GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK - Kommunales Wahlrecht in Deutschland

 
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GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK - Kommunales Wahlrecht in Deutschland
Daniela Leß
Gunnar Schwarting

GRUNDWISSEN
KOMMUNALPOLITIK
2. Kommunales Wahlrecht
   in Deutschland
FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

Über die KommunalAkademie
Bei der KommunalAkademie der Friedrich-Ebert-Stiftung qualifizieren sich
Kommunalpolitiker_innen für ihre politische Arbeit. Sie bietet Weiterbildung,
Beratung und Dialog für die kommunale Politik und das zivilgesellschaftliche
Engagement in der Kommune. Durch die Vermittlung von Fachwissen und
methodischer Kompetenz im Rahmen von Konferenzen, Seminaren, digitalen
Formaten oder Publikationen stärkt die KommunalAkademie die Entscheidungs-
und Handlungsfähigkeit insbesondere ehrenamtlich Engagierter in der
Kommunalpolitik.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) wurde 1925 gegründet und ist die tra­-
ditionsreichste politische Stiftung Deutschlands. Dem Vermächtnis ihres
Namensgebers ist sie bis heute verpflichtet und setzt sich für die Grund-
werte der Sozialen Demokratie ein: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
Ideell ist sie der Sozialdemokratie und den freien Gewerkschaften verbunden.
Die FES fördert die Soziale Demokratie vor allem durch:
– politische Bildungsarbeit zur Stärkung der Zivilgesellschaft;
– Politikberatung;
– internationale Zusammenarbeit mit Auslandsbüros in über 100 Ländern;
– Begabtenförderung;
– das kollektive Gedächtnis der Sozialen Demokratie mit u. a. Archiv
   und Bibliothek.

Herausgegeben von der Friedrich-Ebert-Stiftung,
Abteilung Politische Akademie, KommunalAkademie
Verantwortlich: Anne Haller
Redaktionsleitung: Prof. Dr. Gunnar Schwarting
Autorin: Daniela Leß
Überarbeitete Fassung: Prof. Dr. Gunnar Schwarting
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND

Daniela Leß
Gunnar Schwarting
                                                                 BEITETE
                                                            AR

GRUNDWISSEN

                                                     ÜBER
                                                                             20
                                                                    R   20
                                                            N    UA

KOMMUNALPOLITIK                                        JA

                                                                             E
                                                                         G
                                                                     A
                                                             A U F L

2. Kommunales Wahlrecht
   in Deutschland

INHALT

Vorbemerkung                                     2

2.1 Einführung                                   3

2.2 Wahlgrundsätze                               5

2.3 Wahlvorschläge und Listen                    6

2.4 Bürgermeister- (und Landrats-)Wahlen         8

2.5 Berücksichtigung von Ortsteilen              9

2.6 Wahlleitung und Wahlvorstände               10

2.7 Kommunalwahlrecht in den Ländern            11

Literaturverzeichnis                            21
Über die Autorin und den Autor dieser Ausgabe   22
Impressum                                       23
2                                                         FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

Vorbemerkung

Die erste Auflage dieser Handreichung von Daniela Leß       Die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin werden
wurde 2020 grundlegend von Prof. Dr. Gunnar Schwarting      nicht betrachtet.
überarbeitet. Die nun vorliegenden Ausführungen be-
fassen sich zunächst mit den allgemeinen Prinzipien des     Die Nomenklatur unterscheidet sich zwischen den Län-
Kommunalwahlrechts. Dazu gehören die Wahlgrund­             dern, auch wenn es sich um gleichartige Sachverhalte
sätze, die Einreichung von Wahlvorschlägen, die Be­         handelt. So wird stets
sonderheiten der Urwahl von Bürgermeister_innen und
Landrät_innen, die Berücksichtigung von Ortsteilen und      •   der Begriff der Kommunalverfassung bzw. des Kom-
der Wahlvorgang selbst. Danach folgt eine Darstellung           munalwahlgesetzes verwendet,
des Kommunalwahlrechts in den 13 Flächenländern.            •   von Gemeinderat und Kreistag gesprochen,
Zum besseren Verständnis werden nicht alle Einzelhei-       •   die Verwaltungsspitze mit Bürgermeister_in und Land-
ten in den Ländern aufgeführt – in aller Regel gibt es          rät_in bezeichnet,
ausführliche Informationen durch die/den jeweiligen         •   innerörtliche politische Gremien als Ortsteilvertretun-
Landeswahlleiter_in. Anders als in der letzten Auflage          gen benannt.
dieser Handreichung wird auch die Frage der Ortsteil­
vertretung berücksichtigt.
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                                                                            3

2.1 Einführung

In den Kreisen und Gemeinden muss – nach Art. 28
Abs. 1 GG – das Volk eine Vertretung haben, die aus      Das Sitzzuteilungsverfahren
allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und ge-
heimen Wahlen hervorgegangen ist. Damit gelten für       Die für eine Partei/Wählervereinigung abgegebenen
die Kommunalwahl die gleichen Prinzipien wie für die     Stimmen müssen in Sitze im Gemeinderat umge-
Wahlen zum Land- und zum Bundestag. Eine Besonder-       rechnet werden. Dabei soll die Sitzverteilung das
heit weisen die Kommunalwahlen allerdings auf; denn      Wahlergebnis möglichst getreu abbilden. Da die Zahl
wahlberechtigt und wählbar sind auch Staatsange­         der Sitze aber begrenzt ist, müssen Rechenverfahren
hörige aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen         gefunden werden, die diesem Anspruch am ehesten
Union. Voraussetzungen für die Teilnahme an der Wahl     entsprechen. Derzeit sind drei Verfahren in Ge-
sind                                                     brauch. Das älteste ist das Verfahren nach d’Hondt
                                                         (Divisor- oder Höchstzahlverfahren). Dabei werden
•   ein Mindestalter,                                    die Stimmen schrittweise durch 1, 2, 3 usw. dividiert.
•   der (Haupt-)Wohnsitz in der Gemeinde,                Nach der Reihenfolge dieser Ergebnisse werden die
•   kein Ausschluss vom Wahlrecht.                       Sitze zugewiesen. Das Verfahren ist in den Ländern
                                                         weitgehend abgelöst worden durch Verfahren nach
Das Kommunalwahlrecht liegt in der Gesetzgebungs-        Hare-Niemeyer oder nach Sainte-Laguë/Schepers.
kompetenz der Länder. Es ist zum einen niedergelegt in   Beim Verfahren nach Hare-Niemeyer werden die Sitze
den jeweiligen Kommunalverfassungen, zum anderen         nach dem Prozentanteil der Partei/Gruppierung ver-
in gesonderten Kommunalwahlgesetzen. Daher unter-        teilt – bleiben danach noch Sitze offen, werden sie
scheiden sich die Wahlsysteme zwischen den Ländern       nach dem sogenannten Nachkommarest verteilt. Das
nicht unwesentlich. In den letzten Jahrzehnten sind      Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers wiederum
darüber hinaus jedoch mehrere allgemeine Tendenzen       ähnelt der Methode nach d’Hondt – allerdings ist
zu beobachten gewesen, so                                der Divisor nicht ganzzahlig, sondern beträgt 0,5,
                                                         1,5, 2,5 usw.
•   die Einführung der Direktwahl von Bürgermeister_
    innen und Landrät_innen sowie der Möglichkeit zu     Die Verfahren sind im Einzelnen beschrieben im
    ihrer Abwahl,                                        Wahllexikon des Bundeswahlleiters
•   die Absenkung des aktiven Wahlalters in einer        (www.bundeswahlleiter.de).
    Reihe von Ländern auf 16 Jahre,
•   die Aufhebung der früher üblichen Sperrklauseln,
•   die Einführung offener Listenwahlen mit Mehrfach-
    stimmrecht in vielen Ländern,
•   die weitgehende Ablösung des früher üblichen Sitz-
    zuteilungsverfahrens nach d’Hondt.
4                                                        FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

Sitzzuteilungsverfahren in den Ländern                                                                  Schaubild 1

                                                 Zuteilungsverfahren
                                            für die Sitze im Gemeinderat

                         d’Hondt                  Hare-Niemeyer                 Sainte-Laguë/Schepers
                     Saarland, Sachsen                Bayern                     Baden-Württemberg
                                                   Brandenburg                   Nordrhein-Westfalen
                                                      Hessen                       Rheinland-Pfalz
                                             Mecklenburg-Vorpommern               Schleswig-Holstein
                                                  Niedersachsen
                                                 Sachsen-Anhalt
                                                    Thüringen

Eigene Darstellung

War früher – ähnlich wie im Bund und in den Ländern –       den Kommunalvertretungen deutlich gestiegen ist. Hin-
auch auf kommunaler Ebene ein Mindestanteil an Wäh-         zu kommt, dass mit der Möglichkeit, mehrere Stimmen
lerstimmen notwendig, um ein Mandat zu erreichen, so        zu vergeben die Rangfolge der Kandidat_innen auf den
ist diese Sperrklausel inzwischen überall abgeschafft       Listen verändert wird. Neuere Sitzzuteilungsverfahren
worden. Dadurch ist die Hürde zur Erlangung eines           berücksichtigen darüber hinaus kleinere Parteien oder
Mandats deutlich niedriger geworden. Das hat dazu ge-       Gruppierungen stärker als das Verfahren nach d’Hondt.
führt, dass die Zahl der Parteien und Gruppierungen in
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                                                                                        5

2.2 Wahlgrundsätze

Allgemein sind die Wahlen, wenn alle Wahlberechtig­                 Dritte (zum Beispiel Partner, Eltern) muss vom Wahl­
ten (abgesehen von sehr eng definierten Ausschlusskrite­            vorstand unterbunden werden. Hilfen sind nur in beson-
rien) in der jeweiligen Kommune an ihnen teilnehmen                 deren Ausnahmefällen zulässig.
können. Es gibt ein Wahlrecht, aber keine Wahlpflicht.
Die Beteiligung gerade an den Kommunalwahlen ist                    Geheim sind die Wahlen, wenn die Stimmabgabe unbe-
vergleichsweise gering und liegt meist zwischen 50 und              obachtet erfolgt und die ausgefüllten Stimmzettel ver-
60% der Wahlberechtigten. Viele Länder verbinden die                deckt in die Wahlurne geworfen werden. Eine Kennzeich­
Kommunalwahlen daher mit anderen Wahlgängen – 2019                  nung von Wahlzetteln, die Rückschlüsse auf Personen
haben acht Länder die Kommunalwahl auf den Termin                   zulassen, ist unzulässig.
der Europawahl gelegt. Einen bundesweit einheitlichen
Termin für die Durchführung der Kommunalwahlen gibt                 Gleich ist die Wahl, wenn die Stimmen aller Wahlberech-
es allerdings nicht. Auch der Beginn der Kommunal-                  tigten das gleiche Gewicht besitzen. Das früher geltende
wahlperiode und damit der Amtszeit des Gemeinde-                    Zensuswahlrecht, das die Wahlberechtigten nach Einkom­
rates oder Kreistages ist nur in einigen Ländern fixiert.           mens- oder Vermögensverhältnisse in Klassen einteilte, führt
                                                                    dagegen dazu, dass die Stimmen der oberen Klassen ein
Die Wahlen sind unmittelbar, wenn die Wahlberech-                   stärkeres Gewicht gegenüber anderen Klassen erhalten.
tigten mit ihrer Stimme die Vertreter_innen direkt be-              Keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ist das Mehr-
stimmen. Eine mittelbare Wahl läge dann vor, wenn                   fachstimmrecht, da alle Wahlberechtigten über die gleiche
lediglich die Vertretung für ein Gremium (Wahlmänner/               Anzahl an Stimmen verfügen. Wenn sie diese nicht voll-
Wahlfrauen) gewählt würde, das dann die eigentliche                 ständig ausnutzen, ist dies ihre eigene, freie Entscheidung.
Wahl vornehmen würde. Ein solches System besteht
u. a. für die Präsidentschaftswahlen in den USA.                    Die Grundsätze der freien und geheimen Wahl sind im
                                                                    Falle der Briefwahl nicht zu kontrollieren. Hier müssen
Frei sind die Wahlen, wenn auf die Stimmabgabe kein                 die einzelnen Wahlberechtigten selbst auf die Einhaltung
Zwang ausgeübt wird. Deshalb ist Wahlwerbung im                     der Grundsätze achten. Da die Zahl der Briefwähler_in-
Umfeld (und erst recht innerhalb) der Wahllokale unter-             nen kontinuierlich gestiegen ist, darf jedoch nicht unter-
sagt. Auch die Beeinflussung der Wahlhandlung durch                 schätzt werden, dass hier ein Problem entstehen könnte.

Die nächsten Kommunalwahlen finden statt … in …                                                                      Schaubild 2

   2020               Bayern, Nordrhein-Westfalen
   2021               Hessen, Niedersachsen
   2022               –
   2023               Schleswig-Holstein
   2024               Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland,
                      Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen

Die jeweiligen Termine können unter www.bundeswahlleiter.de abgerufen werden.
6                                                            FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

2.3 Wahlvorschläge und Listen

Für die Wahl müssen bis zu einem Stichtag vor der Wahl         doch nicht, dass die Kandidat_innen die Wahl später
bei der/dem Wahlleiter_in Kandidat_innenvorschläge             auch annehmen müssen. Hierfür gibt es nach Feststel-
eingereicht werden. Für jeden Wahlvorschlag sind Unter­        lung des Wahlergebnisses innerhalb einer bestimmten
schriften einer – je nach Gemeindegröße gestaffelten –         Frist wiederum ein gesondertes Verfahren.
Anzahl von Wahlberechtigten (Unterstützerunterschrift)
vorzulegen. Die Unterschrift besagt lediglich, dass die        Die Wahlvorschläge werden – soweit es sich nicht um
Unterzeichnenden damit einverstanden sind, dass die            Einzelkandidaturen handelt – in Listen zusammengefasst.
vorgeschlagenen Personen bei der Wahl kandidieren.             Diese Listen können – je nach Landesrecht – geschlossen
Anders ist das Verfahren bei Parteien/Gruppierungen,           oder offen sein. Bei einer geschlossenen Liste kann nur
die bereits im Gemeinderat oder auch im Landtag ver-           für Kandidat_innen der jeweiligen Liste gestimmt wer-
treten sind. Hier bedarf es einer nach den Statuten der        den. Offene Listen hingegen erlauben es auch, Stimmen
Organisation durchgeführten Versammlung zur Benen-             auf verschiedenen Listen abzugeben. Wie viele Stimmen
nung von Kandidat_innen. Für die Art und Weise dieser          die einzelnen Wahlberechtigten vergeben dürfen, ist
Versammlung und die Dokumentation der Ergebnisse ha-           gesetzlich geregelt. Bei offenen Listen sind es immer
ben die Länder detaillierte Vorgaben erlassen. Auch die        mehrere Stimmen, um Gelegenheit zu geben, Kandidat_
Vorschläge dieser Parteien/Gruppierungen sind von einer        innen unterschiedlicher Listen zu wählen. Die Stimm­
bestimmten Anzahl an Mitgliedern zu unterzeichnen.             vergabe zwischen mehreren Listen nennt man Pana-
                                                               schieren, die Mehrfachstimmvergabe innerhalb einer
Vorgeschlagene Bewerber_innen müssen erklären, ob              Liste Kumulieren („Häufeln).
sie zur Kandidatur bereit sind. Diese Erklärung kann
nicht widerrufen werden, denn sonst wäre der Zeitplan          Ein Problem ergibt sich für kleinere Parteien und Grup-
der Wahl nicht einzuhalten. Die Erklärung bedeutet je-         pierungen, wenn die Zahl der zu vergebenden Sitze im

Kumulieren und Panaschieren (bei 8 zu vergebenden Stimmen)                                                   Schaubild 3

Liste A               Kumulieren              Panaschieren             Liste B                Panaschieren
Kandidat_in 1			                                                       Kandidat_in 1
Kandidat_in 2         X                       X                        Kandidat_in 2           XX
Kandidat_in 3         XXX                                              Kandidat_in 3
Kandidat_in 4 			                                                      Kandidat_in 4
Kandidat_in 5         XX                      XX                       Kandidat_in 5           X
Kandidat_in 6         X                       XX                       Kandidat_in 6
Kandidat_in 7         X		                                              Kandidat_in 7
Kandidat_in 8			                                                       Kandidat_in 8

Eigene Darstellung
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                        7

Gemeinderat die Zahl ihrer Mitglieder übersteigt. Dies
betrifft vor allem jene Länder, in denen jede_r Wähler_in
so viele Stimmen hat, wie Sitze im Gemeinderat zu ver-
geben sind. Hier besteht die Gefahr, dass Stimmen „ver-
lorengehen“. Das gilt vor allem dann, wenn die Wähler_
innen lediglich die Liste ihrer favorisierten Partei/Grup-
pierung und nicht einzelne Kandidat_innen ankreuzen.
Um das zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, Kandi-
dat_innen für mehrere (bis zu drei) Plätze zu nominieren
(Mehrfachnennung). Auf diese Weise wird die Liste
„gefüllt“:

Mehrfachnennung von Kandidat_innen              Schaubild 4

Liste A              X        Liste A              X
Kandidat_in 1		               Kandidat_in 1
Kandidat_in 2		               Kandidat_in 1
Kandidat_in 3		               Kandidat_in 2
Kandidat_in 4		               Kandidat_in 2
		                            Kandidat_in 2
		                            Kandidat_in 3
		                            Kandidat_in 3
		                            Kandidat_in 4
Summe                4		                           8

Eigene Darstellung

In der linken Darstellung erhält jede_r Kandidat_in eine
Stimme; in der Summe entfallen damit vier Stimmen auf
die Liste. Bei der Mehrfachnennung, die auf der rechten
Seite der Abbildung dargestellt ist, werden alle acht
möglichen Stimmen berücksichtigt, weil die Namen der
Kandat_innen mehrfach aufgeführt sind.
8                                                          FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

2.4 Bürgermeister- (und Landrats-)Wahlen

Über die Bürgermeisterposition wird stets in einer Ein-      Diese Befähigung nicht unbedingt vom Bürgermeister,
zelwahl entschieden. Die Kandidat_innen können von           von der Bürgermeisterin zu verlangen, ist folgerichtig,
Parteien und Gruppierungen, aber auch von einer Reihe        da bei einer Wahl durch das Volk jedem die Möglichkeit
von Unterstützer_innen vorgeschlagen werden. Zu diffe­       gegeben sein muss, sich zur Wahl zu stellen, sofern es
renzieren sind ehrenamtliche Bürgermeister_innen für         keine besonderen Hinderungsgründe gibt. Hierzu zählt
kleine Gemeinden und hauptamtliche Bürgermeister_            in einigen ostdeutschen Ländern die Versicherung, nicht
innen für mittlere und größere Gemeinden. Die Wahl­-         für das Ministerium für Staatssicherheit tätig gewesen
pe­rio­de ehrenamtlicher Bürgermeister_innen entspricht      zu sein. Eine Reihe von Ländern kennt darüber hinaus
der Kommunalwahlperiode – in den meisten Ländern             ein vom Kommunalwahlrecht abweichendes Mindest­
weicht die Amtszeit hauptamtlicher Bürgermeister_in-         alter sowie ein Höchstalter für die Wählbarkeit.
nen hiervon ab, sodass die Wahlen zeitlich auseinander­
fallen. Ehrenamtliche Bürgermeister_innen sind Ehren-        Gerade in kleineren Gemeinden stellt sich mancherorts
beamt_innen, hauptamtliche Bürgermeister_innen Wahl-         das Problem, dass keine Kandidat_innen für die Direkt­
beamt_innen auf Zeit. In den meisten Ländern können          wahl gefunden werden können. In solchen Fällen er-
Bürgermeister_innen auch abgewählt werden.                   folgt in den meisten Ländern die Wahl eines/einer Bür-
                                                             germeisters/Bürgermeisterin aus der Mitte des Rates.
Besondere Qualifikationsanforderungen werden an              Gelingt dies nicht, können die Wahlberechtigten auch
die Bewerber_innen nicht gerichtet. In einigen Ländern       jede_n wählbare_n Bürger_in aus der Gemeinde auf
wird allerdings verlangt, dass ein_e Beigeordnete_r oder     den Wahlzettel schreiben (bei markanten Handschriften
leitende_r Beamt_in der Verwaltung die Befähigung            ist nicht auszuschließen, dass Rückschlüsse auf einzelne
zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst            Wähler_innen möglich sind). Gewählt ist dann die Per-
(in kleineren Gemeinden auch die Voraussetzungen für         son mit den meisten Stimmen. Lehnt diese das Amt ab,
den – früheren – gehobenen Verwaltungsdienst) besitzt,       so ist die Kommunalaufsicht gefordert, eine Lösung zu
wenn dies nicht auf die/den Bürgermeister_in selbst zu-      finden. So kann die/der Bürgermeister_in einer benach-
trifft. In Gemeinden ohne eigene hauptamtliche Verwal-       barten Gemeinde gebeten werden, das Amt zu über-
tung entfällt diese Voraussetzung selbstverständlich.        nehmen. Im Extremfall ist die Bestellung eines Beauf-
                                                             tragten durch die Aufsichtsbehörde erforderlich.
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                                                                            9

2.5 Berücksichtigung von Ortsteilen

Ein Problem nicht nur in größeren Städten ist die Reprä-    • Ist die Einrichtung von Ortsteilen und Ortsteilvertre-
sentanz der Ortsteile in der Kommunalpolitik. Daher           tungen in das Ermessen der Gemeinde gestellt oder
gibt es in allen Ländern Möglichkeiten, in den Ortsteilen     gesetzlich verpflichtend?
eigene Vertretungen zu schaffen. In größeren Städten        • Gibt es Differenzierungen zwischen Gemeindegrup-
dient das einer gewissen Entlastung der Ratsarbeit, um        pen?
ortsteilspezifische Probleme aufzugreifen, gegebenen-       • Ist die Bildung von Ortsteilen flächendeckend erfor-
falls auch direkt vor Ort zu lösen. Die Bildung von Orts-     derlich oder selektiv möglich?
teilen mit einer eigenen Repräsentanz spielt zudem eine     • Wird im Ortsteil eine eigene Vertretung gebildet?
wichtige Rolle bei Eingemeindungen, da so den einge-          Wer legt deren Größe fest? Wird sie von den Wahl-
meindeten Orten ein gewisses Maß an Selbstverwaltung          berechtigten im Ortsteil direkt gewählt oder vom
verbleibt. Schließlich kann es auch einfach das Bestre-       Gemeinderat bestellt?
ben sein, den eigenen Charakter der Ortsteile zu unter-     • Wer führt den Vorsitz in der Ortsteilvertretung (Bür-
streichen.                                                    germeister_in, ein Mitglied aus der Mitte der Vertre-
                                                              tung, Ortsrepräsentant_in)?
Zwar bemühen sich Parteien und Gruppierungen bei der        • Gibt es eine_n Ortsrepräsentant_in? Besteht diese
Aufstellung ihrer Listen darum, alle Ortsteile angemes-       Funktion zusätzlich zur Ortsteilvertretung oder tritt
sen zu berücksichtigen („Reißverschlussverfahren“), in-       sie an die Stelle der Vertretung? Wird die/der Orts­
dem Kandidat_innen aller Ortsteile ausgewählt werden.         repräsentant_in von den Wahlberechtigten im Orts-
Das gelingt im Prinzip jedoch nur in den Ländern mit          teil direkt gewählt, von der Ortsteilvertretung ge-
geschlossenen Listen und nur einer zu vergebenden             wählt oder vom Gemeinderat bestellt?
Stimme (Nordrhein-Westfalen, Saarland). In den Län-         • Welche Befugnisse werden der Ortsteilvertretung
dern, in denen Kumulieren und Panaschieren möglich            bzw. der/dem Ortsrepräsentant_in eingeräumt?
ist, also Einzelpersonen von den Wähler_innen ange-         • Kann die Bildung von Ortsteilen auch rückgängig
kreuzt werden können, verändert sich die vorab durch          gemacht werden?
die Parteien und Gruppierungen festgelegte Rangfolge
auf den Listen häufig. Wähler_innen entscheiden im          Die Antwortmöglichkeiten sind außerordentlich vielfäl-
Prinzip also selbst über die endgültige Listenplatzierung   tig, da nicht nur die gesetzlichen Regeln zu betrachten
der Kandidat_innen. Daher gibt es in den Ländern sehr       sind. Vielmehr können die Gemeinden in vielen Fragen
unterschiedliche und komplexe Verfahren, um die Be-         eigenständig entscheiden. Sofern Ortsteile durch ge-
lange von Ortsteilen zu sichern. Zu diesen Instrumenten     meindliche Satzung gebildet wurden, kann diese Unter-
gehören die Bildung von Wahlkreisen/-bereichen, aber        gliederung des Gemeindegebietes auch wieder rück-
auch die Wahl eigener Ortsteilvertretungen. Folgende        gängig gemacht werden, wenngleich das politisch
Fragen sind dabei zu klären:                                schwierig sein dürfte. Anders verhält es sich, wenn in
                                                            Eingemeindungsverträgen die Festlegung der eingeglie-
                                                            derten Bereiche als Ortsteil(e) vereinbart wurde.
10                                                              FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

2.6 Wahlleitung und Wahlvorstände

Wahlleiter_in ist bei allgemeinen Kommunalwahlen                  Nach Schließung des Wahllokals übernimmt der Wahl-
die/der Bürgermeister_in bzw. Landrät_in. Bei Urwahlen,           vorstand die Auszählung der abgegebenen Stimmen
in denen die/der Bürgermeister_in oder die/der Land­              und übermittelt das Ergebnis dem Wahlleiter. Auch die-
rät_in selbst zur Wahl stehen, übernimmt die Aufgabe              ser Vorgang ist unter den gleichen Bedingungen öffent-
deren allgemeine_r Vertreter_in. Der/dem Wahlleiter_in            lich. Es versteht sich von selbst, dass die Wahlvorstände
zur Seite steht der Wahlausschuss aus Mitgliedern der             ihr Amt nicht nur gewissenhaft, sondern auch unpar­
Kommunalvertretung, der über die Zulässigkeit der Wahl-           teiisch versehen. Sie haben über Erkenntnisse, die sie
vorschläge befindet und das endgültige Wahlergebnis               am Wahltag gewonnen haben (zum Beispiel wer etwa
feststellt.                                                       nicht zur Wahl gegangen ist), Verschwiegenheit zu wah-
                                                                  ren. Für die Briefwahl werden zudem ein oder mehrere
Für die Wahlhandlung selbst werden Stimmbezirke ge-               Briefwahlvorstände eingerichtet.
bildet. Sie sind so einzurichten, dass sie einerseits für die
Wähler_innen erreichbar sind und andererseits eine zü-            Nach dem endgültigen Wahlergebnis steht auch die
gige Auszählung ermöglichen. Ein wichtiges Kriterium              Mandatsverteilung im Rat/Kreistag fest. Wie die Sitzord-
ist darüber hinaus die Barrierefreiheit. Sie sollten – aus-       nung im Rat festgelegt wird, entscheidet die Kommune
genommen sind Kleinstgemeinden – so groß sein, dass               in eigener Verantwortung. Da das früher übliche Rechts-
Rückschlüsse auf individuelles Wahlverhalten nicht mög-           Mitte-Links-Schema durch neue Gruppierungen und Par-
lich sind. Jeder Bezirk hat eine_n Wahlvorsteher_in und           teien nicht mehr immer eindeutig definiert werden
eine_n Stellvertreter_in sowie weitere Mitglieder. Zum            kann, erweist sich dies jedoch oft als schwierig. Üblicher-
Wahlvorstand kann jede_r Bürger_in der Gemeinde                   weise wird die Sitzordnung im Ältestenrat, einem infor-
bzw. des Kreises berufen werden. Der Wahlvorstand sorgt           mellen Gremium der Fraktionsvorsitzenden/-sprecher_in-
für die geordnete Abwicklung der Wahlhandlung. Das                nen, vor der konstituierenden Sitzung abgestimmt.
Wahllokal ist für jeden Wahlberechtigten zugänglich,
denn Wahlen sind ein öffentlicher Vorgang. Interes-
sierte können zwar zuschauen, dürfen aber nicht ein-
greifen oder Kommentare abgeben.
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                                                                         11

2.7 Kommunalwahlrecht in den Ländern

Im Folgenden werden die Regelungen der einzelnen         zum Gemeinderat, ist ein Mindestalter von 18 Jahren
Länder zu folgenden Themen behandelt:                    erforderlich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Die Sitzver-
                                                         teilung erfolgt nach dem Verfahren Sainte-Laguë/
•   Wahlperiode Kommunalvertretung                       Schepers.
•   nächste Kommunalwahl
•   Größe des Gemeinderates/Kreistages                   Eine Besonderheit in Baden-Württemberg ist die „un-
•   Stellung der/des Bürgermeister_in/Landrät_in im      echte Teilortswahl“. Gerade in Gemeinden mit vielen
    Gemeinderat/Kreistag                                 Ortsteilen soll damit sichergestellt werden, dass alle
•   Wahlalter (aktiv und passiv)                         Ortsteile im Gemeinderat vertreten sind. Dazu kann die
•   Wahlsystem                                           Gemeinde Wohnbezirke („Teilorte“) bilden, in denen
•   Zahl der abzugebenden Stimmen                        Ortslisten aufgestellt werden. Die Ortsliste enthält so
•   Sitzzuteilungsverfahren                              viele Plätze wie dem Teilort nach dem Bevölkerungs­
•   Direktwahl von Bürgermeister_in und Landrät_in       anteil theoretisch zustehen. Sie sind Teil der gesamten
•   Ortsteilvertretungen                                 Gemeinderatsliste und können von allen Wahlberech-
                                                         tigten angekreuzt werden. Sie sind daher „unecht“, da
                                                         nicht ausschließlich die Wahlberechtigten des jeweiligen
2.7.1 Baden-Württemberg                                  Ortsteils über diese Teillisten abstimmen.

Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-      Verkompliziert wird das Wahlrecht in Baden-Württem-
tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl        berg noch durch die weitere Möglichkeit, Ortsteilver-
findet im Jahr 2024 statt. Der Gemeinderat hat zwi-      tretungen einzurichten (Bezirke in Städten, Ortschaf­
schen acht und 60 Mitglieder. Der Kreistag hat mindes­   ten in Gemeinden). Die Mitglieder dieser Bezirksbeiräte
tens 24 Mitglieder; ab 50.000 Einwohner_innen kom-       werden vom Gemeinderat bestellt. In großen Städten
men je 10.000 Einwohner_innen zwei Mitglieder hinzu.     besteht auch die Möglichkeit, sie im Rahmen der Kom-
Bei 200.000 Einwohner_innen hat der Kreistag dement-     munalwahl durch die Bürger_innen des Bezirkes wählen
sprechend 54 Mitglieder. Bei mehr als 200.000 Einwoh-    zu lassen. Vorsitzende_r ist die/der Bürgermeister_in.
ner_innen kommen je 20.000 Einwohner_innen weitere       Die Ortschaftsräte werden vom Volk gewählt. Die/der
zwei Mandate hinzu. Die/der Bürgermeister_in ist (wie    Ortsvorsteher_in wird aus dem Kreis der in der Ort-
die/der Landrät_in im Kreistag) stimmberechtigtes Mit-   schaft Wahlberechtigten vom Gemeinderat bestellt,
glied und zugleich Vorsitzende_r des Gemeinderates;      muss also nicht zwingend aus der Mitte des Ortschafts-
dadurch ist eine ungerade Stimmenzahl im Gemeinde-       rates kommen.
rat gewährleistet.
                                                         Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-
In Baden-Württemberg gilt das Prinzip der offenen Lis­   keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Hier ist
tenwahl. Dabei verfügen die Wahlberechtigten über so     ein Mindestalter von 25 Jahren erforderlich; das Höchst­
viele Stimmen wie Mitglieder für den Gemeinderat zu      alter zum Zeitpunkt der Wahl beträgt 67 Jahre. Bewer-
wählen sind. Das aktive Wahlalter beträgt 16 Jahre;      ben können sich auch Bürger_innen aus einem Mit-
für das passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit     gliedsland der EU. Gewählt wird nach den Grundsätzen
12                                                          FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

der Mehrheitswahl. Gewählt ist danach, wer mehr als           In Bayern gilt das Prinzip der offenen Listenwahl. Da-
die Hälfte der gültigen Stimmen erreicht. Trifft dies auf     bei verfügen die Wahlberechtigten über so viele Stim-
keine Kandidatin, keinen Kandidaten zu, kommt es zu           men wie Mitglieder für den Gemeinderat zu wählen
einem zweiten Wahlgang. Anders als in anderen Län-            sind. Das aktive Wahlalter beträgt 18 Jahre; für das
dern ist dies aber keine Stichwahl zwischen den zwei          passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit zum Ge-
Bewerber_innen mit dem höchsten Stimmenanteil im              meinderat, ist ebenfalls ein Mindestalter von 18 Jahren er-
ersten Wahlgang. Vielmehr können alle – aber auch             forderlich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Die Sitzverteilung
neue – Bewerber_innen am zweiten Wahlgang teilneh-            erfolgt nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers.
men. Hier entscheidet dann die einfache Mehrheit. Die
Amtszeit der/des hauptamtlichen Bürgermeister_in be-          In Bayern sind in den Städten mit mehr als 100.000 Ein-
trägt acht Jahre. In Gemeinden mit weniger als 2.000 Ein-     wohner_innen Stadtbezirke verpflichtend einzurich-
wohner_innen ist die/der Bürgermeister_in im Regelfall        ten. Sie haben Bezirksausschüsse, die vom Gemeinderat
ehrenamtlich tätig; allerdings sind Ausnahmen möglich.        bestellt werden.

Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in durch das Volk           Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-
ist – anders als in anderen Ländern – nicht möglich. Eine     keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Bewer-
Entfernung aus dem Amt kann nur das Verwaltungs­              ben können sich in Bayern nur deutsche Staatsbürger_
gericht auf Antrag der Rechtsaufsichtsbehörde verfügen.       innen. Das Mindestalter entspricht mit 18 Jahren dem
Voraussetzung dafür ist, dass die/der Bürgermeister_in        passiven Wahlrecht im Allgemeinen; das Höchstalter
den Anforderungen an ihr/sein Amt nicht gerecht wird          zum Zeitpunkt der Wahl beträgt 67 Jahre. Gewählt wird
und dadurch erhebliche Missstände in der Verwaltung           nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Gewählt ist
eingetreten sind, sodass ein Verbleib im Amt im öffent-       danach, wer mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen
lichen Interesse nicht vertretbar ist.                        erreicht. Trifft dies auf keine Kandidatin, keinen Kandi-
                                                              daten zu, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den
Die/der Landrät_in wird in BadenWürttemberg durch             beiden bestplatzierten Bewerber_innen. Die Amtszeit
den Kreistag gewählt. Für die Wahl zur/zum Landrät_in         beträgt sechs Jahre. Eine Abwahl der/des Bürger-
ist das Mindestalter sogar auf 30 Jahre festgesetzt, sie/     meister_in durch das Volk ist – anders als in anderen
er muss über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen.        Ländern – nicht möglich. Eine Besonderheit ist die Mög-
Bei der Benennung von Bewerber_innen gibt es in Baden-        lichkeit, in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwoh-
Württemberg ein spezielles Verfahren. Ein Ausschuss           ner_innen durch den Gemeinderat entscheiden zu las-
des Kreistages erarbeitet aus den Bewerbungen eine            sen, ob das Bürgermeisteramt haupt- oder ehrenamtlich
Kandidatenliste mit mindestens drei Personen. Auch            besetzt wird.
wenn nicht ausdrücklich erwähnt, so dürfte die Frage
der Qualifikation für das Amt eine nicht unwesentliche        Die/der Landrät_in wird in Bayern nach den gleichen
Rolle bei der Auswahl spielen. Aus dieser Liste wählt der     Bestimmungen wie die/der Bürgermeister_in durch das
Kreistag eine_n Bewerber_in. Eine Abwahl der/des              Volk gewählt. Für die Wahl zur/zum Landrät_in gilt das
Landrät_in durch den Kreistag ist nicht vorgesehen.           gleiche Mindest- und Höchstalter wie für das Bürger-
                                                              meisteramt. Eine Abwahl einer/eines Landrät_in ist in
                                                              Bayern nicht vorgesehen.
2.7.2 Bayern

Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-           2.7.3 Brandenburg
tage beträgt abweichend von allen anderen Ländern
sechs Jahre. Die nächste Kommunalwahl findet im Jahr          Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-
2020 statt. Beginn der Wahlperiode ist stets der 1. Mai.      tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl
Der Gemeinderat hat zwischen acht und 80 Mitglieder.          findet im Jahr 2024 statt. Der Gemeinderat hat zwi-
Der Kreistag umfasst je nach Größe des Landkreises zwi-       schen acht und 56 Mitglieder. Der Kreistag hat je nach
schen 50 und 70 Mitglieder. Die/der Bürgermeister_in          Größe zwischen 46 und 56 Mitglieder. Nur der/die eh-
ist (wie die/der Landrät_in im Kreistag) stimmberech-         renamtliche Bürgermeister_in ist stimmberechtigtes Mit-
tigtes Mitglied und zugleich Vorsitzende_r des Gemein-        glied und zugleich Vorsitzende_r des Gemeinderates. Im
derates; dadurch ist im Gemeinderat eine ungerade             Falle der Hauptamtlichkeit wird der Vorsitz aus der Mitte
Stimmenzahl gewährleistet.                                    des Gemeinderates/Kreistages gewählt.
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                                                                             13

In Brandenburg gilt das Prinzip der offenen Listen-          ein Bürgerbegehren zur Abwahl einreichen, für das ein
wahl. Dabei verfügen die Wahlberechtigten über drei          Quorum von Unterstützer_innen zwischen (je nach Grö-
Stimmen. Das aktive Wahlalter beträgt 16 Jahre; für          ße der Gemeinde) 15 – 25% der Wahlberechtigten er-
das passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit zum         forderlich ist. Alternativ kann der Rat die Einleitung
Gemeinderat, ist ein Mindestalter von 18 Jahren erfor-       eines Bürgerentscheids mit einer Zweidrittelmehrheit
derlich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Die Sitzverteilung   beschließen. Der Entscheid ist erfolgreich, wenn die
erfolgt nach dem Verfahren Hare-Niemeyer.                    Mehrheit der für die Abstimmung Wahlberechtigten für
                                                             die Abwahl stimmt; diese Mehrheit muss aber zusätzlich
Um das Problem der Repräsentanz von Ortsteilen auf           25% der Wahlberechtigten umfassen.
den Listen zu lösen, hat der Gesetzgeber in Branden-
burg die Einteilung des Gemeindegebietes in Wahlbe-          Für die Wahl zur/zum Landrät_in bzw. für ihre/seine
zirke vorgesehen. Sie ist in Gemeinden, Städten und          Abwahl gelten die gleichen Regelungen.
Landkreisen mit mehr als 35.000 Einwohner_innen ver-
pflichtend, in kleineren Gemeinden möglich. Die Stimm-
abgabe erfolgt innerhalb des jeweiligen Wahlkreises; die     2.7.4 Hessen
Wahlkreisergebnisse werden zum Gesamtergebnis zu-
sammengeführt. Zusätzlich können Ortsteile gebildet          Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-
werden, für die wahlweise ein_e Ortsbeirät_in oder           tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl
ein_e Ortsvorsteher_in von den Wahlberechtigten im           findet im Jahr 2021 statt. Beginn der Wahlperiode ist
Ortsteil gewählt wird.                                       stets der 1. April. Der Gemeinderat hat zwischen 15 und
                                                             93 Mitglieder. Eine weitere Größenklasse für Gemein-
Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-        den mit mehr als 1 Mio. Einwohner_innen ist faktisch
keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Hier ist         ohne Bedeutung. Der Kreistag hat je nach Einwohner-
ein Mindestalter von 18 Jahren erforderlich; ein Höchst­     zahl 51 bis 93 Mitglieder. Die/der Bürgermeister_in (wie
alter gibt es nicht mehr. Bewerben können sich auch          die/der Landrät_in) ist nicht Mitglied des Gemeinde-
Staatsangehörige aus einem Mitgliedsland der EU. Ge-         rates; daher hat das Gremium eine ungerade Mitglie-
wählt wird nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl.           derzahl. Zur/zum Vorsitzenden der Gemeindevertre-
Gewählt ist danach, wer mehr als die Hälfte der gültigen     tung wie des Kreistages wird ein Mitglied aus ihrer Mitte
Stimmen erreicht. Zugleich muss die Zahl der auf die/        (sowie dessen Stellvertreter_in) in der konstituierenden
den erfolgreichen Kandidat_in entfallenden Stimmen           Sitzung gewählt.
mindestens 15% der Wahlberechtigten entsprechen.
Trifft dies auf keine Kandidatin, keinen Kandidaten zu,      In Hessen gilt das Prinzip der offenen Listenwahl. Da-
kommt es zu einer Stichwahl im zweiten Wahlgang nach         bei verfügen die Wahlberechtigten über so viele Stim-
gleichem Prinzip. Sollte keiner der Bewerber_innen die       men wie Mitglieder für den Gemeinderat zu wählen
notwendige Mehrheit erhalten, wird eine Wahl von der         sind. Das aktive Wahlalter beträgt 18 Jahre; für das
Kommunalvertretung vorgenommen. In amtsangehöri­             passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit zum Ge-
gen Gemeinden ist die/der Bürgermeis­ter_in ehrenamt-        meinderat, ist ein Mindestalter von 18 Jahren erforder-
lich tätig; ihre/seine Amtszeit beträgt fünf Jahre. Die      lich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Die Sitzverteilung
Amtszeit der hauptamtlichen Bürgermeister_innen              ­erfolgt nach dem Verfahren Hare-Niemeyer.
beträgt acht Jahre. Für die Landrät_innen gelten die Be-
stimmungen entsprechend.                                     Die Belange der Ortsteile werden in Hessen dadurch
                                                             berücksichtigt, dass Ortsbezirke von der Gemeinde ge-
Die/der Bürgermeister_in ist in jedem Fall stimmberech-      bildet werden können. Für sie wird ein Ortsbeirat nach
tigtes Mitglied des Gemeinderates. Ehrenamtliche Bür-        den für den Gemeinderat maßgeblichen Prinzipien zu-
germeister_innen sind zugleich Vorsitzende des Gre­          sammen mit der allgemeinen Kommunalwahl gewählt.
miums. In hauptamtlich geführten Gemeinden wählt             Aus seiner Mitte wählt der Ortsbeirat seine_n Vor­
allerdings der Gemeinderat eine_n Vorsitzende_n aus          sitzende_n (Ortsvorsteher_in).
seiner Mitte.
                                                             Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-
Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in durch die Wahl-         keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Für die
berechtigten ist möglich. Sie setzt ein zweistufiges Ver-    Bewerber_innen beträgt das Mindestalter wie bei den all-
fahren voraus. Zunächst müssen die Wahlberechtigten          gemeinen Kommunalwahlen 18 Jahre; ein Höchs­      talter
14                                                           FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

zum Zeitpunkt der Wahl gibt es nicht mehr. Bewerben            Hauptamtliche Bürgermeister_innen (und Landrät_in-
können sich auch Bürger_innen aus einem Mitglieds-             nen) haben diese Stellung nicht; Gemeinderat bzw.
land der EU. Gewählt wird nach den Grundsätzen der             Kreistag wählen aus ihrer Mitte ihren Vorsitzenden.
Mehrheitswahl. Gewählt ist danach, wer mehr als die
Hälfte der gültigen Stimmen erreicht. Trifft dies auf kei-     In Mecklenburg-Vorpommern gilt das Prinzip der offe-
ne Kandidatin, keinen Kandidaten zu, kommt es zu               nen Listenwahl. Dabei verfügen die Wahlberechtigten
einem zweiten Wahlgang (Stichwahl). Hier entscheidet           über drei Stimmen. Das aktive Wahlalter beträgt 16 Jah-
dann die einfache Mehrheit. Die Amtszeit beträgt               re; für das passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit
sechs Jahre. In Gemeinden mit weniger als 5.000 Ein-           zum Gemeinderat, ist ein Mindestalter von 18 Jahren
wohner_innen kann der Gemeinderat durch Beschluss              erforderlich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Die Sitzvertei-
festlegen, dass die Stelle ehrenamtlich geführt wird.          lung erfolgt nach dem Verfahren Hare-Niemeyer.

Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in durch die Wahl-           Um das Problem der Repräsentanz von Ortsteilen auf
berechtigten ist möglich. Eine Entfernung aus dem Amt          den Listen zu lösen, hat der Gesetzgeber in Mecklenburg-
bedarf eines Bürgerentscheids. Voraussetzung dafür ist,        Vorpommern die Einteilung des Gemeindegebietes in
dass der Gemeinderat mit Zweidrittelmehrheit ein sol-          Wahlbereiche vorgesehen. Sie ist in Gemeinden, Städ-
ches Verfahren einleitet. Die Abwahl im Bürgerentscheid        ten mit mehr als 25.000 Einwohner_innen sowie in den
bedarf nicht nur einer Mehrheit der abgegebenen Stim-          Landkreisen verpflichtend, in kleineren Gemeinden mög-
men; diese Mehrheit muss auch mindestens 30% der               lich. Die Stimmabgabe erfolgt innerhalb des jeweiligen
Wahlberechtigten erreichen.                                    Wahlbereichs; die Zahl der insgesamt erreichten Sitze
                                                               wird dann auf die einzelnen Wahlbereiche verteilt. Zu-
Die/der Landrät_in wird in Hessen nach den gleichen            sätzlich gibt es in den Städten die Möglichkeit, Orts­
Prinzipien wie die/der Bürgermeister_in gewählt. Wähl-         teilvertretungen durch den Gemeinderat zu wählen;
bar sind auch Staatsangehörige aus Mitgliedsländern            entsprechendes gilt generell in früher selbstständigen
der Europäischen Union. Auch für ein Abwahlverfahren           Gemeinden. Alternativ können Ortsvorsteher durch die
gelten die für Bürgermeister_innen gültigen Regelungen.        Gemeindeeinwohner_innen im Ortsteil direkt gewählt
                                                               werden; dann entfällt die Ortsteilvertretung.

2.7.5 Mecklenburg-Vorpommern                                   Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-
                                                               keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Hier ist
Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-            ein Mindestalter von 18 Jahren erforderlich; das Höchst­
tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl              alter beträgt 60, bei einer Kandidatur aus dem Amt
findet im Jahr 2024 statt. Der Gemeinderat hat zwi-            heraus 64 Jahre. Bewerben können sich auch Staats­
schen 7 und 53 Mitglieder. Der Kreistag hat je nach Grö-       angehörige aus einem Mitgliedsland der EU. Gewählt
ße 61 oder 69 Mitglieder. Eine Besonderheit sind Zu-           wird nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Ge-
satzmandate in flächenmäßig großen Kreisen. Umfasst            wählt ist danach, wer mehr als die Hälfte der gültigen
der Kreis mehr als 4.000 km2, sind acht zusätzliche Mit-       Stimmen erreicht. Trifft dies auf keine Kandidatin, keinen
glieder zu wählen. Dies ist vermutlich der besonderen          Kandidaten zu, kommt es zu einer Stichwahl im zweiten
Größe der Landkreise und einer gescheiterten Kreisge-          Wahlgang. Steht nur ein_e Kandidat_in zur Wahl, muss
bietsreform geschuldet. 2007 hatte der Verfassungs­            die Anzahl der auf sie/ihn entfallenen Stimmen minde-
gerichtshof eine geplante Reform verworfen, da u. a.           stens 15% der Wahlbe­rechtigten entsprechen.
angesichts der vorgesehenen Kreisgröße die Kreistags-
mitglieder nicht mehr in der Lage seien, ihre ehrenamt-        In amtsangehörigen Gemeinden – soweit sie nicht die
liche Tätigkeit im Kreistag und seinen Gremien ange-           Geschäfte des Amtes führen – ist die/der Bürgermeis­
messen auszuüben.                                              ter_in ehrenamtlich tätig. Ihre/seine Amtszeit entspricht
                                                               der Kommunalwahlperiode. Die Amtszeit der haupt-
Die Stellung der/des Bürgermeister_in im Gemeinde-             amtlichen Bürgermeister_innen ist – anders als in fast
rat ist unterschiedlich. Ehrenamtliche Bürgermeister_in-       allen anderen Ländern – nicht fixiert und beträgt min­
nen sind stimmberechtigte Mitglieder und zugleich Vor­         destens sieben, höchstens neun Jahre. Dies wird in der
sitzende des Gemeinderates. Sie werden auf die gesetz-         jeweiligen Hauptsatzung festgelegt. Für die Landrät_in-
lich vorgesehene Zahl der Ratsmitglieder angerechnet.          nen gelten die Bestimmungen entsprechend.
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                                                                             15

Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in durch die Wahl-         Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-
berechtigten ist möglich. Sie setzt ein zweistufiges Ver-    keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Hier ist
fahren voraus. Zunächst muss der Gemeinderat mit ei-         ein Mindestalter von 23 Jahren erforderlich; das Höchst­
ner Mehrheit von zwei Drittel seiner Mitglieder einen        alter beträgt 67 Jahre. Bewerben können sich auch
Bürgerentscheid beschließen. Der folgende Bürgerent-         Staatsangehörige aus einem Mitgliedsland der EU. Ge-
scheid ist dann erfolgreich, wenn zwei Drittel der gül-      wählt wird nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl.
tigen Stimmen einer Abwahl zustimmen. Allerdings muss        Gewählt ist danach, wer mehr als die Hälfte der gültigen
die Zahl dieser Stimmen mindestens ein Drittel aller Wahl-   Stimmen erreicht. Trifft dies auf keine Kandidatin, kei-
berechtigten entsprechen.                                    nen Kandidaten zu, kommt es zu einer Stichwahl im
                                                             zweiten Wahlgang. Die Amtszeit der hauptamtlichen
                                                             Bürgermeister_innen betrug bis 2011 acht Jahre – die
2.7.6 Niedersachsen                                          Amtszeiten wurden schrittweise auf nunmehr fünf Jahre
                                                             verkürzt. Mit der nächsten Kommunalwahl 2021 ist die
Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-          Synchronisation mit der Kommunalwahlperiode er-
tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl            reicht. Für die Landrät_innen gelten die Bestimmungen
findet im Jahr 2021 statt. Die Kommunalwahlperiode           entsprechend. In den Mitgliedsgemeinden von Samtge-
beginnt am 1. November. Der Gemeinderat hat zwischen         meinden wird ein_e ehrenamtliche_r Bürgermeister_in
sechs und 66 Mitglieder. Der Kreistag hat 42 bis 70 Mit-     aus der Mitte des Gemeinderates gewählt; ihre/seine
glieder. Der Rat der Region Hannover hat 84 Mitglieder.      Amtszeit entspricht der Kommunalwahlperiode.
Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, durch Satzung die
Anzahl der Mitglieder um zwei, vier oder sechs zu ver-       Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in durch die Wahl-
ringern. Mindestens muss die Vertretung aber 20 ge-          berechtigten ist möglich. Sie setzt ein zweistufiges Ver-
wählte Mitglieder haben.                                     fahren voraus. Zunächst muss der Gemeinderat mit ei-
                                                             ner Mehrheit von drei Viertel seiner Mitglieder einen
Die/der Bürgermeister_in/Landrät_in (Hauptverwaltungs-       Bürgerentscheid beschließen. Der folgende Bürgerent-
beamte) gehört der Vertretung kraft Amtes an. Dadurch        scheid ist dann erfolgreich, wenn die Mehrheit der gül-
wird eine ungerade Anzahl von Mitgliedern gewährleis­        tigen Stimmen für die Abwahl votiert. Allerdings muss
tet. Sie/er hat zwar Sitz und Stimme, führt aber nicht       die Zahl dieser Stimmen mindestens 25% aller Wahlbe-
den Vorsitz. Die/der Vorsitzende wird aus der Mitte des      rechtigten entsprechen.
Gremiums gewählt. Dies darf mittlerweile nicht mehr
die/der Bürgermeister_in sein.
                                                             2.7.7 Nordrhein-Westfalen
In Niedersachsen gilt das Prinzip der offenen Listen-
wahl. Dabei verfügen die Wahlberechtigten über drei          Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-
Stimmen. Das aktive Wahlalter beträgt 16 Jahre; für          tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl
das passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit zum         findet im Jahr 2020 statt. Der Gemeinderat hat zwi-
Gemeinderat, ist ein Mindestalter von 18 Jahren erfor-       schen 20 und 90 Mitglieder. Der Kreistag hat 48 bis 72
derlich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Die Sitzverteilung   Mitglieder. Der Städteregionsrat der Region Aachen hat
erfolgt nach dem Verfahren Hare-Niemeyer.                    72, die Regionalversammlung Ruhr ab 2020 91 Mitglie-
                                                             der. Eine Besonderheit ist die Möglichkeit, durch Sat-
Um das Problem der Repräsentanz von Ortsteilen auf           zung die Anzahl der Mitglieder um zwei, vier, sechs,
den Listen zu lösen, hat der Gesetzgeber in Niedersach-      acht oder zehn zu verringern; hierbei ist das hälftige
sen den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, Ort-           Verhältnis von Wahlbezirken und Reserveliste zu wah-
schaften oder Stadtbezirke in der Hauptsatzung festzu-       ren. Mindestens muss die Vertretung aber 20 gewählte
legen. Eine Verpflichtung dazu gibt es aber nicht. Die       Mitglieder haben.
Gemeinden können dabei auch bestimmen, ob ein Ort-
schaftsrat gewählt werden soll – das geschieht dann im       Die/der Bürgermeister_in/Landrät_in gehört dem Ge-
Zuge der allgemeinen Kommunalwahl. Der Ortschafts-           meinderat kraft Amtes an. Dadurch wird eine ungerade
rat wählt aus seiner Mitte eine_n Vorsitzende_n (Orts-       Anzahl von Mitgliedern gewährleistet. Sie/er hat Sitz und
bürgermeister_in). Wird kein Ortschaftsrat gewählt, ist      Stimme und ist zugleich Vorsitzende_r des Gremiums.
für die entsprechenden Ortschaften/Bezirke ein_e Orts-
vorsteher_in durch den Rat zu bestellen.
16                                                           FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG – GRUNDWISSEN KOMMUNALPOLITIK

In Nordrhein-Westfalen gilt das Prinzip der geschlos-          ein Mindestalter von 23 Jahren erforderlich; ein Höchst­
senen Listenwahl. Daher verfügen die Wahlberech-               alter gibt es nicht mehr. Bewerben können sich auch
tigten über eine Stimme. Das aktive Wahlalter beträgt          Staatsangehörige aus einem Mitgliedsland der EU. Ge-
16 Jahre; für das passive Wahlrecht, das heißt die             wählt wird nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl.
Wählbarkeit zum Gemeinderat, ist ein Mindestalter von          Gewählt ist danach, wer mehr als die Hälfte der gültigen
18 Jahren erforderlich. Ein Höchstalter gibt es nicht.         Stimmen erreicht. Trifft dies auf keine Kandidatin, kei-
Die Sitzverteilung erfolgt nach dem Verfahren Sainte-          nen Kandidaten zu, kommt es zu einer Stichwahl im
Laguë/Schepers. Eine Besonderheit ist die Einteilung           zweiten Wahlgang. Die Amtszeit der (grundsätzlich)
des Gemeindegebietes in Wahlbezirke. Die Hälfte der            hauptamtlichen Bürgermeister_innen beträgt inzwischen
Ratsmitglieder wird in den Wahlbezirken, die andere            fünf Jahre – sie sind mit der Kommunalwahlperiode syn-
Hälfte über Reservelisten gewählt. Die Zahl der Wahlbe-        chronisiert. Für die Landrät_innen gelten die Bestim-
zirke entspricht der Anzahl der in den Bezirken zu Wäh-        mungen entsprechend.
lenden. Hier ist gewählt, wer die meisten Stimmen auf
sich vereinigt. In Nordrhein-Westfalen gibt es insoweit        Zweimal wurde die Stichwahl in Nordrhein-Westfalen
eine Kombination aus Mehrheits- und Verhältniswahl.            abgeschafft. Die 2007 eingeführte Neuregelung wurde
                                                               2011 von der Nachfolgeregierung aufgehoben. Ein
Die weitere Sitzverteilung erfolgt dann nach den Reser-        zweiter Anlauf zur Verkürzung der Direktwahl auf einen
velisten. Die auf die Parteien und Gruppierungen entfal-       Wahlgang ist 2019 vom Verfassungsgerichtshof für un-
lenden Sitze werden aufgrund der sogenannten berei­            zulässig erklärt worden. Damit ist der Sonderweg Nord­
nigten Gesamtstimmenzahl im Wahlbezirk – nach Abzug            rhein-Westfalens in dieser Frage beendet.
der Stimmen für Parteien und Wählergruppen, für die
keine Reservelisten eingereicht wurden – ermittelt. Auf-       Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in ist möglich. Sie
grund dieses kombinierten Mehrheits- und Verhältnis-           setzt ein zweistufiges Verfahren voraus. Für die Einlei-
wahlsystems kann es naturgemäß zu Zusatz- und Aus-             tung des Verfahrens gibt es zwei Wege. Zum einen kann
gleichsmandaten kommen.                                        der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Drittel
                                                               seiner Mitglieder ein Abwahlverfahren in Gang setzen.
Um das Problem der Repräsentanz von Ortsteilen auf             Zum anderen kann dies aber auch durch ein Bürgerbe-
den Listen zu lösen, hat der Gesetzgeber in Nordrhein-         gehren erfolgen. Hierfür sind je nach Größe der Ge-
Westfalen den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt,            meinde 15 bis 20% der Wahlberechtigten erforderlich.
Gemeindebezirke festzulegen. In kreisfreien Städten ist        Der folgende Bürgerentscheid ist dann erfolgreich,
diese Einteilung verpflichtend. In den Gemeindebezir-          wenn die Mehrheit der gültigen Stimmen für die Ab-
ken können wahlweise Bezirksausschüsse oder Ortsvor-           wahl votiert. Allerdings muss die Zahl dieser Stimmen
steher_innen durch den Rat bestellt werden. Dabei ist          mindestens 25% aller Wahlberechtigten entsprechen.
das Wahlergebnis in dem jeweiligen Bezirk zu berück-
sichtigen. Ist ein Bezirksausschuss eingerichtet, wählt
dieser eine_n Vorsitzende_n aus seiner Mitte. Die obli-        2.7.8 Rheinland-Pfalz
gatorischen Bezirksvertretungen in den kreisfreien Städ-
ten werden unmittelbar gewählt.                                Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-
                                                               tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl
Zunächst hatte das Land die Sperrklausel abgeschafft.          findet im Jahr 2024 statt. Der Gemeinderat hat zwi-
Doch in der Folgezeit ist die Frage einer (Wieder-)Einfüh-     schen sechs und 60 Mitglieder. Der Kreistag hat je nach
rung einer Sperrklausel in Nordrhein-Westfalen mehr-           Größe zwischen 34 und 50 Mitglieder. Die/der Bürger-
fach kontrovers diskutiert worden. 2017 hat der Verfas-        meister_in ist (wie die/der Landrät_in im Kreistag)
sungsgerichtshof eine solche Klausel für die allgemeinen       stimmberechtigtes Mitglied und zugleich Vorsitzende_r
Gemeinderats- und Kreistagswahlen für unzulässig er-           des Gemeinderates; dadurch ist im Gemeinderat eine
klärt. Allerdings gilt eine Sperrklausel von 2,5% für die      ungerade Stimmenzahl gewährleistet.
Wahlen zu den Bezirksvertretungen sowie zur Regional-
versammlung Ruhr.                                              In Rheinland-Pfalz gilt das Prinzip der offenen Listen-
                                                               wahl. Dabei verfügen die Wahlberechtigten über so
Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-          viele Stimmen wie Sitze im Gemeinderat/Kreistag zu
keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Hier ist           vergeben sind. Das aktive Wahlalter beträgt 18 Jahre;
2. KOMMUNALES WAHLRECHT IN DEUTSCHLAND                                                                              17

für das passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit         sammlung des Regionalverbandes Saarbrücken besteht
zum Gemeinderat, ist ein Mindestalter von 18 Jahren          aus 45 Mitgliedern. Die/der Bürgermeister_in ist kein
erforderlich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Die Sitzver­    Mitglied des Gemeinderates, verfügt daher auch über
teilung erfolgt nach dem Verfahren Sainte-Laguë/             kein Stimmrecht. Allerdings führt sie/er den Vorsitz.
Schepers.
                                                             Im Saarland gilt das Prinzip der geschlossenen Listen-
Um das Problem der Repräsentanz von Ortsteilen in            wahl. Dabei verfügen die Wahlberechtigten nur über
der Kommunalpolitik zu lösen, hat der Gesetzgeber in         eine Stimme; es handelt sich um eine reine Verhältnis-
Rheinland-Pfalz die Einteilung des Gemeindegebietes in       wahl. Das aktive Wahlalter beträgt 18 Jahre; für das
Ortsbezirke vorgesehen. Sie ist durch die Gemeinde           passive Wahlrecht, das heißt die Wählbarkeit zum Ge-
selbst zu entscheiden. Die Ortsbezirke haben Beiräte,        meinderat, ist ein Mindestalter von 18 Jahren erforder-
die nach dem gleichen Verfahren wie der Gemeinderat          lich. Ein Höchstalter gibt es nicht. Das Saarland nutzt
gewählt werden. In einem eigenständigen Wahlgang             noch das Sitzzuteilungsverfahren nach d’Hondt.
wird nach dem Verfahren der Bürgermeisterwahl ein_e
Ortsvorsteher_in gewählt.                                    Um das Problem der Repräsentanz von Ortsteilen in
                                                             der Kommunalpolitik zu lösen, hat der Gesetzgeber im
Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-        Saarland die Einteilung des Gemeindegebietes in Orts-
keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Hier ist         bezirke vorgesehen. Sie ist durch die Gemeinde selbst zu
ein Mindestalter von 23 Jahren erforderlich; das Höchst­     entscheiden. Die Ortsbezirke haben Ortsräte, die nach
alter am Wahltag beträgt 65 Jahre. Bewerben können           dem gleichen Verfahren wie der Gemeinderat gewählt
sich auch Staatsangehörige aus einem Mitgliedsland der       werden. Aus ihrer Mitte wählen sie ihre_n Vorsitzende_n.
EU. Gewählt wird nach den Grundsätzen der Mehrheits-
wahl. Gewählt ist danach, wer mehr als die Hälfte der        Etwas andere Voraussetzungen gibt es für die Wählbar-
gültigen Stimmen erreicht. Trifft dies auf keine Kandida-    keit und die Wahl zur/zum Bürgermeister_in. Hier ist
tin, keinen Kandidaten zu, kommt es zu einer Stichwahl       ein Mindestalter von 25 Jahren erforderlich; das Höchst­
im zweiten Wahlgang nach gleichem Prinzip. Die Amts-         alter am Beginn der Amtszeit beträgt 65 Jahre. Bewer-
zeit der hauptamtlichen Bürgermeister_innen beträgt          ben können sich auch Staatsangehörige aus einem Mit-
acht Jahre. Für die Landrät_innen gelten die Bestim-         gliedsland der EU. Gewählt wird nach den Grundsätzen
mungen entsprechend. In den Mitgliedsgemeinden der           der Mehrheitswahl. Gewählt ist danach, wer mehr als
Verbandsgemeinden ist die/der Bürgermeister_in ehren-        die Hälfte der gültigen Stimmen erreicht. Trifft dies auf
amtlich tätig – ihre/seine Amtszeit entspricht der Kom-      keine Kandidatin, keinen Kandidaten zu, kommt es zu
munalwahlperiode.                                            einer Stichwahl im zweiten Wahlgang nach gleichem
                                                             Prinzip. Die Amtszeit der hauptamtlichen Bürgermeis­
Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in wie der/des             ter_innen betrug bis 2007 acht Jahre, seither gilt (wie-
Landrät_in durch das Volk ist möglich. Sie setzt ein zwei-   der) eine Amtszeit von zehn Jahren. Für die Landrät_innen
stufiges Verfahren voraus. Zunächst muss der Gemein-         gelten die Bestimmungen entsprechend. Ehrenamtlich
derat mit der Hälfte seiner gesetzlichen Mitglieder einen    geführte Gemeinden gibt es im Saarland nicht.
Antrag auf Abwahl stellen und diesen mit einer Zwei-
drittelmehrheit auch beschließen. Im folgenden Bürger-       Eine Abwahl der/des Bürgermeister_in wie der/des
entscheid gilt die Abwahl als erfolgreich, wenn eine         Landrät_in durch das Volk ist möglich. Sie setzt ein zwei-
Mehrheit dem Antrag zustimmt, diese Mehrheit aber zu-        stufiges Verfahren voraus. Zunächst muss der Gemein-
gleich mindestens 30% der Wahlberechtigten entspricht.       derat mit der Hälfte seiner gesetzlichen Mitglieder einen
                                                             Antrag auf Abwahl stellen und diesen mit einer Zwei-
                                                             drittelmehrheit auch beschließen. Im folgenden Bürger-
2.7.9 Saarland                                               entscheid gilt die Abwahl als erfolgreich, wenn eine
                                                             Mehrheit dem Antrag zustimmt, diese Mehrheit aber
Die Wahlperiode für die Gemeinderäte und die Kreis-          zugleich mindestens 30% der Wahlberechtigten ent-
tage beträgt fünf Jahre. Die nächste Kommunalwahl            spricht.
findet im Jahr 2024 statt. Der Gemeinderat hat zwi-
schen 27 und 60 Mitglieder. Der Kreistag hat je nach
Größe zwischen 27 und 45 Mitglieder. Die Regionalver-
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