Interne Bepreisung von CO2 - Wirtschaft macht Klimaschutz

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Interne Bepreisung von CO2 - Wirtschaft macht Klimaschutz
Interne Bepreisung
          von CO2

             Ein Ergebnis der
AG „Unternehmensbezogene Klimaschutzziele“
Interne Bepreisung von CO2 - Wirtschaft macht Klimaschutz
Interne Bepreisung von CO2                                      Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ........................................................................ 3

Zum Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“ .............................. 4

1.      Einleitung .................................................................................. 5

2.      Motivation für Unternehmen ....................................................... 8

3.      Beschreibung des Instruments ................................................. 11

4.      Rahmenbedingungen und Stand der Umsetzung ....................... 14

5.      Einführung eines unternehmensinternen Emissionspreises ....... 16

5.1 Entwicklung einer Klimastrategie als Grundlage .......................................................... 16

5.2 Festlegung der Grenzen ......................................................................................... 17

5.3 Festlegung der Zahlungsmodalitäten ........................................................................ 20

5.4 Festlegung der Investitionsstrategie ......................................................................... 21

5.5 Bestimmung des internen Preises ............................................................................ 22

5.6 Umsetzung und Überwachung ................................................................................. 29

6.      Ausblick und Beispiele für die Umsetzung ................................. 32

Glossar ............................................................................................ 37

Impressum ...................................................................................... 39

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Interne Bepreisung von CO2 - Wirtschaft macht Klimaschutz
Interne Bepreisung von CO2                                    Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Klimaziele und deren Fortschritte nach Sektoren .................................. 6
Abbildung 2: Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland ...................... 6
Abbildung 3: Preis der CO2-Emissionsrechte in den vergangenen drei Jahren .............. 8
Abbildung 4: Motivation zu aktivem Klimaschutz ................................................... 10
Abbildung 5: Ansätze zur internen Emissionsbepreisung ........................................ 11
Abbildung 6: Bewertung der möglichen Instrumente ............................................. 13
Abbildung 7: Herausforderungen bei der Einführung eines internen CO 2-Preises........ 16
Abbildung 8: Idealtypischer Ablauf zur Einführung des internen Preises ................... 17
Abbildung 9: Beispiel für die Zuordnung von Emissionen ........................................ 18
Abbildung 10: Balance zwischen verwaltungstechnischem Aufwand und möglichst
spezifischer Belastung ....................................................................................... 19
Abbildung 11: Vor- und Nachteile der Finanzierungmodelle .................................... 22
Abbildung 12: Bepreisungsansätze ...................................................................... 23
Abbildung 13: Beispielhafte Vermeidungskostenkurve eines Unternehmens mit
Projekten (A–G)................................................................................................ 26
Abbildung 14: Verschiedene Preiselemente und ihre Eignung bzw. ihr Aufwand je nach
Bepreisungsinstrument ...................................................................................... 28
Abbildung 15: Verschiedene Preiselemente in einer Vermeidungskostenkurve........... 29
Abbildung 16: Zusammenfassung des Einführungsablaufs ...................................... 31

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Interne Bepreisung von CO2 - Wirtschaft macht Klimaschutz
Interne Bepreisung von CO2                           Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Zum Dialogforum „Wirtschaft macht
Klimaschutz“
Effektiver und erfolgreicher Klimaschutz kann erst dann gelingen, wenn unterschiedliche
Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche langfristig zusammenarbeiten. Aus diesem Grund startete
das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Juni 2017 das
Dialogforum   „Wirtschaft    macht   Klimaschutz“.   Der   Dialogprozess   resultiert   aus   dem
Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 der Bundesregierung. Ziel ist es, die deutsche Wirtschaft zum
Zweck des Klimaschutzes breit zu vernetzen und die beschleunigte Umsetzung konkreter
Maßnahmen zur Treibhausgasminderung in der Wirtschaft zu befördern Es sollten konkrete
Klimaschutzmaßnahmen in Unternehmen angestoßen werden, um so den Klimaschutz in der
deutschen Wirtschaft voranzutreiben und wichtige Beiträge zu den Klimaschutzzielen zu leisten.
Durch eine möglichst breite Beteiligung der Wirtschaft wurde hierbei eine Vielzahl von
Unternehmensperspektiven berücksichtigt und einbezogen. Über die gesamte Laufzeit waren ca.
100 deutsche Unternehmen und etwa 250 angemeldete TeilnehmerInnen im Dialogforum aktiv.
Ein weiteres Ziel war es, ein gemeinsames Verständnis davon zu erlangen, wo es Zielkonflikte gibt
und was nötig ist, um Klimaschutz konkret in Unternehmen umzusetzen. Zudem wurden effektive
Ansätze, die bereits zuvor in Unternehmen entstanden sind, weiter- bzw. kollaborative Ansätze
neu entwickelt.

Der wesentliche Unterschied zu anderen Formaten liegt vor allem darin, dass nicht die
Unternehmen oder Verbände unter sich blieben, sondern das BMU (das für Gesetzgebungen im
Bereich Klimaschutz zuständig ist) und dessen MitarbeiterInnen an dem Dialogforum teilnahmen
und damit in einen direkten Dialog mit den Unternehmen traten.

Zur Konzeption, zur inhaltlichen Begleitung und zur Durchführung des Forums hat das BMU EY
(vormals Ernst & Young), das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie und das Ecologic
Institut beauftragt. Begleitet wurde das Dialogforum von einem Steering Committee, das von
VertreterInnen aus Unternehmen, Politik und Wissenschaft repräsentiert wurde.

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Interne Bepreisung von CO2                                     Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

1. Einleitung
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, hat die Politik in der Vergangenheit verschiedene
Rahmenwerke geschaffen: angefangen bei den Klimarahmenkonventionen 1992, die die
völkerrechtliche Basis für den globalen Klimaschutz darstellen, über das Kyoto-Protokoll 19971,
das eine rechtliche Verbindlichkeit zur Treibhausgasreduktion darstellt bis                        hin zu den
Klimakonferenzen in Paris 2015 (2 Grad und Klimaneutralität bis 2100)2 und Katowice 2018
(Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Abkommens)3. So konnte auf der Konferenz in Katowice
2018 festgelegt werden, wie Emissionen gemessen, Berichte überprüft und Maßnahmen bei
Nichteinhaltung ergriffen werden. Bis zur Klimakonferenz 2020 in Glasgow sollen alle
Vertragsstaaten überarbeitete Klimaschutzzusagen vorlegen.4

Trotzdem ist die Wirksamkeit der Abkommen fraglich, da die Verpflichtungen oft gering und die
Anforderungen derzeit noch unklar formuliert sind.5 Außerdem können bei Nichteinhaltung meist
keine Sanktionen erlassen werden bzw. ist die Ausformulierung dieser Sanktionen abhängig von
der jeweiligen (supra-)nationalen Gesetzgebung.

Die EU verfolgt u. a. das Ziel, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 40 % im
Vergleich zu 1990 zu senken, wozu auch eine Modernisierung und Stärkung des EU-
Emissionshandelssystem beitragen soll. Mit der neuen EU-Kommission könnten diese Ziele noch
ambitionierter      werden,      auch      weil    die    EU     bis    2050      klimaneutral      sein     will.6
Deutschland übersetzt diese Ziele in nationale Klima- und Sektorziele (mindestens 55 %
Reduzierung CO2-Äq-Emissionen 2030 im Vergleich zu 1990)7 (siehe Abbildung 1). Anhand der
Abbildung wird deutlich, dass (bis auf den Verkehrssektor) bereits deutliche Reduktionen erreicht
wurden, jedoch eine weitere Intensivierung der Reduktionsmaßnahmen nötig ist, um die
auferlegten Ziele zu erreichen. Laut Klimaschutzbericht 2018 wird das Reduktionsziel von 40 %
im Jahr 2020 voraussichtlich nicht erreicht.8

1
  „Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen“, Vereinte Nationen (Mai 1992),
http://unfccc.int/resource/docs/convkp/convger.pdf, aufgerufen am 20.02.2019, und „Protokoll von Kyoto zum
Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen“, Vereinte Nationen (Dezember 1997),
http://www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu-import/files/pdfs/allgemein/application/pdf/protodt.pdf, aufgerufen am
20.02.2019
2
  „Übereinkommen von Paris“, Vereinte Nationen (Dezember 2015),
http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/paris_abkommen_bf.pdf, aufgerufen am
20.02.2019
3
  „Die Weltklimakonferenz in Katowice: was bleibt?“, BMU, https://www.bmu.de/themen/klima-
energie/klimaschutz/internationale-klimapolitik/un-klimakonferenzen/cop-24-was-bleibt/, aufgerufen am 25.02.2019
4
  „25. Weltklimakonferenz: ‚Jetzt nach vorne schauen‘„, BMU; https://www.bmu.de/pressemitteilung/25-
weltklimakonferenz-jetzt-nach-vorne-schauen/, aufgerufen am 20.01.2020
5
  „Internationale Klimakonferenzen“, Internetseite des Greenpeace e.V.,
https://www.greenpeace.de/themen/klimawandel/klimaschutz/internationale-klimakonferenzen, aufgerufen am 20.02.2019
6
  „Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030“, Europäische Kommission,
https://ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2030_de, aufgerufen am 26.02.2019
7
  „Der Klimaschutzplan 2050. Die deutsche Klimaschutzlangfriststrategie“, BMU, https://www.bmu.de/themen/klima-
energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimaschutzplan-2050/#c11681, aufgerufen am 26.02.2019
8
  „Klimaschutzbericht 2018“, BMU,
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzbericht_2018_bf.pdf, aufgerufen am
01.07.2019

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                           Klimaziele und deren Fortschritte nach Sektoren
                                      (Emissionsreduktion in %)
    80
    70
    60                                                   67
                62
    50
                                  51
    40
                                                                              42
    30                                                          38
                                        34                                                     34
    20                26
                                                                                                    20
    10
                                                                                   -2
     0
    -10    Energiewirtschaft      Industrie              Gebäude              Verkehr     Landwirtschaft

                                             Ziel 2030        erreicht 2016

Abbildung 1: Klimaziele und deren Fortschritte nach Sektoren9

Betrachtet man die Entwicklung der absoluten Treibhausgasemissionen nach Sektoren seit 1990
(Abbildung 2), so wird ebenfalls deutlich, dass sich die Emissionen seit 1990 in vielen Sektoren
nur sehr langsam zurückentwickeln oder auch stagnieren (beispielsweise Verkehr, Landwirtschaft)
und auch hier weitere Anstrengungen nötig sind, um die Ziele für 2030 und besonders für 2050
(„klimaneutrale Gesellschaft“) zu erreichen.

                     Entwicklung der Treibhausgasemissionen nach Sektoren
                                (absolute Menge in Mio. t CO2äq)

    Energiewirtschaft
               Industrie
               Gebäude
                Verkehr
          Landwirtschaft

                            0    50    100       150      200        250   300     350   400     450     500

                                                   1990         2016

Abbildung 2: Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland10

9
  „Klimaschutzbericht 2018“, BMU,
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzbericht_2018_bf.pdf, aufgerufen am
19.03.2019
10
   „Klimaschutzbericht 2018“, BMU,
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzbericht_2018_bf.pdf, aufgerufen am
19.03.2019

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Interne Bepreisung von CO2                                        Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Der Klimawandel stellt auch für die Wirtschaft derzeit eines der drei größten Unternehmensrisiken,
langfristig sogar das größte Geschäftsrisiko dar.11 Deshalb ist es wichtig, dass sich das
Engagement nicht auf die staatliche Seite beschränkt, sondern auch aktiv von der Wirtschaft
vorangetrieben wird. Es zeigt sich bereits eine breite Unterstützung aus Zivilgesellschaft und
Wirtschaft für Abkommen wie jenes aus Paris, was eine gute Grundlage für eine gemeinsame und
erfolgreiche Klimaschutzpolitik ist. Diese kommt dadurch zustande, dass das Abkommen zwar
keine konkreten Ziele oder Maßnahmen vorschreibt, jedoch gerade dadurch eine Ausgewogenheit
zwischen Verbindlichkeit und Flexibilität erreicht, die besonders unternehmensseitig sehr
geschätzt wird.12

Dabei ist u. a. die Bepreisung von CO2 ein probates Mittel, um den Wandel zu einer
emissionsärmeren Wirtschaft effizient zu gestalten. In 70 nationalen bzw. subnationalen
Gesetzgebungen          ist    die    CO2-Bepreisung         bereits     verankert       und     deckt      20 %      der
Treibhausgasemissionen weltweit ab.             13
                                                     In Deutschland müssen gemäß dem Beschluss des
Bundeskabinetts Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, ab 2021 einen
Preis für CO2 zahlen, indem sie entsprechende Verschmutzungsrechte kaufen. Bis 2025 gilt ein
Festpreis, der bei 25 Euro pro Tonne startet und sich innerhalb der nachfolgenden fünf Jahre auf
55 Euro erhöht. Ab 2026 greift ein nationales Emissionshandelssystem (EHS), bei dem eine an
den Klimazielen der Bundesregierung festgelegte Menge Verschmutzungsrechte per Auktion
versteigert wird. Die Preisspanne soll zwischen 55 und 65 Euro liegen.14,                           15
                                                                                                         Die neue EU-
Kommission hat das Thema CO2-Bepreisung, einschließlich eines aus Unternehmenssicht sehr
relevanten Grenzsteuerausgleichs, prioritär auf die politische Agenda gesetzt.16

In den letzten Jahren findet die interne Bepreisung auch seitens der Unternehmenswelt vermehrt
Beachtung.17 Über 1.300 Unternehmen (11 % mehr als 2016) planen oder nutzen bereits interne
Bepreisungen von Emissionen (84 % davon sind in Gesetzgebungen angesiedelt, in denen eine
Bepreisung vorgeschrieben ist), wobei die Spanne von 0,01 bis 909 USD/t CO2-Äq reicht.18

11
   „Allianz Risk Barometer“, Allianz SE und Allianz Global, https://www.agcs.allianz.com/assets/PDFs/Reports/Allianz-Risk-
Barometer-2015_DE.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
12
   „COP21: Der Weg in die Low-Carbon-Ökonomie“, Ernst & Young GmbH, http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/ey-
cop21-der-weg-in-die-low-carbon-oekonomie/$FILE/ey-cop21-der-weg-in-die-low-carbon-oekonomie.pdf, aufgerufen am
21.02.2019
13
   „State and Trends of Carbon Pricing 2018“, World Bank Group,
https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/29687/9781464812927.pdf, aufgerufen am 22.02.2019
14
   Mitteilung der Bundesregierung: „Grundlage für CO 2-Preis steht“, https://www.bundesregierung.de/breg-
de/themen/klimaschutz/nationaler-emissionshandel-1684508, abgerufen am 31.10.2019
15
   „Einigung auf höheren CO2-Preis“, taggesschau.de, https://www.tagesschau.de/inland/klimapaket-einigung-101.html,
aufgerufen am 17.12.2019
16
   Informationen zur neuen EU-Kommission und ihren politischen Prioritäten: https://ec.europa.eu/commission/interim,
aufgerufen am 11.09.2019
17
   „Putting a price on risk: Carbon pricing in the corporate world”, CDP,
https://www.oceanfdn.org/sites/default/files/CDP%20Carbon%20Pricing%20in%20the%20corporate%20world.compressed.
pdf, aufgerufen am 22.02.2019
18
   „State and Trends of Carbon Pricing 2018“, World Bank Group,
https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/29687/9781464812927.pdf, aufgerufen am 22.02.2019

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Interne Bepreisung von CO2                                           Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

2. Motivation für Unternehmen
Im letzten Jahr stieg der Preis der CO2-Emissionsrechte im EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS)
um ca. 350 % von unter 10 Euro auf teilweise über 25 Euro.19 Dies verdeutlicht, dass es sich für
Unternehmen zunehmend auch ökonomisch negativ auswirkt, nicht aktiv Klimaschutz zu
betreiben.

Abbildung 3: Preis der CO2-Emissionsrechte in den vergangenen drei Jahren20

Unternehmen sehen sich zudem verstärkt regulatorischen Risiken, steigenden Erwartungen von
Investoren und der Öffentlichkeit sowie dem inhärenten Risiko des Klimawandels ausgesetzt.21
Neben       steigenden        Klimaschutzanforderungen               zählt     auch       die     Fragmentierung          der
Kohlenstoffmärkte u. a. durch nicht harmonisierte Umsetzungen von Emissionsbepreisungen
durch verschiedene Regulierungen zu regulatorischen Risiken und hohe operative und finanzielle
Risiken für Unternehmen mit sich bringen.22 Um dem entgegenzuwirken, können sich
Unternehmen u. a. durch folgende Möglichkeiten aktiv z. B. in Entscheidungsprozesse einbringen:

•    politisches Engagement: Beteiligung an Gesetzesentstehungsprozessen (bilaterale Treffen
     mit Politik oder in Industrievereinigungen), um Einfluss auf die Ausgestaltung von
     Klimagesetzen zu nehmen

19
   „CO2 European Emission Allowances, Mansider, https://markets.businessinsider.com/commodities/co2-emissionsrechte,
aufgerufen am 26.02.2019
20
   „CO2 European Emissions Allowances, finanzen.net, https://www.finanzen.net/rohstoffe/co2-emissionsrechte/chart,
aufgerufen am 17.12.2019
21
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S. S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
22
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S. S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019

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Interne Bepreisung von CO2                                         Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

•    sektorenbasierte Vereinbarungen: z. B. Definition von Emissionsobergrenzen oder
     Energieintensitätsziele,        um      Wettbewerbsverzerrungen              aufgrund       von    inkonsequenter
     Emissionsbepreisung zu beheben
•    Initiativen: Beitritt und Engagement in Initiativen wie z. B. Carbon Pricing Leadership
     Coalition, Initiative nachhaltige Finanzreform oder Carbon Disclosure Project (CDP)23
•    Verbände: konstruktive Positionierung zur Ausgestaltung einer verbindlichen CO2-Bepreisung
     wie beispielsweise durch den BDI, DGB und andere24 oder den VDMA25

Es ist davon auszugehen, dass die gesetzlichen Anforderungen der Klimapolitik zukünftig weiter
steigen werden und sich insbesondere die Bepreisung von Emissionen weiter durchsetzen wird.
Deshalb ist es für Unternehmen wichtig, diesen Regulierungen proaktiv zu begegnen und damit
auch auf Investoren- oder Shareholder-Erwartungen einzugehen.26 Technische Möglichkeiten zur
Emissionsreduktion gibt es viele, schwierig ist jedoch die ökonomische Steuerung. Hier bietet die
Abbildung emissionsbezogener Kosten bzw. Risiken in Form von interner Bepreisung von
Emissionen (Internal Carbon Pricing = ICP) Unterstützung. Mit der Bepreisung ist eine
Übersetzung von Emissionen in entscheidungsrelevante (in diesem Fall monetäre) Größen möglich
(Internalisierung externer Effekte analog zu externer Bepreisung). Somit können interne
Emissionsbepreisungen Entscheidungsunterstützungen bieten, beispielsweise zur Minderung von
regulatorischen, finanziellen und reputationsbezogenen Risiken.

Die interne Emissionsbepreisung kann Anreize für klimafreundlichere Investitionen schaffen,
Einnahmen für unternehmensspezifischen Klimaschutz generieren und zur Erreichung interner
Emissionsreduktionsziele beitragen.27 Weiterhin kann durch einen solchen Prozess wertvolle
Expertise gesammelt und durch die Angleichung interner Werte und der Unternehmensstrategie
die Glaubwürdigkeit des Unternehmens bezogen auf Umweltschutzaktivitäten28 und die
Stakeholder-Unterstützung für Nachhaltigkeitsziele verbessert werden.29 Als Nebeneffekt kann
zudem häufig die Verbesserung der internen Kommunikation und Kooperation vor allem zwischen
operativen       Geschäftsbereichen,          der     Finanz-       und     Nachhaltigkeitsabteilung           und      der
Geschäftsführung beobachtet werden.             30

23
   „Eight Things your CEO needs to know to engage and shape carbon pricing policies” Barreyre, G.; Blisson, N.; Frangi, A.;
Huttunen, J.; Moro Marcos, C.; Perez, J. (2015), WBCSD, https://www.wbcsd.org/Projects/Education/Resources/Eight-
things-your-CEO-needs-to-know-to-engage-and-shape-carbon-pricing-policies, aufgerufen am 22.02.2019; Initiative
nachhaltige Finanzreform (2017): www.nachhaltige-finanzreform.de/, aufgerufen am 11.09.2019
24
   https://bdi.eu/publikation/news/leitplanken-fuer-eine-co2-bepreisung-gemeinsames-impulspapier/, abgerufen am
31.10.2019
25
   https://www.vdma.org/v2viewer/-/v2article/render/37142088, abgerufen am 31.10.2019
26
   „The Business of Pricing Carbon”, Center for Climate and Energy Solutions,
https://www.c2es.org/site/assets/uploads/2017/09/business-pricing-carbon.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
27
   „Private Firm Incentives to Adopt Internal Carbon Pricing” Chang, V.; Wilson, W. (2017) in „Journal of Public and
International Affaires 2017”
28
   „Executive Guide to Carbon Pricing Leadership: A Caring for Climate Report”, UN Global Compact (2015),
https://www.unglobalcompact.org/docs/issues_doc/Environment/climate/CarbonPricingExecutiveGuide.pdf, aufgerufen am
22.02.2019
29
   „The Business of Pricing Carbon”, Center for Climate and Energy Solutions,
https://www.c2es.org/site/assets/uploads/2017/09/business-pricing-carbon.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
30
   „State and Trends of Carbon Pricing 2018“, World Bank Group,
https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/29687/9781464812927.pdf, aufgerufen am 22.02.2019

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Auch eine höhere Attraktivität für Investoren – insbesondere für solche mit einem langfristigen
Investitionsziel – stellt eine Motivation für die interne CO2-Bepreisung dar.31

Auf makroökonomischer Ebene lassen sich ebenfalls positive Effekte einer Bepreisung von
Emissionen feststellen. So zeigt eine Ex-post-Analyse der wirtschaftlichen Effekte der ökologischen
Steuerreform von 1999, dass sich die Bepreisung positiv auf Klimaschutz, Beschäftigung und die
Entwicklung und Marktdurchdringung energiesparender Innovationen auswirken kann.32

                                                                                            Auswirkungen der
     Motivationsfaktor                                                                      Emissionsbepreisung
     Emissionsbepreisung                        Proaktives Handeln
                                                                                            - Anreize zu
     - Anstieg CO2-Preis                        der Unternehmen
                                                                                            klimafreundlicheren
     - regulatorische Risiken                   - interne                                   Investitionen
                                                Emissionsbepreisung
     - steigende                                                                            - Aneignung wertvoller
     Erwartungen von                            - Einbringung in                            Expertise
     Investoren und                             Entscheidungsprozesse
                                                                                            - Verbesserung der
     Stakeholdern                               und Initiativen
                                                                                            Glaubwürdigkeit und
     - inhärentes Risiko des                                                                Stakeholderunter-
     Klimawandels                                                                           stützung bzgl.
                                                                                            Umweltschutz

Abbildung 4: Motivation zu aktivem Klimaschutz

31
   „Carbon Pricing in the US Private Sector” Fawson, C.; Cottle, C.; Hubbard, H.; Marshall, M. (2019), Working Paper, The
Center for Growth and Opportunity at Utah State University
32
   „Die Ökologische Steuerreform. Auswirkungen auf Umwelt, Beschäftigung und Innovation“, Ecologic Institut für
Internationale und Europäische Umweltpolitik gGmbH (2005),
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/short/k2811.pdf, aufgerufen am 31.10.2019

10
Interne Bepreisung von CO2                                           Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

3. Beschreibung des Instruments
Die interne Emissionsbepreisung ist kein neuer Ansatz, es gibt bereits viele ähnliche
Ausgestaltungs-/Mischformen, Bezeichnungen und Dimensionierungen.33 Grundsätzlich
kann zwischen Ansätzen unterschieden werden, die hypothetische Kosten in interne
Entscheidungsprozesse in Form von Schattenpreisen integrieren, und solchen, die zu
einer tatsächlichen Abgabe auf Emissionen führen.

                                Unternehmensinterne Bepreisung von Emissionen

         Schattenpreise (hypothetische Preise)                                     Tatsächliche Abgaben

     in Investitions-                       im                        Unternehmens-
                                                                                                       Unternehmens-
       ausgaben/in                 Risikomanagement/                      interne
                                                                                                           interner
        operativen                 in der strategischen              Emissionsgebühr/
                                                                                                       Emissionshandel
     Aufwendungen                        Planung                          -steuer

Abbildung 5: Ansätze zur internen Emissionsbepreisung

Schattenpreise können auf unterschiedlichen Entscheidungsebenen Anwendung finden. Ihnen ist
gemein, dass sie die Kosten durch Emissionen als langfristig entscheidungsrelevant betrachten.
Sinnvoll kann die Definition eines einheitlichen Preises oder einer festgelegten Spanne sein (z. B.
je nach Art oder Region des Projekts, wenn ein Unternehmen mehreren externen Emissionspreisen
unterliegt):34

     •     Am einfachsten ist die Integration in die Investitionsrechnung als zusätzlicher Kostenfaktor
           bei der Vorteilhaftigkeitsbewertung von Investitionsprojekten (z. B. in Rendite oder
           Barwert), wodurch Emissionsreduktion, Energieeinsparung und -effizienz gefördert und
           zukünftige Emissionen vermieden werden.35
     •     In der strategischen Planung und im Risikomanagement können Schattenpreise für
           Emissionen in Szenario- und Sensibilitätsanalysen und zur Risikobewertung verwendet
           werden.36
     •     Schließlich führt eine Schattenbepreisung in den operativen Aufwendungen durch die
           emissionsbezogen optimierte Verteilung operativer Budgets zu einer direkt wirksamen
           Reduktion von Emissionen.

33
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S.   S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
34
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S.   S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
35
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S.   S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
36
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S.   S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019

11
Interne Bepreisung von CO2                                          Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Intern     erhobene        Emissionsabgaben              führen      zu     einem      direkten       Geldtransfer       aus
Unternehmenseinheiten entsprechend ihren Emissionen und liefern somit einen direkten Anreiz
zur Emissionsreduktion. Darüber hinaus können die Einnahmen zur Finanzierung weiterer
Emissionsreduktionen oder externer Emissionskosten verwendet werden.37 Einen preisbasierten
Ansatz der Emissionsabgabe stellt die interne Emissionssteuer dar; es wird ein Preis (pro Tonne
CO2) erhoben, wodurch die Geschäftseinheiten die Wahl haben, die volle Höhe der Abgabe zu
erbringen oder die eigenen Emissionen zu reduzieren und dadurch Steuern zu sparen.38

Eine     Modifikation       der    internen       Emissionsabgabe          (mengenbasierter           Ansatz)      ist    der
unternehmensinterne Emissionshandel, bei dem die Emittenten eines Unternehmens aus einer
festen Menge von Emissionsberechtigungen Zertifikate entsprechend ihren eigenen Emissionen
erwerben bzw. überschüssige Zertifikate verkaufen können. Der interne Preis für Emissionen ergibt
sich hier durch Angebot und Nachfrage. Die Emissionsmenge kann durch ein konstantes Cap
stabilisiert oder durch ein sinkendes Cap reduziert werden.39

37
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S. S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
38
   „Executive Guide to Carbon Pricing Leadership: A Caring for Climate Report”, UN Global Compact (2015),
https://www.unglobalcompact.org/docs/issues_doc/Environment/climate/CarbonPricingExecutiveGuide.pdf, aufgerufen am
22.02.2019
39
   „Ökologieorientierte Entscheidungen in Unternehmen. Ökologisches Rechnungswesen statt Ökobilanzierung:
Notwendigkeit, Kriterien, Konzepte“, Schaltegger, S.; Herzig, C.; Kleiber, O.; Müller, J. (2002)

12
Interne Bepreisung von CO2                               Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Bewertung der möglichen Instrumente

 Bepreisung von
                          Schattenpreise               Emissionssteuer               Emissionshandel
   Emissionen
 Stärken/Chancen     Risikoreduktion/einfache      direkter Anreiz zur           potenziell
 des Konzepts        Berücksichtigung von          kosteneffizienten             kosteneffizienteste
                     Emissionen in komplexen       Emissionsreduktion            Methode zur
                     Entscheidungen                                              Emissionsreduktion
                     geringer Aufwand bei der      praktische Umsetzung:         Emissionsmenge ist leicht
                     Einführung und niedrige       Anreiz entsteht über          steuerbar, daher
                     Implementierungskosten        Kosten entsprechend den       garantierte ökologische
                                                   jeweiligen Emissionen         Effektivität
                     geringe                       geringe
                     Verständnisprobleme in        Verständnisprobleme: Das
                     der Handhabung                Konzept der Steuer ist
                                                   bekannt
                     ermöglichen den Aufbau        fördert Innovationen und      fördert Innovationen und
                     von Wettbewerbsvorteilen      kann so                       kann so
                     durch zukunftsorientierte     Wettbewerbsvorteile           Wettbewerbsvorteile
                     Entscheidungen                schaffen                      schaffen
 Voraussetzungen     richtiger Preis wichtig, um   richtiger Preis noch          Festlegung der richtigen
                     richtige                      wichtiger als bei einem       Zertifikatsmenge, die zu
                     Entscheidungsgrundlage zu     Schattenpreis: Balance        einem tragbaren Preis
                     liefern (dafür zuverlässige   zwischen Anreizwirkung        führen muss (Erfassung
                     Informationen und             und ökonomischer              von THG-Emissionen und
                     Trendanalysen                 Tragfähigkeit                 Reduktionspotenzialen)
                     erforderlich)
                                                   Einführung eines zentral      Einführung eines zentral
                                                   organisierten                 organisierten
                                                   Verwaltungssystems            Verwaltungssystems und
                                                   erforderlich, das aber        einer Handelsplattform
                                                   analog zu sonstigen           erforderlich, was einigen
                                                   Kostenverrechnungen           administrativen Aufwand
                                                   leicht in das System          verursacht
                                                   integrierbar ist
                                                                                 Handelspartner (z. B.
                                                                                 Divisionen, Funktionen)
                                                                                 müssen klar voneinander
                                                                                 abgrenzbar sein
 Grenzen             keine sofortige               finanzielle                   evtl. sehr hohe
                     Emissionsreduktion            Belastungsfähigkeit           Transaktionskosten und
                                                   einzelner Einheiten           starke Preisschwankungen,
                                                   aufgrund energieintensiver    sodass sie nur bedingt
                                                   Bereiche evtl. vereinzelt     vorhersehbar sind, was
                                                   hoch, wofür eine              Planungsunsicherheit
                                                   angemessene Handhabe          schafft
                                                   gefunden werden muss
 Herausforderungen   Akzeptanz wichtig, Erfolg     Akzeptanz (vgl.               Akzeptanz (vgl.
 bei der Planung     abhängig von                  Schattenpreise), allerdings   Emissionssteuer) und
 und Anwendung       Unterstützung durch           gibt es mehr Beteiligte       darüber hinaus
                     Unternehmensführung,                                        Verständnisprobleme:
                     klaren politischen Rahmen,                                  anspruchsvolles Konzept;
                     Dialog/Zusammenarbeit                                       komplex in der Planung
                     der Bereiche                                                und Schulung für die
                     (Querschnittsinstrument)                                    Handhabung erforderlich
                                                   ggf. Integration externer     ggf. Integration externer
                                                   Preise                        Preise
                                                   Berücksichtigung              Berücksichtigung
                                                   steuerlicher Aspekte          steuerlicher Aspekte

Abbildung 6: Bewertung der möglichen Instrumente

13
Interne Bepreisung von CO2                                         Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

4. Rahmenbedingungen                                                    und               Stand                   der
   Umsetzung
Weltweit gibt es verschiedene regionale und nationale THG-Emissionshandelssysteme, die auf eine
Bepreisung von CO2 und anderen THG-Emissionen abzielen. Sie unterscheiden sich u. a.
hinsichtlich der einbezogenen THG-Emissionen und Sektoren sowie ihrer relativen Menge an
Verschmutzungszertifikaten, Preisspannen und der Länge der Handelsperioden. Das EU-ETS ist
unter Einbeziehung der 28 Mitgliedstaaten der EU das größte und einzige supranationale
Emissionshandelssystem weltweit. Nationale Handelssysteme gibt es daneben in der Schweiz, in
Kasachstan, Neuseeland und Südkorea. In Japan, Kanada und den USA verfügen einzelne
Bundesstaaten bzw. Präfekturen über eigene Handelssysteme, darunter die Regional Greenhouse
Gas Initiative (RGGI), die derzeit neun US-Bundesstaaten umfasst. In China existieren derzeit in
acht Provinzen Emissionshandelssysteme als Piloten für eine geplante nationale Einführung.
Darüber hinaus haben drei Staaten (Kolumbien, Mexiko und Ukraine) und zwei weitere US-
Bundesstaaten konkrete Pläne für die Einführung vorgelegt.

Der CDP-Report 2017 bietet einen Überblick über den weltweiten Stand der Umsetzung der
internen CO2-Bepreisung.40 Demnach nutzen insgesamt 607 Unternehmen eine Form interner
CO2-Bepreisung. Insgesamt 782 Unternehmen haben gegenüber CDP angegeben, ein solches
Instrument innerhalb der kommenden zwei Jahre einführen zu wollen. Ausgehend von der
Marktkapitalisierung ist das Instrument innerhalb der Unternehmen, die sich am CDP beteiligen,
am häufigsten in den Branchen Utilities, Energy und Materials verbreitet.

In Europa haben gemäß CDP-Report 255 Unternehmen einen internen CO2-Preis implementiert.
Dabei sticht das Vereinigte Königreich mit 122 Unternehmen hervor. Die jeweils angegebenen
Preise unterscheiden sich sehr stark – sowohl bezogen auf die Gesamtheit der Unternehmen als
auch innerhalb der ausgewiesenen Branchen. Manche Unternehmen haben eine Preisspanne oder
sogar mehrere Preise angegeben. Daraus wird deutlich, wie unterschiedlich eine interne CO 2-
Bepreisung ausgestaltet werden kann.

Schattenpreise werden im Vergleich zu Emissionsabgaben generell höher angesetzt. Mögliche
Gründe dafür sind, dass die direkten finanziellen Belastungen möglichst gering gehalten werden
sollen und zukünftige Kohlenstoffpreise bzw. Klimarisiken als höher eingestuft werden. 41 Je nach
Branche      können       tendenziell      unterschiedliche        vorherrschende         Bepreisungsansätze          und
Durchschnittpreise festgestellt werden: Je energieintensiver, desto einfacher ist der Ansatz
(Schattenpreis in strategischer Planung bzw. nur zur Bewertung von Investitionen).

40
   „Putting a price on carbon – Integrating climate risk into business planning”, CDP (2017), https://b8f65cb373b1b7b15feb-
c70d8ead6ced550b4d987d7c03fcdd1d.ssl.cf3.rackcdn.com/cms/reports/documents/000/002/738/original/Putting-a-price-
on-carbon-CDP-Report-2017.pdf?1507739326, aufgerufen am 17.12.2019
41
   „Executive Guide to Carbon Pricing Leadership: A Caring for Climate Report”, UN Global Compact (2015),
https://www.unglobalcompact.org/docs/issues_doc/Environment/climate/CarbonPricingExecutiveGuide.pdf, aufgerufen am
22.02.2019

14
Interne Bepreisung von CO2                                           Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Weniger THG-intensive Unternehmen streben Klimaneutralität über Emissionsabgaben bzw.
Emissionskompensation an.42

Die Beweggründe dafür, ein internes Emissionshandelssystem einzuführen, haben sich verändert:
In Vorbereitung auf das EU-EHS wurden interne Emissionshandelssysteme umgesetzt, um erste
Erfahrungen zu sammeln und die Reputation zu verbessern; derzeit werden sie vorrangig von
emissionsintensiven Unternehmen angewendet, die an einem externen Emissionshandelssystem
teilnehmen. Dementsprechend ist ihr Hauptinteresse die kosteneffiziente Emissionsreduktion.43

42
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S. S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
43
   „Combating Climate Change trough Organisational Innovation. An empirical analysis of internal emission trading
schemes”, Hörisch, J. (2013), in Corporate Governance 13 (5)

15
Interne Bepreisung von CO2                                           Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

5. Einführung   eines                                               unternehmensinternen
   Emissionspreises
5.1 Entwicklung einer Klimastrategie als Grundlage

Voraussetzung für eine interne Bepreisung (insbesondere für Emissionssteuer und -handel) ist die
Bewertung der eigenen Klimaauswirkungen (Erfassung und Dokumentation der Emissionen), die
oft bereits vorhanden ist (z. B. wegen Teilnahme am EU-EHS oder Emissionsberichterstattung an
CDP).44 Falls diese Bewertung noch vorgenommen werden muss, können Standards wie das GHG-
Protokoll oder der ISO-Standard helfen. Daraufhin sollten Emissionsreduktionsziele abgeleitet und
festgehalten werden, wobei es wichtig ist, die Balance zwischen dem Bekenntnis zum Klimaschutz
und der Machbarkeit zu wahren.45 Ein Ansatz zur Definition von Klimazielen liegt in den
sogenannten „Science Based Targets“. Diese sehen vor, dass Unternehmen ihre Klimaziele im
Einklang mit dem 2-Grad-Celsius-Ziel des Pariser Klimaabkommens bestimmen. Derzeit haben
sich weltweit 732 Unternehmen dazu bekannt, diesem Vorgehen zu folgen. Davon haben 312
konkrete Ziele eingereicht, die von der Science Based Target Initiative geprüft und anerkannt
wurden.46 Letztendlich sollte festgelegt werden, welche Absicht mit der Bepreisung verfolgt wird
und welches das beste Instrument für die individuelle Situation darstellt (siehe

Bewertung der        möglichen Instrumente). Bei der Einführung eines internen CO2-Preises
existieren eine Reihe von Herausforderungen, auf die in den nachfolgenden Unterkapiteln
eingegangen wird:

 Scope der Bepreisung             Entscheidung, ob Scope-3-Emissionen (indirekte Emissionen) ebenfalls in die
                                  Betrachtung einbezogen werden sollen und – falls ja – wie sich dies mit
                                  vertretbarem Aufwand realisieren lässt

 Preisfindung                     Definition eines belastbaren Preises mit „Förderwirkung“ für klimabezogene
                                  Maßnahmen, der die betroffenen Bereiche jedoch nicht überlastet
 Betrachtung                      Verhinderung einer „überflüssigen“ Preisgestaltung, die bei Erreichung bzw.
 bestehender                      Umsetzung bereits geplanter Ziele und Maßnahmen keine Lenkungswirkung
 Zielsetzungen                    mehr entfaltet

 Datenverfügbarkeit               Verfügbarkeit von Emissionsdaten für die Kostenzuordnung und
 und -qualität                    Investitionsentscheidungen (speziell für Scope-3-Emissionen) sowie
                                  hinreichende Datenqualität, um unterschiedliche Optionen sinnvoll bewerten
                                  zu können

 Buy-in interner                  Berücksichtigung des zusätzlichen Arbeitsaufwands für alle Beteiligten im
 Stakeholder                      Unternehmen – CO2-Bepreisung kommt häufig „on top“

 Operationalisierung              Integration des CO2-Preises in das „Tagesgeschäft“: Definition zu nutzender
                                  Tools und Abstimmung von Verantwortlichkeiten; Abgrenzung relevanter zu
                                  betrachtender Einheiten, Prozesse und/oder Investitionsentscheidungen unter
                                  Berücksichtigung des Wesentlichkeitsprinzips

44
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S. S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
45
   „Umweltmanagement und Emissionsrechtehandel. Eine Untersuchung der strategischen und organisatorischen
Bewältigung einer neuen Aufgabenstellung im Rahmen umweltorientierter Unternehmensführung“, Hermeier, A. (2007),
Rainer Hampp Verlag, München
46
   https://sciencebasedtargets.org/companies-taking-action/, aufgerufen am 20.01.2020

16
Interne Bepreisung von CO2                                           Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Abbildung 7: Herausforderungen bei der Einführung eines internen CO2-Preises
Bei der Bestimmung des Preises sollten verschiedene Preiselemente berücksichtigt werden. So
kann     z. B.    zwischen       Vermeidungskosten            (Mitigation)       und     Schadenskosten          (Adaption)
unterschieden und Benchmarks gesetzt werden. Abbildung 8 zeigt beispielhaft den idealtypischen
Ablauf zu Bestimmung des internen Preises:

 • Schattenpreise:                        Festlegung der          • Förderung von
   Entscheidungsebene                       Zahlungs-               Klimaschutzprojekten
   und Art von                             modalitäten            • Bestimmung der
                                                                                                              Bestimmung des
   Projekten (z. B. nur                                             Kriterien für geförderte                  internen Preises
   größere Projekte)             • bei
                                   Schattenpreisen                  Projekte und Art von
 • Emissionssteuer:                                                 Maßnahmen: interne
   Produkte, Länder                nicht erforderlich
                                                                    Klimaschutzprojekte,
   oder Abteilungen;             • Emissionssteuer:
                                                                    Einkauf von                       • Orientierung an Kosten
   Übernahme                       Orientierung an
                                                                    erneuerbaren Energien               durch
   bestehender                     bestehenden
                                                                    oder Kompensation                   Emissionsverursachung
   Verwaltungs- oder               Systemen;
                                   Abbuchung im                   • dabei Einhaltung der                (Schadenskosten)
   Berichtssysteme
                                   Voraus oder                      klassischen Reihenfolge           • Orientierung an Kosten
 • Emissionshandel:                                                 des Klimaschutzes:                  der Emissionsvermeidung
   je mehr Teilnehmer,             nachträglich möglich
                                                                    Vermeidung vor                      (Vermeidungskosten)
   desto besser;                 • Emissionshandel:
                                                                    Reduktion vor                     • Orientierung an Preisen
   Zulässigkeit externer           Orientierung an
                                                                    Kompensation                        des Umfelds
   Handelssysteme                  externem Handel
   oder Kompensation               und Entscheidung                                                     (Benchmarks)
                                   über die Verteilung                                                • (Details siehe unten)
                                   der Zertifikate
                                   (Auktion, fester
                                   Preis, kostenlose
         Festlegung der            Ausgabe)                               Festlegung der
            Grenzen                                                    Investitionsstrategie

Abbildung 8: Idealtypischer Ablauf zur Einführung des internen Preises

5.2 Festlegung der Grenzen

Die Grenzen des Instruments sollten sich an den vorher festgelegten Emissionszielen und
Bepreisungsabsichten orientieren:47

     •    Bei Schattenpreisen muss die Entscheidungsebene (Investitionsentscheidungen oder
          übergeordnet in strategischer Planung, Risikomanagement) festgelegt werden und die Art
          von Projekten, bei denen sie zur Anwendung kommen sollen (z. B. nur größere Projekte).48
     •    Eine Emissionssteuer kann für einzelne Produkte, Länder oder Abteilungen eingeführt
          werden. Hier bietet es sich zur Aufwandsreduzierung an, bestehende Verwaltungs- oder
          Berichtssysteme zu nutzen und deren Grenzen zu übernehmen.49

47
   „The Microsoft carbon fee: theory & practice. The what, why and how of Microsoft's efforts to drive cultural change”,
DiCaprio, T. (2013), Microsoft Corporation
48
   „Emerging Practices in Internal Carbon Trading: A Practical Guide” Abe, T.; Bravinder, J. L.; Goodrich, S. S.; Lavos, S.;
Leiser, A. (2015), WBCSD, http://wbcsdpublications.org/wp-content/uploads/2015/11/Leadership-2015-
Emerging_Practices_in_Internal_Carbon_Pricing.pdf, aufgerufen am 21.02.2019
49
   „The Microsoft carbon fee: theory & practice. The what, why and how of Microsoft's efforts to drive cultural change”,
DiCaprio, T. (2013), Microsoft Corporation

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Interne Bepreisung von CO2                                          Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

     •    Ähnlich ist es beim Emissionshandel, wobei hier zu beachten ist, dass ein Handelssystem
          umso effizienter gestaltet werden kann, je mehr unabhängig wirtschaftende (klar
          abgrenzbare Emissionen und Kosten) Handelsteilnehmer (Standorte, Abteilungen etc.)
          integriert      sind.     Außerdem         muss       entschieden          werden,       inwiefern       externe
          Emissionshandelssysteme und Emissionskompensation zulässig sind.                        50

Verursachungsgerechte Zuordnung der Emissionen

Sollen verschiedene Bereiche oder Produkte bei der CO 2-Äq-Bepreisung berücksichtigt werden,
stellt sich innerbetrieblich die Frage, wie die aus der Investition, dem Prozess oder dem Produkt
resultierenden CO2-Äq-Emissionen verursachungsgerecht verteilt werden. Die Aufteilung der CO2-
Äq-Emissionen von Prozessen oder Produkten ist auf der Basis technischer oder ökonomischer
Parameter möglich. Grundlegend gilt, dass die physisch-technische Aufteilung gegenüber der
ökonomischen zu bevorzugen ist.51

Sollen beispielweise die CO2-Äq-Emissionen eines Fahrzeugs auf verschiedene Sendungen verteilt
werden, sollte die Allokation dieser CO2-Äq-Emisisonen über die zurückgelegten Tonnenkilometer
der Sendungen erfolgen.52

                                              Sendung A         1.400 tCO2-Äq*0,55

                         55% tkm

     Fahrzeuge mit
     1.400 tCO2-Äq

                         45% tkm
                                              Sendung B         1.400 tCO2-Äq*0,45

Abbildung 9: Beispiel für die Zuordnung von Emissionen

Insbesondere            bei        Prozessen,          in       denen            mehrere        Produkte          anfallen
(Koppelproduktionsprozesse), ist zu entscheiden, auf welche Outputs die CO2-Äq-Emissionen
zu verteilen sind. Soll zum Beispiel der CO2-Äq-Gehalt einer MWh Strom aus einem GuD-Kraftwerk
bestimmt werden, fällt neben dem Strom Abwärme an. Eine Möglichkeit ist die vollständige
Anrechnung der Emissionen auf den Strom. Sinnvoller wäre jedoch eine technische Allokation der
CO2-Äq-Emissionen auf Strom und Wärme anhand der erzeugten KWh. Ökonomisch kann die
Zuteilung der CO2-Äq-Emissionen über die Bewertung der Verkaufspreise der verschiedenen
Outputs Strom und Wärme erfolgen. Eine dritte Möglichkeit ist die Erweiterung der Systemgrenzen
bzw.     die   Gutschriftenmethode.          Dabei     werden die          vermiedenen       CO2-Äq-Emissionen           der
Wärmeproduktion der Stromproduktion als Gutschrift zugerechnet bzw. entsprechend weniger
CO2-Äq-Emissionen angerechnet.53

50
   „Auswirkungen des Emissionshandels auf das strategische Management“, Glock, D. (2003)
51
   „Product Life Cycle Accounting and Reporting Standard”. World Resources Institute and World Business Council for
Sustainable Development (2011)
52
   „Carbon Footprint-Teilgutachten. Monitoring für den CO2 -Austoß in der Logistikkette.” Umweltbundesamt (2012)
53
   „Treibhausgasbilanzierung von Lebensmitteln (Carbon Footprints): Überblick und kritische Reflektion“. Grünberg, J.;
Nieberg, H.; Schmidt, T. (2010)

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Interne Bepreisung von CO2                                        Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Die   interne     CO2-Bepreisung         setzt    häufig     an   definierten      Organisationsfunktionen          oder
Geschäftseinheiten im Unternehmen an. Dabei kann es passieren, dass die Funktion, in der die
Emissionen anfallen, nicht diejenige ist, die wesentlichen Einfluss auf das Zustandekommen der
Emissionen hat, und der Verursachungsprozess und die organisatorische Einheit auseinanderfallen
(beispielsweise bei Emissionen aus einer Dienstwagenflotte, die vom Facility-Management
verwaltet, überwiegend jedoch vom Vertrieb genutzt wird). Unter diesen Umständen kann eine
ökonomische Allokation (vergleichbar mit dem Gemeinkostenansatz) sinnvoll sein.

Generell sollte die Bepreisung möglichst nah bei den verantwortlichen Verursachern stattfinden
(damit     die   finanzielle     Belastung       direkt    bemerkt     wird),    aber     unter    Begrenzung        von
verwaltungstechnischem Aufwand (evtl. Bepreisung auf übergeordneter Ebene).                         54

                                Direkte finanzielle
                                                                  Begrenzung von
                                  Belastung der
                                                                     Aufwand
                                   Verursacher

                               Bepreisung nah bei             Bepreisung evtl. auf
                                Verantwortlichen             übergeordneter Ebene

Abbildung 10: Balance zwischen verwaltungstechnischem Aufwand und möglichst spezifischer
Belastung

In der Praxis könnte ein vereinfachter Ansatz darin bestehen, die entstandenen Treibhausgase auf
der obersten möglichen Aggregationsstufe derjenigen (juristischen) Einheit zuzuordnen, welche
die Produktion bzw. den Handel eines Produkts letztendlich verantwortet bzw. in deren Namen das
Produkt an den Markt gegeben wird. Auf eine Aufteilung der Emissionen wird unter diesen
Umständen verzichtet.

Systemgrenzen: Was sind mögliche Scopes der Erfassung und Zuordnung?

Entsprechend dem GHG-Protokoll55 sind die Treibhausgase nach Scope 1, 2 und 3 zu erfassen,
wobei Scope 1 die direkten Treibhausgase umfasst, Scope 2 die indirekten, energiebedingten
Treibhausgase und Scope 3 alle weiteren indirekten Treibhausgase. Je nach Zielsetzung der CO2-
Äq-Bepreisung sind hier die Systemgrenzen zu wählen. Während bei der Investition in eine Anlage
oder bei Transportprozessen insbesondere Scope 1 und 2 relevant sind, ist bei Produkten der

54
   „The Microsoft carbon fee: theory & practice. The what, why and how of Microsoft's efforts to drive cultural change”,
DiCaprio, T. (2013), Microsoft Corporation
55
   „A Corporate Accounting and Reporting Standard“. World Resources Institute and World Business Council for Sustainable
Development (2004)

19
Interne Bepreisung von CO2                                        Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

Lebensweg („cradle to gate“ oder „cradle to grave“) zu bilanzieren. Sollen verschiedene
Bereiche/Abteilungen in einem Unternehmen ein CO 2-Budget erhalten, könnten im Bereich
Scope 3 beispielsweise Papier und Dienstreisen Teil der Systemgrenzen sein. Die Betrachtung von
Scope-3-Emissionen gewinnt insbesondere dann an Relevanz, wenn ein großer Teil der
Klimaauswirkungen des Unternehmens auf die Wertschöpfungsstufen außerhalb der eigenen
Unternehmenstätigkeit entfallen. Bezieht ein Unternehmen Ökostrom, sind nach dem GHG-
Protokoll zwei Bilanzen zu erstellen, einmal nach der ortsbasierten („location-based“) und einmal
nach der marktbasierten („market-based“) Methode.56 Der Netzansatz („location-based method“)
quantifiziert die Emissionen basierend auf Emissionsfaktoren für eine bestimmte geografische
Region. Der vertragliche Ansatz („market-based method“) quantifiziert die Emissionen basierend
auf       Emissionsfaktoren,      die    anhand       der   tatsächlich       entstandenen        Emissionen      eines
Energieerzeugers, von dem das Unternehmen vertraglich betrachtet Energie bezieht, errechnet
werden.

Insgesamt kann es bei jedem Instrument sinnvoll sein, im Rahmen eines Pilotprojekts die Grenzen
zunächst eng und die Bepreisung möglichst einfach zu halten.57

5.3 Festlegung der Zahlungsmodalitäten

Da bei Schattenpreisen keine realen Geldströme entstehen, ist es dort nicht erforderlich, ein
Zahlungssystem festzulegen.

Das Zahlungssystem für Emissionsabgaben sollte sich an bestehenden Systemen orientieren
(z. B. Abrechnung vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich) und die Zahlung kann grundsätzlich
nachträglich (auf der Basis von tatsächlichen Emissionen/Kosten) oder im Voraus (mithilfe von
Projektionen und Korrekturbuchungen) erfolgen.58

Bei       einem    Emissionshandelssystem               können       die    Zahlungen        in    Verbindung        mit
Handelstransaktionen über eine zentrale Handelsstelle ausgeführt werden, wodurch die
Teilnehmer selbstständig entscheiden können, ob sie Berechtigungen im Voraus oder je nach
Verursachung zum Zeitpunkt der Entstehung erwerben.59

Des Weiteren kann sich die Ausgestaltung der Zertifikate wiederum an denen eines externen
Handels orientieren: Zum Beispiel sollte ein Zertifikat die Berechtigung für eine Tonne CO2-Äq
darstellen      und   übertragbar       sein.   Zur    Verteilung       der    Zertifikate        bestehen    mehrere
Möglichkeiten:

      •     Grundsätzlich sollten sich im externen Handel involvierte Unternehmen auch an diesem
            orientieren, um Kompatibilität zu schaffen.

56
   Greenhouse Gas Protocol Scope 2 Guidance. An amendment to the GHG Protokol Coporate Standard”. World Resources
Institute and World Business Council for Sustainable Development (2015).
57
   „The Microsoft carbon fee: theory & practice. The what, why and how of Microsoft's efforts to drive cultural change”,
DiCaprio, T. (2013), Microsoft Corporation.
58
   „The Microsoft carbon fee: theory & practice. The what, why and how of Microsoft's efforts to drive cultural change”,
DiCaprio, T. (2013), Microsoft Corporation.
59
   „Chancen und Probleme des betriebsinternen CO 2-Zertifikatehandels – am Beispiel des Otto Versand, Hamburg“,
Trautwein, S. (2002), http://www2.leuphana.de/umanagement/csm/content/nama/downloads/download_publikationen/23-
8downloadversion.pdf, aufgerufen am 25.02.2019.

20
Interne Bepreisung von CO2                                          Dialogforum „Wirtschaft macht Klimaschutz“

     •    Ein Verkauf zu einem festen Preis gestaltet den Handel ähnlich einer Steuer und lässt kein
          sicheres Preissignal zu.
     •    Eine kostenlose Vergabe kann die Akzeptanz erhöhen, gibt aber auch kein Preissignal.
     •    Bei einer Auktion wird zwar ein Preis dynamisch bestimmt, sie führt jedoch zu einer
          höheren Planungsunsicherheit bei den Einheiten und zum Erfordernis einer zentralen
          Handelsplattform.
     •    Ein Hybridsystem oder eine schrittweise Verstärkung des Preissignals ist möglich.60

5.4 Festlegung der Investitionsstrategie

Analog den Zahlungsmodalitäten benötigen Schattenpreise keine Investitionsstrategie. Wenn eine
Bepreisung durch Emissionsabgaben oder ein Handelssystem zu internen Einnahmen führt, sollte
eine Investitionsrichtlinie in die Klimastrategie eingearbeitet werden: Sinnvollerweise werden die
Gelder in die Förderung von Klimaschutzprojekten zur Erreichung der Emissionsreduktionsziele
investiert.

Die Richtlinie legt konkret fest, nach welchen Kriterien Projekte gefördert werden und welche Art
von Maßnahmen Vorrang haben soll: interne Klimaschutzprojekte, Einkauf erneuerbarer Energien
oder Kompensationsprojekte.61 Hierbei sollte die klassische Reihenfolge des Klimaschutzes
eingehalten werden: Vermeidung vor Reduktion vor Kompensation von Emissionen.

Grundsätzlich kann die Investitionsstrategie auf einer zentralen oder einer dezentralen
Finanzierung aufbauen. Bei der zentralen Finanzierung zahlen alle Unternehmensbereiche in
einen zentralen Einnahmentopf ein, aus dem wiederum nach definierten Kriterien Projekte in den
besagten Unternehmensbereichen gefördert werden. Dabei kann es durchaus zu einer
Umverteilung innerhalb des Unternehmens kommen (einige Bereiche zahlen mehr ein, als sie an
Mitteln für Klimaschutzprojekte erhalten). Bei der dezentralen Finanzierung dagegen verfügt jeder
Unternehmensbereich über einen eigenen Einnahmentopf, aus dem Klimaschutzprojekte für genau
diesen Bereich finanziert werden.

60
  „Auswirkungen des Emissionshandels auf das strategische Management“, Glock, D. (2003).
61
  „The Microsoft carbon fee: theory & practice. The what, why and how of Microsoft's efforts to drive cultural change”,
DiCaprio, T. (2013), Microsoft Corporation.

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