Entwicklungsstrategie der Milchindustrie Kosovos - Herausgeber: Verband der Milchverarbeiter Kosovos Verband der Milchproduzenten Kosovos ...

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Entwicklungsstrategie der
 Milchindustrie Kosovos
                2011-2020

               Herausgeber:
    Verband der Milchverarbeiter Kosovos
   Verband der Milchproduzenten Kosovos
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ENTWICKLUNGSSTRATEGIE
DER MILCHINDUSTRIE KOSOVOS
2011 – 2020

Herausgeber:
Verband der Milchverarbeiter Kosovos (KDPA) &
Verband der Milchproduzenten Kosovos (KAMP)

mit Unterstützung von Solidar Suisse

Pristina, Kosovo, 2012

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ZUSAMMENFASSUNG

Die Milchindustrie von Kosovo wird seit dem Krieg grundlegend neu aufgebaut.
Mittlerweilen decken die lizenzierten 26 Molkereien und etwa 2000 Milch
liefernde Bauern ein Fünftel der aktuellen Nachfrage nach Milchprodukten. Der
Milchsektor ist demnach eine Wachstumsbranche, deren Potential bei weitem
noch nicht ausgeschöpft ist. Die Herausforderungen der Branche sind indes
vielfältig. Der ungenügende rechtliche Rahmen gilt als Hauptrisiko der
Milchbranche: Vor allem die Billigimporte von subventionierten
Milchprodukten und der unkontrollierte Verkauf von Produkten auf dem
‚Grünen Markt‘ und Schwarzmarkt belasten die Branche.
Im Weiteren fehlt es an qualifizierten Milchproduzenten und -technologen. Die
ungenügende Umsetzung des Anti-Dumping-Gesetzes, im internationalen
Vergleich zu geringe Subventionen für die Bauern, ungünstige Kredite, Mängel
in der Steuergesetzgebung und die geringe Reputation der lokalen Produkte
sind der Entwicklung der Milchwirtschaft wenig zuträglich. Schliesslich bezahlen
Molkereien zu hohe Milchpreise, während die Bauern die Produktionskosten
nicht decken können, weil sie im Unterschied zu anderen Ländern Europas
praktisch ohne staatliche Unterstützung auskommen müssen.
Anderseits gibt es grosse Chancen für die Entwicklung der Milchwirtschaft. Das
Binnenmarktpotential ist noch kaum ausgeschöpft, der einheimische Markt hat
noch viel Raum, um zu wachsen, und der Zugang zu Albanien über die neue
Autobahn eröffnet neue Märkte. Ausserdem bleiben mit den immensen
Flächen an brachliegendem Land zur Beweidung und Futterproduktion weitere
Chancen immer noch ungenutzt.
Nach Jahrzehnten der Repression, einem Krieg und einer schwierigen
Nachkriegszeit ist es umso wichtiger, dass das unabhängige Kosovo in der Lage
ist, seine Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln selbst zu versorgen. In
diesem Zusammenhang sollten Milch und Milchprodukte als strategisch
wichtige und für die Ernährung der Bevölkerung entscheidende Nahrungsmittel
bewertet werden. Deshalb setzt sich die Milchindustrie mit dieser Strategie das
Ziel, bis zum Jahr 2020 die Nachfrage des einheimischen Binnenmarkts nach
Milchprodukten zu steigern und weitgehend zu decken. Im Jahr 2020 sollen
nicht mehr 45 Millionen sondern 360 Millionen kg Milch zu hochwertigen
Produkten verarbeitet werden.

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Um dieses strategische Ziel bis 2020 zu erreichen, hat die Kosovarische
Milchindustrie einen 10-Punkte-Plan aufgestellt, der die wichtigsten Schritte
aufzeigt:
(1) Transparente und neutrale Sammlung, Qualitätskontrolle und faire
     Bezahlung von Milch
(2) Regulierung der Direktvermarktung von Milchprodukten auf dem grünen
     Markt
(3) Ausgebildete Milchtechnologen und Milchproduzenten für Kosovo
(4) Staatliche Direktzahlungen und Subventionen für Milchproduzenten
(5) Staatliche Förderprogramme für die Milchwirtschaft
(6) Reduzierte Mehrwertsteuer für die Agroindustrie – Vorsteuerabzug auf
     Rohmilch
(7) Staatliche Massnahmen gegen subventionierte Importmilchprodukte und
     Anti-Dumping-Massnahmen im Rahmen des CEFTA Freihandelsabkommens
(8) Schutz von Sharri-Käse
(9) Bewusstseinsförderung für die Anliegen der lokalen Milchindustrie
(10) Gründung einer nationalen Lobbyplattform für die Milchindustrie

Die Entwicklungsstrategie der Milchindustrie Kosovos 2011-2020 wurde am
05.11.2012 in Pristina von folgenden Organisationen als Resolution
verabschiedet:

   Verband der Milchproduzenten           Verband der Milchverarbeiter Kosovos
         Kosovos (KAMP)                                 (KDPA)

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RESOLUTION DER MILCHINDUSTRIE VON KOSOVO

Die Entwicklungsstrategie der Milchindustrie Kosovos wurde am 05.11.2012 in
Pristina von folgenden Organisationen als Resolution verabschiedet:

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INHALT

ZUSAMMENFASSUNG ....................................................................................................... 5
RESOLUTION DER MILCHINDUSTRIE VON KOSOVO ............................................................ 7
INHALT ............................................................................................................................. 9
A. ENTSTEHUNG DER STRATEGIE .................................................................................. 11
     I.        Erste Schritte........................................................................................................................................... 11
     II.       Planungsprozess und Beteiligte............................................................................................................. 11
     III.      Autoren ................................................................................................................................................... 12
B.          AKTUELLE SITUATION DER MILCHBRANCHE IN KOSOVO ........................................... 13
     IV. Wer ist die Milchindustrie von Kosovo? ............................................................................................... 13
     V.        Kontext und Beweggründe .................................................................................................................... 14
     VI. Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Milchbranche ........................................................... 17
     VII. Erwartete Kontextentwicklung bis 2020 .............................................................................................. 19
C.          VISION UND ZIELE DER KOSOVARISCHEN MILCHINDUSTRIE ...................................... 21
     VIII. Vision ....................................................................................................................................................... 21
     IX.       Strategische Ziele bis 2020 .................................................................................................................... 21
D. DIE 10 WICHTIGSTEN SCHRITTE ZUR ERREICHUNG DER STRATEGISCHEN ZIELE .......... 23
     01 Transparente und neutrale Sammlung, Qualitätskontrolle und faire Bezahlung von Rohmilch ..... 24
     02 Regulierung der Direktvermarktung von Milchprodukten auf dem grünen Markt .......................... 26
     03 Ausgebildete Milchtechnologen und Milchproduzenten für Kosovo ................................................ 28
     04 Staatliche Direktzahlungen und Subventionen für Milchproduzenten.............................................. 30
     05 Staatliche Förderprogramme für die Milchwirtschaft ......................................................................... 32
     06 Reduzierte Mehrwertsteuer für die Agroindustrie – Vorsteuerabzug auf Rohmilch........................ 34
     07 Staatliche Massnahmen gegen subventionierte Importmilchprodukte und Anti-Dumping-
        Massnahmen im Rahmen des CEFTA Freihandelsabkommens .......................................................... 36
     08 Schutz von Sharri-Käse ........................................................................................................................... 38
     09 Bewusstseinsförderung für die Anliegen der lokalen Milchindustrie ................................................ 40
     10 Gründung einer nationalen Lobbyplattform für die Milchindustrie................................................... 42
     X.        Was es sonst noch braucht! .................................................................................................................. 44
E.          MASTERPLAN ........................................................................................................... 45

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A.    ENTSTEHUNG DER STRATEGIE

I.    Erste Schritte
Im Frühjahr 2009 hat sich die Lage auf dem Milchmarkt in Europa dramatisch
verschlechtert. Die Milchpreise sind massiv zurückgegangen und haben so die
Existenz der Bauern gefährdet. Diese ‚Milchkrise‘ in der EU bekam die
Milchbranche in Kosovo besonders zu spüren: Verbilligte Importprodukte
haben den ungeschützten Markt Kosovos überschwemmt. Die einheimische
Milchindustrie, die nach dem Krieg 1999 ohnehin noch in den Anfängen des
Aufbaus steckte, geriet in eine veritable Krise. Viele Milchproduzenten und
Sammelstellen konnten ihre Milch nicht mehr verkaufen, weil der Absatzmarkt
der Molkereien teilweise zusammenbrach.
Anlässlich dieser Krise haben der Verband der Milchproduzenten Kosovos
KAMP und der Verband der Milchverarbeiter Kosovos KDPA (unterstützt von
Solidar Suisse, Syri i Vizionit und dem Institute for Advanced Studies GAP) im
Juni 2009 ein Grundsatzpapier zum CEFTA-Freihandelsabkommen erarbeitet. In
einem Begleitschreiben an die Regierung haben KAMP und KDPA
Handlungsempfehlungen formuliert, wie der Importschwemme begegnet und
die Milchwirtschaft gefördert werden sollte. Auf diese Studie folgte am
16.9.2009 eine Tagung in Pristina mit Mitgliedern von KAMP und KDPA, Solidar
Suisse, Syri i Vizionit, AgroDukagjini Network, Swisscontact, GTZ und USAID. Die
Verbände haben eine Positionsbestimmung vorgenommen und die Erarbeitung
einer gemeinsamen, von KAMP und KDPA mitgetragenen Entwicklungsstrategie
für die Branche beschlossen.

II.   Planungsprozess und Beteiligte
Die nationalen Verbände KAMP und KDPA, die Initianten dieser Strategie,
haben Solidar Suisse mit der Koordination der Strategieentwicklung betraut.
Die Entstehung der Strategie, die KAMP mit zwei Studien und Umfragen
begleitet hat, erfolgte dabei parallel zu ersten Massnahmen. Die Beteiligten
haben das Landwirtschaftsministerium (MAFRD) zur MWST-besteuerung von
Rohmilch im europäischen Vergleich beraten, haben sich erfolgreich für EU-
Förderprogramme eingesetzt und Ende 2010 den ersten Schritt dieser Strategie
begangen (siehe D.01). Daneben wurden Gespräche mit Mitgliedern der
Verbände, Branchenexperten und Behörden geführt. Zentrale Strategieschritte
sind im Oktober 2011 bei einer Vernehmlassung des MAFRD zu seinem
Entwicklungsdokument für den Milchsektor diskutiert worden.

                                       11
III.   Autoren
Die vorliegende Strategie wurde unter der Leitung von Dr. Christoph Baumann
(Solidar Suisse) verfasst. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit Ramadan
Memaj (Präsident von KDPA), Milazim Berisha (Präsident von KAMP), Dr. Agim
Rexhepi (KAMP) und Syzane Baja (Solidar Suisse).

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B.    AKTUELLE SITUATION DER MILCHBRANCHE IN KOSOVO

IV.   Wer ist die Milchindustrie von Kosovo?
Zur Milchindustrie von Kosovo zählen im engeren Sinne 26 lizenzierte
Molkereien und über 1400 Milchproduzenten (inoffiziell gehen die Verbände von
2000 Milchbauern aus), welche diese Molkereien beliefern (Zahlen: Oktober
2012). In der vorliegenden Strategie werden weitere Beteiligte, darunter die
Verpackungsindustrie, Futterproduzenten, Vermarktungsorganisationen etc.,
ausgeklammert. Im weiteren Sinne gelten die nicht zugelassenen
‚Kleinmolkereien‘ (Bauern und Verarbeiter, die ihre Produkte direkt, ohne
Lizenz und unkontrolliert verkaufen) als wichtige Akteure der Milchindustrie.
Als Vertreter einer Schattenmilchwirtschaft konkurrieren diese jedoch die
legalisierte Industrie, schaden dem Image der lokalen Produkte, stellen eine
Gefahr für die Volksgesundheit dar und behindern eine nachhaltige
Entwicklung der Milchwirtschaft Kosovos. Die Initianten der Strategie legen
deshalb Wert darauf, sich gegen diese illegale Konkurrenz abzugrenzen und
betrachten diese nicht als Teil der einheimischen Milchindustrie.
Wenn in der vorliegenden Strategie von Milchindustrie die Rede ist, sind damit
ausdrücklich die lizenzierten Molkereien und ihre Milchlieferanten gemeint.
Von den 26 Molkereien gehören 18 dem Verband der Milchverarbeiter Kosovos
(KDPA) an; 300 Milchbauern sind Mitglied beim Verband der Milchproduzenten
Kosovos (KAMP). Obschon diese Mitgliedschaften nicht notwendig sind, um am
milchindustriellen Leben teilzunehmen, gelten die Mitglieder dieser Verbände –
nebst den rund 100 aktiven Milchsammelstellen des Landes - als wichtigste
Träger der Milchindustrie im Kosovo. Sie stehen in einer partnerschaftlichen
Beziehung und führen seit einigen Jahren einen konstruktiven Dialog
miteinander, der zur Entwicklung der Industrie beiträgt. Als repräsentative
Vertreter der Industrie sind sie bedeutende Partner in einem tripartiten Dialog
mit den nationalen Behörden bei deren Ausgestaltung des gesetzlichen
Rahmens der Landwirtschaft und der Milchindustrie sowie beim Vollzug von
entsprechenden Verordnungen und Massnahmen. Die vorliegende Strategie ist
das Ergebnis des Dialogs zwischen den beiden Verbänden.

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V.    Kontext und Beweggründe
Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Krieg von 1999 wurde die
Milchindustrie grundlegend neu aufgebaut. Unmittelbar nach dem Krieg gab es
nur eine funktionierende Molkerei (ABI, Prizren); heute zählt man 26 Betriebe,
und es befinden sich weitere in Planung. In Anbetracht der Tatsache, dass auch
die Milchbetriebe nach dem Krieg zumeist von Null anfangen mussten, kann die
Entwicklung der Milchindustrie in der Nachkriegszeit als Erfolgsgeschichte
bezeichnet werden.
Der Milchsektor gilt als wichtigste Wachstumsbranche der Landwirtschaft. Die
Bauern Kosovos produzieren schätzungsweise 125 Millionen kg, von denen
jedoch 90 Millionen kg für den Eigenbedarf und die Direktvermarktung
verwendet werden. Die Molkereien verarbeiteten dagegen - gemäss des
Grundsatzpapiers von 2009 - jährlich nur 35 Millionen kg Kuhmilch, nach
Angaben des KDPA im 2011 und 2012 über 45 Millionen kg. Ungefähr 120
Millionen kg Milchäquivalente werden zudem importiert. Im Jahr 2011 hat
Kosovo nach offiziellen Angaben für 27.6 Millionen € Milchprodukte importiert,
aber kaum exportiert. Nach der Dairy Market Assessment Study von USAID
(2008) verteilt sich das Milchaufkommen etwa so (siehe Abb.1):

Abb. 1: Anteil am Milchaufkommen in Kosovo (Milchäquivalent) in % im Jahr
2007

                                      14
0.7

 0.6

 0.5

 0.4

 0.3

 0.2

 0.1

  0

       EU           Deutschland         Frankreich              Grossbritannien

       Polen        Italien             Rumänien                Österreich

       Litauen      Ungarn              Bulgarien               Schweiz

       Kosovo       Kosovo-Molkereien   Kosovo Marktpotential

Abb. 2: Pro-Kopf-Kuhmilchproduktion im Jahr 2008 (in t pro Einwohner) im
europäischen Vergleich

Das heisst, dass die einheimische Milchindustrie weniger als ein Fünftel der
Marktnachfrage nach Milchprodukten deckt. Die Rohmilchproduktion pro
Einwohner ist deshalb in Kosovo im internationalen Vergleich besonders gering
(siehe Abb. 2).
Die europaweite Milchkrise im Jahr 2009, die auf den Kosovo überschwappte,
hat das bäuerliche Leben massiv erschwert; die sinkenden Milchpreise führten
dazu, dass gerade Kleinbauern (nur einer von hundert Milchproduzenten im
Kosovo hat zehn oder mehr Kühe) die kommerzielle Milchproduktion aufgaben.
Daraufhin kam es zu einer Verknappung der Rohmilchproduktion, die Preise
stiegen unabhängig der Qualität auf bis zu 40 Cent pro Liter Ende 2011 an und
brachten die Industrie so erneut arg in Bedrängnis.

                                        15
Trotz des grossen Potentials spielt die Land- und Milchwirtschaft im
Entwicklungsplan 2007-2013 der kosovarischen Regierung eine untergeordnete
Rolle. Für die Landwirtschaft sind nur sehr wenige Gelder aus dem Kosovo-
Budget vorgesehen. Im Vergleich mit den anderen Mitgliedstaaten des CEFTA-
Abkommens sowie den EU- und EFTA-Ländern erhalten die Kosovarischen
Milchproduzenten deutlich weniger Unterstützung. Es fehlen monetäre
Anreize, um mehr und bessere Milch auf den Markt zu bringen.
Allerdings ist die Tatsache ermutigend, dass das Landwirtschaftsministerium
und die Europäische Kommission seit 2010/11 Fördergelder und
Direktzahlungen für Molkereien und Milchproduzenten entwickeln, anwenden
und ausbauen. Angesichts der immensen Bedürfnisse der Milchindustrie ist
diese Unterstützung immer noch viel zu klein, aber ein erster Schritt in die
richtige Richtung; diese Strategie zeigt auf, wie die weiteren Schritte aussehen
müssen.

                                       16
VI.   Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Milchbranche
Der ungenügende rechtliche Rahmen gilt für die Molkereien und Bauern als
Hauptrisiko ihrer Branche: Unkontrollierte Importe, ungenügende Umsetzung
des Anti-Dumping-Gesetzes, kaum Subventionen, Mängel in der Steuerpolitik
und im Landwirtschaftsgesetz sowie der tolerierte informelle Verkauf von
Milchprodukten.      Die   Zollbestimmungen      sind    für   kosovarische
Landwirtschaftsprodukte generell ungünstig. Für den Export bestehen tarifäre
und nichttarifäre Handelshemmnisse sowie Exportbarrieren trotz oder gerade
wegen des CEFTA.
Exportsubventionen in EU-Ländern, ungünstige Kredite, fehlendes Bewusstsein
der Konsumenten wie auch die schlechte Energieversorgung (zentral für die
gesamte Kühlkette) gefährden den Milchsektor ebenfalls. Zudem ist die
Reputation lokaler Produkte nicht immer nicht gut, was auch damit
zusammenhängt, dass es kaum staatlich kontrollierte, anwendbare
Qualitätsrichtlinien gibt, welche die Standardisierung der Produkte fördern.
Die grössten Herausforderungen vor dem Kontext ungenügender staatlicher
Unterstützung zur Stärkung und Entwicklung des Produktionsstandortes sind
jedoch die Billigimporte von Milchprodukten und der Verkauf von
Milchprodukten ausserhalb des regulären Marktes. Produkte, die auf dem
Grünen Markt verkauft werden, müssen offensichtlich keine Mindestqualität
erfüllen, zumal niemand diese kontrolliert. Billigimporte und unkontrollierte
Produkte auf dem Grünen Markt konkurrieren daher den regulären lokalen
Markt, ohne dass für diese dieselben Spielregeln gelten. Die unfaire Konkurrenz
aus dem In- und Ausland schadet so den Bauern und Molkereien
gleichermassen.

                                      17
Als grosse Chancen für die Entwicklung der Milchwirtschaft sind das noch viel
zu wenig ausgeschöpfte Binnenmarktpotential und der aus logistischer Sicht
massiv verbesserte Zugang zum Absatzmarkt von Nord- und Niederalbanien
über die 2011/ 2012 fertig gestellte Autobahn. Die Unterstützung durch die EU
eröffnet einigen Molkereien Möglichkeiten, die sich in anderen Ländern nicht
unbedingt bieten. Die immensen Flächen an brachliegendem Land zur
Beweidung und Futterproduktion sind ebenfalls eine noch ungenutzte Chance,
ohne teure Kraftfutterimporte gute Milch herzustellen. Aus der jungen
Bevölkerungsstruktur und der hohen Jugendarbeitslosigkeit ergibt sich
schliesslich das Potential, aus vielen jungen Menschen die talentiertesten zu
rekrutieren und zu qualifizierten, günstigen Arbeitskräften auszubilden.
Dieses zuletzt genannte Potential ist gleichzeitig die zentrale Schwäche der
Milchbranche: der Mangel an qualifizierten Milchproduzenten und
Milchtechnologen sowie anderen für die Branche wichtigen Berufsbilder. Der
Gebrauch veralteter Technologien und das Fehlen geeigneter Maschinen sind
ebenfalls nicht entwicklungsfördernd. Nicht zuletzt bezahlen Molkereien im
internationalen Vergleich einen zu hohen Milchpreis, der nicht konkurrenzfähig
ist, während die Bauern trotz bisweilen hoher Milchpreise die
Produktionskosten nicht decken können: Im Unterschied zu anderen Ländern
Europas müssen die Bauern praktisch ohne staatliche Unterstützung
auskommen. Schliesslich ist das Produktsortiment aufgrund geringer Kaufkraft
und Konsumentenansprüche sehr klein.
Aus dem zuvor genannten Punkt ergibt sich jedoch auch eine derzeit
ausgeprägte Stärke der Branche: das steigende Bewusstsein der
Milchproduzenten und Molkereien um das Marktpotential. Die Branche hat
erkannt, dass nur schon die Nachfrage der einheimischen Bevölkerung nach
‚einfachen‘ Milchprodukten ein sehr hohes Wachstum verspricht. Dieses
Bewusstsein, ohne Differenzierung wachsen zu können, hat in jüngster Zeit
vermehrt zu Investitionen in die Herden und Molkereibetriebe geführt.
Fehlende staatliche Steuermechanismen und Unterstützung der Industrie
destabilisieren jedoch die Rahmenbedingungen und hindern die Branche daran,
ihr gewaltiges Entwicklungspotential auszuschöpfen.

                                      18
VII.   Erwartete Kontextentwicklung bis 2020
Bei der Analyse der Entwicklungen in der Milchwirtschaft in Europa in den
letzten Jahren fällt auf, dass eine hohe Anzahl kleiner und mittlerer Molkereien
aus dem Markt gedrängt wurden. Große, international ausgerichtete Betriebe
dominieren mehr und mehr den Markt. Nichtsdestotrotz erobern auch kleine
Molkereien durch die Identifizierung von Marktnischen und insbesondere die
Herstellung von Käsespezialitäten nationale und internationale Märkte.
Zunehmend beliebter ist auch die Vermarktung von biologisch-organischen und
regionalen Produkten für den Binnenmarkt. Diese Entwicklungstrends dürften
auch im Zeitraum der Strategie anhalten.
In einem Umfeld zunehmenden Freihandels müssen die Kosovarischen
Molkereien ihr Potential realistisch einschätzen. Fast alle Molkereien dürften
als kleine bis mittelgrosse Molkereien mit 20 bis 60 t Milch pro Tag ihre
Perspektiven haben und mit regionalen Produkten andere kleinere Molkereien
Kosovos konkurrieren. Nur ein oder zwei Betriebe dürften größere Mengen an
auf Grundbedürfnisse ausgerichtete Milchprodukte für den nationalen Markt
produzieren und sich mit niedrigen Preisen dem direkten Wettbewerb mit
importierten Waren stellen.
Es ist zu erwarten, dass die einen Molkereien die Erweiterung und
Diversifizierung ihrer Produktpalette für den lokalen Markt anstreben. Der
Kosovo-Markt ist indes klein, und die Konsumentenansprüche im
internationalen Vergleich gering. Andere Molkereien werden davon ausgehen,
dass die Verbesserung der Qualität bestehender Produkte wichtiger ist um am
regionalen Markt zu bestehen, zumal die Qualitätsanforderungen in den
nächsten Jahren sicher steigen werden. In jedem Fall werden die
Diversifizierung und die Qualität die Wettbewerbsfähigkeit der Molkereien
erheblich beeinflussen.
Im Zusammenhang mit den Qualitätsanforderungen ist für die nächsten Jahre
ein intensiver Prozess der Übernahme von EU-Vorschriften für die
Milchproduktion und-verarbeitung zu erwarten. Zu erwähnen ist insbesondere
das ‚EU-Hygiene-Paket‘, das gemäss dem Kosovo Agricultural Plan ein integraler
Bestandteil in der Kosovarischen Gesetzgebung werden soll. Die EU-
Kommission hat die Kosovo-Molkereien bereits ermutigt, entsprechend zu
investieren.

                                       19
Es ist davon auszugehen, dass Hygienestandards und die verbindliche
Anwendung von Qualitäts-, Lebensmittelsicherheits-und Umweltmanagement-
Systemen sowie HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Points) zu einer
erheblichen Veränderung der Milchbranchenstruktur beitragen. Nur die
Anwendung solcher Standards wird die Integration der Wirtschaft des Kosovo
in die Europäische Union ermöglichen.
Eine zunehmende Verdrängung vom Markt ist auch bei den Milchproduzenten
zu erwarten. Im Europäischen Wirtschaftsraum einschließlich seiner
ehemaligen Transitionsländer haben die immense Abnahme der kleinen und
mittleren Milchbetriebe sowie die Einrichtung einer kleinen Anzahl an großen
Farmen bereits stattgefunden. Diese Entwicklung hat im Kosovo erst
angefangen; die gegenwärtige Struktur der über 20'000 Milchproduzenten mit
1-2 Kühen und geschätzten 2000 Landwirten mit etwa 5 bis 6 Kühen bleibt
mittelfristig kaum bestehen.
In den folgenden Jahren werden die europaweit angewendeten Milchqualitäts-,
Hygiene-und Produktionsstandards auch im Kosovo zunehmend Akzeptanz
finden, und größere Betriebe werden zuungunsten kleiner Betriebe zunehmen
und ihre Milchviehbestände vergrössern. Massnahmen zur Steigerung der
Milchleistung der Tiere werden wichtiger. Es darf erwartet werden, dass sich
die durchschnittliche Milchleistung von gegenwärtig etwa 4000 kg pro Jahr im
Verlauf der nächsten 10 Jahre auf 4400 kg vergrössert (EU-Durchschnitt: etwa
6700 kg), schliesslich werden in Kosovo auch Rassen mit hoher Milchleistung
bevorzugt (z.B. Holstein und Brown Swiss). Geht man davon aus, dass mit der
Professionalisierung der Betriebe deren durchschnittliche Bestandsgrösse auf
20 Milchkühe steigt, hätte Kosovo ein Potential von ungefähr 4100 profitablen
Betrieben, welche die Nachfrage des Binnenmarkts nach Milch decken.
Es steht ausser Frage, dass diese Entwicklungen nur bei sich verbessernden und
stabileren Rahmenbedingungen im beschriebenen Ausmass stattfinden. Dafür
wird es eine staatliche Unterstützung brauchen.

                                      20
C.    VISION UND ZIELE DER KOSOVARISCHEN MILCHINDUSTRIE

VIII. Vision
Die Konsumentinnen und Konsumenten von Kosovo werden ausreichend mit
gesunden, hochwertigen und preiswerten Milchprodukten aus der
einheimischen Industrie versorgt. Importierte Milchspezialitäten sind für sie
eine Ergänzung des lokalen Sortiments.
Nach Jahrzehnten der Repression, einem Krieg und einer schwierigen
Nachkriegszeit muss die Regierung in der Lage sein, nicht nur politisch
unabhängig zu sein, sondern die Bevölkerung bei einer erneuten Krise auch mit
Grundnahrungsmitteln selbst versorgen zu können. Zum einen ist deshalb eine
Importsubstitution all jener Produkte anzustreben, die der Grundversorgung
dienen; das sind im Kosovo die allermeisten Produkte, denn Milchspezialitäten
im Luxussegment sind für die arme Bevölkerung ohnehin nicht erschwinglich.
Eine ausgewogen ernährte Bevölkerung muss ebenfalls eine Vision der
Regierung sein; die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt in
Bezug auf Milchprodukte den täglichen Verzehr von 6 dl Milch
(beziehungsweise aus ihr hergestellte Milchprodukte). Kosovo muss also in der
Lage sein, 360 bis 380 Millionen kg gesunde und kontrollierte Milch pro Jahr für
seine Bevölkerung zu produzieren. Heute werden nur 45 Millionen kg an
staatliche kontrollierte Molkereien und somit als sichere Produkte verkauft.

IX.   Strategische Ziele bis 2020
Die einheimische Milchindustrie setzt sich mit dieser Strategie das Ziel, bis im
Jahr 2020 die Nachfrage des einheimischen Binnenmarkts nach Milchprodukten
zu 95% zu decken (siehe Abb. 3). Das heisst:
(1) Im Jahr 2020 verkaufen die Milchproduzenten von Kosovo um 360 Millionen
    kg Milch an die Molkereien (heute: etwa 45 Millionen kg)
(2) Im Jahr 2020 werden etwa gleich viele Milchprodukte importiert wie
    exportiert (Importsubstitution). Heute werden 100-120 Millionen kg (im
    Wert von über 27 Millionen €) importiert, aber kaum ein Produkt exportiert.
(3)Im Jahr 2020 verkaufen die Milchproduzenten 95% der 380 Millionen kg
    Milch an Molkereien; maximal 5% der Milch werden direkt vermarktet oder
    selber konsumiert (heute werden 29% direkt vermarktet und 34% selber
    konsumiert).

                                       21
Abb. 3: Strategisches Ziel der Milchindustrie: Marktnachfrage steigern, 95% der
Milchproduktion verarbeiten

(4) Im Jahr 2020 liegt der jährliche Pro-Kopf-Konsum von Milch und
    Milchprodukten bei 219 kg (zum Vergleich: in Deutschland liegt er heute bei
    355 kg, in der Schweiz: 376 kg).
(5) Im Jahr 2020 verarbeitet jede der 26 Molkereien im Durchschnitt 15
    Millionen kg Milch pro Jahr respektive 41 t pro Tag.
(6) Im Jahr 2020 kaufen die Molkereien die staatlich geprüfte Rohmilch von
    4‘100 Milchbetrieben (heute: 2‘000 Betriebe) mit durchschnittlich 20 Kühen
    und einer durchschnittlichen Milchleistung von etwa 4‘400 kg pro Jahr.
(7) Im Jahr 2020 bearbeiten die Milchproduzenten im Durchschnitt 20 ha Land
    (insgesamt: 80‘000 ha) und halten zusammen etwa 80‘000 Milchkühe.
Werden diese strategischen Ziele erreicht, würde die Struktur der
Milchproduktion in Kosovo der ebenfalls kleinräumigen, auf kleine Betriebe
spezialisierten Produktion in der Schweiz sehr ähnlich sein. Die Betriebe wären
durchschnittlich dennoch mindestens viermal grösser als heute, und es gäbe
zweimal so viele Betriebe. Selbstverständlich besteht auch das Potential, dass
sämtliche 2000 Milchbetriebe, die heute an die Molkereien verkaufen, ihren
Milchviehbestand auf über 40 Kühe aufstocken. Ebenso hätte Kosovo auch das
Potential von 36 Molkereien mit einer Kapazität von 10 Millionen kg pro Jahr
(27 t pro Tag).
                                      22
D.    DIE 10 WICHTIGSTEN SCHRITTE ZUR ERREICHUNG DER
      STRATEGISCHEN ZIELE

Um die strategischen Ziele zu erreichen, müssen in erster Linie Schritte
eingeleitet werden, die zur Schaffung von für die Milchwirtschaft günstigeren
Rahmenbedingungen beitragen. Die beiden Verbände wollen faire
Marktbedingungen, welche den Import und den unkontrollierten Verkauf von
Milchprodukten auf dem Schwarzmarkt und Grünen Markt gegenüber der
Milchindustrie nicht begünstigt. Dazu braucht es eine transparente
Qualitätskontrolle, die Vertrauen zwischen den Beteiligten herstellt, eine
konsequente Anwendung der bestehenden Gesetze (darunter das Anti-
Dumping-Gesetz) und eine Regulierung des Grünen Markts. Dies sind die
Rahmenbedingungen, welche die Regierung ohne grossen Aufwand schaffen
kann. Sie sind die Grundlage der nachhaltigen Entwicklung der Milchindustrie.
Darüber hinaus müssen monetäre Anreize und Steuerungsinstrumente
eingeführt werden, damit die Milchindustrie auf schnellem Weg international
konkurrenzfähig wird. Dazu gehören Förderprogramme und Direktzahlungen
nach fairen, transparenten Kriterien und mit den richtigen Anreizen, um das
Potential an landwirtschaftlichem Land und Arbeitskräften sowie das
Marktpotential auszuschöpfen. Die Kapazitäten der bestehenden Molkereien
müssen massiv ausgebaut werden; die Bauern müssen in modernere, grössere
Ställe, Land und Herden (Anzahl Milchkühe) investieren.
Schliesslich wird es die Aufgabe der Industrie und der Regierung sein, die
Bevölkerung zum Konsum von hochwertigen und gesunden Milchprodukten
aus dem eigenen Land zu bewegen.
Die vorliegende Strategie beinhaltet ein 10-Punkte-Programm; diese 10
wichtigen Schritte zur Erreichung der strategischen Ziele werden im Folgenden
präsentiert. All diese Schritte sind zwingend notwendig, um den Zielen nahe zu
kommen. Es wird zwar noch weitere Massnahmen brauchen, aber die hier
vorgestellten haben oberste Priorität.

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01 Transparente und neutrale Sammlung, Qualitätskontrolle und
   faire Bezahlung von Rohmilch

Problem
Bis 2010 wurden die Milchproben von den Molkereien an das staatliche Labor
geschickt und den Bauern die Resultate der Milchkontrolle von den Molkereien
kommuniziert. Die Bauern anerkannten die Resultate nicht und hatten keine
Anreize, gute Rohmilch zu liefern. Die mangelnde Transparenz, Neutralität und
Vertragsverlässlichkeit blockierten den Aufbau eines fairen Direktzahlungs- und
Subventionswesens für die Bauern, behinderten die Bauern in ihr Geschäft zu
investieren, stellten eine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit dar und boten
den Molkereien keine Garantie, konstant gute Rohmilch einzukaufen.

Lösung
Wir setzen uns seit 2011 für eine staatlich koordinierte, transparente,
professionelle und glaubwürdige Organisation der Probenahme und
Qualitätskontrolle durch das Labors des Amts für Veterinärwesen und
Lebensmittelsicherheit von Kosovo (FVA) ein. Das Kontrollwesen muss von den
Molkereien und Milchproduzenten akzeptiert und deshalb neutral sein.

                                      24
Nutzen für die Milchproduzenten
Transparente Kontrollen und Probenahmen gewährleisten, dass die Bezahlung
nach Milchqualitätskriterien fair erfolgt. Dies motiviert die Bauern, die
Milchqualität zu verbessern, das Geschäft auszubauen und dadurch höhere
Preise zu erzielen. Nicht zuletzt ist eine transparente Milchqualitätskontrolle
die Grundlage, um von fairen staatlichen Direktzahlungen und Subventionen zu
profitieren.

Nutzen für die Molkereien
Die professionelle Qualitätskontrolle und das grössere Vertrauen der
Milchproduzenten erlaubt in erheblichem Masse, langfristig mehr und
qualitativ hochwertigere Rohmilch einzukaufen. Dies ist die Grundlage der
Entwicklung der Molkereien.

Nutzen für die Konsumenten
Eine transparent nachgewiesene hohe Milchqualität wird das Vertrauen der
Konsumenten in lokale Milchprodukte herstellen. Somit wird die Bevölkerung
von Kosovo wieder vermehrt einheimische Milchprodukte geniessen und
dadurch Kosten sparen.

Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit
Die professionelle Qualitätskontrolle ist die wichtigste Grundlage für eine
nachhaltige, stabile wirtschaftliche Entwicklung des Milchsektors. Sie erhöht
die Lebensmittelsicherheit und damit die Gesundheit. Schliesslich hat sie eine
Reduktion der Importe zur Folge und trägt so zum Wohlstand in Kosovo bei.

                                      25
02 Regulierung der Direktvermarktung von Milchprodukten auf
   dem grünen Markt

Problem
Unkontrollierte Direktverkäufe auf dem Schwarzmarkt (etwa 30% des
Milchaufkommens in Kosovo), insbesondere auf dem ‚grünen Markt‘, zerstören
die einheimische Industrie; sie sind eine unfaire Konkurrenz und eine
Bestrafung all jener Bauern und Molkereien, die ihre Produkte
gesetzeskonform verkaufen. Nicht zuletzt verhindern sie die Einführung und
Umsetzung von Regeln, Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit, fairen
staatlichen Subventionen und Marktmechanismen zum Nutzen von allen,
insbesondere von Konsumenten.

Lösung
Faire Vermarktungsregeln für alle sind essentiell für eine prosperierende
Entwicklung der Milchindustrie in Kosovo. Erfahrungen aus westlichen Ländern,
die schon mehrere Jahrzehnte zurückliegen, belegen, dass sich erst nach der
Unterbindung des Schwarzmarktes überhaupt eine Industrie entwickeln
konnte. Milchprodukte aus Grünmärkten müssen zudem auch in qualitativer
Hinsicht gesetzlich gleich behandelt werden wie alle Milchprodukte für den
Verkauf; erst dann ist der Wettbewerb fair und treibt die Entwicklung voran.
Es braucht eine Lebensmittelverordnung, welche die Regeln für die
Direktvermarktung von Milchprodukten (insbesondere eine Bewilligungspflicht
für alle Verkäufer von Milchprodukten) festlegt und deren Einhaltung
kontrolliert. Die Verbände fordern eine rasche, konsequente Umsetzung
solcher Regeln. KAMP und KDPA werden deswegen MAFRD und FVA ein
Vorschlag mit Massnahmen präsentieren und dessen Umsetzung besprechen.

                                     26
Nutzen für die Milchproduzenten
Wenn die gesetzlich vorgeschriebene Mindestqualität für Rohmilch auch auf
dem Schwarzmarkt überwacht wird, werden all jene Milchproduzenten im
Kosovo, die ihre Milch an eine lizenzierte Molkerei oder Milchsammelstelle
verkaufen, nicht mehr diskriminiert. Erst eine gleiche Behandlung aller Bauern
gibt den schon heute kontrollierten Milchproduzenten die Gewähr, dass sich
Investitionen in ihre Betriebe und die Produktion von Qualitätsmilch auch
langfristig auszahlen.

Nutzen für die Molkereien
Erst mit einer Regulierung und einer Qualitätskontrolle bei allen Verkäufern
von Milchprodukten findet die bereits regulierte und kontrollierte
Milchindustrie in Kosovo faire Rahmenbedingungen vor. Dies wird
entscheidende Impulse für die Entwicklung der Milchwirtschaft auslösen. Sie
gilt neben der ersten Massnahme als wichtigster Baustein unserer Strategie
und damit unseres künftigen Erfolgs.

Nutzen für die Konsumenten
Für die Konsumenten bedeutet die regulierte Direktvermarktung in erster Linie
eine massiv höhere Lebensmittelsicherheit als bisher.

Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit
Aufgrund der Formalisierung aller Milchverkäufe werden deutlich weniger
Steuern hinterzogen, was sich auf die fiskalische Situation des Staates positiv
auswirkt. Die Volksgesundheit verbessert sich deutlich, da viel weniger
verdorbene Milchprodukte verkauft werden können.

                                      27
03 Ausgebildete Milchtechnologen und Milchproduzenten für
   Kosovo

Problem
Die Molkerei-Unternehmer haben sich im vergangenen Jahrzehnt ein grosses
Wissen angeeignet. Jedoch sind sie keine ausgebildeten Milchtechnologen; und
spezialisierte Fachkräfte fehlen auf dem Arbeitsmarkt in Kosovo. Das heisst, die
Molkereien müssen ausländische Technologen ‚einkaufen‘, um konkurrenzfähig
zu werden. Curricula für Milchtechnologen gibt es sowohl an den Berufsschulen
als auch an den Universitäten nicht. Hochwertige Ausbildungsgänge sind
angesichts der Grösse Kosovos nur teilweise finanzierbar.
Problematisch ist auch die Bildung der Milchproduzenten: obschon viele
Bauern langjährige Erfahrung haben und teilweise eine landwirtschaftliche
Ausbildung vorweisen, fehlt ihnen eine fundierte Ausbildung für eine
zeitgemässe Milchproduktion. Dies führt zu einer niedrigen Wirtschaftlichkeit,
einer geringen Milchleistung und einer ungenügenden Tiergesundheit. Es gibt
jedoch Berufsschulen mit einer landwirtschaftlichen Ausbildung; doch eine
praktische und eine höhere Ausbildung mit Spezialisierung auf Milchwirtschaft
fehlen.

Lösung
Um die strategisch-quantitativen Ziele zu erreichen, müsste Kosovo im Jahr
2020 jährlich etwa 15 Berufsschulplätze für Milchtechnologen anbieten und je
nach Struktur der Betriebe etwa 2 Technologen auf Hochschulniveau ausbilden
(Vergleichswerte: aus Deutschland und der Schweiz). Wir fordern deshalb an
einer Berufsschule ein praxisorientiertes Curriculum zum Milchtechnologen;
dafür braucht es eine Klasse pro Jahrgang, deren Schüler mindestens die Hälfte
der Schulzeit in einer Molkerei ausgebildet werden müssen. Als temporäre
Lösung des Problems sind Ausbildungsplätze im Ausland zu finden. Für die
höhere Ausbildung zum Milchtechnologen muss das Bildungsministerium eine
Lösung mit Hochschulinstituten im Ausland zu suchen.
Zur Professionalisierung der landwirtschaftlichen Ausbildung sind an einer
Berufsschule ergänzende, zeitgemässe Module in Futterbau und Fütterung
sowie Milchviehhaltung und -produktion anzubieten. Parallel zur Ausbildung in
Kosovo sind Praktika und temporäre Arbeitskräfte ins Ausland zu vermitteln
(z.B. Schweiz und Deutschland).

                                       28
Nutzen für die Milchproduzenten
Die Milchbetriebe erhalten die Möglichkeit, für die Milchwirtschaft qualifizierte
Landwirte zu beschäftigen und erfahrene Arbeitskräfte temporär im Ausland
arbeiten und sich so weiterbilden zu lassen. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit
der Betriebe und damit die Einkommen. Bis zu 4‘100 Landwirte mit einer guten
Ausbildung zum Milchproduzenten sind in Kosovo gefragt.

Nutzen für die Molkereien
Die Molkereien können ausgebildete Milchtechnologen anstellen; dies kommt
sowohl der Professionalisierung als auch der Innovationsfähigkeit der Betriebe
zugute. Da die Molkereien für die Ausbildung eine Mitverantwortung
übernehmen sollten, profitieren sie von Arbeitskräften, die noch in der
Ausbildung mit dem Betrieb vertraut gemacht werden.

Nutzen für die Konsumenten
Je mehr ausgebildete Arbeitskräfte in der Milchwirtschaft tätig sind, desto
grösser ist das Vertrauen der Konsumenten in die Industrie und damit in die
Produkte. Das wird sich positiv auf den Konsum auswirken und den Genuss
einheimischer Produkte steigern.

Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit
Zum einen erhöht sich mit zunehmender Professionalisierung der Arbeitskräfte
auch die wirtschaftliche Leistung der Branche, zum anderen ist davon
auszugehen, dass die ausgebildeten Fachkräfte höchst vermittlungsfähig sind:
praktisch finden damit 15 qualifizierte und zwei hochqualifizierte
Milchtechnologen pro Jahr eine gute Stelle mit einem fairen Einkommen.
Ausserdem benötigt der Arbeitsmarkt bis 2020 um ein- bis zweihundert
qualifizierte Milchproduzenten pro Jahr. Schliesslich ziehen diese Arbeitsplätze
weitere nach sich, die für die Industrie erforderlich sind.

                                       29
04 Staatliche Direktzahlungen und Subventionen für
   Milchproduzenten

Problem
Bislang erhalten die Milchproduzenten in Kosovo im Gegensatz zu anderen
Europäischen Ländern sehr wenig Direktzahlungen und keine Subventionen;
dadurch werden sie benachteiligt. Ein monetärer Anreiz durch den Staat zur
Steigerung der Produktion hochwertiger Rohmilch gibt es keinen. Das hat zur
Folge, dass trotz verhältnismässig hoher Milchpreise das bäuerliche Einkommen
viel zu niedrig ist, um qualitativ hochwertige Milch und in zunehmender Menge
zu produzieren. Die Leidtragenden sind nicht nur die Bauern, sondern auch die
Molkereien: sie zahlen hohe Preise, ohne die Milchmenge und -qualität wie in
Ländern mit subventionierten Bauern zu bekommen.
Die Einführung eines allen Milchbauern zugänglichen Direktzahlungs- und
subventionssystems ist notwendig. Sie würde aber in einer Zeit erfolgen, in der
die Unterstützung der Milchproduktion europaweit an Akzeptanz verliert, die
Milchkontingentierung aufgehoben und der Markt zunehmend auch im
Agrarsektor liberalisiert wird. Die Zahlungen sollten deshalb – um Konflikte in
der WTO und CEFTA zu vermeiden – nur teilweise produktgebunden sein, aber
die Milchproduktion dennoch fördern.

Lösung
Wir fordern die Einführung von fairen Direktzahlungen. Kosovo muss seine
Ernährungssouveränität herstellen. Wie in der Schweiz sollten deshalb an die
Bauern ‚Versorgungssicherheitsbeiträge‘ bezahlt werden; diese beziehen sich
auf die Fläche und Tierbestände, wobei pro Hektar Fläche ein Mindestbestand
von einer und ein Höchstbestand von zwei Milchkühen definiert wird. Pro
Hektar werden 200 €, pro Milchvieheinheit (Milchkuh und Färsen) 100 €
ausbezahlt. Die Beiträge haben vor allem das Ziel, die Rohmilchproduktion zu
steigern, ohne aber die Landschaft zu übernutzen und die Tiergesundheit zu
gefährden. Profitieren sollen dabei alle Bauern, deren Milch von der FVA
kontrolliert wurde und im Mindesten die Qualitätskriterien der 2. Klasse erfüllt.
Dies ist eine wenig bürokratische und zweckmässige Lösung für Kosovo.
Im weiteren fordern wir für die Bauern Subventionen, bis die quantitativen
Ziele der Strategie erreicht sind. Der Anreiz soll die Produktion fördern und die
Milchqualität verbessern: Für Milch der Extra-Klasse fordern wir 0,07 €/ lt., für
Milch der I. Klasse 0,05 €/ lt. und für Milch der II. Klasse 0,03 €/ lt.

                                       30
Nutzen für die Milchproduzenten
Der Nutzen ist eine Erhöhung des Einkommens und eine gewisse finanzielle
Sicherheit bei der Planung von Investitionen in die Milchproduktion.

Nutzen für die Molkereien
Die Molkereien erhalten mehr Milch und in besserer Qualität. Sie werden
dadurch wieder konkurrenzfähig und können den Bauern längerfristige
Verträge anbieten, die ihnen die Rohstoffsicherheit garantieren.

Nutzen für die Konsumenten
Die Bevölkerung kommt mehr und mehr in den Genuss von lokalen,
hochwertigen Milchprodukten.

Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit
Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Direktzahlungen sind in erster Linie
eine weitaus geringere Abhängigkeit des Kosovo von Nahrungsmittelimporten
und damit ein Beitrag zur Erhöhung des Bruttoinlandprodukts. Sie werden
wesentlich dazu beitragen, dass etwa 4‘100 Bauernbetriebe respektive einer
von 70 Haushalten im Kosovo alleine mit der Milchwirtschaft ein faires
Einkommen erwirtschaften könnten.
Die Direktzahlungen und Subventionen würden den Finanzhaushalt von Kosovo
im Jahr 2014 um schätzungsweise 4 Millionen € belasten, im Jahr 2020 um 12
Millionen €. Allerdings würde die höhere inländische Wertschöpfung mit den
höheren Steuereinnahmen (v.a. Mehrwertsteuer) langfristig wettgemacht.

                                      31
05 Staatliche Förderprogramme für die Milchwirtschaft

Problem
Vielen Betrieben fehlen die finanziellen Mittel, um zu investieren; gleichzeitig
sind die Zinsen der örtlichen Banken so ungünstig, dass von einer
Kreditaufnahme oftmals abgesehen wird. Die Aufbauphase ist sowohl bei den
Milchbetrieben als auch bei den Molkereien zumeist noch am Anfang. Deshalb
schrecken ungünstige Kredite umso mehr ab. Während ein Teil der Molkereien
seit 2011 von EU-Fördergeldern profitiert, wird ein Teil der Milchproduzenten
bei Investitionen vom Landwirtschaftsministerium unterstützt. Bei letzterem ist
die Förderung allerdings wenig transparent und nicht fair genug, da die meisten
Bauern diskriminiert werden, nur weil sie kleine Herdengrössen haben,
während Milchqualitätskriterien nicht berücksichtigt werden.

Lösung
Wir fordern eine Landwirtschaftsbank, die als öffentlich-rechtliches
Kreditinstitut der Versorgung der Milchproduzenten und Molkereien mit
günstigen, langfristigen Krediten dient. Eine solche staatliche Bank ist in
öffentlichem Interesse, denn sie fördert die Versorgungssicherheit Kosovos.
Im Weiteren fordern wir mehr Fairness bei der Mittelvergabe und mehr
Transparenz bei der Co-Finanzierung von Investitionen beim Aufbau von
Milchbetrieben. KAMP und KDPA wollen zu Kriterien und Verfahren der
Mittelvergabe konsultiert werden. Ausserdem fordern KAMP und KDPA einen
Notfall-Fonds, der die negativen finanziellen Auswirkungen von Naturgefahren
lindern soll.

                                       32
Nutzen für die Milchproduzenten
Die Mehrheit der Bauern war bislang von staatlichen Fördermitteln
ausgeschlossen, weil sie weniger als zehn Milchkühe besitzt. Das würde sich
ändern und allen Bauern eine gleich faire Chance auf staatliche Mittel
gewähren.
Eine Landwirtschaftsbank versorgt die Kleinbauern mit fairen, günstigen
Krediten.

Nutzen für die Molkereien
Die Landwirtschaftsbank, welche auch die Lebensmittelindustrie mit
einschliesst, versorgt die Molkereien mit günstigen und vor allem langfristigen
Krediten. Die Langfristigkeit ist besonders wichtig.

Nutzen für die Konsumenten
Der Konsument profitiert in erster Linie von der Produktionssteigerung der
Milchindustrie und damit von einem grösseren Angebot an einheimischen
Produkten.

Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit
Ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut muss dafür sorgen, dass es private
Banken nicht unnötig konkurriert. Andere Wirtschaftsbranchen können dem
Staat gegenüber Begehrlichkeiten formulieren. Das Ziel der Bank ist aber von
öffentlichem Interesse, nämlich die Ernährung sicherzustellen. Solange die
Ernährungssouveränität nicht hergestellt ist, hat die Bank eine Berechtigung,
danach aber nicht mehr. Das Institut sollte deshalb eine temporäre Institution
sein. Die Verbände gehen davon aus, dass die Kredite vollständig zurückbezahlt
werden. Das Verlustrisiko ist verschwindend klein. Eine Belastung für das
Haushaltsbudget von Kosovo ist jedoch die notwendige Kapitaleinlage von
schätzungsweise 100 Millionen Euro für die Milchwirtschaft (und weiteren
Mitteln für andere Landwirtschaftszweige). Kosovo sollte mit internationalen
Geldgebern über Beiträge an diese Kapitaleinlage verhandeln.

                                      33
06 Reduzierte Mehrwertsteuer für die Agroindustrie –
   Vorsteuerabzug auf Rohmilch

Problem
Derzeit bezahlen die Molkereien nicht nur den vollen Mehrwertsteuer-Satz von
16 %, sondern können auch die eingekaufte Rohmilch nicht als Vorsteuer
abziehen. Damit werden die Molkereien und indirekt auch die
Milchproduzenten im europäischen Vergleich benachteiligt. In Deutschland gilt
für Milch ein ermässigter Steuersatz von 7 anstatt 19 %, in der Schweiz für
Milchprodukte 2,5 anstatt 8 %. In Grossbritannien, Irland, Zypern und Malta gilt
sogar der Nullsatz für die Lieferung von Milchprodukten, d.h.
Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzugsrecht.

Lösung
KAMP und KDPA fordern eine Befreiung von der Mehrwertsteuer für lokale
Lebensmittelprodukte respektive 0% Mehrwertsteuer für Rohmilch während
einer Zeit von fünf Jahren oder bis die wichtigsten Probleme der Milchindustrie
gelöst sind.
Danach setzen wir uns für einen halbierten Mehrwertsteuer-Satz auf
einheimische Produkte der Milchindustrie ein (8% anstatt derzeit 16%).
Ausserdem fordern wir ein Recht auf Vorsteuerabzug auf Rohmilch. Das heisst,
dass die Molkereien von der Mehrwertsteuer zusätzlich 8 % des Werts der
eingekauften Milch (Vorsteuer) abziehen können.

                                       34
Nutzen für die Milchproduzenten
Für die Milchproduzenten gibt es eine höhere vertragliche Sicherheit für den
Verkauf ihrer Milch. Ein Vorsteuerabzug ist für die Molkereien nur möglich,
wenn transparente Verträge mit den Milchlieferanten bestehen. Ebenso erhöht
eine reduzierte Mehrwertsteuer die Möglichkeit, bessere Verkaufspreise mit
den Molkereien auszuhandeln.

Nutzen für die Molkereien
Für die Molkereien bedeuten die steuerlichen Erleichterungen eine merkliche
finanzielle Entlastung, welche Investitionen in den Betrieb und damit eine
deutliche Gewinn- und Umsatzsteigerung erlaubt.

Nutzen für die Konsumenten
Die Preise für lokale Milchprodukte werden mittelfristig sinken; dadurch
werden die Konsumenten lokale Produkte vermehrt importierten Produkten
vorziehen und damit mehr und mehr von günstigen Milchprodukten aus
Kosovo profitieren.

Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit
Mit einem MWST-Satz von 8% und der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs auf
Milch kann der Fiskus seine Einnahmen von der MWST durch die Molkereien
trotzdem mehr als verdoppeln; gesetzt den Fall, dass die Molkereien ihre
Produktion soweit ausweiten, dass sie die einheimische Nachfrage nach Milch
decken.

                                     35
07 Staatliche Massnahmen gegen subventionierte
   Importmilchprodukte und Anti-Dumping-Massnahmen im
   Rahmen des CEFTA Freihandelsabkommens

Problem
Importierte, oft hoch subventionierte, verbilligte und bisweilen verfälschte
Milchprodukte machen mehr als ein Viertel des gesamten Milchaufkommens in
Kosovo aus; 70 % der Milchprodukte, die über den regulierten Handel verkauft
werden, sind importiert. Für die einheimische Industrie ist deshalb die
Konkurrenzfähigkeit gegenüber ausländischen Produkten höchst relevant. Wird
die Direktvermarktung reguliert und die Verkäufe über den Grünen Markt
gehen zurück, ist zu erwarten, dass Kosovo ohne griffige Handelsmassnahmen
von noch mehr Importmilchprodukten überschwemmt wird. Die Handelspolitik
von Kosovo hat dabei – aufgrund seiner nachteiligen Rolle bei der CEFTA - nur
wenige Möglichkeiten zur Einflussnahme auf oft nicht regelkonforme
Handelspraktiken der Länder, aus denen die Produkte stammen (Subventionen,
Dumping, mangelhafte Deklaration, etc.).

Lösung
Wie in unserem Bericht von 2009 zuhanden der Regierung und Parlaments von
Kosovo bereits dargelegt, ist eine bessere Anwendung des CEFTA-
Freihandelsabkommens notwendig und möglich. Es gibt eine Reihe von
Handelsmassnahmen, die es zu prüfen und gegebenenfalls einzuleiten gilt. Die
Implementierung des Anti-Dumping-Gesetzes von 2010 hat dabei oberste
Priorität. Die beiden Verbände werden sich dabei im Rahmen dieses Gesetzes
in enger Zusammenarbeit mit den relevanten Ministerien für drei
Massnahmenbereiche einsetzen, um auf (subventionierte) Milchimporte zu
reagieren:
1. Erhebung von Einfuhrzöllen         (Schutzzöllen)   auf   subventionierte
   Importmilchprodukte
2. Erhebung von Strafzöllen (Retorsionszölle) als Antidumpingmassnahme
   gegen zu billige Importmilchprodukte
3. Verbot des Imports von falsch und irreführend deklarierten respektive
   verfälschten Milchmischprodukten

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Nutzen für die Milchproduzenten
Die Milchproduzenten können mehr Milch verkaufen und finden in den
Molkereien verlässlichere Vertragspartner vor. Die protektionistischen
Massnahmen fördern die ländliche Entwicklung.

Nutzen für die Molkereien
Schutzzölle auf importierte Produkte erhöhen die Konkurrenzfähigkeit der
einheimischen Molkereien gegenüber jenen im Ausland. Strafzölle verhindern,
dass weiterhin mit unfairem Dumping der einheimische Markt zerstört wird.

Nutzen für die Konsumenten
Für die Konsumenten verteuern sich zwar die importierten Produkte, dafür
profitieren sie von einem wachsenden Angebot an einheimischen Produkten zu
fairen Preisen.

Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Staatsbudget und Gesundheit
Die Wirkung geeigneter Handelsmassnahmen ist kurzfristig die
Importsubstitution jener Milchprodukte, welche ohnehin bereits heute im
Kosovo hergestellt werden (können). Der Staat erhöht so kurz- bis mittelfristig
seine Steuereinnahmen durch Zolleinnahmen, die er – obschon nicht
zweckgebunden – unter anderem für Direktzahlungen und Förderprogramme
benötigt. Mittel- bis langfristig generiert der Staat Mehreinnahmen aus der
einheimischen Industrie.

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08 Schutz von Sharri-Käse

Problem
Sowohl in Kosovo als auch im Ausland werden Produkte als Sharri-Käse
verkauft, die eigentlich nicht als solche bezeichnet werden dürften: weil sich
die Rezeptur nicht an jener des Sharri-Käse orientiert und/oder weil das
Produkt nicht aus der (erweiterten) Sharri-Region sprich aus Kosovo stammt.
Dieser Etikettenschwindel erschwert die Vermarktung eines echten Sharri-
Käses, schadet der Glaubwürdigkeit der Kosovarischen Milchindustrie im In-
und Ausland und behindert deren Entwicklung und internationale
Positionierung. Das darf nicht sein, denn ein echter Sharri-Käse ist das flagship
product der einheimischen Milchwirtschaft und eines der sehr wenigen
Produkte, das unter bestimmten Voraussetzungen das Potential hat, in Länder
mit einer starken Diaspora exportiert zu werden.

Lösung
Die Hersteller von Sharri-Käse in Kosovo erarbeiten zusammen nach dem
Vorbild des AOC-Siegels in Frankreich und der Schweiz (Appellation d’Origine
Contrôlée) eine verpflichtende Herstellungsmethode (Pflichtenheft), nach
welcher der Käse produziert wird, definieren die Herkunft und Qualität der
Milch sowie auch die zu schützenden geographischen Angaben. Ein Komitee
aus Branchenvertretern überwacht die Einhaltung der Regeln und bewilligt den
Verkauf unter dem Namen Sharri-Käse.
Der Käse wird von Kosovo rechtlich durch ein Markengesetz geschützt und soll
dann später auch einen EU-weiten Schutz geniessen; als Produkt mit
geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) sowie als Produkt mit geschützter
geographischer Angabe (g.g.A.) soll der Sharri-Käse in das EU-Qualitätsregister
aufgenommen werden.

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