Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen

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Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Hessisches Statistisches Landesamt

 Staat und Wirtschaft in Hessen 72. Jahrgang 1|2017

Alle Ausgaben von Staat und Wirtschaft in Hessen finden sich auch als Kleinräumige Statistik
PDF-Datei zum kostenlosen Download auf unserer Homepage unter
https://statistik.hessen.de/publikationen/staat-und-wirtschaft Geoinformationen

 Small-Area-Verfahren
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Außerdem im Heft:

 Bildungsstand der hessischen Bevölkerung —
 Auswertung des Mikrozensus 2015
 von Yvonne Lieber

 Welchen höchsten allgemeinen Schulabschluss hat die hessi-
 sche Bevölkerung? Welche beruflichen Bildungsabschlüsse be-
 sitzen die Hessinnen und Hessen? Und gibt es Unterschiede zwi-
 schen Männern und Frauen hinsichtlich des Bildungsstands?
 © kasto – Fotolia.com
 Der Artikel gibt mithilfe von Datenanalysen aus dem Mikrozensus
 Antworten auf all diese Fragen. Darüber hinaus wird der Bildungsstand

Impressum der hessischen Bevölkerung anhand von weiteren soziodemografischen
 Merkmalen beleuchtet.

 ISSN 0344 — 5550 (Print)
 ISSN 1616 — 9867 (Digital)
 Copyright:
 Hessisches Statistisches
 Landesamt, Wiesbaden, 2017
 Wohngeld — Rechtliche Determinanten und Daten
 Vervielfältigung und Verbreitung, auch zur Entwicklung in Hessen
 auszugsweise, mit Quellenangabe
 gestattet. Zeichenerklärung von Petra Gerisch
 Herausgeber: — = genau Null (nichts vorhanden) bzw. keine Verände-
 Hessisches Statistisches Landesamt, rung eingetreten. Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zu den Aufwendungen für
 Wiesbaden, Rheinstraße 35/37
 Telefon: 0611 3802-0,
 0 = Zahlenwert ungleich Null, aber weniger als die Hälfte Wohnraum. Es dient gemäß § 1 des Wohngeldgesetzes (WoGG) der wirt-
 der kleinsten in der Tabelle nachgewiesenen Einheit.
 Telefax: 0611 3802-890 schaftlichen Sicherung zum angemessenen und familiengerechten Woh-
 E-Mail: vertrieb@statistik.hessen.­­­de . = Zahlenwert unbekannt oder geheim zu halten.
 Internet: https://statistik.hessen.de nen. Politische Reformen und damit verbundene Gesetzesänderungen
 ... = Zahlenwert lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
 Schriftleitung: © Stockfotos-MG – Fotolia.com
 machen die Darstellung des Wohngeldes in längeren Zeitreihen zu ei-
 ( ) = Aussagewert eingeschränkt, da der Zahlenwert statis-
 Sanyel Arikan, Rheinstraße 35/37,
 tisch unsicher ist. nem komplexen Thema. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Bedeutung
 Wiesbaden, Telefon: 0611 3802-825
 Haus-/Lieferanschrift:
 / = keine Angabe, da Zahlenwert nicht sicher genug. des Begriffs „Wohngeld“ und stellt chronologisch dar, welche Gesetzes-
 Hessisches Statistisches Landesamt, X = Tabellenfach gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll änderungen es hierzu seit dem Zweiten Weltkrieg gab. Zudem werden
 Rheinstraße 35/37, 65185 Wiesbaden (oder bei Veränderungsraten ist die Ausgangszahl
 kleiner als 100). die Wohngeldstatistik und das Problem der Zeitreihenanalyse erläutert.
 Postanschrift:
 Hessisches Statistisches Landesamt, Im Anschluss werden Auswertungen zur Entwicklung des Wohngeldes
 D = Durchschnitt.
[Gesundes unternehmen ] 65175 Wiesbaden präsentiert.
 s = geschätzte Zahl.
 Erscheinungsweise: vierteljährlich
 p = vorläufige Zahl.
 Bezugspreis:
 Print: 13,00 Euro r = berichtigte Zahl.
 Jahresabonnement: 44,20 Euro
 (jew. inkl. Versandkosten) Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind nur negative
 PDF-Datei als kostenloser Download im Internet. Veränderungsraten und Salden mit einem Vorzeichen
 versehen.
 Gesamtherstellung:
 Hessisches Statistisches Landesamt Positive Veränderungsraten und Salden sind ohne
 Auskünfte und Informationen Vorzeichen.
 aus allen Bereichen der hessischen Im Allgemeinen ist ohne Rücksicht auf die Endsumme
 Landesstatistik erteilt die zentrale auf- bzw. abgerundet worden.
 Informationsstelle: Das Ergebnis der Summierung der Einzelzahlen kann
 Telefon: 0611 3802-802 oder -807, deshalb geringfügig von der Endsumme abweichen.
 E-Mail: info@statistik.hessen.­­­de
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Editorial

 Liebe Leserinnen und Leser,

 Staat und Wirtschaft in Hessen will statistisches Wissen noch kompakter und nutzerfreundlicher für
 Sie aufbereiten. Ab sofort versorgen wir Sie deshalb quartalsweise mit Themenheften zur amtlichen
 Statistik. Im aktuellen Heft stellen wir Ihnen Facetten regionaler Datengewinnung und -aufbereitung
 vor. Sie lernen Projekte kennen, die im Rahmen der Kooperation des HSL mit der Universität Trier im
 Studiengang European Master in Official Statistics (EMOS) am Lehrstuhl von Prof. Dr. Ralf Münnich
 entstanden sind. Mit dieser Zusammenarbeit öffnen wir uns aktiv unserem Partner Wissenschaft und
 bleiben auf dem neuesten Stand zeitgemäßer Methodik. Natürlich finden Sie weiterhin vertraute Ru-
 briken wie bspw. „Hessen in Europa“.

 Wir starten das neue Konzept mit dem zukunftsweisenden Thema „Geoinformation“. Geographische
 Informationssysteme wie GoogleMaps sind für uns alle längst zu Alltagsbegleitern geworden. Auch
 in der Statistik gewinnen die geobasierten Daten und Darstellungsweisen immer mehr an Bedeu-
 tung: Hot-Spot-Analysen beispielsweise können darstellen, wie statistische Ergebnisse sich regional
 verteilen. Die Nachfrage nach kleingliedrigen Daten wächst stetig – Wirtschaft, Verwaltung und Politik
 sind nur drei Abnehmer, die sich für detaillierte raumbezogene Daten interessieren. Um den neuen
 Anforderungen nachzukommen, hat das HSL das Competence Center Geoinformation eingerichtet,
 das die moderne kartographische Darstellung raumbezogener Statistiken übernimmt. Lernen Sie
 das Portfolio unseres Competence Centers Geoinformation in dieser Ausgabe kennen!

 Neben den technischen und gestalterischen Herausforderungen, die Geoinformationsdaten mit sich
 bringen, wächst auch der Anspruch an die statistische Methodik. Um up to date zu bleiben, loten
 die Autoren des EMOS-Kooperationsprojektes die Anwendung von Small-Area-Verfahren aus. Sie
 ermöglichen kleinräumige Schätzungen auch da, wo für klassische Hochrechnungsverfahren keine
 ausreichende Datenbasis vorhanden ist.

 Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Entdecken der neuen Staat und Wirtschaft in Hessen!

 Ihre

 Dr. Christel Figgener

 Präsidentin des Hessischen Statistischen Landesamts

Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 45
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Inhalt
 Geoinformationen 3
 Geoinformationen — die „Veredelung“ räumlich-statistischer Daten im
 digitalen Zeitalter. Von Sarah Scholze |3

 Das Competence Center Geoinformation im Hessischen Statistischen
 © adiruch na chiangmai – Fotolia.com
 Landesamt. Von Philip Graze |13

 Small-Area-Verfahren 17
 Der Einsatz von Small-Area-Verfahren — erste Erfahrungen mit
 Area-Level-Schätzungen. Von Dr. Peter Gottfried |17

 Die Regionalisierung der Hessischen Jahreserhebung im Einzelhandel
 © allvision – Fotolia.com
 anhand von Small-Area-Verfahren. Von Julia Manecke |29

 Hessen in Europa 42
 Erwerbstätigenquote in der EU-28, den EFTA-Staaten und
 den Beitrittskandidaten 2015. Von Benedikt Kull |42

 © jorisvo – Fotolia.com

 Ausgewählte Daten zur wirtschaftlichen
 Entwicklung in Hessen 44

 Veröffentlichungen des Hessischen Statistischen
 Landesamtes 12/16 bis 02/17 45
 © gustavofrazao – Fotolia.com

 Vorschau auf das nächste Heft 2/2017 48

2 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Geoinformationen — die „Veredelung“
räumlich-statistischer Daten
im digitalen Zeitalter
Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien erfassen und nutzen oft Daten mit einem Raumbezug, wodurch
relevante Geoinformationen für ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Planungs- und Entscheidungsprozesse ge-
neriert werden. Geografische Informationssysteme (GIS) werden daher direkt oder indirekt in vielen Branchen und Disziplinen
aus Wirtschaft, Verwaltung, Forschung und Lehre oder auch im privaten Bereich eingesetzt und sind fester Bestandteil des
digitalen Zeitalters. Was verbirgt sich aber hinter GIS und Schlagworten wie „Geodaten“ oder „Georeferenz“ bzw. „Geoko-
dierung“? Und wie werden aus Rohdaten maßgeschneiderte und nutzerorientierte Geoinformationen, die räumliche Muster
und Beziehungen aufzeigen? In diesem Beitrag werden die wesentlichen Begriffe aus dem Umfeld der Geoinformationen
erläutert. Anschließend werden Möglichkeiten skizziert, um verschiedene räumlich-statistische Datentypen aufzubereiten, zu
analysieren und zu visualisieren. Von Sarah Scholze

Digitale Geowelten und die Rolle
des „Wo“

Mobile Endgeräte ausgestattet mit Global Po-
sitioning System (GPS)-Technologie, vernetzte
Sensoren- und Fernerkundungstechnik oder
das sogenannte GeoWeb (Google Maps, Open
Street Map etc.) — all diese Informations- und
Kommunikationstechnologien sind im digita-
len Zeitalter stets präsent. Dabei werden per-
manent Daten erfasst und ausgetauscht, die
oft über einen Raumbezug verfügen1) und so-
mit auch Informationen zur Lage, Beschaffen- © aihumnoi – Fotolia.com

heit und Nutzung eines Ortes bzw. Standortes
liefern. Geodaten, also jene Daten mit Raum- Umgehungsstraße. Mit einer Kombination aus

bezug, sind eine wesentliche Grundlage, um kleinräumigen Bevölkerungsdaten und Kartie-

auftretende Phänomene, Prozesse und Entwick- rungen von Naturschutzflächen kann identifi-

lungen zu beschreiben und nachzuvollziehen. ziert werden, wie viele Anwohnende am Orts-

Mit Hilfe von Geodaten können beispielsweise rand durch den Bau zusätzlich belastet werden
 und ob es naturschutzrechtliche Bedenken gibt.
optimierte Routen in Bezug auf die Entfernung,
Fahrtzeit oder Kosten in einem Straßennetz er- Im Vordergrund steht stets das Ziel, anhand 1) In Publikationen wird oft
 unterstellt, dass 80 % aller
mittelt werden. Unternehmen optimieren da- von Daten und Zahlen in zeitlicher und räum- Daten bzw. Informatio-
 nen über einen Raum-
durch ihre Logistik und damit die Versorgung licher Auflösung, die Welt zu verstehen, daraus bezug verfügen. Einer
ihrer Kundschaft mit Produkten und Dienstleis- Erkenntnisse zu gewinnen und entsprechende Forschungsstudie von
 Hahmann und Burghardt
tungen. Im öffentlichen Sektor gibt es ebenfalls Entscheidungen für Handlungen und Maß- (2012) zufolge kann der
 Anteil der raumbezoge-
vielfältige Einsatzmöglichkeiten von Geodaten, nahmen zu treffen. Komplexe und vielschich-
 nen Daten nicht eindeutig
wie beispielsweise beim geplanten Bau einer tige Sachverhalte mittels statistischer Daten quantifiziert werden.

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 3
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
zu beschreiben, räumlich aufzubereiten und Die Geobasisdaten liegen entweder als Ras-
 dem Datenkonsumenten sowie einer breiten ter- oder Vektordaten in digitaler Form vor. In
 Öffentlichkeit verständlich zu kommunizieren, einem Rasterdatenmodell werden die geogra-
 sind auch wichtige Aufgabenfelder der amt- fischen Objekte in Zellen oder Pixeln in einer
 lichen Statistik und können mit geografischen gleichmäßigen Matrix angeordnet und z. B. in
 Informationssystemen (GIS) effektiv umgesetzt den Formaten GeoTiff oder JPEG gespeichert.
 werden. GIS ermöglichen es, räumliche Infor- Die Eigenschaften von geografischen Objekten
 mationen („Wo ist etwas?“) mit erklärenden (z. B. Hangneigung) sind in den Rasterzellen als
 sachlichen Informationen („Was oder wie ist Farb- oder Zahlenwerte kodiert. Klassische Bei-
 etwas?“ und ggf. „Wann ist etwas?“) digital zu spiele für die Verwendung von Rasterdaten sind
 verknüpfen, zu analysieren und in geeigneter Luft- und Satellitenbilder. Vektordaten speichern
 Form zu visualisieren. die geografischen Objekte anhand der geo-
 metrischen Elemente Punkt, Linie und Fläche in
 GIS — die „Bühne“ der Geodaten GIS-spezifischen Formaten, wie Shapefile oder
 FileGeodatabase. Im Vektorformat werden bei-
 Eine große Anzahl von Daten der amtlichen Sta-
 spielsweise die Verwaltungsgrenzen oder die
 tistik basiert auf Einheiten mit einer räumlichen
 geografischen Raster dargestellt. Mit Hilfe der
 Komponente, wodurch sie mit einem Standort
 Geobasisdaten können Informationen zu Entfer-
 oder einem Gebiet verknüpft sind. Die statis-
 nungen, Flächengrößen oder Nachbarschaftsbe-
 tischen Daten werden oft mittels einer Daten-
 ziehungen ermittelt werden. Die thematischen
 bank oder eines Statistikprogramms, wie SAS,
 Eigenschaften von geografischen Objekten wer-
 verarbeitet und aufbereitet. Solche Systeme be-
 den anhand der Geofachdaten beschrieben, de-
 rücksichtigen jedoch nicht explizit die räumliche
 ren Inhalte beispielsweise aus den Bereichen der
 Dimension der Geodaten. GIS bieten dagegen
 amtlichen Statistik, der Epidemiologie oder dem
 Funktionalitäten, um diese Geodaten effizient
 Marketing kommen können.
 zu erfassen, zu verarbeiten, zu analysieren und
 zu präsentieren (EVAP). Die grundlegenden Interaktiv verbunden werden die Geoba-
 Funktionen in einem GIS basieren auf dem sis- und Geofachdaten anhand ihrer Geore-
 Layer-Prinzip, das verschiedene Formate von ferenz, bei der es sich entweder um einen di-
 Geodaten miteinander kombiniert, überlagert rekten oder indirekten Raumbezug handelt.
 oder verrechnet. Dabei werden Geobasis- und Der direkte Raumbezug beschreibt eine Po-
 Geofachdaten unterschieden. Geobasisdaten sition auf der Erdoberfläche und wird durch
 enthalten Informationen zur Lage auf der Erd- Geokoordinaten angegeben, die z. B. durch
 oberfläche und repräsentieren Objekte aus der das GPS erfasst werden. Die meisten amtli-
 realen Welt, wie Straßen, Gebäude oder Grund- chen Statistiken weisen jedoch einen indirek-
 stücke. Sie werden insbesondere durch das ten Raumbezug auf, z. B. in Form eines Regio-
 amtliche Vermessungswesen im Rahmen ihres nalschlüssels (064140000000) oder durch die
2) Die Begriffe Georefe-
renzierung und Geoko-
 gesetzlichen Auftrages erfasst und bereitgestellt. Anschrift (Straße, Hausnummer, Postleitzahl und
dierung werden in der Zu den Produkten gehören beispielsweise das Ort). Der indirekte Raumbezug kann in einen di-
Literatur sowohl synonym
als auch in unterschiedli- „Amtliche Topographisch-Kartographische Infor- rekten Raumbezug mit Hilfe der Geokodierung2)
cher Terminologie verwen-
 mationssystem (ATKIS)“ oder das „Amtliche Lie- umgewandelt werden. Dadurch wird jede be-
det. Goldberg (2008: 3)
bezeichnet die Georefe- genschaftskatasterinformationssystem (ALKIS)“. schreibende Information zu einem räumlichen
renzierung allgemein als
die Zuweisung zu einem Zudem existieren im GeoWeb auch nutzergene- Punkt transformiert und kann auf einer Karte
Raumbezug, während rierte Geobasisdaten, die unter dem Stichwort dargestellt werden (Goldberg, 2008: 5). In der
die Geokodierung als
Methode der Georefe- „Volunteered Geographic Information (VGI)“ zu- einfachsten Form werden bei der Geokodierung
renzierung angesehen
wird. Weitere Methoden
 sammengefasst werden (Goodchild, 2007). Ein 2 Datensätze, der zu geokodierende Datensatz
der Georeferenzierung bekanntes VGI-Projekt ist die Open Street Map und der Referenzdatensatz mit den Geokoordi-
sind die Rektifizierung
im Kontext von Luft- und (OSM), bei der die Daten von Freiwilligen welt- naten, miteinander verglichen. Bei einem „Tref-
Satellitenbildern sowie
 weit erhoben und für jedermann zur Verfügung fer“ werden die Geokoordinaten dem zu geoko-
das Geotagging in Bezug
auf das digitale Foto. gestellt werden. dierenden Datensatz zugewiesen (vgl. Abb. 1).

 4 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Abbildung 1: Schematischer
 1. Schematischer
 Eingabe
 ProzessProzess der Geokodierung
 der Geokodierung

 Regionalschluessel Strasse Hausnummer Postleitzahl Ort X Y

 064140000000 Rheinstraße 35 65185 Wiesbaden ? ?
 A

 Algorithmus
 Geokodierung

 Referenzdatenbank
 Ausgabe

 Regionalschluessel Strasse Hausnummer Postleitzahl Ort X Y

 064140000000 Rheinstraße 35 65185 Wiesbaden 8,241090 50,078018
 A

Bei der Geokodierung sind korrekte Angaben demie eindämmen. Dies veranschaulicht, dass
der Anschriften eine wesentliche Voraussetzung durch die Verknüpfung unterschiedlicher Daten
für ein gutes qualitatives Ergebnis. Fehlerhafte und deren Visualisierung komplexe räumliche
oder unterschiedliche Bezeichnungen müssen Zusammenhänge aufgedeckt werden können,
daher zuvor aufgedeckt und korrigiert werden. die sonst nicht ersichtlich gewesen wären.
Die Geokodierung ist somit auch unter Quali-
 Die Beantwortung der Fragen „Wo befindet
tätsaspekten ein grundlegender Arbeitsschritt sich etwas?“, „Wie steht etwas miteinander in
bei der Aufbereitung von anschriftenbasierten Zusammenhang?“, „Welche Bedeutung hat dies
Statistiken. Anhand der georeferenzierten Daten und welcher mögliche Handlungsbedarf ergibt
können dann in einem GIS umfassende räum- sich daraus?“ basiert auf einer Kombination un-
liche Analysen für viele Anwendungsbereiche terschiedlicher Methoden und Techniken (z. B.
durchgeführt werden. lagebezogene Abfragen und Selektion, Ver-
 schneidung oder Interpolationen), die sich auf
Räumliche (Daten-) Analyse — die räumliche Dimension beziehen (Longley et
das Herzstück eines GIS al., 2015: 291). Bei der Auswahl räumlicher Ana-
GIS beinhalten unterschiedliche Werkzeuge zur lysewerkzeuge spielen die verschiedenen räum-
Datenerfassung, kartografischen Bearbeitung so- lich-statistischen Datentypen eine grundlegende
wie zur räumlich-statistischen Analyse. Die räum- Rolle. Diese werden nach Cressie (1993) in konti-
liche Analyse gilt dabei als das Herzstück eines nuierliche Daten („Continuous Data“), Punktmus-
GIS, da neue Informationen für entscheidungs- terdaten („Point Pattern Data“) und aggregierte
unterstützende Abläufe und Erkenntnisse aus Regionaldaten („Areal Data“) klassifiziert.

den vorliegenden Geodaten generiert werden Kontinuierliche Daten beschreiben Phänomene,
können (Longley et al., 2015: 291). Ein bekanntes die an jedem Punkt eines Gebietes existieren,
historisches Beispiel für eine gewinnbringende wie der Niederschlag oder die Bevölkerungs-
räumliche Analyse ist die des Cholera-Ausbruchs dichte. In der Realität liegen für solche Ereig-
im Jahr 1854 in London. Der englische Arzt Dr. nisse allerdings nur Stichprobenwerte für be-
John Snow kartierte sowohl die Wohnorte von stimmte Standorte auf der Erdoberfläche vor.
Cholera-Opfern als auch die dort vorhandene Mittels geostatistischer Verfahren, wie Kriging,
örtliche Wasserversorgung. Dadurch konnte er können Werte an den unbekannten Positionen
die Kontamination einer öffentlichen Pumpe in aus den erhobenen Daten geschätzt werden, um
der Broad Street als Ursache für den Ausbruch anschließend die räumliche Variation in einem
der Krankheit ausfindig machen und unter Ein- Untersuchungsgebiet zu ermitteln. Das Ergebnis
beziehung des räumlichen Kontexts die Epi- einer solchen räumlichen Interpolation ist eine

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 5
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
kontinuierliche thematische Oberfläche, deren Weitere Vorzüge von geografischen Rastern
 Darstellung beispielsweise in Wetterkarten vor- in der amtlichen Statistik werden bei Scholze
 kommt. (2015) diskutiert.

 Punktmusterdaten und aggregierte Regionalda- Räumliche Cluster auf Basis von aggregierten Re-
 ten repräsentieren sogenannte diskrete Phäno- gionaldaten können anhand von Hot-Spot-Ana-
 mene, die räumlich deutlich voneinander abge- lysen identifiziert werden. Dabei wird mittels
 grenzt werden können. In der amtlichen Statistik räumlich-statistischer Verfahren (z. B. Gi*-Statis-
 werden Ereignisse oft auf Basis administrativer tik) überprüft, inwieweit benachbarte Gebiete in
 Einheiten aggregiert, wodurch die tatsächliche Bezug auf die zu untersuchenden statistischen
 räumliche Verteilung der Werte im Raum ent- Ereignisse miteinander korrelieren (Anselin,
 weder nur annähernd oder gar nicht wiederge- 1995; Getis und Ord, 1992). Abbildung 3 visua-
 geben wird. In der Realität konzentrieren sich lisiert den Anteil der Einpersonenhaushalte je
 z. B. Straßenverkehrsunfälle auf bestimmte Ge- km² in % im Regierungsbezirk Darmstadt. Die
 biete innerhalb einer administrativen Einheit. Darstellung im kleinen Kartenausschnitt vermit-
 Die Kerndichteschätzung (KDE: Kernel Density telt einen ersten Eindruck zur räumlichen Ver-
 Estimation) ist eine Möglichkeit, die kleinräumi- teilung, welche jedoch abhängig von den defi-
 ge Verteilung von punktbasierten Ereignissen nierten Klassengrenzen ist. Die resultierenden
 zu ermitteln. Dabei wird anhand der zugrunde- Ergebnisse der Hot-Spot-Analyse basieren auf
 liegenden Punktmusterdaten und den jeweili- der Berechnung der Gi*-Statistiken und geben
 gen Distanzen zueinander eine kontinuierlich Auskunft darüber, ob sich die lokalen Werte be-
 eingefärbte Rasteroberfläche erzeugt, die die nachbarter geografischer Rasterzellen statistisch
 Dichteverteilungen in einem Gebiet darstellt. signifikant vom Durchschnitt jener im Regie-
 Kerndichtekarten können z. B. für räumliche Ana- rungsbezirk unterscheiden. Die roten Bereiche,
 lysen von Straftaten, Krankheitsfällen oder auch wie etwa in den Städten und Umgebungen von
 Straßenverkehrsunfällen eingesetzt werden, wo- Frankfurt am Main, Offenbach am Main oder
 bei solche Ereignisse stets nur lokal an einem Wiesbaden, kennzeichnen dabei die lokalen
 bestimmten Ort auftreten und somit nicht expli- Hot Spots. Diese Gebiete weisen eine hohe An-
 zit kontinuierliche Phänomene repräsentieren. zahl von Einpersonenhaushalten auf und sind
 Kerndichtekarten können jedoch erste Hinweise gleichzeitig auch von Gebieten mit einer ähnlich
 z. B. auf lokale Unfallschwerpunkte (sogenann- hohen Anzahl von Einpersonenhaushalten um-
 te Hot Spots) oder räumliche Zusammenhänge geben. Umgekehrt handelt es sich bei den blau-
 zwischen den Unfällen und physischen Struktur- en Bereichen um lokale Gebiete mit niedriger
 merkmalen eines Gebietes liefern, um daraus Anzahl von Einpersonenhaushalten, die gleich-
 Präventionsmaßnahmen abzuleiten. zeitig auch von Gebieten mit einer ähnlich nied-
 rigen Anzahl von Einpersonenhaushalten umge-
 Abbildung 2 stellt die Straßenverkehrsunfäl-
 ben sind (sogenannte Cold Spots), wie etwa die
 le mit Beteiligung von Fahrrad Fahrenden in
 Gemeinden Brensbach, Höchst im Odenwald,
 der Stadt Wiesbaden auf Basis einer solchen
 Fischbachtal oder Fränkisch-Crumbach. Mit ei-
 Kerndichteberechnung dar. Der rote Bereich
 ner Wahrscheinlichkeit von 90 % oder mehr
 in der Innenstadt von Wiesbaden, im Einzugs-
 sind diese auftretenden räumlichen Zusammen-
 gebiet der Biebricher Straße und im Kern von
 hänge zwischen dem Gebiet und dem Merkmal
 Mainz-Kastel zeigt eine hohe Konzentration
 „Einpersonenhaushalte“ nicht zufälliger Natur.
 von Unfällen, während der orangefarbene und
 Gebiete mit hohen oder niedrigen Werten sind
 graue Bereich eine geringe Dichte in den jewei-
 dabei nicht zwingend statistisch signifikante Hot
 ligen Gebieten aufweist. Im zugehörigen Kar-
 oder Cold Spots, sondern können auch einer zu-
 tenausschnitt wird der Unfallschwerpunkt in der
 fälligen räumlichen Verteilung unterliegen (sie-
 Wiesbadener Innenstadt auf Basis des geografi-
 he gelber Bereich in der Karte).
 schen Rasters mit einer Seitenlänge von 100 m
 dargestellt, wodurch detaillierte Aussagen über Einsatzmöglichkeiten für Hot-Spot-Analysen gibt
 das Auftreten von Unfällen vor Ort möglich sind. es in vielen unterschiedlichen Bereichen, wie

6 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Abbildung 2: Straßenverkehrsunfälle
 2. Straßenverkehrsunfälle mitmit Beteiligung von
 Beteiligung von Fahrrad
 FahrradFahrenden1)
 Fahrendenin Wiesbaden 2015
 1) in Wiesbaden 2015

 0 1
 km

 Kerndichte bezogen auf 178 Fälle
 Hoch
 Mittel
 Rheinstr aße Niedrig

 Anzahl je ha
 Mehr als 3
 Bis zu 3
 Keine

 Gemeindegrenze
 Bundes-, Landes- u. Kreisstraße
 Gemeindestraße
 0 2,5
 km

1) Fahrrad und Pedelec ohne Versicherungskennzeichen © Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation, 2016
 © Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2017
 Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet.

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 7
Kleinräumige Statistik - Staat und Wirtschaft in Hessen
Abbildung 3: Einpersonenhaushalte imim
 Regierungsbezirk DarmstadtDarmstadt
 zum 9.5.2011 auf Basis auf Basis 1-km-Rasterzellen1)
 1-km-Rasterzellen1)
 3. Einpersonenhaushalte Regierungsbezirk zum 9.5.2011

 0 20 km

 Hot und Cold Spots im
 Vergleich zum Mittelwert: 32,5 %
 Signifikante Cluster
 mit niedrigen Werten
 Keine signifikanten Cluster
 Signifikante Cluster
 mit hohen Werten

 Anteil je km2 in %

 Unter 25

 25 bis unter 50

 50 oder mehr

 Unbewohnt oder
 keine Daten verfügbar

 Regierungsbezirksgrenze
 0 10 km
 Gemeindegrenze

1) Die statistische Signifikanz basiert auf den Konfidenzintervallen 90 %, 95 % und 99 %. © GeoBasis-DE / BKG 2011
 Diese sind in der kartografischen Darstellung zusammengefasst. © Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2017
 Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet.

 8 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
beispielsweise der Kriminalitätsanalyse, Epide- net, um Cluster aufzuzeigen. Die Werte werden
miologie, Wirtschaft, Demografie oder auch bei dabei den Klassen so zugeordnet, dass die Un-
Wahlen. Die räumliche Analyse soll Aufschluss terschiede innerhalb der Klassen minimiert und
darüber geben, wie sich statistische Ereignisse zwischen den Klassen maximiert werden. Weite-
räumlich verteilen und ob es eventuell Cluster, re gängige Klassifikationsmethoden sind „Glei-
d. h. Gebiete mit einer relativen Konzentration ches Intervall“, „Quantil“ oder „Standardabwei-
von Merkmalen, gibt. Eine entscheidende Rol- chung“ (Mitchell, 1999: 48 ff.). Die definierten
le spielt dabei auch die Visualisierung, um die Klassenintervalle werden in Farbskalen über-
räumlichen Ergebnisse zu präsentieren und da- setzt, die die Aussagen der Karte unterstützen
rüber hinaus mögliche Einflussfaktoren gezielt sollen (Harrower und Brewer, 2003: 27). Se-
vor Ort zu identifizieren, also die Frage nach dem quenzielle Farbverläufe von „hell“ bis „dunkel“
„Warum“ zu klären. symbolisieren „niedrige“ bzw. „hohe“ metrische
 Werte und assoziieren eine logische Reihenfol-
Digitale Karten als „Gala“ der ge. Eine Datenreihe mit positiven und negativen
Geoinformationen Werten oder einem Schwellenwert wird anhand

Geodaten weisen eine komplexe Datenstruk- divergierender kontrastierender Farbschemata

tur auf und beinhalten abstrakte Sachverhalte, dargestellt, um entgegengesetzte Richtungen
weshalb räumliche Muster und Trends in Form zu verdeutlichen. Qualitative Farbschemata sug-
von regional aufgeschlüsselten Tabellen nicht gerieren hingegen aufgrund unterschiedlicher
bzw. nur schwer „sichtbar“ werden. Je größer Farben, dass kein Zusammenhang zwischen den
und unstrukturierter dabei die Datenmengen Kategorien besteht und sind daher für Themen,
sind, desto komplizierter ist die Vermittlung der wie z. B. Religion oder Landnutzungsregionen,
relevanten Informationen. Die Aufbereitung des geeignet3).
Datenmaterials muss daher so erfolgen, dass Choroplethenkarten basieren i. d. R. auf einer
die räumlichen Informationen schnell und intui- Kartengrundlage mit flächentreuer Projektion
tiv interpretiert werden können. Eine effektive und vermitteln ein räumliches Bild der darge-
Möglichkeit, Geoinformationen zu vermitteln, stellten Phänomene in den entsprechenden
ist die Visualisierung in Form von thematischen Bezugsflächeneinheiten, wie beispielsweise die
Karten. Dabei werden die statistischen Werte Bevölkerung in Gemeinden je km². Viele sozio-
(z. B. Exportquote) mit den Lageinformationen ökonomische Indikatoren, wie Wahlergebnisse
(z. B. Landkreis) verlinkt, wodurch beispielsweise in den einzelnen Wahlbezirken oder die Export-
Vergleiche mit benachbarten Kreisen durchge- quote, beziehen sich jedoch nicht direkt auf die
führt werden können. Am häufigsten wird die Fläche, sondern auf die thematischen Inhalte
Choroplethenkarte eingesetzt, bei der die sta- selbst. Burgdorf (2009) empfiehlt daher eine Er-
tistischen Werte klassifiziert und mit farblichen
 gänzung flächentreuer Choroplethenkarten mit
Abstufungen dargestellt werden. Die Klassifika-
 amorphen Kartogrammen, deren Bezugsflächen
tion der Werte beeinflusst das Erscheinungsbild
 proportional zu einer thematischen Variablen
der resultierenden Karte und somit auch die zu
 skaliert werden. Bei Kartogrammen werden der
vermittelnde Aussage, da unterschiedlich fest-
 genaue Lagebezug und die topografische Ori-
gelegte Intervalle auch verschiedene räumliche
 entierung vernachlässigt und die Flächen, For-
Verteilungsmuster und Zusammenhänge sugge-
 men oder Entfernungen verzerrt. Die Verzerrung
rieren (Monmonier, 2005: 218 f.). Die Auswahl
 wird oft in Abhängigkeit eines Wertes der Objek-
einer Klassifikationsmethode ist somit einerseits
 te vorgenommen. Abbildung 4 zeigt die Export-
abhängig von der zugrundeliegenden Daten-
 quote in Hessen als amorphes Kartogramm und
struktur, andererseits vom Zweck sowie der zu-
 zum Vergleich im kleinen Kartenausschnitt als
gehörigen Botschaft der Karte. Die Klassifikation
 klassische Choroplethenkarte. Bei einem amor- 3) Bei der Auswahl von
mittels „Jenks Natürlicher Unterbrechungen“ ist geeigneten Farbskalen
 phen Kartogramm, das auf dem Algorithmus von unterstützt die interaktive
beispielsweise eine gebräuchliche Methode für Anwendung ColorBrewer
 Gastner und Newman (2004) basiert, werden
ungleichmäßig verteilte Datenwerte und geeig- (siehe
 jene Flächen, die einen hohen Wert aufweisen http://colorbrewer2.org/).

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 9
Abbildung 4: Exportquote
4. Exportquote im Verarbeitenden Gewerbe
 im Verarbeitenden im 1. Halbjahr
 Gewerbe 2015
 im 1. Halbjahr 2015

 LK Kassel

 Kassel

 Werra-Meißner-Kreis
 Waldeck-
 Frankenberg
 Schwalm-Eder-Kreis

 Marburg-Biedenkopf
 Hersfeld-Rotenburg

 Lahn-Dill-Kreis
 Vogelsberg-
 Gießen
 kreis
 Fulda
 Limburg-
 Weilburg
 Wetteraukreis
 Hochtaunuskreis

 Rheingau- Main-Kinzig-Kreis
 Taunus-Kreis
 Main-
 Taunus- Frankfurt Exportquote in %
 Kreis am Main
 Offenbach Unter 31,1
 am Main
 Wiesbaden 31,1 bis unter 43,6
 43,6 bis unter 52,1
 52,1 bis unter 60,3
 LK Offenbach
 60,3 oder mehr

 Darmstadt-
 Groß-Gerau Dieburg

 Darmstadt

 Odenwald-
 kreis
 Bergstraße

 50 0 km

 © GeoBasis-DE / BKG 2016 (Daten verändert)
 © Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2017
 Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet.

 10 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
im Verhältnis zu anderen Flächen in der Karte tistische Daten zu veredeln und daraus „smarte“
größer dargestellt und umgekehrt. Die Größe Geoinformationen zu generieren. Dadurch kön-
der Wissenschaftsstadt Darmstadt spiegelt so- nen räumliche Variationen, Muster und Trends
mit hohe Datenwerte der Variable „Exportquote“ identifiziert, beschrieben und erläutert werden,
wider. Das Merkmal Größe wird hier verwendet, um letztendlich erfolgsbringende Entscheidun-
um gezielt den Blick auf die thematischen Indika- gen zu treffen. Voraussetzung dafür sind quali-
toren zu lenken und dadurch Aufmerksamkeit zu tativ hochwertige und relevante georeferenzier-
erreichen. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und te Daten, die maßgeschneidert auf bestimmte
Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bau- Fragestellungen oder ein Projekt bereitgestellt
wesen und Raumordnung (BBR) veröffentlicht werden. Dabei steht, neben dem Umfang, der
daher verschiedene Themen in Publikationen Vielfalt und Aktualität der Daten, die verwendete
in Form von amorphen Kartogrammen, wie bei- räumliche Auflösung im Rampenlicht. In der amt-
spielsweise zur Entwicklung am Wohnungsmarkt lichen Statistik werden für ausgewählte Themen-
(BBSR, 2016). bereiche kleinräumige Daten auf Basis geogra-
 fischer Raster ab einer Mindestgröße von 1 ha
Die Visualisierung und Verbreitung von Geoin-
 angeboten. Dazu regelt das E-Government-Ge-
formationen erfolgt aufgrund zunehmender
 setz (§ 14 EGovG) die Georeferenzierung von
Vernetzung und Mobilität vermehrt in Web-
 statistischen Daten und Registern, wonach die
Map-Applikationen, die von einfachen Karten-
 Koordinaten ergänzt werden sollen. Dies ermög-
darstellungen mit Zoom- oder Pan-Funktionen
 licht einerseits detaillierte und präzise räumliche
bis hin zu komplexen interaktiven Karten rei-
 Analysen, andererseits spielt gerade bei räum-
chen, bei denen der Nutzer direkt mit der Karte
 lich hochaufgelösten statistischen Daten die
interagieren kann. Die Statistischen Ämter des
 Frage der Gewährleistung der Geheimhaltung
Bundes und der Länder haben z. B. ausgewähl-
 eine zentrale Rolle. In diesem Kontext besteht
te Ergebnisse des Zensus 2011 auf Basis von
 die Möglichkeit, die kleinräumigen Daten mit-
geografischen Rastern aufbereitet und bieten
 tels räumlich-statistischer Verfahren aufzuberei-
diese in einem interaktiven Atlas an4). Dieser er-
 ten und dem Datenkonsumenten ein auf dem
möglicht, neben einfachen WebGIS-Funktionen,
 Analyseergebnis basierendes kartografisches
auch die Bevölkerungszahl für nutzerdefinierte
 Endprodukt bereitzustellen. So veröffentlicht
Gebiete anhand des implementierten Einwoh-
 Statistics Canada in Kooperation mit der Canadi-
nerrechners zu ermitteln. Eine weitere Kommu-
 an Community Health Survey (CCHS) beispiels-
nikationsform ist die sogenannte „Story Map“5),
 weise kleinräumige Indikatoren zum Gesund-
bei der zu vermittelnde Themen und Botschaf-
 heitswesen in thematischen Karten als Ergebnis
ten in einer Kombination aus Karten, Grafiken,
 einer Hot-Spot-Analyse6), wodurch Rückschlüsse
begleitendem Text und Multimedia-Elementen
 auf einzelne Personen nicht möglich sind. Eine
einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden.
 Verschneidung von kleinräumigen Daten mit
Dabei können auch komplexe und heterogene
 anderen Informationsinhalten aus öffentlichen
große Datenmengen klar und benutzerfreund-
 oder privaten Quellen ist, im Hinblick auf maß-
lich aufbereitet werden, um räumliche Sach-
 geschneiderte und „intelligente“ statistische 4) Der interaktive Zensus-
verhalte und relevante Informationen auf einen atlas (inkl. Einwohnerrech-
 Produkte für den Endnutzer, ebenfalls denkbar
Blick zu erfassen. ner) ist online verfügbar
 (Wonka, 2008: 116). Dies ermöglicht eine Erwei- unter https://atlas.
 zensus2011.de.
 terung des Nutzerkreises für amtlich statistische
„Small is Smart“ — kleinräumige 5) Beispiele für Story
 Daten und erhöht somit auch den Marktwert von
Informationen im „Rampenlicht“ Maps können online unter
 Geoinformationen. https://storymaps.arcgis.
 com/de/gallery/ eingese-
Geografische Informationssysteme bieten mit- hen werden.
tels räumlicher Analysemethoden und Visuali- Sarah Scholze; Tel: 0611 3802-282;
 6) Thematische Karten
 E-Mail: sarah.scholze@statistik.hessen.de
sierungstechniken effektive Möglichkeiten, sta- mit Indikatoren aus dem
 Gesundheitswesen sind
 online verfügbar unter
 http://www.statcan.gc.ca/
 pub/82-583-x/2011001/
 themat-eng.htm.

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 11
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12 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
Das Competence Center
Geoinformation im Hessischen
Statistischen Landesamt
Bei dem Begriff Statistik denken die meisten an Tabellen, Schaubilder, Verteilungen, Regressionen, Stichproben usw. Den we-
nigsten kommen dabei Karten oder räumliche Auswertungen in den Sinn. In der amtlichen Statistik wurde zur Visualisierung
regionaler Daten in der Vergangenheit selten die Kartenform verwendet und noch seltener führte man räumliche Analysen
durch. Erst in jüngerer Zeit werden statistische Ergebnisse immer häufiger in Kartenform verbreitet und auch räumlich-sta-
tistische Auswertungen vorgenommen. Im Hessischen Statistischen Landesamt (HSL) wurde 2016 das Competence Center
Geoinformation gegründet, welches sich mit der kartografischen Aufbereitung, Analyse und Darstellung von kleinräumigen
Daten beschäftigt. Von Philip Graze

Bedeutung von Geoinformation

In unserem Alltag haben wir ständig mit raum-
bezogenen Informationen, sogenannten Geoin-
formationen zu tun – sowohl bei Routenplanern,
die ein müheloses Navigieren ermöglichen als
auch bei Apps für Smartphones, die anhand von
Standortinformationen unterschiedlichste Aus-
künfte und Hinweise bereitstellen. Über den pri-
vaten Bereich hinaus sind raumbezogene Daten
eine unverzichtbare Grundlage der öffentlichen
Daseinsvorsorge. Sie sind beispielsweise von
besonderer Bedeutung für die öffentliche Be-
 © adiruch na chiangmai – Fotolia.com
darfsplanung von Krankenhäusern, Schulen und
vielem mehr. mation soll im HSL deshalb gezielt ausgebaut
 werden. Hierfür wurde im vergangenen Jahr das
Eine Vielzahl von Aktivitäten im öffentlichen und
 Competence Center Geoinformation gegründet.
privaten Bereich beruht auf Geoinformationen –
 Es besteht derzeit aus insgesamt drei Personen.
also auf Daten, die z. B. die Umwelt, die Gesell-
 Eine Mitarbeiterin bearbeitet regionalstatistische
schaft, den Verkehr oder die Wirtschaftsstruktur
 Fragestellungen und erstellt thematische Kar-
beschreiben.
 ten für Publikationen, Pressemeldungen und die
 Homepage. Eine weitere Mitarbeiterin befasst
Das Competence Center Geoinformation
 sich mit komplexen räumlichen Datenverarbei-
stellt sich vor
 tungs- und Analyseprozessen. Der Koordinator
Die Darstellung und Analyse von Geoinforma- ist für konzeptionelle Fragestellungen verant-
tionen werden in der amtlichen Statistik immer wortlich und ist hausintern der erste Ansprech-
wichtiger. Auch von Kundenseite steigen die partner der Fachbereiche (z. B. Wirtschaftsstatis-
Erwartungen an die zeitgemäße Aufbereitung tiken, Bevölkerung etc.) für Auftragsarbeiten des
regionaler Informationen. Das Thema Geoinfor- Competence Centers.

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 13
Das Competence Center hat die Aufgabe, karto- die Darstellungsform. Die Darstellungsform kann
 grafische Arbeiten und räumliche Auswertungen z. B. einzelne digitale Karten für eine Veröffentli-
 durchzuführen, geeignete räumliche Fragestel- chung, eine Pressemeldung oder die Homepage
 lungen zu identifizieren und qualitätssichernd im umfassen. Darüber hinaus können die Karten
 Statistikproduktionsprozess mitzuwirken. auch als eigene Anwendung auf der Homepage
 angeboten werden, die ein Erkunden der Daten
 in großem Maßstab ermöglicht.

 Qualitätssicherung
 Das Thema Qualitätssicherung ist sehr weitläu-
 fig und vielschichtig. Die Qualitätssicherung
 durch das Competence Center bezieht sich in
 erster Linie auf Prozesse der Datenaufbereitung
 und -verarbeitung. Hierbei handelt es sich um
 ein Themenfeld, das noch stärker ausgebaut
 und systematisch in bestehende Prozesse inte-
 griert werden soll. Einzelne qualitätssichernde
 Maßnahmen fanden beispielsweise im Bereich
 der Landwirtschaftsstatistik statt. In einem ers-

© Robert Kneschke – Fotolia.com
 ten Schritt wurden primär erfasste Anschriften
 anhand eines Standardverfahrens mit einer
 Zentrale Ausführung kartografischer Arbeiten
 geografischen Koordinate versehen. Für einen
 und raumbasierter Auswertungen
 Teil der Anschriften konnten keine Koordinaten
 Im HSL werden alle geodatenverarbeitenden zugewiesen werden. Das Competence Center
 Prozesse — Thematische Karten, raumbasierte entwickelte daher ein auf die nicht eindeutigen
 Auswertungen, Geokodierungen etc. — zentral Anschriften der Landwirtschaftsstatistik abge-
 vom Competence Center übernommen. Das stimmtes Programm, wodurch auch die restli-
 Competence Center ist Dienstleister für die chen Anschriften geokodiert werden konnten.
 Fachbereiche. Für die Realisierung ihrer Ideen
1) „Als ein einfaches,
nicht topologisches und richten sich die Fachbereiche an das Compe- Externe Auftragsarbeiten
vektorbasiertes Binär-For- tence Center. Dieses prüft und bewertet das
mat für Geodaten dienen
 Bei den kartografischen Arbeiten und räumlichen
Shapefiles zur Darstellung Vorhaben hinsichtlich der Machbarkeit, der zeit- Auswertungen, der Identifizierung räumlicher
geographischer Daten
und zum Speichern der lichen Umsetzung sowie des Aufwandes und Fragestellung und der Qualitätssicherung han-
geographischen Position hält anschließend wieder Rücksprache mit dem delt es sich um interne Aufträge. Entsprechende
und der Attributinformati-
onen von geographischen Fachbereich. Der Fachbereich führt dann eine Angebote an Externe werden hingegen nicht ak-
Objekten. […] In einem
Shapefile können geogra- Wirtschaftlichkeitsprüfung durch und entschei- tiv beworben. Dennoch werden auch Anfragen
phische Objekte als Punk- det, ob das Projekt umgesetzt werden soll. nach kartografischer Aufbereitung statistischer
te, Linien oder Polygone
(Flächen) – jedoch jeweils Daten beispielsweise im Rahmen von Sonder-
immer nur ein Elementtyp Identifizieren von räumlichen Fragestellungen
(z. B. entweder Punkte auswertungen von außerhalb an das HSL heran-
oder Flächen) – dargestellt Das Competence Center ist nicht nur Dienstleis- getragen. Das Competence Center Geoinforma-
werden. Durch topolo-
gische Verknüpfungen ter der Fachbereiche. Es geht auch auf die Fach- tion hat auch den Landeswahlleiter unterstützt
stehen alle drei Elemente
in geometrischen bzw.
 bereiche zu, um geeignete räumliche Fragestel- und ein Shapefile1) mit Landtagswahlkreisen für
mathematischen Bezug lungen zu identifizieren und aufzubereiten. Die die Landtagswahlen erstellt. Diese sogenannte
zueinander. Die Topologie
ist dabei dank Geore- Fachbereiche kennen die Besonderheiten der Basisgeometrie ist unverzichtbar zur kartografi-
ferenzierung absolut
 statistischen Daten und beurteilen in Kooperati- schen Darstellung der hessischen Landtagswahl-
messbar und innerhalb
des Systems vom Nutzer on mit dem Competence Center, inwiefern eine ergebnisse. Außerdem hat das Competence
bestimmbar“ (GISwiki:
Shapefile. http://gis.wiki. kleinräumige Datenaufbereitung möglich sowie Center Geoinformation dem Landeswahlleiter
fau.de/mediawiki/index.
 inhaltlich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Weitere kartografische Übersichten bereitgestellt, um
php/Shapefile (abgerufen
am 9.3.2017)). zu klärende Fragen sind die Geheimhaltung und mögliche Änderungen von Wahlkreiszuschnitten

 14 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
zu identifizieren. Diese und ähnliche externe An- WMS liefert nicht die Geoinformationen selbst,
fragen werden ebenfalls vom Competence Cen- sondern lediglich ein visuelles Bild, beispielswei-
ter bearbeitet. se im Format PNG, GIF oder JPEG. Die Funktio-
 nalität eines WMS beschränkt sich demnach auf
Neue Handlungsfelder die visuelle Darstellung von Geoinformationen in
 Form statischer Karten oder Bilder.
Die im vorherigen Abschnitt aufgeführten Aufga-
ben werden kontinuierlich und dauerhaft fortge- Egal, ob es um Fragen der Qualität oder der
führt. Daneben sind, mit einem eher pilothaften
Charakter, die Einführung von digitalen Anwen-
dungen, Web-Map-Services (WMS) und Werk-
zeugen zur Geokodierung angedacht.

Im Bereich der digitalen Anwendungen befasst
sich das Competence Center Geoinformation ak-
tuell mit der Aufbereitung der Straßenverkehrs-
unfälle. Die Straßenverkehrsunfälle sind hierzu
zum einen besonders geeignet, weil die Daten
der einzelnen Unfälle bereits Geokoordinaten
enthalten. D. h. die Geokoordinaten müssen
nicht aufwändig ermittelt werden. Zum ande-
ren handelt es sich um ein Thema zu dem viele
 © Dreaming Andy – Fotolia.com
Kunden einen Bezug haben – ob als Autofahrer,
Fußgänger oder Radfahrer. Geplant ist eine di-
 Analyse geht, bei der Arbeit mit kleinräumigen
gitale Anwendung auf der Homepage des HSL,
 Daten werden immer wieder Geokoordinaten
die dem Nutzer ein individuelles und kleinräumi-
 benötigt. Geokoordinaten ermöglichen die
ges Erkunden des Unfallgeschehens in Hessen
 punktgenaue Verortung von Ereignissen an-
ermöglicht.
 hand von X- und Y-Koordinaten im Raum. Gera-
Im Anschluss sollen weitere, für digitale Anwen- de bei Arbeiten abseits der administrativen Ein-
dungen geeignete Themenfelder identifiziert heiten, wie Landkreise oder Gemeinden, sind
werden. Aus heutiger Sicht vielversprechend die Geokoordinaten essentiell. In den Daten
sind die Bereiche Gesundheit und Bautätigkeit. der amtlichen Statistik sind die Geokoordinaten
Die in den digitalen Anwendungen enthalte- meist nicht standardmäßig enthalten. Jedoch
nen Geoinformationen sollen nicht nur auf der enthalten viele Fachdaten zu Erhebungszwe-
Homepage in einer proprietären Umgebung cken bereits Anschriften. Eine Anschrift ermög-
mit eingeschränkten Möglichkeiten der Weiter- licht ebenfalls eine punktgenaue Verortung
verwendung durch die Anwender nutzbar sein. von Ereignissen oder Sachverhalten im Raum.
Vielmehr ist uns daran gelegen, dass die Nutzer Und hier setzt die so genannte Geokodierung
die Informationen mit ihren Fachdaten kombinie- an: Vorhandene Adressen werden mittels Refe-
ren und weiterverarbeiten können. D. h. es sollen renzdatenbeständen um die Geokoordinaten
Möglichkeiten geschaffen werden, die Geoin- ergänzt. Dabei handelt es sich um ein mehrstu-
formationen am eigenen Arbeitsplatz weiterver- figes, hochkomplexes Vorgehen, weshalb eine
arbeiten zu können oder die Geoinformationen Eigenentwicklung durch das HSL unter wirt-
in vorhandenen Portalen und Viewern, wie z. B. schaftlichen Aspekten nicht zielführend ist. Eine
dem Geoportal Hessen, mit anderen Fachdaten anerkannte Anwendung ist der BKG-Geocoder,
zusammen zu spielen. Die Realisierung erfolgt der von der Arbeitsgemeinschaft der Vermes-
über sogenannte WMS. Der WMS ist ein web- sungsverwaltungen entwickelt und vom Bun-
basierter Kartendienst, der auf der Basis von desamt für Kartographie und Geodäsie (BKG)
Geoinformationen einen Kartenausschnitt gene- bereitgestellt wird. Die Nutzung dieses Werk-
riert und über das Web zur Verfügung stellt. Der zeugs durch das HSL ist seit Kurzem möglich.

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 15
Dafür ist eine Registrierung beim Hessischen räumliche Informationen erweitert, die es dem
 Landesamt für Bodenmanagement und Geoin- Nutzer ermöglichen, statistische Informationen
 formation notwendig. Dadurch kann das Com- räumlich zu sehen, zu analysieren und weiterzu-
 petence Center ein erprobtes Werkzeug nutzen, verarbeiten.
 um automatisiert geeignete Datenbestände zu
 Es gibt jedoch noch viel Gestaltungsspielraum
 georeferenzieren.
 für den Einsatz von Geoinformationen, sowohl

 Fazit für externe Interessenten als auch für Projekte
 des HSL selbst. Denkbar wäre z. B. die Einteilung
 Vor dem Hintergrund eines stetig steigenden
 von Interviewerbezirken für Haushaltebefragun-
 Interesses an kleinräumigen Analysen sowie
 gen, der Aufbau und die Pflege von Anschrif-
 kartografischen Darstellungen, ist der stärkeren
 Nutzung von Geoinformationen im HSL durch tenbeständen und Wohnraumprüfungen im

 die Einrichtung des Competence Centers Geoin- Rahmen des Zensus 2021 oder weiterführende
 formation Rechnung getragen worden. räumlich-statistische Analysen.

 Von einer intensiveren Nutzung der Geoinfor-
 mationen profitieren in erster Linie die Kunden
 des HSL. Die Produktpalette des Statistischen Philip Graze; Tel: 0611 3802-810;
 E-Mail: philip.graze@statistik.hessen.de
 Landesamtes wird zunehmend um Karten und

Hessische Kreiszahlen
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 16 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017
Der Einsatz von Small-Area-Verfahren —
erste Erfahrungen mit
Area-Level-Schätzungen
Unter dem Begriff Small-Area-Verfahren versteht man gemeinhin Methoden, die darauf abzielen, aus stichprobenbasier-
ten Erhebungen belastbare statistische Ergebnisse in tiefer fachlicher oder räumlicher Gliederung abzuleiten. Eines dieser
Verfahren, das Area-Level-Modell, wird im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation zur Schätzung der Einzelhandelsumsätze
auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte eingesetzt. Die Schätzergebnisse werden den Ergebnissen der klassischen
Schätzmethode, der direkten Schätzung, gegenübergestellt. Die Simulation zeigt, dass Area-Level-Schätzungen sehr häufig,
aber nicht immer, genauere Schätzergebnisse liefern als die direkte Schätzung. Da beim Area-Level-Ansatz auch der Varianz
der direkten Schätzer eine bedeutsame Rolle zukommt, werden zudem unterschiedliche Ansätze zur Schätzung der Varianz
des direkten Schätzers untersucht und miteinander verglichen. Von Dr. Peter Gottfried

In jüngerer Zeit häufen sich im Hessischen Sta- fizielle Statistik1), werden aber bislang in der
tistischen Landesamt (HSL) die Nutzeranfragen deutschen amtlichen Statistik eher zurückhal-
nach regional und fachlich sehr tief geglieder- tend eingesetzt. Zu den wenigen Ausnahmen
ten Daten. Die Gründe für diese Entwicklung zählt die Arbeit von Dieterle (2011)2), die zur
sind vielfältig. Regional- und wirtschaftspoli- Schätzung des Schweinebestandes auf Kreis-
tische Maßnahmen werden vermehrt Evalua- ebene neben dem klassischen Vorgehen auch
tionen unterzogen, welche sehr detailliertes einen synthetischen und einen zusammen-
Datenmaterial erfordern. Auch wirtschaftliche gesetzten Schätzer einsetzte und die Ergeb-
Interessenverbände sind zunehmend bestrebt, nisse einander gegenüberstellte. In ähnlicher
ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Be- Weise befasst sich der vorliegende Beitrag
deutung für Land und Regionen in „harten Zah- mit Area-Level-Schätzungen, einem weiteren
len“ darzustellen. Dies sind nur zwei mögliche Small-Area-Verfahren3). Als Testanwendung sol-
Motive für ein anhaltend hohes bzw. stetig stei- len die Umsätze des Einzelhandels auf Ebene
gendes Nutzerinteresse an tief gegliederten 1) Siehe beispielsweise
 der Landkreise und kreisfreien Städte geschätzt Gonzales, M. E., Placek,
Daten. Diese Entwicklung stellt das HSL aller- werden. Im Kern steht dabei ebenfalls die Fra- P.J. und Scott, C. (1996):
 Synthetic Estimation of
dings vor eine neue Herausforderung, da derart ge, inwieweit sich mit Area-Level-Schätzungen Followback Surveys at the
detaillierte statistische Angaben, sofern sie auf National Center for Health
 belastbare kleinräumige Ergebnisse erzielen Statistics. In Schaible, W.
Stichproben-Erhebungen basieren, mit der her- lassen. Zur Untersuchung der Frage wird auf L. (Herausgeber): Indirect
 Estimators in U.S. Federal
kömmlichen Methodik nicht in der gewohnten Simulationstechnik zurückgegriffen. Da stich- Programs.
Zuverlässigkeit der Daten bereitgestellt werden probenbasierte Ergebnisse zufälligen Schwan- 2) Dieterle, M. (2011):
können. „Die Schätzung regionaler
 kungen unterliegen, wird das Vorgehen — Stich- Daten mithilfe von Small
 probenziehen nebst Auswertung derselben Area-Schätzmethoden“,
Small-Area-Verfahren bieten hier die Mög-
 Statistisches Bundesamt
lichkeit statistisch belastbarere Ergebnisse — mehrfach wiederholt, um so ein umfassen- (Herausgeber): Wirtschaft
 und Statistik, Dezember
zu gewinnen. In der Wissenschaft sind die deres Bild von der Leistungsfähigkeit des Ver- 2011. Seite 1212-1218.
Verfahren mittlerweile fest etabliert und wer- fahrens (im vorliegenden Anwendungsfall) zu er- 3) Eine kurze Übersicht
 zu Small-Area-Verfahren
den stetig weiterentwickelt. Sie fanden, in- halten. Der Beitrag ist somit eher methodischer
 findet sich ebenfalls in
ternational betrachtet, auch Einzug in die of- Natur und richtet sich vornehmlich an Leser, die Dieterle (2011).

 Staat und Wirtschaft in Hessen 1|2017 17
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