Ihre Lösungsmöglichkeiten (7): Problemfelder im Blasorchester und - Werbewind LOGIN

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Problemfelder im Blasorchester und
   ihre Lösungsmöglichkeiten (7):
      Die Intonation des Fagotts
     Das Fagott gehört zu den charakterstärksten und wandelbarsten
    Instrumenten im Orchester. Was Dirigenten über das Fagott wissen
        sollten, erklärt Manuel Epli in seiner Serie »Problemfelder im
               Blasorchester und ihre Lösungsmöglichkeiten«.
                                      Manuel Epli

                         »Wie sind Sie eigentlich darauf gekom-         gen eine wichtige Rolle – man denke nur
                         men, gerade dieses Instrument zu erler-        an Schuberts Oktett oder Beethovens Sep-
                         nen?« Das ist eine Frage, die sich jeder Fa-   tett. Im Orchester nimmt das Fagott oft-
                         gottist früher oder später stellen lassen      mals eine Position ein, die mit dem Pult
                         muss – gelegentlich sogar mit einem et-        des Bratschisten im Streichquartett ver-
                         was verständnislosen Unterton. Dabei hat       gleichbar ist: Es ist eine günstige Stelle, um
                         das Instrument viel zu bieten. Durch den       einen tieferen Einblick in das musikalische
                         U-förmigen Rohrverlauf des Fagotts ver-        Geschehen zu erhalten. Nicht zuletzt spiel-
                         liert das Instrument den durchdringenden       ten Mozart und Haydn dieses Instrument
                         und schalmeienartigen Klangcharakter           am liebsten. Grund genug, das Fagott aus
                         der Oboe und nähert sich sehr dem Klang        einer Perspektive zu betrachten, die für
                         der menschlichen Stimme an. Das Fagott         uns Dirigenten wichtig ist.
                         verfügt über einen enormen Tonumfang
                         und stellt in jedem seiner Register einen      Instrumentenbau
                         eigenen Charakter dar. Der Bereich an Ge-
                         fühlen, der dabei abgedeckt wird, reicht       Als historischer Vorläufer des Fagotts gilt
                         von klagender Melancholie bis hin zu Witz      im Allgemeinen der Dulcian. Der Dulcian
                         und schwarzem Humor. Die Fähigkeit des         wurde aus einem Holzstück gefertigt, be-
                         Instruments zur Erzeugung von komi-            saß bereits eine konische Bohrung und
                         schen Effekten sowie zur Zeichnung mu-         wurde mit einem Doppelrohrblatt ge-
                         sikalischer Karikaturen durch das Staccato-    spielt. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts
                         Spiel ist nahezu unübertroffen.                wurde das Instrument in Amsterdam, Paris
                                                                        und Nürnberg aus mehreren getrennten
                         Im Vergleich zu anderen Blasinstrumenten       Teilen gefertigt – die Geburtsstunde des
                         ist das Fagott im Bereich der Sololiteratur    Fagotts. Der Name des Instruments leitet
                         dagegen schlecht bedacht – es gibt keine       sich vom italienischen »fagotto« ab, was
                         Sonaten von Bach, Beethoven und Brahms.        übersetzt »Bündel« bedeutet. 1816 er-
                         Neben den Konzerten mit Orchester von          schienen Gottfried Webers Untersuchun-
                         Vivaldi, Mozart und Weber gibt es wenig        gen zur Akustik von Holzblasinstrumen-
                         Vergleichbares. In der Kammermusik ist         ten, die der Mainzer Fagottist Carl Almen-
                         das Angebot dann wieder vielfältiger: Hier     räder in die Praxis umsetzen ließ. Die
                         spielt das Fagott unter anderem in den         wichtigsten Innovationen betrafen die
                         Meisterwerken für gemischte Besetzun-          untere Hälfte der Bohrung des Fagotts: Die

                            Videos zu dieser Artikelserie
                            hat der Bayerische Blasmusikverband in Zusammenarbeit mit den Münchner Phil-
                            harmonikern erstellen lassen. Abrufbar sind diese Videos, in denen die Profis der
                            Philharmoniker ihre Instrumente erklären, über den Vimeo-Account des MON. Das
                            Fagott-Video ist unter diesem Link erreichbar:
                            https://vimeo.com/492230215

BiB 5/2021                                                                                                  Praxis       11
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Tonlöcher unterhalb des A wurden ver-        und 259 cm. Die Mensur des Fagotts ent-         damit die Anforderungen an das Rohr – je
     schoben, vergrößert und durch zusätzli-      wickelt sich konisch: von 4 mm am Flügel        nach Einsatzbereich stark unterscheidet
     che Tonlöcher ergänzt. Es entstand so        bis zu 40 mm unmittelbar vor dem Schall-        (Blasorchester, Sinfonieorchester, Kam-
     1817 ein Instrument mit 15 Klappen, das      stück, wobei dieses dann einen zylindri-        mermusik, solistische Tätigkeit). Die meis-
     über einen chromatischen Tonumfang           schen Rohrverlauf besitzt. Während der          ten Fagottisten sind daher ständig auf der
     vom Kontra-B bis g2 verfügte. Zudem wur-     Korpus des Instruments immer unverän-           Suche nach der »eierlegenden Wollmilch-
     den die Intonation, die Gleichmäßigkeit      dert bleibt, werden für die verschiedenen       sau« – dem perfekten Rohr für ihr Instru-
     der Tongebung im gesamten Tonumfang          Einsatzbereiche des Fagotts teilweise           ment. Übrigens: Sollte sich das Rohr nur
     und die Projektionsfähigkeit des Instru-     unterschiedliche S-Bögen verwendet. So          schwergängig auf den S-Bogen stecken
     ments verbessert. Almenräder eröffnete in    gibt es S-Bögen, die besonders gut für die      lassen, verwendet ein gut präparierter Fa-
     Partnerschaft mit Johann Adam Heckel         verschiedenen Orchesterformen, die Kam-         gottist eine konische Reibahle, mit der er
     (1812 bis 1877) eine Werkstatt zum Bau       mermusik oder für solistische Zwecke ge-        den Innendurchmesser des Rohranfangs
     von Fagotten. Die von der Familie Heckel     eignet sind. Üblicherweise werden die S-        (also das Ende des Rohres, das man auf
     erdachte Applikatur, das »Heckel-System«,    Bögen von 1 bis 3 durchnummeriert, wo-          den S-Bogen steckt) eine Winzigkeit ver-
     erreichte unter Wilhelm Heckel (1879 bis     bei gilt, dass der Bogen umso länger ist, je    größert.
     1952) Weltruhm und setzte sich als inter-    größer die Zahl ist.
     nationaler Standard durch.                                                                   Kunststoff-Rohre werden immer besser
                                                  Es gibt in neuerer Zeit immer wieder inte-
     Das Fagott besteht heute aus fünf Teilen     ressante Ansätze, um den für die Tonbil-        Da die Doppelrohrblätter mit einem Preis
     (siehe Abbildung 1): dem S-Bogen, dem        dung erforderlichen Anblasdruck zu redu-        zwischen 15 und 25 Euro alles andere als
     Flügel, dem Stiefel, der Bassröhre und dem   zieren. Meist handelt es sich dabei um          billig sind, kann es bei Amateuren vorkom-
     Schallstück. Das Instrument hat fünf of-     strömungstechnische Optimierungen der           men, dass ein Rohr aus Gründen der Be-
     fene Grifflöcher, zwischen 24 und 27 Klap-   S-Bogen-Form. Interessante Arbeiten in          quemlichkeit und der Kosten zu lange ge-
     pen und eine Gesamtlänge zwischen 250        diesem Bereich sind beispielsweise an der       spielt wird. Dirigenten von Amateurblas-
                                                  Technischen Universität Dresden an der          orchestern sollten daher regelmäßig die
                                                  Fakultät für Thermofluiddynamik/Ange-           Qualität des verwendeten Materials bei
                                                  wandte Aerodynamik unter Leitung von            ihren Fagottisten überprüfen. Durch das
                                                  Prof. Dr. Roger Grundmann entstanden.           »Zurechtmachen« kann ein Rohr so be-
                               Schallstück        Außerdem gibt es zaghafte Versuche, die         arbeitet werden, dass es noch besser wird
                                                  doch relativ robuste und grobe Mechanik         – oder überhaupt erst spielbar wird. Dabei
                                                  des Instruments zu verbessern. Zu nennen        handelt es sich um eine Kunst, die über
                                                  sind hier beispielsweise kugelgelagerte         viele Jahre gelernt werden muss und die
                                                  Drehachsen oder Klappenpolster aus Sili-        viel Erfahrung benötigt. Diese Arbeit mit
                                                  kon anstatt lederüberzogener Polster. All       dem Material muss Bestandteil jedes
                                                  diese Verbesserungsideen konnten sich           Unterrichts auf dem Fagott sein. Leider
                                                  bis jetzt allerdings noch nicht am Markt        gibt nicht jeder Lehrer standardmäßig sein
                            S-Bogen               durchsetzen.                                    Wissen über dieses Thema an seine Schü-
                                                                                                  ler weiter.
                                                  Die Suche nach dem perfekten Rohr
                                                                                                  Seit kurzer Zeit sind Fagott-Rohre aus
                                                  Ein eigenständiges Problem beim Fagott          Kunststoff der kanadischen Firma Légère
                                   Rohr           ist die Suche nach geeigneten Rohren. Wie       auf dem Markt erhältlich. Diese haben
                                                  auch bei der Klarinette, dem Saxofon oder       mittlerweile eine mehr als solide Qualität
                                                  der Oboe hängt die maximal erreichbare          erreicht, sodass nicht mehr sofort hörbar
                                 Flügel           Klangqualität – von Ausnahmemusikern            wird, dass ein Kunststoff-Rohr im Einsatz
                                                  einmal abgesehen – stark vom Material ab,       ist. Für den Probenbetrieb sind diese
     Röhre                                        das zur Verfügung steht. Die Länge eines        Rohre in jedem Fall einsetzbar. Ihr Nachteil
                                                  Doppelrohres für das Fagott beträgt 56          sind die hohen Anschaffungskosten von
                                                  mm (± 2 mm), wobei das Verhältnis von           rund 130 Euro pro Stück. Allerdings sollten
                                                  Bahn und Schaft variieren kann. Die Anfor-      sich diese Kosten relativ schnell amorti-
                                                  derungen an ein Rohr sind unterschied-          siert haben, da sie selbst bei mehrmaligem
                                                  lich: Bei solistischen Passagen im 1. Fagott    Spielen in der Woche mindestens ein Jahr
                                                  wird die Leistungsfähigkeit des Rohres im       haltbar sind. Der Vorteil einer dauerhaft re-
                                                  hohen Register im Mittelpunkt stehen. Bei       produzierbaren Klangqualität kann hier
                                                  einem 2. Fagottist wird der Fokus dagegen       überwiegen.
                                                  eher auf der tiefen Lage liegen. Generell
                                                  kann man sagen, dass ein Fagott-Rohr            Spieltechnik
                             Stiefel              umso solistischer wird, je widerstandsfä-
                                                  higer, also härter und biegesteifer, es wird.   Die Notation des Fagotts erfolgt im
                                                  Jedes Fagott und jeder S-Bogen sind in          Blasorchester standardmäßig im Bass-
                                                  ihrem Klangverhalten unterschiedlich. Aus       schlüssel. Höhere Passagen werden übli-
                                                  diesem Grund muss das Rohrkonzept für           cherweise im Tenorschlüssel notiert, der
                                                  ein Fagott mit einen S-Bogen noch lange         von fortgeschrittenen Fagottisten gelesen
                                                  nicht auf ein anderes Fagott oder einen         werden kann. Lästig für die Musiker ist die
                                                  anderen S-Bogen übertragbar sein. Er-           Unsitte, auch tiefe Passagen im Tenor-
                                                  schwerend kommt hinzu, dass sich das            schlüssel zu notieren. Der Vorteil des Te-
     Abbildung 1: Die Bauteile des Fagotts        Aufgabenspektrum des Instruments – und          norschlüssels, Hilfslinien nach oben einzu-

12   Praxis                                                                                                                         BiB 5/2021
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Tabelle 1: Register des Fagotts
    Register          Beschreibung                                           Charakter
    tief: B1 – F      voll, sonor – substanzreiches Bassfundament            ernst, stolz, würdevoll und majestätisch
    mittel: Fis – b   schlank, elegant, melodiös – intensiver als das tiefe weich, anschmiegsam, strahlend heiter, melancholisch
                      Register                                              verzagt, wehmütig, unheimlich und dämonisch
    hoch: ab h        eng, gepresst – wesentlich weniger Obertöne als das beklemmend, klagend, jammernd, mühevoll, quälend,
                      mittlere und tiefe Register                         ängstlich

sparen, wird so ad absurdum geführt.             lativ hohe Anblasdruck, der benötigt wird,   schwächeren Fagottisten dann ebenso
Während der tiefste Ton des Instruments,         sowie die Tatsache, dass das Doppelrohr-     schwer zu bewältigen. Abhilfe kann hier
das Kontra-B, aus physikalischen Gründen         blatt ein nennenswertes Stück in den         durch den Tausch der Stimmen bei ausge-
klar vorgegeben ist, ist die Obergrenze des      Mundraum hineinragt. Gleiches gilt für die   wählten Passagen geschaffen werden. In
Tonumfangs nicht ganz so klar. Hier              Flatterzunge und die Zirkularatmung. Da-     Blasorchesterpartituren ist häufig eine
herrscht in der Literatur eine gewisse Un-       mit sind im Amateurbereich drei Spiel-       einheitliche Bezeichnung der Dynamik,
einigkeit, wobei der höchste Ton nach der        techniken auf dem Fagott nicht verfügbar,    gerade bei Tutti-Passagen, vorhanden. Bei
»offiziellen« Heckel-Grifftabelle das as2 ist.   die beispielsweise von vielen besseren       kräftigen Forte- oder Fortissimo-Passagen
Bei Amateurmusikern ist der Tonumfang            Flötisten beherrscht werden.                 ist das nicht unkritisch. Dirigenten sind
nach oben hin allerdings oftmals be-                                                          hier gut beraten, von den Fagotten nicht
grenzt. Technisch anspruchsvolle Stellen         Das Fagott im Blasorchester                  die lautestmögliche Dynamik zu fordern.
sind in der Regel bis zum a1 kein Problem,                                                    Folgen die Fagotte der Anweisung des Di-
langsamere Passagen sind bis zum c2 mög-         Im Laienorchester sitzt der leistungsstär-   rigenten und bringen sich in solchen Ab-
lich. Der Tonbereich darüber hinaus              kere Musiker meistens am 1. Fagott. Dies     schnitten klanglich voll ein, so reiben sie
spricht bei Amateuren oftmals überhaupt          führt zu der paradoxen Situation, dass der   sich bläserisch auf. Bei dem auf diese Stelle
nicht an. Die Ursache hierfür kann sowohl        schwächere Spieler in langsamen, tiefen      eventuell folgenden lyrischen Übergang
das Instrument selbst wie auch das Rohr          und leisen Passagen eine schwierigere        – in kammermusikalischer Besetzung der
oder der Spieler sein. Nach unten kann der       Stimme zu bewältigen hat als der 1. Fagot-   Holzbläser im Pianissimo – hat der Fagott-
Tonumfang durch eine sogenannte »Tris-           tist. Das generelle Tauschen der Stimmen     Satz dann möglicherweise nicht mehr die
tan-Stürze« bis zum Kontra-A erweitert           ist leider keine Lösung: Die später meis-    bläserischen Reserven, um die Leistung zu
werden. Die Tristan-Stürze wird sehr selten      tens auftauchende Solostelle oder tech-      bringen, die an sich möglich wäre und an
verwendet und kommt in der Blasorches-           nisch anspruchsvolle Passage ist vom         dieser Stelle benötigt würde.
terliteratur nicht vor. Der Tonumfang des
Fagotts lässt sich in drei Bereiche aufteilen
(siehe Tabelle 1).

Dynamisches Spektrum

Das Fagott hat ein geringeres dynami-
sches Spektrum als die restlichen Holz-
blasinstrumente. Fagottisten kämpfen
deshalb oft damit, in einem Moment ge-
sagt zu bekommen, dass sie nicht zu hören
sind, um kurze Zeit später vom Dirigenten
damit konfrontiert zu werden, sie seien zu
laut. Das Pianissimo-Spiel und eine kulti-
vierte Ansprache bei sehr leisen Stellen ist
immer ein Problem auf diesem Instru-
ment. Die Herausforderungen in diesem
Bereich beginnen bereits beim A, spätes-
tens aber beim Fis. Die Ansprache ist stark
abhängig von der Erfahrung des Musikers
und dem verwendeten Rohr. Generell ist
zu beobachten, dass im Ernstfall »Konzert«
ein Einsatz im Pianissimo immer lauter ist
als in den vorangegangenen Proben. Mit
zunehmender Risikobereitschaft des Spie-
lers nimmt allerdings auch die Wahr-
scheinlichkeit zu, dass ein Einsatz auch mal
unsicher beginnt.

Eine kultivierte Doppelzunge beherrscht
praktisch kein Amateur-Fagottist. Die
Gründe hierfür sind wahrscheinlich der re-                                                                              Foto: Lubos Houska

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Ihre Lösungsmöglichkeiten (7): Problemfelder im Blasorchester und - Werbewind LOGIN
Tabelle 2: Intonationsprobleme und Lösungsmöglichkeiten
         Problem          Lösung
         zu hoch          Lippen entspannen und Druck auf das Rohr reduzieren. Mundraum vergrößern (»A«), Hals und Rachenraum
                          öffnen
         zu tief          Lippen stabilisieren, Lippenöffnung verkleinern, Mundwinkel an die Seite des Rohres nach vorn nehmen.
                          Mehr Lippen in Kontakt mit dem Rohr kommen lassen. Luftgeschwindigkeit erhöhen und Luftstrom zentrie-
                          ren. Luftversorgung aufrecht erhalten, Luftstrom vorwärts richten und höher durch den Mund führen (»E«).

     Intonationsverhalten und -korrektur                Das Fagott verfügt, wie die Oboe, über ein     Töne, die intonationstechnisch eine dauer-
                                                        sehr großes Obertonspektrum. Im Ver-           hafte Herausforderung darstellen. Diese
     Die Tonhöhe kann alleine durch die Verän-          gleich mit anderen Blasinstrumenten in         Töne sind bei jedem Hersteller und bei je-
     derung des Ansatzes um mehr als einen              der Tonlage des Fagotts, zum Beispiel der      dem Instrument allerdings verschieden.
     Halbton erhöht oder erniedrigt werden. Es          Bassklarinette, ergibt sich dadurch die He-    Die Anzahl dieser Töne skaliert umgekehrt
     gibt Fagottisten, die etwas zynisch be-            rausforderung, dass die Intonation des In­     proportional mit den Anschaffungskosten
     haupten, dass ein guter Fagottist nur ein-         struments sehr gut sein muss. Welche Pro-      eines Instruments. Vereinfacht ausge-
     stimmt, um den Dirigenten zu beruhigen.            bleme können nun auftreten? Das tiefe Re-      drückt: Ein teureres Instrument hat weni-
     Das Anblasen des Stimmtons gibt also nur           gister tendiert im Piano dazu, zu hoch zu      ger Fehler. Alle deutschen Hersteller ge-
     Anhaltspunkte, in welche Richtung und              sein. Das hohe Register ist im Piano meist     nießen in dieser Beziehung einen ausge-
     um wie viel permanent die Tonhöhen kor-            zu tief, wobei einzelne Töne auch zu hoch      zeichneten Ruf – im Gegensatz zu einigen
     rigiert werden müssen. Müsste permanent            sein können. Die Tiefe muss bläserisch kor-    Herstellern aus Osteuropa und China. Je-
     zu viel korrigiert werden, empfiehlt sich          rigiert werden, in der Höhe sollten eher al-   der Fagottist muss diese auf seinem In­
     das Justieren des S-Bogens. Die Grund-             ternative Griffe benutzt werden. Generell      strument problematischen Töne kennen
     stimmung kann allerdings nur bis zu                kann man sagen, dass bei einem Cre-            und mit Hilfsgriffen ausgleichen können.
     einem gewissen Grad mit dem Einstecken             scendo die Intonation tiefer, bei einem De-    Solche Hilfsgriffe sind stets komplizierter
     und Ausziehen des S-Bogens korrigiert              crescendo höher wird. Tabelle 2 veran-         zu greifen, sodass das Ausgleichen mit
     werden, da sonst die Überblasklappe nicht          schaulicht allgemeine Möglichkeiten, um        einem Korrekturgriff meist nur in langsa-
     mehr richtig geschlossen wird. Im Extrem-          die Intonation zu verändern. Tabelle 3 ent-    men Passagen möglich ist. Die Anzahl der
     fall ist die Verwendung eines anderen S-           hält die Grundfragen, die bei dauerhaften      Korrekturgriffe ist riesig, für die meisten
     Bogens mit einer anderen Länge erforder-           und gleichbleibenden Stimmungsproble-          Griffe gibt es mehrere Alternativen. In Ta-
     lich. Amateurmusiker haben meist nicht             men geklärt werden sollten.                    belle 4 sind für eine Auswahl an kritischen
     mehr als zwei S-Bögen, sodass die Anzahl                                                          Tönen mögliche Korrekturgriffe darge-
     der Korrekturmöglichkeiten leider oft be-          Wie bei allen anderen Instrumenten gibt        stellt, Abbildung 2 zeigt die Applikatur des
     grenzt ist.                                        es auch auf dem Fagott mehrere kritische       Fagotts. Eine besondere Stellung nimmt
                                                                                                       die Piano-Klappe (»Whisper key«) auf dem
        DAUMEN                                                                HAND                     Fagott ein: Das Drücken der Klappe er-
                                                                                                       leichtert die Ansprache der Töne unter-
                                                       e1
                                                                                                       halb des a im Pianissimo. Für längere Ab-
        B1

                                         }
                                     d                                             e                   schnitte in dieser Lage ist die Piano-Klappe
                                            klappen
                                            Schleif-

        H1                                                                                             auch feststellbar. Ab dem a (einschließlich)
        C                            h                 es1                                             muss sie dann aber geöffnet sein.
                                     a
                                                                                   d
         D                                                                                             Das Fagott in der Jugendausbildung
                                         cis
                                                                                   c                   Ich möchte mit einigen Gedanken zur
     Piano-                                            Dis                                             Nachwuchsausbildung auf dem Fagott
     Klappe                              Cis / Resonanz-                                               schließen – aus dem Blickwinkel des Diri-
                                         klappe dis                                                    genten und bezogen auf die Vereinsstruk-
     Abbildung 2: Klappen der linken Hand (oben) und der rechten Hand (unten)                          tur in der Blasorchesterszene. Einige un-
                                                                                                       gewöhnliche akustische Eigenschaften
                                                                                                       machen das Griffsystem auf dem Fagott
       DAUMEN                                                                 HAND
                                               cis-Triller                                             komplizierter als bei anderen Holzblas­
                                      B                                                                instrumenten. Alle zehn Finger sind oft an
                                                                                  H                    inkonsistenten Griffmustern beteiligt. Der
                                      E                                                                linke Daumen muss beispielsweise mit
                                                                                                       neun Klappen »fertig werden«, sowohl
                                      Fis                                         A                    einzeln als auch in verschiedenen Griff-
                                      Gis                                                              kombinationen. Dennoch ist das Erlernen
                                                            B                                          des Fagottspiels für einen späteren Einsatz
                                                 F                                G                    im Blasorchester eine zu bewältigende
                                                                                                       Aufgabe. Die Stimmen, die auf dem Fagott
                                                Fis
                                                                                                       realisiert werden müssen, sind bis weit in
                                                Gis
                                                                                                       die Oberstufe (Kategorie 4) meist reine

14   Praxis                                                                                                                              BiB 5/2021
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Tabelle 3: Stimmungsprobleme
    Problem               Fragen zur Lösung
    konstant zu hoch      Ist der Ansatz zu hart? Ist das Rohr schwer genug? Ist zu viel Rohr im Mund? Ist der S-Bogen zu kurz?
    konstant zu tief      Ist der Ansatz zu locker? Ist das Rohr zu leicht? Ist zu wenig Rohr im Mund? Ist der S-Bogen zu lang?

Bass-Stimmen. Die technischen Anforde-         vor allem die gebrauchten Instrumente,         bei denen auch ein Einstieg im frühen
rungen der Stimmen bleiben lange auf           die am Markt angeboten werden. Ein halb-       Teenageralter noch ausreichend ist, um
einem machbaren Niveau – im Vergleich          wegs brauchbares Fagott erfährt mit den        das Instrument später grundsolide zu be-
zu den technischen Möglichkeiten des In­       Jahren kaum einen Wertverlust, sodass es       herrschen. Eventuell ist es sinnvoll, zu-
struments. Die Blastechnik ist auf dem Fa-     bei der Anschaffung eines neuen, höher-        nächst ein anderes Instrument zu erlernen.
gott an sich nicht heikel. Das Erlernen des    wertigen Instruments wieder gut verkauft       Unterricht auf der Klarinette kann die Lip-
Instruments kommt somit auch für Musi-         werden kann.                                   penspannung, Unterricht auf dem Klavier
ker infrage, die auf anderen Instrumenten                                                     die Unabhängigkeit der Finger trainieren.
bläserische Probleme haben.                    Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es höher      Selbst das Erlernen der Blockflöte ist eine
                                               gestimmte Instrumente (Quart-Fagotte,          Möglichkeit. Als Amateurmusiker ist es für
Abschreckend wirken oft die hohen An-          Quint-Fagotte, Fagottino), um Kindern          Fagottisten in der Regel kein Problem,
schaffungskosten für ein Instrument. Ein       den Einstieg auf dem Instrument zu er-         einen Platz im Orchester zu finden – ganz

                                                                                                                                         •
professionelles Instrument kann mehr als       leichtern. Ob ein Einstieg im Kindesalter      im Gegensatz zu Flötisten und Klarinettis-
30 000 Euro kosten. Für 3 000 bis 5 000        auf dem Fagott allerdings notwendig ist,       ten.
Euro gibt es aber bereits gute Instrumente,    bleibt fraglich. Das Fagott gehört wahr-
die »mitwachsen«. Interessant sind hier        scheinlich zu den wenigen Instrumenten,        www.manuelepli.de

   Tabelle 4: Kritische Töne
    Ton (Problem)           Korrektur
    A (Ansprache            + fis-Klappe (rechter Daumen): Der Ton kann dann wesentlich stärker angeblasen werden, ohne laut
    im Piano schwer)        zu klingen. Es verändert sich dabei allerdings der Klang, und die Intonation wird höher.
    es (Gabelgriff          + h-Loch und b-Klappe (Daumen und Zeigefinger der rechten Hand »Pinzette«): Klingt gedeckter.
    oftmals zu hoch)
    b                       + cis-Klappe: Klingt so gegriffen auf manchen Fagotten sehr viel voller. In lyrischen Piano-Passagen ist
                            dieser Ton aber zu dominant, außerdem erhöht sich leicht die Intonation.
    cis1 (Standardgriff     Als Alternative ist linke Hand c, rechte Hand Finger 2, 3 und 4 zu greifen. Der Ton ist für Piano-Passagen
    manchmal zu hoch)       aber zu laut/dominant.
    fis1/g1 (fast           + es-Klappe (kleiner Finger linke Hand)
    immer zu hoch)

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