharmazeutisches Un-               bezieht die Festlegung willkürlicher Obergrenzen für Kon-
ternehmen weiter ansteigt.                                              fidenzintervalle ein. Darüber hinaus sind die 95 % Konfi-
                                                                        denzintervallobergrenzen sowie die relativen Risikoreduk-
2.2 Ausmaß und Operationalisierung des Zusatznutzens                    tionen extrem ambitioniert, so dass – insbesondere wenn
                                                                        schon wirksame Behandlungsregime zur Verfügung stehen
Der Begriff des Nutzens und Zusatznutzens ist von dem der               – diese Grenzen in der Praxis kaum unterschritten werden
Wirksamkeit, die im Zulassungsverfahren belegt worden ist,              können.
Drei Jahre frühe Nutzenbewertung nach §35a SGB V – kritische Würdigung und Lösungsvorschlag                                    19

    Diskussionswürdig scheint auch die Nicht-Berücksichti-          2.4 Heilung als erheblicher Zusatznutzen
gung absoluter Risiken, da dies zu einer Verzerrung bei der
Bewertung des Ausmaßes des Zusatznutzens, der für den Pa-           Nach §5 Zusatznutzen der AM-NutzenV Absatz 7 Satz 1
tienten relevant ist, führt. Eine Risikoreduktion der Mortali-      liegt eine erheblicher Zusatznutzen immer dann vor, wenn
tät von 80 % auf 40 % ist für den Patienten relevanter als          insbesondere eine Heilung der Erkrankung gegenüber der
von 0,8 % auf 0,4 %, auch wenn in beiden Fällen eine Risi-          ZVT erreicht wird.
koreduktion von 50 % zu verzeichnen ist.                               Das IQWiG lässt dies willkürlich mit der Begründung
    Darüber hinaus scheint es fraglich das Ausmaß des Zu-           „Heilung könne per se mit Mortalität abgeglichen werden“
satznutzens vom Streuungsmaß des Effektschätzers abzulei-           in seiner Nutzenkonkretisierung weg.
ten, da das Streuungsmaß maßgeblich von der Fallzahl der               Aus der Sicht der Autoren ist dies nicht korrekt. Eine Hei-
eingeschlossenen Studienpopulation abhängt und nicht von            lung liegt immer dann als gesicherte Erkenntnis auf Basis
der Qualität und Stärke des beobachteten Effekts. Es ist me-        der EBM vor, wenn in RCT eine signifikant höhere Hei-
dizinisch nicht sinnvoll einem Arzneimittel einen höheren           lungsrate erreicht wird, unabhängig von arbiträren Hazard
Zusatznutzen beizumessen nur weil eine Studie mit höhe-             Ratio und oberen 95 % Konfidenzintervallen.
rer Fallzahl verfügbar ist und deshalb das Streuungsmaß ge-            Für die Nutzenbewertung der neuen HCV-Therapien Te-
ringer ist. Dies benachteiligt Indikationsgebiete, bei denen        laprevir (Janssen) und Boceprevir (MSD) spielt dies eine
nur eine begrenzte Anzahl an Patienten zur Verfügung steht.         wesentliche Rolle, da mit der Viruslast ein patientenrele-
Hauptkritikpunkt an diesem Vorgehen ist – abgesehen von             vanter Endpunkt zur Verfügung steht, der nach nationalen
der fehlenden Rationale für die Grenzsetzungen – die Tat-           und internationalen Leitlinien eine „Heilung“ der infizierten
sache, dass diese Operationalisierung zahlreiche implizite          Patienten ermöglicht [19], der aber zunächst vom IQWiG
Werteentscheidungen enthält, die zentral getroffen werden           nicht anerkannt wurde und im weiteren Verlauf vom G-BA
und über die objektiv messbaren Werteentscheidungen hin-            als „nicht quantifizierbar“ eingestuft wurde [20]. Die Ra-
aus gehen.                                                          tionale für diese Entscheidungen bleibt unklar, da die ge-
    Es ist fraglich, ob sich Werteentscheidungen mit Hilfe          nauen Ergebnisse zur Verbesserung der Heilungsraten in
                                                                    den Dossiers nachgewiesen worden sind. Hier wäre nach
von mathematischen Modellen quantifizieren lassen, oder
                                                                    Arzneimittel-Nutzenverordnung die Kategorie erheblich zu-
ob sie nicht auf Einzelfallentscheidungen in den jeweiligen
                                                                    treffender, die bisher in keinem der 64 abgeschlossenen Ver-
Indikationsgebieten beruhen sollten. Hier ist eine wissen-
                                                                    fahren vergeben worden ist.
schaftliche Diskussion um Werteentscheidungen notwendig,
bei der die am Bewertungsprozess betroffenen Parteien be-
                                                                    2.5 Wahrscheinlichkeit des Zusatznutzens
teiligt werden sollten (Tab. 1).
                                                                    Das IQWiG hat folgende Anforderungen an die Aussagen
2.3 Zusatznutzen für Orphan Drugs                                   zur Beleglage festgelegt und eine Klassifizierung in Be-
                                                                    leg, Hinweis und Anhaltspunkt vorgenommen. Die Kriterien
Bei einem Arzneimittel gegen eine seltene Erkrankung, ei-           sind in Tab. 2 aufgeführt [21].
nem so genannten „Orphan Drug“, gilt nach der gesetz-                  Dies bedeutet, dass, wenn z. B. auf Grund niedriger Pati-
lichen Regelung der Zusatznutzen durch die Zulassung als            entenzahlen nur eine Studie möglich ist, der Hersteller maxi-
belegt [18]. So reichen für die frühe Nutzenbewertung die           mal einen „Hinweis“ auf einen Zusatznutzen erzielen kann.
Zulassungsstudien der Hersteller aus sowie ein sogenann-
tes „schlankes Nutzendossier“. Die im Rahmen der Zulas-             2.6 Zweckmäßige Vergleichstherapie
sung bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) ge-
wählten Vergleichstherapien werden vom G-BA auch für                Die Festlegung einer zweckmäßigen Vergleichstherapie
die frühe Nutzenbewertung akzeptiert. Deshalb ist eine Ein-         (ZVT) durch den G-BA hat sich als besonders problematisch
schaltung des IQWiG zur Erstellung einer Nutzenbewertung            in den ersten anderthalb Jahren des AMNOG erwiesen, da
anhand einer anderen Vergleichstherapie nicht erforderlich          sie nicht mit den Vergleichstherapien aus den Zulassungs-
[19]. Dennoch wird auch für Orphan Drugs das „Ausmaß                studien abgestimmt werden musste. Somit konnte zum Zeit-
des Zusatznutzens“ durch den G-BA quantifiziert. So wurde           punkt der Markteinführung eines neuen Arzneimittels das
z. B. für Pirfenidon der Zusatznutzen als „nicht quantifizier-      u.U. umfangreiche Studienprogramm im Vergleich zu der
bar“ eingestuft und für Tafamidis als „gering“.                     ZVT rein zeitlich nicht vorliegen. Dieser Kritikpunkt wurde
   Nicht transparent ist hier die Festlegung, dass für Or-          im Sinne eines lernenden Systems bereits mit der aktuellen
phans Drugs ab einem Umsatzvolumen von 50 Mio € pro                 AMG Novelle aufgegriffen [22].
Jahr doch ein vollständiges Nutzendossier eingereicht wer-             Für die frühe Nutzenbewertung ist die Festlegung der
den muss.                                                           zweckmäßigen Vergleichstherapie und deren Anforderung
20                                                                                                       S. Höhle-Pasques et al.

Tab. 2 Kriterien für die
Wahrscheinlichkeit eines        Aussage               Anzahl der Studien        Ergebnissicherheit         Effekt
Ergebnisses nach IQWiG
                                Beleg                 ≥2                        Mehrheitlich hoch          „Gleichgerichtet“
                                Hinweis               ≥2                        Mehrheitlich mäßig         „Gleichgerichtet“
                                                      1                         Hoch                       Statistisch signifikant
                                Anhaltspunkt          ≥2                        Mehrheitlich gering        „Gleichgerichtet“
                                                      1                         Mäßig                      Statistisch signifikant

von entscheidender Bedeutung. Die zweckmäßige Ver-               -qualität deutlich einschränkt, ist diese Entscheidung nicht
gleichstherapie ist Dreh- und Angelpunkt der frühen Nut-         unumstritten.
zenbewertung. Die Auswahl durch den G-BA bestimmt                   Zu diskutieren ist in diesem Kontext auch, dass etli-
maßgeblich die Möglichkeit, einen Zusatznutzen nachzu-           che patientenrelevante Aspekte einer Therapie in RCT nicht
weisen und auch die Höhe des zu verhandelnden Erstat-            messbar sind, wie z. B. Art der Applikation, Häufigkeit
tungspreises. Dabei sind folgende Anforderungen des G-BA         der Einnahme, Dauer der Therapie. Alle diese Faktoren ha-
zu berücksichtigen [23]:                                         ben einen signifikanten Einfluss auf die Therapiecomplian-
   Die zweckmäßige Vergleichstherapie muss im Anwen-             ce eines Patienten und damit auf die Versorgungsqualität
dungsgebiet grundsätzlich eine Zulassung haben. Sie muss         aber auch auf die Kosten einer Therapie. Auch die Erfas-
nach den Maßstäben der internationalen Standards der evi-        sung sehr seltener Nebenwirkungen z. B. Heparin-induzierte
denzbasierten Medizin ermittelt werden. Bei mehreren Al-         Thrombozytopenie, die bei synthetischen Wirkstoffen auf-
ternativen ist die wirtschaftlichere Therapie zu wählen, vor-    grund der Molekülstruktur nicht zu erwarten sind, können
zugsweise mit Festbetrag, und es sollten Therapien bevor-        in RCT grundsätzlich nicht geprüft werden und beinhalten
zugt werden, deren patientenrelevanter Vorteil durch den         dennoch einen relevanten Vorteil für die Patienten.
G-BA bereits festgestellt worden ist.
   Der pharmazeutische Unternehmer hat von Anfang an die         2.8 Surrogatparameter
Option von der zweckmäßigen Vergleichstherapie, die vom
G-BA vorgeschlagen wurde, abzuweichen, muss dies aber            Bisher hat das IQWiG in fast allen Fällen die Anerkennung
begründen. In den bisherigen Verfahren hatte das IQWiG           von Surrogatparametern als patientenrelevante Endpunkte
bzw. G-BA jedoch in ihren Entscheidungen (z. B. bei Li-          abgelehnt. Surrogatparameter sollen nur dann berücksichtigt
nagliptin, Retigabin und Bromfenac) keine Abweichungen           werden, wenn nach Überprüfung der Operationalisierung,
                                                                 Patientenrelevanz und Validität auf Endpunktniveau nach-
von den Vorgaben akzeptiert und das Dossier als ungültig
                                                                 gewiesen ist.
eingestuft.
                                                                    Insgesamt ist die Diskussion um die Validierung von
                                                                 Surrogatparametern schwer nachvollziehbar vor dem Hin-
2.7 Patientenrelevante Endpunkte
                                                                 tergrund, dass selbst das IQWiG schreibt, dass es „für
                                                                 die Validierung eines Surrogatendpunktes weder ein Stan-
Studienendpunkte werden im Rahmen der Nutzenbewertung            dardverfahren noch eine allgemein beste Schätzmethode
nur dann berücksichtigt, wenn sie gemäß dem Methodenpa-          noch ein allgemein akzeptiertes Kriterium, dessen Erfül-
pier des IQWiG patientenrelevant sind [21]:                      lung den Nachweis der Validität bedeuten würde, gibt“
•    Mortalität                                                  [24]. Auch in der praktischen Durchführung bleibt das Vor-
•    Morbidität (Beschwerden und Komplikationen)                 gehen des IQWiG im Hinblick auf die Anerkennung von
•    Gesundheitsbezogene Lebensqualität                          Surrogatparametern intransparent und inkonsequent. Teil-
•    Heilung wurde wie oben diskutiert weggelassen               weise werden als patientenrelevant deklarierte Endpunkte
                                                                 als Surrogatparameter abgelehnt, wenn sie nicht ausreichend
    Auch die Entscheidung über patientenrelevante End-           validiert worden sind, wie z. B. schwere, asymptomatische
punkte (patient-related outcome PRO) beinhaltet erneut sub-      Beinvenenthrombosen. Zum Teil validiert das IQWiG aber
jektive Werteentscheidungen. Dies erscheint problematisch,       Surrogatparameter z. B. SVR (Sustained Viral Response)
da bisher in keiner Weise die Patientenreferenzen zu End-        bei HBV-Infektion und lässt sie zu, obwohl die Kriterien der
punkten ermittelt wurden. In der Nutzenbewertung zu Ab-          Validierung nicht hinreichend erfüllt sind. Der G-BA hat den
irateronacetat (Onkologie) wurde z. B. trotz Vorliegen si-       Endpunkt SVR gemäß den Vorgaben der nationalen und in-
gnifikant verbesserter Werte des chronischen Müdigkeits-         ternationalen Leitlinien als patientenrelevant eingestuft und
syndroms Fatique unter der neuen Therapie dieser Aspekt          damit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben den internatio-
nicht als PRO anerkannt. Da Fatique die Lebensfreude- und        nalen Standard der EBM zu berücksichtigen. Der Entschei-
Drei Jahre frühe Nutzenbewertung nach §35a SGB V – kritische Würdigung und Lösungsvorschlag                                     21

Tab. 3 Prozentuale Verteilung
der Nutzenkategorien auf Basis    Ausmaß des Zusatznutzens               IQWIG-Bewertung                  G-BA Beschluss
der Patientenpopulationen∗ ,
Dossiers zu Orphan Drugs          Anzahl der Verfahren                   51               in %            64∗              in %
werden vom G-BA direkt selbst     Anzahl der Subgruppen                  123              100 %           115              100 %
bewertet [25]
                                  Mit Zusatznutzen                       31               25 %            45               39 %
                                  • erheblich                            4                3%              0                0%
                                  • beträchtlich                         13               10 %            12               13 %
                                  • gering                               7                6%              23               26 %
                                  • nicht quantifizierbar                7                6%              10               8%
                                  Kein Zusatznutzen belegt               92               75 %            70               53 %
                                  • kein Zusatznutzen belegt             88               72 %            69               52 %
                                  • geringerer Nutzen                    4                3%              1
22                                                                                                                   S. Höhle-Pasques et al.

Tab. 4 Prozentuale Verteilung der Nutzenkategorien nach Indikationsgruppen auf Basis der Patientenpopulationen (CV = kardiovaskulär; AM =
Arzneimittel) [25]

Indikationsgebiet               Orphan Drugs         Onkologika         CV-AM             ZNS-AM           Antiinfektiva          Sonstige

Anzahl der Verfahren            8                    14                 18                7                6                      11
Anzahl der Subgruppen           10                   21                 49                9                10                     16
Anzahl der Patienten            9.372                71.228             14.676.250        1.268.050        177.620                6.800.665
Mit Zusatznutzen                100 %                60 %               28 %              17 %             73 %                   27 %
• erheblich                     0%                   0%                 0%                0%               0%                     0%
• beträchtlich                  10 %                 32 %               4%                0%               7%                     18 %
• gering                        52 %                 28 %               24 %              17 %             33 %                   9%
• nicht quantifizierbar         38 %                 0%                 0%                0%               33 %                   0%
Kein Zusatznutzen belegt        0%                   40 %               72 %              83 %             27 %                   73 %
• kein Zusatznutzen belegt      0%                   38 %               72 %              83 %             27 %                   73 %
• geringerer Nutzen             0%                   2%                 0%                0%               0%                     0%

zweckmäßigen Vergleichstherapie, die obligatorische Betei-            (4) Fehlender Anreiz für dezentrale Versorgungsverträge
ligung der Zulassungsbehörden an der Frühberatung (vor                    Dezentrale Versorgungsverträge, die politisch gewollt
Phase-III-Studien) und die sofortige erneute Einreichungs-                waren und sind, um einen Wettbewerb um ein Mehr an
möglichkeit bei Ablehnungen des Zusatznutzens aus forma-                  Qualität in der Patientenversorgung zu initiieren, wer-
len Gründen.                                                              den für die Pharmazeutische Industrie, die hier als Geld-
   Folgende Punkte bleiben aber kritisch:                                 aber auch Ideengeber fungieren könnte, nicht attrak-
                                                                          tiver, da der nach §130b verhandelte Erstattungspreis als
(1) Zentralisierung bekennender (subjektiver) Werteent-
                                                                          Höchstpreis für nachfolgende Verhandlungen fest gelegt
    scheidungen
                                                                          wird. Damit wird der Wunsch des Gesetzgebers, phar-
    Da der Nutzen keine objektiv messbare Größe darstellt,
                                                                          mazeutische Unternehmen als Vertragspartner für inte-
    sondern von den Bedürfnissen und Präferenzen der Be-
                                                                          grierte Versorgungsverträge nach § 140b SGB V stärker
    troffenen abhängt und damit eine Werteentscheidung                    in den Wettbewerb um eine qualitativ hochwertige Ver-
    der Betroffenen darstellt, sollte eine Quantifizierung                sorgung zu integrieren, kontakariert.
    des Nutzens oder des Zusatznutzens nicht zentral „von             (5) Formalisierung und Administration
    oben“ für alle durchgeführt werden. Zentral sollten nur               Die extreme Formalisierung des Prozesses birgt die Ge-
    erkennende Werteentscheidungen, d.h. objektiv messba-                 fahr der Verselbstständigung, d.h. die Nutzenbewertung
    re Ergebnisse, wie z. B. die Wirksamkeit aufgearbeitet                wird zum Selbstzweck und unterstützt nicht mehr die
    werden.                                                               ursprünglichen Zielsetzungen der Politik. Daher soll-
        Das IQWiG sollte sich daher auf die transparente                  ten sich die Verantwortlichen immer wieder hinterfra-
    Darstellung der wissenschaftlichen Datenlage beschrän-                gen, ob der Patient noch im Mittelpunkt des Interes-
    ken und keine Werteentscheidungen treffen, da es dafür                ses steht. Dies führt zu immer umfangreicheren Dos-
    nicht legitimiert ist.                                                siers mit z.T. über 1.000 Subgruppenanalysen pro Indi-
(2) Implizite Werteentscheidungen durch Operationalisie-                  kationsgebiet, die oft ohne jede klinische Relevanz sind.
    rung des Zusatznutzens                                                Für die Dossiereinreichung von Bestandsmarktproduk-
    Die Operationalisierung des Zusatznutzens beinhaltet                  ten wurde keine geeignete Methodik entwickelt, so dass
    immer implizite Werteentscheidungen, die derzeit zen-                 die Dossiers kaum vollständig erstellbar sind. Sowohl
    tral und intransparent vom G-BA getroffen werden. Eine                die Politik wie auch der G-BA haben die Problematik
    Methodik für eine Kosten-Nutzen-Bewertung der Leis-                   erkannt und wollen den Bestandsmarktaufruf nicht wei-
    tungen, auf Grundlage derer eine Diskussion auf brei-                 ter verfolgen.
    terer Basis um eine Priorisierung starten könnte, wurde           (6) Fehlende Integration der ambulanten und stationären
    bisher nicht etabliert.                                               Versorgung
(3) Fehlende Berücksichtigung von Patientenpräferenzen                    Die Bewertung der medizinischen Innovationen erfolgt
    Für eine Nutzenbewertung gilt es insbesondere die Pati-               heute durch den AMNOG Prozess nur für den ambu-
    entenpräferenzen zu berücksichtigen; solange dies nicht               lanten Bereich und trägt damit nicht dem Erfordernis
    geschieht, kann nicht von einem belegten Zusatznutzen                 Rechnung, die Ressourcen sektorübergreifend ökono-
    für Patienten gesprochen werden.                                      misch sinnvoll einzusetzen.
Drei Jahre frühe Nutzenbewertung nach §35a SGB V – kritische Würdigung und Lösungsvorschlag                                            23

(7) Wettbewerbsverzerrung durch Stichtagregelung des                    bringern und Kostenträgern unter Beteiligung der Pati-
    AMNOG                                                               entenvertretung.
    Durch die Stichtagregelung des AMNOG zum                        (3) Die Innovationen müssen unter Alltagsbedingungen
    01.01.2011 kann es zu massiven Wettbewerbsverzer-                   evaluiert werden und können bei entsprechender Taug-
    rungen kommen, z. B. wenn Wirkstoffe wie z. B. Pra-                 lichkeit als Satzungsleistung von den Krankenkassen
    sugrel einer Festbetragsgruppe zugeordnet werden, die               übernommen werden. Hiermit würde die Versorgungs-
    Generika wie z. B. Clopidogrel enthalten, während an-               forschung in Deutschland ein solides Fundament erhal-
    dere Wirkstoffe wie z. B. Ticagrelor der gleichen ATC-              ten.
    Klasse sich durch nachgewiesenen Zusatznutzen der               (4) Um die Add-on Problematik zu vermeiden, müssen re-
    Festbetragsgruppenbildung entziehen können. Dies ist                gelmäßig weniger taugliche Methoden wieder aus den
    insbesondere dann wettbewerbsverzerrend, wenn die                   Satzungsleistungen ausgeschlossen werden.
    Wirkstoffe (z. B. Ticagrelor vs. Prasugrel) aufgrund der               Bis zu diesem Zeitpunkt, kann von dem „conditional
    klinischen Studienergebnisse als gleichwertig zu beur-              reimbursement“ (vorläufiger Erstattung) verstärkt Ge-
    teilen wären. Es sind hier kreative, aber rechtsverbind-            brauch gemacht werden, um eine flächendeckende Ver-
    liche Lösungen gefragt, z. B. eine optionale Bestands-              sorgung mit dem neuen Arzneimittel sicherzustellen.
    marktbewertung für den pharmazeutischen Hersteller,             (5) Der geplante Wegfall des Bestandsmarktaufrufs sollte
    um einen Zusatznutzen nachzuweisen.                                 nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Die pharma-
(8) Große indikationsspezifische Unterschiede in den G-BA               zeutischen Hersteller sollten die Möglichkeit einer op-
    Bewertungen                                                         tionalen Bestandsmarkteinreichung erhalten, um einen
    Es muss genau analysiert werden, warum in den großen                Zusatznutzen nachzuweisen, sofern ein neues Arznei-
    Indikationsgebieten (Herzinfarkt-, Schlaganfallprophy-              mittel nach §35a SGB V bewertet worden ist.
    laxe, Diabetes mellitus) die Bewertungen deutlich                   Unter diesen Bedingungen wären dezentrale Verhandlun-
    schlechter ausfallen als in den onkologischen Indika-           gen zwischen den Beteiligten, wie sie ursprünglich von der
    tionen oder bei den Antiinfektiva.                              Gesundheitspolitik erwünscht waren, wieder attraktiv und
    Im Folgenden soll ein Vorschlag dargestellt werde, wie          sinnvoll.
die künftige Versorgung und Finanzierung von Innovationen               Die zahlreichen positiven Ansätze zwischen der Pharma-
gestaltet werden kann.                                              zeutischen Industrie und den Krankenkassen, die Versor-
    Die gedankliche Überschrift für ein solches Modell lau-         gung chronisch kranker Patienten zu verbessern, könnten
tet, alle subjektiven Werteentscheidungen, wie z. B. über           hier aufgegriffen und weiter entwickelt werden.
den Nutzen für Patienten, so weit wie möglich dezentral zu              Ein wesentlicher Faktor für die Finanzierbarkeit dieser
fällen und lediglich die objektiv messbaren Werteentschei-          wettbewerblichen Aktivitäten sind transparente und faire
dungen durch zentrale Institutionen aufzubereiten. Ebenfalls        Preisverhandlungen, die einen adäquaten Preis für Innova-
kann zentral eine Methodik für eine Kosten-Nutzen-Analyse           tionen ermöglichen. Damit bleibt nicht nur die Arzneimit-
als Diskussionsgrundlage erarbeitet werden. Dieser Ansatz           telforschung auch in Zukunft attraktiv, sondern auch die
würde nicht nur den politischen Wunsch nach mehr Wett-              finanziellen Spielräume der Pharmazeutischen Industrie
bewerb im Gesundheitssystem unterstützen, sondern hätte             bleiben erhalten. In diesem Zusammenhang wäre eine Ge-
auch den Vorteil einer deutlich höheren Fehlerfreundlich-           heimhaltung der verhandelten Preisrabatte hilfreich, um ei-
keit.                                                               ner negativen Preisspirale innerhalb Europas für das Phar-
    In Anlehnung an den Vorschlag der Bioethik-Kommis-              mazeutische Unternehmen vorzubeugen.
sion der Bayrischen Staatsregierung im Positionspapier über
                                                                    Interessenkonflikte: Dr. Johannes Hankowitz erhielt für Beratun-
die zukünftige Finanzierung des medizinischen Fortschritts          gen und Vorträge von folgenden pharmazeutischen Unternehmen Ho-
im solidarisch finanzierten Gesundheitssystems [26], kön-           norare: BMS, Daiichi, GSK, Gilead, Sanofi, Sanofi Pasteur, Winthrop,
nen folgende Schritte definiert werden:                             Zentiva

(1) Bewertung des Regelleistungskatalogs mit Hilfe einer            Open Access Dieser Artikel unterliegt den Bedingungen der Creati-
    Kosten-Nutzen-Analyse und anschließender Priorisie-             ve Commons Attribution License. Dadurch sind die Nutzung, Vertei-
    rung. Die nicht vermeidbare Rationierung von Leistun-           lung und Reproduktion erlaubt, sofern der/die Originalautor/en und die
                                                                    Quelle angegeben sind.
    gen muss transparent erfolgen.
(2) Innovationen: Ein wissenschaftliches Institut erarbei-
    tet auf Basis objektiv messbarer Kriterien einen Vor-
                                                                    Literatur
    schlag zu einer Kosten-Nutzen-Analyse. Diese dient als
    Diskussions- und Entscheidungsgrundlage für dezen-               1. Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG).
    trale Verhandlungen zwischen Herstellern, Leistungser-              http://www.bgbl.de/Xaver/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_
24                                                                                                                       S. Höhle-Pasques et al.

      BGBl&bk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*[@attr_id=                           Geschaeftsfelder/Gesundheitspolitik/2010-09-22%20BPI-
      ’bgbl110s2262.pdf’]#__Bundesanzeiger_BGBl__%2F%2F*                        AMNOG%20Stellungnahme%20Anh%C3%B6rung%20AfG.pdf.
      [%40attr_id%3D’bgbl110s2262.pdf                                           Abgerufen am 22.12.2013
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