Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand

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Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
Im Dialog
„Digitalisierung“
  PD-Beiratssitzung 2018
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
Inhalt
EINFÜHRUNG
Digitalisierung von Verwaltung                           5

AUS DEN FACHAUSSCHÜSSEN
–– Voraussetzungen und Chancen eines ­digitalen
   Baugenehmigungsverfahrens                             11
–– Mit Offenheit und ­Innovationsfreude: ­erfolg­­-
   reiche Wege zur ­Verwaltungs­digitalisierung          17

IMPULSVORTRÄGE
–– Digitalisierung in der Praxis – Die ­Umsetzung
   eines E-Government-Gesetzes                           22
–– Digitalisierung und kommunale ­
   Leistungserbringung                                   28
–– Neue Technologien für die öffentliche ­
   Verwaltung: Elektrifizierung versus ­Disruption       32
–– BIM – Ein Modell für die Zukunft?
   Ein ­Erfahrungsbericht der PD                         37

GESPRÄCH
„Die Chancen der ­Digitalisierung nutzen.“               43

VORSTELLUNG
Der Beirat und die PD                                    49

Info: Aus Gründen der Lesbarkeit steht im gesamten
Text die männliche Form ­stellvertretend für ­Personen
­beiderlei Geschlechts.
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4   PD – Berater der öffentlichen Hand
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
EINFÜHRUNG

                          Digitalisierung
                          von Verwaltung
           Die Diskussionen im Rahmen der Beiratssitzung der PD haben
          die Aktualität des Themas Digitalisierung eindrücklich bewiesen.

D     igitalisierung – der Begriffhat in den
      letzten Jahren breite Aufmerksamkeit
erlangt, in der sozialen und wirtschaftlichen
                                                        auseinanderzusetzen, ist eine wirkliche Führungs-
                                                        aufgabe. Innovation braucht Mut. Erforderlich ist
                                                        zugleich eine Kultur, die Impulsgebern den Raum
Sphäre insgesamt ebenso wie in der öffentlichen         bietet, Ideen zu erproben, aber auch Initiative er-
Verwaltung. Historische Parallelen finden sich          greift, niemanden zurückzulassen.
vielleicht in der Einführung der Dampfmaschine
oder der Elektrifizierung der Produktionsprozesse,      Innovation und Modernisierung in Staat und
die ebenso gesellschaftliche Umbrüche mit sich          Verwaltung – ein Streben, das uns ständig be-
brachten. Auch damals waren große Erwartungen           gleitet und in Zeiten der Digitalisierung vielfach
und Ängste mit den Änderungen verbunden, die            als Konzept für eine „smarte“ Leistungserbrin-
sich als Folge einer grundlegenden Neugestaltung,       gung hoheitlicher oder öffentlich verantworteter
einer Transformation von Wirtschaft und Gesell-         Leistungen in Erscheinung tritt. Was kann die
schaft, entwickelten. Die Modernisierung von            Digitalisierung leisten, worin kann der Mehrwert
Staat und Verwaltung                                    für Bürger, Wirtschaft und die Verwaltung selbst
war unausweichlich.          Autorin:
                                                        liegen – dies zu definieren, ist zentrale Aufgabe
                                                        aller, die im Bereich der öffentlichen Verwaltung –
Wie steuerbar sind die                                  gleich auf welcher Ebene – für digitale Transfor-
Wirkungen der Digita-                                   mation und den Einsatz Künstlicher Intelligenz
lisierung öffentlicher                                  eintreten.
Aufgaben heute – ge-
nauer: ihre Folgen für                                  Wie kann erreicht werden, dass Digitalisierung
die Arbeitswelt und                                     im Bereich der öffentlichen Aufgabenerfüllung
die Gesellschaft? Diese                                 zu Effizienz und Ressourcenschonung beiträgt?
                           Gabriele C. Klug
Frage aufzugreifen und     Stellvertretende             Wo liegen die Grenzen? Welche besondere Ver-
sich mit den vielen        ­Vorsitzende des Beirates,   antwortung kommt auf uns zu, wenn es sich
berechtigten Ängsten        Beigeordnete und Stadt-     um die Erledigung von Aufgaben der öffentlich
und Erwartungen             kämmerin der Stadt Köln     verantworteten Daseinsvorsorge handelt? Welche

                                                                                        Beiratssitzung 2018   5
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
Rolle hat der Staat in der smarten Welt der digitali-               Best Practices zu analysieren, war dabei eine
sierten Daseinsvorsorge oder der transparenten                      ebenso herausfordernde wie willkommene
hoheitlichen Leistungen?                                            Aufgabe.

    „Das moderne Verständnis von                                    In den Fachausschüssen Bau / Infrastruktur (siehe
                                                                    S. 11) und Strategische Verwaltungsmoderni-
    ­Daseinsvorsorge erfordert heute,                               sierung (siehe S. 17) wurden die vertiefenden
     die Standortbestimmung von Staat                               Aspekte beleuchtet, wie etwa der Versuch einer
     neu zu denken – kaum so sehr wie                               Begriffsbestimmung oder konkrete Umsetzungs-
     im Bereich wirkungsmächtiger Inno-                             beispiele. In der gemeinsamen Beiratssitzung
     vation sind verbindliche Spielregeln                           wurden diese Vorüberlegungen diskutiert sowie
                                                                    die Frage, ob und wo Schnittmengen und Überlap-
     gefragt, die den Akteuren im Feld der                          pungen, gemeinsame Sichtweisen oder differen-
     Digitalisierung geschützte, rechts-                            zierte Erfahrungen existieren. Die Diskussionen
     und funktionssichere Vernetzung im                             und Ergebnisse des Austauschs werden in diesem
     allgemeinen Interesse ermöglichen.“                            Berichtsband wiedergegeben.

    Gabriele C. Klug, Stellvertretende ­Vorsitzende des Beirates,
    Beigeordnete und Stadtkämmerin der Stadt Köln                   Im PD-Beratungsalltag taucht Digitalisierung als
                                                                    Schlagwort in sehr unterschiedlichen Zusammen-
                                                                    hängen auf: Wenn es um die Standardisierung von
                                                                    Fachanwendungen innerhalb von Verwaltungen
Aspekte des Begriffs Digitalisierung                                geht, oder um den einfachen Zugang von Bürgern
                                                                    und Unternehmen zu Behörden, um das Vernet-
Mit diesen Fragen hat sich der Beirat der PD aus                    zen von Verwaltungsangeboten und ebenso bei
den unterschiedlichen Perspektiven seiner Mit-                      der gemeinsamen Arbeit auf virtuellen Plattfor-
glieder auseinander gesetzt. Fachliche Kompetenz                    men sowie beim Austausch sicherheitsrelevanter
aus verantwortlicher Perspektive einzubringen,                      Daten zwischen Bundesländern etc.

6    PD – Berater der öffentlichen Hand
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
Strukturieren lassen sich diese beispielhaft
genannten Projekte in (1) die Bereitstellung
technischer Infrastrukturen, (2) die Definition von
Prozessen und (3) das Anwenden von Wissen und
Vernetzen von Verwaltungen. Rahmengebend
hierfür sind im Sinne einer rechtssicheren Um-
setzung bereits existierende oder derzeit in Kraft
tretende Gesetze oder Verordnungen. Hierzu zählt
beispielsweise der Artikel 91c des Grundgesetzes,
der auf eine Zusammenarbeit des Bundes und
der Länder „… bei der Planung, der Errichtung
und dem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung
benötigten informationstechnischen Systeme“           Verfügbarkeit von unbürokratischen Leistungen
zielt. Aufbauend auf einer Synchronisierung von       sind Anreize für Unternehmen, sich anzusiedeln.
Softwareanwendungen zwischen den Gemein-              Zugleich zeigt sich hier ein Risiko der Digitalisie-
den, Institutionen und den Landesbehörden             rung besonders deutlich: Die in den ländlichen Re-
innerhalb eines Bundeslandes (siehe Beitrag           gionen zurückgehende Bevölkerung ist zudem eine
„Digitalisierung in der Praxis“ auf S. 22), lassen    alternde. Die Lösung ihrer Alltagsprobleme wird
sich Daten automatisiert zwischen Bundeslän-          über digitale Angebote nur dann gelingen, wenn
dern austauschen.                                     diese für jene Altersgruppen handhabbar sind.

Chancen und Anforderungen                             Digitalisierung ist mehr als der Verzicht
                                                      auf ­Papierablagen
Gleichzeitig werden alle Daten von Bürgern und
Unternehmen mit der Datenschutz-Grundverord-          Innovativ genutzt werden die Möglichkeiten der
nung (DSGVO) besonders geschützt. Vernetzung          Digitalisierung nur, wenn sie über die reine Um-
bedeutet mithin nicht vollständige Offenlegung        setzung heutiger Papierablagen in datenbasierte
und wahllose Verbreitung von persönlichen             Vorgänge hinausgehen und Angebote verzahnen.
Daten. Die sich entwickelnden Potentiale der          So kann über ein Bürgerkonto auf Dienstleistun-
Datennutzung können gerade im ländlichen Raum         gen und Daten der Verwaltung zurückgegriffen
die Lebensqualität steigern. Wo die Infrastruktur-    werden, die automatisch auf einen bestimmten
ausstattung der Daseinsvorsorge aufgrund zurück       Einwohner zugeschnitten sind. Steuererklärungen
gehender Bevölkerung eingeschränkt ist, dienen        könnten automatisiert verarbeitet und nur noch
Informationen über frequentierte Linien des           bei Ausnahmeregelungen manuell geprüft wer-
Öffentlichen Nahverkehrs, Car-Sharing-Angebote,       den. Die Mitarbeiter nutzen die sich ergebenden
die medizinische Versorgung oder mobile Bank-         Zeiten für andere Aufgaben und steigern insge-
dienstleistungen der Versorgung von Einwohnern        samt ihre Bearbeitungsquoten in einem bestimm-
außerhalb von Ballungszentren.                        ten Zeitraum. Die dahinter stehende Künstliche
                                                      Intelligenz (siehe Beitrag „Neue Technologien für
Datenaustausch ist für die „Smart Regions“ (siehe     die öffentliche Verwaltung“ auf S. 32) bestmöglich
Beitrag „Digitalisierung und kommunale Leis-          zu nutzen, steht noch am Beginn einer schwer vor-
tungserbringung“ auf S. 28) elementar, denn so        hersagbaren Entwicklung.
werden intelligente Versorgungswege initiiert.
Die öffentliche Verwaltung kann hierfür ein Vor-
reiter sein, denn ein schnelles Internet und die

                                                                                      Beiratssitzung 2018   7
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
Eine Umsetzung Künstlicher Intelligenz kommt                        bei einer bewussten Nutzung entstehen – und,
beispielsweise auch in komplexen Bauprojek-                         wie groß die Handlungsräume sind. Der Austausch
ten zum Tragen. Mit der Software des „Building                      über die Erfahrungen, die erlebten Grenzen und
Information Modelling“ (siehe Beitrag „BIM – Das                    die Anforderungen, die es zu definieren gilt, hat
Modell für die Zukunft? Ein Erfahrungsbericht“                      sich in der Beiratssitzung als besonders wichtig
auf S. 37) werden alle vorhandenen Planungs-                        heraus gestellt. Voneinander lernen! In der Unter-
und Bauinformationen digital so verzahnt und                        stützung dieses Austausches kann die PD ihren
visualisiert, dass zu jedem Zeitpunkt ein Projekt-                  Anspruch, ein kompetenter Begleiter auf dem Weg
stand ersichtlich ist. Mit frühzeitigen Warnungen                   zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung zu
bei Überschneidungen in der Bauausführung der                       sein, nachhaltig einlösen. stop
einzelnen Gewerke können Verzögerungen in der
Einhaltung des Projektplanes vermieden werden.
Die parallel erfassten Kosten geben die Chance
größtmöglicher Transparenz. Vorausgesetzt, dass
die Software frei verfügbar ist für die öffentlichen
Auftraggeber, Bausteuerer, Architekten und aus-
führenden Unternehmen, könnte hier die Zukunft
für die Umsetzung von Infrastruktur-Großprojek-
ten in Zeit- und Kostenrahmen liegen.

    „Eine ‚responsive Verwaltung‘ kann
    schneller, zielgenauer und ressour-
    censchonender auf Anliegen oder
    Beschwerden ihrer Bürger eingehen.
    Vor Ort können kooperative Partner-
    schaften unter Bürgern oder mit den
    Kommunalverwaltungen entstehen,
    neue Formen des gesellschaftlichen
    Zusammenwirkens mithin.“
    Gabriele C. Klug, Stellvertretende ­Vorsitzende des Beirates,
    Beigeordnete und Stadtkämmerin der Stadt Köln

Die Dampfmaschine, die Elektrifizierung und
heute die Digitalisierung haben maßgebliche Ver-
änderungen in den Produktionsprozessen, für das
Zusammenleben der Menschen und das Wirken
der Verwaltung gebracht. Chancen und Risiken
erkennen, sich ernsthaft damit auseinandersetzen
und Neues ermöglichen: Auch die Diskussion um
die Digitalisierung, mit der Frage, wie groß die
­Veränderungen in den uns über Jahrzehnte hin-
 weg bekannten Umfeldern wohl sein werden, hat
 gezeigt, welche Chancen der öffentlichen Hand

8    PD – Berater der öffentlichen Hand
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
Aus den Fachausschüssen
Im Dialog "Digitalisierung" - PD-Beiratssitzung 2018 - Berater der öffentlichen Hand
AUS DEN FACHAUSSCHÜSSEN

        Voraussetzungen und
      ­Chancen eines ­digitalen
   ­ augenehmigungsverfahrens
    B
           Bei der Digitalisierung komplexer Verwaltungsprozesse gilt es,
      zahlreiche Hürden zu nehmen. Innovative Verwaltungen können jedoch
                 von deutlich ­verminderten Aufwänden profitieren.

B    augenehmigungsverfahren in Deutsch-
     landsind zeit-, kosten- und ­personalintensive
Verwaltungsvorgänge, die Laufzeiten von bis zu
                                                       einem übergeordneten Dokumentenmanage-
                                                       mentsystem (DMS) für die interne Anwendung
                                                       eingerichtet sowie eine Portalintegration für die
zehn Monaten in Anspruch nehmen können. Die            externe Anwendung definiert.
Mitglieder des Fachausschusses Bau / Infrastruktur
haben in ihrer Sitzung die Voraussetzungen und         Durch die Verfahrensoptimierung, das Einsparen
Chancen eines digitalen Baugenehmigungsverfah-         von Postwegen und die Vermeidung von Medien-
rens diskutiert. Das 2013 beschlossene E-Govern-       brüchen reduziert sich die Bearbeitungsdauer
ment-Gesetz des Bundes und die ergänzenden             von Bauanträgen deutlich. Zudem ist der Bearbei-
gesetzlichen Regelungen der Bundesländer ver-          tungsstand eines Antrags für den Auftraggeber
pflichten Verwaltungen, mittelfristig ihre Dienst-     jederzeit einsehbar. Neben der hohen Transpa-
leistungen vollständig elektronisch zur Verfügung      renz sorgt das Verfahren für Flexibilität: In einem
stellen.                                               virtuellen Projektraum
                                                       kann der Antrag von         Autorin:
Im Zuge der Digitalisierung des Baugenehmi-            mehreren Zuständigen
gungsverfahrens müssen einheitliche Qualitäts-         parallel bearbeitet
standards für den digitalen Prozess entwickelt         werden, auch kurzfris-
werden, ohne die kommunale Selbstverwaltung            tige Änderungen und
aus dem Blick zu verlieren. Dies sollte anhand         Nachreichungen sind
eines idealtypischen Prozessablaufes und eines         möglich. Eine Quali-
begleitenden Leitfadens erfolgen. Der Muster-          tätssteigerung lässt
prozess sollte ein Quick-Check-Verfahren bzw. ein      sich erzielen, wenn die
Gütesiegel zur Qualitätsüberprüfung enthalten.         durch die digitalisierten   Brigitte Bourscheidt
Darauf aufbauend werden Schnittstellen mit             Prozesse gewonnene          Managerin

                                                                                      Beiratssitzung 2018   11
Zeit für die inhaltliche Bearbeitung der Anträge         Städten kommt durch die kommunale Selbst­
verwendet wird.                                          verwaltung beim Baugenehmigungsverfahren
                                                         daher eine entscheidende Rolle zu.

Anforderungen an die Kommunen                            Den Kommunen bietet sich die Chance, nicht nur
                                                         die Anforderungen der E-Government-Gesetze
Das E-Government-Gesetz des Bundes fordert               pflichtgemäß umzusetzen, sondern ein optimier-
die Verwaltungen erstmalig auf, digitalisierte Ver-      tes Verfahren im Rahmen ihrer Digitalisierungs-
waltungsverfahren noch vor der elektronischen            strategie zu entwickeln. Angesichts der kontinu-
Umsetzung zu dokumentieren, zu analysieren und           ierlich hohen Zahl an Bauanträgen und deren
zu optimieren. Hierfür sind die einzelnen Akteure        besonderer Komplexität erscheint eine Vereinfa-
und Abläufe wie auch die Anforderungen an das            chung der Verfahrensabläufe unerlässlich.
elektronische Verwaltungsverfahren zu identifizie-
ren. Das Baugenehmigungsverfahren stellt dabei           Die Kommunen können dabei eine aktive, ge-
ein komplexes, zu digitalisierendes Verwaltungs-         staltende Rolle einnehmen und die Digitalisierung
verfahren mit zahlreichen Abläufen, Anforderun-          nutzen, trotz der demographischen Entwicklung
gen und Akteuren dar, die darüber hinaus ebenen-         und des Fachkräftemangels in den Verwaltungen
übergreifend zuständig sind.                             eine schnelle und qualitativ hochwertige Dienst-
                                                         leistung zu realisieren.
     „Die kommunalen Bauaufsichts-
     behörden sollten frühzeitig in
     die Planungen eines ­digitalen
     Bau­genehmigungsverfahrens
     ­ein­bezogen werden. Sie können
      ­Auskunft über ­bestehende
       ­rechtliche Hindernisse geben und
        dazu b ­ eitragen, die notwendigen
        ­rechtlichen Rahmenbedingungen für
         die Digitalisierung zu formulieren.“
     Dr. Heiko Stiepelmann, Stellvertretender
     ­ auptgeschäftsführer, Hauptverband der Deutschen
     H
     Bauindustrie

So liegen die Kompetenzen für das Baugeneh-
migungsverfahren beispielsweise in Nordrhein-­
Westfalen gemäß Bauordnung (BauO) im Hoheits-
bereich der Bauaufsichtsbehörden des Landes
(oberste Bauaufsichtsbehörde), der Bezirksregie-
rung bzw. Landräte (obere Bauaufsichtsbehörde)
sowie der Städte und Kreise (untere Bauaufsichts-
behörden). Vergleichbare Kompetenzverteilungen
zwischen Land und Kommunen bestehen in den
meisten Bundesländern. Den Landkreisen und

12      PD – Berater der öffentlichen Hand
Die grundsätzlichen Potentiale zur
Optimierung

So könnten beispielsweise Bauanträge durch den
Bauherren oder Entwurfsverfasser über ein Portal
mit intelligenter Formularassistenz (Formular-
server) eingereicht werden, das E-Payment und
E-Signaturen ermöglicht. Für die Akzeptanz eines
digital unterstützen Verfahrens durch die Verfah-
rensbeteiligten sind die absolute Zuverlässigkeit
der Unterstützungsinstrumente und die Wahrung
von Datenschutz und Datensicherheit von ele-
mentarer Bedeutung.

  „Das digitale Baugenehmigungs­
                                       Modellprojekt der PD
  verfahren muss für die Verwaltungen
  auch ohne kostspielige ­Hard- und    Vor diesem Hintergrund hat die PD über ihren Auf-
  Software nutzbar sein. Daher sollten trag berichtet, spezifische Optimierungspotentiale
  nur gängige D ­ ateiformate für die  für ein zu digitalisierendes Baugenehmigungsver-
  Antrags­stellung zugelassen werden.“ fahren zu ermitteln. Kommunen und Länder ha-
                                                      ben in den vergangenen Jahren bereits ein breites
  Georg Habighorst, Geschäftsführer Immobilien- und
                                                      Spektrum an Digitalisierungslösungen erarbeitet.
  ­öffentliche Projektfinanzierung, Avicor GmbH
                                                      Ausgehend von diesen „Best Practices“ und
                                                      deren Erfahrungswerten sollen Leitlinien für die
Zur transparenten und zeitgleichen Bearbeitung        Planung, Erarbeitung und Umsetzung eines digita-
von Bauanträgen stellen virtuelle Kommuni-            lisierten Baugenehmigungsverfahrens erarbeitet
kationsplattformen und die E-Akte weitere             werden. Hierzu zählt auch, mögliche Digitalisie-
Ansatz­punkte dar. Diese Dienste ermöglichen          rungshemmnisse zu identifizieren und darzustel-
den Verfahrensbeteiligten einen einfachen und         len. Ziel des PD-Projekts ist es, einen optimierten,
unkomplizierten Zugang, sorgen für eine hohe          digital unterstützten und qualitätsgesicherten
Transparenz des Verfahrens und sind konform mit       Standardprozess abzubilden, der die Kommunen
den geltenden Datenschutz­bestimmungen.               bei der Schaffung eines elektronischen Baugeneh-
                                                      migungsverfahrens unterstützen soll.
Voraussetzung für eine effiziente, vollständige und
kontinuierliche Dokumentation von Dateninhal-         Die Projektbearbeitung ist als Stufenmodell
ten, Verfahrensschritten und (Teil-)Ergebnissen ist   ausgelegt. In der ersten Stufe ist eine Bestands-
der Einsatz eines modernen Dokumentenmanage-          aufnahme vorgesehen, um Qualitätsstandards zu
ments und die Einführung einer elektronischen         erarbeiten, eine Ist-Prozess-Analyse (u. a. Techno-
Aktenführung. Im Ergebnis können die beteiligten      logie-Check) vorzunehmen und einen Musterpro-
Fachdienststellen parallelen Zugriff auf den jewei-   zess zu definieren. In der zweiten Stufe soll das
ligen Antrag nehmen und ihre Stellungnahmen           digitale Baugenehmigungsverfahren in Modell-
über eine strukturierte Plattform abgeben.            kommunen erprobt und mit einem Veränderungs-
                                                      management begleitet werden. In der dritten
                                                      Stufe soll das Verfahren flächendeckend einge-
                                                      führt werden, wobei auf die jeweilige Kommune

                                                                                     Beiratssitzung 2018   13
„Die zulässigen Dateiformate sollten
                                                         als Elemente in die baufachlichen
                                                         Regelungen der RBBau einfließen.
                                                         Hierdurch würde eine starke
                                                         ­Vorbildfunktion seitens des Bundes
                                                          und der Länder für die Kommunen
                                                          entstehen.“
                                                         Gabriele Willems, Geschäftsführerin, Bau- und
                                                         ­Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen

abgestimmte Prozessoptimierungen stattfinden.          Die erfolgreiche Digitalisierung von Verwaltungs-
Zuletzt soll eine Zertifizierung erfolgen, die einen   verfahren gelingt nur, wenn Qualität und Voll-
„Quick-Check“ zur Qualitätssicherung beinhaltet.       ständigkeit der zu erhebenden Daten in jedem
Dies soll eine kontinuierliche Verbesserung des        Prozessschritt sichergestellt sind. Ein wegweisen-
Prozesses ermöglichen.                                 des Beispiel aus der Verwaltung ist das Angebot
                                                       der Online-Beantragung von Fördermitteln beim
Das Modellprojekt der PD verfügt über eine Viel-       Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
zahl von Beteiligten auf Landes- und kommunaler        (BafA). Prüfalgorithmen bestätigen die Voll-
Ebene, in den kommunalen Spitzenverbänden              ständigkeit eines Antrags unmittelbar nach der
und den Bauaufsichtsbehörden. Auch die Antrags-        Einreichung, ohne dass eine direkte Kunden­
berechtigten, wie Ingenieure und Architekten,          kommunikation notwendig ist.
Kammern, kommunale Rechenzentren, die private
Bauwirtschaft, Investoren und weitere Projektin-
teressierte, möchten einbezogen werden. Die ver-
schiedenen Prozessbeteiligten sollen frühzeitig in
den Veränderungsprozess eingebunden werden,
um eine hohe Akzeptanz der digital unterstützten
und optimierten Lösung zu gewährleisten.

Erfahrungen aus der Verwaltungspraxis

Die Diskussion im Fachausschuss Bau / Infrastruk-
tur zeigt die Notwendigkeit für eine bundesweit
einheitliche Digitalisierung des Baugenehmi-
gungsverfahrens auf und verdeutlicht die sich
durch diese Prozessoptimierung ergebenden
Chancen. Der Dienstleister Kommune ist durch
eine zunehmend digitale Gesellschaft und die
damit verbundenen Bedarfe und Erwartungs­
haltungen seiner Kunden besonders gefordert.

14   PD – Berater der öffentlichen Hand
Zentral für die Akzeptanz aller Prozessbeteiligten                          unter Umständen anzupassen, um ein digitalisier-
  sind Erfolge. Vorbilder und Best-Practice-Lösun-                            tes Verfahren sicher und unkompliziert für alle Be-
  gen bilden einen entscheidenden Hebel, das                                  teiligten zu ermöglichen. Ziel sollte sein, ein klar
  Interesse der Kommunen an einem digitalisierten                             strukturiertes und transparentes Verfahren ohne
  Prozess zu wecken und die Verbreitung in der                                Zutrittsschwellen zu entwickeln. Die Hard- und
  Fläche zu beschleunigen. Vor diesem Hintergrund                             Software-Kosten für den Verfahrenseinstieg in die
  erscheint die Entwicklung eines „Ursprungsmo-                               „digitale Welt“ müssen entsprechend gering sein.
  dells“, beispielsweise für den Sektor Wohnungs-                             Ein „ELSTER“ für Bauanträge könnte hier Pate
  bau, zielführend. Für komplexere Bauvorhaben                                stehen. Diskutiert wurde eine zentrale, den daten-
  sollte die Weiterentwicklung des Ursprungsmo-                               schutzrechtlichen Bestimmungen entsprechende
  dells schrittweise erfolgen. In diesen Verfahren                            Austauschplattform.
  könnte künftig Künstliche Intelligenz für diffe-
  renzierte Prüfalgorithmen eingesetzt werden.                                Im Rahmen einer Digitalisierung der Baugeneh-
  Standardisierung und ein einheitliches Vorgehen                             migungsverfahren wie auch anderer Verwaltungs-
  sind in diesem Kontext elementar. Vorgeschlagen                             prozesse gilt es nun, einheitliche Standards zu
  wurde die Entwicklung einer „DIN“ im Sinne eines                            entwickeln, dabei bekannte Best-Practice-Lösun-
  Verfahrensleitfadens für den Prozess.                                       gen aufzunehmen und den Kunden optimierte
                                                                              Verwaltungsverfahren anzubieten, die den An-
  Der rechtliche Rahmen und die Vorschriften zum                              forderungen an eine moderne Verwaltung gerecht
   Datenschutz
Fachausschuss   sind
              Bau     begleitend zu betrachten und
                  / Infra                                                     werden. stop
    Prozess-
    schritte

                                                          Vorprüfung und                                            Entscheidung
                        Einreichung Bauantrag                                        Beteiligung anderer
                                                        planungsrechtliche                                         über Bauantrag /
                                                                                      Fachdienststellen
                                                             Prüfung                                               Baugenehmigung
       Akteur

                           Bauherr und                    Untere                  Gemeinde bzw.                   Untere
                         Entwurfsverfasser          Bauaufsichtsbehörde          Fachdienststellen          Bauaufsichtsbehörde
       Tätigkeit

                                                                                Stellungnahme bzw.
                       Einreichung der Bauvor-    Prüfung Vollständigkeit /                                Abschließende rechtliche
                                                                                 Zustimmung oder
                       lagen bei der Kommune         Inhalt des Antrags                                     Prüfung und Bescheid
                                                                                   Einvernehmen
    Innovationshebel

                                                 Virtuelle Kommunikations-    Transparente, zeitgleiche    IT-Innovation durch KI /
                            Portallösung
                                                           plattform                Bearbeitung                  Blockchain
        Mögliche

                            Formularserver, E-Payment
                                                                   DMS                        E-Akte            Nutzung von Best Practices
                                 und E-Signatur

  Abbildung: Optimierungspotentiale und Innovationshebel für das Baugenehmigungsverfahren.

                                                                                                                   Beiratssitzung 2018   15
16   PD – Berater der öffentlichen Hand
AUS DEN FACHAUSSCHÜSSEN

              Mit Offenheit und
            ­Innovationsfreude:
          ­erfolgreiche Wege zur
       ­ erwaltungsdigitalisierung
        V
        Erfolgreiche Pilotprojekte und der Wille zur engeren Kooperation der
             ­Verwaltungen sind wesentliche Treiber der Digitalisierung.

D     igitalisierung bedeutetfür die Verwaltung
      weit mehr als nur den bloßen Verzicht auf
gedruckte Formulare. Vielmehr bietet die Digitali-
                                                        Definition des Begriffs Digitalisierung

                                                        Eine Definition eröffnet die Möglichkeit, die Idee
sierung die Chance, Verwaltungsprozesse zu ver-         der Digitalisierung in konkretes Handeln zu über-
schlanken, die Nutzerzufriedenheit der Bürger zu        setzen. Digitalisierung ist mehr als „elektronisch“
steigern und Verwaltungen auf die Herausforde-          das umzusetzen, was die Verwaltung bislang in
rungen des demographischen Wandels vorzube-             Papierform getan hat. Digitalisierung kann ein
reiten. Der Begriff der „Digitalisierung“ ist bereits   Instrument zum Zweck sein, die Verwaltung trans-
fest im öffentlichen Diskurs verankert.                 parent zu gestalten und sie an den Bedürfnissen
                                                        der Bürger auszurichten.
Die Mitglieder des Fachausschusses Strategische
Verwaltungsmodernisierung sehen ihre Institutio-        Die durch die Digitalisie-   Autorin:
nen „mittendrin“ und „auf dem Weg“, Leistungs-          rung entstehenden Ver-
angebote und Arbeitsabläufe zu digitalisieren.          änderungen lassen sich
Der Versuch einer Begriffsdefinition gestaltet sich     in unterschiedlichen
aufgrund sehr unterschiedlicher Sichtweisen             Dimensionen ablesen.
und vielfältiger mit der Digitalisierung in Bezug       Die räumliche Dimen-
gebrachter Maßnahmen jedoch anspruchsvoll.              sion verliert durch die
Digitalisierung kann umschrieben werden als             Verlagerung ins Virtuelle
Konzept, Prozess und Instrument. Gleichermaßen          an Bedeutung, während
wird der Begriff als Zielbild für die Modernisierung    auf zeitlicher Ebene         Tina Pyka
der Verwaltung eingesetzt.                              die Erwartungshaltung        ­Senior ­Consultant

                                                                                        Beiratssitzung 2018   17
entsteht, dass Leistungen ständig verfügbar sind    Als Treiber der Digitalisierung haben die Aus-
und angestoßene Prozesse zu sofortigen Ergeb-       schussmitglieder einerseits die Erwartungen der
nissen führen.                                      Bürger an eine höhere Qualität der Verwaltungs-
                                                    leistungen identifiziert. Andererseits beeinflusst
                                                    die Lebenswirklichkeit der Verwaltungsmitarbei-
                                                    ter ihre Wahrnehmung der notwendigen „digi-
                                                    talen“ Veränderungen im Arbeitsumfeld. Was im
                                                    privaten Umfeld durch zahllose unternehmerische
                                                    Aktivitäten Normalität geworden ist, wird gleich-
                                                    falls auch von der Verwaltung erwartet.

     „Digitalisierung verändert die                   „Digitalisierung beflügelt eine
     ­Wahrnehmung der Dimensionen                     umfassende Modernisierung von
      Raum, Zeit, Dinge, Daten, Mensch                Verwaltung – Transparenz eröffnet
      und Denken.“                                    neue Handlungsmöglichkeiten
     Harald Riedel, Kämmerer, Stadt Nürnberg
                                                      für bürgernahe Gestaltungs- und
                                                      Entscheidungsprozesse in der
Tätigkeiten und Abläufe werden durch die Digita-      Demokratie. Schutz, Sicherheit und
lisierung selbständig und untereinander vernetzt.     verantwortlicher Umgang mit den
Daten gewinnen als wertvoller Rohstoff ständig an     öffentlichen Daten sind die Voraus-
Bedeutung. Der Mensch kann seine individuelle
Wirksamkeit auf der Vielzahl von neuen Platt-
                                                      setzung für einen solchen Mehrwert.“
formen stark ausweiten, die immer ausgereiftere       Gabriele C. Klug, Stellvertretende Vorsitzende des Beirates,
                                                      Beigeordnete und Stadtkämmerin der Stadt Köln
Technik der Plattformen gefährdet jedoch den
Anspruch des Menschen, selbstbestimmt zu han-
deln. Intelligente Systeme könnten zukünftig die
kognitiven Fähigkeiten des Menschen erreichen
oder übertreffen.

18     PD – Berater der öffentlichen Hand
Chancen für die moderne Verwaltung                             öffentlichen Hand sollte ein Denken in Prozessen,
                                                               Bürger-Bedürfnissen und Bürger-Situationen sein.
Mittlerweile ist eine schwer zu begründende Dis-
krepanz zwischen der Leichtigkeit, Schnelligkeit               Hierzu gehört besonders die Interaktion mit dem
und Verfügbarkeit vieler Dienstleistungen auf dem              Bürger und mit Unternehmen. Unter dem Begriff
Markt und den oftmals orts-, zeit- und mitunter                „once only“ wird die Vision einer digitalisierten
papiergebundenen Interaktionen mit dem Staat                   Verwaltung verstanden, in der Bürger nur einmal
entstanden.                                                    ihre Daten, im heutigen Sinne Formulare, an
                                                               einer Stelle zentral abzugeben brauchen, um ihre
Sichtbare Ansätze zeigen jedoch, dass die ver-                 ­Verwaltungsleistungen zu erhalten. Am Beispiel
schiedenen Verwaltungsebenen und staatlichen                    der Kindergeldbeantragung erläutert, müssten
Institutionen gleichwohl die Chancen erkannt und                Eltern sich physisch nicht mehr zu einer Vielzahl
begonnen haben, diese in konkrete Maßnahmen                     von Behörden begeben, um zahlreiche Formula-
zu überführen. Rahmengebend sind dabei ver-                     re mit teils redundanten Inhalten einzureichen.
schiedene Regularien, beispiels­weise das Online-               Stattdessen würden Daten einmal erfasst und
zugangsgesetz (OZG).                                            verwaltungsintern geteilt und verarbeitet.

  „Digitalisierung vollzieht sich                              Voraussetzung für diese erhöhte Service-Funktion
                                                               sind sowohl die innerbehördliche Zusammen-
  entlang der Aspekte Online-­                                 arbeit als auch die Zusammenarbeit über die
  Verfügbarkeit, Nutzerorientierung,                           Verwaltungsebenen hinweg. Die für die Beschäf-
  Agilität, ­Automatisierung und                               tigten der öffentlichen Verwaltung spürbarsten
  ­Souveränität, anhand derer sie                              Veränderungen sind dabei gewiss jene, bei denen
   ­erfahrbar wird.“                                           die Digitalisierung Einfluss auf die Organisation
                                                               bekommt.
  Dr. Johann Bizer, Vorsitzender des Vorstands, Dataport AöR

                                                               Darauf baut sich die Durchsetzung der Konsoli-
                                                               dierung der öffentlichen IT als ein maßgeblicher
                                                               Eckpfeiler der Digitalisierung auf. Die Kooperation
                                                               der Verwaltungsebenen untereinander ist eine
                                                               wesentliche Voraussetzung für die Funktions-
                                                               fähigkeit des vom IT-Planungsrat beschlossenen
                                                               Portalverbunds. Der Portalverbund soll es Bürgern
                                                               und Unternehmen schon ab 2020 ermöglichen,
                                                               die von ihnen gewünschte Dienstleistung und die
                                                               zu dieser Dienstleistung bereitgestellten Informa-
                                                               tionen mit nur drei Klicks von jedem beliebigen
                                                               Verwaltungsportal aus zu erledigen.

                                                               Jede Verwaltungsebene sollte sich daher klare
                                                               Ziele für die Digitalisierung stecken und ins-
Digitalisierung sollte idealerweise mehr als nur               besondere die Verwaltungskooperation fest
„elektronisch“ bedeuten. Das Ausfüllen und Ver-                im Zielbild verankern. Dafür braucht es einen
senden von Formularen mit ähnlichen Informa-                   gemeinsamen Masterplan, eine vereinbarte
tionen an verschiedene Stellen sollte der Vergan-              Richtung. Eine empfehlenswerte Richtschnur für
genheit angehören. Ziel der Digitalisierung der                die Formulierung des Masterplans sind die vom

                                                                                              Beiratssitzung 2018   19
Normenkontrollrat erarbeiteten „100 wichtigsten                      Anreize für gemeinsames Arbeiten zu schaffen,
Behördenleistungen“.1                                                befördert den kulturellen Wandel. Dabei müssen
                                                                     stets Sorgen adressiert und der Wandel begleitet
                                                                     werden – ehrlich und transparent, geleitet von der
Mitarbeiter für die Digitalisierung                                  Vision einer Verwaltung, die näher am Bürger ist
begeistern                                                           und durch ihre Arbeitsweise gewiss auch attrakti-
                                                                     ver für ihre Mitarbeiter.
Zu den Herausforderungen der Digitalisierung
zählt der notwendige Kulturwandel in und
zwischen der Verwaltung und im Kontakt mit                           Die bisherigen Erfolge als
den Bürgern. Die Verwaltungen benötigen ein stär-                    Motivation nutzen
keres Selbstverständnis als leistungsorientierte
Serviceeinheiten. Das rasche Innovationstempo                        Neues ausprobieren, auf den Prüfstand stellen
der Privatwirtschaft lässt den technologischen                       und dann übernehmen oder verwerfen, weiterpro-
Abstand der Verwaltung stetig wachsen.                               bieren. So lauten die Erfolgsrezepte der Mitglieder
                                                                     des Fachausschusses, mit denen sie die Chancen
Mangelnde Ressourcen, insbesondere die feh-                          der Digitalisierung für ihre Organisationen nutzbar
lende Finanzierung, das fehlende Personal und                        machen möchten. Besonders zweckdienlich für
die fehlenden Kompetenzen, erweisen sich als                         die beschleunigte Digitalisierung der Verwaltung
Innovationsbremsen. Auch müssten manche Ver-                         sind erfolgreiche Pilotprojekte.
waltungsgebäude gänzlich neu verkabelt werden,
um überhaupt digital arbeiten zu können. Ferner                      Häufig stehen im Diskurs um die Digitalisierung
sind rechtliche Fragen zu klären, um die konkur-                     am Anfang der zupackende Blick auf die Mög-
rierenden Wünsche nach Sicherheit und Schnellig-                     lichkeiten, danach die Ressourcenfrage und
keit gegeneinander abzuwägen.                                        am Schluss die Sorge, die zumindest den Staat
                                                                     umtreiben muss: Wie steht es angesichts gestei-
Die Beschäftigten müssen für Digitalisierung                         gerter Vernetzung, Virtualität und den Risiken
motiviert und begeistert werden. Oft schwingt                        für die Datensicherheit um die demokratischen
die Angst vor Personalkürzungen als Reaktion                         Handlungsmöglichkeiten? Wie kann der Staat – in
auf Modernisierungsbestrebungen deutlich mit.                        Kooperation oder im Wettbewerb mit der innova-
Die demographische Entwicklung beim Verwal-                          tionstreibenden Privatwirtschaft – seine eigene
tungspersonal spielt der Digitalisierung jedoch in                   Rolle zum Schutz und im Dienste der Bürger
die Hände: Aufgaben entfallen mittelfristig oder                     gewährleisten? Wer kontrolliert was und wie? Wie
werden nur noch selten von Mitarbeitern erledigt.                    weit soll und darf der Staat gehen, um Innova-
Computer bewältigen Routinearbeiten, sodass                          tionslücken zwischen Verwaltung und Privatwirt-
die Verwaltung zusätzliche Kapazitäten für die                       schaft zu schließen? Mit diesen Fragen ließe sich
individuelle Betreuung von Bürgern haben wird.                       gut eine weitere Beiratssitzung gestalten. stop
Denkbar ist sogar, dass die Digitalisierung Service-
angebote möglich macht, die heute aus zeitlichen
und finanziellen Gründen nicht leistbar sind.

1    Normenkontrollrat: „Mehr Leistung für Bürger und Unternehmen: Verwaltung digitalisieren. Register modernisieren.“, Oktober 2017,
     abzurufen unter: https://www.normenkontrollrat.bund.de/Webs/NKR/Content/DE/Download/2017-10-06_download_NKR%20
     Gutachten%202017.pdf?__blob=publicationFile&v=3

20    PD – Berater der öffentlichen Hand
Impulsvorträge
IMPULSVORTRAG

Digitalisierung in der Praxis – Die
­Umsetzung eines E-Government-Gesetzes
Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung erfordert ein ­übergreifendes
­Programmmanagement, das eine Klammer um die Vielzahl der
 ­Einzelmaßnahmen schließt.

                                          B
Autor:                                         undes- und Landesverwaltungensind in
                                               ihrer Heterogenität nur bedingt mit privaten
                                          Konzernen vergleichbar. Gleichwohl erwarten
                                          Bürger und Unternehmen als Kunden der öffent-
                                          lichen Verwaltung, dass sich diese den Heraus­
                                          forderungen und Chancen der Digitalisierung
                                          stellen. Steuern lässt sich der Digitalisierungspro-
                                          zess auf Grund seiner Dimensionen nur mit einem
                                          übergreifenden Programmmanagement, das die
Dr. Norbert Ahrend
                                          Gesamtheit der Einzelprojekte berücksichtigt.
Mitglied der
­Geschäftsleitung
                                          Digitalisierung ist auch in der öffentlichen Ver-
                                          waltung längst mehr als ein Modewort. Hinter
                                          den E-Government-Gesetzen des Bundes und
                                          einer Reihe von Bundesländern verbirgt sich eine
                                          Vielzahl von Projekten, die auf die Digitalisierung
                                          der Verwaltungsprozesse abzielen. Damit einher-
                                          gehen sollen optimierte Verfahrensabläufe und
                                          eine gesteigerte Serviceorientierung. Die Projekte
                                          werden mit unterschiedlicher Intensität verfolgt
                                          und variieren in ihrer Breite und Tiefe merklich.

22   PD – Berater der öffentlichen Hand
„Die schiere Zahl der Einzelmaß­      Gemeinsame Programmvision
      nahmen zur Digitalisierung der
      öffentlichen Verwaltung erfordert     Die mit der Programminitiierung beauftragte
      mehr als elaborierte Projektmanage- Stabsstelle des Bundeslandes hat bereits früh-
                                            zeitig Vorstellungen zu einer Programmvision
      mentmethoden und Mitarbeiter in
                                            entwickelt, die den gesetzlichen Auftrag konkre-
      der Verwaltung, die diese Methoden tisiert und damit den Handlungsrahmen für die
      verstehen und anwenden. Notwen-       kommenden Jahre setzt. Neben der inhaltlichen
      dig ist ein Programmmanagement,       Klärung der Programmbestandteile stellt der Pro-
      welches nicht nur inhaltlich, sondern zess der Abstimmung einer Programmvision ein
                                            wesentliches Element in der Herausbildung eines
      auch prozessual und instrumental
                                            gemeinsamen Verständnisses der Ziele dar.
      eine Klammer um die Vielzahl der
      notwendigen Projekte schließt.“       Wesentliche Ziele des Programms „Digitale Ver-
      Dr. Norbert Ahrend, PD                                    waltung“ sind, für eine konsequente Digitalisie-
                                                                rung der Landesverwaltung zu sorgen, Bürger,
                                                                Unternehmen und Behörden von vermeidbarem
    Die PD unterstützt derzeit ein Bundesland bei               Verwaltungsaufwand zu entlasten, moderne
    der Umsetzung seines E-Government-Gesetzes.                 Arbeitsplätze in der Verwaltung zu schaffen
    Betroffen davon sind mehr als 100.000 Mitarbei-             sowie die Landesverwaltung auf diesem Weg zu
    ter in über 500 Behörden und Einrichtungen des              unterstützen.
    Landes. In der aktuellen Planung wird von min-
    destens 5.000 Projekten ausgegangen, für deren              Das Programm umfasst vier Handlungsfelder.
    Umsetzung voraussichtlich 750 Millionen Euro                Zuvorderst soll der Zugang zur Landesverwaltung
    aufgewendet werden.                                         vereinfacht werden. Dafür sind neue elektroni-
                                                                sche Services sowie Zugangs- und Einbindungs-
                                                                möglichkeiten für Bürger und Unternehmen zu
                                                                schaffen. Zweitens gilt es, die Prozesse innerhalb
                                                                der Landesverwaltung zu optimieren und mög-
Impuls 1: NRW EGovG (Grafik 1)                                  lichst zu automatisieren. In der Folge wird die
                                                                Arbeit der Verwaltung elektronisch abgewickelt
                                                                und die Kommunikationswege zwischen den
                                                                ­Behörden werden verkürzt.

                     Vision          Programm-
                                     blaupause
                                                                                           Projekte
                                                       Programm-
                                                       steuerung                      zentrale / ressortüber-
                                                                                     greifende Projekte und
                                                                                    Projekte in den Behörden
                   Programm-        Finanzierungs-
                     nutzen           grundsätze

    Abbildung 1: Grundlagen für eine erfolgreiche Umsetzung eines E-Government-Gesetzes.

                                                                                                    Beiratssitzung 2018   23
Das dritte Handlungsfeld betrifft gezielte Steue-                                    Um größtmögliche Transparenz zu schaffen,
   rungsmaßnahmen, mit denen der Erfolg von                                             werden die gemeldeten Kosten und die Nutzen-
   Verwaltungshandeln messbar und transparent                                           potentiale jeweils auf Ressort- und Programm-
   wird. Relevante Normen werden geprüft und an                                         ebene durch die operative Programmsteuerung
   die Bedürfnisse einer digitalisierten Verwaltung                                     konsolidiert. Die haushaltswirksamen Einspa-
   angepasst. Soweit möglich und notwendig, wird                                        rungen identifizieren und realisieren die Ressorts
   das Programm einheitliche Standards definieren.                                      selbstständig.
   Diese fördern die ressortübergreifende Zusam-
   menarbeit. Zuletzt wird ein nachhaltiges Verän-
   derungsmanagement verankert. Die Erfolge der                                         Inhaltliche Strukturierung
   Digitalisierung werden damit sichtbar und auch                                       (Programmblaupause)
   für den Einzelnen erlebbar.
                                                                                        Ein Vorhaben in den beschriebenen Dimensionen
   Die im Rahmen des Programms erforderlichen                                           ist weit mehr als die Summe der Einzelprojekte.
   Investitionen sowie die laufenden Kosten bis zum                                     Für eine erfolgreiche Abwicklung bedarf es einer
   Jahr 2035 sollen maßgeblich durch Optimierun-                                        Strukturierung in einzelne Tranchen bzw. Ent-
   gen erwirtschaftet werden. Der quantifizierbare                                      wicklungsstufen. In den ersten vier der insgesamt
   Nutzen des Programms errechnet sich aus der                                          neun abgegrenzten Entwicklungsstufen werden
   Summe des in den Ressorts und Behörden auf                                           die notwendigen konzeptionellen und techni-
   Projektebene erzielten Nutzens.                                                      schen Grundlagen für die Digitalisierung der
                                                                                        Verwaltung gelegt.
Impuls 1: NRW EGovG (Grafik 2)

                                       1                               2                           3                       4

                            Gesetzliche Anforderun-          Elektronische Zugänge
     Stufen

                              gen an elektronische            stabilisiert und weite-         Elektronische           Elektronische
                            Kommunikation mit und              re durchgängig elek-       Verwaltungsarbeit und   Verwaltungsverfahren
                             Informationsangebote            tronische Verwaltungs-       GPO umsetzungsbereit         ermöglicht
                              von Behörden erfüllt            verfahren vorbereitet

                                           04/2018                         12/2018                     02/2019                 12/2021

                             Zugangsdrehscheibe /
     Basiskomponenten

                                                                       …                           …
                                    GMM

                                       …                           E-Payment                       …

                                       …                               …                         E-Akte

   Abbildung 2: Die E-Government-Basiskomponenten werden schrittweise bereitgestellt.

   24                   PD – Berater der öffentlichen Hand
In den Entwicklungsstufen fünf bis neun sollen die
                                                    Prozesse in der Landesverwaltung optimiert und
                                                    je nach technischer Umsetzbarkeit digitalisiert
                                                    werden. Dafür sollen möglichst die in den Entwick-
                                                    lungsstufen eins bis vier bereitgestellten E-Govern-
                                                    ment-Basiskomponenten genutzt werden.

                                                    Die Priorisierung der umzusetzenden Digitalisie-
                                                    rungsprojekte ist von entscheidender Bedeutung
                                                    für den Gesamterfolg. Es sollten zuerst jene
                                                    Prozesse angegangen werden, bei denen relativ
                                                    schnell Digitalisierungseffekte erzielt werden kön-
                                                    nen. Diese „Quick-Wins“ sollten von den einzelnen
                                                    Behörden bzw. Ressorts ausgewählt werden. Im
Die E-Government-Basiskomponenten reichen           nächsten Schritt werden die Querschnittsprozesse
von der Bereitstellung einer einheitlichen Platt-   optimiert und digitalisiert. Diese bergen erheb-
form für den Zugang zur Verwaltung über eine        liches Potential, weil sich ein positiver Effekt bei
Bezahlkomponente bis zu einer Lösung für die        konsequenter Umsetzung der definierten Stan-
elektronische Aktenführung. Konzeptionell sind      dards in nahezu jeder Behörde niederschlagen
unter anderem (einheitliche) Herangehensweisen      kann. Im vorliegenden Praxisbeispiel ist ein Hebel
an die Analyse und Optimierung von Prozessen        von > 500 Behörden gegeben. So können identifi-
zu definieren sowie Fragen des Anforderungsma-      zierte kleine Verbesserungen z. B. in den Prozes-
nagements oder des Architekturmanagements zu        sen der Personalbewirtschaftung einer einzelnen
klären. Im Rahmen ihres initialen Rollouts werden   Behörde eine große Wirkung in der Summe aller
diese Basiskomponenten zunächst exemplarisch        Behörden entfalten.
bzw. in Einzelfällen oder als Gesamtpaket in Be-
trieb genommen.

  „Umfassende Digitalisierungs-
  programme der öffentlichen
  Verwaltung benötigen ein Steue-
  rungsframework, das Festlegungen
  zur Initiierung von Projekten in
  den Entwicklungsstufen, zum
  Berichtswesen und zum Zusam­
  menwirken aller Ebenen im
  Programm vom einzelnen Projekt
  bis zur ­politisch-strategischen
  ­Entscheidungsebene beinhaltet.“
  Dr. Norbert Ahrend, PD

                                                                                   Beiratssitzung 2018   25
Die größte Herausforderung liegt in Prozessen,
   die bereits heute durch IT-Lösungen unterstützt
   werden. Hier gilt es, von individuellen Lösungen
   Abstand zu nehmen und stattdessen die Prozesse
   auf ihren fachlichen Kern zu reduzieren und sie
   mit den über die E-Government-Basiskomponen-
   ten1:verfügbaren
Impuls   NRW EGovGServices    zu orchestrieren.
                      (Grafik 3)

                                       5                        6                      7                       8                     9

                                 Quick-Wins im                                 Fachprozesse zu          Fachprozesse zu
     Stufen

                                                         Querschnitts-
                               Bereich Geschäfts-                              quantifizierbaren      kreativ-dispositiven     Verwaltung des
                                                       prozesse optimiert
                              prozessoptimierung                              Aufgaben optimiert      Aufgaben optimiert     Landes digitalisiert
                                                        und digitalisiert
                                   realisiert                                   und digitalisiert       und digitalisiert

                                           2021                                                                                          2030
     Operative Umsetzung

                                                                    Erstellung von Digitalisierungskonzepten

                                                                    Umsetzung von Digitalisierungskonzepten

   Abbildung 3: In den Entwicklungsstufen 5 – 9 werden die BK „tiefer“ in die Prozesse integriert.

   Steuerung des Programms                                                                 Ferner sollte das Steuerungsframework ein Res-
                                                                                           sourcenmanagement im Programm formulieren,
   Die Steuerung eines Programms dieser Größen-                                            um die knappen finanziellen und personellen
   ordnung muss einer Reihe von Grundprinzipien                                            Ressourcen angemessen zu steuern und Vorgaben
   folgen. Insbesondere sollte der gemeinschaftliche                                       zum Qualitäts-, Risiko- und Kommunikationsma-
   Nutzen stets Vorrang vor dem Einzelnutzen der                                           nagement sowie den notwendigen Werkzeugen im
   Ressorts bzw. Behörden haben. Zudem sollte                                              Programmmanagement beinhalten.
   allein der Nutzenbeitrag die Priorisierung steuern
   und ein striktes Ergebniscontrolling an die Stelle                                      Stark vereinfacht stellt sich das Programmmanage-
   einer reinen Aktivitätensteuerung treten.                                               ment auf der Grundlage dieser Festlegungen wie in
                                                                                           der Grafik auf der Folgeseite beschrieben dar.

   26                      PD – Berater der öffentlichen Hand
Zusammenfassung und Ausblick

    Die beschriebenen Elemente und Instrumente des
    Programms lehnen sich eng an das MSP®-Frame­
    work zum Management von Programmen an.
    Die einzelnen Projekte werden mit der Methode
    PRINCE2 abgewickelt.

    Der Erfolg eines derartigen Programms hängt
    sicher von einer sorgfältigen Planung und guten
    Managementinstrumenten ab. Darüber hinaus ist
    aber in einem derart komplexen Handlungsfeld
    mehr denn je eine aktive Einbindung der Politik
    gefragt. Die Dimension und die Laufzeit bringen
    naturgemäß Priorisierungsentscheidungen mit
    sich, die deutlich mehr Aufmerksamkeit erfordern
    als nur das „Drücken eines Startknopfes“! stop

Impuls 1: NRW EGovG (Grafik 4)

                                                                Programmmanagement:

                                                                            Programmmanager

                                            Kommunikations-        Qualitäts-              Risikomanager    Programmbüro
                                               manager             manager

          Ressortübergreifende Projekte                                     Ressort 1                                           Ressort 2                       …

       22 Grundlagenprojekte   n ressortübergreifende   Rollout-Projekte    GPO Konzept      GPO Umset-     Rollout-Projekte    GPO Konzept      GPO Umset-
                                   Prozessprojekte                            Projekte      zungsprojekte                         Projekte      zungsprojekte

                                                          BEHÖRDE          BEHÖRDE        BEHÖRDE     …      BEHÖRDE           BEHÖRDE        BEHÖRDE     …

    Abbildung 4: Vereinfachte Darstellung des Programmmanagements.

                                                                                                                                         Beiratssitzung 2018    27
IMPULSVORTRAG

Digitalisierung und kommunale
­Leistungserbringung

Mit einer individuellen Digitalisierungsstrategie können Kommunen
zu ­gestaltenden Akteuren werden und passgenaue Instrumente zur
Digitalisierung von ­Verwaltung und Daseinsvorsorge einsetzen.

                                          C
Autor:                                         hancen und Risiken der Digitalisierung be-
                                               treffen zuvorderst die Kommunen, die damit
                                          zum Diskussions- und Erprobungsraum für die Mo-
                                          dernisierung der Verwaltung werden. Kommunen
                                          sollten den Herausforderungen der Digitalisierung
                                          mit einer ganzheitlichen Strategie begegnen, die
                                          erst die kommunalen Entwicklungsziele definiert
                                          und darauf aufbauend die passenden Instrumente
                                          und Prozesse auswählt und implementiert.
David Epp
Manager
                                          Soziale Medien, Apps, Online-Handel, Industrie
                                          4.0, Big Data, Künstliche Intelligenz, Blockchain:
                                          Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft
                                          und stellt insbesondere die Kommunen vor große
                                          Herausforderungen. Der öffentliche Diskurs
                                          schwankt zwischen technologischer Euphorie
                                          und Alarmismus und spiegelt damit die vorherr-
                                          schende Unsicherheit in Gesellschaft und Politik
                                          über die mittel- bis langfristigen Auswirkungen
                                          der Digitalisierung auf das öffentliche und private
                                          Leben wider.

28   PD – Berater der öffentlichen Hand
Klar erscheint aber schon jetzt, dass sich in Kom-                   Erarbeitet wurde die Charta im Rahmen der 2016
munen sehr viel verändern wird. Die Digitalisie-                     vom BMUB eingerichteten „Dialogplattform Smart
rung kann Kommunen helfen, ihre Dienstleistun-                       Cities“, in der rund 70 Vertreter des Bundes, der
gen bürgernäher, effizienter und nachhaltiger zu                     Länder, der kommunalen Spitzenverbände, von
erbringen. Gleichzeitig wirft der Begriff Digitali-                  Wirtschafts-, Fach- und Sozialverbänden sowie
sierung Fragen auf: Wie können Kommunalver-                          der Zivilgesellschaft das Thema Smart Cities im
waltungen den Erwartungen einer digitalisierten                      Kontext der integrierten und nachhaltigen Stadt-
Gesellschaft gerecht werden? Was bedeutet die                        entwicklung diskutierten. Auch die PD beteiligte
­Digitalisierung für die Verwaltungsmitarbeiter?                     sich an dem fruchtbaren Austausch.
 Wie stark sollten Kommunen bei der Digitalisie-
 rung auf private Anbieter setzen? Wer hat die                       Die „Smart City Charta“ enthält normative Leitli-
 Hoheit über die kommunalen Daten?                                   nien für eine nachhaltige, digitale Transformation
                                                                     von Kommunen und gibt konkrete Handlungs-
    „Die digitale Transformation                                     empfehlungen zur Umsetzung dieser Leitlinien.
                                                                     Im Hinblick auf die Ausgestaltung der politischen,
    ­bezeichnet einen fortlaufenden,                                 rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingun-
     in digitalen Technologien begrün­                               gen sind in erster Linie der Bund und die Länder
     deten Veränderungsprozess, der                                  ­angesprochen.
     die ­gesamte Gesellschaft und
     insbesondere die Verwaltung und
                                                                     Kommunen als zentraler Ort der
     Unternehmen betrifft. Basis der                                 Digitalisierung
     digitalen Transformation sind
     digitale ­Technologien, die in einer                            Der Handlungs- und Umsetzungsdruck zur
     immer schneller werdenden Folge                                 Digitali­sierung kommt für Kommunen aus ver-
     entwickelt werden und somit den                                 schiedenen Richtungen. Einerseits bestehen
                                                                     konkrete rechtliche Umsetzungsanforderun-
     Weg für wiederum neue digitale                                  gen, anderer­seits erscheinen die Chancen wie
     Technologien ebnen.“                                            auch die Risiken digitaler Technologien für die
    Verständnis der digitalen Transformation der PD                  Kommunalver­waltung enorm. Die frühzeitige Aus-
                                                                     einandersetzung mit und eine ganzheitliche Sicht-
                                                                     weise auf die Digitalisierung sind für Kommunen
Das Verständnis von Digitalisierung in der                           daher von zentraler Bedeutung.
Kommunalberatung der PD orientiert sich im
Grundsatz am normativen Zielbild der „Smart                          Die Einschätzungen von Behördenleitern verdeut-
City Charta“ des Bundesministeriums für Umwelt,                      lichen diese Situation. Zu Jahresbeginn 2018 wa-
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).                       ren diese vom Institut für Innovation und Technik1
Die Charta zielt auf die ressourcenschonende,                        befragt worden: Der Themenblock Digitalisierung
bedarfsgerechte Lösung der zentralen Herausfor-                      und E-Government wird von 43 Prozent der Behör-
derungen der Kommunalentwicklung ab. Leitfrage                       denleiter als größte Herausforderung der nächs-
ist dabei, wie eine nachhaltige Stadtentwicklung                     ten zehn Jahre eingeschätzt. Sogar 91 Prozent der
im digitalen Zeitalter gelingen kann.                                Befragten schätzen den Mehrwert der digitalen
                                                                     Veränderung als hoch oder sehr hoch ein.

1    Institut für Innovation und Technik: „Zukunftsradar Digitale Kommune – Ergebnisbericht zur Umfrage 2018“, März 2018, abzurufen
     unter: https://www.iit-berlin.de/de/publikationen/zukunftsradar-2018

                                                                                                             Beiratssitzung 2018      29
Impuls 2: Kommunale Digitalisierung

                                                 DIE DIGITALE KOMMUNE

         Verwaltung              Mobilität      Gesundheit            Energie            Bildung         …

                                                                                                         …

             Digitale            Intelligente    Medikations-        Energie-            Vernetzung
           Verwaltung             Verkehrs-        formen           management          der Bildungs-
                                   systeme                                                angebote
             Digitale                              Robotik         Energieeffizienz
          Identifikation         Autonomes                                                Digitale
         und Verifikation          Fahren       Vernetzung des        Energie-           Prüfungs-
                                                   Patienten         gewinnung            formate
            Digitale            Logistik-Hubs
         Kommunikation                                                                   Digitale
                                                                                        Unterrichts-
                                                                                        gestaltung

             Leitbild /          Prozesse /     Ressourcen /        Kooperation /
                                                                                           Daten         …
         (Teil-)Strategien       Strukturen     Kompetenzen          Beteiligung

    Abbildung: Digitalisierung wirkt in Kommunen in eine Vielzahl von Themenbereichen hinein.

    Ihre spezifischen Aufgaben im Staatsaufbau                   Strategischer Prozess in Kommunen
    machen Kommunen zu den zentralen Orten für                   erforderlich
    Diskussion, Erprobung und Nutzbarmachung
    der Digitalisierung. Dies betrifft insbesondere die          Gerade im Bereich der Daseinsvorsorge schrei-
    Digitalisierung von Bürgerdienstleistungen zu vir-           tet die Digitalisierung umfassend, disruptiv und
    tuellen Service-Angeboten und den Einsatz neuer              kaum planbar voran. Wie können Kommunen vor
    Technologien in Bereichen der Daseinsvorsorge,               diesem Hintergrund zu Vorreitern des techno-
    beispielsweise der Entsorgung, der Energiever-               logischen Wandels werden und dabei stets das
    sorgung, der Mobilität, des Verkehrs sowie im                Gemeinwohl im Blick behalten?
    Gesundheitswesen.
                                                                    „Kommunen müssen ihre Rolle als
    Die Digitalisierung führt auch zu einer Integration
    und Verschmelzung von kommunalen Verwal-
                                                                    gestaltende Akteure der Digitali-
    tungseinheiten, die zunehmend als vernetzte                     sierung definieren! Dazu bedarf es
    Akteure zu betrachten sind. So stellen sich im                  einer umfassenden Strategie, in der
    Rahmen der zeitgemäßen Quartierentwicklung                      die Ziele der Stadt- bzw. Gemeinde­
    Fragen zur Berücksichtigung von Elektromobilität                entwicklung formuliert werden.“
    mit entsprechenden Ladeinfrastrukturen, zur Nut-
    zung von erneuerbaren Energien bzw. dezentraler                 David Epp, PD

    Energieerzeugung oder zur Integration von Ener-
    gieeffizienzmaßnahmen. Auch das Angebot von                  Auf diese allgemeine Strategie abgestimmt und
    digitalen Gesundheitsangeboten als Beitrag zum               daraus abgeleitet sollte eine kommunale Digita-
    altersgerechten Wohnen in sozial durchmischten               lisierungsstrategie formuliert werden, die unter
    Wohnquartieren ist eine Querschnittsaufgabe                  anderem die bedarfsorientierte Auswahl an digi-
    innerhalb der Kommunalverwaltung.                            talen Prozessen und Instrumenten, den Umgang

    30     PD – Berater der öffentlichen Hand
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