Innenstadt mit Perspektive - Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere Innenstädte und der Handel?

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Innenstadt mit Perspektive - Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere Innenstädte und der Handel?
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         MAGAZIN. Fokussiert auf die Zukunft von Städten und Regionen.

                Customer Journey in die City: Innenstadt aus Kundenperspektive gedacht
                Handel und Logistik: Eine Annäherung in 5 Fragen – im Gespräch mit Dr. Jan Röttgers (ECE)
                Einzelhandel: Handelsformate, die die Innenstadt der Zukunft gestalten

                Innenstadt mit Perspektive
                Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten
                erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere
                Innenstädte und der Handel?

2.2021                                                                                               www.cimadirekt.de
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www.trendforum-retail.de

FACHKONFERENZ MIT BEST PRACTISE BEISPIELEN
AUS DER HANDELSLANDSCHAFT

Trends im Handel | Fankultur | Neue Retailformate autonomes shoppen,
D2C, Marktplätze und digitale Transformation | Lebensmittel Special

PROGRAMM AM 6. OKTOBER:
12.00 bis 18.00 Uhr 2 Storetouren mit u.a. Flughafen
Frankfurt, REWE, Lorey, Galeria Karstadt Kaufhof GKK

18.00 bis 22.00 Uhr Spektakulärer Vorabendevent im neuen Premiumkonzept GKK
mit Vorträgen von Eva Gancarz (CIMA digital) Martin Kremming (CIMA) und Arne
Schultchen (Founder&Creative Lead design for human nature).

PROGRAMM AM 7. OKTOBER:
09.00 bis 12.30 Uhr mit Sebastian Deppe (BBE), Carsten Schemberg (Präsident Netz-
werk Ladenbau), Jürgen Zahn (CEO Knoblauch), Stefan Pagenkemper (CEO PMS), Ale-
xander Meffert (CEO CEDES Lichtfabrik) und einem StartUp Elevator Pitch

13.30 bis 16.30 Uhr mit Ursula Lindl CEO Sagaflor, Martin Bressem (Founder Bla-
enk), Rainer Hartel (Managing Director Ravensburger), Holger Wellner (Founder
Modehaus.de), Sören Gatzweiler (Projektleiter tegut… teo), Peter Obeldobel (CEO
Food&Gastro Galeria Karstadt Kaufhof)

MODERATION:
Nicole Srock.Stanley (CEO Dan Pearlman), Prof. Dr. Rüschen (Campus Heilbronn)
Veranstalter: TeamScio | Pyrmonter Str. 10 | 32839 Steinheim
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EDITORIAL                                                    3

                                                                                                                    Herausgeber

                                                                                        CIMA Beratung + Management GmbH
                                                                                        Brienner Str. 45
                                                                                        80333 MÜNCHEN
                                                                                        T 089-55 11 81 54
                                                                                        cima.muenchen@cima.de

                                                                                        CIMA Beratung + Management GmbH
Liebe Leser*innen,                                                                      Neue Weinsteige 44
                                                                                        70180 STUTTGART
so ein Schock für unsere Nation,                                                        T 0711-6 48 64 61
für mich; die geballte Wucht des                                                        cima.stuttgart@cima.de
Klimawandels jüngst so bildgewaltig
vor Augen geführt zu bekommen: Die                                                      CIMA Beratung + Management GmbH
verheerende Flutkatastrophe in Rhein-                                                   Luitpoldstr. 2
land-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und        organisatorisch ist Vieles zu verbes-        91301 FORCHHEIM
                                                                                        T 09191-34 08 92
Bayern – mit großem menschlichen           sern, aber die Beantwortung techni-
                                                                                        cima.forchheim@cima.de
Leid, teils komplett zerstörten Infra-     scher Fragen allein greift aus meiner
strukturen und tausendfach im Einsatz      Sicht zu kurz. Zumal erschwerend hin-        CIMA Beratung + Management GmbH
befindlichen Rettungskräften.              zu kommt, dass der Klimawandel nur           Goethestr. 2
Das Thema Klima begleitet mich seit        eine der gegenwärtigen, tiefgreifenden       50858 KÖLN
dem Studium; fachlich ist mir die Sach-    Veränderungen ist. In meiner Arbeit          T 02234-92965 17
lage mehr als bekannt. Dennoch ist es      sind das vor allem die Mobilitätswen-        cima.koeln@cima.de
anders, wenn Verwandte und Freunde         de, der Demografische Wandel und die
in der Heimat betroffen sein könnten.      Digitalisierung, die kaum aus Projekten      CIMA Beratung + Management GmbH
Noch nicht mal durch die Pandemie          wegzudenken sind. Dass dieses Gesamt-        Walter-Heinze-Str. 27
                                                                                        04229 LEIPZIG
durch und jetzt auch noch das!             paket in der Vermittlung schnell über-
                                                                                        T 0341-69 60 30
Schlagartig erinnert mich das an ein       fordert, muss allen bewusst sein. Über-
                                                                                        cima.leipzig@cima.de
Buch des Humanethologen Irenäus            tragen Sie gedanklich nur einmal die
Eibl-Eibesfeldt. Es trägt den Titel „Der   Anstrengungen und Erfahrungen der            CIMA Beratung + Management GmbH
Mensch das riskierte Wesen: Zur Natur-     Impfkampagne auf diese Herausforde-          Spreeufer 2
geschichte menschlicher Unvernunft“.       rungen. Da darf einem schon mulmig           10178 BERLIN
Präzise arbeitet er heraus, warum erst     werden.                                      T 030-214587 16
etwas Einschneidendes passieren muss,      Wenn Sie mich fragen, sind ortsange-         cima.berlin@cima.de
ehe wir Menschen reagieren. Ein Bei-       passte Lösungen zumindest ein zen­
spiel: Die Atomkatastrophe und Tragö-      traler Weg zur Akzeptanz. Was in der         CIMA Beratung + Management GmbH
                                                                                        Berliner Allee 12
die von Fukushima, die den Ausstieg        Stadt funktioniert, muss nicht der Weg
                                                                                        30175 HANNOVER
aus der Kernenergie bei uns markiert.      für den ländlichen Raum sein. Was in
                                                                                        T 0511-220079 65
Nun ist es mir als Stadtplaner wesens-     den Wachstumsregionen ein Ansatz ist,        cima.hannover@cima.de
fremd in der Vergangenheit zu verhar-      muss in strukturschwachen Gegenden
ren. Eher möchte ich mich, nach einer      nicht gleichermaßen gelten. Nicht sel-       CIMA Beratung + Management GmbH
angemessenen Phase der gebotenen           ten liegen Lösungsansätze auch an der        Moislinger Allee 2
Anteilnahme, zusammen mit Interes-         Schnittstelle zwischen Stadt und Land.       23558 LÜBECK
sierten auf die Suche nach Lösungen        In einem Konstrukt aus Bundes- und           T 0451-38 96 80
begeben. Viele existieren bereits; an-     Landesgesetzgebungen und Förderku-           cima.luebeck@cima.de
dere müssen geschaffen werden oder         lissen die vielfach auf EU-Richtlinien be-
brauchen gänzlich veränderte sozio-        ruhen, eine mehr als fordernde Aufgabe.
ökonomische Bedingungen. Nicht sel-        Daher mein Ansporn für die Zukunft:
                                                                                        cima.digital
ten ist dabei das bisherige Wertesystem    Nutzen wir die Erkenntnisse aus der          c/o CIMA Beratung + Management GmbH
neu zu justieren. Und da schließt sich     Wissenschaft zur Gestaltung unserer          Taunusanlage 8 / WeWork
der Kreis zur Verhaltensforschung.         Städte und Regionen, nicht nur beim          60329 FRANKFURT a. M.
Neben technischer Funktionalität und       Klimawandel. Und vergessen wir bit-          cima.frankfurt@cima.de
ökonomischer Umsetzbarkeit, müssen         te nicht, die Menschen mitzunehmen.
besonders die Menschen erreicht wer-       Auch um uns alle weniger zu riskier-         CIMA Österreich GmbH
den. Oder um im Bild der Flutkata­         ten Wesen zu machen. Veränderung als         Johannesgasse 8
strophe zu bleiben, was nützt die bes-     Chance! Treu dem cima-Motto: smart,          A 4910 RIED IM INNKREIS
                                                                                        T 0043-7752-7 11 17
te Warn-App oder gar Rettungskräfte        partizipativ, nachhaltig.
                                                                                        cima@cima.co.at
vor der Tür, wenn die Menschen War­
nungen nicht richtig einordnen? Bitte      Mit herzlichen Grüßen                        CIMA Institut für Regionalwirtschaft GmbH
nicht falsch verstehen, auch technisch-    Martin Hellriegel                            Berliner Allee 12
                                           hellriegel@cima.de                           30175 HANNOVER
                                                                                        T 0511-22 00 79 50
                                                                                        regionalwirtschaft@cima.de
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4    INHALT

3    Editorial
5    Rundschau

STADTENTWICKLUNG
7    Veränderung managen
     Über die Zukunft der Innenstädte und die Notwendigkeit
     von Allianzen
     Eine Reflexion von Geschäftsführer Roland Wölfel (cima)

9	Stadtentwicklungspolitik: Bundesweite
     Allianz arrangiert Innenstadtinitiative
     stadtimpulse – Erster bundesweit zertifizierter
     Best-Practice-Datenpool für Innenstadt,
     Handel und städtisches Leben

MARKETING
12	Customer Journey in die City
    Innenstadt aus Kundenperspektive gedacht
    von Handelsexperte Martin Kremming (cima)

16   Zukunft Innenstadt
     Vom Citymarketing zum strategischen

                                                                                                                    Foto: hanohiki /iStock
     Transformationsmanagement
     von Michael Metzler, Geschäftsführer Esslinger
     Stadtmarketing & Tourismus GmbH

HANDEL
18   Handel und Logistik                                       22   Zeigt her!
     Ist der Boom des Online-Handels nach der                       Gestern, heute, morgen!?
     Pandemie reversibel?                                           Handelsformate, die die Innenstadt
     Im Expertengespräch Director Logistics & International         der Zukunft gestalten
     Dr. Jan Röttgers (ECE) und Martin Kremming (cima)              von Arne Decker (cima)

21	Gründungsförderung neu gedacht                             26   Nah versorgt statt weiter Wege
    Ein Kommentar zu Standort-Business-Wettbewerben                 Über die gezielte Weiterentwicklung örtlicher
    von Michael Seidel (cima)                                       Nahversorgungsstrukturen
                                                                    von Susanne André und Jan Vorholt (cima)

                                                               29   Termine/cima.aktuell
                                                               30   cima.persönlich
                                                               31   Impressum / Rückspiegel
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RUNDSCHAU               5

                                                                                                                                                                                  Fotos: Interessengemeinschaft Innenstadt e. V.
                                           Foto: Andreas_Schmidt_leipzig.travel

                                                                                                                            Foto: REWE
Auf die Ohren                                                                     Neuland befahren Eine Riesensache
Podcast-Reihe bewirbt Leipzig.                                                    Erster autonom fahrender Kiosk                         Urzeit-Giganten als 3D-Erlebnis in
                                                                                  dreht seine Runden in Köln.                            der Magdeburger Innenstadt

Auf Initiative der Leipzig Tourismus und                                          Vodafone und REWE Digital haben Euro-                  Der Magdeburger Innenstadthandel beglei-
Marketing (LTM) GmbH entstand eine Pod-                                           pas ersten selbstfahrenden Kiosk auf die               tet den Neustart von Handel und Wandel
cast-Reihe zum Thema Musikstadt Leip-                                             Straße gebracht. Ein virtuelles Schienen-              im Sommer 2021 mit einer interakti-
zig. Mit der Reihe werden vor allem junge,                                        netz und Echtzeit-Mobilfunk halten das                 ven 3D-Animation. Dabei werden virtu­elle
musikinteressierte Städtereisende ange-                                           Fahrzeug auf Kurs und geben einen Vor-                 Dinosaurier in die reale Umgebung der
sprochen. Für die auditive Entdeckung                                             geschmack auf den vernetzten Straßen-                  Stadt eingebettet. An über 200 Stand­
durch Stadt und Region bilden Paula und                                           verkehr der Zukunft. Ohne Fahrdienst oder              orten fliegen, laufen, stampfen und brül-
Axel ein Moderatoren-Duo: Axel, gebürti-                                          Verkaufskraft rollt das Snack-Mobil in                 len die Urzeittiere in Originalgröße wie zu
ger Leipziger, kennt die Stadt, weiß, was sie                                     Schrittgeschwindigkeit durch den Gewer-                Lebzeiten. Großformatige Fußstapfen auf
ausmacht. Paula zog zum Studieren nach                                            bepark Carlswerk, um Passanten und                     den Wegen in der Stadt geben Hinweise
Leipzig; ist neugierig. Sie nehmen die Zuhö-                                      Büroangestellte zu versorgen und steuert               auf den jeweiligen Standort. Werden dann
rerschaft mit auf eine Erkundung und liefern                                      feste Haltepunkte an. Wo sich das Fahr-                die darauf befindlichen 3DQR-Codes mit
Information und Inspiration für jeden, der                                        zeug befindet, verrät ein virtueller Routen-           dem Smartphone oder Tablet gescannt,
Leipzig besucht. Ihr Spaziergang führt ent-                                       plan in einer App. Wer nicht warten möch-              erscheinen die Saurier und Innenstadt-
lang der Leipziger Notenspur, die innerhalb                                       te, geht dem mobilen Kiosk entgegen und                besuchende können sich mit ihnen foto-
eines rund fünf Kilometer langen Rundwegs                                         winkt. Integrierte Kameras und Sensoren                grafieren und filmen lassen. Die Aktion
23 der wichtigsten Wohn- und Wirkungs-                                            erkennen die Handzeichen und bringen das               „Dino City Magdeburg“ wird etwa vor
stätten berühmter Komponisten verbindet.                                          Mobil zum Stoppen. Direkt am Fahrzeug                  dem Dom, dem Rathaus, im Flora-Park,
Schau- und Hörplätze sind die Oper Leipzig,                                       kann dann zwischen Getränken und Snacks                Bördepark und in den vier Einkaufscen-
das Mendelssohn-Haus, das Bach-Museum                                             gewählt werden. Bezahlt wird kontaktlos.               tern der Stadt umgesetzt. Getragen wird
und das Gewandhaus zu Leipzig. Die Hörer                                          Bis Ende September soll das Snack-Mobil                die Aktion durch die IG Innenstadt, den
dürfen sich auf spezielle Einblicke in Räum-                                      noch getestet und dabei zunächst von                   Hauptsponsor WOBAU Magdeburg und
lichkeiten, musikalische Kostproben oder                                          einer Betreuungsperson begleitet werden.               eine Vielzahl weiterer Partner. Die tech-
interessante Gesprächsinhalte mit Akteu-                                          Nach dem Pilot-Einsatz wird entschieden,               nische Umsetzung obliegt einem Mag-
ren freuen. Die einzelnen Episoden sind auf                                       ob und wo das auto­nome Mobil künftig im               deburger Start-up.
der LTM-Webseite hör- sowie auf gängigen                                          Einsatz sein wird.                                     www.city-magdeburg.de
Podcast-Plattformen aufrufbar.                                                    www.rewe.de                                            www.dino-city.de
www.leipzig.travel/podcast                                                        www.vodafone.de
Innenstadt mit Perspektive - Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere Innenstädte und der Handel?
6    RUNDSCHAU

                                          Foto: Peter Diehl/Thuega AG

                                                                                                                                                                              Foto: cobaas – Coworking Space Preetz
                                                                                                                  Foto: Stadt Wien
Erkenntnis                                                                                                                           Coworking-
sichern                                                                 Ein Plus                                                     Map
Reallabor testet Klimastraße                                            Straßenzüge für kühle Freiräume in                           Interaktive Karte stützt Suche nach
in Koblenz.                                                             Österreichs Hauptstadt                                       mobilen Arbeitsplätzen.

In einem gemeinsamen Reallabor testen                                   Wetterextreme wie Hitzewellen werden                         Seit Coworking Spaces Einzug in Deutsch-
die Energieversorgung Mittelrhein (evm)                                 immer häufiger. Unter der Hitze leiden                       land gehalten haben, sind sie als mo­derner
und das Kompetenzcenter Innovation der                                  vor allem Menschen in Städten, die keinen                    Arbeitsort kaum noch wegzudenken. Im
Thüga AG Smart-City-Lösungen für Kob-                                   oder wenig öffentlichen Zugang zu Was-                       Mittelpunkt steht das Teilen von Büros,
lenz. Der Testraum wird in dem viel befah-                              ser oder Grünraum haben. Im Jahr 2020                        Infrastruktur und Know-how. Starke Auf-
renen oberen Teil der Löhrstraße umge-                                  verwandelte die Stadt Wien, als tempo-                       merksamkeit erfahren die Themen mobiles
setzt, die sich in der Stadtmitte befindet.                             räre Hitzeanpassungs-Maßnahme für den                        Arbeiten/New Work gegenwärtig ohne-
Mehrere Anwendungen werden ausgetes-                                    Sommer, 18 Straßen in „Coole Straßen“:                       hin – und dass bei beschäftigten Perso-
tet, darunter z. B. Laternen­laden – Auf-                               Mit Sprühnebel, Trinkbrunnen, Pflanzen                       nen als auch Unternehmen gleichermaßen.
bau von leistungsfähiger Ladeinfrastruktur                              und Sitzmöbeln im Schatten sowie Aktivi-                     Auf der Internetplattform Coworking-Map
für E-Autos an bestehenden Lichtmasten                                  täten. Die Aktion entfaltete Wirkung: Bis zu                 werden Informationen zur Coworking-
und Stromleitungen; das Smart Parking                                   fünf Grad weniger konnten in diesen Stra-                    Szene vereint. Die Plattform ist öffentlich
mit Echtzeit-Anzeige freier Parkplätze an                               ßen verzeichnet werden. In Folge der Akti-                   kostenlos zugänglich. Inzwischen gibt es
der Straße mithilfe von Overhead- und                                   on wurden vier Straßen als „Coole Straßen                    auf der Karte mehr als 1.500 Einträge, fast
Bodensensoren oder die Luftqualität mit                                 Plus“ dauerhaft in klimaangepasste Stra-                     die Hälfte davon sind Coworking Spaces.
Messung der Emissionswerte durch Um-                                    ßen umgestaltet. Diese Straßenzüge sind                      Verlinkt wird zur Homepage der einzelnen
weltsensorik. Der Testbetrieb soll für min-                             verkehrsberuhigt: Baumpflanzungen, hel-                      Angebote bzw. zu Social-Media-Accounts
destens 18 Monate laufen. Übergeordne-                                  lerer Asphalt sowie Schatten- oder Was-                      Facebook und Instagram. Gelistet werden
tes Ziel des Projektes ist es, Schadstoff­                              serelemente sorgen für angenehme Tem-                        zudem Bürogemeinschaften, Workation/
emissionen mithilfe der unterschiedlichen                               peraturen und Aufenthaltsqualität. Die                       Retreat-Angebote (mit der zusätzlichen
Anwendungs­f älle zu reduzieren und somit                               Stadt Wien betreibt eine intensive Ver-                      Möglichkeit des temporären Wohnens),
die Lebensqualität vor Ort zu verbessern.                               kehrsüberwachung und finanziert über                         Maker Spaces (mit zusätzlichem Angebot
Darüber hinaus ermöglicht das Reallabor                                 Parkgebühreneinnahmen Maßnahmen zu                           an Werkstatträumen/-flächen zur tempo-
Stadtwerken und ihren Kommunen weiter-                                  nachhaltiger Mobilität. Vor Ort koordinier-                  rären Nutzung) und Innovations-Technik-
gehende Erkenntnisse in der Entwicklung                                 te die Mobilitätsagentur Wien den Ablauf                     und Gründerzentren. Über Filterfunktio-
einer nachhal­tigen und intelligenten Stadt.                            dieses Projektes.                                            nen können die Nutzer ihre Suche räumlich
www.thuega.de                                                           www.streetlife.wien                                          spezifizieren.
                                                                        www.wien.gv.at                                               www.coworkingmap.de
Innenstadt mit Perspektive - Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere Innenstädte und der Handel?
STADTENTWICKLUNG   7

Veränderung
managen
ÜBER DIE ZUKUNFT DER INNENSTÄDTE
UND DIE NOTWENDIGKEIT VON ALLIANZEN
Eine Reflexion von Roland Wölfel,
Geschäftsführer der CIMA Beratung + Management GmbH

K   ürzlich wurde mir die Ehre zuteil, als Zeitzeuge für das Haus
    der Bayerischen Geschichte interviewt zu werden. Im Bereich
Stadtplanung und -entwicklung zu den Themen Innenstadtent-
wicklung und Verödung der Ortskerne in den letzten Jahren und zur
Zukunft unserer Städte. Das erfüllte mich mit Stolz. Doch je mehr
wir über die Entwicklung und einzelnen Epochen zur Rettung der
Innenstädte ins Gespräch kamen, desto mehr wurde klar, wie wich-
tig und erfüllend es ist, sich für das „Herz der Stadt“ einzu­setzen
und dafür über 30 Jahre zu brennen. Gerade jetzt während der
Pandemie. Jetzt zu erkennen, nach den Diskussionen um die ers-
ten Fußgängerzonen, die ersten Kaufhäuser, Einkaufs- und Fach-
marktzentren und den Online-Handel, dass die Innenstädte wohl
über Jahrzehnte von alledem die größte Resilienz und Anpassungs-
fähigkeit bewiesen haben. Sie sind eben nicht Betriebstyp oder
Assetklasse. Sie sind fundamentaler Bestandteil unserer Lebens­-
                                                                                              Bilder: studiostockart/iStock (Figuren) · zaurrahimov/AdobeStock (Flagge)

kultur. Schmelztiegel von Innovation und Anker für unsere Gesell-
schaft. Und sie sind es wert, dass sich Allianzen für sie stark
machen und Impulse setzen.

Mitten im Wandel: Über Möglichkeitsräume

Gegenwärtig stellt der Umbruch in unseren Städten alle Innen-
stadtgestaltende vor eine spezielle Herausforderung – denn gleich-
zeitiges Handeln auf verschiedenen Ebenen ist erforderlich: Das
waren die Corona-Sofort-Maßnahmen – etwa Schritte zur digi-
talen Sichtbarkeit oder Solidaritätsaktionen; weiterhin werden
Innenstadt mit Perspektive - Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere Innenstädte und der Handel?
8    STADTENTWICKLUNG

                              der Übergang sowie der Re-Start der            Einige Bundesländer haben bereits Förder­      ativen, interessensgeleiteten Forderungs­
                              Innenstadt vorbereitet. Diverse Labore,        programme für ihre Zentren aufgesetzt.         katalogen etc. verbunden ist, haben wir
                              Experimente und neue Bündnisse ebenso          Ende 2020 genehmigte die Koalition 25 Mio.     eine erste, wichtige Etappe erreicht. Ver-
                              wie Investitions- und Förderprogramme,         Euro zusätzlich zur Städtebauförderung.        gleichbares muss auch auf Landesebe-
                              Gründerwettbewerbe oder Kampagnen              Im Juli 2021 lobte das Bundesministeri-        nen und vor Ort geschehen. Nur so wird
                              und Events zeugen davon. Und parallel          um des Innern, für Bau und Heimat (BMI)        es gelingen, den erforderlichen Change-
                              dazu soll ein langfristiger Strukturwandel     das Bundesprogramm „Zukunftsfähige             Prozess in unseren Innenstädten dauer-
                              für die Zukunftsstadt der nächsten 10 bis      Innenstädte und Zentren“ aus. Städte und       haft zu gestalten. Entscheidend ist jedoch,
                              15 Jahre entwickelt werden. Wie lässt sich     Gemeinden können bis zum 17.09.2021            flächenhaft den Umbau der Innenstädte zu
                              das alles managen? Welche Hilfen nutzen        Projektvorschläge für innovative Konzepte      initiieren.
                              wirklich? Wie sehen erfolgversprechende        und Handlungsstrategien zur Stärkung der
                              Strate­gien aus? Was muss der Handel tun,      Resilienz und Krisenbewältigung einrei-        Ich gehe noch einen Schritt weiter und
                              um sich neu auszurichten? Wie müssen           chen. Es stehen insgesamt 250 Mio. Euro        sage, die Allianzen für die Innenstadt
                              sich die Städte der Zukunft organisieren?      zur Verfügung.                                 müssen mittel- und langfristig noch brei-
                                                                                                                            ter aufgestellt werden. Wir brauchen auf
                              Nun, in jedem Falle gilt es den geforder-      Allianzen, Strukturen,                         Bundes- und Landesebene bzw. auf kom-
                              ten Umbau der Innen­städte offensiv und        institutioneller Aufbau                        munaler Ebene Politik und Verwaltung,
                              mutig anzugehen! Im Grunde ist dies eine                                                      Wirtschaft und Immobilieneigentümer an
                              Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft.        Wenn Sie mich fragen: Wir haben in der         einem Tisch. Und müssen auch die Kultur-
                              Fest steht, der Einzelhandel verliert seine    Regel kein Erkenntnisproblem, sondern          schaffenden, die sozialen Einrichtungen,
                              dominante, identitätsstiftende Rolle für die   vor allem eine Verwertungsproblem auf-         das Gemeinwesen und Umweltorganisa-
                              Zentren, die Handelsflächen in den Innen-      grund der Vielzahl von Erkenntnissen,          tionen etc. noch stärker einbinden. Das
                              städten werden geringer. Eine Verschie-        die vielleicht nicht wirklich neu sind, aber   ebnet den Weg für ein neues Verständnis
                              bung vom reinen Konsum- zum Erlebnis-,         durch Corona noch mal besonders deutlich       des kollaborativen Miteinanders und für eine
                              Freizeit- und Lebensort zeichnet sich ab.      werden. Da stellt sich für mich die Frage:     Abkehr vom sektoralen Agieren. Wir müssen
                              Wir brauchen Treffpunkte, Kommunikati-         Was braucht es organisatorisch?                die „Verbands- oder Einzelinteressenbrille“
                              onsräume, auch konsumfreie Zonen oder                                                         durch die „Innenstadtbrille“ tauschen! Um
                              weniger ökonomische Nutzungen wie              Im vergangenen Herbst hat das BMI einen        das aufzubauen, braucht es personelle
                              soziale Interaktion, Stadtkultur und Nach-     Beirat Innenstadt gegründet, der maßgeb-       und finanzielle Ressourcen, Wissen über
                              barschaft, die einen vielseitigen Aufent-      lich an der Innenstadtstrategie der Bun-       geeignete Instrumente und Verfahren und
                              halt in der Innenstadt ermöglichen. Dabei      desregierung mitgearbeitet hat. Lesen Sie      vor allem Offenheit für ein entsprechendes
Bild: studiostockart/iStock

                              bleibt das Leitbild der europäischen Stadt     auf den nachfolgenden Seiten wie es mit        Veränderungsmanagement.
                              städtebauliche Maxime. Die Innenstadt          der neuen Initiative stadtimpulse gelungen
                              muss als Gesamtdestination überzeugen.         ist, eine bisher nie da gewesene gemein-       Von der Shoppingmeile zu
                                 Die Stadt der Zukunft ist die Stadt des     same Allianz und Plattform zu erfolgrei-       „unserer Mitte“
                                       Dialoges. Es geht dabei vorder-       chen Innenstadt-Lösungen ins Leben zu
                                           gründig um aktuelle Themen        rufen. Wann hat es das schon einmal gege-      Daher blicke ich gespannt auf die nächs-
                                             wie Mobilität, Klimawandel      ben, dass sich in wenigen Wochen auf ein       te Epoche der Innenstadt. Sie steckt vol-
                                               oder Online-Handel. Es        gemeinsames Projekt und ein Ziehen an          ler Überraschungen! Bleiben wir neugie-
                                                geht aber auch um wei-       einem Strang verständigt werden konn-          rig, kreativ, kooperativ und hartnäckig!
                                                 tergehende Fragestel-       te? Die Initiative stärkt den bundesweiten     Wir haben die Chance, breite lokale, wie
                                                 lungen wie die Rolle von    Wissenstransfer und den Austausch zwi-         auch nationale Allianzen für Innenstäd-
                                                 Kultur und Geschich-        schen den Kommunen, sie ist ebenfalls Teil     te zu schmieden und die Innenstädte in
                                                 te für die Lebendigkeit     der Innenstadtstrategie des Bundes. Und        die nächste Zeit zu führen. Von der reinen
                                                 unserer Städte oder         auf lokaler Ebene werden solche Allianzen      Shoppingmeile zu „unserer Mitte“, die wir
                                                  die Offenheit unserer      ja häufig vom Stadtmarketing und Cityma-       alle gerne aufsuchen und auf die wir stolz
                                                  Gesellschaft für Zuge-     nagement koordiniert, moderiert und vor-       sind, muss die Devise lauten. Mensch,
                                                  wanderte.                  angetrieben.                                   Qualität und Nachhaltigkeit werden als
                                                                                                                            neue Maßstäbe dienen. Nicht zurück zu
                                                                             Wenn jetzt die wesentlichen Akteure            alter, sondern auf zu neuer Stärke ist das
                                                                             auf Bundesebene an einem Tisch sitzen          Gebot der Stunde!
                                                                             und damit eine Abkehr von Einzeliniti­
                                                                                                                                                       woelfel@cima.de
Innenstadt mit Perspektive - Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere Innenstädte und der Handel?
STADTENTWICKLUNG                9

Stadtentwicklungspolitik:
Bundesweite Allianz
arrangiert Innenstadtinitiative
STADTIMPULSE – ERSTER BUNDESWEIT ZERTIFIZIERTER BEST-PRACTICE-
DATENPOOL FÜR INNENSTADT, HANDEL UND STÄDTISCHES LEBEN

W     ie nie zuvor sind Innenstädte aktuell im Fokus von Politik und
      Wirtschaft und damit ein zentrales gemeinsames Anliegen
öffentlicher und privater Akteure in deutschen Städten, Ländern
                                                                       Durch die Auswirkungen der Corona-Krise könnten bis zu 120.000
                                                                       Geschäfte in Deutschland verloren gehen. Das setzt viele Innen-
                                                                       städte und Ortskerne unter Druck. Um positive Beispiele für gelun-
und des Bundes. Mit Ideen, den Standort Innenstadt wieder attrak-      gene Gestaltung und gute Ideen für Innenstädte transparent zu
tiver zu machen, stellte cima-Geschäftsführer Roland Wölfel am         machen, haben daher die wichtigsten Verbände und Netzwerke wie
3. Mai 2021 auf dem 14. Bundeskongress Nationale Stadtentwick-         der Handelsverband Deutschland (HDE), der Deutsche Städte- und
lungspolitik den Best-Practice-Datenpool stadtimpulse für Innen-       Gemeindebund (DStGB), der Deutsche Städtetag (DST), die Bun-
stadt, Handel und städtisches Leben einem nationalen Publikum vor.     desvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd) und
                                                                                               die CIMA Beratung + Management GmbH
                                                                                               stadt­impulse gestartet.

                                                                                               Ideell unterstützen weitere Organisatio-
„Der Projektpool stadtimpulse bietet                                                           nen und Verbände wie Aktionskreis City-
                                                                                               und Stadtmarketing Bayern e. V. (AKCS),
eine wertvolle Orientierungshilfe für                                                          City-Management Verband Ost e. V. (CMVO),
                                                                                               Deutscher Tourismusverband e. V. (DTV),

den notwendigen Neustart der                                                                   Haus & Grund Deutschland sowie der
                                                                                               Deutsche Verein für Stadtentwicklung und

Innenstädte nach der Corona-Krise.                                                             Handel e. V. (urbanicom) die Initiative.

                                                                                               Eine Co-Finanzierung wird durch private
Von den Besten lernen ist der Weg,                                                             Unternehmen wie Essert-Illuminationen
                                                                                               Andreas Essert e. K., Hanseatische Betreu-
           um schnell selbst zu                                                                ungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH
                                                                                               (HBB), Landmarken AG, Noceanz GmbH
           den Besten zu gehören.”                                                             sowie RKW Architektur + Rhode Keller-
                                                                                               mann Wawrowsky GmbH geleistet, die sich
                                                                                               mit ihrem Engagement zu den Innen­
                       Hubert Aiwanger, Bayerischer Staatsminister für                         städten bekennen.
                       Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
Innenstadt mit Perspektive - Bedeutsame Veränderungen in unseren Städten erfordern starke Allianzen. Wohin steuern unsere Innenstädte und der Handel?
10 STADTENTWICKLUNG

Aufgebaut und entwickelt wurde der
öffentlich zugängliche Ideen-Pool von            „Innenstädte und Ortskerne
Roland Wölfel, der sich seit vielen Jahren
regelmäßig als Impulsgeber in der Innen-         müssen angesichts der aktuellen
stadt- und Stadtmarketingszene enga-
giert. Für Wölfel tut das Verbreiten erfolg-
                                                 Herausforderungen als Orte der
reicher rund zertifizierter Ideen not, denn:     Nutzungsvielfalt, der Kommunikation und der
                                                 Lebensqualität gestärkt werden. Es gilt, von
„Wir erleben heute quasi die                     guten Beispielen der Innenstadtentwicklung
vierte Welle bedeutsamer
                                                 zu lernen“, sagt Dr. Gerd Landsberg,
Veränderungen in unseren Städten.
                                                 Hauptgeschäftsführer des Deutschen
Erst waren es die Fußgängerzonen, die das        Städte- und Gemeindebundes. Das
                                                 sehen nicht nur die Stadtverantwortli-
Bild veränderten. Dann kamen die meist aus       chen so. Verwaltungen und Wirtschaft
den Innenstädten ausgelagerten Shopping-         sitzen in einem Boot.
Center und Fachmarktzentren. Heute               Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des
bewegt die Frage, wie wir Angebote wieder        Spitzenverbands des deutschen Einzel-
                                                 handels HDE:
,back to the City‘ holen und Antworten auf die
Digitalisierung finden.“
Die Idee von stadtimpulse ist es, hier-
zu Akteuren passgenaue und hilfreiche
                                                 „Innenstadtent-
                                                 wicklung kann nur in
In­spirationen für ihre Aktivitäten vor Ort
zu bieten. Das Portal begrüßt monatlich
neu zertifizierte Projekte. Weitere Kommu-
nen, Wirtschaftsförderungen, der Handel
und Stadtmarketingakteure sind ebenfalls         kooperativer Gemeinschaft
eingeladen, auch ihre besten Projekte zur
Weiterentwicklung der Stadtzentren einem
bundesweiten Publikum vorzustellen.
                                                 starker Partner gelingen.
Seit einigen Jahren stehen die Innenstädte       Das eröffnet die Chance,
unter erhöhtem Wandlungsdruck. Die zu-
nehmenden Umsatzverschiebungen durch
den Online-Handel haben merklich zu Fre-
                                                 von guten und bewährten
                                                 Lösungen zu profitieren.“
quenzrückgängen in den Zentren geführt.

                                                 Der Projektpool stadtimpulse böte genau
                                                 das, sagen sowohl Genth als auch Dr.
                                                 Landsberg. Die anhaltende Pandemie mit
                                                 Lockdowns und harten Einschränkungen
                                                 verschärft die Lage, sieht auch der Deut-
                                                 sche Städtetag. In der Folge sei abzuse-
                                                 hen, dass etliche Handelsunternehmen die
                                                 Krise nicht überstehen werden.
STADTENTWICKLUNG 11                                                                             5

                                                                                               Erster bundesweiter,
                                                                                            zertifizierter Projektpool für
                                                                                         Innenstadt, Handel und
                                                                                             städtisches Leben.
„Das wird zu sichtbaren Veränderungen bei
der Versorgungsqualität führen. Darüber hinaus
sind die damit verbundenen zunehmenden
Leerstände auch ein städtebauliches Problem.
Die Aufenthaltsqualität und Attraktivität für
die Bürgerinnen und Bürger wird leiden. Die
Dynamik dieser Veränderungen erfordert
das rasche und koordinierte Handeln aller
Innenstadtakteure“, betont Helmut
Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deut-
schen Städtetages.
                                                               Foto: Laurence-Chaperon

Eine Chance liegt nach Überzeugung von
HDE, DStGB, DST, bcsd, cima und dem
Bayerischem Wirtschaftsministerium dabei
in der Skalierung erprobter und bewährter
Maßnahmen in den unterschiedlichen Hand-
lungsfeldern der Innenstadtent­wicklung.

„Es geht nicht darum, die Innenstadt aus dem                                                      Sie suchen bewährte und geprüfte
Jahr 2010 wiederherzustellen. Es geht vielmehr                                                    Best Practice Lösungen für die
                                                                                                  aktuellen und zukünftigen Heraus-
um die große Aufgabe, die lebenswerte Stadt
                                                                                                  forderungen unserer Innenstädte
von 2025/30 zu gestalten, so                                                                      und Ortszentren?
Jürgen Block, Geschäftsführer der Bundes­
vereinigung City- und Stadtmarketing                                                              • Bündnis führender Fachverbände
Deutschland e. V.
                                                                                                    und Institutionen
                                                              Foto: Wieler

Ein besonderer Dank aller Initiatoren gilt                                                        • Kuratierte Auswahl
dem Bayerischen Staatsministerium für                                                             • Zertifizierung durch Fachjury
Wirtschaft, Landesentwicklung und Ener-
gie, dass die Anstoßfinanzierung des Pro-
jekts geleistet hat.

Gemeinsam strebt das Bündnis ideeller und finanzieller Förde-
rer an, stadtimpulse als dynamisches Format qualitätsorientiert
weiter­zuführen und als bundesweite Plattform zu etablieren.                                                           in
Stadtimpulse ist ein Baustein in der breit angelegten nationalen
Innenstadtstrategie zur Gestaltung resilienter Stadtzentren, die
vom Beirat Innenstadt des Bundesministeriums des Innern, für                                    www.unsere-stadtimpulse.de
Bau und Heimat erarbeitet wurde.

                     www.bmi.bund.de, www.unsere-stadtimpulse.de
12 MARKETING

Customer Journey
in die City
INNENSTADT AUS
KUNDENPERSPEKTIVE GEDACHT

Praxisorientiert und theoriegeleitet nachvollzogen
anhand des Marketing-Werkzeugs `Customer Journey´,
von Martin Kremming, Partner und Prokurist,
                                                     Foto: hanohiki /iStock

CIMA Beratung + Management, Hannover
MARKETING 13

                                                             „Die schönsten Momente
                                                      meiner Arbeit sind die, wenn sich
                                                        etwas vor Ort bewegen lässt.“

S  eit Jahrzehnten wird versucht, Ideen des
   Center-Managements auf Innenstädte
zu übertragen. Oft bleibt es beim Versuch.
                                                                                                Martin Kremming

In der Beratung hören wir diesen Ansatz
immer wieder und winken oft nicht nur
innerlich ab. Wenn Sie mich fragen, stimmte
dieser Weg nie und wird zunehmend absurd.       Oft sind es Mischungen aus Handel,              die Corona-Sofortprogramme gehalten.
Denn eine Innenstadt ist kein Center und je     Dienstleistungen und Gastronomie. Ob            Aber fangen wir ganz am Anfang an. Las-
mehr sich die postpandemische Stadt her-        diese Programme nachhaltige Verände-            sen Sie mich dieses Konstrukt der `Custo-
auskristallisieren wird, desto offenkundiger    rungen und eine Stärkung der Innenstäd-         mer Journey´ auf einen Innenstadtbesuch
wird dies. Die Planbarkeit im Nutzungsmix       te zur Folge haben, bleibt abzuwarten.          potenzieller Kundschaft übertragen. Darf
nimmt ab, Leerstände in Toplagen bis zur        Wichtig ist aber, dass etwas passiert. Und      ich Sie bitten, folgen Sie mir bei meiner
Kaufhausgröße sind vielerorts nicht mehr        dass Besuchsanlässe für die Kundschaft          Reise!
zu verbergen, Vertragslaufzeiten in Miet-       geschaffen werden. Zugleich ist es ein
verhältnissen werden kürzer, der Handel         Signal für die Gewerbetreibenden in der         Phasen als Interaktions-
zieht sich nicht nur aus den Nebenlagen         Innenstadt, dass der Standort im Fokus          bzw. Berührungspunkte
zurück. Im Ergebnis kann die Innenstadt         steht.
der Zukunft bunter sein als es ein Shop-                                                        Zunächst muss die Innenstadt (wieder) ins
ping-Center jemals vorgeben konnte zu           Was aber meines Erachtens noch zu sel-          Bewusstsein der Konsumenten gerückt
sein. Vorausgesetzt heute werden die rich-      ten passiert und wo möglicherweise jede         werden: Die `Customer Journey´ beginnt
tigen Weichen gestellt.                         Innenstadt etwas von den Shopping-Cen-          bereits, wenn sich die Kundschaft noch zu
                                                tern lernen kann, ist die Innenstädte aus       Hause auf dem Sofa befindet. Über Werbe-
Aktuell erlebe ich, wie in vielen Städten der   der Sichtweise und den Bedürfnissen der         maßnahmen, soziale Medien oder Direkt­
Versuch unternommen wird, über Sofort-          Konsumenten zu betrachten. In der Mar-          ansprache muss es gelingen, den Kunden-
programme Impulse für die Innenstadt-           ketingpraxis besitzt das Thema generell         stamm regelmäßig anzusprechen, damit
entwicklung zu geben. Diese Program-            höchste Relevanz. Ich spreche vom Modell        Besuchsanlässe entstehen. Über digitale
me setzen oft bei Events und bei schnell        `Customer Journey´ (Kundenreise), welches       und physische Berührungspunkte muss
umsetzbaren Maßnahmen für den öffent-           die einzelnen Phasen definiert, die eine Per-   ein Bewusstsein für die Stadt geschaffen
lichen Raum an und versuchen sich auch an       son durchläuft, bevor sie sich für den Kauf     werden. Über die Innenstadt muss ständig
den Leerständen, in dem Mietzuschüsse           entscheidet und darüber hinaus. Die `Cus-       über die verschiedenen Kanäle kommuni-
gewährt und z. T. über Wettbewerbe neue         tomer Journey´ umfasst dabei alle Berüh-        ziert werden, damit sie bei allen Zielgrup-
Nutzerkreise gesucht werden. Nahezu             rungspunkte eines Konsumenten mit einer         pen im Gespräch bleibt. Diese Kommu-
immer ist das Fazit: Die Expansionslisten       Marke, einem Produkt oder einer Dienst-         nikation sollte über das Stadtmarketing
der Filialisten sind längst Vergangenheit;      leistung. Dieser Grundgedanke kommt mir         organisiert werden; gleichwohl spielt die
mit Glück gibt es eine Auswahl aus inno-        persönlich noch oft zu kurz, wenn es um         “Stadtverwaltung” hier eine ebenso wich-
vativen Konzepten, die selten allein Einzel-    Innenstädte geht; nur Teilbereiche davon        tige Rolle, genau wie jedes einzelne Unter-
handel umfassen.                                haben Einzug in das Stadtmarketing oder         nehmen einer Innenstadt. Noch immer fällt
14 MARKETING

INNENSTADT AUS                                                                            Beschilderung                        Mobilität
KUNDENPERSPEKTIVE GEDACHT                                                                                                    Orientierung
Schematische Darstellung einer `Customer Journey´
                                                                              CI in der           DER WEG
zur Innenstadt                                                              Innenstadt
                                                                                                 IN DIE CITY

                                                                                    Parken                 Erreichbarkeit
                                                                                                          und Orientierung
                                              Bequemlichkeit                        Wegeführung
                                              Erreichbarkeit (digital)

mir auf, dass zu wenige Innenstadtunter-
nehmen sich gegenseitig in den sozialen                           BEWUSSTSEIN
Medien fördern (z. B. durchs gegenseitige                         UND ANREIZE
Liken). Erst darüber entsteht der Zulauf,                          SCHAFFEN Digitale und physische
den jedes Unternehmen allein nicht oder
nur mit großem Aufwand generieren kann.                                                      Berührungspunkte
Auch die in der Stadt Wohnenden sollten                  Radio            Online-
einbezogen werden: unzählige, kreative                                 schaufenster
Mitmachaktionen finden sich auf Insta-                                                           Social Media
gram oder Facebook als Inspiration.            Online-Auftritt
                                                                                     Print
Die nächste Phase ist die Bewältigung des                             PR
Wegs in die Innenstadt, die Mobilität: Die
nun angezogene Kundschaft nutzt unter-
schiedliche Verkehrsmittel und hier kann
sowohl Frustration entstehen (Pkw-Stau,
Parkplatzmangel, ÖPNV funktioniert nicht,
Radwege nicht ausgebaut, keine adäqua-        das ÖPNV-Angebot ist, wie durchdacht            zen daher gerade bei dieser Multifunkti-
ten Fahrradabstellplätze, keine barriere-     das Radwegenetz ist und inwieweit aus­          onalität an. Ob neues Stadtmobiliar, neue
freien Zugänge etc.), als auch eine gute      reichend Fahrradstellplätze für alle Fahr-      Events, Begrünungsaktionen, geförderte
Infrastruktur sowie ein guter Service den     radtypen vorliegen, um nur einige Beispie-      Zwischennutzungen in Leerständen – es
Unterschied machen. Einige Innenstädte in     le zu nennen.                                   gibt kaum etwas, was nicht auf den Listen
Deutschland sind durch Mobilitätsmaster-                                                      steht. Hoffen wir, dass diese notwendigen
pläne gestärkt worden und der Besuchen-       Haben die Konsumenten den Weg in die            Belebungsmaßnahmen nachhaltig positi-
de wird unterwegs fortwährend smart           Innenstadt erfolgreich absolviert, folgt        ve Auswirkungen auf unsere Zentren und
gelenkt, informiert und geleitet, immer       der Aufenthalt in der Innenstadt. Innen-        Quartiere haben.
öfter auch digital. Andere Innenstädte ste-   stadtbesuchende erwarten heute eine
hen hier noch ganz am Anfang und sind         Mischung aus Entertainment, Versorgung,         Nach dem hoffentlich angenehmen und
in Mobilitätsfragen eher in den neunziger     Bequemlichkeit, Komfort und Service. Hier       erfolgreichen Innenstadtbesuch erfolgt
Jahren und den damaligen Pkw-Stellplatz-      muss sich jede Stadt neu justieren, da sich     mit dem Rückweg wieder eine Mobilitäts-
diskussionen stehen geblieben.                die Gewichte zwischen Handel, Dienst-           phase, die durch eine geeignete Verab-
                                              leistungen und Gastronomie verschoben           schiedungsgeste eingeleitet wird und hof-
Die postpandemischen Innenstädte der          haben und sich weiter grundlegend ändern        fentlich reibungslos digital-analog gelenkt
Zukunft werden sich z. B. darin unterschei-   werden. Neue Funktionen kommen man-             den Rückweg an den Wohnort ermöglicht.
den, ob wirklich barrierefreie Zugänge und    cherorts richtigerweise hinzu, wie Freizeit,    Auch diese Phase ist wichtig. Schlechte
digitale Leitsysteme vorliegen, von wel-      Bildung und Kultur. Viele der aktuellen         Leitsysteme etwa können den gesamten
cher Qualität und Vernetzungsintensität       Sofortprogramme für Innenstädte set-            Besuch im Nachhinein ins Negative dre-
MARKETING 15

              EINZELHANDEL                                              GASTRONOMIE
                                              Schließfächer
                                                                         HOTELLERIE
                   Sichtbarkeit
                                                       Ladestationen
                          Leitsystem
                                                                         „Vielen Dank und
                                                                         auf Wiedersehen“
              EINGANG                  Information

                           CITY
  Willkommensgeste                                             AUSGANG                   Verabschiedung

    und Empfang

                                                                          Beleuchtung                    Mobilität
        Personal                        AUFENTHALT                                                        Orientierung
                                       BEQUEMLICHKEIT                    WC
KULTUR       ORIENTIERUNG
                                                  Grünflächen/           Möblierung
                        W-LAN                      Ruhezonen
     I-Pad Bars
                                                          Spielplätze
                           SERVICE                                                                LOYALITÄT
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                                                                                                                                     2021

hen, wenn die Kundschaft nur mit Mühe           aber jeder Betriebsinhaber ebenso auf­        Innenstädte wie aufgezeigt entlang des
wieder nach Hause kommt.                        gerufen, mit den eigenen Kunden in Kontakt    Modells der `Customer Journey´ laufend
                                                zu bleiben. Insgesamt bleibt festzuhalten,    zu überprüfen und zu entwickeln.
Die Kundschaft ist wieder daheim, nun           dass viele Betriebe das nicht schaffen und
stehen die Begriffe Loyalität, Vertrau-         viele Stadtmarketing-Organisationen diese     Diese Reise gehört auf den Prüfstand und
en und Kundenbindung im Vordergrund.            ureigene Aufgabe noch nicht richtig digital   muss durch entsprechende Maßnahmen
Möglichst schnell soll sie zu einem Folge­      ausspielen. Bei der digitalen Sichtbarkeit,   immer weiter optimiert werden. An wel-
besuch in der Innenstadt animiert werden.       digitalen Treueprogrammen (z. B. Stadt-       chen Punkten kann die Innenstadt posi-
Die nächste Shopping-Tour sollte keines-        gutscheine) oder personalisierten Ange-       tiv überraschen und wo kann Frustration
wegs im Online-Shop enden. Daher ist            boten stehen viele Innenstädte nach mei-      vermieden werden? Und in diesem Punkt
jetzt die Arbeit an der Kundin oder dem         nem Dafürhalten noch sehr am Anfang,          kann ein Blick auf die Shopping-Cen-
Kunden wichtig. Die Innenstadt muss             wenngleich im zweiten Corona-Lockdown         ter dann durchaus hilfreich sein, da die-
insgesamt z. B. über das Stadtmarke-            vielerorts enorm nachgeholt wurde.            se Sichtweise dort seit Jahren praktiziert
ting und entsprechende Kommunikation                                                          wird. Auch wenn für die Umsetzung in
(über Bonusprogramme, Stadtgutschei-            Dennoch bleibt zu hoffen (und die Zeichen     unseren Innenstädten mitunter ein lan-
ne, Facebook, Instagram etc.) den Kontakt       stehen gut), dass die Begeisterung für        ger Atem notwendig sein wird – seit lan-
aufrechterhalten oder sogar die Kunden-         unsere Innenstädte wieder bei Kundinnen       gem standen die Innenstädte nicht mehr so
bindung intensivieren. Nur so bleibt die        und Kunden geweckt wird. Gerade im Zuge       im Fokus wie heute. Lassen Sie uns dieses
Innenstadt im Gespräch, Loyalität kann          der momentanen Sonderkonjunktur durch         Momentum für unsere Innenstädte nutzen!
entstehen. Neben dem Stadtmarketing ist         Förderprogramme plädiere ich dafür, die
                                                                                                                      kremming@cima.de
16 MARKETING

Zukunft Innenstadt
VOM CITYMARKETING ZUM STRATEGISCHEN
TRANSFORMATIONSMANAGEMENT
von Michael Metzler, Geschäftsführer
Esslinger Stadtmarketing & Tourismus GmbH (EST)

A  uch die Innenstadt von Esslingen durchlebt wie alle Städte im
   Bundesgebiet seit einigen Jahren einen tiefgreifenden Struk-
turwandel. Mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie
                                                                     fonds aufgesetzt worden, dessen Gesamtsumme aller Leistungen
                                                                     220 Tsd. Euro umfasst. Mehrere Teilstrategien und Handlungs­
                                                                     felder werden parallel und eng vernetzt bearbeitet: Um bestehen-
beschleunigt sich die kontinuierliche Veränderung der Innenstadt     de Handelslagen der Innenstadt zu stabilisieren und um negative
– vor allem im Einzelhandel weiter.                                  Effekte der Pandemie abzumildern, kommen weiterhin etablierte
                                                                     Instrumente der Innenstadtförderung zum Einsatz (u. a. Touris-
Die Stadt am Neckar hat die Transformation der Innenstadt als        musförderung, Initiative MACH ES). Im Marketing werden u. a.
zentrale Zukunftsaufgabe bewertet. Sukzessive seit 2018 baut         räumlich entzerrte Themen- und Aktionswochen durchgeführt, ein
das Stadtmarketing Esslingen ein Transformationsmanagement           zentraler e-Bike-Lieferservice für die Innenstadt entsteht und
auf. Im Jahr 2021 geht die Stadt einen nächsten Schritt und erwei-   Pop-Up-Stores sowie Zwischennutzungskonzepte in Leerstän-
tert ihre bisherige Innenstadtförderungsstrategie.                   den erhalten eine finanzielle Förderung. Außerdem wird die Wer-
                                                                     bekostenumlage für die City-Events erlassen und Eigeninitiativen
Unterstützungsfonds aufgelegt                                        der Quartiers- und Straßengemeinschaften gefördert. Die Stadt
                                                                     Esslingen verzichtet im Jahr 2021 in Höhe von etwa 80 Tsd. Euro
Zur finanziellen Entlastung der Gewerbetreibenden sowie flankie-     auf Sondernutzungsgebühren für Handel und Gastronomie. Ein
rend zu ihrem Neustart und um der Kundschaft Anreize für einen       verkaufsfördernder Stadtgutschein kommt künftig zum Einsatz.
Innenstadtbesuch zu geben, ist im Jahr 2021 ein Unterstützungs-      Neben diesem kurzfristig wirksamen Unterstützungsfonds ist

                                              MICHAEL METZLER
                                              „Jetzt ist die Zeit für Stadtmarketing und kooperative Stadtentwicklung.
                                              Wenn es gelingt, die konstruktiven Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft auf
                                              gemeinsame Ziele auszurichten, lässt sich viel Kraft freisetzen. Stadtmarketing
                                              kann Kurator des Wandels in der Wirtschaft und in den Städten sein.“
17
Foto: Altes Rathaus. Esslinger Stadtmarketing & Tourismus GmbH

                                                                 darüber hinaus eine Strategie erforderlich,    koordiniert wurde der Prozess vom neu
                                                                 um die Transformation der Innenstadt mit-      gegründeten Transformationsteam Innen-            KONTAKT
                                                                 tel- und langfristig aktiv zu gestalten.       stadt. Die Arbeitsgruppe besteht aus Ver-
                                                                                                                                                                  Die Esslinger Stadtmarketing &
                                                                                                                tretung von EST, Wirtschaftsförderung, City
                                                                                                                                                                  Tourismus GmbH ist ein Public Private
                                                                 Transformation gewinnbringend nutzen           Initiative, Handwerkerschaft, IHK, Handels-       Partnership Modell, an dem die Stadt
                                                                                                                verband sowie Mitgliedern der verschiede-         Esslingen am Neckar und verschiedene
                                                                 Dabei ist es zentral, von dem Gedanken         nen Dezernate der Verwaltung. Das Team            private Gesellschafter beteiligt sind.
                                                                 wegzukommen, dass Transformation ein-          arbeitet als operative Einheit im stra-           Die Unternehmensziele werden über
                                                                 fach geschieht; dass man ihr ausgeliefert      tegischen Transformationsmanagement.              die Geschäftsbereiche Stadtmarketing,
                                                                 ist. Stattdessen gilt es, ein Mind-Set dafür   Es bewertet und konkretisiert Impulse             Citymanagement und Tourismus­
                                                                 zu entwickeln, die Chancen und Möglich-        aus den Dialogformaten, unterstützt und           marketing umgesetzt.
                                                                 keiten der Transformation gewinnbringend       berät die Innenstadtakteure bei eigenen           www.esslingen-marketing.de
                                                                 einzusetzen – mit Mut für Neues, innova-       Vor­haben und entwickelt selbst Transfor-
                                                                 tiven Ideen und kraftvollen Impulsen. Ziel     mationsprojekte.
                                                                 in Esslingen ist es ein gemeinsames Ziel-                                                      zeuge, um die Kommunikation und Mode-
                                                                 Bild für die Innenstadt zu erarbeiten und      Professionelle Strukturen erforderlich          ration des Transformationsprozesses zu
                                                                 mit einem Projekt-Katalog zu hinterle-                                                         gestalten. Nie war die öffentliche Auf-
                                                                 gen. Zentrale Frage dabei: Welche Funk-        Wenn man die Herausforderung proak-             merksamkeit größer. Nie bestand mehr
                                                                 tionen und Angebote sollte die Innenstadt      tiv angeht, braucht es in den Städten eine      Konsens, dass Innenstädte eine funktiona-
                                                                 aus der Sicht ihrer Nutzer bieten? Dazu ist    Instanz, die die Transformation der Innen-      le Neuorientierung und Aufwertung benö-
                                                                 ein Innenstadtdialog in Esslingen initiiert    stadt managt, eine Strategie, die den Ver-      tigen. Dieser Wandel ist eine der wichtigs-
                                                                 worden, der Ausgangsbasis für Kon-             änderungsprozess umreißt, und eine Struk-       ten Zukunftsaufgaben, der sich alle Städte
                                                                 zepte und Projekte ist, die die Qualität       tur, die langfristig trägt. Keine Institution   stellen müssen. Weil die Transformation
                                                                 der Innenstadt sichern und zukünftig           im Konzern Stadt ist besser dazu geeignet       irreversibel ist, muss sich auch Stadtmar-
                                                                 steigern sollen. Verschiedene Forma-           die Rolle des Transformationsagenten ein-       keting anpassen. Dabei gibt es gute Grün-
                                                                 te der Beteiligung werden angewendet.          zunehmen als das Stadtmarketing. Aus der        de selbstbewusst voranzugehen. Der Weg
                                                                 Neben einer Online-Kundenbefragung,            kooperativen Stadtentwicklung kommend,          mag steinig sein – die Perspektiven sind
                                                                 Innenstadtforen kommen auch Zukunfts-          verfügt Stadtmarketing über die ganzheit-       interessant.
                                                                 werkstätten zum Einsatz. Entwickelt und        liche Denkweise und passgenauen Werk-
                                                                                                                                                                           mmetzler@esslingen-marketing.de
18 HANDEL

                                      Handel und Logistik
                                      IST DER BOOM DES ONLINE-HANDELS NACH
                                      DER PANDEMIE REVERSIBEL?
                                                                                 Foto: Trendforum Retail 2020
                                                                     Foto: ECE

                                                                                 Die Handelsexperten Martin Kremming (cima) und Dr. Jan Röttgers (ECE)
Foto: Digital Mall_WerbeflächenQECE

                                                                                 auf dem Trendforum Retail 2020.

                                      Eine Annäherung in 5 Fragen:
                                      Im Expertengespräch
                                      Dr. Jan Röttgers, Director Logistics & International
                                      (ECE Work & Live GmbH & Co.) und
                                      cima-Handelsexperte Martin Kremming
HANDEL 19

KREMMING: Dr. Röttgers, Sie sind seit
fast 20 Jahren in der Projektentwicklung

                                                                                                                                      Foto: Brookfield Properties
der ECE tätig. Jahrelang betreuten Sie die
Sparte Shopping-Center. Wir haben uns
dabei kennengelernt. Nun agieren Sie in
einem anderen Themenfeld; aktuell rea-
lisiert die ECE in Deutschland eine Serie
von hochmodernen Logistik-Centern für         KREMMING: Versanddienstleister haben          KREMMING: Gerade in Städten wird aber
den internationalen Handels- und Logis-       während der Corona-Pandemie weiter an         auch das Spannungsfeld deutlich: Das
tikdienstleister Hermes. Haben Sie als ECE    Relevanz gewonnen; der Online-Handel          Sendungsvolumen des Online-Handels
oder auch persönlich als Geschäftsführer,     nochmal stark zugelegt. Was denken Sie,       steigt, es gibt mehr Lieferverkehr, aber
rechtzeitig den Wendepunkt von der über-      ist die Dynamik des Online-Handels wie-       immer weniger Platz. Zudem werden die
wiegenden Orientierung aufs stationä-         der umkehrbar? Sehen Sie die Innenstäd-       Rufe nach lebenswertem Raum und Maß-
re Shoppingerlebnis zum Online-Handel         te wieder auf ein vorpandemisches Niveau      nahmen zur Klimafreundlichkeit immer
eingeleitet? Welche Rolle spielte dabei die   zurückkehren?                                 lauter. Wie kommen Sie, das Unterneh-
Pandemie?                                                                                   men Hermes, in diesem Spannungsfeld
                                              DR. RÖTTGERS: Der Online-Handel ist in        zurecht? Was bedeutet das für die zukünf-
DR. RÖTTGERS: Bereits vor der Pande-          den letzten Jahren gegenüber dem stati-       tige Logistik?
mie haben wir entschieden, keine neuen        onären Handel überproportional gewach-
Shopping-Center mehr zu entwickeln. In        sen. Allein im letzten Jahr hat der Online-   DR. RÖTTGERS: Ich kann hier nicht für
Deutschland ist mit aktuell ca. 500 Shop-     Handel um 23 Prozent auf 73 Mrd. Euro         Hermes sprechen. Allerdings ist das The-
ping-Centern eine gewisse Marktsätti-         Umsatz zugelegt. Damit erreicht der           ma Verkehr eine große Herausforderung
gung eingetreten. Wir haben uns daher         Online-Handel am Gesamteinzelhandels­         für die Städte. Auf der einen Seite muss
als Unternehmen neu aufgestellt und das       umsatz einen Anteil von 16 Prozent. Ich       die Stadt gut erreichbar sein, sowohl für
Bestandsgeschäft in der ECE-Market-           gehe davon aus, dass diese Entwick-           Anwohnende als auch Gäste, und auf
places gebündelt. Für die Neuentwicklung      lung sich nicht mehr zurückdrehen lässt.      der anderen Seite für die Waren. Eben-
von Projekten in den Assetklassen Resi-       Umgekehrt hat der stationäre Handel, der      so müssen der ÖPNV und Fahrradwege
dential, Hotel, Office und Logistics haben    bereits vor Corona unter Druck war, in den    konsequent ausgebaut werden. Und wir
wir die ECE Work & Live gegründet. Da         letzten Monaten erhebliche Umsatzeinbu-       brauchen kluge Lösungen für den Waren-
ich leidenschaftlicher Projektentwickler      ßen erlebt. Die Innenstädte werden sich       verkehr auf der letzten Meile. Wir wollen
und offen für neue Herausforderungen          verändern und je nach Stadtstruktur ganz      mit unseren Shopping-Centern einen Bei-
bin, habe ich seit letztem Jahr die Leitung   individuelle Antworten finden müssen.         trag dazu leisten. Für uns spielen Energie-
unseres Bereichs Logistics & International    Man muss Innenstadt neu denken und als        einsparung und die Nutzung erneuerbarer
übernommen. Ohne Frage läuft Logistik         Ort der Begegnung und des Erlebnisses         Energien eine wichtige Rolle. Mit der Ent-
zurzeit sehr gut und durch Corona erfährt     begreifen. Innenstadt ist mehr als Handel,    wicklung der Digital Mall werden wir Liefer-
diese Assetklasse eine gewisse Sonder-        nämlich auch Raum für Wohnen, Arbeiten        wege verkürzen und effizienter gestalten.
konjunktur.                                   und Kultur.                                   Wir verstehen unsere Shopping-Center als
Foto: Brookfield Properties
                                                    Nach dem Umbau: Visualisierung der Potsdamer Platz Arkaden im Berliner Bezirk Mitte

MicroHubs, aus denen heraus über unse-        laufenden Umbau der Potsdamer Platz           Innenstädte sind mehr als Handel! Sie sind
re Digital Mall Waren nicht nur vorbestellt   Arkaden in Berlin. Die Mall aus dem 1998      wichtige Kraftorte für unser Leben. Daher
und abgeholt, sondern auch geliefert wer-     eröffneten Center wird zu einer Einkaufs-     ist deren Stärkung eine gesellschaftspoli-
den können. Wir müssen also zukünftig         straße verwandelt – zukünftig weitest­        tische Aufgabe.
Systeme entwickeln, Ware und Kundschaft       gehend ohne Rolltreppen und Fußgän-
besser zu vernetzen und somit lange Lie-      gerbrücken. Das Gebäude öffnet sich nach      Herzlichen Dank für das aufschlussreiche
ferwege zu vermeiden. Das spart Verkeh-       außen und im Umfeld wird kräftig auf-         Gespräch!
re und schont die Umwelt. Zudem muss          geräumt, so werden u. a. Autos aus dem
über die Umnutzung vorhandener Flächen        öffentlichen Raum innerhalb des Quartiers
neu nachgedacht werden: Für Kultur, Sport,    verschwinden. Der Eigentümer Brookfield
Events oder einfach als Orte der Begegnung.   investiert in die Umgestaltung des Quar-
                                                                                              KONTAKT
                                              tiers 200 Mio. Euro.
KREMMING: Die Ansprüche an die Han-
delsimmobilien im Allgemeinen und an          KREMMING: Herr Dr. Röttgers, bitte noch
Shopping-Center im Speziellen haben sich      ein Schlusswort zu deutschen Innen-
in der vergangenen Dekade sehr dyna-          städten nach der Pandemie: Was ist
misch verändert; bei Bestandsobjekten         notwendig, damit die Innenstädte eine
sind Revitalisierungen das Kernthema. Auf     Chance haben zu bekannter Stärke zurück-
welche Neuerungen steuern Shopping-           zukommen?
Center nach den Lockdowns zu? Welches
ist Ihr Lieblingsprojekt?                     DR. RÖTTGERS: Das Beispiel Potsdamer
                                              Platz Arkaden Berlin zeigt, dass man auf
DR. RÖTTGERS: Die Shopping-Center             veränderte Rahmenbedingungen Antwor-            Dr. Jan Röttgers
haben sich ja schon in den letzten Jahren     ten finden kann. Dafür sind ein klares Kon-     E-Mail: Jan.Roettgers@ece.com
immer wieder den veränderten Anforde­         zept, starke Partner und die Bereitschaft
rungen von Mietparteien und Klientel ange-    zu investieren erforderlich. Das kann man       www.ece.com
passt. Besonders spannend finde ich den       auch auf unsere Innenstädte übertragen.
HANDEL 21

Gründungsförderung
neu gedacht
EIN KOMMENTAR ZU STANDORT-BUSINESS-WETTBEWERBEN UND
ZUR BEFEUERUNG DER LOKALEN INNOVATIONSKRAFT

von Michael Seidel, Partner und Projektleiter,
CIMA Beratung + Management, München

W     elche Innenstadt – ob die einer Klein-, Mittel- oder einer Groß-
      stadt – sucht sie nicht? Neue Betriebe mit innovativen, unge-
wöhnlichen, spannenden Konzepten abseits des Bekannten. Gerne
                                                                         vative Unternehmenskonzepte gesucht, nach Abschluss einer
                                                                         Bewerbungsphase durch ein lokales Expertennetzwerk auf Reali-
                                                                         sierbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Standortverträglichkeit bewertet
mit Jungunternehmern am Steuer, die ihre Geschäftsideen und -visi-       und über eine gezielte Realisierungsförderung und Umsetzungs­
onen in den Bereichen Einzelhandel, Gastronomie oder Dienstleis-         betreuung mit Beratungsleistungen prämiert – gesponsort von
tung engagiert vertreten und realisieren. Gerne als Crossover-Kon-       einem Expertennetzwerk vor Ort.
zept im Schnittpunkt von stationärem und digitalem Angebot. Die
Rede ist von neuen Geschäftsmodellen mit begeisternden Services,         Der Innovationscharakter dieser Förderung liegt in der unmittelba-
Showrooming-Ansätzen oder regelmäßigen In-Store-Events.                  ren Ansprache von Existenzgründern und bereits aktiven Unterneh-
                                                                         mern im Rahmen eines maßgeschneiderten Umsetzungskonzeptes,
Und das gibt es nicht nur in Metropolen, Groß- oder Mittelstädten,       einem neuartigen Ansatz zur Zusammenarbeit von Kommunalpolitik
sondern auch in den Innenstädten von Orten mit weniger als 20.000        und Wirtschaft sowie der Schaffung eines Netzwerkes mit lokalen
Einwohnern. Es funktioniert! In Bad Reichenhall, Ebermannstadt           und regionalen Geschäftsleuten, die den Gründern von der Idee bis
oder Krumbach ...                                                        zur Umsetzung aktiv zur Seite stehen.

Eine neuartige Existenzgründungs-Förderung in Form eines Stand-          Das Spannendste daran ist aus meiner Sicht: Der Hauptfokus die-
ort-Business-Wettbewerbs macht es möglich. Dabei werden inno-            ses Standort-Business-Wettbewerbs liegt nicht auf einer direkten
                                                                         finanziellen Ansiedlungsförderung, sondern auf der Übernahme
                                                                         von Kosten, welche sich Jungunternehmer bzw. Betriebsgrün-
                                                                         der in der Startphase nicht leisten können bzw. wollen. Außer-
                                                                         dem werden direkte Hilfeleistungen und Unterstützungen bereits
                                                                         während der Ausgestaltung der Unternehmensidee gewährt.
                                                                         Hinzu kommt die gemeinschaftliche Bewerbung des Wirtschafts-
                                                                         standortes – online und offline. Denn der Wettbewerb wird über
                                                                         ein breites Marketing regional bekannt gemacht. So lief der Wett-
                                                                         bewerb in Ebermannstadt (7.000 Einwohner) unter dem Titel
                                                                         „Frische Köpfe für die Insel“ und Bad Reichenhall (18.000 Ein-
                                                                         wohner) fordert „Sei mutig“ (seimutig.bad-reichenhall.de). Die in
                                                                         den bereits abgeschlossenen Projekten eingereichten Geschäfts­
                                                                         modelle reichen von der Kultur (z. B. Programmkino) über Hand-
                                                                         werk (z. B. Individualmöbelfertigung), Dienstleistung (z. B. Podo-
                                                                         logie-Praxis) und Gastronomie (z. B. Kaffeerösterei) bis zum
                                                                         Einzelhandel (z. B. Handarbeitsbedarf).

                                                                                                                              seidel@cima.de
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