Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...

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Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
trifft

     Bericht über eine Internationale Jugendbegegnung

                 Jugendliche aus dem Projekt
             „Agua de Beber“ in Fortaleza/Brasilien
                          treffen sich mit
             Berliner Jugendlichen von den „tebras“
                        aus der ufafabrik

                       vom 26.7. – 6.8.2009

unterstützt von:
Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

Jugendarbeit international – Ein Erfahrungsbericht

Ich habe hier viele Menschen kennen gelernt, [..] und ich will noch         BMFSFJ und die Kreuzberger
mehr kennen lernen. Die große Herausforderung im Leben ist es,              Kinderstiftung, oder die organi-
zu lernen, mit jedem Typ Mensch zusammen zu leben. Ich glaube,              satorische, finanzielle und ideel-
das ist sehr wichtig für uns alle, zu lernen, mit jedem Typ Mensch          le Hilfe durch die Ufa-Fabrik.
gemeinsam leben zu können.                                                  Nicht zuletzt haben wir in
Garapa (21)– Teilnehmer der Internationalen Begegnung 2009, arbeitet seit   Deutschland ebenso wie in Bra-
mehreren Jahren ehrenamtlich für das „Kulturzentrum Agua de Beber“          silien Menschen kennen und
                                                                            schätzen gelernt, die durch ihr
Am Anfang steht eine Reise            tig an andere Jugendliche wei-        selbstloses Engagement einen
nach Brasilien. Von November          tergeben kann. Es sind Jugendli-      Beitrag zu diesem Projekt ge-
2006 bis Februar 2007 haben           che, die Interesse an fremden         leistet haben, der kaum in Worte
wir die Möglichkeit, im „Kul-         Kulturen haben, die begeistert        zu fassen ist.
turzentrum Agua de Beber“ ein         neue Menschen kennen lernen           Im Frühjahr 2009, über zwei
Theaterstück mit Jugendlichen         und bereit sind, sich über kultu-     Jahre nach dem ersten Kontakt
aus der Favela „Riacho Doce“,         relle Unterschiede hinweg mit         mit dem „Kulturzentrum Agua
einer Slum-Siedlung am Rande          anderen Menschen auszutau-            de Beber“, hatten wir die Chan-
der Zweimillionenstadt Fortale-       schen. Wir haben in langer Vor-       ce, durch einen weiteren Besuch
za, einzustudieren und aufzu-         arbeit ein Programm erarbeitet,       in Brasilien sechs Jugendliche
führen. Die Aufführung wird           das möglichst viele Säulen der        vor Ort auszuwählen, die wir
ein voller Erfolg,                                                                       schon vom unserem
und nach der Rück-                                                                       ersten     Aufenthalt
kehr entsteht der                                                                        kannten. Seanne(15),
Wunsch, das soziale                                                                      Jandersson(14), Vei-
Projekt, das unter                                                                       ga(19), Rogerio (14)
schwierigen Bedin-                                                                       Garapa (21) und Fe-
gungen      beeindru-                                                                    lipe (20) sind schon
ckende Jugendarbeit                                                                      über mehrere Jahre
leistet, auch weiter-                                                                    im Projekt integriert
hin zu unterstützen.                                                                     und haben sich in
Wie aber fördert                                                                         den letzten zwei Jah-
man Selbstvertrau-                                                                       ren durch ihr beson-
en, Eigenständigkeit                                                                     ders intensives En-
und kulturelle Welt-                                                                     gagement hervorge-
offenheit nachhaltig                                                                     tan. Sie nehmen Teil
und intensiv, über                                                                       an allen Aktivitäten
Ländergrenzen und kulturelle          Jugendförderung abdeckt; Sport,       des Projektes vor Ort. Capoeira,
Unterschiede hinweg? Mit der          Musik, Kultur und Bildung sol-        Tanzkurse, Aufführungen und
„Internationalen     Begegnung        len genau so wichtig sein wie         Workshops zu Drogenpräventi-
Berlin - Brasilien“ versuchen         der Spaß und das gemeinsame           on oder afro-brasilianischer Kul-
wir, unsere Antwort auf diese         Miteinander. Wir haben wichti-        turgeschichte sind nur ein klei-
Frage zu finden. Wir haben Ju-        ge Partner gefunden die bereit        ner Teil der Arbeit von „Agua de
gendliche in Brasilien und            sind, uns zu unterstützen. Sei es     Beber“. Die sechs Jugendlichen
Deutschland ausgewählt, die in        die Trägerschaft durch den Ver-       leiten teilweise schon selbststän-
soziale Projekte eingebunden          band für sozial-kulturelle Arbeit     dig Kurse für die jüngeren Teil-
sind, in der Hoffnung, eine           e.V. mit seiner langen Erfahrung      nehmer und versuchen, das Ge-
Peer-Group zu fördern, die ihre       in der Jugendarbeit, die finanzi-     lernte weiterzugeben. Keiner der
Erfahrungen möglichst vielfäl-        elle Unterstützung durch das          sechs war bisher außerhalb Bra-

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Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

siliens, die meisten nicht einmal   proben, spielen, trainieren, ge-    Stunden später haben die
außerhalb des Bundesstaates         meinsam wohnen und andere           freundlichen Damen vom Ge-
'Ceara'.                            Menschen kennen lernen. Trotz       päckservice festgestellt, dass die
Wir haben versucht, die Ju-         der omfangreichen Vorbereitung      Koffer noch auf dem Pariser
gendlichen gezielt auf den Kul-     blieben aber viele Frage offen:     Flughafen liegen, sie würden
turschock          vorzubereiten.   Wie läuft eine Internationale Be-   mit der nächsten Maschine nach
Schließlich sollten sie nicht nur   gegnung dann tatsächlich ab?        Berlin kommen. Wir fahren also
in ein völlig fremdes Land flie-    Werden sich die Jugendlichen        ohne Gepäck aber trotzdem zu-
gen und ihre eigene Kultur re-      verstehen; wie wird die Sprach-     versichtlich, gemeinsam in die
präsentieren, sondern sie wür-      barriere überwunden? Wird es        Ufa-Fabrik.
den in Deutschland auch eine        Schwierigkeiten geben und wie       Aus den Abschlussinterviews mit
völlig andere soziale Schicht       werden wir damit umgehen?           den brasilianischen Jugendli-
und andere Lebensumstände           Auch wenn der VskA schon öf-        chen:
kennen lernen.                      ter sehr erfolgreiche Jugendrei-    „Ich hatte mir nicht vorgestellt,
Auf der anderen Seite stehen        sen durchgeführt hat – Brasilien    dass ich euch bei unserer An-
die „Tebras“. Über einen glück-     ist Neuland und der Kultur-         kunft so glücklich sehen würde.
lichen Zufall lernten wir die       schock könnte größer kaum           [...] Ich sah schon in euren Ge-
sieben deutschen Jugendlichen       sein. Letztendlich können uns       sichtern die frohe Spannung,
kennen. Unter der Leitung von       nur ein Blick auf das Geschehe-     dass wir schnell durch die Glas-
Mani Spaniol, eingebunden in        ne und die Antworten der Ju-        tür gehen sollen und man end-
das Kulturzentrum Ufa-Fabrik        gendlichen unsere Fragen beant-     lich miteinander sprechen könn-
in Berlin-Tempelhof haben die       worten. Begeben wir uns also        te. Das war einfach toll!“
Jugendlichen viele Jahre Per-       auf eine Reise durch zehn phan-
cussionerfahrung. Dass die          tastische Tage, die mit einem
Deutschen schon einige ge-          nervösen Bauchkribbeln am
meinsame Auslandsreisen mit         Flughafen Tegel beginnt.
Auftritten (u.a. auf dem Inter-
nationalen Zirkusfest in Ba-        Sonntag 26.07.09
ttambang, Kambodscha) er-
folgreich hinter sich gebracht      Heute ist es endlich soweit.
hatten, bestärkte uns in der Ent-   Nach über einem Jahr der Vor-
scheidung, die Gruppe intensiv      bereitung sollen die sechs Ju-
in das Projekt einzubinden. Als     gendlichen in Berlin Tegel lan-      Schrecksekunde: Wo sind die Kof-
glückliche Fügung ergab sich,       den. Gemeinsam mit einigen der        fer ? In Sao Paulo ? In Paris ?
dass sich die                                         deutschen
Ufa-Fabrik                                            „Tebras“ tref-    Nach einem gemeinsamen Mit-
bereit erklär-                                        fen wir uns       tagessen in der Ufa-Fabrik folgt
te die Ju-                                            am Flughafen      die Kennenlern-Runde. Überra-
gendlichen                                            Tegel, aufge-     schenderweise haben die Grup-
vor Ort un-                                           regt,    ange-    pen von Anfang an kaum
terzubringen.                                         spannt     und    Schwierigkeiten, sich zu ver-
Das 18.566                                            (natürlich)       ständigen. Die Sprachbarriere
Quadratme-                                            mit Brasilien-    wird schon am Flughafen mit
ter      große                                        flagge,     um
Projektgelän-                                         die Brasilia-
de mit der Idee „verschiedene       ner willkommen zu heißen.
gesellschaftliche Bereiche wie      Dann ist es soweit, die sechs Ju-
Wohnen, Arbeit, Kultur, Kreati-     gendlichen kommen durch die
vität und soziales Leben sinn-      Glastür und nach der stürmi-
voll miteinander zu verbinden“      schen Begrüßung folgt die erste
erschien uns als perfekter Ort.     Ernüchterung: Das Gepäck ist
Hier könnten die Jugendlichen       nicht angekommen! Eineinhalb
                                                                        Jungs beim Erkunden des Geländes

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

Händen und Füßen zu über-                                                  Mani und Sara, unsere musikali-
winden versucht, und auch              Montag 27.07.09                     schen Leiter, führen souverän
wenn wir bei der Vorstellungs-                                             durch die nächsten Stunden ge-
runde natürlich dolmetschen            Am ersten Tag wollen wir die        meinsamer Probe und sind sicht-
müssen, besteht vom ersten             Jugendlichen noch nicht über-
Moment an das Gefühl, es ent-          fordern und machen als Betreuer
wickele sich eine Gruppendy-           das Frühstück, während die Bra-
namik, in der die Jugendlichen         silianer von den deutschen Ju-
wie selbstverständlich Kontakt         gendlichen lernen, dass es in
zu einander finden. In der Pause       Deutschland warmes (Trink-)
                                       Wasser aus der Leitung gibt und
                                       das Toilettenpapier hier nicht im
                                       Eimer gesammelt werden muss.
                                       Es folgt die erste gemeinsame
                                       Probe. Mani und Sara geben          lich begeistert.
                                       beiden Gruppen eine halbe           Nach dem Mittag machen wir
                                       Stunde Zeit, um sich gegenseitig    uns auf den Weg, Berlin zu er-
                                       zu präsentieren, damit sich alle    kunden. Ein erstes Highlight
    Ein Toast auf die IB 2009          auch musikalisch kennen lernen.     kommt eher unerwartet, da kei-
                                       Die „Tebras“ fangen an und ver-     ner der Brasilianer in seinem
werden schon selbstständig die         setzen die Gruppe aus Fortaleza     Leben bisher eine U-Bahn gese-
ersten     Percussionsrhythmen         in Erstaunen: Es hat wohl keiner
ausgetauscht und noch vor              der Brasilianer damit gerechnet,
Ende der Begrüßungsrunde ist           ausgerechnet auf deutsche Ju-
die Idee für ein gemeinsames           gendliche zu treffen, die auf ei-
Stück geboren, das es schließ-         nem so hohen Niveau die süd-
lich sogar in die Show
schaffen wird. Anschlie-
ßend heißt es, das weit-
läufige Gelände der Ufa-
Fabrik und die nahe Um-                                                    hen hat.
gebung zu erkunden. Ob-                                                    Es wird auf der ganzen Fahrt
wohl sich nach dem aus-                                                    durch Berlin-Mitte fleißig foto-
gedehnten Spa-                                                             grafiert, gelacht und herumge-
ziergang     bei                                                           blödelt. Jonglage auf dem Alex-
den Brasilia-                                                              anderplatz, Akrobatik vor dem
nern die erste                                              amerikani-     Berliner Dom und die Kultur
Reisemüdigkeit                                              sche Rhyth-
bemerkbar                                                   musvielfalt
macht,      sind                                            beherr-
sich alle einig,                                            schen.
noch spontan                                                Dann wer-
das abendliche                                              den die Sei-
Ska-Konzert in                                              ten gewech-
der Ufa-Fabrik zu besuchen.            selt, und diesmal haben die
'Aproveitar o maximo!' ('So viel       Deutschen vor Staunen offene
wie möglich genießen!'): ein           Münder. Die kurze Präsentation,     kommt auch nicht zu kurz, denn
Ausruf, den wir in den folgen-         ein Mix aus Capoeira-Körper-        die Gruppe lässt sich begeistert
den Tagen noch öfter zu hören          kunst, afro-brasilianischer Kul-    Info-Tafeln erklären, Schilder
bekommen werden.                       turgeschichte, Musik und Stock-     übersetzen und Gebäude zeigen.
                                       tanz, versetzt alle in Begeiste-    Es ist immer wieder überra-
                                       rung.                               schend wie schnell die Jugendli-

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

chen neue Ideen bekommen,             war wirklich toll.“                 Weg in das „Forum Brasil“ am
um aus einem 'normalen Stadt-                                             Kreuzberg. Der dortige Filmvor-
spaziergang' einen unvergessli-       Die      Ju-                                   trag von Marcia Go-
                                      gendlichen                                     mes de Oliveira und
                                      haben be-                                      Norbert        Gregor
                                      schlossen                                      Suchanek „Die Gua-
                                      heute Mit-                                     raní Mbyá - die letz-
                                      tag selbst                                     ten Nomaden des At-
                                      Pizza      zu                                  lantischen Regenwal-
                                      backen und                                     des“ stößt auf reges
                                      vor allem                                      Interesse, da auch die
                                      die brasilia-                                  Brasilianer      noch
chen Ausflug zu machen.               nischen Jugendlichen sind über-     nicht viel über diesen Indianer-
                                      rascht „wie einfach Pizza ma-       stamm gehört haben. Fast ein-
Dienstag 28.07.09                     chen eigentlich ist“. Nachmit-      einhalb Stunden tauschen wir
                                      tags steht Capoeira auf dem Pro-    uns mit dem deutsch-brasiliani-
Die morgendliche Probe ver-           gramm. Die deutschen „Tebras“       schen Paar über Umweltschutz,
läuft heute ähnlich enthusias-        kämpfen sich durch ein von den      Indianerrechte und die Grund-
tisch wie gestern. Mit immer          Brasilianern         angeleitetes   sätze der menschlichen Zivilisa-
noch wachsender Begeisterung          schweißtreibendes Training, ler-    tion aus, bevor wir uns auf den
werden unter Mani's Aufsicht          nen Grundschritte, erste Aus-
weitere Details der Show aus-
gearbeitet.

Veiga: Das Maculele [Afro-
brasilianischer Stocktanz, Anm.
d. Verf.], das war etwas, was
ich gezeigt habe und ich dach-
te,, das würde niemand so
schnell lernen. Ich habe einen                                             Norbert und Maria Suchanek mit
Teil [einer bekannten Choreo-                                                          Garapa
grafie, Anm. d. Verf.] [….]der
Gruppe gezeigt und sie haben                                              Weg zum nahe gelegenen
es gleich kapiert. Ich war sehr                                           Kreuzberg machen.
glücklich hier mit den Leuten                                             Der atemberaubende Anblick
vom Austausch. Jan, Tim, die                                              von Berlin bei Nacht wird be-
                                                                          wundert und wir beenden den
                                                                          Tag auf Berliner Art in der Kult-
                                                                          Würstchenbude „Curry 36“ mit
                                                                          scharfer Currywurst und Pom-
                                                                          mes.

    Ausgelassene Probenpause

Mädchen, alle haben wirklich
trainiert und echt schnell ge-
lernt. Damit haben wir echt           weichbewegungen und die
nicht gerechnet, aber sie             rhythmische Basis der Capoeira.
haben's schnell gelernt. Das           Abends machen wir uns auf den

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Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

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                                                                          en noch nicht sehr verbreitet. Es
                                                                          wird interessiert nachgefragt;
                                                                          modernste Solartechnik, Grün-
                                                                          dächer und eine projektinterne

Mittwoch 29.07.09                     Begeisterte Zuschauer beim Trai-
                                            ning am Kreuzberg
Vormittags werden die Show-
proben fortgesetzt.                 schen Jugendlichen ein lan-
Anschließend gehen wir ins          destypisches
Kreativ- und Bildungszentrum        Essen zu, die
„Gelbe Villa“ in Kreuzberg          gewünschten
Die Gelbe Villa in Berlin ist ein   schwarzen
Projekt der Kinder- und Ju-         Bohnen     be-
gendstiftung Jovita, deren Ziel     kommen wir
es ist, Kinder und Jugendliche      in einem La-
unabhängig vom kulturellen, re-     den, der la-
ligiösen und sozial-familiären      teinamerikani-
Hintergrund kreativ zu fördern,     sche Speziali-
Talente und Interessen zu ent-      täten verkauft.
wickeln sowie Eigeninitiative       Große Überra-
und Motivation zu unterstützen.     schung gibt es
                                                    Ökologische Führung Wie funktioniert ein Block-Heiz
In der Villa gibt es auch das       über den Preis
                                                      Kraftwerk und was sind eigentlich Gründächer ?
Kinder- und Jugendrestaurant        der Bohnen,
"Fünf Jahreszeiten" , das in Ko-    da diese in Brasilien sehr viel
operation mit der Berliner Tafel    günstiger sind und fast täglich
e.V. betrieben wird. Hier be-       auf dem Speiseplan der Kinder
kommen Kinder und Jugendli-         und Jugendlichen stehen.
che gesunde und ausgewogene         Der Abend klingt danach in ei-
Mahlzeiten zu sehr günstigen        ner gemütlichen Runde aus, alle
Preisen angeboten.                  sind sehr müde vom anstrengen-
                                    den Programm.

                                    Donnerstag 30.07.09
                                    Es ist ein Tag vor der großen
                                    Präsentation, die Probe beginnt
                                    früh und ist intensiv, schließlich
                                    soll am morgigen Abend alles
                                    sitzen. Das Mittagessen fällt
                                    eher kurz aus, da wir für abends      Wasseraufbereitungsanlage – all
Weil allen das Capoeiratraining     ins „Rodizio“ am Kufürsten-           das hören die Brasilianer zum
am Tag zuvor so gut gefallen        damm eingeladen sind. Nach-           ersten Mal.
hat, entschließen wir uns, heute    mittags gibt es eine Führung im
noch einmal zu trainieren. Dies-    ökologischen Projekt der Ufa-         Abends haben wir dann ein kuli-
mal tun wir das draußen, am         Fabrik. Der eineinhalbstündige        narisches Highlight: Mani hat
Fuße des Kreuzbergs. Am             Vortrag beeindruckt die brasilia-     uns in die Churrascaria am Kur-
Abend bereiten die brasiliani-      nischen Jugendlichen. Nachhal-        fürstendamm          eingeladen.

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Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

Fleischreiche Kost, Bohnen,            Show ist ein Mix aus Percus-
Reis - Brasilianisches Essen           sion, Maculele (Stocktanz) und
mitten in Deutschland, das un-         Capoeira und reißt das Publi-
seren Jugendlichen tatsächlich         kum mit.
„original brasilianisch“ vor-          Rogerio: Auch sehr gut war der
kommt. Auch die Trommel-               Percussionunterricht mit Mani.
und Sambashow wird begeistert          Er ist ein toller Typ. Die Proben
beklatscht und besungen. Die           waren auch gut und die Auffüh-
Freude, auf Landsleute zu tref-        rung war auch Wahnsinn. Das
fen, ist sichtlich groß und natür-     ist wirklich sehr gut gewesen.
lich lassen es sich die Jugendli-      Genauso wie das ganze Pro-
                                       gramm!
                                       Am Ende wird applaudiert, es
                                       gibt eine Zugabe mit Standing
                                       Ovations, die Zuschauer tanzen
                                       vor der Bühne mit. Bevor die
                                       After-Show-Party beginnt, wer-
                                       den alkoholfreie Caipirinhas
                                       verkauft, und Gäste und Teil-       Samstag 01.08.09
                                       nehmer kommen ins Gespräch.
   Abendessen in Churrascaria          Schon am nächsten Tag können        Der Tag nach der Show: die
                                       sich die brasilianischen Familien   wichtigste und anstrengendste
                                       oder andere Interessierte, die      Etappe ist geschafft und die
chen nicht nehmen, einfach auf         nicht dabei sein konnten, einen     Gruppe ist schon eng zusammen
die Bühne zu stürmen und ge-           Zusammenschnitt der Show im         gewachsen.
meinsam mit den 'Tebras' Sam-          Internet ansehen. Stolz macht       Veiga:„ Was mir am besten ge-
ba zu tanzen.                          sich breit, irgendwann dann         fallen hat, war die Freund-
                                       auch Müdigkeit, und so geht ein     schaft mit den Jugendlichen aus
Freitag 31.07.09                       erfolgreicher Tag zu Ende.          dem Austausch. Das war echt
                                                                           das Beste. Es war eine super
Schon am Morgen macht sich                                                 Energie!“
Aufregung breit. Die Show                                                  Nach diesen anstrengenden Ta-
steht, nun heißt es nur noch:                                              gen haben sich alle ein wenig
proben, proben, proben. Auch                                               Erholung verdient. Ausgerüstet
in den Pausen lassen es sich die                                           mit großen Picknickkörben und
brasilianischen    Jugendlichen                                            Badesachen fahren wir „nischt
nicht nehmen, ihre Capoeira-                                               wie raus nach Wannsee“, ins
Solos immer wieder durchzuge-                                              Strandbad. Zum Glück haben
hen. Alle sind vom Ehrgeiz ge-                                             wir super Wetter. Dort wird ge-
packt und arbeiten Hand in                                                 badet, Volleyball gespielt, in der
Hand. Ein letztes Feilen an den                                            Sonne gelegen und Eis geges-
Kostümen, noch ein bisschen                                                sen. Und so lernen die brasilia-
abschließende Werbung vor den                                              nischen Mädchen und Jungen ei-
Toren der Ufa-Fabrik, dann                                                 nes der beliebtesten Naherho-
kommen schon langsam die                                                   lungsziele Berlins kennen. Auf
Gäste: Familien, Freunde, Be-                                              dem Rückweg werden die Mo-
kannte, Interessierte, andere                                              torräder auf der Berliner „Spin-
Künstler und Bewohner der                                                  ner-Brücke“ bewundert. Der
Ufa-Fabrik sind unter dem Pub-                                             Abend findet seinen Ausklang
likum. Das Licht bedienen Ca-                                              mit einem Lagerfeuer, an dem
rolin und Rebecka, die Teilneh-                                            wir Stockbrot, Würstchen und
merinnen aus Hannover. Die                                                 Marshmallows grillen. Werner,

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Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

der am Donnerstag die Ökofüh-         Veiga: Ich mochte auch die Auf-     arbeit tätig sind. Erst haben wir
rung gemacht hat, gesellt sich        nahme der CD. Damit hatte ich       Bedenken, weil ein leichter Nie-
mit seiner Gitarre dazu und wir       nicht gerechnet. Das war eine       selregen uns fast einen Strich
machen gemeinsam Musik.               Sache...puh...ich habe noch nie     durch die Rechnung macht. Wir
Garapa: In vielen Momenten            in meinem Leben eine CD auf-        beginnen deshalb mit einem
habe ich mich umgeschaut:             genommen, habe noch nie für         Kiezrundgang, bei dem Hella
„Mann, das hab ich bisher nur         eine CD-Aufnahme gesungen.          Pergande von Outreach und
im Film gesehen!“[ …]...auch          Ich war sehr nervös [...], ...oh    Gunter Groß, der Kletterlehrer,
als wir am Lagerfeuer saßen,          man!                                uns von ihrer Arbeit erzählen.
dachte ich mir: „Marshmal-            Am Nachmittag besuchen alle,        Die brasilianischen Jugendli-
                                      die Lust haben, die Aufführung      chen sind erstaunt, denn sie fin-
                                      einer anderen Jugendgruppe, die     den, dass die Umgebung nicht
                                      in der Woche auf dem Gelände        aussieht, als ob hier „arme“
                                      der Ufa- Fabrik geprobt und ein     Menschen leben, oder die Kin-
                                      Musical einstudiert hat.            der besonderer Förderung und
                                      Abends muss der Plan, in ein        Unterstützung bedürfen.
                                      3D- Kino zu gehen aufgrund
                                      eine Unwetterwarnung verwor-
                                      fen werden. So gibt es für alle
                                      einen Döner vom Imbiss um die
lows...ich sitze hier und esse        Ecke (allerdings für die meisten
Marshmallows. “                       „sem verdura“: 'ohne Gemüse',
                                      denn das ist bei brasilianischen
Sonntag 02.08                         wie auch bei vielen anderen jun-
                                      gen Menschen wohl nicht son-
Da das ursprünglich geplante          derlich beliebt!). Danach gucken
Brot backen nicht klappt, ma-         wir gemeinsam einen Film, der
chen wir stattdessen einen aus-       in Rio de Janeiro spielt. Aller-
giebigen Brunch, inzwischen           dings sind viele so müde, dass
erledigt die Gruppe alles selbst-     sie dabei schon einschlafen.
ständig. Den Plan, zu einer Ca-
poeira-Roda zu gehen, müssen          Montag 03.08.09
wir verwerfen, weil die CD-
Aufnahme fast den ganzen Vor-         Die Kraft, die am Wochenende           Ganz oben - Klettern ist Team-
und Nachmittag in Anspruch            getankt werden konnte, können                      sport
nimmt, dafür kann sich das Er-        alle gut gebrauchen. Der Tag be-
                                      ginnt mit einer Fahrt nach Berlin   Nach Abnahme des Regens wer-
                                      Schöneberg, in die Alversleben-     den wir ins Klettern eingeführt
                                      straße. Dort besuchen wir die       und lernen die Peerhelper Nadi-
                                      Streetworker von Outreach, die      ne, Yasmin und Ahmad kennen,
                                      in dem sozial benachteiligten       die uns sichern. Der Klettersport
                                      Quartier in der mobilen Jugend-     erweist sich auch für unsere
                                                                             sportlichen Jugendlichen als
                                                                             große Herausforderung, doch
                                                                             der Ehrgeiz treibt fast alle bis
gebnis aber sehen lassen.                                                    auf die Spitze des Kletterfel-
Es entsteht eine Capoeira-                                                   sens. Den Termin im Dro-
CD mit zehn Liedern, ein                                                     gennotdienst müssen wir lei-
tolles Andenken an die Be-                                                   der absagen, weil das Pro-
gegnung. Dank Mani und                                                       gramm für den Tag sonst zu
Sara ist die CD schon vor                                                    eng geworden wäre, denn am
der Abreise für alle fertig!                                                 Abend haben wir eine Einla-

                                                      7
Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

                      Mobile Straßensozialarbeit: „Outreach“ - Klettern in Schöneberg

dung in Köpenick. Dort treffen
wir auf eine Austauschgruppe
aus Udmurtien (Russland), die
zusammen mit deutschen Ju-
gendlichen skaten. Auf dem
Gelände vom 'Mellowpark', ei-
nem Skate- und Bike-Areal,
wird dann als erstes Fußball ge-
spielt, (Brasilien gewinnt 4:1).
Viel geskatet werden kann
aufgrund der nassen Half-
pipe nicht, aber unsere Ju-

                                                                            Dienstag 04.08.09
                                                                            Am Dienstag steht noch ein
                                                                            ganz besonderer Termin auf dem
                                                                            Programm: ein Fotoshooting im
                                                                            Atelier von Sportfotograf Felix
                                                                            Rachor am Kaiserdamm. Es ent-
                                                                            stehen Einzel- und Gruppenfo-
gendgruppe zeigt dafür                                                      tos, von denen Felix anschlie-
eine kleine Capoeirashow.                                                   ßend ausgewählte bearbeitet. An
Jandersson und Garapa wa-                                                   dieser Stelle sagen Bilder mehr
gen auf geliehenen Inline-                                                  als Worte:
Skates ihre ersten Fahrver-
suche. Danach wird der
Hunger am Grill gestillt.
                              Brasilien trifft Russland - in Deutschland

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Jugendliche aus dem Projekt "Agua de Beber" in Fortaleza/Brasilien Berliner Jugendlichen von den "tebras" aus der ufafabrik - Bericht über eine ...
Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

Am Abend machen wir noch ei-        gang im Park am Schloß Char-        Mani die fertigen CDs ausge-
nen Ausflug ins Zentrum. Wir        lottenburg .                        händigt (die Stücke laufen von
schauen uns den abends schön        Janderson (auf die Frage wel-       dann an auch als Hintergrund-
beleuchteten Potsdamer Platz        che Orte er an einen Freund         musik). Außerdem überreichen
an (dieser wird durch eine Ca-      weiter empfehlen würde):            die Jugendlichen Dankesge-
poeira-Einlage zur Bühne ge-        Ich würde ihm sagen, er soll        schenke an Mani und Sara, be-
macht, und wir ernten neugieri-     dass Schloss Charlottenburg be-     druckte Shirts, die sie von dem
ge Blicke von Passanten). Ei-       suchen, das ist sehr schön. Und     Geld bezahlt haben, das mit dem
nen besonders tiefen Eindruck       die Ufa-fabrik kennen zu lernen,    Caipirinhaverkauf am Tag der
hinterlässt allerdings das Denk-    die ist auch toll. Und die U-       Aufführung eingenommen wur-
mal für die ermordeten Juden.       Bahn fand ich gut.                  de.
Sehr interessiert stellen die Ju-   Irgendwann      müssen
gendlichen Fragen zur deut-         wir dann aber doch zu-
schen Geschichte.                   rück, einige Koffer
                                    müssen noch gepackt
Mittwoch 05.08.09                   und die Zimmer aufge-
                                    räumt werden. Außer-
Am letzten Tag gilt wie auch        dem haben wir Zeit für
die anderen Tage der Grundsatz      ausgiebige Einzelfeed-
„aproveitar o maximo“. Die Ju-      backgespräche einge-
gendlichen möchten unbedingt        plant, bei denen wir
noch einmal zum Reichstag.          besonders nachfragen,
Da wir wieder gutes Wetter ha-      was gut gelaufen und
ben, lassen wir uns vor dem         was noch verbesserungswürdig        Sehr witzig ist, wie die Kommu-
Reichstag auf der Wiese nieder.     ist. Danach sind wir bei Mani       nikation inzwischen funktio-
Auch hier wird wieder Capoeira      und Sara zu Hause zum Ab-           niert. Unglaublich viele Voka-
gespielt. Gelegentlich gesellen     schiedsessen eingeladen. Es gibt    beln wurden in so kurzer Zeit
sich Passanten zu uns und las-      „Feijoada“, ein aufwendiges         gelernt, die einen oder anderen
sen sich erzählen, was wir denn     brasilianisches Nationalgericht,    kurzen Gespräche klappen auf
da treiben oder machen sogar        Salat und Grillfleisch. Dazu        Deutsch. Es fließen viele Freu-
mit. Danach machen wir noch         gibt es alkoholfreies Bier. An      dentränen an diesem letzten
einen Abstecher zum Ernst-          diesem Abend bekommen alle          Abend und es wird schon vom
Reuter- Platz, spazieren über       Teilnehmer von Dr. Herbert          Wiedersehen in der Zukunft ge-
das Gelände der Technischen         Scherer vom Verband für sozial-     träumt.
Universität, denn von einem der     kulturelle Arbeit e.V. Teilneh-     Janderson: „Ich finde, wir ha-
Gebäude hat man aus der Cafe-       merurkunden verliehen und von       ben das sehr gut hin bekommen.
teria in der 20. Etage eine wun-                                                           Mit     Mimik
derschöne Aussicht über das                                                                und ein biss-
Stadtzentrum. Die vorletzte Sta-                                                           chen     Spa-
tion auf unserer Stadttour ist                                                             nisch,     ein
der Kurfürstendamm, wo wir                                                                 bisschen Eng-
uns die Gedächtniskirche und                                                               lisch     und
auf ihrem Vorplatz eine Break-                                                             Deutsch. Ich
danceshow ansehen. Da es ja                                                                denke,    wir
schon der letzte Tag ist, wird es                                                          haben     das
höchste Zeit, Andenken und                                                                 überwunden.
Mitbringsel einzukaufen. So                                                                Die Verstän-
kommt es dazu, dass viele                                                                  digung war
Bruchstücke der Berliner Mau-                                                              super!“
er sich auf eine lange Reise be-
geben. Den Ausflug beenden                         Teilnehmerurkunde für Seanne
wir danach mit einem Spazier-

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

 Garapa: „Wir haben es trotz-                                              spiel vom Respekt reden, den ei-
 dem [obwohl wir verschiedene         Was wirkt weiter ?                   ner für den anderen hatte. Ihr
 Sprachen sprechen, Anm. d..                                               Deutschen seid sehr pünktlich!
 Verf.] geschafft zu kommunizie-      Noch in den abschließenden Ge-       Die Erziehung ist sensationell.
 ren. [...] Das hab ich vor allem     sprächen merken wir, dass die        Ich habe auch die Unterschiede
 mit Mani und Sara gelernt. Ich       Jugendlichen tatsächlich viele       zwischen den Ländern kennen
 musste nichts von dem, was die       der Fragen, die wie anfangs hat-     gelernt. Berlin ist ziemlich an-
 beiden sagen, verstehen, um zu       ten auf ihre eigene Art beant-       ders. Ich würde gerne wieder
 fühlen, dass sie gute Menschen       worten. Wir möchten daher vor        kommen! Ich fand es toll hier!
 sind. Jeder Ausdruck, den Sara       allem sie zu Wort kommen las-        Ich will eigentlich gar nicht
 in ihrem Gesicht trägt, jedes        sen, um einen Eindruck über das      weg. Ich habe hier so viel ge-
 Lächeln, das sie einem schenkt;      Erlebte zu Geben.                    lernt wie möglich. Ich würde so
 an jeder Bemühung, die Mani          Es wird uns aber schon vor der       gerne wiederkommen.
 sich macht, um eine CD zu rea-       Abreise klar: Der Kulturschock       Florian: Ich habe noch eine
 lisieren oder eine Probe zu ma-      für die Jugendlichen war groß!       Frage. [...]Du hast jetzt erklärt,
 chen, daran fühle ich schon,         Aber die Unterschiede und neu-       was du gelernt hast. Was wür-
 dass sie gute Menschen sind.         en Erfahrungen wurden sehr po-       dest du den Menschen von die-
 Ich brauche wirklich nichts zu       sitiv aufgenommen.                   sem Austausch in Brasilien er-
 verstehen, um das zu fühlen.         Garapa (21): Ich habe hier vie-      zählen, was nimmst du mit für
 Und das gilt nicht nur für Mani      le Dinge aus Filmen gesehen. In      Erfahrungen.
 und Sara, sondern für alle           vielen Momenten habe ich mich        Seanne: Das ist ein bisschen
 hier...“                             umgeschaut: „Mann, das hab           schwierig. Aber ich werde so
                                               ich bisher nur im Film      viel wie möglich versuchen, den
                                               gesehen!“ Zum Bei-          Leuten dort vom Lebensstil hier
                                               spiel dieser Waffenla-      zu erzählen. Die Unterschiede
                                               den in der Straße. Ich      im Zusammenleben. Dass es
                                               dachte nur: „Waffen?        wichtig ist, Erziehung und Höf-
                                               An der Straße ?“            lichkeit zu zeigen. Zum Beispiel
                                               Florian: Wo kauft man       pünktlich zu sein. Dass man sich
                                               denn Waffen in Brasili-     akzeptiert und dass es wichtig
                                               en ?                        ist euch [die Betreuer, Anm. d.
                                               Garapa (21): Ich kaufe      Verf.] zu respektieren und auf
                                               doch keine Waffen!! So      euch zu hören. Und die Frage
                                               viele Sachen aus dem        der Pünktlichkeit! Bestimmt
                                               Fernsehen: Die U-           werde ich jetzt noch pünktlicher
                                               Bahn zum Beispiel!          sein als ich es bisher schon war.
Lohn der Mühen: der Moment des Abschieds       Wisst ihr, ich sehe viele   (lacht)
                                      Filme und ich stelle normaler-       Wir erfahren auch von der Über-
  Donnerstag 06.08.09                 weise Englisch mit portugiesi-       raschung der Jugendlichen, ha-
                                      schen Untertiteln ein. Und dann      ben sich doch viele 'Vorurteile'
  In aller Frühe brechen wir zum sagen die Leute: „ Hi! Hey!               nicht bewahrheitet. So lesen wir
  Flughafen auf, um 6:55 plan- Hello!“, so ist das im Film. Und            in einem der Briefe, die die Ju-
  mäßiger Abflug. Es ist, als gin- als ich hier ankam:„Hi! Hey!            gendlichen kurz vor ihrer Abrei-
  ge ein wunderschöner Traum zu Hello!“ und ich habe geantwor-             se verfasst haben:
  Ende. Wir hoffen alle: wir se- tet:„Hi! Hello!“, genau wie im            Hier in Deutschland angekom-
  hen uns wieder, und bis dahin Film. Oder auch ein Toaster!               men, war ich beeindruckt von
  haben zum Glück alle ihre Noch nie in meinem Leben habe                  der Gastfreundlichkeit und
  Email-Adressen ausgetauscht.        ich einen Toaster gesehen! So        Fröhlichkeit der Menschen, die
                                      viele Sachen aus dem Film, das       uns begrüßten,[sie] haben mir
                                      finde ich sehr lustig.               besonders [...] gefallen. Sie ha-
                                      Seanne (15): Ich habe viel ge-       ben meine Vorstellung, die ich
                                      lernt hier. Da kann ich zum Bei-     hatte, geändert. Ich dachte ich

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

würde hier auf kühle, arrogan-       eher ruhig. Aber das war auch       klappen!“ Elena, immer mit der
te Menschen treffen, doch im         toll. Alles war toll!               Ruhe! Es wird schon gut gehen.
Gegenteil: Ich traf auf fröhli-      Als größte Schwierigkeit hat        Obwohl ich das auch wieder
che, lustige Menschen, Men-          sich zu unserer Überraschung        verstehe, diese Frage der Ruhe,
schen mit einer guten Energie.       die Kommunikation mit den           weil es soviel zu organisieren
Ich glaube, das ist so ein Bild,     brasilianischen Familien erwie-     gab.
das über die Deutschen ver-          sen. Sicherlich war diese auch      Elena: Es war schließlich das
breitet wird: Dass sie ver-          erschwert dadurch, dass die Bra-    erste Mal.
schlossen sind, dass es hier         silianer in einer Favela nicht      Garapa: Ich habe ja auch schon
sehr kalt ist und dass die Men-      über einen Internet- oder Tele-     zu Elena gesagt, dass die Dis-
schen depressiv und ignorant         fonanschluss verfügen. Trotz-       kussion Teil ist des menschli-
sind. Als ich hier ankam, kam        dem bemängelten fast alle Bra-      chen Seins. Hier ist es wichtig,
ich also mit diesem Bild. Ich        silianer die von uns eingeplante    dass wir darüber gesprochen
war vorsichtig und dachte:           Zeit für die Internetnutzung als    haben, wir wachsen nicht nur in
„Puh, kommt dort mit Vorsicht        zu kurz. Hier lernen wir auch,      den Momenten der Harmonie,
an, es könnte sein, dass die         dass die Brasilianer eine „Kultur   sondern auch in den Momenten
Menschen dort sehr verschlos-        des Redens“ haben und fast alle     der Diskussion. [...]
sen sind, arrogant sind und uns      Jugendlichen gerne mehr Kon-        Zum Beispiel kenne ich viele
nicht mögen.“ Aber nein, als         takt mit ihren Familien gehabt      Leute, die meine Freunde sind,
ich ankam sah ich, dass es ge-       hätten. Auch die brasilianische     aber sie sind ganz anders als
nau anders herum ist. Dass           Mentalität des unerschütterli-      ich. Ich habe zum Beispiel diese
dies bloß ein weiteres Bild ist,     chen Optimismus und des „vai        eine Gruppe von Freunden und
ein Vorurteil, das sehr stark        dar carto“ („es wird schon klap-    bin auch mit einer anderen
durch die Medien verbreitet          pen“) kollidiert manchmal mit       Gruppe befreundet; nur dass die
wird, das aber nicht wahr ist.       unserem Organisationswillen.        eine Gruppe tatsächlich mit der
Dass ihr fröhliche und lustige       Obwohl die sechs Jugendlichen       anderen Gruppe verfeindet ist,
Menschen seid. Während aller         begeistert sind von der 'deut-      versteht ihr? Aber deshalb bin
Tage, die wir in der Ufa-Fabrik      schen Pünktlichkeit', finden sie    ich nicht nur mit einer Gruppe
verbrachten, haben wir so viel       unser Pflichtbewusstsein wohl       befreundet. Ich bin mit beiden
gelacht, auch wenn wir nichts        manchmal auch etwas anstren-        befreundet, weil ich es schaffe,
verstanden haben, was die an-        gend.                               mit beiden klar zu kommen. Ich
deren sagten. Wir haben es           Veiga: Was ich euch beide bitte     glaube, das ist sehr wichtig für
trotzdem geschafft zu kommuni-       zu verbessern, ist Geduld. Ei-      uns alle, zu lernen mit jedem
zieren. Das ist doch das Wich-       gentlich nur das.. Geduld und...    Typ Mensch gemeinsam leben
tigste, dass die Verständigung       Elena: Das geht vor allem an        zu können. Ich habe gelernt,
funktioniert, oder? Unabhängig       mich, oder?                         dass manche Menschen igno-
davon, ob man die gleiche            Veiga: Nein, an euch beide. Weil    rant sind, aber nicht aus bösem
Sprache spricht.                     ihr beide seid fast gleich! (Ge-    Willen, es ist einfach ihre Art;
Aus dem Interview mit Janders-       lächter) Und die Kommunikati-       und du wirst halt lernen müssen
son (15):                            on auch. Ich bin angekommen         damit um zu gehen. Ich finde
Florian: Gab es etwas, das           und habe erst drei Tage später      diese Art des Lernens sehr gut.
sehr anders war, als du es er-       mit meiner Familie gesprochen.      Schon in den ersten Tagen nach
wartet hattest ?                     Ich weiß auch dass ihr viel or-     Abreise der Brasilianer zeigt
Jandersson: Sehr anders....?         ganisieren müsst. Also eigent-      sich, dass die Jugendlichen
Florian: Zum Beispiel, etwas,        lich nur das.                       selbstständig den Kontakt hal-
das du dir auf eine bestimmte        Garapa: Ich finde, dass ihr         ten. Völlig selbstverständlich
Art vorgestellt hattest und als      manchmal noch etwas ent-            melden sich die deutschen in
du ankamst, war es völlig an-        spannter sein könntet und dass      „Orkut“ (dem brasilianischen
ders?                                ihr optimistischer sein solltet.    Facebook- Pendant) an und es
Jandersson: Nein, nicht wirk-        Manchmal ward ihr sehr nega-        werden fleißig Fotos ausge-
lich. Ich dachte Berlin wäre le-     tiv. Zum Beispiel Elena: „Aber      tauscht und Nachrichten in
bendiger, lauter. Aber hier ist es   wenn es so läuft, wird es nicht     deutsch-portugiesischem Kau-

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

derwelsch geschrieben.            geschweißt und das ist wichtig.            sehen könnte. Auch die Tebras
Rogerio (14): […] alle haben      Für eine Gruppe die das erste              in der Ufa-Fabrik sind Feuer
sich gut verstanden und die       Mal einen Austausch macht, ist             und Flamme, die Heimat der
Deutschen haben sich Mühe         das toll, verbunden zu sein, Ge-           Brasilianer und ihre Lebensum-
gegeben, Portugiesisch zu ler-    spräche zu haben [...] und auf             stände kennen zu lernen. Wir ha-
nen. Einige haben sogar schon     die Meinung von jedem einzuge-             ben vor kurzem von brasiliani-
ganz gut gesprochen. Wir ha-      hen.                                       scher Seite die Zusage für einen
ben auch neue Sachen gelernt,     Mit Freude sehen wir jeden Tag,            eventuellen Rückaustausch im
auch ein bisschen Deutsch. Das    dass die Jugendlichen die ge-              Sommer 2010 erhalten, mit der
ist super!                        knüpften Freunschaftsbande be-             Einladung, am „Internationalen
Florian: Was war das Wichtigs-    geistert aufrecht erhalten. Fast           Festival für Capoeira und afro-
te, was du hier gelernt hast in   täglich erhalten wir aus Brasili-          brasilianische Traditionen“als
diesen 10 Tagen, das Wichtigste   en Emails und Nachrichten, mit             Ehrengäste teilzunehmen.

                        Die Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

was dir aufgefallen ist und an    Nachfragen, ob und wann die                Jandersson (14): Es war einfach
das du dich in Brasilien erin-    'Tebras' nach Fortaleza kämen.             toll. Ich will, dass alle nach
nern wirst?                       Die Jugendlichen senden Vor-               Brasilien kommen, damit sie
Rogerio: Das war die Freund-      schläge, was man dort alles mit            auch dort viel lernen können.
schaft, die Gruppe die zusam-     ihnen unternehmen könnte und               Garapa schreibt abschließend in
men gefunden hat. Die ganze       wie ein Programm für den                   seinem Brief einen der vielleicht
Truppe wurde sehr zusammen        Rückaustausch in Brasilien aus-            interessantesten Gedanken auf,

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Internationale Begegnung Berlin-Brasilien 2009

der uns hoffen lässt, dass wir      druckt. Hier habe ich gesehen,
den Jugendlichen nicht nur eine     dass es möglich ist, seine Träu-
tolle Reise ermöglichen konn-       me zu realisieren. Und dass wir
ten, sondern vielmehr auch ei-      weiter kämpfen können für un-
nen nachhaltigen Eindruck hin-      ser Projekt „Agua de Beber“,
terlassen haben, der weiter         damit wir es eines Tages schaf-
wirkt.                              fen, das aufzubauen und zu le-
                                    ben, an das wir glauben. Wir le-
Als ich die Geschichte der ufa-     ben schon einen Teil unseres
Fabrik näher kennen lernte, hat     Traumes, aber noch nicht den
das meinen Traum und meine          ganzen. Aber eines Tages wer-
Motivation bestärkt, dem Pro-       den wir es schaffen.
jekt „Agua de Beber“ zu hel-
fen, damit es weiter wächst. Bis
zu dem Moment an dem wir
hier ankamen dachte ich: Im         Elena Scherer
besten Fall sind wir die zehn       Florian Hoffmeier
Tage hier in diesem Projekt,
das Gelände ist riesig und hier     Berlin im November 2009
sind viele Menschen unterge-
bracht. Super, das ist ein toller
Platz für Kunst und vieles mehr.
Tatsächlich lief es aber so:
Nach dem Workshop über Um-
welt und Naturschutz, sprach
Werner auch über die Ufa-Fab-
rik. Er erzählte, wie das Projekt
aufgebaut wurde, wie die Be-
setzung ablief und dass dies
hier ein Traum war, den die
Menschen hatten, der heute Re-
alität ist. Heute leben sie das
hier als eine Realisierung ihres
Traumes, ist es nicht so? Tat-
sächlich ist das hier eine Le-
bensphilosophie, nicht nur ein
Projekt. Die Menschen, die das
hier aufgebaut haben, leben im-
mer noch hier und es ist ihr Le-
ben. Sie setzen hier die Form in
die Praxis um, von der sie glau-
ben, dass sie eine gute Art des
Zusammenlebens ist. Und das
ist etwas sehr Gutes, wenn du
das leben kannst, an das du
glaubst. Ich denke, manchmal
glaubt man an etwas, aber du
kannst es nicht leben. Zum Bei-
spiel den Ort, an dem du lebst
[...]. Hier nicht, hier leben die
Menschen das, was sie glauben
und das hat mich sehr beein-

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