Grundlagen Explosionsschutz - BARTEC

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Grundlagen Explosionsschutz - BARTEC
Grundlagen
Explosionsschutz
Grundlagen Explosionsschutz - BARTEC
Grundlagen Explosionsschutz

            Die Broschüre wurde nach dem derzeitigen
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            aktuelle Stand der technischen und gesetzlichen
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            Vervielfältigung, Verbreitung und Übersetzung
            vorbehalten.

            BARTEC Broschüre
            Grundlagen Explosionsschutz
            14. überarbeitete Auflage - Ausgabe 2021

            Verfasser:
            Dr.-Ing. Hans-Jürgen Linström
            Dipl.-Ing. Johannes Buhn
            Dipl.-Ing. Karel Neleman

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Grundlagen Explosionsschutz - BARTEC
Inhalt

Technische Entwicklung            6-8     Sekundärer                          15 - 26
des Explosionsschutzes                    Explosionsschutz
Harmonisierung des                    8   Bedeutung und Nutzen der                 15
Explosionsschutzes                        Zoneneinteilung in Arbeitsstätten
                                          Explosionstechnische Kennzahlen          17

Explosionsschutz                 9 - 14   Zündtemperatur                           17
Explosion                             9
                                          Gruppen                                  19
Bedingungen für eine Explosion        9
                                          Schutzprinzipien                         21
Die drei Faktoren                    10
                                          Baustandards und Verhinderung von        22
                                          wirksamen Zündquellen bei Geräten
Explosionsbereich                    13
                                          Normen zum Explosionsschutz              23
Vermeidung von Explosionen           13

Primärer Explosionsschutz            14

Sekundärer Explosionsschutz          14

Tertiärer Explosionsschutz           14

                                                                                        3
Grundlagen Explosionsschutz - BARTEC
Grundlagen Explosionsschutz

            Zündschutzarten                        27-37   Kennzeichnung                          38-42
            Allgemeine Bestimmungen                   27   Inhalt der Kennzeichnungen                  38
                                                           nach RL 2014/34/EU, IEC- und
                                                           EN-Normen
             Zündschutzarten elektrischer Geräte      28

                                                           Einsatzbereiche - Gerätekategorien -        39
            Zündschutzarten nicht-elektrischer        29
                                                           Geräteschutzniveaus
            Geräte
            Erhöhte Sicherheit                        30
                                                           Kennzeichnungsbeispiele für                 40
            Nichtfunkende Geräte                      30   elektrische und nicht-elektrische
                                                           Geräte
            Konstruktive Sicherheit                   31
                                                           Elektrisches Gerät –                        41
                                                           Gas/Dampf und Staub
            Eigensicherheit                           31

            Zündquellenüberwachung                    32
                                                           Nicht-elektrisches Gerät –                  42
                                                           Gas/Dampf und Staub
            Vergusskapselung                          32

            Nichtzündfähiges Teil                     32

            Abgedichtete Einrichtung                  32   Konformität                            43 - 45
                                                           ATEX-Konformität (CE)                       43
            Hermetisch dichte Geräte                  33

                                                           IECEx-Konformität                           44
            Flüssigkeitskapselung                     34

                                                           ATEX- und IECEx-System im Vergleich         45
            Überdruckkapselung                        35

            Schwadensicherheit                        35

            Schutz durch Gehäuse                      36

            Druckfeste Kapselung                      36

            Sandkapselung                             37

            Sonderschutz                              37

            Optische Strahlung                        37

            Elektrische Widerstands-
            Begleitheizung
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Grundlagen Explosionsschutz

              Technische Entwicklung
              des Explosionsschutzes
              Ungewollte Zündungen sind älter als der Mensch.       möglichst klein zu haltende Flamme im inneren Sieb
              Atmosphärische Entladungen – Gewitterblitze –         vom anstehenden brennbaren Gemisch, ließen aber
              lösten Brände aus, lange, bevor der Mensch die Erde   eine Verbrennung innerhalb der Siebe zu. Die Siebe
              betrat. 1753 als der erste Blitzableiter erfunden     verhinderten - bei entsprechendem Umgang - eine
              wurde konnten die elektrostatisch erzeugten           äußere Zündung.
              Gefahren als Zündquellen für Brände deutlich
              reduziert werden. „Brandgefährlich“ war lange Zeit    Im 19. Jahrhundert hielt die Elektrotechnik ihren
              auch die Beleuchtung im Bergbau, denn Grubenluft      Einzug in Industrie und Haushalte. Unmittelbar
              mit Methan vermischt – sogenannte schlagende          danach entwickelten sich, begründet durch das
              Wetter – konnten durch ausreichend starke             im Steinkohlenbergbau auftretende Methan und
              Zündquellen zu Explosionen führen. 1815 stellte       den Kohlenstaub, die ersten Grundlagen für den
              Sir Humphrey Davy die erste Benzinsicherheit-         elektrischen Explosionsschutz. Die Vorteile der
              slampe, ein nicht-elektrisches Betriebsmittel, für    Elektrizität waren so überzeugend, dass man
              den Bergbau vor. Zwei übereinander angeordnete        intensiv daran arbeitete, Mittel und Wege zu finden,
              feinmaschige Metalldrahtgewebe trennten die           wie das Zusammentreffen von explosionsfähiger
                                                                    Atmosphäre und Zündquellen - bedingt durch die
                                                                    Anwendung elektrischer Betriebsmittel - aus-
                                                                    geschlossen und wie somit Explosionen vermieden
                                                                    werden können.
    HERSTELLER                                  GESETZGEBER
    Baustandards                             Baubestimmungen
                                                                    Nach anfangs bitteren Erfahrungen konnten die
                                                                    Schlagwetterexplosionen sehr stark zurückgedrängt
                                                                    werden und elektrische Betriebsmittel mit hohem
                                                                    Sicherheitsstandard eingesetzt werden.
                                                                    Heute ist die Zahl der Ereignisse, die durch elek-
                                                                    trische Zündquellen verursacht werden, erfreulich-
                                                                    erweise gering. Der Aufwand an Entwicklung und
                                                                    Fertigung sowie die gesetzlichen Regelungen haben
                                                                    sich bewährt, deshalb muss die häufig gestellte
                                                                    Frage „ob der Aufwand gerechtfertigt ist“ mit ja
                                                                    beantwortet werden.

                                                                    Ein Nachlassen wäre sträflicher Leichtsinn. Leider
                                                                    gibt es noch genügend Beispiele, die uns die ver-
                                                                    heerenden Auswirkungen von Explosionen für Men-
                                                                    schen, Umwelt und Anlagen, bei Vernachlässigung
                                                                    bekannter Zusammenhänge, vor Augen führen.
    ALLE BETEILIGTE                                                 Vor den Lösungen, die die Vermeidung wirksamer
    eigene Verantwortung                            ANWENDER        Zündquellen betreffen, man bezeichnet sie als
    und Vorsichtsmaßnahmen               Errichterbestimmungen
                                                                    sekundären Explosionsschutz, hat der primäre
Abbildung 1
                                                                    Explosionsschutz Vorrang, d.h. man bemüht sich
                                                                    um Maßnahmen (nicht-brennbare Stoffe, Lüftung),
                                                                    die die Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre
                                                                    vermeiden.

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Brennbare Stoffe, z.B. Methan oder Steinkohlen-         100 Jahren elektrischer Explosionsschutz sind
staub in Gruben sowie Benzin oder vielleicht zukün-     Prinzipien und Techniken entwickelt worden, die es
ftig Wasserstoff beim Kraftfahrzeug können nicht        ermöglichen, elektrische Sensoren und Messtech-
immer ausgeschlossen werden. Schutz und Sicher-         niken auch dann einzusetzen, wenn die explosions-
heit gewährleisten in diesem Fall Betriebsmittel, die   fähige Atmosphäre in Reaktionsgefäßen permanent
zuverlässig explosionsgeschützt sind. Eine solche       vorhanden ist.
Lösung durch Bereitstellung von Zündschutzarten
wird als sekundärer Explosionsschutz bezeichnet.        Der Anwendungsbereich im Bergbau war der
Heute geht die Ausführung explosionsgeschützter         Anfang. Die Nutzung und Verarbeitung von Erdöl und
Geräte und Maschinen längst über das Gebiet der         Erdgas ist ein weites Einsatzfeld für explosions-
Elektrotechnik hinaus. Auch nicht-elektrische           geschützte Betriebsmittel. Die organische Chemie,
Betriebsmittel sind prüf- oder wenigstens beurtei-      die Lack- und Farbenindustrie oder die phar-
lungspflichtig. Jahrzehntelange Erfahrungen             mazeutische Industrie verarbeiten brennbare Flüs-
und das angesammelte Wissen der Hersteller              sigkeiten und brennbare Gase. Mit der Gewinnung
elektrischer Betriebsmittel auf dem Gebiet des          und Nutzung von Biogas entwickeln sich ständig
Explosionsschutzes ist nun für Hersteller nicht-ele-    neue Anwendungsbereiche. Die Nutzung von Wass-
ktrischer Betriebsmittel nützlich.                      erstoff wird intensiv diskutiert, in Versuchsanlagen
Es gibt vielfältige Anwendungsfälle, die explosions-    praktiziert und wird als erneuerbare Energie in
geschützte Betriebsmittel erfordern. In den über        unser Leben treten.

                                                                                                               7
Grundlagen Explosionsschutz

            Harmonisierung des                                      Konstruktion und Beurteilung des Explosions-
                                                                    schutzes davon ausgehen, dass er sichere, der

            Explosionsschutzes                                      Ex-Richtlinie 2014/34/EU entsprechende, explosi-
                                                                    onsgeschützte Systeme, Geräte und Komponenten
                                                                    entwickelt, die dann bei einer notifizierten Stelle
            International werden die Standpunkte zum Explo-
                                                                    der EU nach einheitlichen, verbindlichen Verfahren
            sionsschutz elektrischer und nicht-elektrischer
                                                                    der Prüfungen unterzogen werden. Die in der EU
            Geräte heute über IEC- und ISO-Arbeitskreise
                                                                    notifizierten Prüfstellen stellen nach bestandener
            fachlich abgestimmt. Auf dem Gebiet der Elektro-
                                                                    Prüfung EU-Baumusterprüfbescheinigungen aus,
            technik wurden international vereinheitlichte
                                                                    die in Europa die einheitliche Beschaffenheit
            Baubestimmungen in IEC-Standards bereits
                                                                    hinsichtlich der geforderten Sicherheit der explo-
            sehr früh formuliert. Dies erfolgte weitgehend in
                                                                    sionsgeschützten Betriebsmittel mit höchstem
            Übereinstimmung mit den CENELEC-Standards.
                                                                    oder erhöhtem Sicherheitsniveau gewährleisten.
            Sichtbares Zeichen für die Harmonisierung ist, dass
                                                                    Diese EU-Baumusterprüfbescheinigungen oder vom
            die relevanten Normendokumente IEC/ISO (Global),
                                                                    Hersteller durchgeführte Beurteilungen sind eine
            EN (Europa) und DIN EN (Deutschland) inhaltlich
                                                                    Voraussetzung für eine Fertigung und das Inverkehr-
            und in der Registriernummer (60079 Serien) über-
                                                                    bringen von Systemen, Geräten und Komponenten
            einstimmen. Gegenwärtig wird an der Vereinheit-
                                                                    mit höchstem und erhöhtem Sicherheitsniveau
            lichung intensiv gearbeitet. Die Umstellung bringt
                                                                    gekennzeichnet durch Kategorie 1 und 2.
            laufende Veränderungen, vereinfacht aber auch die
            zukünftige internationale Arbeit. Im Rahmen von
                                                                    Für Kategorie 3, mit nur einem erhöhten Sicher-
            ISO/IEC-Arbeitskreisen werden die Normen aus
                                                                    heitsniveau, ist ein anderer Ansatz akzeptabel. Der
            dem Explosionsschutz elektrischer Betriebsmittel
                                                                    Hersteller kann in eigener Verantwortung erklären,
            auch für die nicht-elektrischen Geräte sinngemäß
                                                                    dass das Ex-Gerät oder die Ex-Komponente die
            angepasst (80079 Serien).
                                                                    Anforderungen erfüllt, ohne eine Benannte Stelle
                                                                    einzuschalten. Inzwischen bitten mehr Hersteller
            Mit dem IECEx-System werden elektrische Geräte
                                                                    die Benannten Stellen (auf freiwilliger Basis), die
            und zukünftig auch Baugruppen und nicht-elekt-
                                                                    vorgesehenen Prototypen zu prüfen und Baumus-
            rische Geräte nach den international einheitlichen
                                                                    terprüfbescheinigungen auszustellen.
            Anforderungen (IEC/ISO-Normen) entwickelt und
            geprüft und mit einem Konformitätszertifikat (IECEx
                                                                    Eine einheitliche Einstufung explosionsgefährdeter
            CoC) bescheinigt.
                                                                    Bereiche (Anlagen) ist Basis für die Auswahl und
                                                                    Zuordnung der Schutzsysteme und Ex-Geräte, ein-
            Die Akzeptanz von Zertifikaten basiert allerdings
                                                                    schließlich ihrer Installation. Nach der EU-Richtlinie
            nach wie vor auf der Grundlage regionaler (z. B. in
                                                                    1999/92/EG ist ein Ex-Dokument Voraussetzung für
            Europa mit EU-Konformitätserklärungen des Her-
                                                                    die Errichtung und den Betrieb einer explosions-
            stellers) und lokaler (z. B. Brasilien INMETRO-Zer-
                                                                    gefährdeten Anlage. Ein solches Dokument schafft
            tifikaten, USA UL/FM-Zertifikaten etc.) gesetzlicher
                                                                    erst die Möglichkeit, Schutzsysteme, Ex-Geräte
            und versicherungsrechtlicher Regelungen. Oft
                                                                    und Komponenten nach dem Gesichtspunkt des
            werden Anpassungen, z.B. Neu-Bescheinigungen,
                                                                    Explosionsschutzes auszuwählen, normengerecht
            an nationale Anforderungen notwendig. Im Rahmen
                                                                    zu installieren, zu betreiben, zu warten und schließ-
            von internationalen Projekten gilt es daher, die Spe-
                                                                    lich auch zu reparieren. Entsprechende Technische
            zifikation hinsichtlich der Explosionsschutzanfor-
                                                                    Regeln und Regelwerke werden auf nationaler
            derungen mit den Anwendern detailliert abzuklären.
                                                                    Ebene erarbeitet und verabschiedet.
                                                                    Die Richtlinie 2014/34/EU formuliert somit EU-weit
            Die Europäische Gemeinschaft hat sich mit der
                                                                    einheitliche Bauforderungen an Geräte zum Einsatz
            Ex-Richtlinie 2014/34/EU eine Basis für verbind-
                                                                    in explosionsgefährdeten Bereichen, während die
            liche einheitliche Beschaffenheitsanforderungen
                                                                    Richtlinie 1999/92/EG Mindestforderungen an den
            hinsichtlich des Explosionsschutzes von Systemen,
                                                                    Arbeitsschutz enthält, die national erhöht werden
            Geräten und Komponenten geschaffen. Diese
                                                                    können. Durch die beiden genannten Richtlinien
            werden durch harmonisierte EN-Standards der
                                                                    entsteht ein geschlossenes System, mit dem Explo-
            CENELEC- und CEN-Normenorganisation unterlegt.
                                                                    sionen wirksam vorgebeugt wird, um Menschen,
                                                                    Umwelt und Sachwerte wirkungsvoll zu schützen.
            Mit diesen Standards kann der Hersteller bei der

8
Explosionsschutz
Explosion
Als Explosion bezeichnet man eine plötzliche,
d. h. mit großer Reaktionsgeschwindigkeit                         SAUERSTOFF
ablaufende, Oxidations- oder Zerfallsreaktion,
die eine Temperatur- oder Druckerhöhung oder
beides gleichzeitig erzeugt. Am bekanntesten sind
Reaktionen brennbarer Gase, Dämpfe oder Stäube
mit dem Sauerstoff der Luft.

Bedingungen für                                                   EXPLOSION
eine Explosion
Damit Explosionen in atmosphärischer Luft statt-                               BRENNBARER
finden, müssen in der Regel drei Faktoren zusam-
                                                     ZÜNDQUELLE
                                                                                  STOFF
menkommen (s. Abbildung 2):

– brennbarer Stoff
– Sauerstoff (Luft)                                                                 Abbildung 2

– Zündquelle
In Produktions- und Arbeitsstätten können sich
Gefahrenbereiche für Explosionen ausbilden, wenn
die ersten zwei Voraussetzungen für eine Explosion
erfüllt sind. Typische Gefahrenbereiche entstehen
in chemischen Fabriken, Raffinerien, Lackfabriken,
Lackierereien, Reinigungsanlagen, Mühlen und
Lagern für Mahlprodukte und andere brennbare
Stäube, in Tank- und Verladeanlagen für brennbare
Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe.

Die ersten beiden Faktoren - brennbarer Stoff
und Luft - müssen in einem entsprechenden
Mengenverhältnis vorhanden sein, damit sie eine
explosionsfähige Atmosphäre bilden können.
Die verbindlichen Festlegungen des Explosions-
schutzes - abgeleitet aus dem Arbeitsschutzrecht
- betreffen die Arbeitsstätte. Beschreibungen zum
Explosionsschutz beschränken sich deshalb im
Allgemeinen auf Darstellungen von Reaktionen mit
Luftsauerstoff. Oxidationsreaktionen, die meist
mit Erwärmung und Druckanstieg verbunden sind,
erfüllen somit Kriterien einer Explosion.

                                                                                                  9
Grundlagen Explosionsschutz

            Die drei Faktoren                                       Beim Versprühen von brennbaren Flüssigkeiten
                                                                    können Nebel entstehen, sehr kleine Tröpfchen mit
                                                                    einer in der Summe sehr großen Oberfläche, wie
            Brennbare Stoffe                                        sie von Spraydosen oder aus der Autolackierung
            Brennbare Stoffe können gasförmig, flüssig oder fest    bekannt sind. Solche Nebelwolken sind zu Explo-
            sein. Unter der allgemeinen Betrachtung hinsichtlich    sionen fähig. Hier ist der Flammpunkt von unterge-
            der Arbeitsstätten wird ihre Reaktionsfähigkeit mit     ordneter Bedeutung. Für feine Gase, Dämpfe, Nebel
            dem Sauerstoff der Luft beurteilt.                      brennbarer Flüssigkeiten kann man das Verhalten
                                                                    für Sicherheitsbetrachtungen grob aus dem bekann-
            Brennbare Gase                                          ten Verhalten des Flüssigkeitsdampfes herleiten.
            Ein brennbares Gas kann ein elementares Gas wie
            z. B. Wasserstoff sein, der bereits mit sehr geringer   Brennbare Feststoffe (Stäube)
            Energie zur Reaktion mit Sauerstoff angeregt wird.      Brennbare Feststoffe können in aufgewirbelter
            Vielfach sind brennbare Gase Verbindungen, die          Form von Staub oder Flusen mit dem Luftsauerstoff
            Kohlenstoff und Wasserstoff enthalten. Durch            reagieren und verheerende Explosionen zur Folge
            Zuführung meist geringer Energien können die            haben. Im Allgemeinen ist die zur Anregung der
            brennbaren Gase und Dämpfe mit dem Luftsauer-           Explosion erforderliche Energie der Gemische mit
            stoff reagieren.                                        Luft größer als bei den Gasen und Dämpfen. Einmal
                                                                    zur Verbrennung angeregt, erzeugt die durch die
            Als Dämpfe bezeichnet man die Anteile von Flüs-         Verbrennungsreaktion freiwerdende Energie hohe
            sigkeiten (in Bezug auf den Explosionsschutz von        Temperaturen und Drücke. Neben den chemischen
            brennbaren Flüssigkeiten) die in Folge des Dampf-       Eigenschaften des Feststoffes spielen Feinheit der
            druckes über einer Flüssigkeitsoberfläche, um           Feststoffpartikel und ihre mit der Feinheit
            einen Flüssigkeitsstrahl oder um Tröpfchen in die       zunehmende Gesamtoberfläche eine wesentliche
            umgebende Luft übergetreten sind. Eine Sonderform       Rolle. Die Eigenschaften werden durch Vorgänge
            sind Nebel, die man hinsichtlich des Explosionsver-     bestimmt, die unmittelbar an der Feststoffoberflä-
            haltens den Dämpfen zurechnen kann, womit dem           che ablaufen.
            Sicherheitsaspekt Rechnung getragen wird.
                                                                    An der Entzündung und dem Verlöschen einer Par-
            Brennbare Flüssigkeiten (Dämpfe)                        affinkerze lässt sich erkennen, dass bei Feststoffen
            Brennbare Flüssigkeiten sind häufig Kohlenwasser-       in kurzer Zeit eine Reihe von Vorgängen ablaufen
            stoffverbindungen wie Äther, Aceton oder Benzin.        müssen, die nicht so leicht vereinfacht dargestellt
            Sie können schon bei Raumtemperatur in solchen          werden können.
            Mengen in die Dampfphase übertreten, dass sich an
            ihrer Oberfläche eine explosionsfähige Atmosphäre       Ein einfacher Versuch zeigt: Beim Entzünden des
            bildet. Andere Flüssigkeiten bilden erst bei höheren    Dochtes einer Kerze wird Pa-raffin abgeschmolzen,
            Temperaturen eine solche Atmosphäre an ihrer            es verdampft und dieser Dampf speist die Flamme.
            Oberfläche. Bei atmosphärischen Bedingungen ist         Nach dem Auslöschen kann man Paraffindämpfe
            dieser Vorgang stark von der Flüssigkeitstemperatur     wahrnehmen, das geschmolzene Paraffin erstarrt
            abhängig.                                               wieder, der Paraffindampf ist verflogen und die Par-
                                                                    affinkerze ist wieder ein harmloses Gebilde.
            Eine wichtige Kenngröße für brennbare Flüssig-          Staub verhält sich sehr unterschiedlich, wenn er in
            keiten ist deshalb der Flammpunkt, besser die           abgelagerter und in aufgewirbelter Form vorliegt.
            Flammpunkt-Temperatur. Der Flammpunkt ist die           Abgelagerte Staubschichten neigen an heißen
            niedrigste Temperatur, bei der eine brennbare Flüs-     Flächen zu Glimmbränden, während aufgewirbelte
            sigkeit unter speziellen Untersuchungsbedingungen       Staubwolken, die durch lokale Energiezufuhr oder
            an ihrer Oberfläche eine geeignete Menge von            an heißen Flächen gezündet werden, unmittelbar
            Dampf entstehen lässt, so dass mit einer effektiven     Explosionen erzeugen können. Nicht selten sind
            Zündquelle eine Entzündung des Dampf-Luft-Gemi-         Staubexplosionen die Folge aufgewirbelter glim-
            sches möglich wird.                                     mender Staubschichten, die das Zündinitial in sich
                                                                    tragen. Wenn solche Schichten beispielsweise beim
            Der Flammpunkt ist für die Einstufung von explosi-      Transport durch mechanisches Reinigen oder durch
            onsgefährdeten Bereichen wichtig. Brennbare Flüs-       unsachgemäße Löscharbeiten aufgewirbelt werden,
            sigkeiten mit hoher Flammpunkt-Temperatur sind          so kann dadurch eine Staubexplosion ausgelöst
            weniger kritisch als solche mit einem Flammpunkt        werden.
            bei Raumtemperatur oder darunter.

10
Heiße Oberflächen (5.1)
Auch ablaufende Gas- oder Dampf-Luft-Explosionen
                                                          treten auf als Ergebnis von Verlustleistungen, die
können den Staub aufwirbeln, wobei dann häufig
                                                          beim Betrieb von Systemen, Geräten und Kompo-
die eine - die Gasexplosion - in die andere - die
                                                          nenten im Normalbetrieb entstehen. Bei Heizungen
Staubexplosion - übergeht. In Steinkohlengruben
                                                          sind sie gewollt. Diese Temperaturen sind in der
haben Methangas-Schlagwetter-Explosionen häufig
                                                          Regel beherrschbar. Im Störungsfall, bei Überlas-
Kohlenstaubexplosionen zur Folge gehabt, die in
                                                          tungen oder schwergängigen Lagern beispielsweise,
ihrer Wirkung die Schlagwetterexplosion übertroffen
                                                          steigt die Verlustleistung und damit zwangsläufig
haben.
                                                          die Temperatur. Technische Einrichtungen müssen
                                                          immer dahingehend beurteilt werden, ob sie stabili-
Sauerstoff                                                sierend sind, d. h. überhaupt nur eine Endtemperatur
                                                          annehmen können, oder ob unzulässige Tempera-
Die in der Luft vorhandene Menge Sauerstoff kann
                                                          turerhöhungen möglich sind, die durch geeignete
nur eine bestimmte Menge brennbaren Stoffs
                                                          Maßnahmen ausgeschlossen werden müssen.
oxidieren, d. h. verbrennen. Theoretisch kann dieses
                                                          Beispiele: Spulen, Widerstände oder Lampen,
Mischungsverhältnis bestimmt werden, es wird
                                                          erwärmte Betriebsmitteloberflächen, Bremsen oder
stöchiometrisches Gemisch genannt. Im Bereich
                                                          heiß gelaufene Lager
dieses Gleichgewichtes, zwischen der Menge brenn-
baren Stoffes und vorhandenem Luftsauerstoff sind
                                                          Flammen, heiße Gase und Partikel (5.2)
die Wirkungen der Explosion, die Temperatur- und
                                                          Innerhalb von Verbrennungskraftmaschinen oder
Druckerhöhung, am heftigsten. Ist der Anteil an
                                                          in Analysengeräten sowie an deren Gasaustritts-
brennbarem Stoff zu gering, so kann sich die Ver-
                                                          stellen können Flammen, heiße Gase und Partikel
brennung nur mühsam fortpflanzen oder sie kommt
                                                          im Normalbetrieb oder im Störungsfall auftreten.
zum Erliegen. Ähnlich sind die Verhältnisse, wenn
                                                          Hier sind Schutzmaßnahmen erforderlich, die eine
der Anteil an brennbarem Stoff für den in der Luft
                                                          Übertragung aus dem Gehäuse heraus dauerhaft
verfügbaren Sauerstoff zu hoch ist.
                                                          ausschließen.
                                                          Beispiele: Auspuffanlagen von Verbrennungskraft-
Die brennbaren Stoffe haben einen stoffbezogenen
                                                          maschinen oder Partikel, die durch Schaltfunken
Explosionsbereich, der auch vom Zündinitial abhän-
                                                          von Leistungsschaltern von den Schaltkontakten
gig ist. In aller Regel wird er durch Zündung mit elek-
                                                          abgelöst werden
trischen Funken bestimmt. Der Explosionsbereich
wird durch die untere und obere Explosionsgrenze
                                                          Mechanisch erzeugte Funken (5.3)
begrenzt. Das bedeutet, dass unterhalb und ober-
                                                          treten beispielsweise bei Schleif- und Trenngeräten
halb dieser Grenzen Explosionen auszuschließen
                                                          auf, die betriebsmäßig solche Funken erzeugen und
sind. Dies kann ausgenutzt werden, indem die
                                                          sich im explosionsgefährdeten Bereich verbieten.
brennbaren Stoffe mit Luft ausreichend verdünnt
                                                          So können Brüche an rotierenden Teilen oder schlei-
werden oder indem der Zutritt von Luft/Sauerstoff
                                                          fend hin- und her bewegte Teile mit ungenügender
in Anlagenteile verhindert wird. Letzteres ist in der
                                                          Schmierung bspw.im Störungsfall auch derartige
Umgebung, in der Menschen regelmäßig arbeiten,
                                                          Funken verursachen. Besondere Forderungen an
nahezu unmöglich und beschränkt sich somit auf
                                                          Gehäusewerkstoffe dienen dazu, das Risiko derarti-
technologische Anlagen.
                                                          ger Zündquellen zu verringern.
                                                          Beispiele: Werkzeuge wie rostige Hammer und
Zündquellen                                               Meißel in Verbindung mit Leichtmetallen oder
                                                          Metallgabeln von Gabelstaplern
Im Zusammenhang mit technischen Einrichtungen
sind eine Vielzahl von Zündquellen möglich. Die in
                                                          Sichtbare elektrische Funken (5.4)
der nachfolgenden Übersicht angegeben Ziffern
                                                          sind in der Regel als zündfähig anzusehen. Nur sehr
hinter den Zündquellen beziehen sich auf die jewei-
                                                          energiearme Funken im Bereich von Mikrowattse-
ligen Abschnitte in der Grundnorm (EN 1127-1:2019
                                                          kunden können als nicht zündfähig gelten. Deshalb
„Explosionsfähige Atmosphäre - Explosionsschutz
                                                          sind durch geeignete Maßnahmen diese Zündquel-
- Teil 1: Grundlagen und Methodik)
                                                          len auszuschließen.
                                                          Beispiele: Schaltfunken, Funken an Kollektoren oder
                                                          Schleifringen

                                                                                                                 11
Grundlagen Explosionsschutz

            Elektrische Ausgleichsströme (5.5)                      Blitzschlag (5.7)
            Elektrische Bahnen und andere geerdete Span-            und die Folgen eines Blitzschlags können zu der
            nungsquellen z. B. für den kathodischen Schutz von      Entzündung einer explosionsfähigen Atmosphäre
            Anlagenteilen, können elektrische Ausgleichsströme      führen. Bei einem Blitzschlag wird eine explosions-
            in der Erde hervorrufen, die zwischen verschiedenen     fähige Atmosphäre stets gezündet. Eine Zündmög-
            Erdungspunkten Spannungsdifferenzen zur Folge           lichkeit besteht aber auch durch starke Erwärmung
            haben können. Deshalb sind gute leitfähige Verbin-      der Ableitwege eines Blitzes. Starke Ströme, die
            dungen aller im Bereich vorhandenen leitfähigen         von Blitzeinschlagstellen aus fließen, können in der
            Anlagenteile herzustellen, die Spannungsdifferen-       Umgebung der Einschlagstelle Funken hervorrufen.
            zen zwischen Anlagenteilen auf ungefährliche Werte
            reduzieren. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die         Hochfrequente (HF)
            leitfähigen Anlagenteile elektrische oder nicht-elek-   elektromagnetische Wellen von 104 kHz bis
            trische Teile der Anlage sind, da die Ursache für       300 GHz sind nicht die einzigen Zündquellen, bei
            diese Ströme außerhalb der Anlage liegen kann. Der      denen Strahlungsenergie in das explosive Gemisch
            Potenzialausgleich ist immer herzustellen, unabhän-     gelangt:
            gig davon, ob mit diesen Strömen gerechnet werden
            muss, ob die Quellen bekannt sind oder nicht.           Elektromagnetische Strahlung -
            Beispiele: Elektrische Bahnen und andere geerdete       Radiostrahlung (5.8),
            Spannungsversorgungen z. B. für den elektrischen
            Korrosionsschutz von Geräten                            Elektromagnetische Strahlung -
                                                                    IR, sichtbares und UV-Licht (5.9)
            Statische Elektrizität (5.6)
            Ganz unabhängig vom Vorhandensein einer elek-           Ionisierende Strahlung -
            trischen Spannungsquelle können elektrische             Röntgen und Gamma (5.10)
            Funken durch statische Elektrizität auftreten. Die
            gespeicherte Energie kann sich in Form von Funken       Ultraschall (5.11).
            entladen und so ebenso als Zündquelle wirken. Da
            die Entstehung dieser Zündquelle ganz unabhängig        Systeme, Geräte und Komponenten, die Strahlung
            von elektrischen Spannungsquellen auftreten kann,       nutzen, dürfen im Ex-Bereich errichtet und betrieben
            ist sie auch bei allen nichtelektrischen Geräten und    werden, wenn ihre Parameter dauerhaft und sicher
            Komponenten zu beachten. Sie ist nur an Trennvor-       begrenzt und diese Einrichtungen geprüft sind.
            gänge gebunden, es müssen somit die Fälle beurteilt     Beispiele: Funksprechgeräte, Handys, Lichtschran-
            werden, in denen mit dieser Zündquelle gerechnet        ken und Scanner
            werden muss.
                                                                    Adiabatische Kompression und Stoßwellen
            Reibvorgänge im Normalbetrieb können als Ursache        (5.12)
            für elektrostatische Aufladungen angesehen werden.      Schließlich können auch adiabatische Kompression
            Beispielsweise können tragbare Geräte - funktions-      und Stoßwellen (5.12) zur Zündquelle werden,
            bedingt - nicht geerdet oder in einen Potenzialaus-     welche in röhrenförmigen Gebilden auftreten, die mit
            gleich einbezogen werden. In Verbindung mit der         Unterdruck betrieben werden
            nicht genauer definierten Kleidung des Trägers kann     Beispiele: Transportröhren mit engem Durchgang,
            es zu Aufladungen im Normalbetrieb kommen. Durch        zerbrechende lange Leuchtstofflampen in einer
            geeignete Maßnahmen ist die statische Elektrizität      Wasserstoff-Luft-Atmosphäre
            als Zündquelle auszuschließen.
            Beispiele: Transmissionsriemen aus Kunststoff,          Exotherme Reaktionen (5.13)
            Gehäuse tragbarer Geräte, synthetische Kleidung,        sind zusammen mit der Selbstentzündung von
            Trennvorgänge beim Abrollen von Papier oder Kunst-      Stäuben die abschließend definierte mögliche Art
            stofffolien, Kunststoff-Rohrsysteme                     von Zündquellen.

12
Explosionsbereich                                     Austritt brennbarer Gase oder die Einschränkung der
                                                      Belüftung, können in Verbindung mit Zündquellen zu
(Grenzen)                                             Explosionen führen.
                                                      Am einfachsten und sichersten lässt sich eine kleine
In den Verbrennungsmotoren wirken die drei Fakto-     ungefährliche Explosion an einem Gasfeuerzeug
ren sinnvoll zusammen: Benzin, Luft/Sauerstoff und    nachvollziehen. Die Düse des Feuerzeuges lässt
Zündfunke, sie führen im geschlossenen Zylinder       beim Öffnen nur eine geringe Menge brennbaren
zu einer Explosion. Dabei muss das Mengenver-         Gases ausströmen. Dieses Gas mischt sich in der
hältnis zwischen Benzin und Luft stimmen. Ist der     Umgebung der Düse mit Luft, der Reibfunken des
Benzintank leer, der Luftfilter verstopft oder die    Zündsteines bringt das Gemisch zur Entzündung,
Zündung fällt aus, so fehlt jeweils eine Komponente   ein schwaches Geräusch ist zu hören - es brennt. In
für die Auslösung dieser gesteuerten nutzbringenden   einiger Entfernung von der Düse ist der Mengenan-
Explosion und der Motor läuft nicht.                  teil des Brenngases bereits so gering, dass sich die
Die brennbaren Stoffe haben in Mischung mit Luft      Explosion und die Flamme auf den unmittelbaren
eine untere (UEG) und eine obere (OEG) Explosions-    Bereich um die Düse beschränkt. Das heißt, die
grenze, zwischen diesen Grenzen befindet sich         konstruktiven Bedingungen des Gasfeuerzeuges
der Explosionsbereich. Vom Sicherheitsaspekt der      gewährleisten, dass es handhabungssicher ist.
Arbeitsstätte ist die untere Explosionsgrenze (UEG)   Die Explosionswirkung ist in abgeschlossenen
der bedeutendere Wert, eine mögliche Konzentration    Räumen und unter nicht-atmosphärischen Bedin-
von nachweisbar ständig oder dauerhaft ≤ 10 %         gungen - z. B. erhöhtem Druck - häufig stärker. Denkt
dieses Wertes wird vielfach als sicher angesehen.     man nur an die nutzbare Anwendung der Explo-
                                                      sionen in den Kraftfahrzeugmotoren.

Vermeidung von                                        Wirksamer vorbeugender Explosionsschutz für nicht
                                                      gesteuerte, nicht gewollte und deshalb oft mit ver-
Explosionen                                           heerenden Folgen verbundenen Explosionen, kann
                                                      das sichere Ausschließen eine der drei Faktoren sein.
Explosionsgeschützte Betriebsmittel können eine       Elektrische explosionsgeschützte Geräte verhindern
Voraussetzung für das Entstehen einer Explosion       das Zusammentreffen von Zündquellen oder das
- die Zündquelle - ausschalten und sind so ein        Entstehen von solchen beim Einsatz von Elektrizität
wichtiger Beitrag zum Explosionsschutz. Im Wohn-      mit explosionsgefährlicher Atmosphäre. Sie verhin-
bereich wird durch bauliche Maßnahmen erreicht,       dern Explosionen wirksam, da die beiden anderen
dass sich im Normalfall keine explosionsfähige        Faktoren - in Arbeitsstätten der Sauerstoff der Luft
Atmosphäre bilden kann. Das bewusste Unterbinden      und vielfach auch der brennbare Stoff - häufig nicht
dieser Maßnahmen, z. B. der gezielte ungehinderte     mit Sicherheit und dauernd auszuschließen sind.

                                                                                                              13
Abbildung 3
Grundlagen Explosionsschutz

            Primärer                                                für die Definition des Schutzniveaus bei Geräten ist
                                                                    die Unterteilung explosionsgefährdeter Bereiche in
            Explosionsschutz                                        Zonen (Häufigkeit und Dauer des Auftretens gefähr-
                                                                    licher explosionsfähiger Atmosphäre, sowie die örtli-
            Maßnahmen des primären Explosionsschutzes               chen Umgebungsbedingungen). Weiterhin notwendig
            zielen darauf ab, die brennbaren Stoffe oder den        ist die Kenntnis der explosionstechnischen Kenn-
            Luftsauerstoff zu ersetzen oder ihre Mengen so zu       zahlen brennbarer Stoffe (Temperaturklassen, Zünd-
            verringern, dass die Bildung eines explosionsfähigen    temperaturen der Stäube, Explosionsuntergruppen
            Gemisches ausgeschlossen wird.                          etc.) sowie die örtlichen Umgebungsbedingungen.

            Eine erhöhte Luftzufuhr - Spülung - durch Belüftung     Die explosionstechnischen Kennzahlen dienen dem
            kann durch bauliche Maßnahmen erreicht werden;          Betreiber zur genauen Benennung der Gefahr im
            z. B. durch einen offenen Aufbau bei Tankstellen,       Bereich, dem Betriebsmittelhersteller zur Auswahl
            in denen es nur einen sehr eingeschränkten explo-       einer geeigneten Lösung für die Betriebsmittel und
            sionsgefährdeten Bereich gibt.                          schließlich dem Errichter für die Auswahl und Zuord-
                                                                    nung der geeigneten Geräte. Schließlich finden sich
            Der Ersatz des Luftsauerstoffs ist in Arbeitsstätten,   die Angaben in der Gerätekennzeichnung wieder.
            in denen sich Menschen aufhalten, unmöglich,
            deshalb beschränken sich die Maßnahmen dort auf:        Die Vorgehensweise bei der Anwendung der Schutz-
            – die Vermeidung oder Einschränkung des                 maßnahmen des sekundären Explosionsschutzes
               Einsatzes von brennbaren Stoffen, die eine           werden im nächsten Kapitel detaillierter behandelt.
               explosionsfähige Atmosphäre bilden können

            – die Verhinderung oder Einschränkung des
              Austritts von brennbaren Stoffen und damit der
              Bildung explosionsfähiger Gemische, sowohl
                                                                    Tertiärer
              im Inneren als auch in der Umgebung von
              Armaturen,
                                                                    Explosionsschutz
              z. B. durch:                                          Reichen die primären und sekundären Explosions-
                                                                    schutzmaßnahmen nicht aus, müssen zusätzliche
                – Konzentrationsbegrenzung
                                                                    Schutzmaßnahmen getroffen werden. Diese dienen
                – Inertisierung in einem Umgehäuse                  dazu, die Auswirkungen einer Explosion zu begren-
                                                                    zen bzw. auf ein unbedenkliches Maß zu reduzieren.
                – natürliche oder technische Belüftung
                                                                    Zu den gängigsten Maßnahmen zur Begrenzungen
                – Konzentrationsüberwachung durch                   gefährlicher Auswirkungen von Explosionen
                  Gaswarnanlagen, mit Warnung und/oder              gehören:
                  Abschaltung
                                                                    – Explosionsfeste Bauweise: Behälter, Apparate,
                                                                      Rohrleitungen werden druckstoßfest gebaut, um

            Sekundärer                                                einer Explosion im Inneren standzuhalten.

                                                                    – Explosionsdruckentlastung: Berstscheiben oder
            Explosionsschutz                                          Explosionsklappen werden eingesetzt, um beim
                                                                      Entstehen einer Explosion in eine ungefährliche
            Ist die Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen      Richtung zu öffnen und zu bewirken, dass die
            Atmosphäre in einer Menge, die Maßnahmen zum              Anlage nicht über ihre Explosionsfestigkeit
            Schutz der Arbeitnehmer vor Explosionsgefahren            hinaus beansprucht wird.
            erforderlich macht, trotz Maßnahmen des primären
                                                                    – Explosionsunterdrückung und
            Explosionsschutzes möglich, muss die Zündung
                                                                      Verhindern der Explosionsübertragung:
            dieser gefährlichen explosionsfähigen Atmos-
                                                                      Explosionsunterdrückungseinrichtungen
            phäre wirksam verhindert werden. Alle möglichen
                                                                      verhindern durch schnelles Einblasen von
            Zündquellen werden beurteilt und entsprechende
                                                                      Löschmitteln in Behälter und Anlagen das
            Schutzmaßnahmen angewendet.
                                                                      Erreichen des maximalen Explosionsdruckes.
                                                                      Durch explosionstechnische Entkopplung werden
            Wirksame Zündquellen an Geräten und Anlagen
                                                                      mögliche Explosionen auf einzelne Anlagenteile
            werden z.B. mit Hilfe von Zündschutzarten entspre-
                                                                      beschränkt.
            chend des Schutzniveaus vermieden. Grundlage

14
Sekundärer
Explosionsschutz
Hierunter werden Prinzipien verstanden, die
Geräte und Komponenten als Zündquelle
ausschließen.

Bedeutung und
                                                       Pumpenhaus (Gase und Dämpfe)

Nutzen der
Zoneneinteilung
in Arbeitsstätten
Es hat sich bewährt, explosionsgefährdete Bereiche
in Zonen einzuteilen. Diese Einteilung berück-
sichtigt die unterschiedlichen Gefahren durch
explosionsfähige Atmosphären und ermöglicht
einen Explosionsschutz, der den Verhältnissen
sowohl aus sicherheitstechnischer Sicht als auch       Abbildung 4

der Wirtschaftlichkeit entspricht. Für die Europäi-
sche Union ist die Zonendefinition in der Richtlinie
1999/92/EG einheitlich geregelt. Sie muss mit          Silo (Staub)
Sachverstand auf die konkreten Verhältnisse
übertragen werden.

Explosionsgefährdete Bereiche werden nach Häu-
figkeit und Dauer des Auftretens von explosions-
fähiger Atmosphäre in Zonen unterteilt.

Die Darstellungen in Abb. 4 und 5 sind als Anregung
zu sehen. Im konkreten Fall sind für die Zonen-
einteilung viele Details und Einflussfaktoren zu
berücksichtigen.

                                        Bildlegende

                                    Zone 0, Zone 20

                                    Zone 1, Zone 21

                                    Zone 2, Zone 22

                                                       Abbildung 5 (Quelle: Fa. AZO, Osterburken)

                                                                                                    15
Grundlagen Explosionsschutz

            Explosionsgefährdete Bereiche
                                                                    Anmerkungen:
            Gase, Dämpfe
            Zone 0                                                  1. Schichten, Ablagerungen und Aufhäufungen
            Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphäre als            von brennbarem Staub sind wie jede
            Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen             andere Ursache, die zur Bildung einer
            oder Nebeln ständig, über lange Zeiträume oder             explosionsfähigen Atmosphäre führen kann,
            häufig vorhanden ist.                                      zu berücksichtigen.
            Zone 1
                                                                    2. Als Normalbetrieb gilt der Zustand, in
            Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich
                                                                       dem Anlagen innerhalb ihrer Ausle-
            eine explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus
                                                                       gungsparameter benutzt werden.
            Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln
            bilden kann.                                            3. Die Definitionen für explosionsfähige
            Zone 2                                                     Atmosphären entsprechen den
            Bereich, in dem bei Normalbetrieb eine explosions-         europäischen Richtlinien und EN-IEC
            fähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brenn-          Normen:
            baren Gasen, Dämpfen oder Nebeln normalerweise
                                                                       – Explosionsfähige Atmosphäre:
            nicht oder aber nur kurzzeitig auftritt.
                                                                         Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen,
                                                                         Dämpfen, Nebeln oder Stäuben
            Staub
                                                                         unter atmosphärischen Bedingungen,
            Zone 20
                                                                         indem sich der Verbrennungsvorgang
            Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphäre
                                                                         nach erfolgter Entzündung auf das
            in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem
                                                                         gesamte unverbrannte Gemisch
            brennbaren Staub ständig, über lange Zeiträume
                                                                         überträgt.
            oder häufig vorhanden ist.
            Zone 21                                                    – Gefährliche explosionsfähige
            Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich          Atmosphäre:
            eine explosionsfähige Atmosphäre in Form einer               Explosionsfähige Atmosphäre, die bei
            Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbaren                 Explosion zu Schaden führt und
            Staub bilden kann.                                           Maßnahmen zum Schutz der
            Zone 22                                                      Arbeitnehmer vor Explosionsgefahren
            Bereich, in dem bei Normalbetrieb eine explosions-           erforderlich machen.
            fähige Atmosphäre in Form einer Wolke aus in der
            Luft enthaltenem brennbaren Staub normalerweise
            nicht oder aber nur kurzzeitig auftritt.
                                                                  Organisatorische Maßnahmen
            IEC 60079-10-1 geht für Gase und Dämpfe von einer     Hersteller explosionsgeschützter Systeme, Geräte
            annähernd gleichen Einteilung aus, die auch für       und Komponenten, Errichter und Betreiber von
            zukünftige Anlagen nach USA-Norm NEC 505 Gül-         Anlagen schaffen gemeinsam die Voraussetzungen
            tigkeit hat. IEC 60079-10-2 gibt Unterstützung für    für den sicheren Betrieb von Anlagen in explosions-
            die Zoneneinteilung bei Stäuben und gilt auch für     gefährdeten Bereichen. Beim Betreiber ist das
            Anlagen, die nach der US-Norm NEC 506 errichtet       Wissen der Mitarbeiter um die Zusammenhänge
            wurden.                                               des Explosionsschutzes und um die getroffenen
                                                                  Maßnahmen, die zu ihrer Vermeidung angewendet
            Aus dieser Einteilung ergibt sich der Umfang der zu   werden, eine wichtige Voraussetzung dafür.
            ergreifenden Maßnahmen nach Anhang II, Abschnitt
            A der Richtlinie 1999/92/EG in Verbindung mit         Über den Inhalt des Explosionsschutzdokumentes
            Anhang I der Richtlinie 2014/34/EU.                   nach Richtlinie 1999/92/EG in Europa und die
                                                                  betrieblich geltenden Regelungen sollten die
            In Arbeitsstätten weisen die explosionsgefährdeten    Mitarbeiter in regelmäßigen Zeitabständen geschult
            Bereiche allgemein höchstens Zone 1 oder 2 und 21     und mit schriftlichen Betriebsanweisungen, die
            oder 22 auf. Die Zonen 0 und 20 beschränken sich      regelmäßig aktualisiert werden müssen, informiert
            auf sehr kleine unzugängliche Abschnitte von          werden.
            Arbeitsstätten oder sind in der Regel dem Innenbe-
            reich technologischer Einrichtungen vorbehalten.

16
Explosionstechnische                                    Temperatur-
                                                        klassen
                                                                                                     Zündtemperatur-
                                                                                                     bereich
                                                                                                                                zulässige
                                                                                                                                Oberflächen-

Kennzahlen                                              T1
                                                                                                     der Gemische
                                                                                                     > 450 °C
                                                                                                                                temperatur der Geräte
                                                                                                                                450 °C
Damit eine optimierte Zuordnung der Maßnahmen           T2                                           > 300 °C ... ≤ 450 °C      300 °C
zum Explosionsschutz zu den chemisch-physikali-         T3                                           > 200 °C ... ≤ 300 °C      200 °C
schen Eigenschaften der brennbaren Gase, Dämpfe
und Stäube erfolgen kann und damit eine Standar-        T4                                           > 135 °C ... ≤ 200 °C      135 °C
disierung der Zündschutzarten für die Hersteller        T5                                           > 100 °C ... ≤ 135 °C      100 °C
möglich ist, wurde ein System explosionstechni-         T6                                           > 85 °C ... ≤ 100 °C       85 °C
scher Kennzahlen geschaffen. Diese werden nach
                                                        Tabelle 1
anwendungsorientierten vereinbarten Prüfverfahren
bestimmt.
                                                         Zündtemperatur von Stäuben
Damit brennbare Stoffe durch die Reaktion mit            (Schicht und Wolke)
dem Sauerstoff in der Luft einen explosionsartigen
                                                         Für Stäube ist das Bestimmungsverfahren der
Ablauf hervorrufen können, ist die Zufuhr von
                                                         Zündtemperatur ebenfalls vereinheitlicht und in
Energie erforderlich.
                                                         dem Dokument EN-ISO/IEC 80079-20-2 festge-
                                                         schrieben. Zu beachten ist, dass der Staub in abge-
Diese Energie wird beispielsweise an Flächen aus-
                                                         lagerter Form - als Schicht - und in aufgewirbelter
getauscht. Eine erwärmte Fläche erhöht den Ener-
                                                         Form - als Wolke - unterschiedliche Zündtemperatu-
gieinhalt des kontaktierenden explosionsfähigen
                                                         ren aufweist (lese: schwelend).
Gemisches. Bei ausreichender Oberflächentempera-
tur führt dann der erhöhte Energieinhalt im Gemisch
                                                         Die zulässige Oberflächentemperatur (für den Staub
zum Ablauf der Explosionsreaktion. Die Energie kann
                                                         zugängliche Teile der Systeme, Geräte und Kompo-
aber auch durch einen Funken oder einen aus einem
                                                         nenten) ergibt sich, indem von der Zündtemperatur
Spalt austretenden heißen Gasstrahl in das explosi-
                                                         der Staubschicht der Wert 75 K (Tmax.= T5 mm - 75 K)
onsfähige Gemisch eingebracht werden. Beide Arten
                                                         abgezogen wird und von der Zündtemperatur der
führen zur Festlegung unterschiedlicher explosions-
                                                         Staubwolke 2/3 (Tmax.= 2/3 TWolke) errechnet wird.
technischer Kennwerte.

                                                         Die zulässige Oberflächentemperatur des Betriebs-
                                                         mittels muss immer kleiner sein als das niedrigste

Zündtemperatur                                           Ergebnis der mit den oben genannten Formeln
                                                         ermittelten Tmax-Werte. Für Stäube sind keine
                                                         Temperaturklassen definiert, es muss also immer
Temperaturklassen der Gase                               eine konkrete Staubart betrachtet werden. Die
                                                         Parameter werden in umfangreichen Tabellen zur
und Dämpfe                                               Verfügung gestellt, Laboratorien ermitteln die Werte
Vielfältige Faktoren wie Größe, Gestalt, Art und         auf Anfrage, eine kleine, nicht amtliche Übersicht
Beschaffenheit der Oberfläche beeinflussen die           enthält die folgende Tabelle 2.
Zündtemperatur. ISO, IEC und CENELEC haben sich
für Gase und Dämpfe auf ein EN-ISO/IEC 80079-
                                                                                          400
20-1 festgelegtes „Verfahren zur Ermittlung der
                                                                                           °C
Zündtemperatur“ verständigt. Dieses Verfahren
wurde so definiert, dass mit ihm der niedrigste,
                                                                         Max. zulässige
                                                      Oberflächentemperatur des Gerätes

praktisch mögliche Wert sehr nahe bestimmt wird.                                          300

Nach diesem Verfahren teilt man die Gase und
Dämpfe in Temperaturklassen ein. Gemäß diesen
                                                                                          200
Temperaturklassen werden explosionsgeschützte
Betriebsmittel und andere technologische Einrich-
tungen in ihren Oberflächentemperaturen so aus-
gelegt, dass eine Oberflächentemperaturzündung                                            100

ausgeschlossen wird. In den Normen sind zulässige
Überschreitungen und zwingende Unterschreitun-
gen dieser Regelwerte differenziert festgelegt.                                            0
                                                                                                0      10       20      30         40       50 mm

                                                                                                                             Schichtdicke
                                                                                                Abbildung 6

                                                                                                                                                    17
Grundlagen Explosionsschutz

Beispiele für Zündtemperaturen von Stäuben
Bezeichnung              Zündtemperatur Zündtemperatur                                 Zulässige Grenztemperatur des Gerätes
des Feststoffes            EN ISO/IEC         EN ISO/IEC                    Kleinster Wert der Rechnung (T5 mm Schicht -75 K) und 2/3* TWolke
                           80079-20-2        80079-20-2
                                                                > 300    > 280    > 260    > 230    > 215     > 200    > 180    > 165     > 160    > 135
                          T5 mm Schicht (°C) T5 mm Wolke (°C)
                                                                ...450   ...300   ...280   ...260   ...230    ...215   ...200   ...180    ...165   ...160

Stäube von Naturprodukten (Beispiele)
Baumwolle                      350                560                              275

Braunkohle                     225                380                                                                                               150

Cellulose                      370                500                     295

Getreide                       290                420                                                          215

Holzmehl                       300                400                                                225

Kakao                          460                580            385

Kork                           300                470                                                225

Kraftfutter                    295                525                                                220

Milchpulver                    340                440                              265

Papier                         300                540                                                225

Soja                           245                500                                                                            170

Stärke                         290                440                                                          215

Steinkohle                     245                590                                                                            170

Tabak                          300                450                                                225

Tee                            300                510                                                225

Weizenmehl                     450                480            320

Stäube von chemisch-technischen Produkten (Beispiele)
Celluloseether                 275                330                                                                   200

Isosorbiddinitrat              240                220                                                                                               146

Kautschuk                      220                460                                                                                               145

Petrolkoks                     280                690                                                          205

Polyvenylacetat                340                500                              265

Polyvenylchlorid               380                530            305

Ruß                            385                620            310

Schichtpressstoff              330                510                                       255

Schwefel                       280                280                                                                   186

Metallstäube (Beispiele)
Aluminium                      280                530                                                          205

Bronze                         260                390                                                                   185

Eisen                          300                310                                                          206

Magnesium                      410                610            335

Mangan                         285                330                                                          210

Tabelle 2

18
Explosionsuntergruppen                                     Der Wert der Grenzspaltweite ist von erheblicher Bedeu-
                                                           tung für Konstruktionen der Zündschutzart „Druckfeste

für Gase/Dämpfe                                            Kapselung“; der Wert des Mindestzündstromverhältnisses
                                                           für solche der Zündschutzart „Eigensicherheit“. Für diese
                                                           beiden Zündschutzarten sind die Untergruppen IIA, IIB und
Mindestzündstromverhältnis (MIC)
                                                           IIC der Gase und Dämpfe von Bedeutung. Die Aussagen für
Grenzspaltweite (MESG)
                                                           Gase und Dämpfe lassen sich annähernd auch auf Nebel
Die Zündung an heißen Flächen läuft in einem verhält-
                                                           übertragen.
nismäßig großen „makroskopischen“ Teil der Gemische
ab. Dagegen breitet sich die durch einen Funken
                                                           Für die Beurteilung von Bedingungen, die die Eigensicher-
verursachte Zündung von einem vergleichsweise
                                                           heit betreffen, werden die MIC-Verhältniswerte üblicher-
kleinen „mikroskopischen“ Teil des Volumens aus. Die
                                                           weise nicht verwendet. Da es auch um Spannungen geht, ist
Entladung eines Kondensators (Staub) oder die Unter-
                                                           es vorzuziehen, die Mindestzündenergie M I E [in Joule] von
brechung eines vereinbarten ohmschen/induktiven
                                                           Gasen und Dämpfen zu verwenden, wobei eine allgemein
Stromkreises (Gas und Dämpfe) wird zur Einteilung der
                                                           akzeptierte, aber indikative Tabelle für die Gruppen IIA, IIB
brennbaren Stoffe nach ihrer Entzündbarkeit im mikro-
                                                           oder IIC wie folgt zur Verfügung steht:
skopischen Teil des Gemischvolumens genutzt.

                                                           – IIA    MIE = 180 µJ
Für die Graduierung der Zündung der Gase und Dämpfe
im Stromkreis mit einer in EN-IEC 60079-11 festgeleg-      – IIB    MIE = 60 µJ
ten Apparatur wird eine Vergleichszahl zu Methan
                                                           – IIC    MIE = 20 µJ
mit einem Normstromkreis verwendet. Diese Ver-
gleichszahl ist das Mindestzündstromverhältnis MIC.
Danach lassen sich die Gase und Dämpfe innerhalb der
Explosionsgruppe II in die Untergruppen IIA, IIB und IIC
                                                           Explosionsuntergruppen
einteilen, wobei Methan zum Verhältnis 1 wird.             für brennbare Stäube
                                                           Aus der Sicht der Elektrotechnik können die Stäube nicht
Eine analoge Einteilung ergibt sich, wenn die Zünd-
                                                           so feingliedrig zugeordnet werden, wie die chemisch
fähigkeit eines aus einem Spalt austretenden heißen
                                                           definierten Gase und Dämpfe. Deshalb begnügt man sich
Gasstrahls zur Klassifizierung genutzt wird. Das ist das
                                                           mit Art und Leitfähigkeit des Staubes zur Unterteilung. Die
urspüngliche Verfahren. Später wurden die Grenzen der
                                                           EN-ISO/IEC 80079-20-2 beinhaltet das Prüfverfahren zur
MIC-Werte an die MESG-Werte angeglichen. In EN-ISO/
                                                           Bestimmung des spezifischen elektrischen Widerstandes
IEC 80079-20-1 „Prüfverfahren zur Feststellung der
                                                           von Stäuben. Entsprechend dieses Widerstandes werden
experimentell ermittelten Grenzspaltweite“ ist eine
                                                           Stäube in 3 Untergruppen aufgeteilt:
Apparatur vereinbart, bei der ein kugelförmiges Gasvo-
lumen von 20 cm³ von zwei Halbkugelschalen gebildet
                                                           – IIIA   brennbare Flusen
wird. Diese weisen einen Flansch von 25 mm Breite auf.
Dieses Kugelgebilde wird in einem größeren Gefäß           – IIIB	nicht leitfähiger brennbarer Staub,
angeordnet und beide Räume werden mit dem Gemisch                  spezifischer elektrischer Widerstand > 10³ Ω • m
gefüllt, für welches die Bestimmung der Grenzspalt-
                                                           – IIIC	leitfähiger brennbarer Staub,
weite vorgenommen werden soll. Der Abstand des
                                                                   spezifischer elektrischer Widerstand ≤ 10³ Ω • m
25 mm breiten Flansches, bei dem bei zehn Zündungen
im Kugelvolumen gerade keine Zündung des Gemisches
im äußeren Gefäß hervorgerufen wird, ist eine gemisch-     Die Mindestzündenergie, eine dem Mindestzündstrom
spezifische Größe und wird als maximal experimentell       ähnliche Größe, wird nach EN-ISO/IEC 80079-20-2 für
ermittelte sichere Spaltweite - MESG - bezeichnet.         brennbare Stäube oder Flugstoffe ermittelt und liegt im
                                                           mJ-Bereich (um den Faktor 1000 höher als die MZE für
Die Vorgänge der Verhinderung oder des Stattfin-           Gase und Dämpfe).
dens der Explosionsübertragung im Spalt sind sehr
komplex. Die Einteilung der Gase und Dämpfe nach der
Grenzspaltweite ergibt angenähert - mit geringen Über-
schneidungen - die gleiche Zuordnung, wie sie nach
dem Mindestzündstromverhältnis erfolgt. EN-ISO/IEC
80079-20-1 liefert eine Übersicht über die Zuordnung
zu den beiden Bestimmungsverfahren MESG und MIC.

                                                                                                                           19
Grundlagen Explosionsschutz

 Beispiele für die Zuordnung von Gasen und Dämpfen zu den jeweiligen
 Temperaturklassen und Explosionsuntergruppen
 Untergruppen (Kennzeichnung)

 IIA                                  IIB                            IIC                   Zuordnung der Gase      Temperaturklasse
                                                                                           und Dämpfe nach der
                                                                                           Zündtemperatur
 Aceton                               Stadt-(Leucht-) gas            Wasserstoff           > 450 °C                T1
 Ammoniak
 Benzol - rein
 Essigsäure
 Ethan
 Ethylacetat
 Ethylchlorid
 Methan
 Methanol
 Methylenchlorid
 Naphthalin
 Phenol
 Propan
 Toluol
 n-Amylacetat                         Butanol (Butylalkohol)         Acetylen (Ethin)      > 300 °C bis < 450 °C   T2
 n-Butan                              Ethanol (Ethylalkohol)
 Essigsäureanhydrit                   Ethylen
                                      Ethylenoxid
 Cyclohexan                           Schwefelwasserstoff                                  > 200 °C bis < 300 °C   T3
 Petroleum
 Dieselkraftstoff
 Düsenkraftstoff (Kerosin)
 n Hexan
 Acetaldehyd                          Ethylether                                           > 135 °C bis < 200 °C   T4

                                                                                           > 100 °C bis < 135 °C   T5

 Ethylnitrit                                                         Schwefelkohlenstoff    > 85 °C bis < 100 °C   T6

 Zuordnung der Gase und Dämpfe nach:
 1. Grenzspaltweite (MESG)

 > 0.9 mm                     0.5 mm < MESG < 0.9 mm        < 0.5 mm

 2. Mindestzündstromverhältnis (MIC-Verhältnis) (bezogen auf Methan = 1)

 > 0.8                        0.45 < MIC < 0.8              < 0.45

 Explosionsuntergruppe

 IIA                          IIB                           IIC

Tabelle 3

20
Schutzprinzipien                                     Explosionsfähige Gemische können in das Betriebs-
                                                     mittel, in dem sich eine Zündquelle befinden kann,
                                                     eindringen und gezündet werden. Die Übertragung
Um zu verhindern, dass Geräte und Komponenten
                                                     der im Inneren ablaufenden Explosion auf den
zu Zündquellen werden, sind vier Schutzprinzipien
                                                     umgebenden Raum wird ausgeschlossen.
definiert.

                                                     Zündschutzarten Beispiele:
Die Schutzprinzipien können für elektrische und
                                                     – Druckfeste Kapselung (Ex d) -
nicht-elektrische Betriebsmittel und für Gase oder
                                                       elektrische und nicht-elektrische Geräte
Stäube angewendet werden. Die Prinzipien ermög-
lichen eine Auslegung in verschiedenen Sicher-       – Sandkapselung (Ex q) - elektrische Geräte
heitskategorien gemäß der Richtlinie 2014/34/EU
bzw. dem Geräteschutzniveau (EPL) nach der Reihe
EN- IEC 60079-0:
                                                     Das Betriebsmittel besitzt eine Kapselung, die das
                                                     Eindringen des explosions-fähigen Gemisches und/
Geräte-       sehr hoher Schutzgrad                  oder den Kontakt mit den funktionsbedingten mög-
kategorie 1   und damit sehr hohes Maß an            lichen inneren Zündquellen verhindert.
              Sicherheit
                                                     Zündschutzarten Beispiele:
Geräte-       hoher Schutzgrad                       – Überdruckkapselung (Ex p) -
kategorie 2   und damit hohes Maß an Sicherheit        elektrische und nicht-elektrische Geräte

                                                     – Schutz durch Gehäuse (Ex t) - elektrische Geräte
Geräte-       normaler Schutzgrad
kategorie 3   und damit erhöhtes Maß an              – Ölkapselung (Ex o)  elektrische Geräte
              Sicherheit                             – Flüssigkeitskapselung (Ex h (alt k)) -
                                                       nicht-elektrische Geräte
Geräte-      sehr hoher Schutzgrad
schutzniveau und damit sehr hohes Maß an             – Vergusskapselung (Ex m) - elektrische Geräte
a            Sicherheit

Geräte-      hoher Schutzgrad und                    Explosionsfähige Gemische können in das Gehäuse
schutzniveau damit hohes Maß an Sicherheit           des Betriebsmittels eindringen, dürfen aber nicht
b                                                    gezündet werden.
                                                     Funken und zündfähige Temperaturen müssen
Geräte-      normaler Schutzgrad und damit           verhindert sein.
schutzniveau erhöhtes Maß an Sicherheit
c                                                    Zündschutzarten Beispiele:
                                                     – Erhöhte Sicherheit (Ex e) - elektrische Geräte
Eine wesentliche Grundvoraussetzung für alle
Schutzprinzipien ist, dass die Teile, zu denen die   – Konstruktive Sicherheit (Ex h (alt c)) -
explosionsfähige Atmosphäre ungehinderten              nicht-elektrische Geräte
Zugang hat, hinsichtlich der Zündtemperatur der
am Einsatzort vorhandenen Stoffe keine unzuläs-
sigen Temperaturen annehmen können. Damit ist
                                                     Explosionsfähige Gemische können in das Gehäuse
die Zündtemperatur für alle Schutzprinzipien von
                                                     des Betriebsmittels eindringen, dürfen aber nicht
Bedeutung. Vier Schutzprinzipien können Betriebs-
                                                     gezündet werden.
mittel als Zündquelle ausschließen. Die in der
                                                     Funken und erhöhte Temperaturen dürfen nur
Übersicht als Beispiel genannten Zündschutzarten
                                                     begrenzt auftreten.
werden in einem weiteren Abschnitt behandelt.

                                                     Zündschutzarten Beispiele:
Zündquellen, die aus Reib- und Schlagfunken sowie
                                                     – Eigensicherheit (Ex i) - elektrische Geräte
elektrostatischen Aufladungen herrühren, sind
an explosionsgeschützten Betriebsmitteln durch       – Zündquellenüberwachung (Ex h (alt b)) -
Werkstoffauswahl wie auch durch konstruktive           nicht-elektrische Geräte
Maßnahmen auszuschließen. Dieser Sachverhalt
wird durch entsprechende Prüfungen nachgewiesen
und bestätigt.

                                                                                                          21
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