Generation Golf 23.6.2022 /20 Uhr - Raffaelsaal, Orangerieschloss Sanssouci - Centro Nacional de Difusión Musical

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Generation Golf
       23.6.2022 /20 Uhr
 Raffaelsaal, Orangerieschloss Sanssouci
Generation Golf
     Mit Johann Joachim Quantz
      unterwegs nach Neapel

             23.6.2022 / 20 Uhr
  Raffaelsaal, Orangerieschloss Sanssouci

  Dorothee Oberlinger, Blockflöte & Leitung
        Raffael Ruibérriz, Traversflöte

      ORQUESTA BARROCA DE SEVILLA
        Hiro Kurosaki, Leo Rossi, Violine
              Elvira Martínez, Viola
           Mercedes Ruiz, Violoncello
            Ventura Rico, Kontrabass
      Alejandro Casal, Cembalo & Orgel
   Jesús Fernández Baena, Zupfinstrumente
    Raffael Ruibérriz de Torres, Traversflöte

Eine Koproduktion der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci und
 des CNDM – Centro Nacional de Difusión Musical de España.
 Management & Produktionsleitung: MG Music Management.

             Mit freundlicher Unterstützung von

                                                              1
Programm

                      Domenico Scarlatti (1685-1757)                                    Francesco Durante (1684-1755)
                       Sinfonia in C-Dur für Streicher                             Concerto III in Es-Dur für Streicher & B.c.
                 Presto – Adagio e staccato – Allegrissimo                  Presto – Largo staccato – Allegro – Minuetto/Allegro –
                                                                                            Allegro assai – Finale

                      Alessandro Scarlatti (1660-1725)
    Sinfonia Settima in g-Moll für Blockflöte, Streicher & Basso continuo              Johann Joachim Quantz (1697-1773)
                    (Sinfonie de concerto grosso, 1715)                                Konzert für Flöte in G-Dur QV 5:173
              Moderato – Moderato/Allegro – Grave – Allegro                      Allegro assai – Lento/Andante/Lento – Vivace

                      Francesco Barbella (1692-1733)                                    Francesco Mancini (1672-1737)
           Sonata Terza in C-Dur für Blockflöte, 2 Violinen & B.c.*          Sonata XIX in e-Moll für Blockflöte, 2 Violinen & B.c.*
                   Amoroso – Allegro – Adagio – Allegro                     Allegrissimo – Larghetto – Fuga – Moderato – Allegro

                           Alessandro Scarlatti                                       Domenico Natale Sarri (1679-1744)
               Sonata in A-Dur für 2 Flöten, 2 Violinen & B.c.                 Concerto in a-Moll für Blockflöte, Streicher & B.c.*
                         Grave – Allegro – Minuet                                  Largo – Allegro – Larghetto – Spirituoso

                                                                                             * Überliefert im »Manoscritto di Napoli«,
                                                                            Biblioteca del Conservatorio di Musica S. Pietro a Majella, Neapel, um 1725

                                   Pause

                                                                             Bitte denken Sie daran, dass während des Konzerts Ihre Mobil­telefone
                                                                              und digitalen Uhren abgeschaltet sein müssen und dass Ton- und
                                                                                     Bildaufnahmen selbstverständlich nicht gestattet sind.

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Reisen bildet:
Johann Joachim Quantz’ neapolitanischer Musikfrühling

                                                                                      der Tradition Italienreisender entspre-      menico Scarlattis Sinfonien formal, sti-
                                                                                      chend. In Rom hatte er auch einen Mu-        listisch und inhaltlich bemerkenswert
                                                                                      siker erlebt, dessen Sinfonia (VII) C-Dur    abwechslungsreich und »verschiedene
                                                                                      den heutigen Konzertabend eröffnet:          von ihnen verdienen häufigere Auffüh-
                                                                                      »Mimmo Scarlatti, der Sohn des alten         rung«. Was die heute Abend zu hörende
                                                                                      neapolitanischen Alessandro Scarlatti,       beispielhaft beweist.
                                                                                      ein galanter Clavierspieler nach dama-
                                                                                      liger Zeit, welcher in Portugiesischen       Ebenfalls um 1710/15, da Domenico in
                                                                                      Diensten stand, nach der Zeit aber in        Rom seine Sinfonien schuf, markier-
                                                                                      Spanische getreten ist, wo er noch ste-      te dessen von Quantz genannter Vater
                                                                                      het, befand sich damals [1724] auch in       Alessandro Scarlatti mit einer Samm-
                                                                                      Rom.« So charakterisierte Quantz, »in        lung konzertanter Instrumentalwerke,
                                                                                      Potsdam im August 1754«, in seiner ei-       dass ein weiteres – sein letztes – Le-
Auch heutzutage wird er noch genannt,      Denn erst 1741/42 ließ der sächsisch-      genen Lebensbeschreibung Domenico            bensjahrzehnt anbrach. Er verbrachte
vor allem wenn von seinem bekann-          polnische Herrscher Quantz nach Berlin     Scarlatti. Dieser hatte als Kapellmeister    es in Neapel, wohin er sich aus Rom zu-
testen Schüler die Rede ist: Johann Jo-    beziehungsweise Potsdam ziehen. Bis        einer polnischen Ex-Königin im römi-         rückgezogen hatte. Laut der in London
achim Quantz. Quantz und Kronprinz         dahin hatte Johann Joachim Quantz ein      schen Exil ein Jahrzehnt zuvor gedient.      erhaltenen eigenhändigen Partitur be-
Friedrich (II.) in Preußen waren sich      Vierteljahrhundert in Dresden und War-     Für die gesellschaftlich-repräsentative      gann Alessandro Scarlatti sein Dutzend
erstmals in Dresden begegnet, Anfang       schau gedient.                             Musikpflege an jenem polnischen Exil-        Sinfonie di Concerto grosso am 1. Juni
des Jahres 1728. Damals hatten der »Sol-                                              hof vertonte der jüngere Scarlatti Opern     1715. Möglicherweise deutet die eigen-
datenkönig« und dessen Thronfolger         Seitens des kursächsischen und könig-      und Kantaten. Sie stehen ebenso wie          artige Bezeichnung dieser Serie konzer-
dem Hof im »Florenz an der Elbe« einen     lich-polnischen Hofes war ihm auch         seine Sinfonien im Schatten des gewal-       tanter Stücke darauf hin, dass die be-
Staatsbesuch abgestattet. In diesem        großzügig eine mehrjährige Reise nach      tigen Clavierwerks (555 Sonaten), für        gleitenden Streicherpartien mehrfach
Rahmen musizierte Friedrich auch mit       Italien, Frankreich und nach England       das der Komponist bis heute berühmt          zu besetzen seien. Als Soloinstrumente
Quantz, und überhaupt beeindruckten        gewährt worden. Innerhalb dieser mu-       ist. Die Sinfonien entstanden während        verlangte der ältere Scarlatti Trompete,
den an das »Sparta an der Spree« ge-       sikalischen Fortbildung andernorts hielt   seiner frühen römischen Tätigkeit. Fan-      Oboe, doch vor allem die Flöte(n), wie
wöhnten 16jährigen Kronprinzen Pracht-     Quantz sich ungefähr von Mitte Janu-       farenartig beginnt der erste, kurze Satz.    in der Sinfonia di Concerto grosso Nr.
entfaltung und großzügige Kultur-, vor     ar bis zum 22. März 1725 in Neapel auf.    Ernst und bedächtig schreitet das Ada-       7 g-Moll. Auf ein einleitendes Moderato
allem Musikpflege des Dresdener Hofes      Hier erkundete er die lokale Musik- und    gio e staccato einher. An die italienische   folgt darin ein weiteres Moderato (Alle-
ungemein. Unterstützt von seiner Mut-      Musikerszene sowie den Vulkan Vesuv.       Variante der Bourrée erinnert das tänze-     gro), das fugiert ist. Seine Gesangsqua-
ter, wollte Friedrich den Meisterflötis-   Letzterer, überhaupt Neapel, war für je-   rische Allegrissimo, in dem sich ein Con-    litäten entfaltet das Soloinstrument im
ten, seinen Flötenmeister, alsbald aus     den gen Italien Reisenden obligatorisch    certino aus zwei Soloviolinen und Solo-      Grave. Somit gerät der nach Dur aufge-
Dresden abwerben. Jedoch musste er         – ebenso Rom, die »Ewige Stadt«. Von       violoncello vom Streichertutti abhebt.       hellte vorletzte Satz zur veritablen instru-
sich nach dem eigenen Regierungsan-        Rom aus war Quantz schließlich Rich-       Wie der britische Musikwissenschaftler       mentalen Opernarie. Energisch, ange-
tritt noch ein bis zwei Jahre gedulden.    tung Stiefelspitze aufgebrochen, ganz      Malcolm Boyd 1986 schrieb, seien Do-         spannt und kontrapunktisch, bildet das

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abschließende Allegro einen starken             ein Who is Who der zeitgenössischen          eine angeblich aus Neapel stammende
Gegensatz zum anmutigen Grave. Vor              dortigen Komponistenszene. Die in dem        Abschrift überliefert. Allerdings wird
allem als Komponisten geistlicher Wer-          Manuskript vertretenen Musiker ver-          dessen Entstehungszeitraum mittler-
ke, dann auch von Opern und Kantaten,           dingten sich vorwiegend als Lehrmeis-        weile großzügiger innerhalb von an-
hatte Johann Joachim Quantz Alessan-            ter an den Konservatorien der Stadt.         derthalb Jahrzehnten ca. 1708-1724 ver-
dro Scarlatti gewürdigt. In seiner Auto-        Auch Francesco Barbella unterrichte-         mutet. Zudem schrieb Quantz von »ein
biographie berichtet er: »Scarlatti ließ        te als Violinlehrer am Conservatorio di      Paar Flöten-Solos«, welche Scarlatti ihm
sich vor mir auf dem Clavicymbal hören:         Santa Maria di Loreto. Seine Sonata Nr.      komponiert hätte. Und damit zielte er
welcher auf eine gelehrte Art zu spielen        3 C-Dur beginnt mit einem zärtlichen         auf Solosonaten mit Bassbegleitung ab.
wußte; ob er gleich nicht so viel Fer-          Amoroso, das an eine einherschreiten-        Unabhängig davon ist die Sonata A-Dur
tigkeit der Ausführung besaß, als sein          de Sarabanda erinnert. Die Flöte führt       ein reizvolles Musikstück, das eher mo-
Sohn. Hierauf accompagnirte er mir              das kontrapunktische Allegro an. Als         derate Ansprüche an das Können flöten-
ein Solo. Ich hatte das Glück[,] seine          dunkler Gegensatz zu den übrigen Sät-        der Interpreten stellt. Deren paarweise
Gunst zu gewinnen, so gar, daß er ein           zen ist das klagende Adagio gestaltet.       geführte Stimmen stehen im eröffnen-
Paar Flöten=Solos für mich componirte.          Tänzerisch-elegant, formal einem Menu-       den Grave den Violinen gegenüber. Sie
Er machte mich in verschiedenen vor-            ett verpflichtet, beschließt das Allegro     verleihen dem Satz einen elegant-sang-
nehmen Häusern bekannt: und endlich             unvermittelt Barbellas abwechslungsrei-      lichen Tonfall. Zuweilen scheinen sie im
wollte er mich gar, mit einem ansehnli-         che Flötensonate.                            reizvoll imitatorisch gestalteten Alle-
chen Gehalte, in Portugiesische Dienste                                                      gro Echowirkungen zu erzeugen, indem
bringen: welches letztere ich aber aus-         Als Alessandro Scarlatti eines schönen       sie sich Motive Bällen gleich zuspielen.
zuschlagen[,] für gut fand.«                    Tages während des Frühjahres 1725 von        Während die Violinen Ritornellabschnit-
                                                einem seiner Schüler erfuhr, dass ein auf    te darbieten, treten die beiden Flöten
Vielleicht zählen just in Scarlattis To-        Blasinstrumente spezialisierter Musiker,     vorwiegend als Konzertsolisten auf. Das
desjahr 1725 zusammengestellte Flö-             nämlich Quantz, ihn besuchen wollte,         klar zweiteilige Minuet ist wiederum ge-
tenstücke zu solchen, welche unter              lehnte er ungnädig ab. Wie Quantz zu         schmackvoll sanglich gestaltet. Dessen
dem Eindruck von Quantzens Talenten             Ohren gekommen war, begründete               ersten Teil bestreiten die Violinen, zum
entstanden sind. Diese handschriftliche         Scarlatti dies dem Schüler gegenüber         anmutigen zweiten setzen die Holzblä-
Sammlung wird nach wie vor in Neapel            folgendermaßen: »Mein Sohn (so pfle-         ser wieder paarweise ein.
aufbewahrt. Unter dem Titel Concerti di         gete ihn Scarlatti zu nennen), ihr wisset,
flauto, violini, violetta, e basso di diversi   dass ich die blasenden Instrumentisten       Johann Joachim Quantz kritisierte spä-
autori (Konzerte für Flöte, [mit] Violinen,     nicht leiden kann: denn sie blasen alle      ter, wie seine italienischen Zeitgenossen
Violetta und Bass von unterschiedlichen         falsch.« Ist es umso bemerkenswerter,        ihre Instrumentalmusik zunehmend har-
Verfassern) vereint sie ein eindrucksvol-       dass er seine Meinung doch noch än-          monisch und melodisch bizarr einrich-
les, reichhaltiges Repertoire spätbaro-         derte? Im Zuge von Quantzens Besuch          teten. Vielleicht gehörte Francesco Du-
cker neapolitanischer Flötenkonzerte            bei Scarlatti könnte auch ein weiteres       rante zu denjenigen, auf welche Quantz
und -sonaten. Zugleich versammelt sie           Instrumentalstück entstanden sein, das       anspielte? Durantes sieben Concerti per

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quartetto scheinen indessen andere          Joachim Quantz war dessen Concerto à         Augenscheinlich auch als Kirchenkom-
    Musiker und Musikliebhaber seinerzeit       5 G-Dur QV 5:173 seinerzeit als »Nro: 84.«   ponist war Francesco Mancini in Neapel
    begeistert zu haben, worauf in verschie-    »pour Charlottenbourg« bestimmt. Das         dem deutschen Flötenmeister gleich
    denen europäischen Bibliotheken über-       bedeutet, es war speziell für eines der      nach Alessandro Scarlatti aufgefallen.
    lieferte Abschriften hindeuten. Und eine    exklusiven königlichen Abendkonzerte         Mancini konkurrierte wohl am Hof des
    Messvertonung von ihm schrieb sich          gedacht, wenn der Monarch sich in der        Vizekönigs von Neapel mit Scarlatti um
    Johann Sebastian Bach (1685-1750) ab,       Nebenresidenz Charlottenburg aufhielt.       den angesehenen und wohldotierten
    um sie in Leipzig aufzuführen. Durante      »Die prächtigen Ritornelle des Vivaldi,      Kapellmeisterposten. Doch gelangte er
    war vor allem als Lehrer an verschie-       haben mir, in den künftigen Zeiten, zu       dazu erst nach Scarlattis Tod. Einstwei-
    denen neapolitanischen Konservatori-        einem guten Muster gedienet«, schrieb        len fungierte er, von diesem angeleitet,
    en tätig. Zeitweilig soll er auch in Rom    Quantz in seiner Autobiographie, als er      als erster Organist in der vizekönigli-
    und sogar in Dresden gewesen sein.          sich daran erinnerte, wie er als 17Jähri-    chen Kapelle. Und er leitete das vorer-
    Als Kapellmeister eines Erzbischofs von     ger in Sachsen erstmals mit Violinkon-       wähnte Conservatorio di Santa Maria di
    Ungarn diente er 1739/40-1742 in Press-     zerten von Antonio Vivaldi (1678-1741) in    Loreto, an welchem Francesco Barbellas
    burg (heute: Bratislava). Aus jener Zeit    Berührung gekommen war. Sein eigenes         Sohn Emanuele Zöglinge im Violinspiel
    datiert auch die genannte Serie von         »prächtiges« Ritornell kündigt Quantz        unterrichtete. Bereits Zeitgenossen fiel
    Concerti. Mit einem spritzigen Presto       mit drei Schlägen an, die der Solist, zur    Mancini als melodischer und kontra-
    beginnt das Concerto per quartetto Nr.      Fanfare ausgestaltet, aufgreift. Schließ-    punktischer Könner auf. Stilistisch ver-
    3 Es-Dur. Im zweiten Satz kontrastiert      lich beherrscht das fanfarenartige An-       bindet er die ältere Generation seines
    ein herbes Seufzermotiv im Largo stac-      fangsmotiv die virtuose Solopartie das       Mitbewerbers A. Scarlatti mit jüngeren
    cato dramatisch mit dem »lieblichen«        gesamte Allegro assai lang. In der To-       Vertretern der sogenannten »neapoli-
    Canone amabile, bis die Seufzer auf         nikavariante g-Moll setzt der Mittelsatz     tanischen Schule« wie Leonardo Vinci
    dem Höhepunkt tieftraurig in Moll er-       ein. Formal entspricht das umrahmende        (ca. 1690/96?-1730), Leonardo Leo
    klingen. Formal verbirgt sich hinter dem    Lento einem von Streichern begleiteten       (1694–1744) sowie Giovanni Battista
    anschließenden Allegro ein rasches Me-      Rezitativ, also Sprechgesang in Oper,        Pergolesi (1710-1736). Vinci und Leo er-
    nuett mit apartem Trio. Sanfter als sein    Oratorium und anderen vokalen Gattun-        wähnte auch Quantz. Wie bei diesen
    Vorgänger gibt sich das tatsächlich so      gen. Im Zentrum steht ein klagendes          und den anderen Komponisten, deren
    überschriebene Minuetto in lichtem Dur.     Arioso. Indem dieser mittlere Andante-       Stücke heute Abend zu hören sind,
    Gezügelter, greift das kontrapunktische     Abschnitt von g- nach c-Moll moduliert,      überwiegt im jeweiligen Werkbestand
    Allegro assai die spritzige Qualität des    verstärkt der Komponist den klagenden        die Vokalmusik (zumeist: Opern und
    Eröffnungssatzes auf. Ausgelassen, ja:      Charakter, galt die Tonart c-Moll doch       Kantaten) bei weitem, wohingegen In-
    übermütig ist das Finale.                   noch während des 18. Jahrhunderts als        strumentalmusik eher geringfügig ver-
                                                hervorragend Trauer ausdrückend. Und         treten ist. Insgesamt sind von Francesco
    Laut einem zeitgenössischen Katalog der     als wären Trauer und Klage nie aufge-        Mancini zehn Sonaten à 4 für Flöte und
    für König Friedrich II. »den Großen« ent-   kommen, tänzelt und tändelt das Vivace       Begleitung überliefert. Gleichfalls der
    standenen Flötenkonzerte von Johann         unbekümmert als Kehraus einher.              mit 1725 datierten handschriftlichen

8                                                                                                                                   9
Dorothee Oberlinger
                                                                                                                                 Blockflöte & Leitung

Sammlung Concerti di flauto […] di di-      di flauto […] di diversi autori (1725) zu                                                         tori, Zefiro oder Concerto Köln. Nach
versi autori entstammt die Sonata (Con-     finden. Sogleich nimmt die Solistin die                                                           ihren Studienjahren in Köln, Amsterdam
certo) Nr. 19 e-Moll. Im munteren Alle-     ganze Szenerie im Largo ein; ein Satz,                                                            und Mailand gab sie ihr internationales
grissimo antworten Violinen und Basso       der eine Klagearie in einer Oper sein                                                             Debut 1997 mit dem 1. Preis im interna-
continuo auf Einwürfe der Blockflöte.       könnte, eine enttäuschte Liebe illustrie-                                                         tionalen Wettbewerb SRP/Moeck U.K.
Eher introvertiert-melancholisch gibt       rend. Zuerst ergreift im folgenden Alle-                                                          in London in der Wigmore Hall.
sich das Larghetto. Die Solopartie ist in   gro die erste Violine das Wort, bis die                                                           Es folgten seitdem zahlreiche Einladun-
der strengen Fuga in ein kontrapunkti-      Flöte melodisch eingängig übernimmt.                                                              gen an bedeutende Festivals und Kon-
sches Gewebe eingebettet, da sich die       Es scheint sich eine Ensembleszene auf                                                            zerthäuser wie das Teatro Colón Buenos
Flöte mal mit der ersten Violine, mal mit   einer Opernbühne abzuzeichnen, in der                                                             Aires, Grand Théâtre de Genève, Laeisz-
dem Basso continuo thematisches Ma-         die Protagonisten vorzugsweise anei-                                                              halle Hamburg, KKL Luzern, Tonhalle Zü-
terial teilt. An zeitgenössischen voka-     nander vorbeireden. Im Larghetto se-                                                              rich, Auditorio Nacional Madrid, Théâtre
len Arien ist das Moderato mit seinem       kundieren die Streicher der Solistin bei                                                          des Champs-Élysées Paris und DeSingel
sanften, hellen Tonfall orientiert. Sein    einer erneuten Klage. Tänzerisch klingt                                                           Antwerpen.
Flötenkonzert lässt Mancini tänzerisch-     auch dieses Stück aus.                               Blockflötistin, Ensembleleiterin, Dirigen-   Seit 2004 lehrt sie als Professorin an der
beschwingt ausklingen.                                                                           tin, Festivalintendantin und Hochschul-      Universität Mozarteum Salzburg, wo sie
                                            Rashid-S. Pegah                                      professorin – Dorothee Oberlinger ge-        von 2008 bis 2018 das Institut für Alte
Dass Domenico Natale Sarri sich stilis-                                                          hört heute zweifellos zu den einfluss-       Musik leitete und zu einer anerkannten
tisch an der jüngeren Generation orien-                                                          reichen Persönlichkeiten im Bereich der      Institution für das Studium der histori-
tierte, attestierte ihm Johann Joachim                                                           Alten Musik. Preisgekrönt mit den wich-      schen Aufführungspraxis entwickelte.
Quantz wiederum in seiner Autobiogra-                                                            tigsten nationalen und internationalen       Neben ihrer intensiven Beschäftigung
phie, da er berichtet, wie er in Neapel                                                          Musikpreisen wie dem ECHO Klassik,           mit der Musik des 17. und 18. Jahrhun-
eintraf: »[…] wo ich gleich eine Oper zu                                                         dem Diapason d’Or, dem ICMA Award,           derts widmet sich Dorothee Oberlinger
hören bekam, welche Sarri, fast im Ge-                                                           dem OPUS Klassik (2020, Instrumenta-         immer wieder auch der zeitgenössi-
schmacke des Vinci in Musik gebracht                                                             listin des Jahres) und dem Telemann-         schen Musik, derzeit als Stellvertretende
hatte.« Eben als Opernkomponist hat-                                                             preis der Stadt Magdeburg, den sie 2020      Leiterin des Institus für Neue Musik der
te Sarri sich einen Namen in Neapel                                                              als erste Frau erhielt.                      Universität Mozarteum Salzburg. Sie ist
gemacht. Dabei entwickelte er maß-                                                               Als Solistin arbeitet sie seit 2002 mit      Intendantin der Barock-Festspiele Bad
geblich einen mehr melodiebentonten,                                                             ihrem Ensemble 1700 sowie mit renom-         Arolsen und seit 2018 der Musikfestspiele
weniger     kontrapunktisch-harmonisch                                                           mierten Barockensembles und Orches-          Potsdam Sanssouci. Seit 2016 realisiert
ausgerichteten Stil, in dem mittlere                                                             tern wie den Sonatori de la Gioiosa          Dorothee Oberlinger als Dirigentin mit
und tiefe Stimmen lediglich begleitend      Neapel in Sanssouci: Die Abbildungen zeigen Im-      Marca, Musica Antiqua Köln, Arte del         ihrem Ensemble 1700 regelmäßig viel-
stützen. Dies zeigt auch Sarris Concer-     pressionen aus den Pflanzenhallen des Orange-        Mondo, B’Rock, der Akademie für Alte         beachtete Opernprojekte.
                                            rieschlosses, wo heute noch die südlichen Gewächse
to a-Moll, wiederum unter den mehr-         überwintern, bevor sie an ihren Sommersitz im Park   Musik Berlin, der Academy of Ancient
erwähnten neapolitanischen Concerti         umgesiedelt werden.                                  Music, Al Ayre Espagnol, L’Arte dei Suona-

10                                                                                                                                                                                    11
Rafael Ruibérriz de Torres
                                         Traversflöte

                                                 Sir Mark Elder, Christophe Coin, Robert
                                                 Levin, Enrico Onofri, Sir Roger Norring-
                                                 ton, Hervé Niquet, Alan Curtis u.v.a. Als
                                                 Erster Flötist spielte er in The Wallfish
                                                 Band und wird häufig vom Orquesta
                                                 Barroca de Sevilla eingeladen. Daneben
                                                 widmet er sich mit verschiedenen Part-
                                                 nern der Kammermusik des 18.–20. Jahr-
                                                 hunderts.
                                                 Er hat mit dem Cuarteto Goya eine
                                                 Gesamtaufnahme der Flötenquintette
                                                 Boccherinis eingespielt (für Brilliant
                                                 Classics) und mit dem Ensemble La
                                                 Spagna eine unbekannte Version von
     Geboren 1983 in Sevilla, sammelte Rafa-     Francisco Asnejo Barbieris Las Siete
     el Ruibérriz de Torres erste musikalische   Palabras de Haydn.
     Erfahrungen als »niño seise« (Chorkna-
     be und Tanz) an der Kathedrale seiner
     Heimatstadt. Bereits während seines
     Studiums der modernen Querflöte am
     Conservatorio Superior de Sevilla be-
     gann er bei Guillermo Peñalver die ba-
     rocke Traversflöte zu studieren. Später
     spezialisierte er sich auf historische
     Flöten am Königlichen Konservatorium
     Den Haag bei Wilbert Hazelzet, den er
     als seinen maestro betrachtet, und am
     Royal College of Music London bei Lisa
     Beznosiuk.
     Er arbeitete zusammen mit Dirigenten
     wie Michael Thomas, Daniel Barenboim,
     Jos van Immerseel, Martin Gester, Jean-
     Claude Malgoire, Gustav Leonhardt,
     Mark Minkowski, Christophe Rousset,
     Louis Langrée, Philippe Herreweghe,

12                                                                                      13
ORQUESTA BARROCA DE SEVILLA

                                                                                        nungen der internationalen Fachkritik       Christophe Coin sowie Trauermusik.
                                                                                        (u.a. »Editor’s Choice« vom Gramopho-       Haydn in Sevilla, gewidmet der Wieder-
                                                                                        ne Magazine, »5 stars« vom Goldberg         entdeckung des andalusischen Musik-
                                                                                        Magazine und »Melómano GOLD« vom            erbes, unter Leitung von Enrico Onofri.
                                                                                        Melómano Magazine, nebst weiteren           2011 wurde das OBS mit dem Nationalen
                                                                                        Empfehlungen).                              Musikpreis des Spanischen Ministeriums
                                                                                        Unter seinen neueren Aufnahmen seien        für Kultur geehrt. 2010 erhielt es den
                                                                                        hervorgehoben: La música en la cate-        Manuel-de-Falla-Preis der Regionalregie-
                                                                                        dral de Sevilla unter Enrico Onofri und     rung Andalusiens, 2011 den FestClásica
                                                                                        Adonde infiel dragón mit Vanni Moret-       Award und eine Lobende Erwähnung des
                                                                                        to. In den letzten Jahren realisierte das   Stadtrats von Sevilla. Das OBS wird ge-
                                                                                        OBS für das Label Passacaille eine CD/      fördert und unterstützt vom Spanischen
                                                                                        DVD mit der ersten Gesamtaufnahme           Ministerium für Kultur, dem Stadtrat von
                                                                                        der Cello-Konzerte von C.P.E. Bach mit      Sevilla und der Universität von Sevilla.
Das Orquesta Barroca de Sevilla – hier     Mercero, Maxim Emelyanychev, Hiro
in voller Besetzung, am heutigen Kon-      Kurosaki, Dmitry Sinkovsky, Riccardo
zertabend im Kammerformat – zählt          Minasi und Ivor Bolton. Neben seiner in-
unbestritten zu den spanischen Spitzen-    tensiven Konzerttätigkeit in Sevilla – mit
ensembles auf dem Gebiet der Alten         einer eigenen Konzertsaison – und An-
Musik in historisch informierter Auffüh-   dalusien gastiert das Orchester an be-
rungspraxis. Es wurde 1995 von Barry       deutenden spanischen (Auditorio Naci-
Sargent und Ventura Rico gegründet;        onal, Teatro Real, Teatro Arriaga, Teatro
die künstlerische Leitung hat seit 2001    de la Maestranza u.a.) und europäischen
Pedro Gandía Martín inne.                  Konzertstätten (Thüringer Bachwochen
International renommierte Vertreter ihre   und Brühler Haydn Festival in Deutsch-
Fachs, darunter Musiker von legendä-       land; Festival Musiques des Lumières
rem Rang, leiteten die Aufführungen des    Sorèze, Salle Gaveau Paris, Festival Ba-
Ensembles: darunter Gustav Leonhardt,      roque de Pontoise in Frankreich; außer-
Christophe Coin, Sigiswald Kuijken, Jor-   dem in Italien, der Schweiz und weite-
di Savall, Christophe Rousset, Rinaldo     ren Ländern).
Alessandrini, Monica Huggett, Harry        Nach Aufnahmen für Labels wie Har-
Christophers, Andreas Spering, Alfredo     monia Mundi, Lindoro und Almaviva
Bernardini, Diego Fasolis, Juanjo Mena,    veröffentlicht das OBS nunmehr unter
Eduardo López Banzo, Pablo Valetti,        seinem eigenen Label OBS-Prometeo
Fabio Bonizzoni, Enrico Onofri, Andoni     und erspielte sich zahlreiche Auszeich-

14                                                                                                                                                                        15
Programm                                      Auszug aus den Geschäftsbedingungen (AGB)
                                              Hinweise zum Kartenverkauf
Dorothee Oberlinger                           (Den vollständigen Wortlaut finden Sie unter www.musik-
                                              festspiele-potsdam.de oder in der Ticket-Galerie des Niko-
Carsten Hinrichs (Dramaturgie)                laisaal Potsdam.)
Andrea Palent (Fahrradkonzert)
Auli Eberle (Hörvermittlung)                  Karten niedriger Preiskategorie in Kirchen und ggf.
Bärbel Stranka, Silke Hollender (Führungen)   anderen Konzerträumen sind z.T. Plätze mit Sichtein-
                                              schränkungen.

                                              Nach Beginn einer Veranstaltung besteht kein An-
                                              spruch auf Nacheinlass, die Plätze können ggf. in der
Impressum                                     Pause eingenommen werden. Bei Veränderungen der
Musikfestspiele Sanssouci und                 Raumbestuhlung oder Umplatzierungen bitten wir um
Nikolaisaal Potsdam gGmbH                     Ihr Verständnis.

                                              Fotografieren, Bild- und Tonaufnahmen sind während
Geschäftsführerin
                                              der Veranstaltungen nicht gestattet. Zuwiderhandlun-
Heike Bohmann
                                              gen lösen Schadenersatzforderungen aus und können
                                              zum Ausschluss von weiteren Veranstaltungen führen.
Intendantin
                                              Bei Rundfunk- und/oder Fernsehaufzeichnungen kann
Dorothee Oberlinger
                                              es zu Sichtbehinderungen kommen. Mit dem Kauf der
Dramaturgie / Künstlerische Koordination      Karte erklärt sich der Besucher damit sowie mit der
Carsten Hinrichs                              Abbildung seiner Person einverstanden.

                                              Zum Schutz der historischen Fußböden ist das Tragen
Hörvermittlung
                                              von Schuhen mit spitzen Absätzen in den Schlössern
Auli Eberle
                                              nicht gestattet.
Organisationsleitung /
                                              Im Areal der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten
Künstlerisches Betriebsbüro
                                              Berlin-Brandenburg stehen nur begrenzt Parkplätze
Anke Derfert
                                              zur Verfügung (kostenpflichtig). Bitte nutzen Sie die
Sarah Papadopoulou (Assistenz)
                                              öffentlichen Verkehrsmittel. In den historischen Gärten
                                              Park Sanssouci und Neuer Garten ist der Fahrradver-
Projektmanagement
                                              kehr nur auf den dafür freigegebenen Wegstrecken
Axel Grünert
                                              unter Einhaltung der StVO erlaubt.
Marketing / Digitale Medien
Genia Börner-Hoffmann
Johannes Kleemeier                            Programmheft
Technik                                       Redaktion
Roland Pohl (Leitung)                         Babette Hesse
Knut Radowsky, Ralf Knobloch, Marcus Dölle
                                              Design und Gestaltung
Besucherservice                               Maria Pfeiffer / www.maria-pfeiffer.de
Martina Pfeiffer, Ulrike Henning,
Susann Menzfeld, Gudrun Mentler               Umschlaggestaltung
                                              simone kattert / visuelle kommunikation
Finanzbuchhaltung
Annette Rindfleisch                           Bildnachweis
                                              Babette Hesse (S.4-8), privat (S.11), Raúl Pilato (S.13),
Sekretariat                                   Nuria González (S.14)
Kathrin Mroß                                  Trotz sorgfältiger Recherchen konnten nicht alle Rechteinhaber der
                                              verwendeten Fotos einwandfrei ermittelt werden. Falls ein Foto un-
Presse                                        gewollt widerrechtlich verwendet wurde, bitten wir um Nachricht
WildKat PR                                    und honorieren die Nutzung im branchenüblichen Rahmen.

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