GEWERKSCHAFTEN UND SOZIALER DIALOG - Frankreichs Erfahrungen während der Pandemie - Bibliothek ...

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PER SPEK T I V E

                                                Zu Beginn der Pandemie
                                                hatten die Sozialpartner in
                                                Frankreich unausgesprochen
A R BEI T U N D SOZI A L E GERECH T I GK EI T   eine Art sozialen Burgfrieden
                                                geschlossen. Die Gewerk-
                                                schaften bemühten sich über

GEWERKSCHAFTEN
                                                den sozialen Dialog, Einfluss
                                                auf die Politik auszuüben.

UND SOZIALER
DIALOG
                                                Die Regierung zeigte sich
                                                ­offen dafür, die Sozialpartner
                                                regelmäßig anzuhören, doch
                                                waren diese bald mit diesem
                                                Austausch unzufrieden, da
                                                die Regierung letztlich stets
Frankreichs Erfahrungen während der Pandemie    im Alleingang entschied.

Dominique Andolfatto
Juni 2021
                                                Auch wenn es zwischenzeit-
                                                lich zu einer Wiederbelebung
                                                von überbetrieblichen Ver­
                                                handlungen kam, verfielen
                                                die Sozialpartner bald wieder
                                                in ihre traditionellen Ver-
                                                haltensmuster zurück, die
                                                einem Stillstand des sozialen
                                                Dialogs gleichkommen.
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – Gewerkschaften und sozialer D
                                                                                                   ­ ialog

A R BEI T U N D SOZI A L E GERECH T I GK EI T

GEWERKSCHAFTEN
UND SOZIALER
­DIALOG
Frankreichs Erfahrungen während der Pandemie
Zusammenarbeit mit dem Staat oder Antagonismus?

Im Laufe der Corona-Pandemie durchliefen die Gewerk-                 Videokonferenzen. »Wir wurden aufgefordert, zu schildern,
schaften und der soziale Dialog in Frankreich drei verschie-         welche Probleme es vor Ort gab; Informationen, an welche
dene, sich aber teils überschneidende Phasen: zunächst               die Regierung nur schwer herankam«, berichtete ein Ge-
einen scheinbaren Burgfrieden, dann – nach einigen rechtli-          werkschaftsführer. In offiziellem Rahmen wurden im Juli und
chen Veränderungen – einen wirkungsvollen sozialen Dialog,           Oktober 2020 sowie im März 2021 drei »Konferenzen für
insbesondere auf Unternehmensebene, und schließlich die              den sozialen Dialog« veranstaltet, um auf höchster Ebene
Rückkehr zu den traditionellen Haltungen, die in einem ge-           unter anderem Beschäftigungs- und Lohnfragen sowie die
wissen Stillstand des sozialen Dialogs mündete. Die Gewerk-          Krisenbewältigungsstrategie zu erörtern. Derartige Treffen
schaftslandschaft in Frankreich ist komplex. Gleich fünf Ge-         waren in Frankreich längst üblich geworden, die Pandemie
werkschaftsverbände (und drei Arbeitgeberverbände) sind              intensivierte die Gespräche jedoch. Allerdings zeigten sich
landesweit anerkannt. Zur Gestaltung der Politik sind sie re-        die Gewerkschaften – wie auch die Arbeitgeberorganisatio-
gelmäßig Gesprächspartner der Regierung. Obwohl die Ge-              nen – mit diesem Austausch oft unzufrieden, da es sich nur
werkschaften nach wie vor gewissen Einfluss besitzen, sind           um Anhörungen handelte und der Staat letztlich stets im Al-
sie aufgrund ihrer Uneinigkeit oft nicht in der Lage, belast-        leingang entschied.
bare Gegenvorschläge zu den notwendigen Veränderungen
zu machen.                                                           Die Gräben zwischen den einzelnen Gewerkschaften ver-
                                                                     hindern dabei oft, dass bei solchen Treffen gemeinsame
                                                                     Gegenvorschläge vorgebracht werden. Die Gewerkschaf-
ZUSAMMENARBEIT MIT DEM STAAT                                         ten nehmen in diesem Kontext meist eine ablehnende, oft
ODER ANTAGONISMUS?                                                   sehr kritische Rolle ein und verhalten sich eher wie politische
                                                                     Gegner der Regierung. So zum Beispiel Ende März 2020, als
Anfänglich führte der Schock angesichts der Pandemie dazu,           die Regierung – nach den üblichen Konsultationen – das Ar-
dass die Gewerkschaften unausgesprochen eine Art Burg-               beitsrecht einseitig mittels Verordnungen an den von ihr ver-
frieden schlossen – ähnlich dem von Präsident Emmanu-                hängten Gesundheitsnotstand anpasste und Regelungen zu
el Macron zur Ankündigung des ersten Lockdowns am 12.                Arbeitszeit, Urlaub, Entlohnung, Arbeitslosengeld, sozialem
März 2020 verwendeten Aufrufs zu einer »Union sacrée«                Dialog etc. änderte. Finanziert über die Arbeitslosenversiche-
(etwa: geheiligter Bund). Dieser Begriff geht auf den Aus-           rung und zusätzliche staatliche Mittel weitete die Regierung
bruch des Ersten Weltkriegs zurück, als der damalige fran-           mit dem Beginn der Krise auch den Einsatz von Kurzarbeit
zösische Präsident Raymond Poincaré zu einem Bündnis aller           für die Mitarbeiter_innen der vom Lockdown betroffenen
politischen und gewerkschaftlichen Kräfte aufrief. Zu Beginn         Unternehmen aus. Diese erhielten dadurch weiterhin 84 Pro-
der Pandemie schienen die Gewerkschaften von einer sol-              zent ihres Nettogehalts.
chen Strategie überzeugt. In ihren Verlautbarungen, insbe-
sondere einer gemeinsamen Presseerklärung vom 19. März               Im Wesentlichen verhinderten die engen Grenzen, in denen
2020, demonstrierten sie Einigkeit, zeigten sich verantwor-          sich der soziale Dialog in Frankreich bewegt, und die über-
tungsbewusst, bemüht um den sozialen Dialog und äußer-               mäßige Zentralisierung des Staates, dass die sozioökonomi-
ten die Absicht, ihren Einfluss auf die Politik gemeinsam aus-       schen Aspekte der Krise einvernehmlich und mit innovativen
zuüben.                                                              Mitteln bewältigt werden konnten. In einigen symbolträchti-
                                                                     gen Unternehmen (Amazon, Renault usw.) kam es sogar zu
Wie schon 1914 kann in der Anfangsphase der Pandemie                 Differenzen, die vor Gericht beigelegt werden mussten. Eini-
durchaus von einer Art Zusammenarbeit der Gewerkschaf-               ge Gewerkschaften – die zweitgrößte französische Gewerk-
ten mit dem Staat gesprochen werden. Die Regierung or-               schaft CGT und die der extremen Linken nahestehende Ge-
ganisierte vermehrt Treffen mit den Sozialpartnern (Ge-              werkschaft SUD – hätten es am liebsten gesehen, wenn aus
werkschafts- und Arbeitgebervertretern), meist in Form von           Gründen des Gesundheitsschutzes jegliche wirtschaftliche
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FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – Gewerkschaften und sozialer D
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Tätigkeit eingestellt worden wäre, um so – das gilt zumin-         DIE WIEDERAUFNAHME VON
dest für SUD – mit dem Coronavirus und dem Kapitalismus            BRANCHEN- UND BRANCHENÜBER­
»gleich zwei Seuchen« zu bekämpfen. So kam die Pandemie            GREIFENDEN VERHANDLUNGEN
einigen Gewerkschaften durchaus gelegen, um ihren revo-
lutionären Mythos wieder aufleben zu lassen. Diese Haltung         Die Situation des Personals im Gesundheitswesen, insbe-
stieß jedoch auf wenig Anklang in der durch die Pandemie           sondere in den Krankenhäusern, ist seit vielen Jahren höchst
verunsicherten Bevölkerung. Für diese sind die Gewerkschaf-        problematisch und war Ursache für wiederholte Arbeits-
ten ohnehin weitgehend bedeutungslos geworden. Der                 kämpfe. Neben den üblichen Lohnforderungen spiegeln die-
Grad gewerkschaftlicher Organisierung liegt in Frankreich je       se nach mehreren Krankenhausreformen in den 2000er-Jah-
nach Quelle nur noch zwischen sieben und elf Prozent. We-          ren auch eine große Unzufriedenheit der Mitarbeiter_innen
nig ist in der Öffentlichkeit auch über die Mechanismen von        über mangelnde Anerkennung und den rein kostenorientier-
Tarifverhandlungen bekannt.                                        ten Klinikbetrieb wider. Dies erscheint zunächst paradox, da
                                                                   die Ausgaben für Krankenhäuser in Frankreich zu den höchs-
Andere, eher reformorientierte Gewerkschaften – wie die            ten in der OECD und die Gehälter der Klinikärzt_innen zu
größte Gewerkschaft im Privatsektor, die CFDT, und die stär-       den höchsten im öffentlichen Sektor zählen. Die Gehälter
ker im öffentlichen Dienst verankerte FO – maßen der »Si-          der Pflegekräfte sind jedoch sehr niedrig. Um diesem Miss-
cherheit und Gesundheit aller«, wie die FO es ausdrückte,          stand entgegenzuwirken, rief die Regierung im Mai 2020 ein
Priorität zu, ohne dabei auf rechtliche Schritte gegen die         besonderes Beratungsgremium ins Leben, das nach dem Sitz
Fortsetzung wirtschaftlicher Aktivitäten zurückzugreifen.          des Gesundheitsministeriums in der Avenue de Ségur in Pa-
Stattdessen appellierten sie an die Schutzfunktion des Staa-       ris »Ségur de la santé« genannt wurde. Zehn Gewerkschaf-
tes und forderten rasche und gezielte Maßnahmen zum                ten (fünf Gewerkschaften für Staatsbedienstete und fünf
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Diese Gewerkschaften            Ärzt_innengewerkschaften) nahmen von Mai bis Juli 2020
setzten sich für die Aushandlung von Protokollen und Leitfä-       an diesen Beratungen mit Regierungsvertreter_innen teil, die
den für bewährte Praktiken in verschiedenen Branchen (u. a.        unter dem Vorsitz einer ehemaligen Generalsekretärin der
im Bauwesen, der Lebensmittelindustrie, dem Transportwe-           CFDT, stattfanden. Eine mehrheitlich verabschiedete Verein-
sen) bzw. in Unternehmen ein, um »Gesundheit, Sicherheit           barung (unterzeichnet von CFDT, FO und UNSA) sieht nun
und den Weiterbetrieb der Unternehmen in Einklang zu brin-         die schrittweise Erhöhung der Gehälter des Krankenhaus-
gen«, wie es die CFDT ausdrückte. Dennoch kam es zu Span-          personals (das sind immerhin mehr als eine Million Staatsbe-
nungen mit den Regierungsbehörden: Die Gewerkschaften              dienstete), aber auch neue Investitionen in die Gesundheits-
kritisierten die während der Krise unternommenen Eingriffe         infrastruktur, die Bereitstellung zusätzlicher Betten und eine
des Staates in den tarifpolitischen Raum in Form von ein-          Umstrukturierung der Krankenhäuser vor.
seitig durchgesetzten Ausnahmeregelungen im Arbeitsrecht,
die schnellere Entscheidungen bei den Themen Arbeitszeit,          Für den Privatsektor schlossen die Sozialpartner (außer der
Urlaub oder Entlohnung ermöglichen sollten – ein Ausdruck          CGT) am 26. November 2020 eine neue landesweite und
der in Frankreich stark ausgeprägten Spannungen zwischen           branchenübergreifende Vereinbarung »für eine erfolgrei-
gesetzgeberischer und tarifpolitischer Regulierung.                che Umsetzung der Telearbeit« ab, da die Pandemie zu ei-
                                                                   nem starken Anstieg der Telearbeit geführt hat – sie betraf
Die rechtlichen Klagen der mehr protestorientierten Gewerk-        im ­April 2021 fast ein Drittel der Arbeitnehmer_innen. Der
schaften und die anschließenden Gerichtsbeschlüsse führ-           Arbeitgeberverband MEDEF stellte sich einer solchen Verein-
ten tatsächlich zu einer Stärkung der Schutzmaßnahmen              barung zunächst entgegen, da diese zwangsläufig die recht-
für Arbeitnehmer_innen. Bei aller Kritik machte sich die Re-       lichen Auflagen für Unternehmen erhöht. Die Vereinbarung
gierung zudem daran, die starren Vorgaben für betriebliche         wird sicherlich nicht ohne rechtliche Auswirkungen bleiben,
Tarifverhandlungen zu lockern. Dadurch konnten trotz der           auch wenn sie in erster Linie als Sammlung bewährter Prakti-
wirtschaftlichen Schwierigkeiten schließlich zahlreiche Ver-       ken gedacht ist und seine Anwendung einigermaßen flexibel
einbarungen, Protokolle und Leitfäden über die Rahmenbe-           sein soll. Sie definiert Telearbeit als »jede Beschäftigung, die
dingungen für die Aufrechterhaltung der Wirtschaftstätig-          freiwillig und regelmäßig, gelegentlich oder aufgrund von
keit, die Telearbeit oder den Arbeitsplatzerhalt beschlossen       außergewöhnlichen Umständen oder höherer Gewalt mithil-
werden. Dazu gehörten auch neue Op-out-Regelungen zur              fe von Informations- und Kommunikationstechnologien (…)
Arbeitsplatzsicherung in Form von sogenannten »leistungs-          außerhalb der Räumlichkeiten des Unternehmens ausge-
orientierten Tarifverträgen« – ein neues Rechtsinstrument,         führt wird, obwohl sie vor Ort ausgeführt werden könnte.«
das im Rahmen der 2017 beschlossenen Arbeitsrechtsreform           Die Anwendung von Telearbeit muss entweder Ergebnis ei-
geschaffen worden war und auf Unternehmensebene eine               ner Verhandlung innerhalb des Unternehmens sein, oder auf
Anpassung der Arbeitszeiten und Löhne erlaubt. Der größte          Basis einer vom Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin (nach
Arbeitgeberverband MEDEF hat seit Anfang der Krise etwa            Anhörung des betrieblichen Sozial- und Wirtschaftsaus-
600 Opt-out-Regelungen und 10.000 Verträge zur Regelung            schusses, CSE) vorgeschlagenen Charta erfolgen oder ein-
der Kurzarbeit erfasst. Vor diesem Hintergrund begannen            fach auf »beiderseitigem Einvernehmen« zwischen Arbeit-
mühsame Verhandlungen auf auf Branchen- und branchen-              geber_in und dem bzw. der betroffenen Arbeitnehmer_in
übergreifender Ebene.                                              beruhen. Die ausgehandelte Vereinbarung oder Charta legt
                                                                   dann Schulungsmaßnahmen sowie die Übernahme der mit
                                                                   der Telearbeit verbundenen Kosten fest. Während Telearbeit

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Die Gewerkschaften beziehen ihre gewohnten Positionen

normalerweise für beide Parteien freiwillig ist, kann sie unter       Transportarbeiter_innen usw.) ausgeweitet. Sie kann auf
außergewöhnlichen Umständen (z. B. bei einer Pandemie)                2.000 Euro erhöht und von der Steuer befreit werden, wenn
auch angeordnet werden. Der Einsatz von Telearbeit darf je-           von den Gewerkschaften eine Branchen- oder Betriebsver-
doch nicht zulasten der Mitarbeiter_innen gehen.                      einbarung zur Gewinnbeteiligung ausgehandelt wird. Die
                                                                      Auszahlung dieses Bonus soll die Anerkennung für das En-
Am 10. Dezember 2020 verabschiedeten die Sozialpartner                gagement der Beschäftigten in der Pandemie zum Ausdruck
(auf Gewerkschaftsseite auch hier ohne die CGT) eine weite-           bringen und gleichzeitig auf die bereits im Frühjahr 2020 von
re landesweite branchenübergreifende Vereinbarung »über               mehreren Gewerkschaften, insbesondere der CGT und der
den Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz und die Arbeits-            FO, formulierten Forderungen nach einer Lohnerhöhung re-
bedingungen«. Die Verhandlungen darüber hatten sich be-               agieren bzw. diese entschärfen.
reits über zwei Jahre hingezogen, die Pandemie beschleu-
nigte dann ihren Abschluss. Wie viele aktuelle Texte ist die          Parallel zu diesen Entwicklungen haben das Arbeitsministe-
Vereinbarung allerdings lang und wortreich und bietet kaum            rium und die Sozialpartner die Branchen sowie die zugehöri-
Neuerungen. Sie enthält Themen, die bereits auf Unterneh-             gen Tarifverträge neu geordnet. Historisch und auch rechtlich
mens- und Branchenebene verhandelt worden sind und die                waren diese stark fragmentiert; im Jahr 2009 etwa gab es
nun herausgestellt und besser vermittelt werden sollen. So            371 Branchen. Durch die seit 2015 andauernden Verhand-
sollen Risikoprävention sowie Sicherheit und Gesundheits-             lungen zur Vereinheitlichung und Vereinfachung ist es gelun-
schutz am Arbeitsplatz künftig in einen umfassenden Ansatz            gen, diese Zahl mit Stand 2020 auf unter 200 zu senken. Die
gegossen werden, der die »Lebensqualität am Arbeitsplatz«             Aufteilung bleibt aber komplex, zumal die Struktur der Bran-
und letztlich die »Leistungsfähigkeit des Unternehmens«               chenorganisationen der Gewerkschaften nicht mit der aktu-
fördern soll. Konkret sieht die Vereinbarung die Möglichkeit          ellen Branchengliederung übereinstimmt. Dies wirft struktu-
vor, im Falle einer Pandemie ein Ferngutachten einzuholen             relle Schwierigkeiten für Tarifverhandlungen auf.
bzw. jegliche Form von Fernuntersuchungen einzusetzen.
Zudem wird das Risikomerkmal der »beruflichen Ausgren-
zung« neu eingeführt, also die Gefahr der Arbeitsunfähig-             DIE GEWERKSCHAFTEN BEZIEHEN IHRE
keit und damit des Arbeitsplatzverlustes, die es im Interesse         GEWOHNTEN POSITIONEN
der Arbeitnehmer_innen zu verhindern gilt. Die CGT lehnte
auch diese Vereinbarung ab, in der sie im Gegensatz zu den            Da sie die Entscheidungen der Politik nicht beeinflussen
anderen Gewerkschaften eine »Beeinträchtigung der Rechte              konnten, auch nicht in arbeitsrechtlichen Fragen, hatten die
und Handlungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer_innen be-                 Gewerkschaften seit Beginn der Krise vornehmlich sehr all-
züglich ihrer Arbeitsbedingungen« sieht.                              gemeine Forderungen gestellt – Vorrang für die Gesundheit,
                                                                      notwendige Reformen im Krankenhauswesen oder die Aus-
2020 wurden aufgrund der Pandemie in rund zwanzig                     setzung von Dividendenzahlungen –, um den wirtschaftli-
Branchen auch Vereinbarungen über die »reduzierte Tä-                 chen Wiederaufschwung zu unterstützen. Sie hatten zwar
tigkeit zum Erhalt von Arbeitsplätzen« bzw. »langfristige             viele gute Absichten, doch waren diese in der Praxis für den
Kurzarbeit« ausgehandelt. Mit ihrer Vereinbarung vom 30.              sozialen Dialog vor Ort kaum praktikabel.
Juli 2020 bahnte, wie so oft, die Metallbranche den Weg.
Schon zu Beginn der Krise waren hier konkrete Maßnah-                 Die Gewerkschaften sind nicht nur zerstritten, sondern auf-
men zum Erhalt von Arbeitsplätzen ergriffen worden, da                grund ihrer nur sehr niedrigen Mitgliederzahlen auch von
der »schwere wirtschaftliche Schock« ein Fünftel der Ar-              staatlichen Subventionen abhängig geworden. Mit dem Ge-
beitsplätze in diesem Sektor zu vernichten drohte, wie es             setz zur sozialen Demokratie wurde 2015 sogar die Finanzie-
in der Vereinbarung heißt. Diese Maßnahmen bestehen                   rung von Gewerkschaften – aber auch von Arbeitgeberver-
hauptsächlich aus einer deutlichen Reduzierung der Ar-                bänden – durch eine Steuer auf alle Gehälter im Privatsektor
beitszeit (bis zu 50 Prozent) und aus Schulungen, um eine             eingeführt. So sind die Beziehungen zwischen Gewerkschaf-
Wiederaufnahme des Vollbetriebs zu erleichtern. Sie wer-              ten, Arbeitgebern und Staat in Frankreich heute stark von
den durch staatliche Fördermittel finanziert. Jedes Unter-            einer Art Neokorporatismus (oder »Kartellisierung«) geprägt
nehmen muss die Umsetzung der Vereinbarung in einem                   und entsprechen so gar nicht dem immer noch vorherr-
Dokument festhalten, das dem Sozial- und Wirtschaftsaus-              schenden Bild einer sozialen Bewegung.
schuss (CSE) zur Information und Stellungnahme vorge-
legt wird. Drei repräsentative Gewerkschaften der Branche             Aufgrund der Asymmetrie der Beziehungen zwischen Ge-
(CFDT, FO, CGC) stimmten der Vereinbarung zu. Die CGT                 werkschaften und Staat werden diese wohl stets schwierig
lehnte sie mit der Begründung ab, es sei nicht garantiert,            bleiben. Im Fall von Konflikten – an denen es nicht mangelt –
dass alle Arbeitsplätze erhalten blieben.                             nutzen die Gewerkschaften immer häufiger den Rechtsweg
                                                                      statt Verhandlungen oder Streiks. So auch zu Beginn der
Schließlich beschloss die Regierung im April 2020, den Be-            Pandemie, als sie bestimmte Unternehmensentscheidungen
schäftigten, die während der Krise an »vorderster Front« ste-         gerichtlich anfochten. Auch gegen die letzte Reform der Ar-
hen – vor allem das Krankenhauspersonal –, einen Bonus                beitslosenversicherung, die wie vorherige Reformen Arbeits-
von 1.000 Euro zu gewähren. Die Auszahlung dieser Zula-               lose zur schnellen Rückkehr in ein Beschäftigungsverhältnis
ge wurde im März 2021 auf Mitarbeiter_innen der »zwei-                motivieren soll, wählten die Gewerkschaften den Rechts-
ten Reihe« (Supermarktkassierer_innen, Bauarbeiter_innen,             weg. Die Gewerkschaften waren von der Reform nicht über-
                                                                  3
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – Gewerkschaften und sozialer D
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zeugt, schlugen allerdings auch keine Alternativen vor, son-          SCHLUSSBEMERKUNGEN
dern riefen stattdessen – jede für sich – im April 2021 den
Conseil d’Etat (die höchste verwaltungsgerichtliche Instanz           Letztlich hat die Coronakrise das komplizierte Wirkungsge-
Frankreichs) an, um die Reform für nichtig erklären zu las-           flecht der französischen Sozialpartner, in dem der Staat, die
sen. Diese Verrechtlichung der sozialpolitischen Beziehungen          Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände eng mitein-
macht deutlich, dass der soziale Dialog in einer tiefen Krise         ander verwoben sind, nicht tiefgreifend verändert. Vor allem
steckt. Vor mehr als einem halben Jahrhundert war die Ar-             aus wirtschaftlichen Gründen stand und steht die Regierung
beitslosenversicherung noch aus fruchtbaren Tarifverhand-             bei der sozialen Bewältigung der Krise an erster Stelle: Sie
lungen hervorgegangen und anfangs sogar von den Sozial-               beschloss und finanzierte die Kurzarbeit für alle Arbeitneh-
partnern verwaltet worden, bevor der Staat sie übernahm.              mer_innen, deren Unternehmen sie den Betrieb während
                                                                      des Lockdowns untersagte. Auch bei der Frage der Gehälter
Zwar scheint der soziale Dialog auf Branchen- und Unter-              intervenierte sie. Nicht zuletzt erleichterte sie die Rahmenbe-
nehmensebene besser zu funktionieren, aber auch dort ist er           dingungen für den sozialen Dialog, um Vereinbarungen und
stark rechtlich reglementiert. Trotz erheblicher Widerstände          Beschlüsse auf allen Ebenen zu unterstützen, mit denen die
seitens der Gewerkschaften wurde 2020 ein neues Organ                 Wirtschaftstätigkeit aufrechterhalten und die Telearbeit aus-
der Arbeitnehmer_innenvertretung in Unternehmen ein-                  geweitet werden konnte.
geführt, der sogenannte Sozial- und Wirtschaftsausschuss
(CSE), der in mancherlei Hinsicht an die deutschen Betriebs-          Die Regierung bemühte sich zwar, bei all diesen Schritten
räte angelehnt ist. Der CSE übernimmt nun alle Funktionen,            die Sozialpartner regelmäßig anzuhören. Allerdings beklag-
die zuvor auf mehrere Personalgremien verteilt waren, wo-             ten diese, sie seien nicht ausreichend in Entscheidungen
durch sich die Zahl der gewählten Mandatsträger_innen ver-            einbezogen worden. Ebenso engagierten sich die Gewerk-
ringert hat. Die tatsächliche Rolle dieser Ausschüsse kann je-        schaften für die Umsetzung dieser Entscheidungen in Form
doch noch nicht abschließend bewertet werden.                         von Betriebs- und Branchenvereinbarungen, wobei CGT und
                                                                      SUD allerdings gleichzeitig juristische Schritte einleiteten,
Um einen Neuanfang nach dem Ende der durch die Pande-                 um unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip bessere Schutz-
mie ausgelösten Krise einzuleiten, schlug der Arbeitgeberver-         maßnahmen der Unternehmen für die Gesundheit der Mit-
band MEDEF den Sozialpartnern schließlich im Februar 2021             arbeiter_innen oder andernfalls sogar die Schließung der
vor, mit einer eigenen Gesprächsagenda die Initiative zu er-          Unternehmen zu fordern. Diese Härte lässt sich nicht zuletzt
greifen und einen branchenübergreifenden sozialen D    ­ ialog        daraus erklären, dass soziale Bewegungen und Streiks wäh-
zu führen. Damit wollte der MEDEF die durch die Pandemie              rend der Pandemie fast vollkommen verschwunden sind,
diktierten Diskussionen hinter sich lassen, um längerfristige         wohingegen die Sozialpolitik bis zum Beginn der Pandemie
und grundlegendere Themen aufzugreifen, etwa die Berufs-              durch Demonstrationen gegen die Rentenreform beherrscht
ausbildung, die Arbeitsgerichte (conseils de prud’hommes),            war. Nach einigen Monaten wurden zwar wieder einzelne
den Umgang mit der wachsenden Zahl an Arbeitsunfällen                 Protestaktionen organisiert, die insbesondere im öffentlichen
und Berufskrankheiten, die Beziehungen zwischen den Sozi-             Dienst das Fehlen eines sozialen Dialogs beklagten. Abgese-
alpartnern und dem Staat (in Frankreich wird dieses tripartiti-       hen davon hat sich aber entgegen allen Vorurteilen die seit
sche System, deren Funktionsweise nicht genügend transpa-             den 1990er-Jahren rückläufige Tendenz der Zahl von Streiks
rent erscheint, »Paritarismus« genannt), die Auswirkungen             in Frankreich fortgesetzt
des digitalen Wandels und des Klimawandels auf die Unter-
nehmen etc. Die Mehrzahl der Gewerkschaften befürwor-                 Zu erwähnen ist schließlich noch, dass die französischen Ge-
tet diese Gespräche, die CGT lehnt sie wiederum ab, da die            werkschaften bei Ausbruch der Pandemie mit Anspielung
Lohnfrage ausgeschlossen sei. Ein Grundproblem ist auch               auf den berühmten Filmtitel des deutschen Regisseurs Ro-
die »Eigenständigkeit« dieser Gespräche, also die Ausklam-            land Emmerich einen »day after tomorrow« forderten, einen
merung des Staates, die bei vielen Gewerkschafter_innen               Bruch mit der bisherigen Art des Wirtschaftens und Lebens.
die Sorge nährt, dass sich am Ende neoliberale Positionen             So verabschiedeten CGT, SUD und ein Dutzend NGOs im Ap-
der Unternehmenseite durchsetzen werden. Diese Angst                  ril 2020 ein Manifest, das einen Ausweg aus der »gesund-
– zusammen mit den bereits erwähnten organisatorischen                heitlichen, aber auch sozialen und klimabezogenen Sack-
Schwächen der Gewerkschaften – erklärt schließlich, warum             gasse« aufzeigen soll. Im Juni 2020 veröffentlichte die CFDT
es für sie schwer vorstellbar ist, sich vom Staat unabhängig          nach einer Umfrage zu den Sorgen und Bedürfnissen der
zu machen – selbst wenn dies bedeutet, eine Aushöhlung                Beschäftigten ein Papier mit dem Titel Die Krise und die Zeit
der tarifpolitischen Autonomie und des sozialpartnerschaftli-         danach: für einen sozialen und ökologischen Aufschwung
chen Dialogs in Kauf zu nehmen.                                       durch neue demokratische Verfahren. Die Corona-Pande-
                                                                      mie hat viele Organisationen dazu gebracht, anders über die
                                                                      Zukunft nachzudenken. Einige Monate nach dem Lancieren
                                                                      dieser Manifeste scheinen diese jedoch in der gewerkschaft-
                                                                      lichen Praxis wieder in den Hintergrund getreten zu sein; da-
                                                                      gegen haben die alten Routinen, d. h. Tarifverhandlungen
                                                                      mit starker Abhängigkeit vom Staat, erneut die Oberhand
                                                                      gewonnen.

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Literaturhinweise

LITERATURHINWEISE
Andolfatto, Dominique (Hrsg.) (2019): La démocratie sociale en ten-
sion, Lille, Presses universitaires du Septentrion.

Andolfatto, Dominique / Labbé, Dominique (2021): Anatomie du
syndicalisme, Presses universitaires de Grenoble (erscheint in Kürze).

IFOP-Institut (2021): Etude sur les relations sociales en entreprise,
Januar 2021

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FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – Gewerkschaften und sozialer D
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Weitere Publikationen des Pariser Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung:

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Stern, Verena                                                 Bellais, Renaud
Die Profiteure der Angst?                                     Dienstpflicht statt Wehrpflicht
Rechtspopulismus und die COVID-19-Krise in Europa;            Der Service national universel in Frankreich
Ein Überblick                                                 Paris, Juli 2020
Berlin, Februar 2021
                                                              Le Bras, Hervé und Warnant, Achille
IPSOS-Studie für die Jean-Jaurès-Stiftung                     Ungleiches Frankreich
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Bruno Ducoudré, Mathieu Plane, Raul                           Bréchon, Pierre
Sampognaro und Xavier Timbeau                                 Die Werte der Franzosen
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Paris, Dezember 2020
                                                              Rossignol, Laurence; Fourtic, Yseline
Borgnäs, Kajsa; Kellermann, Christian                         Politische Parität in Frankreich
Deutschlands Recovery-Strategie                               Was ein Gesetz kann – und was nicht
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Paris, Dezember 2020
                                                              Guillou, Antoine
Hadrien Clouet und Catherine Vincent                          Eine wirksame und gerechte CO2-Steuer
Home Office in Frankreich                                     Paris, Januar 2020
Erfahrungen während der Pandemie
Paris, November 2020                                          Gliniasty, Jean de
                                                              Die Russlandpolitik Präsident Macrons
Camus, Jean-Yves                                              Paris, Januar 2020
Die Profiteure der Angst? Frankreich
Paris, November 2020
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ÜBER DEN AUTOR                                                IMPRESSUM

Dominique Andolfatto ist Professor für Politikwissenschaf-     Friedrich-Ebert-Stiftung Paris
ten an der Université de Bourgogne (Dijon), Forschungszent-    41 bis, bd. de la Tour-Maubourg | 75007 Paris | France
rum für Rechts- und Politikwissenschaften (Credespo).
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Das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Frankreich wurde      Eine gewerbliche Nutzung der von der Friedrich-Ebert-
1985 in Paris eröffnet. Seine Tätigkeit zielt darauf ab, un-   Stiftung (FES) herausgegebenen Medien ist ohne schrift-
terhalb der Ebene des Austauschs und der Zusammenarbeit        liche Zustimmung durch die FES nicht gestattet.
zwischen den Regierungen Deutschlands und Frankreichs ei-
ne Vermittlerfunktion im deutsch-französischen Verhältnis zu   Die in dieser Publikation zum Ausdruck ge-
erfüllen. Dabei steht im Mittelpunkt, Entscheidungsträgern     brachten A­ nsichten sind nicht notwendiger-
aus Politik und Verwaltung sowie Akteuren der Zivilgesell-     weise die der Friedrich-Ebert-Stiftung.
schaft Gelegenheit zu geben, sich zu Themen von beidersei-
tigem Belang auszutauschen und die Probleme und Heraus-        Publikationen der Friedrich-Ebert-Stiftung dürfen
forderungen, die die jeweils andere Seite zu bewältigen hat,   nicht für Wahlkampfzwecke verwendet werden.
kennenzulernen. Deutsche und französische Partner der FES
können dadurch zu gemeinsamen Positionen insbesondere
zur europäischen Integration gelangen und bei der Formu-
lierung von Lösungen für die jeweils eigenen Probleme auf
vorhandene Kenntnisse und Erfahrungen des Nachbarlan-
des zurückgreifen. Langjährige Veranstaltungsreihen sind die
Deutsch-französischen Strategiegespräche (»Cercle stratégi-
que«) über aktuelle außen- und sicherheitspolitischen The-
men, Jahreskonferenzen zu aktuellen wirtschaftspolitischen
Fragen (»Deutsch-Französischer W­ irtschaftsdialog«) und das
Deutsch-französische Ge­werk­schafts­forum.
GEWERKSCHAFTEN UND SOZIALER DIALOG
                        Frankreichs Erfahrungen während der Pandemie

Zu Beginn der Pandemie hatten die So-    Die Regierung zeigte sich offen dafür,       Auch wenn es zwischenzeitlich zu
zialpartner in Frankreich unausgespro-   bei der Gestaltung ihrer Politik die Sozi-   einer Wiederbelebung von überbe-
chen eine Art sozialen Burgfrieden ge-   alpartner regelmäßig anzuhören, doch         trieblichen Verhandlungen kam, ver-
schlossen. Auch die Gewerkschaften       waren diese bald mit diesem Austausch        fielen die Sozialpartner bald wieder
waren anfangs von einer solchen Stra-    unzufrieden, da es sich nur um Anhö-         in ihre traditionellen Verhaltensmus-
tegie überzeugt, zeigten sich verant-    rungen handelte und die Regierung            ter zurück, die einem Stillstand des
wortungsbewusst und bemühten sich        letztlich stets im Alleingang entschied.     sozialen Dialogs gleichkommt. Zwar
über den sozialen Dialog, gemeinsam      In dieser Phase zeigten sich die franzö-     hat die Corona-Pandemie die Gewerk-
Einfluss auf die Politik auszuüben.      sischen Gewerkschaften aufgrund ihrer        schaftsorganisationen dazu gebracht,
                                         ideologischen und strategischen Diffe-       anders über die Zukunft nachzudenken.
                                         renzen unfähig, bei den sozialen Kon-        Doch nach einigen Monaten der Kri-
                                         sultationen gemeinsame Gegenvor-             se scheinen wieder die alten Routinen,
                                         schläge zu den Regierungsinitiativen zu      d. h. Tarifverhandlungen mit starker
                                         formulieren und in die Verhandlungen         Abhängigkeit vom Staat, die Oberhand
                                         einzubringen.                                zu gewinnen. Letztlich hat die Coro-
                                                                                      nakrise das komplizierte Wirkungsge-
                                                                                      flecht der französischen Sozialpartner
                                                                                      nicht wesentlich verändert.

                                  Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie hier:
                                                 www.fesparis.org
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