Meteorscatter Im Amateurfunk - DARC
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Meteorscatter Im Amateurfunk Reflexionen von Radiowellen an Meteoren und die Anwendung im Amateurfunk: Astronomische Grundlagen, Betriebstechnik und Stationsausrüstung Eine Zusammenfassung von Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 2 von 44 Aktuelle Ausgabe: 4. August 2007 Begriffe und eingetragene Warenzeichen, die im Text verwendet werden, sind ausschließlich das Eigentum der entsprechenden Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten. Der Nachdruck ist ohne schriftliche Genehmigung des Autors untersagt. © Copyright by Christoph Dörle, 2005, 2006, 2007 Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 3 von 44 Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung 2. Astronomische Grundlagen 2.1.1. Kometen 2.1.2. Meteoroidenschauer 2.1.3. Eigenschaften der Meteoroidenschauer 2.1.4. Namengebung von Meteoroidenschauer 2.2. Sporadische Meteoroide 2.3. Entstehung von Radioreflexionen 3. Reflexionsgeometrie 3.1. Der Radiant 3.2. Die „hot spots“ 3.3. Überbrückbare Entfernungen 3.4. Vertikaler Abstrahlwinkel der Antenne 3.5. Horizontaler Öffnungswinkel der Antenne 3.6. Sidescatter, Backscatter 4. Betriebstechnik 4.1. Grundlegendes zum Ablauf einer MS-Verbindung 4.1.1. Übertragungsgeschwindigkeiten der verschiedenen Betriebsarten 4.1.2. Dauer des QSO, Sende- und Empfangsperioden 4.1.3. Verkürzen des QSO-Textes 4.1.4. Das Rapportsystem 4.2. Aufbau eines Meteorscatter-QSO 4.2.1. Der Sked Schrittweiser Ablauf des QSO Der tailender im Sked-Betrieb 4.2.2. Random-Betrieb Der tailender im Random-Betrieb Das QSY- oder Buchstaben-System 4.3. Die Missingcodes 4.4. Betriebsstrategien 4.5. MS-Frequenzen im 6m- und 2m-Band 5. Technik für Meteorscatter 5.1. Transceiver 5.1.1. Sender 5.1.2. Empfänger 5.2. Antenne, Vorverstärker 5.3.1. Zusatzgeräte, RX 5.3.2. Zusatzgeräte, TX 5.3.3. Komplettlösungen für den PC WinMSDSP 2000 WSJT 5.4. Technische Zusatzinformationen 5.4.1. Interface für WinMSDSP und WSJT 5.4.2. Bandbreite der Aussendungen 5.4.3. Hohe Tastgeschwindigkeiten 6. Sonstiges 6.1. Das QSO-Protokoll 6.2. Die QSL-Karte 6.3. Geschichtlicher Rückblick 6.3.1. Kommerzielle Systeme 6.3.2. Amateurfunk 7. Quellennachweise und Internet Links Andere Quellen 8. Der Autor 9. Notizen Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 4 von 44 1. Einleitung Während auf Kurzwelle die Wellenausbreitung über die F2-Schicht der Ionosphäre dominiert, sind Überreichweiten in den niederfrequenten UKW-Bändern (6m- und 2m- Band) in den verschiedensten Formen zu beobachten. Zum Beispiel als Troposcatter, Ionoscatter, Sporadic E, FAI (Field-aligned irregularities), Aurora oder Meteorscatter, im Folgenden auch mit „MS“ abgekürzt. Ist mit Troposcatter der UKW-Horizont erreicht, hilft MS weiter. Meteorscatter verbindet Astronomie mit Amateurfunk. Um erfolgreich diese Ausbreitungsart ausnutzen zu können, sind astronomische Grundkenntnisse in Bezug auf Meteoroide gefragt. Es werden besondere Anforderungen an die Betriebstechnik des Funkamateurs gestellt. Günstige Zeiten für MS lassen sich voraussagen aber der Erfolg einer Funkverbindung lässt sich nicht garantieren. Das macht die ganze Angelegenheit so spannend. Der Begriff „Meteorscatter“ ist etwas irreführend. Es ist nicht der Meteoroid selbst, der Signale reflektiert, sondern die ionisierte Bahn, die beim Verglühen entsteht. Ist man bereits auf 2m in den Schmalbandbetriebsarten (SSB / CW) QRV, ist meist schon die benötigte HF-Technik vorhanden. Es fehlen dann nur noch wenige Zusatzgeräte. 2. Astronomische Grundlagen Unser Planetensystem entstand vor etwa 4,5 Milliarden Jahren aus einem Materiewirbel. Nach und nach schloss sich die Materie zusammen. Es bildeten sich die Planeten. Bekanntlich bewegen diese sich in einer annähernd kreisförmigen Bahn um die Sonne. Daneben existieren zwei Gruppen von Körpern aus der solaren Urmaterie, die sich nicht zu Planeten zusammenlagerten: Kometen und Asteroide (Asteroide siehe Kapitel 2.2.) [25] 2.1.1. Kometen Die Kometen ziehen auf lang gestreckten Ellipsen ihre Bahnen um unser Zentralgestirn. 1995 waren 878 Kometen katalogisiert und ihre Bahnen grob berechnet. 184 davon sind periodische Kometen mit Umlaufzeiten (Perioden) unter 200 Jahren. Manche der restlichen sind zweifelsohne ebenfalls periodisch, aber ihre Bahnen konnten noch nicht genau genug bestimmt werden, um sich darin sicher zu sein. Die meisten Kometen haben eine Periode von mehreren tausend Jahren. Die stark exzentrischen Bahnen reichen weit hinter die Bahn des Pluto, dem Äußersten der neun Planeten. Die Kometen bestehen aus einer lockeren Ansammlung gefrorener, leichter Elemente wie Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff und feste Bestandteile wie Silikatstaub, Gesteinen und Metallen. [25] Diese oft als „schmutzige Schneebälle“ bezeichneten Körper haben ihren Ursprung in der Oortschen Wolke bzw. dem Kuipergürtel: [25][24] 1950 bemerkte der holländische Astronom Jan Hendrik Oort bei seiner Komentenforschung, dass bisher kein Komet mit einem Orbit beobachtet wurde, der darauf schließen lässt, dass er aus dem interstellaren Raum kommen würde. Die meisten Aphelien von Kometen (sonnenweitester Punkt im Kometenorbit) mit langen Perioden liegen bei einer Distanz von ungefähr 50.000 A.E. (A.E. = Astronomische Einheit, Distanz zwischen Erde und Sonne: 149.500.000 km). Er schloss daraus, dass Kometen aus einer riesigen Wolke in den äußeren Regionen des Sonnensystems stammen. Die einzelnen Kometen sind so klein und so weit entfernt, dass es bisher leider keine direkten Beweise für eine solche nach Oort benannten Wolke gibt. Man hält die Oortsche Wolke für die Quelle der Kometen mit langen Umlaufzeiten (>200 Jahre). [12] Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 5 von 44 Der Kuipergürtel ist eine scheibenförmige Region außerhalb der Umlaufbahn des Neptuns (ca. 30 bis 100 A.E. von der Sonne entfernt) und enthält kleine eisige Körper. Erst ab 1995 gelang es mit Hilfe des Hubble Space Telescopes (HST) effektiv Objekte bis zu einer Größe von 6km nachzuweisen. Bis Anfang 1999 wurden knapp 100 Objekte in dieser Region entdeckt. Eine Hochrechnung zeigt, dass es etwa 200 Millionen Objekte mit einem Durchmesser von 6 bis über 100 km geben muss. Gelegentlich wird die Bahn eines Objekts aus dem Kuipergürtel derart durch Wechselwirkungen zwischen den Gasriesen Neptun und Pluto beeinflusst, dass es mit einem der Riesenplaneten kollidiert, aus dem Sonnensystem herausgeschleudert oder in das innere abgelenkt wird. Gelangt so ein Körper auf eine elliptische Bahn um die Sonne, kann man ihn als Kometen klassifizieren. Man hält den Kuipergürtel für die Quelle der Kometen mit kurzen Umlaufzeiten (
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 6 von 44 Kommt ein Komet in den sonnennahen Abschnitt seiner Bahn (ungefähr innerhalb Jupiters Orbit), bilden sich durch den Sonnenwind und dem Strahlungsdruck der Sonne mehrere Schweife: • Koma: dichte Wolke aus Wasser, Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Methan, Ammoniak, Methanol, Formaldehyd, die vom Kern des Kometen (Nukleus) absublimieren (verdampfen). • Wasserstoffwolke: Riesige, aber dünne Hülle aus neutralem Wasserstoff mit einem Durchmesser von einigen Millionen Kilometer. • Staubschweif: Er besteht hauptsächlich aus Staubpartikeln. Sie werden mit den entweichenden Gasen vom Kern weggetrieben. Bis zu zehn Millionen Kilometer lang und mit bloßem Auge sichtbar. Durch die höhere Dichte der Staubpartikel ist der Staubschweif in der Regel gekrümmt. • Ionenschweif: Er setzt sich aus Plasma, Strahlen und Strömen zusammen, die von Wechselwirkungen mit dem Sonnenwind hervorgerufen werden. Er ist bis zu 100 Millionen Kilometer lang. Der Komet verliert so auf seiner Bahn an der Sonne vorbei ständig einen Teil seiner Masse. Typisch beträgt der Masseverlust dabei 0,1% der Kometenmasse. Die nun „selbständigen“ Objekte folgen nun mehr oder weniger genau dem Ursprungskometen auf nahezu parallelen Bahnen. Im sonnennähesten Punkt, dem Perihel, ist der Masseverlust am größten. Pro Jahr durchqueren ungefähr 20 bis 30 Kometen ihren Perihel. [25] Bild 2.1.1.b.: Komet mit Schweif am Nachthimmel (schwach ist auch der Gasschweif über dem helleren Staubschweif zu erkennen) Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 7 von 44 2.1.2. Meteoroidenschauer [24][25][26] Kreuzt die Erde eine Bahn eines Kometen und damit den Strom der Materieteilchen, werden diese von der Erdanziehung erfasst und verglühen in der Atmosphäre. Die im Volksmund „Sternschnuppe“ genannte Erscheinung wird wissenschaftlich der oder das Meteor genannt (Mehrzahl Meteore). Dieser Begriff bezeichnet streng genommen nur den am Himmel beobachtbaren Leuchtvorgang. Der Name „Schnuppe“ entstand im 15. Jahrhundert im nord- und mitteldeutschen Raum. Er bezeichnet das abgeschnittene und verkohlte Ende eines Kerzendochtes. Das Putzen des Lichtes verglich man mit dem Schnäuzen der Nase. Früher wurden Sternschnuppen als Putzabfälle der Sterne betrachtet. Meteoroide sind die festen „Kleinteile“ im Weltall, die zu klein sind, um in die Reihe der Planetoiden aufgenommen zu werden. Ein gehäuftes Auftreten von Meteoroide nennt man Meteoroidenschauer oder Mereoroidenströme. Ist der Körper so groß, dass er nicht vollständig in der Erdatmosphäre verglüht, schlägt er schließlich auf der Erde auf. Man spricht dann von einem Meteoriten. Diese irreführenden Bezeichnungen stammen alle aus der ersten Hälfte des 18ten Jahrhunderts, als Meteore zu den meteorologischen Erscheinungen wie Blitze usw. gezählt wurden. Das Wort Meteor selbst kommt aus der griechischen Sprache. Es wurde aus „Metéoron“ abgeleitet, was für „Himmels-“ oder „Lufterscheinung“ steht (meteoros = unbestimmt, in der Luft schwebend). Helle Meteore werden im Deutschen als Feuerkugeln oder Boliden bezeichnet. Bild 2.1.2.: Ein Komet mit Schweif auf seiner Bahn durch das Sonnensystem 2.1.3. Eigenschaften der Meteoroidenschauer Durch exakte Beobachtungen und Berechnungen gelang es einige Schauer mit bestimmten Kometen in Verbindung zu bringen. So bewegt sich die Erde jedes Jahr am 12. August durch die Perseiden, den Hinterlassenschaften des Kometen Swift-Tuttle. [26] Der Komet Halley ist der Ursprung des Orionidenschauers im Oktober. Ausnahmestellungen nehmen die Geminiden und die Arietiden ein. Sie stammen von Asteroiden (Asteroid 3200 Pheothon und Asteroid Icarus 1566). Eine ausführlichere Übersicht dieser Zusammenhänge liefert folgende Tabelle: Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 8 von 44 Komet Periode Meteoroidenschauer 21P/Giacobini-Zinner (1946 V) Pi Puppiden Asteroid Icarus 1566 Arietiden 1P/Halley 76,1 Jahre Orioniden und Eta-Aquariden Thatcher 1861 I 329 Jahre Lyriden Encke (1971 II) Tauriden 55P/Tempel-Tuttle 33 Jahre Leoniden Blanpain (1819 V) Dezember Phoeniciden Asteroid 3200 Pheothon 1,83 Jahre Geminiden 8P/Tuttle 13,5 Jahre Ursiden 109P/Swift-Tuttle 135 Jahre Perseiden Tabelle 2.1.3.: Kometen und ihre Meteoroidenschauer Da die Umlaufzeit der Erde und die Bahnen der Meteoroide bekannt sind, kann man die Zeitpunkte von Schauern relativ genau voraussagen. Grundsätzlich braucht die Erde 365,25 Tage für einen Orbit um die Sonne. Dies entspricht einem astronomischen Jahr. Für die Berechnung eines Schauers muss darum jedes Jahr 6 Stunden hinzugezählt werden. In Schaltjahren hingegen muss nach dem 29. Februar und im folgenden Jahr vor dem 29. Februar für alle Schauer ein Tag abgezogen werden. Allerdings kann es auch zu größeren Abweichungen (einige Stunden) kommen, da die Kometenbahnen auch von anderen Faktoren beeinflusst werden. Es ist zum Beispiel möglich, dass ein Komet und die Materieströme durch die Gravitation eines Planeten (Jupiter) von der Bahn abgelenkt werden. So können dann mehrere Teilchenspuren eines Kometen entstehen. Es gibt darum leider keine Methode, die exakte Bahn des Kometen zu bestimmen. Die Vorhersagen stützen sich deswegen hauptsächlich auf die Daten von vergangenen Schauern, aus denen dann ein Bahnmodell errechnet wird. Die in Tabelle 2.1.4.b. angegebenen Werte sind somit nur als Richtwerte zu betrachten. Genauere Zeiten erhält man aus jährlich erscheinenden astronomischen Publikationen. Die Schauer, bei denen die Teilchen noch sehr nahe an der Bahn des Ursprungskometen sind, haben ein scharf definiertes Maximum und die Zahl der auftretenden Meteore ist groß. Solche periodischen Schauer zeigen sich im regelmäßigen Abstand als regelrechte Stürme wie z.B. die Leoniden '98. Bei „älteren“ Meteoroidenschauer hat sich der größte Teil der Kometenmasse auf der Umlaufbahn verteilt. Zusätzlich driften die Teilchen durch äußere Einflüsse wie z.B. dem Sonnenwind auseinander. Diese Schauer dauern länger aber die Aktivitäten sind nicht sehr groß. Es zeigen sich auch keine großen jährlichen Schwankungen. Ist der Komet noch nicht vollständig zerfallen, können aber auch hier trotzdem Stürme auftreten, bei denen mitunter bis zu 500 Meteoroide pro Stunde zu beobachten sind. Durch die beschriebenen Vorgänge trifft die Erde jedes Jahr immer auf verschiedene Dichten, weshalb die Aktivität eines Schauers jedes Mal anders ausfällt. Als Maß dafür haben Astronomen die ZHR eingeführt. Die Abkürzung steht für „zenithal hourly rate“. Sie beschreibt die Anzahl von Meteoren, die man theoretisch mit dem bloßen Auge pro Stunde bei absoluter Dunkelheit erkennen könnte, wenn der Radiant im Zenit steht, sprich 90 Grad Elevation aufweist. [14] 2.1.4. Namengebung von Meteoroidenschauer [14] Die Meteore eines Schauers scheinen einem bestimmten Teil des Himmels zu entströmen. Verlängert man die Flugbahnen zurück, so treffen sie sich scheinbar in einem als Radiant bezeichneten Fluchtpunkt. Dies ist ein rein perspektivischer Effekt, in der Realität sind die Bahnen der Meteore parallel. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 9 von 44 Bild 2.1.4.a.: Leoniden '98, Fischaugenobjektiv, Astronomisches Observatorium Modra, Slowakei. Vier Stunden Belichtungszeit Das Sternbild in dem sich dieser Fluchtpunkt befindet gibt den meisten Meteoroidenschauer seinen Namen. Als Beispiel seien die Perseiden oder Laurentiustränen, deren Radiant im Sternbild Perseus liegt, oder die Orioniden im Sternbild Orion genannt. Schauer Radiant im Sternbild Quadrantiden Bootes Lyriden Leier Eta Aquariden Wassermann Perseiden Perseus Orioniden Orion Leoniden Löwe Geminiden Zwillinge Ursiden Kl. Bärin Tabelle 2.1.4.b.: Meteoroidenschauer und Lage des Radianten Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 10 von 44 Von großer Wichtigkeit für die Beobachtung von Meteoren und auch für die Planung von Meteorscatter-Versuchen ist die Tatsache, dass sich die Radianten mit ihren Sternbildern durch die Erddrehung am Himmel weiterbewegen. So wie die Sonne, der Mond und die Sternbilder im Osten aufgehen und im Westen untergehen, verändern die Radianten ständig Elevation und Azimut. Einige Sterne bzw. Sternbilder liegen aber so nahe am Polarstern, um den sich der Himmel zu drehen scheint, dass diese und mit ihnen die entsprechenden Radianten nie hinter dem Horizont verschwinden. Diese Sterne werden Zirkumpolarsterne genannt. Die Quadrantiden, Perseiden und die Ursiden sind zirkumpolar. [1] Tabelle 2.1.4.c.: Die größten und wichtigsten Meteoroidenschauer der nördlichen Hemisphäre Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 11 von 44 2.2. Sporadische Meteoroide Neben diesen Schauern gibt es aber auch sporadisch auftretende Meteoroide. Sie stammen von „sehr alten“ Meteoroidenströmen, deren Komet sich bereits aufgelöst hat und die Teilchen sich soweit verteilt haben, dass sie keinen wahrnehmbaren Schauer mehr produzieren. Eine weitere Quelle für sporadische Meteoroide ist der Asteroidengürtel, der zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter liegt. Dort tummeln sich Gesteinsbrocken von wenigen Zentimeter bis einigen Kilometern Durchmesser. Werden diese durch Kollisionen untereinander von ihrer ursprünglichen Bahn abgelenkt, können sie in Richtung des inneren Sonnensystems treiben. Die Gesteinsstücke folgen einer Bahn, die durch die Gravitation der Sonne und der Planeten bestimmt wird. Schneidet das Gesteinsstück die Bahn der Erde, wird es zum Meteor. [24][26] Tabelle 2.2.a.: Schema des Asteroidengürtels Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 12 von 44 Bei Sonnenaufgang erscheinen die sporadische Meteoroiden gehäuft, weil sich der eigene Beobachtungspunkt dann direkt in die im interplanetaren Raum befindlichen Materieteilchen hinein bewegt. Die tägliche Aktivität beschreibt deshalb einen sinusförmigen Verlauf, wobei am Morgen etwa die dreifache Anzahl an Meteore auszumachen ist als am Abend. Unzählige solcher Meteoroide treten jeden Tag in die Atmosphäre ein, aber relativ wenige haben die benötigte Größe, Geschwindigkeit und Orientierung zur Erde, um sie für MS-Verbindungen ausnutzen zu können. Die Charakteristik von sporadischen Meteoroide ist in einer MS-Verbindung leicht von Meteoroide eines Schauers zu unterscheiden. So können Reflexionen für 15 Minuten völlig ausbleiben und in einer Minute mehrere sehr ausgeprägte Reflexionen auftreten. Günstige Zeiten für Versuche mit sporadischen Meteoroide sind zwischen 0400 UTC und 0800 UTC. Die beste Zeit, um sporadische Meteore visuell zu beobachten, ist zwischen 0000 UTC und 0200 UTC. Nach 0200 UTC beginnt der Nachthimmel in den Sommermonaten schon wieder aufzuhellen. Da diese Meteoroide aus verschiedenen Richtungen in die Erdatmosphäre einfallen, besitzen sie im Gegensatz zu Schauern keinen gemeinsamen Radianten, den man beachten müsste. Als Maßangabe wird hier auch nicht ZHR verwendet, sondern nur HR (hourly rate). Die Dichte dieser sporadischen Partikel im Weltraum ist nicht als konstant anzusehen. Das Diagramm zeigt den jährlichen Verlauf für Europa. [1] Bild 2.2.b.: Diagramm, HR sporadischer Meteoroide in Abhängigkeit von der Jahreszeit 2.3. Entstehung von Radioreflexionen Beim Eintritt in die Erdatmosphäre kollidiert ein Meteoroid mit Luftmolekülen, was zu einer so großen Hitze führt, dass Atome aus dem Meteoroid herausdampfen. Diese freigesetzten Atome behalten annähernd die gleiche Geschwindigkeit bei wie der Meteoroid selbst und kollidieren ebenfalls mit Luftmolekülen. Die kinetische Energie (Bewegungsenergie) erhitzt die Luftmoleküle so stark, dass sie sich ionisieren. Es bildet sich eine Spur aus freien Elektronen und positiven Ionen (Plasma, ionisiertes Gas) entlang der Flugbahn. Die freigesetzte Energie teilt sich in Hitze (99,895%), Licht (0,1%) und Ionisation (0,005%) auf. [5] Die Ionisation unterscheidet sich kaum von der in der Ionosphäre vorkommenden, außer dass sie in Form einer langen Spur auftritt und sich hauptsächlich durch Dispersion (Verflüchtigung) auflöst im Gegensatz zur Ionosphäre, die sich durch Rekombination abbaut. Bei dem niedrigen Luftdruck in 100km Höhe sind die Luftmoleküle zu weit auseinander, um eine Rekombination von freien Elektronen und Ionen zu erlauben. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 13 von 44 Nur die Lichterscheinung des Meteors entsteht entgegen der weit verbreiteten Meinung nicht durch das durch die Reibung mit den Luftschichten erzeugte Verglühen der Staubpartikel, sondern durch die Wiedervereinigung von freien Elektronen und Ionen (Rekombinations-Leuchten). [25] Der sichtbare Schweif kann übrigens eine Länge von 100 km erreichen. Ist die Ionisationsdichte und zugleich der Durchmesser dieses Plasmakanals groß genug (Größenordnung ca. 1m), wird auftreffende HF-Energie vollständig an der Oberfläche reflektiert. Diese Bahnen werden in der Meteorphysik „overdense trails“ genannt, was man mit „überdichte Bahnen“ übersetzen könnte. Die Elektronendichte ist für „overdense trails“ mit ≥ 1x1014 e/m (Elektronen/Meter) definiert. Die Plasmafrequenz ist größer oder gleich der reflektierten Frequenz. Die Plasmafrequenz oder „kritische Frequenz“ beschreibt die maximale Frequenz, bei der HF- Energie von einem Plasma reflektiert wird. Sie ist zur Ionnendichte proportional. Bei „overdense trails“ kommt es meist zu Polarisationsdrehungen und den damit verbundenen Signalschwankungen (fading, QSB). Zusätzlich können auch Scherwinde in der unteren Ionosphäre fading verursachen. Die Reflexionsspur wird dabei durch den Wind verformt und es bilden sich mehrere Reflexionspunkte, die sich durch den Wind zusätzlich bewegen. Das reflektierte Signal überlagert sich, was sich durch gleichmäßige Signalschwankungen bemerkbar macht. Dieses QSB wird oft als „diversity QSB“ oder „deep fading“ bezeichnet. Unmittelbar nachdem der Plasmakanal durch den Meteor geformt wurde, breiten sich die Elektronen durch die abstoßende Wirkung sehr schnell aus (1-10m/s). Die Feldstärke kann aufgrund der zunehmenden Reflexionsfläche bei ausreichender Ionisation kurzzeitig sogar zunehmen. [15] Ein weiteres Ausdehnen des Plasmakanals hat aber schließlich eine Abnahme der Elektronendichte zur Folge. Die Plasmafrequenz ist nun kleiner als die auftreffende Frequenz. Man spricht nicht mehr von einem Plasma. Bei diesen so genannten „underdense trails“ kann nun HF-Energie in die Bahn eindringen. Sie wird nicht mehr reflektiert, sondern von den einzelnen Elektronen aufgenommen und ungleichmäßig wiederabgestrahlt. Daher der Name Meteorscatter (engl. scatter = streuen). Bei diesen „underdense trails“ tritt keine Polarisationsdrehung mehr auf. Die Feldstärke fällt sehr schnell ab, bis sich schließlich die Spur aufgelöst hat. Die Abnahme der Feldstärke verläuft exponential und die Abfallzeit wird hauptsächlich von der Dichte der Atmosphäre bestimmt. Ein Meteoroid, der eine vergleichsweise kleine Ionisation hervorruft, bildet nicht unbedingt einen „overdense trail“ aus. Es entsteht dann von Anfang an nur ein „underdense trail“. Die Reflexionen haben im Allgemeinen nur eine Dauer von Bruchteilen einer Sekunde bis zu einer Minute, selten länger. [16][23] Als Besonderheit gelten Reflexionen, deren Signale mit einem Dopplereffekt behaftet sind. Die HF- Energie, die am Kopf des Plasmakanals reflektiert wird, während der Meteoroid verglüht, erreicht den Empfänger über eine Strecke, deren Länge sich durch die Eintrittsgeschwindigkeit ändert. Dadurch entsteht der Frequenzversatz. Da dieser Effekt nur während dem Verglühen des Meteoroiden entsteht, sind die im Englischen als „head reflections“ (Kopfreflexion) bezeichneten Doppler-Signale im Verhältnis zur Gesamtlänge der Reflexion nur von kurzer Dauer. [15] Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 14 von 44 Bild 2.3.a.: Diagramme, Signalverlauf eines „underdense trails“ (links) und eines „overdense trails“ (rechts) [16][23] Um die Reflexionen während einer Funkverbindung und damit die momentanen Ausbreitungsbedingungen beurteilen zu können unterscheiden Funkamateure zwischen „Pings“ und „Bursts“. Die Definitionen von Pings und Bursts sind zum Teil stark abweichend. Während einige einen Ping als Reflexion bezeichnen, die sich auch anhört wie ein „pinnnggg“, definieren andere einen Ping als kurze Reflexion ohne Informationsgehalt. Wobei diese Definition natürlich von der verwendeten Übertragungsgeschwindigkeit abhängt und deswegen heutzutage überholt ist. Als dritte Variante werden Pings als Reflexion kürzer als eine Sekunde bezeichnet. Es ist klar, dass mit diesen Auslegungen keine Vergleiche von Funkverbindungen möglich sind. Diese Angaben sind aus wissenschaftlicher Sicht wertlos. Hier soll eine einheitliche Definition abhelfen, die 1999 in der Region 1 IARU-Konferenz in Lillehammer beschlossen wurde. [6] Ping Reflexion eines „underdense trail“ Burst Reflexion eines „overdense trail“ Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 15 von 44 Die „underdense trails“ und „overdense trails“ können mit ausreichender Genauigkeit anhand der Länge der Reflexion unterschieden werden, wobei die verwendete Frequenz zu beachten ist. Die Tabelle zeigt die übertragenen Zeichen in einem „underdense trail“ maximaler Länge für normales CW (100 Zeichen pro Minute), durchschnittliches HSCW (CW-Variante für Meteorscatter, 3000 Zeichen pro Minute) und FSK441 (8820 Zeichen pro Minute). Näheres zu Betriebsarten siehe Kapitel 4. Frequenz Dauer Übertragungsgeschwindi Anzahl an übertragenen gkeit Zeichen 50 MHz 1s 100 Zeichen pro Minute 2 50 MHz 1s 3000 Zeichen pro Minute 50 50 MHz 1s 8820 Zeichen pro Minute 147 70 MHz 0,5 s 100 Zeichen pro Minute 1 70 MHz 0,5 s 3000 Zeichen pro Minute 26 70 MHz 0,5 s 8820 Zeichen pro Minute 75 144 MHz 0,1 s 100 Zeichen pro Minute 0 144 MHz 0,1 s 3000 Zeichen pro Minute 4 144 MHz 0,1 s 8820 Zeichen pro Minute 11 432 MHz 0,013 s 100 Zeichen pro Minute 0 432 MHz 0,013 s 3000 Zeichen pro Minute 1 432 MHz 0,013 s 8820 Zeichen pro Minute 2 Tabelle 2.3.b.: Maximale Dauer eines „underdense trail“ (Ping) [6] Zur Berechnung dieser Tabelle wurde folgende Formel verwendet: t = (300 / f) 2 / 36 t - Dauer in Sekunden f - Frequenz in MHz Die Dauer und Feldstärke einer Reflexion wird von • der Masse der Teilchen • der Eintrittsgeschwindigkeit der Teilchen • dem Metallanteil der Teilchen • der Frequenz • der Geometrie zwischen Sender, Meteoroidenspur und Empfänger (siehe Kapitel 3) • Luftbewegungen in der unteren Ionosphäre (siehe Kapitel 2.3) bestimmt. Erläuterungen: Die Masse der Teilchen: Die kinetische Energie ist proportional zur Masse (E=1/2 m*v2). Haben die Meteoroide eine Masse von mindestens 0,001 g bei einer Abmessung von 1 mm, kommt es zu einem ausreichenden Reflexionsvermögen für Wellen im UKW-Bereich. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 16 von 44 Die Eintrittsgeschwindigkeit der Teilchen: Die kinetische Energie ist proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit (E=1/2 m*v2). Die tatsächliche Eintrittsgeschwindigkeit hängt von 3 Faktoren ab: • Die Bewegung der Meteoroide im Sonnensystem (8 - 75 km/s). Ungefähr 75 km/s stellt die größte Geschwindigkeit von Meteoroiden dar. Währen sie schneller, hätten sie eine so große Bewegungsenergie, dass sie unser Sonnensystem verlassen würden. Mit Hilfe des „Advanced Meteor Orbit Radar (AMOR) in Neuseeland werden aber noch schnellere Meteoroide gemessen. Sie sind somit sporadische Meteoroide interstellaren Ursprungs, welche aber aufgrund ihrer geringen Abmessungen und Häufigkeit für Meteorscatter keine Bedeutung haben. [27] • Die Bewegung der Erde im Orbit um die Sonne (29,8 km/s). • Die Bewegung des Eintrittpunktes aufgrund der Erdrotation. Die Eigenbewegung der Erde und die Erdrotation addieren sich in den Morgenstunden und subtrahieren sich am Abend. Die einzelnen Meteoroide treten deswegen mit einer relativen Geschwindigkeit von 8 bis 120 km/s in die Erdatmosphäre ein. Trifft ein Meteoroid mit großer Geschwindigkeit in die Atmosphäre, entsteht eine stärkere Ionisation. Dadurch werden höhere Schichten der Ionosphäre intensiver ionisiert. Je höher das Reflexionsgebiet über der Erde liegt, desto weitere Entfernungen lassen sich überbrücken. Zudem erscheinen mehr Reflexionen, da brauchbare Ionisationsspuren dann schon von kleineren Partikeln hervorgerufen werden. [14] Allerdings sind diese höheren Reflexionszonen von kürzerer Dauer, da die Luftdichte geringer ist und sich der Plasmakanal deswegen schneller auflöst. [16] Der Metallanteil der Teilchen: Je höher der Metallanteil, desto höher die Ionisierung. Die Frequenz: Bei einer gegebenen Frequenz entstehen die stärksten Reflexionen (Dauer und Feldstärke) dann, wenn der Plasmakanal die größten Ausmaße annimmt und gleichzeitig für diese Frequenz noch die benötigte Ionisation besteht, um sie zu reflektieren. Wird ein höherer Frequenzbereich benutzt, ist die gleiche ionisierte Spur nur dann fähig ein Signal zu reflektieren, wenn die Spur relativ schmal im Durchmesser ist. Denn nur dann besitzt sie noch genügend Ionisation. Aber eine schmale Spur bewirkt wegen ihrer kleinen Fläche nur ein schwaches Signal. [15] Dazu gilt: Die Feldstärke (a) nimmt umgekehrt proportional zur 3/2 Potenz der Frequenz ab (a=1/f3/2). [28] Die Dauer einer Reflexion (d) verringert sich umgekehrt proportional zum Quadrat der Frequenz (d=1/f2). [28] Eine Meteoroidenspur, die beispielsweise im 6m-Band eine Reflexion von 10 Sekunden Dauer bewirkt, bietet auf dem 2m-Band eine von einer Sekunde und auf dem 70cm-Band nur eine von 10 Millisekunden. Hier lässt sich erkennen, dass MS-Verbindungen im 70cm-Band Ausnahmen darstellen und in den GHz-Bändern praktisch ausgeschlossen sind. Auf den Kurzwellenbändern wären theoretisch auch Reflexionen auszumachen. Diese sind aber meist durch Ionosphärenausbreitung überlagert oder die erzielbare Reichweite wäre nicht weiter als die der Bodenwelle. Zudem sind atmosphärisches und kosmisches Rauschen höher, die Ausmaße der benötigten Antennen unhandlich und die Dämpfung der D-Schicht wirkt sich negativ aus. Meteorscatter wird von den Funkamateuren deshalb hauptsächlich im 6m- und 2m-Band betrieben. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 17 von 44 3. Reflexionsgeometrie 3.1. Der Radiant [14][4] Üblicherweise wird die Antenne direkt auf die Gegenstation ausgerichtet. Man hofft im gemeinsamen Schnittbereich eine Meteoroidenbahn zu treffen. Die stärksten und zugleich längsten Reflexionssignale entstehen, wenn folgende Bedingungen erfüllt werden: • Der Radiant verläuft im rechten Winkel zum Funkpfad. • Der Radiant steht 45 Grad über dem Horizont. • Die Reflexionsspur befindet sich genau in der Mitte der zwei Stationen. Unter diesen optimalen Bedingungen ist der Ausbreitungspfad SenderReflexionsgebietEmpfänger am kürzesten. Ist die Elevation des Radianten kleiner 45 Grad, werden die Signale schwächer, ist sie größer 45 Grad sind die Signale stark, dafür kurz. Während Punkt 3 nicht zu beeinflussen ist, kann man durch die zeitliche Wahl einer Verbindung die Punkte 1 und 2 optimieren. Dabei helfen Computerprogramme, mit denen die verschiedenen Variablen miteinander in Verbindung gebracht werden können. Bild 3.1.: Radiant mit Verbindungslinie zwischen den Stationen Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 18 von 44 Die Effektivität einer geometrischen Konstellation von Funkpfad und Radiant kann berechnet werden. Dazu bedient man sich folgender Formel: E = sin e * cos e * sin (p - a) * 200 E - Effektivität e - Elevation des Radianten in Grad a - Azimut des Radianten in Grad p - Pfadwinkel in Grad (Erdrichtung der Verbindungslinie beider Funkpartner) Azimut und Pfadwinkel werden beginnend von Süd in Richtung West von 0 bis 360 Grad gemessen (astronomische Richtungsangabe). Der Faktor 200 in der Formel dient der Prozentangabe, da sonst der maximal erreichbare Wert der Effektivität den Zahlenwert 0,5 annimmt. Multipliziert mit dem Faktor 200 entspricht dies dann einer Effektivität von 100 Prozent. Die Effektivität gibt keineswegs die Anzahl der Reflexionen an, sondern einen prozentualen Wert von mathematisch angenommenen optimalen Bedingungen. [13] 3.2. Die „hot spots“ [18] Beobachtungen von sporadischen Meteoroide zeigen, dass die meisten Reflexionen von zwei Bereichen („hot spots“) kommen, die ungefähr ±10 Grad rechts und links neben der direkten Linie zur Gegenstation liegen. Sporadische Meteoroiden, die in diesen „hot spots“ einfallen, zeigen statistisch gesehen die besten Reflexionsgeometrien. Welcher „hot spot“ gerade mehr Reflexionen bietet, hängt von der Richtung des Funkpfades (Nord-Süd-, Ost-West-Richtung) und von der Tageszeit ab. Die unterschiedliche Aktivität der „hot spots“ wird von der Erdrotation und dem Umlauf um die Sonne zu den Meteoroiden oder von ihnen weg hervorgerufen. Von der direkten Richtung zum Funkpartner sind weniger Reflexionen aufzunehmen, weil die Geometrie nicht mehr optimal ist. Im Allgemeinen kann man aber die Antenne direkt auf die Gegenstation ausrichten, da der Öffnungswinkel der Antenne breit genug ist, um beide „hot spots“ abzudecken. Bild 3.2.a.: Räumliche Darstellung der „hot spots“ von Hines, C.O, Journal of Atmospheric and Terrestrial Physics, 1956, Seite 229-232. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 19 von 44 Die „hot spots“ wandern immer näher zusammen je größer die Entfernung zwischen den zwei Stationen wird. Wird die geometrische Maximaldistanz von ca. 2300 km erreicht, sind die zwei „hot spots“ ganz zusammengerückt und bilden einen gemeinsamen Punkt. Die folgenden Diagramme zeigen die täglich zu erwartenden Aktivitäten der „hot spots“ für einen Funkpfad von 1000 km Länge in den mittleren Breiten der nördlichen Hemisphäre (nicht zu verwechseln mit dem tatsächlichen Auftreten von sporadischen Meteoroide (HR)). Bild 3.2.b.: Diagramm, Tägliche Aktivitäten der „hot spots“ Erläuterung: Für einen Nord-Süd-Pfad ist die westliche Seite von 1800 UTC bis 0600 UTC die produktivste mit einem Maximum um 0300 UTC. Die östliche Seite eines Nord-Süd-Pfades ist von 0600 UTC bis 1800 UTC günstiger und hat ein Maximum um 1000 UTC. Um 0600 UTC befindet sich das morgendliche Minimum für einen Nord-Süd-Pfad. Für einen Ost-West-Pfad ist die nördliche Seite von 0000 UTC bis 1200 UTC vorzuziehen wobei das Maximum um 0600 UTC erscheint. Man sollte bei den aufgeführten Daten für sporadische Meteoroide bedenken, dass sie durch Beobachtungen über einen größeren Zeitraum entstanden sind. Sie enthalten somit eine gewisse statistische Ungewissheit, die dazu führen kann, dass während einer halben Stunde keine einzige Reflexion auszumachen ist, obwohl man die besten Zeiten, die optimale Beamrichtung und die günstigste Entfernung für einen MS-Test gewählt hat. 3.3. Überbrückbare Entfernungen [5] Die ionisierten Bahnen der Meteoroide liegen in einer Höhe von 60 bis 120 km. Also, hauptsächlich in der E-Schicht. Daraus ergibt sich eine minimal und maximal überbrückbare Entfernung. Es hat sich herausgestellt, dass MS-Verbindungen mit ca. 1300 km Distanz am erfolgreichsten verlaufen. Unter 700 km fällt die Rate auf 50%, weil ein größerer Teil der HF-Energie von der Erde weg reflektiert wird. Ab 2200 km sinkt die Erfolgsrate aufgrund der kurzen, schwachen Reflexionen auf ca. 3%. Trotzdem gelangen schon Verbindungen mit einer Distanz von bis zu 2800 km. [4] Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 20 von 44 Bild 3.3.: Diagramm, Erfolgreiche Verbindungen in Abhängigkeit zur Entfernung Dieses Diagramm wurde von OH5IY über einen Zeitraum von 7 Jahren erstellt. Er benutzte eine Gruppenantenne, die aus 4 x 14el- oder 4 x 15el-Yagi-Antennen bestand. Die Sendeleistung betrug zwischen 100 und 1000 W. Die Empfängerrauschzahl variierte zwischen 2 und 0.7 dB. 3.4. Vertikaler Abstrahlwinkel der Antenne Bild 3.4.a.: Elevationswinkel bei verschiedenen Entfernungen [8] Entfernung 1: Fall 1 zeigt die maximale Entfernung von 2000-2300 km bei einem theoretischen Abstrahlwinkel von 0 Grad. Entfernung 2: Bei 1000 km Entfernung ist der günstigste Abstrahlwinkel bereits ca. 11 Grad. Da die Richtkeule einer waagerechten Yagi-Antenne über realem Erdboden sowieso eine Elevation erfährt, braucht man die Antenne nicht mechanisch anzuheben. Entfernung 3: Bei noch geringeren Entfernungen von mindestens 700 km muss die Antenne einen großen vertikalen Öffnungswinkel aufweisen. Eine kurze Einzelantenne mit maximal 11 Elementen genügt dieser Anforderung. Größere Antennenanlagen müssen eleviert werden. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 21 von 44 Die folgende Tabelle geht von 110 km Reflexionshöhe aus. Da sie bei jedem Meteor unterschiedlich ist, sollte man die Daten dieser Kurve nur als ungefähre Richtwerte ansehen. Bild 3.4.b.: Diagramm, Abstrahlwinkel in Abhängigkeit zur Entfernung [18] Zur Berechnung dieses Diagramms wurde folgende Formel verwendet: [13] A = arc tan (2 * h / d) - (0,001 * d) 2 A - Abstrahlwinkel in Grad (Elevation UND Erhebungswinkel der Richtkeule berücksichtigen) h - Höhe der Reflexion in km d - Entfernung zur Gegenstation in km 3.5. Horizontaler Öffnungswinkel der Antenne [2] Wie im Bild 3.5. zu erkennen ist, wäre es ideal, wenn ein Meteoroid genau zwischen beiden Stationen eine ionisierte Bahn hinterlassen würde. So ließe sich die maximale Reichweite erzielen. Da dies aber eher die Ausnahme darstellt, ist ein breiter Öffnungswinkel der Antenne von Vorteil, der einen großen Bereich „ausleuchtet“ um mehr Reflexionsbahnen zu erreichen. Bei Entfernungen von mehr als 1700 km sind aber gestockte Antennensysteme im Vorteil. Man nimmt dabei ein kleineres ausgeleuchtetes Gebiet in Kauf, zugunsten eines höheren Gewinns, der die höhere Streckendämpfung ausgleicht. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 22 von 44 Bild 3.5.: Ausleuchtzonen mit verschiedenen Antennen [8] 3.6. Sidescatter, Backscatter Grundsätzlich sollte die Antenne immer direkt zur Gegenstation ausgerichtet werden (Forwardscatter). Eine besondere Möglichkeit zur Überbrückung kurzer Distanzen (unter 700 km) ist ein QSO über „Umwege“. Dabei richten beide Stationen ihre Antennen auf einen vorher verabredeten Reflexionspunkt (QTH-Lokator), der außerhalb ihrer geographischen Verbindungslinie liegt. Hier wird die seitliche und rückwärtige Reflexion der Hochfrequenz ausgenutzt. Besonders, wenn eine der beiden Stationen keine Elevationsmöglichkeit der Antenne hat, wird man auf Sidescatter bzw. Backscatter zurückgreifen müssen. Dieses Verfahren ist auch dann sehr sinnvoll, wenn bestimmte Richtungen durch eine ungünstige Tallage, QRM oder durch TVI / BCI nicht genutzt werden können. 4. Betriebstechnik [3][2][1] 4.1. Grundlegendes zum Ablauf einer MS-Verbindung 4.1.1. Übertragungsgeschwindigkeiten der verschiedenen Betriebsarten Um möglichst viele Informationen in den kurzen Reflexionen übertragen zu können, wird der QSO- Inhalt mit einer sehr hohen Übertragungsgeschwindigkeit ausgesendet. Dabei wird eine Übertragungsrate von ca. 1000 bis 9000 lpm angewendet (lpm steht für „letters per minute“, Zeichen pro Minute; lpm / 5 = wpm oder „words per minute“, Wörter pro Minute). In den folgenden Kapitel für Betriebstechnik und Stationsausrüstung werden die Betriebsarten FSK441, HSCW und SSB-MS erklärt. Es scheint, dass FSK441 in den nächsten Jahren HSCW vollständig ablösen wird. Selbst eingefleischte HSCW-Nutzer sind jetzt nur noch in FSK441 QRV. In einigen Ländern ist es Vorschrift, die Rufzeichen am Anfang und Ende der Sendeperiode in „normaler“ CW-Geschwindigkeit zu geben. • FSK441: FSK441 ist eine digitale Betriebsart, für die ein Rechner benötigt wird. Das Empfangssignal wird von der Software mit Hilfe der Soundkarte generiert und dekodiert. Die Übertragungsrate beträgt 8820 lpm. FSK441 ist HSCW mit 6000lpm um 8dB überlegen und gleichzeitig die Datenübertragung um den Faktor 1.5 höher. Deswegen ist eine Dekodierung selbst von sehr kurzen, kaum hörbaren Pings (ab ca. 10 Millisekunden Länge und nur einige dB über dem Rauschen) möglich. [30] Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 23 von 44 • HSCW: Die Generierung von Hochgeschwindigkeits-CW (Highspeed-CW, HSCW, CWMS, MSCW) geschieht entweder mit einer Speichermorsetaste, in die der Text in normaler Geschwindigkeit eingespeichert und dann elektronisch multipliziert wird oder mit dem PC mit entsprechender Software. Zum Empfang werden Tonbandgeräte mit hoher Bandgeschwindigkeit oder digitale Aufzeichnungsgeräte verwendet. Nach dem heutigen Stand der Technik gilt 2000 lpm als minimalste Tastgeschwindigkeit, die man anstreben sollte. HSCW wird hier in Europa mit bis zu 5000 lpm betrieben. Ist ein Signal ca. 2-4 dB über dem Rauschen, kann es dekodiert werden. HSCW hat einige Vorteile gegenüber SSB- MS. Selbst bei den kürzesten Bursts kann man brauchbare Informationen Empfangen. HSCW ermöglicht Funkkontakte an jedem beliebigen Tag ohne auf Meteoroidenschauer warten zu müssen. [17] • SSB-MS: Mit normaler SSB-Phonie können zwischen 2000 und 6000 lpm übertragen werden. Ist ein Signal ca. 10-20dB über dem Rauschen, kann es dekodiert werden. SSB-MS ist nur im Maximum eines Meteoroidenschauers sinnvoll, wenn viele kräftige Reflexionen von „overdense trails“ auftreten. 4.1.2. Dauer des QSO, Sende- und Empfangsperioden Die folgende Prozedur insbesondere der QSO-Ablauf und der QSO-Inhalt gilt nur für die Region 1 der IARU. Sie wurde in der IARU Region 1 Konferenz in Miskloc-Tapolca (1978) beschlossen und in den Konferenzen in Noordwijkerhout (1987), Toremolinos (1990) und de Haan (1993) leicht angepasst. In San Marino (2002) wurde FSK441 als neue Betriebsart mit eingebunden. Die grundlegende Betriebstechnik umfasst die Verwendung von relativ langen Sende- und Empfangsperioden, da man ja nicht weiß, wann ein Meteoroid eine brauchbare Plasmaspur erzeugt: • FSK441: 0,5 Minuten • HSCW: 2,5 Minuten • SSB-MS: 1,0 Minuten Für die genaue Einhaltung der Perioden ist eine genaue Uhr z.B. DCF77-Uhr unbedingt erforderlich. Um den PC als Hilfsmittel zeitsynchron zu halten, gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Anbindung an eine DCF77-Uhr über eine Schnittstelle. 2. Abgleich über das Internet mit speziellen Programmen wie z.B. „Dimension 4“. Aktuelle Windowsversionen beinhalten bereits die Möglichkeit des automatischen Abgleichs über Zeitserver. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 24 von 44 Ein QSO läuft folgendermaßen ab: Wenn Station A sendet, ist Station B auf Empfang. Nach Ablauf der Periode sendet Station B und Station A ist auf Empfang. Danach sendet wieder Station A für die Dauer einer Periode und B hört. Während eine Station in der Sendeperiode die Information in einer Schleife sendet, zeichnet die andere Station während seiner Empfangsperiode die ankommenden Pings und Bursts auf. Ist diese dann am Senden, analysiert sie zur gleichen Zeit die Aufnahme. • FSK441: Die Dekodierung wird vom Programm durchgeführt und beginnt automatisch nach Beendigung der Aufzeichnung. Empfangene Zeichen werden in einem Textfeld im Programmfenster angezeigt. Die empfangenen Zeichen werden vom Bediener bewertet und je nach empfangener Information der ausgesendete QSO-Text angewählt. Kurz nachdem FSK441 verfügbar wurde, gab es einige Befürchtungen. Einige glaubten, dass man nur noch den Computer und den TRX einzuschalten hätte, um später zu sehen, wen man gearbeitet hätte. Wie schnell klar wurde, kamen diese Vorurteile von Leuten, die nicht mal an das installieren von WSJT dachten. Wenn so etwas probiert würde, sähe man lediglich die Stationen, die man verpasst hat, weil man nicht an der Station war. Das menschliche Gehirn ist natürlich nicht in der Lage, ein FSK441-Signal zu dekodieren. Aber oft viel besser als ein Computer, entscheiden zu können, ob es sich um ein richtiges Signal oder nur um Störsignale handelt. Da FSK441 keine Fehlerkorrektur besitzt, ist ohne Beteiligung eines Operators keine MS-Verbindung möglich. • HSCW: Durch Zurückregeln der Bandgeschwindigkeit oder mit Hilfe digitaler Aufzeichnungsgeräte werden die HSCW-Aussendungen wieder lesbar. Das Dekodieren geschieht dann wie beim normalen CW mit dem Gehör des Operators und nicht wie oft angenommen mit dem PC. Hat man brauchbare Informationen identifiziert unterbricht man die Sendung kurzzeitig, um den ausgesendete QSO-Text abzuändern. • SSB-MS: Im Phoniebetrieb sind natürlich gleich die Informationen der Gegenstation während einer Reflexion zu verstehen. Aufzeichnungsgeräte können somit entfallen. Im Allgemeinen wird während der Sendeperiode nach jeweils 15 Sekunden eine kurze Hörpause von etwa zwei Sekunden eingelegt. Lange Bursts können so mit etwas Geschick genutzt werden, um das QSO in diesen abzuwickeln. Als hörender wartet man während eines langen Bursts auf die Pause der Gegenstation, die sie mit „break“ ankündigt. Die Maximaldauer eines MS-QSO wird in der Regel auf eine Stunde vereinbart. Es ist nicht möglich das QSO abzubrechen und zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Ist zu QSO-Beginn auf der Frequenz nichts von der Gegenstation zu hören, sollte man mit der RIT den Frequenzbereich von ± 2.5 kHz langsam absuchen und mindestens 30 Minuten weitersenden. Ist einmal ein Rapport gesendet worden und Reflexionen bleiben dann aus, so ist die volle Stunde auf der Frequenz zu verbleiben, um die Verbindung fortzusetzen. Ist die Verbindung nach einer Stunde nicht komplett wird sie üblicherweise abgebrochen. Fehlt allerdings nur noch eine Bestätigung, kann auch 10 - 15 Minuten überzogen werden. 4.1.3. Verkürzen des QSO-Textes • FSK441: Alle unnötigen Zeichen im QSO-Text werden weggelassen. Das „de“ wird nicht gesendet. Schrägstriche z.B. bei Portabelbetrieb werden auch weggelassen. Leerzeichen verbleiben im QSO-Text, da FSK441 im Empfangsfall auf diese synchronisiert. Das Programm generiert die verschiedenen QSO-Texte selbst. Daher kann hier nicht viel falsch gemacht werden. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 25 von 44 • HSCW: Alle unnötigen Zeichen im QSO-Text werden weggelassen. Das „de“ wird nicht gesendet. Sollten die Calls der beteiligten Stationen die Zahlen 0, 1 oder 9 enthalten, dürfen diese in T, A oder N gewandelt werden, um die Informationsübertragung nicht unnötig zu verlängern. Schrägstriche z.B. bei Portabelbetrieb werden auch weggelassen. Beispiel: DF9PY/P wird zu DFNPYP. Zum Teil werden auch die Wortpausen ausgelassen. • SSB-MS: Alle unnötigen Zeichen im QSO-Text werden weggelassen. Das „de“ wird nicht gesendet. Es wird kein IARU-Buchstabieralphabet verwendet. Die Buchstaben werden phonetisch in englischer Sprache ausgesprochen. Bei schneller Aussprache muss unbedingt auf Verständlichkeit geachtet werden. 4.1.4. Das Rapportsystem Der Rapport besteht aus nur zwei Ziffern. Die erste Ziffer gibt die Länge der besten Reflexion an. Die zweite Ziffer stellt die maximale Feldstärke der letzten Empfangsperioden dar. Durch diese Aufteilung der Ziffern ist immer eine eindeutige Zuordnung gewährleistet, auch wenn nur Bruchstücke empfangen werden. Der ursprünglich erteilte Rapport darf während eines QSO nicht mehr verändert werden, auch wenn sich die Empfangsverhältnisse verbessert oder verschlechtert haben. Es wäre zu verwirrend für die Gegenstation, würde sich plötzlich der Rapport ändern. 1. Ziffer Länge der Reflexionen 2. Ziffer Feldstärke der Reflexionen 1 Wird nicht verwendet 6 bis S3 2 Bis 5 Sekunden 7 S4 und S5 3 5 bis 20 Sekunden 8 S6 und S7 4 20 bis 120 Sekunden 9 S8 und stärker 5 Über 120 Sekunden 0 wird nicht verwendet Tabelle 4.1.4.: Rapportsystem Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 26 von 44 4.2. Aufbau eines Meteorscatter-QSO Es gibt zwei Möglichkeiten, zu einem MS-QSO zu gelangen. Entweder über einen Sked (Funkverabredung) oder über eine zufällig zustande kommende Verbindung (im Folgenden als Random bezeichnet). 4.2.1. Der Sked Einen Sked kann man entweder über Kurzwelle, per Post, telefonisch, per Email oder Packet Radio vereinbaren. Dabei werden die Rufzeichen, QTH-Lokator, Datum, Anfangs- und Endzeit in UTC, Frequenz, Tastgeschwindigkeit und die Sende- und Empfangsperioden abgesprochen. Auf Kurzwelle findet jeden Sonntag von 1100 UTC bis 1400 UTC ein VHF-Net statt, in dem Skeds für MS, EME usw. geplant werden können. Die Frequenzen sind je nach Bedingungen 14.345 MHz (hauptsächlich benutzte Frequenz), 28.345 MHz oder 3.624 MHz (± QRM). Aber auch außerhalb dieses Nets trifft man besonders an Wochenenden, vor und während Schauer oft andere VHF- Begeisterte an. Ein spezielles MS-Net ist am Samstag und Sonntag um 2200 UTC auf 14.185 MHz (± QRM) zu finden. Seit einiger Zeit treffen sich osteuropäische Funkamateure zu einem VHF-Net um 1800 UTC auf 3.777 MHz. In Packet Radio kann man an interessierte Stationen eine Nachricht senden oder sie direkt im „World Wide Convers“ auf Kanal 14345 anschreiben. Diesen erreicht man z.B. in der TCP/IP BBS HB9F mit den Befehlen „conf“ und „/n 14345“. Um stets mit den aktuellen Schauerdaten, DXpeditionen und Skedanfragen versorgt zu werden, gibt es einige Diskussionsforen, News Groups oder Reflektoren im Internet. Der für Europa interessante „meteor- scatter Reflector“ aktiviert man mit einer Mail an Majordomo@qth.net mit dem Text „subscribe meteor-scatter“. Im „HSCW Reflector“ finden sich nordamerikanische Amateure. Ihn kann man mit „subscribe hsms“ ebenfalls an Majordomo@qth.net anfordern. Da auch allgemeine Themen zu Meteoren diskutiert werden, ist die strenge Aufteilung der zwei Foren in europäisch und nordamerikanisch nicht mehr ganz so deutlich. Eine weitere News Group befasst sich auch mit anderen Ausbreitungsarten auf VHF. Für sie ist „subscribe wsvhf“ an die genannte E-Mail Adresse zu senden. Des Weiteren gibt es mit den Internet Links in den Quellennachweisen eine erschöpfende Auswahl an Informationsquellen zum Thema Meteorscatter. [20] Schrittweiser Ablauf des QSO Schritt 1: Zu Beginn des Skeds werden abwechselnd beide Rufzeichen gesendet. Schritt 2: Wenn eine der beiden Stationen die Rufzeichen oder Teile davon sicher und eindeutig erkannt hat, so sendet diese den Rapport unter Beibehaltung beider Rufzeichen. Sendet die Gegenstation bereits den Rapport und man selbst hat nur Rufzeichen- und Rapport-Fragmente empfangen, kann man natürlich ebenfalls den Rapport senden. Eine zweifache (FSK441, SSB-MS) bzw. dreifache (HSCW) Wiederholung des Rapports hat sich im Verhältnis zu den Calls übrigens als beste Lösung erwiesen. Schritt 3: Wird in einer folgenden Periode der Rapport aufgenommen und sind auch beide Rufzeichen komplett, so sendet diese Station in ihrem nächsten Durchgang zur Bestätigung ein „R“ (für Roger), das vor den Rapport gesetzt wird (Roger-Rapport). Endet das eigene Rufzeichen mit einem „R“, so ist es sinnvoll zwei „R“ mit dem Rapport zu senden, damit der QSO-Partner zwischen „R“ des Rufzeichens mit dem Rapport und dem Roger-Rapport unterscheiden kann. Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 27 von 44 Schritt 4: Ist endlich der Roger-Rapport und beide Rufzeichen vollständig empfangen worden, dann wird dieses mit den Final-Roger bestätigt. Die Final-Roger bestehen aus einer Reihe von drei (FSK441) bzw. acht (HSCW, SSB-MS) „R“s und dem Suffix des eigenen Calls. Schritt 5: Das QSO wäre nun komplett und könnte beendet werden. Hat man den Roger-Rapport gesendet und gerade die Final-Roger empfangen, so sollte man nun in den nächsten drei Sendeperioden ebenfalls Final-Roger übermittelt. Das ist nach der IARU-Prozedur zwar nicht notwendig, um aber den QSO- Partner nicht in der Ungewissheit zu lassen, ob seine Final-Roger angekommen sind, ist dieses Verfahren sinnvoll. Oft wird in diesen Final-Roger auch ein 73 eingeflochten, wenn die Ausbreitungsbedingungen dies zulassen. Ein MS QSO gilt nach den IARU Regularien dann als komplett und anerkannt, wenn beide Stationen beide Rufzeichen, den Rapport und ein Roger aufgenommen haben. Dieses Roger kann von einem Roger-Rapport oder von einem Final-Roger stammen! HSCW-QSO mit G3KWY, QTH-Lokator IN92IS, 816 km RX: TX: Nil G3KWY DHNGCD... HNGCD G3KWY DHNGCD... / G3KWY DHNGCD 262626... Nil G3KWY DHNGCD 262626... 7 DHNGCD G3KWY 272727... (2“ S5) G3KWY DHNGCD 262626... / G3KWY DHNGCD R26R26R26... Nil G3KWY DHNGCD R26R26R26... Nil G3KWY DHNGCD R26R26R26... RRR KWY RRRRRRRR... (23“ S5) RRRRRRRR GCD (für drei Perioden) Tabelle 4.2.1a. Beispiel-QSO Christoph Dörle, DH9GCD
Meteorscatter im Amateurfunk Seite 28 von 44 HSCW-QSO mit EU6MS, QTH-Lokator KO45IN, 1641 km RX: TX: MS DH9GCD EU, 6MS, MS EU6MS DHNGCD / EU6MS DHNGCD 262626 DH9GCD, MS DH9GC EU6MS DHNGCD 262626 MS DH9GCD, DH9, GCD EU6MS DH9 EU6MS DHNGCD 262626 CD EU6M EU6MS DHNGCD 262626 CD EU6MS D, DH9GCD, G EU6MS DHNGCD 262626 9, 9GCD EU6MS DHNGCD 262626 U6MS DH9GCD EU, 6MS DH9 EU6MS DHNGCD 262626 R27R27 DHNGCD EU6MS DHNGCD 262626 / RRRRRRRR GCD RRR MS RRRRRRRR MS RRRR Tabelle 4.2.1b. Beispiel-QSO Der tailender im Sked-Betrieb Hat eine begehrte DX-Station (DXpedition) eine volle Skedliste, so kann sie, um möglichst vielen die Chance zu geben sie zu arbeiten, eine zweite Station pro Stunde einplanen. Wenn möglich, sollte die DX-Station die erste und die zweite Station aus einer Antennenrichtung wählen, damit die zweite das vorhergehende QSO mitverfolgen kann. Das Folge-QSO beginnt direkt nach Ende der ersten Verbindung. Die als tailender bezeichnete zweite Station hat aber nur die Restzeit der Stunde zur Verfügung. Benötigt die erste Station eine ganze Stunde, um das QSO komplett zu machen oder ist die Restzeit sehr kurz (ein komplettes QSO benötigt mindestens 4 Perioden), so entfällt der Sked mit dem tailender, denn zur vollen Stunde beginnt ja meist der nächste Sked. Die Stationen, die zur vollen Stunde beginnen, haben also immer Priorität vor den tailender. Gute Erfahrungen wurden mit einer Skeddauer von zwei Stunden gemacht, in der dann je nach erwarteten Bedingungen drei oder vier Stationen eingeplant werden. Christoph Dörle, DH9GCD
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