Lampenfieber Teil 1: Der ungebetene Gast am Rednerpult

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Lampenfieber Teil 1: Der ungebetene Gast am Rednerpult
Lampenfieber Teil 1: Der ungebetene
Gast am Rednerpult
von Martina Kettner in Arbeitsleben am Mittwoch, 20. August 2014 um 11:01

Unter Auftrittsangst oder Lampenfieber leiden rund 80 Prozent aller Menschen. Maria Staribacher
kennt als Schauspielerin und Coach beide Seiten der Angst vor dem Versagen und erzählt, warum
Lampenfieber auch nützlich sein kann – solange man es im Griff hat.
Lampenfieber Teil 1: Der ungebetene Gast am Rednerpult
“Sehr viele Menschen haben großes
Lampenfieber”

Maria Staribacher

Die Hände zittern, von der Präsentation hat man plötzlich keine Ahnung mehr und das Hemd hat
den Kampf gegen den Angstschweiß längst verloren. Während im Besprechungsraum die
Führungsriege auf den Vortragenden wartet, kämpft der gegen die Angst vor dem Auftritt. Die
Bewältigung von Lampenfieber ist ein Schwerpunkt in der Coachingarbeit von Maria Staribacher:
„Ich komme aus der Schauspielerei, das war mein Ursprungsberuf. Nebenbei habe ich nicht nur
Schauspiel und Sprechtechnik unterrichtet, sondern auch Rhetorikseminare gehalten. Da habe ich
bemerkt, dass sehr viele Menschen großes Lampenfieber oder Angst davor haben, vor Menschen
zu sprechen – selbst in einer geschützten Gruppe.“

Betablocker und Alkohol gegen die Angst

                                                  Das belastende Angstgefühl beschleicht auch
Profis, die oft vor Publikum stehen. Mit Alkohol und Betablockern wird dann versucht, die Angst
in den Griff zu bekommen. „Starkes Lampenfieber gibt es auch bei großen Musikern, die brechen
manchmal vor dem Auftritt zusammen aber haben sich dann soweit im Griff, dass sie auf der
Bühne wieder voll da sind“, erzählt Staribacher. Der Auftrittsangst wird manchmal sogar die
berufliche Laufbahn geopfert: „Etliche Musiker haben ihre Karriere aufgegeben, weil sie es nicht
mehr ausgehalten haben. Ohne Betablocker oder ein, zwei Bier konnten sie nicht mehr
auftreten.“

„Lieber sterben, als eine Rede halten“
Wer sich von der Angst lähmen lässt, sabotiert damit auch seine Karriere. „Eine Studie aus den
USA besagt, dass Auftrittsangst sogar noch vor der Angst vor dem Tod kommt. Manche würden
lieber sterben, als eine Rede zu halten. Viele vermeiden dann Auftritte, was ihnen auf der
Karriereleiter schadet. Es gehört zu vielen Jobs einfach dazu, dass man Präsentationen hält“,
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sagt Staribacher. Manche bekommen ihr Lampenfieber in den Griff, indem sie immer wieder vor
Menschen sprechen und Auftritte absolvieren. Bei anderen funktioniert das nicht oder noch
schlimmer: Die Angst wird immer größer.

Dank Lampenfieber zu Höchstleistungen

                                                 In der richtigen Dosierung kann die Aufregung
vor Auftritten zum guten Partner werden. In Fachkreisen wird immer zwischen Lampenfieber und
Auftrittsangst unterschieden. „Lampenfieber ist an sich nichts Schlimmes. Gesunde Aufregung
erhöht die Konzentrationsfähigkeit, die Wahrnehmung und kann zu richtigen Höchstleistungen
antreiben. Es wirkt in einem gewissem Rahmen wie ein Aufputschmittel: Man ist hellwach, voll
gespannter Freude, hat enorm viel Kraft und die geistige Konzentrationsfähigkeit, um eine ganze
Menschenmenge bewusst wahrzunehmen. Auftrittsangst dagegen senkt die Leistungsfähigkeit
und man kann sein volles Potential nicht ausschöpfen. Wenn Angst dermaßen groß wird, dann
wird es problematisch“, erklärt Lampenfiebercoach Staribacher.

Zurück zur Wurzel allen Übels
Manchmal ist es notwendig, zum Ursprung des Lampenfiebers zurück zu kehren. Der liegt oft in
der Kindheit. „Das sind Verbindungen, die wir als Erwachsene oft gar nicht mehr wiederherstellen
können. Als Kind wurde einem vielleicht gesagt oder vorgelebt: Es ist nicht gut, im Mittelpunkt zu
stehen. Rede nicht, wenn Erwachsene reden. Mach dich nicht so wichtig. Das wirkt in uns nach
und als Erwachsener steht man plötzlich vor 20 oder 100 Personen und soll reden. Dann
signalisiert das Gehirn: Das fühlt sich an wie damals und im Mittelpunkt zu stehen, ist nicht gut.
Dafür werde ich nicht geliebt, dafür muss ich mich schämen. Da greifen alte Gefühle wieder, die
kann man mit speziellen Techniken aber auch wieder in den Griff bekommen“, erzählt der Coach.

Morgen im zweiten Teil: Tipps und Tricks gegen Lampenfieber

Zur Person
Maria Staribacher hat sich als Coach auf die Bewältigung von Lampenfieber, Leistungsstress und
Ängsten spezialisiert. Als Schauspielerin und Sängerin steht sie selbst immer wieder auf der
Bühne.
Lampenfieber Teil 1: Der ungebetene Gast am Rednerpult
Bildnachweis: Fernando Cortes/Shutterstock, Phil McDonald, Shutterstock,
Jesadaphorn/Shutterstock

Martina Kettner
Martina Kettner hat zwei Leidenschaften: Schreiben und Fotografieren. Für karriere.at macht sie
Ersteres und bloggt am liebsten über alles, was den Arbeitsalltag schöner und Karriereplanung
leichter macht.

Lampenfieber Teil 2: Tipps und Tricks
gegen die Angst vor dem Auftritt
von Martina Kettner in Arbeitsleben am Donnerstag, 21. August 2014 um 10:34

Im ersten Teil hat Coach Maria Staribacher erzählt, warum uns Lampenfieber auf der
Karriereleiter den Weg nach oben verstellt. Heute verrät sie praktische Tricks gegen die
aufkeimende Angst vor dem Versagen. Richtige Vorbereitung nimmt die Beklommenheit und
einem gelungenen Auftritt steht nichts mehr im Weg.
Lampenfieber Teil 1: Der ungebetene Gast am Rednerpult
Viele Wege führen ans Ziel
Beim Kampf gegen Lampenfieber rät Maria Staribacher zu einer vielfältigen Strategie:
„Lampenfieber äußert sich in vier Bereichen: Emotional, mental, auf der Gefühlsebene und
körperlich. Auf allen Ebenen kann man etwas tun und ich würde das auch empfehlen.“ Es ist
hilfreich, sein Lampenfieber zu analysieren, um es kennen zu lernen. In welchen Situationen tritt
es auf? Vor welchem Publikum? Welche Gedanken und Gefühle gehen einem dabei durch den
Kopf?

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Sollte vor jeder Präsentation oder jedem Vortrag selbstverständlich sein: Die perfekte
Vorbereitung. Noch wichtiger wird die Vorarbeit allerdings, wenn man vor Publikum besonders
nervös und angespannt ist. Augenmerk sollte man nicht nur auf Inhaltliches legen, sondern auch
auf Struktur und Rahmenbedingungen: Wie sieht der Raum oder Vortragssaal aus, wer sind
meine Zuhörer und was möchte ich erzielen? Könnte es Fragen und Einwände geben, auf die ich
reagieren muss?

Der Aufregung einfach davonspazieren
Lampenfieber ist eine Stressreaktion des
Körpers, die Stresshormone kann man gut durch Bewegung abbauen. Joggen, Nordic Walking
oder ein langer Spaziergang sorgen bereits im Vorfeld für Ausgeglichenheit. Sich direkt vor dem
Auftritt körperlich total zu verausgaben ist natürlich weniger ratsam. Ein Spaziergang um den
Häuserblock, Treppen steigen oder auf der Stelle hüpfen reichen völlig aus, um dem Körper
etwas von seiner Anspannung zu nehmen.

Richtiges Atmen beruhigt
Rhythmische Atmung beruhigt und senkt den Blutdruck. Staribacher empfiehlt, sich vor seinem
Auftritt zurückzuziehen und rhythmisch ein- und auszuatmen – dabei die Takte zählen. Die
Konzentration auf das Zählen lenkt von der Aufregung ab.

Gefühle wahrnehmen, aber nicht bewerten
Die Akzeptanz von Lampenfieber ist der erste Schritt zur erfolgreichen Bekämpfung. Symptome
wie Herzklopfen darf man ruhig wahrnehmen, man sollte sie aber nicht bewerten: Ok, ich habe
Herzklopfen, aber jetzt konzentriere ich mich wieder auf meine Präsentation. Negative Gedanken,
die um Symptome kreisen, verstärken die Aufregung unnötig.

Auf das richtige Mindset kommt es an
Die Angst vor dem eigenen Versagen verstärkt
negatives Denken. Statt dessen sollte man sich Gedanken, die beruhigen und die Zuversicht
stärken, ins Gedächtnis rufen: Ich habe schon oft einen Vortrag gehalten und es ging immer gut.
Auch heute wird es gut gehen. „Von dem, was man selbst fühlt, bekommt das Publikum nur ein
Achtel mit. Erst wenn man sich für sein Lampenfieber geniert, dann kriegen das auch die
Zuschauer mit“, verrät Staribacher.

Trockentraining ist ratsam
„Die meisten Übungen sollte man bereits im Vorfeld, wenn man nicht nervös ist, vorbereiten und
üben“, rät die Expertin. Die Atemübungen sind in zwei bis drei Minuten absolviert. Auch die
positiven Gedanken, die vor dem Auftritt bestärken sollen, sollte man sich mit genügend
Vorlaufzeit erarbeiten und zurecht legen. „Im entscheidenden Moment fallen sie einem sonst
nicht ein, weil der Körper in Stresssituationen nur auf Bewährtes zurückgreift.“ In Gedanken darf
man auch ruhig durchspielen, wie erfolgreich und grandios der nächste Auftritt sein wird. Wer
möchte, kann es Spitzensportlern gleichtun und sich verstärkt mit Mentaltraining auseinander
setzen.

Bildnachweis: Maraga/Shutterstock, Dudarev Mikhail/Shutterstock, Ollyy/Shutterstock
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