Horst Stammler, 24. April 2015 - Landtag NRW

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Horst Stammler, 24. April 2015 - Landtag NRW
Horst Stammler, 24. April 2015
Horst Stammler, 24. April 2015 - Landtag NRW
Der VVS
                                         2,7 Mio.   Einwohner im
                                                    Verbundgebiet

                                         475 Mio. € Verbundeinnahmen

                                         357 Mio.   Fahrten/Jahr
                                                    (= 1,2 Mio. / Werktag)

                                         1,33 €     Einnahmen / Fahrgast

      10% der Fläche
      22% der Bevölkerung
      40% der Fahrgäste in Baden-Württemberg

                                                          2
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ÖPNV-Finanzierung in Deutschland

► Kosten steigen (ca. 2 - 3% p.a.)
   Personalkosten
   Bahnstrom
   Fahrzeuge
   Infrastruktur (Trassen-/ Stationspreise DB)

► Beitrag der öffentlichen Hand nicht oder nicht ausreichend dynamisiert
   Regionalisierungsmittel
   Ausgleichszahlungen Schülerverkehr § 45a PBefG
   GVFG

► Gewinne der Stadtwerke reichen (vielfach) nicht mehr aus, um Verluste
  des ÖPNV abzudecken

                                                                  3
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Entwicklung der Aufwendungen und Ausgleichszahlungen

140

                                             133 %
130

120

110

100

                                                 94 %
 90

 80

                                                        Aufwendungen
 70                                                     Ausgleichszahlungen
       1993   1995   2000   2005   2010   2012

Quelle: VDV

                                                                        4
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GVFG-Mittel und Kostensteigerung im Verkehrsbereich

                                       Finanzierungs-
                                           lücke

                                                ?

    GVFG ab 2019 ungewiss

                                                        5
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Entwicklung Regionalisierungsmittel und Trassenpreise

                                                 Finanzierungs
                                                     -lücke

 Zukunft der Regionalisierungsmittel ungeklärt

                                                                 6
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Entwicklung der Ausgleichszahlungen nach § 45a PBefG

► Kürzung um 12% durch Koch-Steinbrück-Papier 2004 - 2006

► Seither Verlagerung der Zuständigkeit auf Länderebene

► Teilweise weitere Kürzung (z. B. NRW)

► Plafondierung in Baden-Württemberg

                                                     Aufwand

                                                     Ausgleichszahlungen

                                                     Erträge aus
                                                     Schülerverkehr

                                                                7
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Was tun?

 Kosten steigen
 Öffentliches Engagement (staatlich / kommunal) geht (zumindest relativ)
  zurück

       Konsequenz: Leistungskürzung oder höhere Nutzerfinanzierung?

                                                              Seite 8
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Wie kann man Einnahmen steigern?

        Vertrieb                             Angebot

   Fahrgeld-            Menge                    Preis
   einnahmen       =    (Anzahl verkaufter
                                             x   (Tarifergiebigkeit)
                        Tickets)

                                             Tarif-
        Werbung
                                             gestaltung

                                                      9
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Öffentliche Hand soll Ziele klären
               Ausgangsbasis                             Ziel: gleichbleibender
120                                                      Kostendeckungsgrad
      100
100                                         120
                                                  102
                                            100
 80
                                             80
 60               50
                                             60                 51
 40
                           25          25    40                                         26
                                                                              25
 20                                          20
 0                                            0
            Kostendeckung 75%                           Fehlbetrag steigt

      Ziel: gleichbleibendes Defizit
120
      102
100
                                                           Kosten

 80                                                        Fahrgeldeinnahmen
 60               52                                       Ausgleichszahlungen
 40
                           25          25                  Defizit / Bestellerentgelt
 20

 0
      Einnahmen müssen um 4% steigen

                                                                               10
Öffentliche Hand soll Ziele klären

Beispiel Wien:

Erhöhung des Modal Splits unter Inkaufnahme eines
höheren Defizits der Wiener Linien

► Jahresticket für 365 EUR (Preissenkung um 18 %)

► Erhöhung des Preise für andere Ticketarten

► Konsequente Parkraumbewirtschaftung

► Erhöhung des Budgets für den ÖPNV um 70 Mio. € p.a.

                                                        Seite 11
Öffentliche Hand soll Ziele klären

Beispiel Nürnberg:

Erhöhung der Einnahmen unter Inkaufnahme von Fahrgastverlusten

   Erhöhung der Fahrpreise in Nürnberg auf einen Schlag um durchschnittlich
      12 % (über alle Ticketangebote)

Üblicherweise: Vermeidung klarer Zieldefinition bzw. „Politik will beides“ (mehr
Fahrten und weniger Einsatz öffentlicher Mittel)

                                                                 Seite 12
Das Ziel der Landeshauptstadt Stuttgart:
   20 % weniger Autoverkehr im Kessel
                           heute                                                      Ziel

                                    27%                                                           31%
                                                                               34%
                       43%

                                        6%

                           25%                                                                    9%

                                                                                     26%

Modal Split; Werktage; Personen ab 6 Jahre; Haushalte in Stuttgart
Quelle: Haushaltsbefragung des VRS 2009/2010; Sonderauswertung im Auftrag des VVS

                                                                                             13
Was haben die Verkehrsunternehmen/-verbünde getan?

 Rabatte abgebaut (z.B. bei Mehrfahrkarten, 9-Uhr-Karten,
   FirmenTickets)

 Zusatznutzen gesondert bepreist (z. B. Übertragbarkeit,
   Mitnahmemöglichkeit)

 Tarife regelmäßig angepasst (mind. 1 x pro Jahr)

 Tarife deutlich über allgemeinen Lebenshaltungskostenindex erhöht

                                                             Seite 14
Tarifanpassungen über der allgemeinen Inflationsrate

                                                       15
Entwicklung des Fahrgastaufkommens

370
                                + 15%
360
                                                                                  +2,4 %
                                                                                           357
350
                                                                     +3,2%      349
                                    Ø +1,0 %
340
                                                                    338
                                                             336
330
                                                      330
                                     326       326
320
                      320    321
               318
310     312

300

290

280
        2004   2005   2006   2007   2008       2009   2010   2011   2012        2013       2014

                                                                           16
Entwicklung der Einnahmen

                                   Einnahmen in Mio.
 500              + 55%                                                                474,8
                                                                               440,0
 450                                                                   420,0
                                                               403,1
 400                                                   388,6
                                       364,9   373,6
                       337,0   347,2
 350           319,8
       306,9
 300

 250

 200

 150

 100

  50

   0
       2004    2005    2006    2007    2008    2009    2010    2011    2012    2013    2014

                                                                                  17
Sind die Grenzen der Nutzerfinanzierung erreicht?

 Viele Tarifverbünde haben 2014 ihre Tariferhöhungsrate
   nicht erwirtschaftet

 Bundesweiter Fahrgastzuwachs von nur 0,5% auf wenige
   Wachstumsregionen zurückzuführen

 Rückläufige Entwicklung in Fern- und Regionalverkehr der
   DB sowie im ländlichen Raum

                                                             Seite 18
Sind die Grenzen der Nutzerfinanzierung erreicht?

 Pkw-Zulassungszahlen 2014 auf Allzeit-Hoch

 Kraftstoffverbrauch auf höchstem Stand seit 2003

 Benzinpreise/Kosten des Autoverkehrs deutlich
  zurückgegangen
    Kraftstoffe - 12,6 %
    Verkehrskosten insgesamt - 2,6 %

                                                     Seite 19
Sind die Grenzen der Nutzerfinanzierung erreicht?

 Kosten der Verkehrsbedienung steigen
   weiter (Personal, Infrastruktur, Fahrzeuge,
   Bahnkosten, etc.)

 Wie entwickeln sich die Kosten für den
   Autoverkehr?

 Demografischer Wandel setzt
   Mengenwachstum Grenzen, zumindest im
   ländlichen Raum (Weniger Schüler – mehr
   Ältere)

                                                    Seite 20
Lösungsvorschläge 2015

 Dem demografischen Wandel trotzen

     Mehr Senioren kompensieren Rückgang an Schülern

 Drittmittel akquirieren

     Nicht auf City-Maut & Co. warten

 Wertewandel bei jungen Menschen nutzen

       Trend zur Multimodalität nutzt den ÖPNV

 Digitalisierung nutzen

       Digitalisierung integriert Fahrgastinformation
        und Vertrieb

                                                         Seite 21
Demografie: Entwicklung Schülerzahlen (10-20 Jahre) im VVS

                                  ↓
                                2012: G8
   300000                                                                     - 18,3 %

            254.318   250.175
   250000                                  235.931
                                                     220.300
                                                               212.654            207.771
   200000

   150000

   100000

    50000

        0
             2008      2010                 2015      2020      2025               2030

                                                                         22
Demografie: Entwicklung der Älteren (über 60 Jahre) im VVS

                                                                    + 29,4 %
 900.000

 800.000                                                             763.561
                                                     721.534
 700.000                                  668.387
                               628.786
           590.150   602.825
 600.000

 500.000

 400.000

 300.000

 200.000

 100.000

      0
            2008      2010      2015       2020       2025            2030

                                                               23
Demografie: Wegezahl der Älteren
                                        Zurückgelegte Wege 2002 und 2008

Mittlere Wegezahl/Tag

        4

      3,5

        3

      2,5
                                                                                                2002

        2                                                                                       2008

      1,5

        1

      0,5

        0
                        60 - 64 Jahre                  65 - 74 Jahre       ab 75 Jahre

             Senioren werden mehr und mobiler
             Potenzial für ÖPNV steigt, eigentlich…                                       Quelle: MID 2002/2008

                                                                                         24
Demografie: Führerscheinbesitz nach Altersgruppen

Prozent                 Führerscheinbesitz 2002 und 2008

   100

    90

    80

    70

    60

    50                                                                             2002
                                                                                   2008
    40

    30

    20

    10

     0
            60 - 64 Jahre            65 - 74 Jahre         ab 75 Jahre

          Aber die „jungen“ Alten sind viel Auto-affiner als die „alten“ Alten
                                                                         Quelle: MID 2002/2008    Quelle: MID 2002/2008

                                                                                                 25
Demografie: Neues SeniorenTicket

 Nicht „weiter so“ (jedes Jahr 2 – 3% erhöhen)

 Aber auch nicht Preise senken

 Unsere Lösung: Leistung hoch!
    Sperrzeit weg
    Verbundweite Gültigkeit
    Bequem im Abo erhältlich

     Preis-Leistungs-Verhältnis deutlich verbessert

                                                      Seite 26
Demografie: Trendwende erreicht

  115,0%

  110,0%

  105,0%

  100,0%

   95,0%

   90,0%

   85,0%
           2003   2004     2005      2006      2007       2008     2009      2010      2011      2012        2013   2014

                         Entwicklung Fahrten mit SeniorenTickets          Entwicklung Senioren im VVS

                                                                                                        27
„Drittmittelfinanzierung“: Beispiel FirmenTicket

 Vertriebsvereinfachung für die Unternehmen (obligatorisches Abo)
 Anreizkomponente für Arbeitgeber:
  Bei Zuschuss von mind. 10 Euro Rabatt von 10%
 Ohne Arbeitgeberzuschuss 5% (Mengen-) Rabatt

             + 21 %

                                                             Seite 28
„Drittmittelfinanzierung“: Beispiel SozialTicket

 Bezieher von ALG II, Sozialhilfe, Asylbewerber, etc. können Preise für
   Monatstickets nicht (mehr) bezahlen (Regelsatz für Mobilität zu gering)

 ÖPNV-Tarife können sich aber auch nicht an Zahlungsfähigkeit der
   Geringverdiener orientieren (Zahlungsbereitschaft weiterer Kundenkreise wird
   nicht ausgeschöpft)

 SozialTicket grundsätzlich ein gutes Mittel, Teilhabe an Mobilität für alle zu
   sichern, ohne ausreichende Nutzerfinanzierung zu gefährden

 Modell der Landeshauptstadt Stuttgart: BonusCard-Inhaber (11% der
   Bevölkerung) zahlt 50% des Preises für Monatstickets (Anteil LHS auf 5 Mio. €
   „gedeckelt“)

                                                                 Seite 29
Trend Multimodalität: Wertewandel bei
                                                                         - 20 %
     jungen urbanen Erwachsenen
Quelle: KIT: Deutsches Mobilitätspanel
Bericht 2011
                                         Anteil der 18 bis 35-
                                         jährigen, die einen
                                         Führerschein besitzen und
                                         in einem Haushalt mit PKW
                               - 21 %    leben

                                                                          Quelle: Institut für Mobilitätsforschung:
                                                                           Mobilität junger Menschen im Wandel
                                                Zurückgelegte PKW-km /
                                                Woche eines18 bis 34-
                                                jährigen

                                                                         - 59 %

 Quelle: Statistisches Amt der Stadt      Zugelassene privat
 Stuttgart: Monatsheft 10/2012
                                          genutzte PKW von 18 bis
                                          24-jährige in Stuttgart

                                                                         30
Die (urbane) Welt ist multimodal …

                                     31
… und intermodal

                   32
Automobilkonzerne entdecken Car-Sharing

                                          “Some
                                          colleagues still
                                          think that car-
                                          sharing borders
                                          on communism,
                                          but if that's the
                                          case, viva la
                                          revolucion!”

                                          (Dieter Zetsche,
                                          Geschäftsführer
                                          Daimler)

                                             33
Stuttgart wird zur „Hauptstadt“ des Car-Sharings

 ► Stadtmobil     • 500 Fahrzeuge       ► autonetzer     • Internetbasierte
                  • 200 Standorte                          Autovermittlung
                  • 27 Städte der                          von Privat zu Privat
                    Region
                  • 15.000 Nutzer
                  • Vernetzung der
                    Stadtmobil-Gruppe
                    (> 2.000 Autos)

                  • 63 Fahrzeuge        ► Car2go          • car2go mit 500
 ► DB Flinkster
                  • 41 Standorte                            Elektroautos
                                          (free-floating)
                  • Vernetzung                           • 300 Ladestationen
                    innerhalb der DB-                    • Keine Vorbuchung
                    Gruppe                               • Nicht stations-
                  • Vernetzung mit                         gebunden
                    FORD2GO                              • One-way möglich

                                                               34
car2go Stuttgart – Weltweit größte Elektroauto-Flotte

► 2012: Start von car2go Stuttgart als erstes elektrisches Car-Sharing-System
  Deutschlands

► car2go Stuttgart in Zahlen

     Start mit 400 Elektro-Smarts in der
      Landehauptstadt

     Aufstockung auf 500 Fahrzeuge

     Versorgung durch ca. 250 EnBW-
      Ladestationen

     Erweiterung auf die Region in
      Vorbereitung (Esslingen, Böblingen)

     > 40.000 Nutzer

                                                                  35
Einführung eTicket im VVS

                             (((eTicket

             OnlineTicket    HandyTicket      Chipkarte
                                             EFM-Stufe 2

Einführung    seit 2010       seit 2012        ab 2015

Zielgruppe   Gelegenheits-   Gelegenheits-    Zeitkarten
                verkehr         verkehr

                                                           36
Multimodale Mobilitätskarte im VVS

                            Kommunale
              Lade-       Dienstleistungen
          Infrastruktur   (Bibliotheken, etc.)   Car-Sharing
             (eMobil)

  Parken                                                     Call-a-Bike
(Park&Ride)                  ÖPNV                             (Pedelec)

                Taxi                                            BonusCard
              (Ruftaxi)       Car2go
                                                 Zahlungs-
                                                  funktion

                                                                37
Trend Digitalisierung:
Verknüpfung Fahrgastinformation und Ticketing

► Über 1 Mio. Fahrtauskünfte / Tag!
► 79 % aller Auskünfte mobil
► VVS-App ca. 900.000 mal
  heruntergeladen (55 % Android, 40 %
  IOS, 5 % sonstige)
► Intermodale Auskünfte (Radroutenplaner,
  Belegung von Call-a-Bike-Standorten,
  etc.)
► Alle Auskünfte in Echtzeit mit Störungs-
  informationen

                                                38
Trend Digitalisierung: Benachrichtigungsservice bei Störungen

► VVS-Plattform für
  Störungsinformationen

► Bedienung durch Leitstellen der
  Verkehrsunternehmen

► Kunde kann Benachrichtigungsservice
  für seine Linie „abonnieren“

► Pushmeldung auf App, per SMS,
  Twitter oder E-Mail

► 150.000 „Abonnenten“ (davon
  120.000 mit Pushmeldung auf App
  VVS mobil)

                                                      39
Trend Digitalisierung: HandyTicket in Fahrplanauskunft integriert

► EinzelTicket zum Preis des 4er Tickets
► App „VVS mobil“ (integriert Ticketing und
  Fahrplanauskunft; 900.000 Downloads)
► ca. 160.000 HandyTickets pro Monat (mit
  steigender Tendenz)
► ca. 6 Mio. € Umsatz pro Jahr
► Apps für iPhone, Android, Blackberry, Windows
  Phone (in Arbeit) und mobiles Internet
► nächster Schritt muss folgen:
  elektronischer/digitaler Tarif (ggf. parallel zu
  bestehendem Tarif)
Fazit

 ÖPNV entwickelt sich uneinheitlich (Wachstumsregionen, ländlicher Raum,
   demografische Entwicklung, …)

 Finanzierung wird (noch) schwieriger (Finanzierungsinstrumente nicht
   gesichert, Grenzen der Nutzerfinanzierung, Schuldenbremse, …)

 Wettbewerbssituation (vorübergehend?) negativ (ÖPNV-Kosten steigen
   überproportional, Autokosten sinken)

 Dennoch: Dem ÖPNV gehört die Zukunft!

                                                             Seite 41
Fazit

 Chancen:

     Multimodalität

     Digitalisierung

     Demografischer Wandel

 „Politik“ (Aufgabenträger / Eigentümer) zwingen, Farbe zu bekennen
   (Was wird gewollt: Mehr Fahrten? Mehr Einnahmen?
   Bereitschaft höheren Modal Split auch zu
   finanzieren?)

                                                            Seite 42
Vielen Dank für Ihre
 Aufmerksamkeit!

      43
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