Leben im Dorfzentrum Alterswohnungen "Rosengärtli" Amden - Entstehungsgeschichte und erstes Betriebsjahr 2007 bis 2017 - Age-Stiftung
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Leben im Dorfzentrum Alterswohnungen «Rosengärtli» Amden Entstehungsgeschichte und erstes Betriebsjahr 2007 bis 2017
Impressum Trägerschaft Genossenschaft Alterswohnungen Linth, GAW Fotografien Alice Angehrn, Seite 5 Thomas Angehrn, Seiten 12, 18 (2) Friedrich Böhringer, Wikipedia, Seite 6 Hannes Bühler, Seiten 32, 33 Carole Fleischmann, Seite 17 GAW, Seite 22 Simon Rakeseder, Seiten 1, 8, 10, 13, 14, 18 (1), 20, 23 – 30, 45 Marianne Strickler, Seiten 39, 44 Bruno Wild, Seiten 35, 36, 38, 40 Pläne und Modelle Simon Rakeseder, ABG Rakeseder GmbH Autorin Gerlind Martin Gestaltung René Imhof, Joel Kaiser Dieser Bericht dokumentiert ein Förderprojekt der Age-Stiftung – weitere Informationen dazu unter www.age-stiftung.ch. Der Bericht ist in- tegraler Bestandteil der Förderung und wurde durch die Age-Stiftung in Auftrag gegeben. Kontakt Genossenschaft Alterswohnungen Linth, GAW Bachdörfli 2, 8752 Näfels www.gaw-linth.ch Präsident Franz Landolt, Tel. 079 500 80 37 Januar 2018
Inhalt 4 Vorwort 5 Amden: Wachsende Gemeinde 7 «Rosengärtli»-Geschichte in sieben Kapiteln 8 Vom Erbe zur Albert Böni-Opawsky-Stiftung 16 «Etwas Zukunftsgerichtetes tun» 19 GAW: Erfahren und erfolgreich 21 Meilensteine der GAW-Geschichte 22 Bauen im steilen Amden 24 «Flachste Rampe» in Amden 25 Markant geplant, kooperativ gebaut 31 «Ein Cafe ist immer gut» 33 Mit allen Duzis – und doch nicht zu nah 34 «Jäten? Dafür brauchen wir ewig!» 36 Glücklich über kleinen Garten – hoffen auf mehr Kontakt 37 Zuständig für alle Anliegen 39 Vielleicht mehr Miteinander im zweiten Jahr 40 Mieterinnen-, Mieter-, Wohnungsspiegel 42 Projektfinanzierung 43 Erfahrungen und Empfehlungen 45 Neue Wohnangebote: Zentral privat – mit Seesicht im Heim 3
Vorwort Insbesondere drei Protagonisten kommen Dass aus der Vision Alterswohnungen im Dorf- im folgenden Bericht ausführlich zu Wort. Sie zentrum ein Lebensraum geworden ist, dafür haben spezifische Verdienste an der Verwirkli- sorgen die Mieterinnen und Mieter der 26 chung des Projekts Alterswohnungen «Rosen- genossenschaftlichen «Rosengärtli»-Wohnun- gärtli» in Amden: gen. Im November 2017 sind das 22 Frauen Thomas Angehrn als Initiant und 18 Männer, insgesamt 40 Personen. Simon Rakeseder als Architekt Unter ihnen Ida und Hans Spörri-Gmür, Haus- Franz Landolt als Bauherrenvertreter wartleute und erste Ansprechstation der Mieterinnen und Mieter für alle Anliegen und Das Projekt Alterswohnungen hängt eng zu- viele Wünsche. sammen mit dem bereits vorher neu gebauten Dorfzentrum mit dem Cafe Löwen. Von den Die Autorin dankt allen Gesprächspartnerinnen ersten Ideen, über Planung und Bau bis zum und -partnern herzlich: Sie haben mit ihren In- Bezug der letzten Wohnung haben natürlich formationen und Erzählungen, mit Unterlagen unzählige Personen mitgewirkt und mitgear- und Fotografien diesen Bericht ermöglicht. beitet – in allen Phasen, auf vielen Ebenen. Insbesondere sind dies: «Wir spürten die Verpflichtung, der Gemeinderat und die Behörden von etwas Zukunftsgerichtetes Amden der Stiftungsrat der Albert Böni- zu tun.» Opawsky-Stiftung Thomas Angehrn das Architekturbüro ABG Rakeseder GmbH Ammlerinnen und Ammler «Ihre zentrale Lage in Amden ist Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der das Herzstück und matchent- «Ammler Zitig» die Bauarbeiter und Handwerker vieler scheidend für den Erfolg dieser Betriebe aus Amden und Umgebung Alterswohnungen.» die Wirtin und das Team des Cafe Löwen Franz Landolt der Verwaltungsrat der Genossenschaft Alterswohnungen Linth, GAW die Genossenschafterinnen und Genossen- schafter der GAW die Age-Stiftung Schweiz 4
Amden: Wachsende Gemeinde Tourismus, Landwirtschaft, Gewerbe und bis Seit 2004 wächst die Zahl der Einwohnerin- zu 800 Einwohnerinnen und Einwohner, die nen und Einwohner jährlich um eineinhalb auswärts arbeiten: Dies sind gemäss Gemein- Prozent. Gemäss Vogt ziehen vor allem junge depräsident Markus Vogt die vier wichtigen Familien und Leute über 50 nach Amden, ökonomischen Pfeiler der St. Galler Gemein- sie sind «sportlich, mittelständisch, naturver- de Amden. Arbeitsplätze gibt es in Amden in bunden». der Landwirtschaft, in Tourismus, Gast- und Baugewerbe, im Dienstleistungssektor. Die Ein Drittel der Bevölkerung ist 60+ meisten landwirtschaftlichen Haupterwerbs- betriebe stocken ihr Einkommen durch einen Aktuell leben rund 1800 Personen in der Nebenerwerb auf, etwa im Wintertourismus Gemeinde, knapp 180 haben einen ausländi- (Sportbahnen, Skischule, Gastgewerbe). schen Pass. Zirka 330 Personen sind 20-jäh- Als charakteristisch für Amden nennt Ge- rig und jünger. 598 Einwohnerinnen und Ein- meindepräsident Vogt: hohe Lebensqualität, wohner sind 60-jährig und älter: 308 Frauen, gute Infrastruktur und intakte Dorfstruktur (33 290 Männer. Zirka 90 Personen leben in lebendige Vereine), tiefe Steuern und ver- einem Single-Haushalt; im Alters- und Pflege- nünftige Baupreise. Amden sei nebelfrei und heim Aeschen wohnen 22 Personen, die meis- zentrumsnah. ten sind einheimisch (vgl. Seite 45). In Amden Blick auf Amden, das Bergdorf hoch über dem Walensee. 5
Dorf leben knapp 1400 Personen, etwa 338 Sportplatz und Badeanlage mit Volleyballfeld. in Fli-Amden am Walensee sowie 38 im Weiler Das Dorf Amden ist eine Streusiedlung am Betlis. In der Gemeinde gibt es hauptsäch- Südhang, es gibt kaum Wege ohne Steigung/ lich Einfamilienhäuser, einen kleinen Anteil an Gefälle, dafür weite Wege ins Zentrum mit Mietwohnungen; in einzelnen Gebieten wird Läden, Dienstleistungen, Schulen. Paare und nun verdichtet gebaut. Familien sind meist auf mehrere Autos ange- wiesen. Der Bus zum Schnellzugbahnhof Ziegelbrücke Streusiedlung am Südhang fährt im ½-Stunden-Takt; die Autobahn ist in Die Gemeindefläche beträgt knapp 43 km2 sieben Minuten erreichbar. Grob gesagt fahren und erstreckt sich vom Walensee (419 die Leute fürs Einkaufen nach Näfels, Sargans M. ü. M.) bis zum Leistkamm (2101 M. ü. M.); oder Rapperswil, zur Ausbildung nach Näfels das Dorf liegt auf 900 Metern. Amden preist oder Niederurnen, zur Arbeit nach Zürich, ins sich an als «Sonnenterrasse» mit grossflä- Glarnerland und Linthgebiet. chigen Landschaftsschutz- und Naturschutz- gebieten, mit zwei Moorlandschaften. Die Gemeinde verfügt über Sporteinrichtungen wie Hallenbad, Sportbahnen, Schützenhaus, Amden von Süden, von den Glarner Alpen her gesehen. 6
«Rosengärtli»-Geschichte in sieben Kapiteln Die meisten Mieterinnen und Mieter ziehen im Herbst 2016 in die 26 «Rosengärtli»-Wohnungen im Zentrum von Amden ein. Für dieses Projekt haben die Albert Böni-Opawsky-Stiftung aus Amden und die Genossenschaft Alterswohnungen Linth in Näfels zusammengespannt, zwei Organisationen dies- und jenseits der Linth. Rückblick auf eine, auch in manch anderer Hinsicht überraschende Geschichte. Der wirkliche Beginn dieser gut 10-jährigen Der Wunsch nach einem attraktiveren Dorf- Geschichte liegt im Verborgenen: Denn nie- kern leuchtet unmittelbar ein, ist doch das mand weiss, weshalb der in Amden heimatbe- einstmals prägende Hotel Löwen seit Jahren rechtigte Albert Böni-Opawsky die Gemeinde geschlossen. Eine «Hotel-Brache und keine Vi- als Alleinerbin seines Vermögens einsetzte sitenkarte für das Dorf», wie Thomas Angehrn und wünschte, sie möge damit eine Stiftung sagt. Doch warum Alterswohnungen im Zent- gründen (vgl. Seite 8). Zwar haben seine Vor- rum? Im Gespräch erinnert er sich an eine öf- fahren in Amden gelebt, nie aber Albert Böni fentliche Veranstaltung zu Altersfragen einige selbst; er wohnte während der letzten 34 Jah- Jahre zuvor, da sei über die in Amden fehlen- re seines Lebens in Weinfelden, bis zu ihrem den Alterswohnungen diskutiert worden. Nun, Tod zusammen mit seiner Frau, der Opernsän- im Jahr 2007, erkennen Thomas Angehrn und gerin Margit Opawsky. der Stiftungsrat eine Aufgabe. «Wir spürten die Verpflichtung, etwas Zukunftsgerichtetes zu tun.» (Vgl. Seite 16) Kapitel 1: Stiftungsrat ergreift Initiative Alterswohnungen versteht das Gremium dem- 2006 stirbt Albert Böni – und die Gemeinde nach als eine Investition in die Zukunft – und Amden erfährt, dass er sie zur Alleinerbin be- macht sich daran, dafür das nötige Land zu stimmt hat. Sie kann mit 3,2 Millionen Fran- kaufen. ken rechnen. Ein Jahr nach der Testaments- eröffnung beginnt diese Geschichte richtig: Kapitel 2: Verhandlungen Jetzt tritt die Gemeinde Amden das Erbe von und Landkäufe Albert Böni-Opawksy an. Der Gemeinderat beschliesst im Sinne des Erblassers, mit dem Im Dezember 2009 (vgl. Zeitstrahl ab Seite 9) kön- Geld eine von der Gemeinde unabhängige nen gemäss Angehrn «lange und schwierige» Stiftung zur Förderung der Gemeinde Amden Verhandlungen abgeschlossen werden: Die zu errichten. Böni-Opawsky-Stiftung kauft die «Löwen»-Lie- Der erste Präsident der Albert Böni-Opaw- genschaft (399 m2) und räumt der Verkäuferin sky-Stiftung ist der vormalige Gemeindeprä- ein Nutzungsrecht bis im März 2011 ein. «Um sident Thomas Angehrn. Weil kaum Gesuche wirklich langfristig eine gefreute Sache im eingehen, wird der fünfköpfige Stiftungsrat Dorfkern» zu realisieren, will der Stiftungsrat selber aktiv: Er initiiert die heutige Überbauung zusätzlich die hinter dem «Löwen» liegende des Dorfkerns mit Geschäftshaus, Cafe Löwen, «Rosengärtli»-Parzelle in seine Planung ein- Bäckerei, Laden und 26 Alterswohnungen. beziehen. Erfolgreich verhandelt er mit den 7
Vom Erbe zur Albert Böni-Opawsky-Stiftung In Amden war sein Urgrossvater zur Welt gekom- werden». Deshalb werde eine Stiftung errichtet men, hier hatten seine Grosseltern gelebt. Albert «mit dem Zweck, die Entwicklung der Gemeinde Böni aber, 1921 in Oberwangen geboren, wohnte Amden zu fördern», insbesondere «die Lebens- selber nie im Bergdorf hoch über dem Walensee qualität, die wirtschaftliche und gesellschaftliche – wann er letztmals in Amden weilte, ist nicht be- Entwicklung, die Kunst und die Architektur». kannt. Er hatte Kontakt mit Amden, seit die Gemeinde 1991 ihre Bürgerinnen und Bürger zum «Begeg- nungstag am Heimatort» eingeladen hatte. Als Amden später eine Aktion für die Sportbahnen lancierte, zeichnete er «grosszügig» Aktien; für die Generalversammlungen allerdings liess er sich regelmässig entschuldigen, wie Thomas Angehrn erzählt. Angehrn war damals Gemeindepräsident und schickte dem Aktionär nach jeder GV den Be- richt der «Ammler-Zitig», verbunden mit «Grüssen und guten Wünschen». Einmal besuchten er und Albert und Margit Böni-Opawsky. seine Frau Albert Böni in Weinfelden, luden ihn zum Essen ein. «Wir trafen einen gesprächigen Mann, Thomas Angehrn war der erste Stiftungsratsprä- der seit dem Tod seiner Frau, der Wiener Opern- sident. Ende Juni 2007 nach 27 Jahren als Ge- sängerin Margit Opawsky, merkbar einsam war.» meindepräsident zurückgetreten, war er frei für das neue Amt. Nach dem Verkauf des Hauses von «Lebensqualität fördern» Albert Böni in Weinfelden betrug das Stiftungsver- Was Albert Böni-Opawsky für Amden tat, über- mögen 3,2 Mio Franken. Laut Thomas Angehrn raschte alle: Er vermachte der Gemeinde sein Ver- gingen bei der Albert Böni-Opawsky-Stiftung mögen. 2007, als ein Jahr nach seinem Tod alle kaum Gesuche ein. «Wir wollten nicht nur Geld ver- rechtlichen Fragen geklärt waren, trat Amden das walten», deshalb wurde der Stiftungsrat selber ak- Erbe an. Der Gemeinderat liess die Bevölkerung tiv: Die Stiftung kaufte die «Hotelbrache ‹Löwen›» wissen: Albert Böni habe testamentarisch ge- und ein weiteres altes Haus im Dorfzentrum. «Wir wünscht, sein «Nachlass möge im Rahmen einer hatten die Idee einer Gesamtüberbauung mit Ge- Stiftung für gemeinnützige Zwecke verwendet schäftshaus, Café und Alterswohnungen.» Das alte Hotel Löwen im Dorfzentrum von Amden mit Vorplatz und Pavillon der Gemeinde. 8
Besitzern und kann den Kauf des 2337 m2 Gewünscht wird eine «Projekt- und Konzept- umfassenden Grundstücks im August 2010 skizze» für die Überbauung mit einem Mehr- besiegeln. Der Bewohnerin des Hauses wird familienhaus, nutzbar als «Alterszentrum ein lebenslängliches Nutzungsrecht garantiert. mit Synergien Café/Restaurant-Neubau», Dem Stiftungsrat liegt an einer «möglichst zum Beispiel mit Alterswohnungen, Gemein- guten Gesamtüberbauung für beide Grundstü- schaftsräumen, Spitexstützpunkt, Tiefgarage. cke». Deshalb entscheidet er sich für einen Ar- Das Vorhaben erfolge «in engem Kontakt und chitekturwettbewerb. Er arbeitet Vorstellungen Absprache mit dem Gemeinderat», heisst es zum Raumprogramm sowie die Rahmenbedin- in der Einladung an die Architekturbüros. Dies gungen für den Projekt- und Ideenwettbewerb nicht zuletzt deshalb, weil das südlich an die aus. Für den entsprechenden Situationsplan «Löwen»-Parzelle angrenzende Grundstück (mit u.a. Wettbewerbsumgrenzung, Nutzungs- der politischen Gemeinde zum Teil in die Pla- zonen, privatrechtlichem Bauverbot, Bachsoh- nung einbezogen werden könnte. le und -verlauf) zieht er das örtliche Ingenieur- Der Stiftungsrat, der Gemeinderat und die bei- büro bei sowie ein Architekturbüro, das nicht den Ratsschreiber bilden das «Preisgericht» am Wettbewerb teilnimmt. für die in der Folge eingereichten sieben Pro- jekte. Es wählt im Februar 2011 einstimmig das Projekt des ortsansässigen Architekten Kapitel 3: Wettbewerb, Sieger und … Simon Rakeseder aus. Dessen Planung habe Im Oktober 2010 ist es so weit: Es werden als einzige die hinter dem «Löwen» liegenden acht Architekturbüros aus der Region für den Parzellen nicht entwertet, erinnert sich Tho- Projektwettbewerb «Überbauung/Gestaltung mas Angehrn. Das heisst: Der Architekt plante Dorfkern Amden» eingeladen: Gemäss den einen vierstöckigen Haupt- mit einem zwei- Unterlagen geht’s dabei um einen «Neubau stöckigen Nebenbau und garantierte so, dass Geschäftshaus mit Wohnungen, eventuell die dannzumaligen Mieterinnen und Mieter Garni-Zimmer (Ersatzbau Hotel Löwen) mit der Alterswohnungen freie Sicht auf die Glar- Dorfplatzgestaltung» sowie um ein Cafe/Res- ner Alpen haben. Und auch das sagt Thomas taurant, eventuell mit Wintergarten auf dem Angehrn: «Ja, klar, das war ein moderner Bau, Vorplatz. für den wir uns entschieden haben.» Das Dorf Ausgeschrieben wird gleichzeitig ein Ideen habe sich bereits davor verändert: eher unty- wettbewerb für das hinter der «Löwen»- pische Mehrfamilienhäuser seien gebaut und Parzelle liegende Gebiet «Rosengärtli»: im Dorfkern seien Gebäude «mit modernem 9
Das neue Geschäftshaus mit Cafe Löwen, Bäckerei, Terrasse, 2-stöckigem Anbau und Gemeinde-Pavillon. Touch, zeitgemässer Architektur» entstanden. Für den 4. Juli lädt der Stiftungsrat die Be- Es ist Anfang März, als der Stiftungsrat alle völkerung zu einer Informationsveranstaltung Wettbewerbs-Projekte öffentlich ausstellt und ein und verspricht in der Einladung, «die An- den Interessierten ein erstes Mal Red’ und regungen der Unterschriftensammlung» zu Antwort steht. prüfen und das Projekt weiter zu entwickeln. An der Veranstaltung präsentiert Architekt Simon Rakeseder sein Projekt. Thomas An- … ein Zwischenhalt: gehrn zeichnet die bisherige Geschichte nach, Kritik und Mitsprache verweist auf die regelmässigen Informatio- Im April erscheint unter dem Titel «Gestal- nen des Stiftungsrats und betont, die Detail- tung Dorfkern» ein kritischer Leserbrief in der planung von Fassaden- und Dachgestaltung «Ammler Zitig»: Die Einsenderin freut sich sowie die Wahl der Materialien seien noch zwar, dass endlich etwas getan werde und nicht abgeschlossen. Das Projekt werde von wieder Leben auf dem Dorfplatz einkehren Stiftungsrat und Architekt weiter bearbeitet. solle. An zwei Dingen aber stört sie sich: an Gleichzeitig betont er: «Die Verantwortung der Architektur des Siegerprojekts und daran, und Entscheidung liegt allein beim Stiftungs- dass der Stiftungsrat ohne Einbezug der Be- rat.» völkerung entscheide. Sie fordert eine Über- «Wogen um Löwen-Überbauung Amden glät- arbeitung des Projekts. An einer Unterschrif- ten sich – vorerst», titelt die «Südostschweiz» tensammlung zuhanden von Stiftungs- und am 6. Juli: Etwa hundert Ammlerinnen und Gemeinderat nehmen in diesen Wochen 336 Ammler hätten an der Aussprache teilgenom- Personen teil: Sie opponieren damit gegen die- men. Diese habe «die Gemüter offenbar etwas se «moderne Architektur», fordern eine Über abgekühlt, aber nicht ganz besänftigt». Einen arbeitung des Projekts und dass «die Interes- Mit-Initianten der Unterschriftensammlung sen der Bürger ernst» genommen werden. zitiert die Online-Ausgabe mit den Worten: 10
«Zufrieden bin ich nicht, aber ich werde jetzt ostschweiz» unter dem Titel «Lob für über- erst einmal die Baueingabe abwarten.» arbeitetes Projekt»: «Der Widerstand gegen Im Rückblick sagt Thomas Angehrn: «Oppo- die geplante ‹Löwen›-Überbauung in Amden sition und Kritik kann man nie von vorneher- hat sich aufgelöst. Vom überarbeiteten Projekt ein ausschliessen», dazu hätten die Leute ja sind auch die einstigen Kritiker begeistert.» auch das Recht. Transparente Information sei Und den Mitinitianten der Unterschriften- wichtig. Das hätten er und seine damaligen sammlung zitiert sie gar mit den Worten: «Es Stiftungsratskolleginnen und -kollegen seiner ist ein super Projekt.» Jetzt seien mit der ge- Einschätzung nach richtig gemacht. Wichtig planten «Löwen»-Überbauung «alle zufrieden». sei aber auch, sich der Kritik zu stellen: «Wenn Gemäss Auskunft von Thomas Angehrn gibt man von Projekt und Vorgehen überzeugt ist, es nach der Baueingabe keine Einsprachen muss man hin stehen, standfest bleiben, argu- gegen das Projekt Dorfzentrum. Es kann also mentieren und kleine Kompromisse machen.» gebaut werden. Bereits nach einem knappen Sagt Thomas Angehrn, langjähriger, erfahrener Jahr, im Dezember 2014, öffnet das Cafe Gemeindepolitiker. Löwen mit Restaurant, Bäckerei, Laden und einer grossen Terrasse im Erdgeschoss des neuen Geschäftshauses. Die Albert Böni- Kapitel 4: Weiterarbeit, Lob und Bau Opawsky-Stiftung verkauft die drei oberen Im Dezember dann erfahren die Ammlerinnen Geschosse und das Geschoss im Anbau an und Ammler, wie Architekt und Stiftungsrat mehrere Firmen, bleibt aber Besitzerin des das Vorhaben überarbeitet, wie sie die Forde- Cafe Löwen. rungen der Opposition aufgenommen haben. Und bereits hat der Stiftungsrat das nächste Architekt Simon Rakeseder erklärt unter Kapitel in Angriff genommen: die Realisierung anderem den Bezug des von ihm geplanten eines Alterszentrums, von Alterswohnungen. Geschäftshauses zur traditionellen Bauwei- se, er erläutert die historische Entwicklung Kapitel 5: Stiftung findet Partnerin des Vordachs in Amden. Sein Bau nehme mit einem Vordach von wenigen Zentimetern Von aussen gesehen, macht es den Ein- diese Ursprünge wieder auf. Die Anwesenden druck, bei diesem zweiten grossen Projekt erfahren, dass das Hauptgebäude gemauert der Stiftung sei manches einfacher. Das mag und das zweigeschossige Nebengebäude mit stimmen; viel Arbeit für den Stiftungsrat einer traditionellen Lärchenschalung versehen bringt nach Aussagen des Präsidenten aber werden. Am 4. Dezember schreibt die «Süd- auch dieses Vorhaben. So hat der Stiftungs- 11
rat bereits im Jahr 2013 die Frage eingehend GAW mit 24 Alterswohnungen und eigenem diskutiert, wer dereinst das Alterszentrum, die Café. «Der Stiftungsrat ist beeindruckt von der geplanten Alterswohnungen im Dorfzentrum engagierten Tätigkeit dieser Genossenschaft bauen und betreiben sollte. Eine Aktiengesell- als soziale Institution, von den attraktiven schaft? Eine Genossenschaft? Wohnungen und den verhältnismässig güns- Mitglieder des Stiftungsrats mit geschäft- tigen Mietzinsen», schreibt Thomas Angehrn lichen Beziehungen zur Genossenschaft in der «Ammler Zitig» vom Januar 2014. «Der Alterswohnungen Linth, GAW, bringen die Stiftungsrat hat sich deshalb entschieden, das Glarner ins Spiel. «Die Chemie zwischen dem grosse Know-how der GAW Linth zu nutzen Stiftungsrat und den GAW-Verantwortlichen und mit dieser Genossenschaft zusammen zu stimmte vom ersten Moment an», erinnert arbeiten.» sich Thomas Angehrn. «Die langjährigen Die Böni-Opawsky-Stiftung räumt der GAW Vorstandsmitglieder sind unkompliziert und ein Baurecht auf 100 Jahre für den Bau und handeln nach dem Motto ‹Was man sagt, das Betrieb von Alterswohnungen ein. Und sie de- gilt›.» (Vgl. Seite 19) poniert ihr Interesse an zusätzlichen Räumen Der Stiftungsrat verhandelt und besichtigt in der Überbauung, zum Beispiel für eine Arzt- zum Beispiel die «Zigerribi 2 und 4» in Ober- praxis oder für die Spitex. urnen, dort steht das neuste Wohnhaus der Die GAW sei interessiert daran, im Dorfkern Die Bauprofile markieren die Dimension der beiden genossenschaftlichen «Rosengärtli»-Häuser. 12
Modellaufnahme der markanten Häuser mit 26 Alterswohnungen im Dorfzentrum von Amden. von Amden Alterswohnungen zu bauen, er- eigenen und erfahrenen Hausarchitekten gänzt GAW-Präsident Franz Landolt den Zei- zusammen, erklärt Franz Landolt später im tungsbericht. Er schreibt: «Unsere Erfahrung Gespräch. zeigt, dass Alterswohnungen mitten ins Zent- Gemäss Thomas Angehrn hatte der einheimi- rum gehören, damit Seniorinnen und Senioren sche Architekt bereits beim Ideenwettbewerb möglichst lange am täglichen Geschehen teil- überzeugt: Als einziger entwarf er zwei Gebäu- haben können.» Zu diesem Zeitpunkt hat die de, gestaffelt angeordnet – beide mit Panora- GAW bereits zwei Architekturbüros mit einem masicht auf die Glarner Alpen und zum Teil mit Studienauftrag betraut, die der GAW im Febru- Sicht auf einen Zipfel des Walensees. ar 2014 «die nötigen Entscheidungsgrundla- «Simon Rakeseder hat den Wettbewerb über- gen» für ihr Engagement liefern sollen. legen gewonnen», erinnert sich Franz Landolt. Es sei ein «sehr guter Entscheid» gewesen, bei diesem Projekt den Architekten vor Ort Kapitel 6: Schlag auf Schlag beizuziehen. Im weiteren Verlauf des Projekts Mit dieser Einladung an zwei Architektur bleibt sich die GAW dann aber treu: Simon büros – der Verwaltungsrat lädt auch Architekt Rakeseder ist bis zur Baubewilligung für das Simon Rakeseder zum Projektwettbewerb ein Projekt verantwortlich – die Ausführungspla- – weicht die GAW von ihrem üblichen Vorge- nung übernimmt danach die GAW mit ihren hen ab. Normalerweise arbeite sie mit ihrem eigenen Fachleuten (vgl. Seite 22). Doch soweit 13
Dorfkern Amden im Frühling 2016: Im Bau das Haus West (mit Baureklame), bereits fertig das Haus Ost (rechts). ist es noch nicht. Vorerst genehmigt die Ge- ein Bauverbot, das sie aufheben möchte. Er- nossenschaftsversammlung im März 2014 die neut eine Aufgabe für Vertreter des Stiftungs- Anträge ihres Verwaltungsrats: So ist sie damit rats, erneut ist faires Verhandeln mit Privat- einverstanden, dass die GAW in Amden und personen gefragt – und offensichtlich sind sie damit erstmals ausserhalb des Kantons Glarus erfolgreich: Die Stiftung kann das bestehende baut und weiter wächst; sie genehmigt das Ferienhaus mit 400 m2 Umschwung kaufen Projekt Rakeseder und den Projektierungskre- und in der Folge das damit zusammenhän- dit von 95 000 Franken. gende Bauverbot ablösen. Im April 2014 dann können die Ammlerinnen Für die geplante Überbauung ist zudem wich- und Ammler in ihrer Zeitung lesen: Die Stif- tig, dass das ganze, nunmehr 2743 m2 grosse tung Albert Böni-Opawsky, Amden, und die Areal in der gleichen Bauzone liegt. Dafür ist Genossenschaft Alterswohnungen, GAW, Linth eine Zonenplanänderung nötig. Der Stiftungs- «haben sich entschieden, im Dorfzentrum von rat lädt die Bevölkerung im Mai erneut zu Amden 26 Wohnungen für Betagte und Be- einer Informationsveranstaltung ein, will seine hinderte zu bauen und zu vermieten». Zur auf «Gründe und die Auswirkungen für diese den 28. April im «Rössli» angesetzten Orientie- Zonenplanänderung offen legen». rungsversammlung laden sie die Bevölkerung Gegen die vom Gemeinderat befürwortete gemeinsam ein – laut «Südostschweiz» neh- Umzonung des Gebiets in die Kernzone 3 men rund 120 Leute teil. Franz Landolt erin- gehen zwei Einsprachen ein. Gemäss Gemein- nert sich an einen «Run auf die Vorreservation deratsmitteilung können diese im Lauf des der Wohnungen», gegen 40 Personen hätten Sommers «gütlich erledigt» werden. sich grundsätzlich interessiert. Im August wird, wieder im «Rössli», das Bau- Dieweil bemüht sich die Stiftung, ihren Land- eingabeprojekt von Simon Rakeseder öffent- besitz im Dorfkern für die Alterswohnungen zu lich vorgestellt. Ferner wird über das weitere arrondieren: Im Bereich «Rosengärtli» besteht Vorgehen und das Bauprogramm informiert 14
sowie über das Vermietungsprozedere, das vier 4½-Zimmer-Wohnungen, ein Gästezim- GAW-Präsident Franz Landolt organisiert. mer, 17 Parkplätze in der Tiefgarage, zwölf Diesmal sind etwa 100 Personen anwesend. gedeckte und drei offene Parkplätze. «Zwei Drittel der 26 ‹Rosengärtli›-Wohnungen Mit dem Spatenstich am 17. März 2015 waren im Nu reserviert», erinnert sich Franz beginnt die Realisierung des Bauprojekts, Landolt. Für diesen Erfolg sei «die zentrale knapp eineinhalb Jahre später, Mitte August Lage das Herzstück und matchentscheidend»: 2016, zieht im Haus Ost das erste Ehepaar kurze Wege zu Läden und Dienstleistungen, ein. Mitte September gibt’s im «Rosengärtli» das Cafe Löwen mit Bäckerei und eigenem einen Tag der offenen Türe, der grosse Beach- Laden, der unterirdische Verbindungsgang tung findet. Der Grossteil der Mieterinnen und von den beiden «Rosengärtli»Häusern direkt Mieter zieht im Oktober ein. Unter ihnen sind ins Restaurant (vgl. Seite 24). Thomas und Alice Angehrn. Heute, nach über einem Jahr als Mieter und Mieterin, sind beide des Lobes voll für die GAW. «Die machen das Kapitel 7: Baubewilligung schampar gut», sagt Angehrn. 2015 ist er als und Spatenstich Präsident der Albert Böni-Opawsky-Stiftung Am 26. November 2014 informiert Franz zurückgetreten (vgl. Seite 16). Und noch heute Landolt die ausserordentliche Generalver- wundert und freut er sich über die gute Zu- sammlung in Näfels über den Stand des sammenarbeit mit den Glarnern, da «die Linth Projekts: «Die nötigen Voraussetzungen sind ja eigentlich der Jordan ist». sichergestellt!» Dazu gehören unter anderem: Am 20. April 2017 genehmigt die GV der die im November erteilte Baubewilligung der GAW in Näfels die Bauabrechnung, die den Gemeinde Amden, die gesicherte Finanzierung Kredit um 58 000 Franken unterschreitet. Im (vgl. Seite 42) und 32 provisorische Anmeldun- Mai sind 25 der 26 Wohnungen bezogen. Im gen. Gleichzeitig weist er darauf hin, bauen im September zieht der bisher letzte Mieter im Bergdorf Amden werde um etwa 10 Prozent «Rosengärtli» ein. «Zur Zeit sind alle Woh- teurer als im Unterland. nungen vermietet», heisst es seitdem auf der Die GV folgt den Anträgen des Verwaltungs- Homepage der GAW. rats und genehmigt den Baukredit von 8,4 Millionen Franken für 26 Alterswohnungen im Dorfkern von Amden: Das Projekt beinhaltet zu diesem Zeitpunkt neun 2½-, dreizehn 3½-, 15
«Etwas Zukunftsgerichtetes tun» Die Albert Böni-Opawsky-Stiftung mit ihrem Präsidenten Thomas Angehrn kaufte im Dezember 2009 das geschlossene Hotel Löwen. Damit initiierte sie die heutige Überbauung im Dorfzentrum Amden mit Geschäftshaus, Restaurant und 26 Alterswohnungen im «Rosengärtli». Ein Rückblick mit Alt-Gemeindepräsident und Alt-Stiftungsratspräsident Thomas Angehrn. Wie war und wie ist heute die Beziehung wohnungen Linth keine 4-Zimmer-Wohnungen zwischen der Böni-Opawsky-Stiftung und der erstellt, wären wir nicht umgezogen. Wir muss- Gemeinde Amden? ten vieles entsorgen, es war viel Arbeit – und Thomas Angehrn: Die Stiftung ist von der Ge- es war schön, das selber tun zu können. Wir meinde unabhängig. Zwei Gemeinderäte sind bereuen den Schritt nicht, wir sind jetzt sehr Mitglieder des fünfköpfigen Stiftungsrats. Die glücklich. Stiftung publiziert ihre Rechnung und den Tätigkeitsbericht jährlich in der Amtsrechnung Fühlen Sie sich im «Rosengärtli» als Teil einer der politischen Gemeinde. Hausgemeinschaft? Wenn man einander begegnet, redet man zu- Welches waren Ihre Aufgaben und Rollen? sammen, auch ausserhalb von Amden. Nähe 1970 bin ich nach Amden gezogen. Bis 1980 und Distanz funktionieren, wir haben im Haus war ich Gemeinderatsschreiber, danach 27 Kontakt, das kannten wir vorher nicht. Zurzeit Jahre lang Gemeindepräsident. Nach meinem wohnen hier wenige hochaltrige Personen – Rücktritt im Juni 2007 habe ich das Präsidium Gemeinschaft wird vielleicht mit den Jahren des Rats der Albert Böni-Opawsky-Stiftung wichtig. Und wenn etwas ist, sind Ida und übernommen. Das bedeutete viel Arbeit und Hans Spörri, unser Hauswartehepaar, besorgt. viel Freude. 2015 bin ich zurückgetreten. Vor Es ist ihnen ein Anliegen, dass es allen wohl einem Jahr sind meine Frau und ich nach 40 ist, dass es den Leuten hier gefällt. Jahren aus unserem Haus mit dem grossen, schönen Garten aus- und in eine «Rosengärt- Warum wollte die Böni-Opawsky-Stiftung im li»-Wohnung eingezogen. Das Haus haben wir Dorfzentrum Alterswohnungen bauen? an Jüngere vermietet. Seit einer gut besuchten Informationsveran- staltung der Gemeinde zu Altersfragen Anfang Waren Sie seit Beginn des Projekts daran der 2000er-Jahre war das Bedürfnis nach interessiert, dereinst in eine der Alterswoh- Alterswohnungen bekannt. Private nahmen nungen zu ziehen? das Thema allerdings nicht auf. Im Stiftungs- Nein. Doch dann haben wir gesehen, welch rat arbeiteten innovative Leute mit, und wir schöne Wohnungen hier entstehen, und haben spürten die Verpflichtung, etwas Zukunftsge- uns für diesen Schritt entschieden – aber richtetes zu tun: Gut drei Millionen waren eine nicht aus Begeisterung. Doch vernunftmäs- feudale Ausgangslage. sig war uns klar: Diese Gelegenheit müssen wir packen, im Alter brauchen wir weniger Was plante und baute die Stiftung? Wohnraum. Hätte die Genossenschaft Alters- Wir konnten im Dezember 2009 nach langen 16
Thomas Anghern, erster Präsident der Albert Böni-Opawsky-Stiftung. und schwierigen Verhandlungen im Dorf- wichtig. Bereits beim Bau des Geschäftshau- zentrum die Hotelbrache «Löwen», später ses war der unterirdische rollstuhlgängige ein weiteres Haus kaufen mit dem Ziel, eine Durchgang vom Cafe Löwen zu den Woh- Gesamtüberbauung zu realisieren, zuerst ein nungen vorgesehen – die Stiftung hat ihn mit Geschäftshaus mit Cafe, danach ein Alters- 250 000 Franken finanziert (vgl. Seite 24). Jetzt zentrum und Alterswohnungen. Der Dorfkern geht’s praktisch allen «Rosengärtli»-Mietern Amdens sollte wieder lebendiger, freundlicher und -Mieterinnen gesundheitlich gut, aber bei und für alle attraktiver werden. Der Standort Einschränkungen ist dieser geschützte Zu- für Alterswohnungen mitten im Dorf ist ideal: gang zum Cafe mit Bäckerei und Laden ideal. Läden, Gemeindehaus, Busstation in der Das Cafe kann für die Mieterinnen und Mieter Nähe – und im Winter wird hier der Schnee ein Treffpunkt werden. am ehesten geräumt. In einem ersten Schritt baute die Stiftung das Geschäftshaus mit dem Hat die Pächterin des Restaurants Auflagen Cafe Löwen. Alle Stockwerkeinheiten hat sie gegenüber den Mieterinnen und Mietern im verkauft, das Cafe Löwen mit Bäckerei und «Rosengärtli» zu erfüllen? Verkaufsladen gehört ihr. Nein, sie hat keine sozialen Auflagen. Es ist schwierig, einen solchen Betrieb zu führen, Warum bleibt die Stiftung Besitzerin und es war nicht einfach, jemanden zu finden. des Cafe Löwen? Das Restaurant mit Terrasse ist strategisch Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Ge- wichtig fürs Dorf und eine gute Visitenkarte. nossenschaft Alterswohnungen Linth, GAW, Die Stiftung will hier weiterhin mitentschei- in Näfels? den können. In Amden sind alle Bäckereien Dem Stiftungsrat war es wichtig, dass die Al- und mehrere Restaurants eingegangen. Die terswohnungen langfristig bestehen und nicht Versorgung der Bevölkerung ist der Stiftung zum Beispiel durch Erben verkauft werden 17
können. Mit der GAW fand er eine erfahrene Trägerin, die bereit war, die Alterswohnungen, basierend auf dem Siegerprojekt von Architekt Simon Rakeseder, zu bauen – und auch zu be- treiben. Die Chemie zwischen dem Stiftungs- rat und den GAW-Verantwortlichen stimmte vom ersten Moment an: Die langjährigen GAW-Vorstandsmitglieder sind unkompliziert und handeln nach dem Motto «Was man sagt, das gilt» (vgl. Seite 19). Wir hätten wohl nicht den Mut gehabt, so gross zu bauen wie die GAW. Ich persönlich glaubte nicht, dass es Bedarf für 26 Alterswohnungen gibt. Mit der GAW hat die Böni-Opawsky-Stiftung einen Baurechts- vertrag über 100 Jahre abgeschlossen. Die Stiftung hat für 250 000 Franken Genos- senschaftsanteile gezeichnet, die verzinst werden. Das Cafe Löwen im Dorfzentrum von Amden, mit Bäckerei und Laden, ist täglich geöffnet. 18
GAW: Erfahren und erfolgreich Die Genossenschaft Alterswohnungen Linth in Näfels ist die grösste Baugenossenschaft im Kan- ton Glarus. Mit dem Bau der 26 «Rosengärtli»-Alterswohnungen im St. Gallischen Bergdorf Am- den engagiert sie sich im 22. Jahr ihrer Geschichte erstmals ausserkantonal und auf 900 Meter über Meer. Viel «Fronarbeit» und wenige Reglemente sind charakteristisch für die Arbeitsweise der GAW-Verantwortlichen. Die Genossenschaft Alterswohnungen Linth, in die Darlehenskasse der GAW ein – als Rück- GAW, im glarnerischen Näfels zählt per 30. lage für allfällige Schäden oder für Räumun- Juni 2017 gemäss eigenen Angaben 581 Ge- gen bei Auszug oder Todesfall. nossenschafterinnen und Genossenschafter und verfügt über ein Kapital von rund 12,333 «Mitten ins Zentrum» Mio Franken. Die Genossenschaftsanteile von 5000 Franken werden laut Präsident Franz «Unsere Erfahrung zeigt, dass Alterswoh- Landolt «attraktiv verzinst», 2016 mit 1,5 Pro- nungen mitten ins Zentrum, ins Leben ge- zent. Die GAW ist vom Kanton Glarus steuer- hören, damit diese älteren Menschen nicht befreit mit der Auflage, dass Personen, die ausgegrenzt werden und das Tägliche selber nicht GAW-Mitglieder sind, gleichberechtigt erledigen können», schreibt die Genossen- Wohnungen mieten können. Laut Vermie- schaft. Während der Bewegungsradius kleiner tungsreglement werden Wohnungen «in der werde, bleibe der Wunsch nach einem schö- Regel an über 60-jährige Personen vermietet». nen, bequemen Zuhause gross. Die GAW baue Sie müssen ihren Haushalt selbstständig, «al- deshalb langlebige, moderne und helle Woh- lenfalls unter Mithilfe» führen können. nungen zu fairen Preisen. Gemäss Präsident Landolt hält sie zehn Prozent ihrer Wohnungen frei für Leute mit bescheidenem Einkommen. 220 Personen, 176 Wohnungen «Die GAW-Linth investiert in Erneuerung und Ziele und Visionen in neuen Wohnraum, um die Genossenschaft langfristig zu sichern und den heutigen Be- Was sie erreichen will, beschreibt die GAW so: dürfnissen an Wohnraum und Wohnformen «Wir bieten behinderten, gesunden und gerecht zu werden», heisst es in ihrem Porträt. betagten Menschen alters- und invaliden- Heute leben 220 Personen in 176 alters- und gerechten Wohnraum an, damit diese mög- behindertengerechten 2½- bis 4½-Zimmer- lichst lange selbständig bleiben können. Wohnungen in zehn Liegenschaften. Diese Wir fördern damit gleichzeitig, dass Häuser stehen in Näfels, Oberurnen, Niederurnen und grosse Wohnungen für Familien frei (Gemeinde Glarus-Nord), Netstal (Gemeinde werden. Glarus) und in Amden (Kanton St. Gallen). Die Wir setzen auf Nachhaltigkeit, indem wir GAW ist nach eigenen Angaben die grösste langlebige Baumaterialien im Aussen- und Baugenossenschaft im Kanton Glarus. Pro Innenbereich einsetzen und energiebe- Zimmer zahlen die Mietenden 1000 Franken wusst bauen. 19
Wir vergeben die Aufträge an Unternehmen mieten.» Ebenfalls kein Hindernis sei leichter der Region, die wir kennen und von denen Pflegebedarf. Die Wohnungen seien behin- wir wissen, dass diese gute Arbeit liefern, dertengerecht und zum Beispiel für Personen Leute gut beschäftigen wie auch in der mit einer MS-Erkrankung geeignet, ebenfalls Region Verantwortung tragen.» für jüngere Personen mit einer Behinderung. Schwieriger, so Landolt, werde es bei allein- stehenden, an einer Demenz in einem fortge- Wohnungsmix ist Chefsache schrittenen Stadium erkrankten Personen. Für Präsident Franz Landolt führt mit allen Perso- ihre Pflege müssten Verwandte und Fachkräf- nen, die sich für eine Wohnung interessieren, te wie die Spitex besorgt sein. Gespräche. Er ist für den Mix besorgt und entscheidet über die Vergabe der Wohnungen. Schlüsselrolle für Ansprechpersonen «Es gibt keine Altersguillotine. Auch Leute im Alter zwischen 85 und 90 Jahren können In ihren Siedlungen will die GAW «klare Ak- zente für genossenschaftliche Wohnqualität» setzen. Wichtig sind ihr «Mitsprache, Mitver- antwortung, gegenseitige Hilfe zur Selbsthilfe wie auch Solidarität» unter der Mieterschaft. In ihrem Konzept spielen Hauswartinnen und Hauswarte eine «Schlüsselrolle» (vgl. Seite 37). Sie sind erste Ansprechpersonen sowie wichtige Dienstleistende «zum Nutzen» der Bewohnerinnen und Bewohner. Voll- oder Teil- zeit angestellt, sollen sie eine gute Verbindung zwischen Mieterschaft und Verwaltung garan- tieren. Verwaltungsrat mit «Fronarbeit» Der 8-köpfige Verwaltungsrat samt Präsi- dent erledige seine Aufgaben mehrheitlich «in Fronarbeit», hält Landolt fest. Er ist seit 1996 Mitglied des Verwaltungsrats, seit 2002 Präsident. Der Ingenieur und Betriebsleiter ist beruflich und politisch gut vernetzt: Unter an- derem war er in der Gründungszeit der Genos- senschaft Gemeinderat und Baupräsident in Näfels; er war Parteipräsident und Gemeinde- Baureklame am Haus West. parlamentarier; seit 1986 ist er Glarner Land- 20
rat (Kantonsparlament), bis 2013 für die CSP, seitdem für die neu gegründete Grünliberale Meilensteine Partei. Im Verwaltungsrat der GAW arbeiten der GAW-Geschichte Fachleute verschiedener Branchen mit. 1992 wird die Genossenschaft Alterswohnun- gen Näfels gegründet mit dem Ziel, in Näfels Wenig reglementiert 20 Wohnungen zu bauen. Treibende Kräfte Mieterinnen und Projektpartnern fallen die sind die «Grauen Panther» und die Christlich unkomplizierte Arbeitsweise des Verwaltungs- Soziale Partei (CSP). Die Idee, günstige Wohnungen für ältere Per- rats und die gute Zugänglichkeit der verant- sonen zu bauen, ist bereits in mehreren Grup- wortlichen Personen auf. «Es funktioniert mit pen diskutiert worden; an einer Besprechung offensichtlich wenigen Regelungen gut», sagt 1991 nahm auch Gemeinderat und Baupräsi- Markus Vogt, Gemeindepräsident von Amden. dent Franz Landolt teil. Das gefällt auch dem Architekten Simon Rake- Die Genossenschaft will die Selbstständigkeit seder: «Gibt es Reglemente, so fällt raus, wer älterer Personen fördern und preisgünstige Wohnungen anbieten. Sie rechnet damit, dass nicht in die Norm passt. In der GAW wird vieles so Häuser und grosse Wohnungen für Familien individuell besprochen und entschieden.» frei werden. 1995 lädt die Genossenschaft zum Tag der Erstmals ausserkantonal aktiv offenen Tür im Letz 17 in Näfels ein, ins ers- Mit ihrem Engagement in Amden baute die te von ihr erstellte Haus mit 21 Wohnungen. 2001 wird die Genossenschaft als soziale GAW erstmals ausserhalb des Kantons Glarus. Institution von Bundes- und Kantonssteuern Diesem Schritt stimmte die Genossenschafts- befreit. Die Liegenschaft Letz 19 wird bezo- versammlung im März 2014 zu. Franz Landolt gen. führte für diese geografische Ausweitung 2007 Bezug des 3. Blocks, Letz 18, in Nä- unter anderem folgende Gründe ins Feld: Am- fels. den ist eine attraktive Gemeinde, der Standort 2008 Eröffnung der Liegenschaft Zigerribi 2 ist zentral, die Kontakte zwischen der Albert mit eigenem Kaffee in Oberurnen. 2009 Neue Statuten und neuer Name: Ge- Böni-Opawsky-Stiftung und der GAW sind sehr nossenschaft Alterswohnungen (GAW) Linth. gut, und «Amden liegt extrem nahe beim Kan- 2010 Bezug der Liegenschaft am Denk ton Glarus, am gleichen See». malweg in Näfels. 2013 ist die Liegenschaft Zigerribi 4 in Ober urnen fertig. 2014 Eröffnung der Geschäftsstelle. 2016 Fusion mit GAW Niederurnen. 2016 Im Herbst ziehen die ersten Mieterin- nen und Mieter in die «Rosengärtli»-Häuser in Amden, Kanton St. Gallen, ein. 2017 Fusion mit GAW Netstal. 21
Bauen im steilen Amden Franz Landolt hat es an der ausserordentlichen Versammlung der Genossenschaft Alterswoh- nungen Linth, GAW, im November 2014 in Näfels vorausgesagt: Bauen in Amden wird bis zu zehn Prozent teurer als im Flachland, denn es muss in den Hang hinein gebaut werden. Und: «Aushub- arbeiten im steilen Gelände dauern ewig.» Am 17. März 2015 beginnen die Bauarbeiten Spritzbeton und 1500 Meter Anker. Die Tief- für die beiden «Rosengärtli»-Häuser mit dem bauarbeiten sind komplizierter, teurer – und Spatenstich. Nun ist, wie immer bei ihren Pro- sie dauern drei Monate länger als vorgesehen. jekten, die GAW mit ihrem Bauleiter Fritz Lan Erst im August beginnen deshalb die Bau- dolt verantwortlich. 3000 m3 Fels und Stein meisterarbeiten fürs östlich gelegene Haus. müssen herausgebrochen und abtransportiert Doch vor Wintereinbruch erhält das Haus Ost werden. Aufgrund von Erfahrungen und von sein Dach. Dank des schneearmen Winters Resultaten eines Sondierschlitzes rechnen die mit insgesamt «nur» etwa eineinhalb Metern Verantwortlichen mit felsigem Baugrund. Ein Schnee wird praktisch ohne Baustopp durch- Irrtum. Die 14 Meter hohe Aushubböschung gehend gearbeitet. Viel Regen und nochmals muss aufwändig gesichert, stärker als geplant einige Verzögerungen bringt der Frühling abgestützt werden, zum Beispiel mit 800 m3 2016. Spatenstich mit Stiftungs- und GAW-Verantwortlichen, Franz Landolt (2. v. l.), Thomas Angehrn, Simon Rake- seder (2. und 3. vorn). 22
Am Grund der 14 Meter tiefen Baugrube liegt der Verbindungsgang, darüber die Tiefgarage. Im Rückblick ist GAW-Präsident Franz Landolt der Verspätung im Baufahrplan erwarten sie zufrieden. Grosses Lob zollt er dem erfah- den Umzug in einer Ferienwohnung. renen GAW-Bauleiter Fritz Landolt und dem «tollen Bauunternehmen, das mit guter Arbeit Wohnen neben Baustelle dazu beigetragen hat, Kosten zu senken». Praktisch vom Bürotisch aus kann Architekt Für die «Ammler Zitig» hält Hannes Bühler Simon Rakeseder den Fortgang der Arbeiten erste Eindrücke fest: «Mitte August bezogen verfolgen: «Die Arbeiter haben permanent wir unsere 4½-Zimmer-Wohnung im 2. Stock; sechs Tage pro Woche gearbeitet, der alles funktionierte bestens. Der untere Block Polier war super, und der Bauleiter war war aber noch eine grosse Baustelle mit ent- immer da.» sprechend viel Lärm und Staub. Dies galt auch Im April ist der unter der Tiefgarage gebaute für den Vorplatz zu unserer Wohnung an der 30 Meter lange Verbindungsgang zwischen Hänslistrasse. Vom Zügelwagen bis zur Haus- dem Cafe Löwen und den beiden «Rosen türe verlegte ich viel Plastik und Karton, um gärtli»-Häusern fertig. Im Mai wird die Aufrich- den Dreck in unserer Wohnung tief zu halten.» tung des Attikageschosses im Haus West ge- Und: «Das Rosengärtli hat sich seit unserem feiert. Im Juli ist der Innenausbau im Haus Ost Einzug gewaltig verändert. Die Gestaltung der beendet – Mitte September werden der Bau- Umgebung ist nahezu fertig.» Sein Fazit: «Wir abschluss gefeiert und die Häuser mit einem bereuen gar nichts. Simon Rakeseder hat sehr Tag der offenen Türe eingeweiht. Im Oktober schöne und qualitativ hochstehende Mehr beginnt der offizielle Bezug der Häuser. Einige familienhäuser entworfen.» («Ammler Zitig», Mieterinnen und Mieter sind allerdings bereits Mai 2017). da. Zum Beispiel Ruth und Hannes Bühler: Sie haben ihr Haus in Amden verkauft und sind schon früh im Sommer ausgezogen – wegen 23
«Flachste Rampe» in Amden Den unterirdischen Verbindungsgang zwi- schen dem Cafe Löwen und den Alterswoh- nungen im «Rosengärtli» hat die Albert Bö- ni-Opawsky-Stiftung bereits früh vorgesehen. Bei jedem Wetter und bei eingeschränkter Mobilität sollen die Bewohnerinnen und Be- wohner ins Cafe Löwen gelangen, in der Bäckerei und im Laden einkaufen können (Planskizze und Bild des Rohbaus rechts). Die Stiftung hat den gut 30 Meter langen, roll- stuhlgängigen Verbindungsgang mit 250 000 Franken finanziert. Gemäss Architekt Simon Rakeseder ist dies mit einer Steigung/Nei- gung von sechs Prozent die wohl «flachste Rampe» in Amden. Der schmucklose Gang führt vom Cafe Löwen unter der Tiefgarage hindurch ins 3. Unter- geschoss des Hauses West. Doch unterwegs kommt man ins Staunen: Auf zehn Metern hat Simon Rakeseder in einem eindrucksvollen, farbigen Wandbild festgehalten, was hinter dieser Wand zu sehen wäre: die Glarner Alpen (Bild unten). 24
Markant geplant, kooperativ gebaut Die Alterswohnungen im «Rosengärtli» sind der zweite Teil der Zentrumsüberbauung in Amden. Geplant hat diese Häuser der Architekt Simon Rakeseder, gebaut hat sie die Genossenschaft Alterswohnungen Linth. In diesem Projekt arbeiten Fachleute zusammen, die sich bisher nicht kennen. Ein Beispiel dafür, wie zwei unterschiedliche Philosophien zu einem geglückten Bauwerk führen. Vor fünfzehn Jahren ist Simon Rakeseder Zwei Philosophien nach Amden gezogen. Hier plant und baut er Simon Rakeseder ist für das «Rosengärtli»- unter anderem Einfamilienhäuser – vor einigen Projekt bis zum Zeitpunkt der Baubewilli- Jahren auch das eigene Haus, in dem er mit gung verantwortlich. Gemäss ihrem Leitsatz, seiner Familie lebt. Mit dem Auftrag Überbau- als Bauherrschaft den Lead zu haben, über- ung Dorfkern Amden macht sich der Architekt nimmt die GAW die FH und diplomierte Verantwortung für die Berufsfachschullehrer Ausführungsphase 2011 selbstständig. (vgl. Seite 22). Rakese- Als «Auftakt zu einem der erhält das Recht, neuen Dorfzentrum» in den Sitzungen des versteht Rakeseder Bauausschusses dabei das von ihm konzi- sein und als gestalteri- pierte Geschäftshaus scher Leiter weiterhin mit dem Cafe Löwen Einfluss nehmen zu (vgl. Seite 7). In dessen können. In dieser Zu- Dachgeschoss richtet sammenarbeit «muss- er 2013 seine ABG Ra- ten zwei Philosophien keseder GmbH ein; hier zusammenfinden», er- arbeitet er zusammen mit einer Zeichnerin zählt er. Beispielsweise plante er Holzhäuser, EFZ, bildet auch Nachwuchs aus. Der grosszü- eine geringere Ausnutzung des Dachgeschos- gige Raum mit einem Zwischenboden im Ost- ses und mehr Zeit für Details und Finish. «Zu- teil ist sparsam möbliert, hat Fenster nach drei erst musste ich Federn lassen, dann konnte Seiten und bietet gegen Süden eine faszinie- ich für meine Überzeugungen argumentieren rende Aussicht auf Firzstock, Mürtschenstock, und dafür einstehen.» Fronalpstock, Glärnisch und Wiggis. Die Berg- Die GAW-Verantwortlichen seien erfolgreich, kette hat Simon Rakeseder, der offensichtlich weil sie eine klare Linie hätten und gleichzeitig nicht nur für seine Pläne zeichnet und malt, bereit seien, auf Neues einzugehen. «Er hatte im Verbindungsgang zwischen dem Cafe keine Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Löwen und den «Rosengärtli»-Wohnungen auf uns, also haben wir jede einzelne Wohnung ein zehn Meter langes Wandbild gebannt aufgrund seiner Projektgrundlage zusammen (vgl. Seite 24). diskutiert», sagt GAW-Präsident Franz Landolt. 25
Und Simon Rakeseder erläutert: «Bei Mei- Übermass, das geniessen die Bewohnerin- nungsverschiedenheiten wollte niemand et- nen und Bewohner der meisten Häuser und was durchdrücken, wir haben zusammen die Wohnungen im Bergdorf. Wer Ammlerinnen beste Lösung gesucht. So funktioniert gute, und Ammler mit neuen Wohnungen zum kooperative Zusammenarbeit im Gegensatz zu Umzug aus einem Haus mit viel Sonne, einer Konfrontation.» Wohnung mit grossartiger Aussicht bewegen will, der muss also genau dies bieten: Sonne und Aussicht. Gerade bezogen auf Alterswoh- Sonne und Aussicht nungen, betonen Fachleute diesen Aspekt: Auf diese Art wird es offensichtlich möglich, Personen, die vieles aufgeben – Eigenheim, dass Rakeseders «hoher Funktionalismus», vertraute Wohnung, viel Platz, Unabhängig- seine zeitgemässe Architektur, die Zick- keit, Umschwung, Gewohntes, tiefen Zins –, Zack-Fassade sowie die Überzeugung, möchten vieles dafür erhalten. Zum Beispiel zwei Arten Sonnenlicht in Loggen und Woh- tolle, praktische, pflegeleichte Wohnung, Lift, nungen zu bringen, weitgehend zum Zuge Läden, Dienstleistungen, Treffpunkte und ÖV kommen. in der Nähe, anregendes Wohnumfeld, gute Sonne und Aussicht: Das bietet Amden im Nachbarschaft. Und in Amden mit jeder Ga- Der offene Küchen-, Ess- und Wohnbereich im Haus West mit geschützter Loggia und Ausblick auf den Mürt- schenstock. 26
Direktes Sonnenlicht in der Loggia, je nach Jahreszeit unterschiedlich tiefe Sonneneinstrahlung im Wohn- bereich. rantie: Sonne und Aussicht. Helligkeit und Aussicht. Gleichzeitig strahlt die Das weiss Simon Rakeseder als Einwohner Sonne indirekt – je nach Tages- und Jahreszeit von Amden; und er weiss es, weil er sich im – unterschiedlich weit in die Wohnung hinein, Vorfeld seiner Projekteingaben mit Alterswoh- «und man fühlt sich drinnen, als wäre man nungen, mit hindernisfreiem Bauen intensiv draussen». beschäftigt hat. «Sonne und Aussicht», so lau- tet seine Maxime bei der Planung der «Rosen- Einfache, markante Form gärtli»-Häuser. Für jede Wohnung berechnet er die Sonneneinstrahlung im Tages- und Die Baustruktur beschreibt ihr Architekt als Jahreszeitenverlauf. Seine Ziele sind, direktes «repetitiv, Gleiches wiederholt sich»: Je Haus Sonnenlicht und passive Sonnenenergie zu gibt es fünf sichtbare Wohngeschosse, darun- nutzen, grosse Helligkeit und viel Aussicht zu ter die Einstellhalle und den rollstuhlgängigen erreichen. Durchgang ins Cafe Löwen. Die Häuser sind Das gelingt, indem er statt durchgehender nach Süden ausgerichtet und gestaffelt ange- Balkone eine mit beweglichen Glasscheiben ordnet. Das führt dazu, dass alle Wohnungen windgeschützte Loggia neben den grossfens- Aussicht nach zwei Seiten haben. Jeweils der trigen Ess-Wohnraum stellt. Die Loggia ist Mittelteil der Eternit-Fassaden ist grau-weiss so gross, dass vier Personen gemütlich drin gehalten, die Seitenflügel in einem tiefen Rot. essen können. «Wegen der Temperaturen auf Im Mittelteil des Hauses Ost zieht sich einer dieser Höhe kann man auch bei Sonnenschein Schlange gleich ein weisses Band, ausgehend nicht lange auf einem normalen Balkon sein», oben rechts vom Dach, jedem Geschoss ent- sagt der Architekt. Die windgeschützte Log- lang bis zuunterst. Ästhetische Details sind gia nun bietet bei offenen Scheiben direktes Simon Rakeseder, bei aller Funktionalität, ein Sonnenlicht, bei geschlossenen Scheiben Anliegen. 27
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