Nachhaltigkeitsstrategie - Essener

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Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
Essener
Nachhaltigkeitsstrategie
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
IMPRESSUM

Herausgeber / Copyright
Stadt Essen
Porscheplatz 1
45121 Essen
E-Mail: info@essen.de

Ansprechperson
Koordination Nachhaltigkeitsstrategie
Marie Syberg | Rathaus, Porscheplatz 1 | 45121 Essen
marie.syberg@gha.essen.de

Projektleitung „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ (GNK NRW)
Dr. Klaus Reuter,
Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V.

Dr. Till Winkelmann,
Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global

Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V. (LAG 21 NRW)
Deutsche Straße 10 | 44339 Dortmund
0231-9369600
www.lag21.de | info@lag21.de

SKEW - Servicestelle Kommunen in der Einen Welt
von Engagement Global gGmbH
Friedrich-Ebert-Allee 40 | 53113 Bonn
www.service-eine-welt.de | info@service-eine-welt.de

Umsetzung und Textgestaltung
LAG 21 NRW

Gestaltung
yella park, Aachen

Druck
Druck & Verlag Kettler GmbH, Bönen/Westfalen

Für den Inhalt dieser Publikation ist allein die LAG 21 NRW e.V. verantwortlich;
die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engage-
ment Global oder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung wieder.

Die vorliegende Essener Nachhaltigkeitsstrategie stellt das Ergebnis der
Teilnahme am Projekt „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ dar und er-
langt ihre Gültigkeit erst mit der positiven Beschlussfassung durch den Rat.

Essen im August 2021

                                      mit ihrer                                mit Mitteln des

in Kooperation mit                    unterstützt durch
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Inhalt

Inhalt
Vorwort                                                            5

1     Kommunales Kurzportrait der Stadt Essen                      6

2     Einleitung                                                   8

3     Projektkontext                                              10
      3.1   Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung        11
      3.2   Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele          12
      3.3   Nachhaltige Entwicklung in der EU                     13
      3.4   Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie                     13
      3.5   Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen          14

4     Entwicklungsprozess der Essener Nachhaltigkeitsstrategie    16
      4.1   Arbeitsgremien                                        18
      4.2   Wissenschaftliche Bestandsaufnahme                    20
      4.3   Themenfelder einer nachhaltigen Kommunalentwicklung   21
      4.4   Struktur des Zielsystems                              24
      4.5   Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie      25

5     Zielsystem der Essener Nachhaltigkeitsstrategie             26
      5.1 Präambel                                                28
      5.2 Themenfeld 1 · Lebenslanges Lernen & Kultur             30
      5.3 Themenfeld 2 · Soziale Gerechtigkeit &
          zukunftsfähige Gesellschaft                             34
      5.4 Themenfeld 3 · Klima, Ressourcen & Mobilität            38
      5.5 Themenfeld 4 · Globale Verantwortung & Eine Welt        43
      5.6 Themenfeld 5 · Wohnen & Nachhaltige Quartiere           45
      5.7 Gesamtübersicht der Bezüge zur Agenda 2030              48

6     Ausblick und Verstetigung des Strategieprozesses            50
      6.1 Umsetzung und Monitoring                                51
      6.2 Evaluation und Weiterentwicklung                        51

7     Anhang                                                      52
      7.1   Glossar                                               53
      7.2   Abkürzungsverzeichnis                                 55
      7.3   Literaturverzeichnis                                  56
      7.4   Abbildungsverzeichnis                                 57
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
Essener
Nachhaltigkeitsstrategie

August 2021
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Vorwort

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

Nachhaltigkeit ist das zentrale Handlungsprinzip des 21. Jahrhunderts. Bei allen
Vorhaben oder Zielsetzungen ist es für uns heutzutage wichtig, die Frage zu beant-
worten, wie klimaschonend, umweltverträglich, sozial- und wirtschaftsverträglich
ein geplantes Projekt ist.

Zur Orientierung und als Grundlage für die Erarbeitung eigener Antworten ha-
ben die Vereinten Nationen internationale Nachhaltigkeitsziele – die „Sustainable
Development Goals“ – formuliert. Entsprechend dem Motto „Global denken – lokal
handeln“ kommt den Kommunen durch ihre Nähe zu den Bürgerinnen und Bür-
gern bei der Erreichung der Ziele eine zentrale Rolle zu.

Die Stadt Essen fühlt sich als „Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017“ beson-
ders verpflichtet, sich für Nachhaltigkeit zu engagieren. Die Auszeichnung ist kein
Lorbeerkranz, auf dem sie sich ausruhen kann, im Gegenteil, für uns gilt: Einmal
Grüne Hauptstadt – immer Grüne Hauptstadt. Deshalb ist die Stadt Essen seit Mai
2019 Modellkommune im Rahmen des Projekts „Global Nachhaltige Kommune
NRW“. Ziel ist die Entwicklung einer integrierten Nachhaltigkeitsstrategie, koordi-
niert durch unsere „Grüne Hauptstadt Agentur“, in Zusammenarbeit mit dem Büro
für „Europaangelegenheiten, Internationales und nachhaltige Entwicklung“.

Die Stadt Essen entwickelt damit erstmalig ein konkretes, differenziertes, lokales
Zielsystem für nachhaltige Entwicklung im Kontext der global gültigen Nach-
haltigkeitsziele der UN. Nachhaltigkeit ist eine Gemeinschaftaufgabe. Deswegen
bindet die Strategie nicht nur die Stadtverwaltung selbst, sondern die gesamte
Stadtgesellschaft mit ein. Für eine Großstadt wie Essen ist die Entwicklung einer
solchen Strategie ein anspruchsvoller Prozess, an dem alle Geschäftsbereiche der
Verwaltung sowie ein Beirat mit über 60 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik,
Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt sind.

Unser Handeln in Essen hat Auswirkungen auf das Heute und die Zukunft. Wir alle
sollten unsere Verantwortung dabei ernst nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Thomas Kufen
Oberbürgermeister der Stadt Essen
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
6   Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Kurzportrait der Stadt Essen

1   Kommunales
    Kurzportrait der
    Stadt Essen

    Die Stadt Essen zeigt, wie die Transformation von einer grauen Industrieland-
    schaft zur drittgrünsten Stadt Deutschlands erfolgreich gestaltet werden kann.
    Dafür wurde sie als Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017 ausgezeichnet. Die
    Stadt Essen war schon immer im Wandel: Mit ihrer kommunalen Nachhaltig-
    keitsstrategie stellt die Stadtgesellschaft gemeinsam die Weichen für eine nach-
    haltige Zukunft.

    Mit rund 590.000 Einwohner*innen ist Essen die zehntgrößte Stadt Deutschlands
    und liegt inmitten der Metropole Ruhr, die mit etwa 5,2 Mio. Menschen nach Lon-
    don und Paris den drittgrößten Ballungsraum Europas bildet. So zentral gelegen
    in Europa stellt Essen einen bedeutenden Industrie- und Dienstleistungs- sowie
    Messe- und Kongressstandort dar. Den Wirtschaftsstandort Essen charakteri-
    siert ein guter Mix aus Dax-Konzernen, Großunternehmen sowie Mittelstand und
    Handwerk. Etwa 81 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiten im Dienstleistungs-
    sektor. Die hohe Anzahl an Arbeitsplätzen bringt täglich rund 156.000 Berufs-
    pendler*innen in die Stadt.

    Essen ist außerdem ein bedeutender Universitätsstandort. An der 2003 fusio-
    nierten Universität Duisburg-Essen studieren rund 43.000 Student*innen. Darü-
    ber hinaus ist die Stadt kulturelle Hochburg in der Metropole Ruhr. Das Museum
    Folkwang und das Red Dot Design Museum bieten international beachtete Ein-
    blicke in die Welt von Kunst und Design. Das Aalto-Theater und die Philharmo-
    nie sind repräsentative Spielstätten für Oper, Ballett und Konzerte. Vor diesem
    Hintergrund ist Essen 2010 zur Kulturhauptstadt Europas ernannt worden und
    repräsentierte die gesamte Metropole Ruhr.

    Bis heute prägt die Vergangenheit als Kohle- und Stahlstadt die städtische
    Entwicklung. Der Krupp-Gürtel ist mit einer Gesamtfläche von 230 Hektar eine
    der größten Konversionsflächen Deutschlands und Standort der thyssenkrupp
    Hauptverwaltung. Das Weltkulturerbe der UNESCO Zeche Zollverein symboli-
    siert als Wahrzeichen der Stadt die Industriekultur, ebenso wie die Villa Hügel
    der Familie Krupp und die Gartenstadt Margarethenhöhe.

    Der Titel Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017 zeichnet die erfolgreiche
    Transformation der Stadt „von grau zu grün“ aus. Ob Schwimmen im Baldeney-
    see, die Renaturierung der Emscher, das Projekt ESSEN.Neue Wege zum Was-
    ser, der Radschnellweg RS1 oder Wanderwege in den Ruhrhöhen: Alles mitten
    in der Stadt. Auch die Anzahl von Beschäftigten in der Umweltwirtschaft steigt
    stetig. Essen ist eine Blaupause für Kommunen, die trotz schwieriger Haushalts-
    lage den Wandel zu einer modernen, zukunftsfähigen und lebenswerten Stadt
    ermöglichen wollen.
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Kurzportrait der Stadt Essen                   7

Blick über die Stadt Essen / © Johannes Kassenberg

                                                                                  7
                                                                                  6
„Essen – mitten in Europa“: Nachhaltige Entwicklung wird in Essen über Stadt-
grenzen hinaus realisiert, etwa in Netzwerken wie dem Konvent der Bürger-

                                                                                  5
meister*innen, dem Klima-Bündnis, dem European Green Capital Network, IC-

                                                                                  4
LEI – Kommunen für Nachhaltigkeit, EUROCITIES, der Urban Transition Alliance,

                                                                                  3
dem Chefdialog Nachhaltigkeit oder als Fairtrade-Stadt. Jährlich fließen durch-

                                                                                  2
schnittlich 35,4 Millionen Euro EU-Fördermittel nach Essen und tragen zu einer
nachhaltigen Stadtentwicklung bei. In Projektpartnerschaften -in der Mongolei

                                                                                  1
und im Nordirak- setzt sich Essen dafür ein, Gesundheitssysteme krisensicher
zu gestalten und übernimmt so globale Verantwortung.

2019 setzt Essen mit der Mitzeichnung der Musterresolution „2030-Agenda für
Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ des
Deutschen Städtetags das Signal, die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele der Ver-
einten Nationen auch zu ihren eigenen zu machen und vor Ort umzusetzen. Als
logischer nächster Schritt erfolgte die Teilnahme am Projekt „Global Nachhal-
tige Kommune NRW“ (GNK) zur Entwicklung der kommunalen Nachhaltigkeits-
strategie.

Einmal Grüne Hauptstadt – immer Grüne Hauptstadt: Essen ruht sich nicht auf
Fortschritten aus, sondern arbeitet fortlaufend für eine nachhaltige Zukunft.
Essen versteht sich im Projektkontext GNK NRW als Modellkommune für Groß-
städte, die eine Vielzahl unterschiedlicher Ziele in Einklang bringen sowie Lö-
sungen für die globalen Herausforderungen unserer Zeit suchen bzw. umsetzen
und damit den Weg für die nachhaltige Transformation der Städte ebnen.
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
8                                  Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Einleitung

2                                  Einleitung
“Be a global citizen. Act with     „Seien Sie globale Bürgerinnen und Bürger. Handeln Sie
passion and compassion. Help
us make this world safer and       mit Leidenschaft und Mitgefühl. Helfen Sie uns, die Welt
more sustainable today and for
the generations that will follow
                                   sicherer und nachhaltiger zu gestalten – sowohl heute als
us. That is our moral responsi-    auch für nachfolgende Generationen. Dies ist unsere mo-
bility."
                                   ralische Verantwortung.“
                                   (Ban Ki-Moon, UN-Generalsekretär von 2007 – 2016)

                                   Im September 2015 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen
                                   (engl. United Nations, UN) mit der Agenda 2030 und ihren Globalen Nachhaltig-
                                   keitszielen (engl. Sustainable Development Goals, abgekürzt SDGs) ein univer-
                                   selles Zielsystem, um eine weltweite Transformation in Richtung einer Nachhal-
                                   tigen Entwicklung anzustoßen. Das Zielsystem besteht aus 17 Hauptzielen sowie
                                   169 Unterzielen und stellt erstmals einen gemeinsamen Bezugsrahmen für alle
                                   UN-Mitgliedstaaten dar.

                                   Für die erfolgreiche Umsetzung der Agenda 2030 müssen alle politischen
                                   Handlungsebenen – international, national, regional und kommunal – einbezo-
                                   gen werden. In Deutschland sind Bund, Länder und Kommunen deshalb auf-
                                   gefordert, die globalen Ziele auf ihre jeweilige Ebene „herunterzubrechen“. Vor
                                   diesem Hintergrund wurde die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) über-
                                   arbeitet und ihre inhaltliche Struktur an den 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen
                                   ausgerichtet. Auch die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Nordrhein-West-
                                   falen (NHS NRW) orientiert sich an der Agenda 2030 und stellt entsprechende
                                   Bezüge zu den SDGs dar.

                                   In Wissenschaft, Politik und Praxis herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass
                                   die kommunale Ebene eine zentrale Rolle für die erfolgreiche Umsetzung der
                                   SDGs spielt. So sieht die Agenda 2030 die Kommunen in einer Schlüsselposition
                                   und fordert eine enge Einbindung lokaler Behörden. Auf der konkreten Umset-
                                   zungsebene vor Ort werden entscheidende Weichen für die Erreichung vieler
                                   SDG-Unterziele gestellt. Vor diesem Hintergrund haben bereits rund 191 deut-
                                   sche Kommunen die Musterresolution „2030 – Agenda für Nachhaltige Entwick-
                                   lung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ (Deutscher Städtetag,
                                   Rat der Gemeinden und Regionen Europas/Deutsche Sektion) unterzeichnet, so
                                   auch die Stadt Essen im Jahr 2019.

                                   Im Projekt „Global Nachhaltige Kommune NRW“ (GNK NRW) werden ausgewähl-
                                   te Modellkommunen bei der Entwicklung ihrer kommunalen Nachhaltigkeits-
                                   strategie von der Landesarbeitsgemeinschaft 21 NRW begleitet. Das Projekt
                                   GNK NRW wurde von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW)
                                   von ENGAGEMENT GLOBAL in Zusammenarbeit mit der LAG 21 NRW im Auftrag
                                   des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
                                   umgesetzt. Die Stadt Essen war eine der ausgewählten Modellkommunen in der
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Einleitung                                           9

Gruppenfoto zur Auftaktveranstaltung im Projekt GNK NRW am 27.06.2019 in Düsseldorf /
© LAG 21 NRW

                                                                                        7
Projektlaufzeit GNK NRW von Juni 2019 bis März 2021.

                                                                                        6
                                                                                        5
   • In der vorliegenden Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Essen werden in

                                                                                        4
     Kapitel 3 zunächst der Projektkontext sowie allgemeine Grundlagen er-

                                                                                        3
     läutert. Hierzu werden die Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwick-

                                                                                        2
     lung, die Agenda 2030, die DNS und die NHS NRW vorgestellt.
   • Nachfolgend wird in Kapitel 4 auf das Modell zur Entwicklung und

                                                                                        1
     Um­setzung von kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien inklusive der
     einzelnen Elemente und der jeweiligen Prozessschritte eingegangen.
   • Kapitel 5 stellt das Kernstück der Nachhaltigkeitsstrategie dar. Es
     beinhaltet das Zielsystem der Nachhaltigkeitsstrategie zu priori-
     sierten Themenfeldern. Nach einer einleitenden Präambel werden zu
     jedem Themenfeld 1.) Leitlinie, 2.) strategische Ziele und 3.) operative
     Ziele vorgestellt. Anschließend werden die inhaltlichen Bezüge zur
     Agenda 2030 dargestellt.
   • Kapitel 6 geht abschließend auf den weiteren kommunalspezifischen
     Prozessverlauf und die Verstetigung der Strategie ein.
Nachhaltigkeitsstrategie - Essener
3
10       Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Projektkontext

     3   Projektkontext

         Die Entwicklung der Essener Nach-                   Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie sowie
         haltigkeitsstrategie beruht auf den                 die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes
         Grundprinzipien einer nachhaltigen                  NRW systematisch berücksichtigt. Eine
         Entwicklung. Darüber hinaus ist die                 Global Nachhaltige Kommune leistet
         vertikale Integration der verschiedenen             somit insgesamt einen Beitrag für die
         politischen Handlungsebenen relevant.               Umsetzung internationaler, nationaler
         Bei der Entwicklung der kommuna-                    und regionaler Nachhaltigkeitsziele im
         len Nachhaltigkeitsstrategien werden                Sinne einer nachhaltigen Stadtentwick-
         entsprechend die Zielsetzungen auf                  lungspolitik, die sektorenübergreifendes
         globaler Ebene (Agenda 2030), die                   Denken und Handeln fördert.
         Europäische Nachhaltigkeitspolitik, die

         Überblick

         3.1 ––– Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung		                                  9

         3.2 ––– Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele		                                   10

         3.3 ––– Nachhaltige Entwicklung in der EU                                                12

         3.4 ––– Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie		                                              13

         3.5 ––– Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen			                                  14
Essener Nachhaltigkeitsstrategie         Projektkontext                                                                         11

          3.1                                    Grundprinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung
                                                 Die Inhalte der Nachhaltigkeitsstrategie orientieren sich an drei Grundprinzi-
                                                 pien: 1.) Starke Nachhaltigkeit, 2.) Generationengerechtigkeit sowie 3.) Men-
                                                 schenrechte.

                                                 Starke Nachhaltigkeit

                                                 Im Konzept der Starken Nachhaltigkeit finden wirtschaftliches und sozia-
                                                 les Handeln innerhalb der Ökosystemgrenzen der Erde statt. Die natürlichen
                                                 Ressourcen und die Umwelt bilden somit die Grundlage für alle menschlichen
                                                 Entwicklungsfelder inklusive der entsprechenden ökonomischen und sozialen
                                                 Subsysteme. Abbildung 1 zeigt auf, wie das anthropogene Handeln das Natur-
andel
                                                 kapital negativ beeinflusst bzw. inwiefern die natürlichen Planetaren Ökologi-
                                                 schen Grenzen (engl. planetary boundaries) überschritten werden. Vier der neun
                  Neue Substanzen                definierten planetaren Belastungsgrenzen (Klimawandel, Biodiversitätsverlust,
                   (Chemikalien)                 Stickstoffkreislauf und Flächennutzung)1 werden bereits überschritten. Diese
                                                 Überbeanspruchung bedroht mittel- bis langfristig die menschlichen Lebens-
           ?                                     grundlagen.

                                 Stratosphärischer
                                                                                                               Klimawandel
                                 Ozonabbau                              Biosphären-

                                                                                                                                                                                 7
                                                                        Integrität         genetische
                                                                                           Vielfalt                                    Neue Substanzen

                                                                                                                                                                                 6
                                                                                 funktionale                                            (Chemikalien)
                                                                                 Vielfalt

                                                                                                                                                                                 5
                                                                                                                                ?
                 ?                                                                              ?

                                                                                                                                                                                 4
                                                                                                                                                                                 3
                             Atmosphärische                                                                                                           Stratosphärischer
                                                                Flächennutzung
                             Aerosolbelastung                                                                                                         Ozonabbau

                                                                                                                                                                                 2
                                                                                                                                                                                 1
        Ozeanversauerung
                                                                                                                                      ?
               deutliche Überschreitung der planetaren           Süßwassernutzung                                                                 Atmosphärische
               Belastungsgrenzen (hohes Risiko)                                                                                                   Aerosolbelastung
               Überschreitung der planetaren
               Belastungsgrenzen (steigendes Risiko)

               Einhaltung der planetaren Grenzen (sicher)                                      Phosphor
                                                                                                          Stickstoff         Ozeanversauerung
           ?   noch nicht quantifiziert                                     Biogeochemische Ströme
                                                                                                                                    deutliche Überschreitung der planetaren
                                                                                                                                    Belastungsgrenzen (hohes Risiko)
                                                                                                                                    Überschreitung der planetaren
                                                                                                                                    Belastungsgrenzen (steigendes Risiko)
          Abbildung 1: Die Planetaren Ökologischen Grenzen / © LAG 21 NRW nach Steffen et al.                     2
                                                                                                                                    Einhaltung der planetaren Grenzen (sicher)

                                                                                                                                ?   noch nicht quantifiziert

                                                 Generationengerechtigkeit

                                                 Der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung ist eng mit jenem der Generationenge-
                                                 rechtigkeit verbunden. Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED)
                                                 hat 1987 in ihrem wegweisenden „Brundtland-Bericht“ Nachhaltige Entwicklung
                                                 definiert als eine „[…] Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befrie-
                                                 digt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse
                                                 nicht befriedigen können.“ Damit ist die heutige Generation in der Verantwor-
          1 vgl. Steffen et al. (2015)           tung, im Interesse der Perspektiven späterer Generationen ihren Ressourcen-
          2 Steffen et al. (2015)                verbrauch entsprechend zu gestalten und anzupassen.
12                                    Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Projektkontext

                                      Menschenrechte

                                      Die allgemeinen Menschenrechte bilden die Grundlage demokratischer Rechts-
                                      systeme. Es handelt sich um universelle Grundrechte, die allen Menschen zuste-
                                      hen. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben diese Rechte in der Allge-
                                      meinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verabschiedet.3 In den meisten
                                      Staaten haben sie Verfassungscharakter, so auch in Deutschland. Im Kontext der
                                      Agenda 2030 hat insbesondere der universelle Charakter der Menschenrech-
                                      te konzeptionelle Bedeutung. Denn die UN-Mitgliedstaaten haben die Globalen
                                      Nachhaltigkeitsziele explizit am Prinzip „Niemanden zurücklassen“ orientiert.

3.2                                   Agenda 2030 und Globale Nachhaltigkeitsziele
                                      Am 25. September 2015 verabschiedeten die Regierungschef*innen der UN-Mit-
                                      gliedsstaaten ein global gültiges Zielsystem: „Transformation unserer Welt: die
                                      Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung“ mit den 17 UN-Nachhaltigkeitszie-
                                      len (Sustainable Development Goals, kurz SDGs).4 Das Zielsystem beinhaltet 17
                                      Hauptziele (goals, siehe Abbildung 2) und 169 Unterziele (targets). Die Zielerrei-
                                      chung soll anhand von rund 230 Indikatoren gemessen werden, die von einer Ar-
                                      beitsgruppe, bestehend aus Fachorganisationen und Expert*innen der Mitglieds-
                                      staaten, erarbeitet wurden. Die Globalen Nachhaltigkeitsziele bilden erstmals für
                                      alle Staaten einen gemeinsamen Bezugsrahmen und sind auch in Deutschland für
                                      Bund, Länder und Kommunen handlungsleitend.

                                      Im Jahr 2016 haben erstmals Mitgliedstaaten auf UN-Ebene freiwillig über die
                                      Umsetzung der Agenda 2030 Bericht erstattet, darunter auch die Bundesrepublik
                                      Deutschland. Im Rahmen des sogenannten „Hochrangigen Politischen Forums
                                      für Nachhaltige Entwicklung“ der UN legen jährlich verschiedene UN-Mitglieds-
                                      staaten einen entsprechenden Bericht vor. Seit 2018 veröffentlichen weltweite
                                      Pionierkommunen (u.a. die Städte Bonn und Mannheim) freiwillige Berichte zur
3 UN-Generalsversammlung (1948)
                                      Umsetzung der Agenda 2030 auf der kommunalen Ebene an die UN – sogenannte
4 UN-Generalversammlung (2015)        Voluntary Local Reviews (VLR).

Abbildung 2: Die 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele / © United Nations
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Projektkontext                                   13

3.3                             Nachhaltige Entwicklung in der EU
                                Reflexionspapier der Europäischen Kommission

                                Als Reaktion auf die Agenda 2030 hat die Europäische Kommission Anfang 2019
                                das Reflexionspapier „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“
                                verabschiedet.5 Darin werden zentrale Herausforderungen, vor denen Europa
                                steht, bewertet und mögliche Zukunftsszenarien dargestellt. Zu den wesent-
                                lichen Grundlagen für eine nachhaltige Zukunft werden folgende Themenbe-
                                reiche identifiziert: ein Übergang von der linearen zur Kreislaufwirtschaft; eine
                                nachhaltige Ausrichtung der Landwirtschaft und des Lebensmittelsystems; eine
                                zukunftssichere, kohlenstoffarme Gestaltung der Energieversorgung, Gebäude
                                und Mobilität; die Sicherstellung einer sozial gerechten Nachhaltigkeitswende;
                                der Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sowie die Bekämpfung
                                des Klimawandels. Das Reflexionspapier führt das Projekt GNK als europäi-
                                sches Best-Practice-Beispiel für SDG 11 („Nachhaltige Städte und Gemeinden“)
                                auf.

                                Europäischer „Green Deal“

                                Ende 2019 stellte die Europäische Kommission den europäischen „Green Deal“
                                als integralen Bestandteil zur Umsetzung der der Agenda 2030 vor.6 Der „Green

                                                                                                                    7
                                Deal“ umfasst einen Fahrplan zur Umgestaltung der EU-Wirtschaft für eine

                                                                                                                    6
                                nachhaltige Zukunft. Er stellt als übergeordnetes Ziel auf, Europa zum ersten
                                klimaneutralen Kontinent zu machen. Bis 2050 sollen in der EU die Netto-Emis-

                                                                                                                    5
                                sionen von Treibhausgasen auf null reduziert werden. Dieses Ziel wurde im

                                                                                                                    4
                                Frühjahr 2020 in einem Vorschlag für ein europäisches Klimagesetz verankert.

                                                                                                                    3
                                Zur Finanzierung kündigte die Kommission an, eine Billion Euro zu mobilisieren.

                                                                                                                    2
3.4
                                                                                                                    1
                                Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie
                                Die erste nationale Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland legte die Bun-
                                desregierung im Jahr 2002 vor. Seit 2004 wird die Strategie in Form von Fort-
                                schrittsberichten alle vier Jahre regelmäßig weiterentwickelt. Alle zwei Jahre
                                dokumentieren zudem Indikatorenberichte des Statistischen Bundesamtes die
                                Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie. Vor dem Hintergrund der nationa-
                                len Umsetzung der globalen Agenda 2030 verabschiedete die Bundesregierung
                                Anfang des Jahres 2017 eine umfassend überarbeitete Neuauflage mit dem Titel
                                „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ (DNS).

                                Mit der Verabschiedung der DNS hat die Bundesregierung die Globalen Nach-
                                haltigkeitsziele der Agenda 2030 als zentrales Strukturelement für die Nachhal-
                                tigkeitsstrategie auf Bundesebene eingeführt. So entsprechen die 17 nationalen
                                Ziele den globalen Zielsetzungen.7

                                Die DNS zielt auf eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial ausgewogene und
                                ökologisch verträgliche Entwicklung ab, wobei die „planetaren Belastungsgren-
                                zen“8 zusammen mit der „Orientierung an einem Leben in Würde für alle“ die
5 Europäische Kommission
  (2019a)                       absolute äußere Beschränkung vorgeben. Die Strategie sieht Maßnahmen zur
6 Europäische Kommission        Umsetzung der SDGs auf drei Ebenen vor: Maßnahmen mit Wirkung in Deutsch-
  (2019b)
7 Vgl. Bundesregierung (2017)
                                land, Maßnahmen durch Deutschland mit weltweiten Wirkungen sowie Maßnah-
8 Vgl. Steffen et al. (2015)    men mit Deutschland im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Im
14                             Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Projektkontext

                               Frühjahr 2021 wurde die vom Bundeskabinett beschlossene Aktualisierung der
                               DNS veröffentlicht. Das Projekt GNK wurde vom Staatssekretärsausschuss der
                               Bundesregierung als Leuchtturmprojekt 2018 zur Deutschen Nachhaltigkeits-
                               strategie ausgezeichnet.

     3.5                       Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen
                               Neben der Bundesregierung verfügt die große Mehrzahl der Bundesländer über
                               eigene Nachhaltigkeitsstrategien. Die nordrhein-westfälische Landesregierung
                               hat erstmals im Juni 2016 eine Nachhaltigkeitsstrategie für NRW (NHS NRW) be-
                               schlossen. Diese war die erste Strategie eines Bundeslandes, welche die globale
                               Agenda 2030 und die SDGs systematisch berücksichtigt. Sie wurde im Rahmen
                               einer breiten öffentlichen Konsultation diskutiert. Im September 2020 wurde eine
                               umfangreiche Aktualisierung der NHS NRW durch einen Kabinettsbeschluss der
                               Landesregierung verabschiedet.9 Über den Fortschritt der Umsetzung der NHS
                               NRW soll einmal pro Legislaturperiode online Bericht erstattet werden.

9 Landesregierung NRW (2020)
Essener Nachhaltigkeitsstrategie     Projektkontext                                 15

                                                                Übersicht der 30 Modellkommunen
                                                                des Projekts GNK NRW (erste und
                                                                zweite Projektlaufzeit)

                                                                                                                 7
                                                                                                                 6
                                                                                                                 5
                                                                                                                 4
                                                                                                                 3
                                                                                                                 2
                                                                                                                 1

                                                                                   GNK NRW Kommunen
                                                                                   der ersten Projektlaufzeit

                                                                                   GNK NRW Kommunen
                                                                                   der zweiten Projektlaufzeit

Abbildung 3: Die 30 Modellkommunen des Projektes GNK NRW / © LAG 21 NRW
4
16       Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Entwicklungsprozess

     4   Entwicklungsprozess
         der Essener Nachhaltig-
         keitsstrategie

         Das folgende Kapitel skizziert die                  stellung der Aufbauorganisation und
         Arbeitsschritte, die der Erarbeitung                des Projektablaufs sowie eine Darstel-
         der kommunalen Nachhaltigkeits-                     lung der Ergebnisse der Bestandsauf-
         strategie der Stadt Essen zugrunde                  nahme und der daraus resultierenden
         liegen. Das Kapitel beinhaltet die Vor-             Themenfeldauswahl.

         Überblick

         4.1 ––– Arbeitsgremien                                                                  17

         4.2 ––– Wissenschaftliche Bestandsaufnahme                                              19

         4.3 ––– Themenfelder einer Nachhaltigen Kommunalentwicklung                            22

         4.4 ––– Struktur des Zielsystems		                                                     24

         4.5 ––– Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie		                             24
Essener Nachhaltigkeitsstrategie    Entwicklungsprozess                                          17

                                                                                                    2
                                                                                                 Bestands-
                                                                                                 aufnahme

              A   U O R G A NI S A
                                  TI
           FB
      AU

                                   ON

                       1                                              6                                                    3
                                                                                                                         Er- und
             KOORDINATION,                                    Evaluation und                                        Überarbeitung der
              KERNTEAM,                                       Fortschreibung                                         Nachhaltigkeits­
                BEIRAT                                                                                                  strategie

                                                                                                                                        7
                                                                                5                               4

                                                                                                                                        6
                                                                                                                                        5
                                                                          Umsetzung und                      Formeller
                                                                           Monitoring                        Beschluss

                                                                                                                                        4
                                                                                                                                        3
                                                                                                                                        2
                                                                                                                                        1
Abbildung 4: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) / © LAG 21 NRW

                                       Die Essener Nachhaltigkeitsstrategie wurde nach dem GNK NRW-Modell zur
                                       Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien auf kommunaler Ebene entwickelt
                                       und basiert auf einem kooperativen Planungsverständnis.10 Alle beteiligten Ak-
                                       teur*innen werden von Beginn an in den Planungsprozess eingebunden, sodass
                                       die Nachhaltigkeitsstrategien gemeinsam in einem partizipativen Prozess ent-
                                       wickelt werden.

                                       Die Entwicklung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie ist zudem als
                                       kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) angelegt (siehe Abbildung 4). Der
                                       KVP stellt als fortwährender Überarbeitungszyklus die Wirksamkeits- und Er-
                                       folgskontrolle der Nachhaltigkeitsstrategie sicher und zielt auf die stetige Ver-
                                       besserung und Weiterentwicklung der formulierten Inhalte (u. a. thematische
                                       Leitlinien sowie strategische und operative Ziele) ab.
10   vgl. Selle (2000)
13   vgl. Wagner (2015): 72ff.
                                       Nach dem GNK NRW-Modell gliedert sich der Prozess in sechs wesentliche
                                       Arbeitsschritte (siehe Abbildung 4): 1.) Einrichtung einer Aufbauorganisation, 2.)
                                       Bestandsaufnahme, 3.) Erarbeitung des Zielsystems, 4.) Politischer Beschluss
                                       der Nachhaltigkeitsstrategie, 5.) Umsetzung und Monitoring sowie 6.) Evaluation
                                       und Fortschreibung.
18                                   Essener Nachhaltigkeitsstrategie      Entwicklungsprozess

                                                                        AKTEURE     Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und
                                                                                   ­Zivilgesellschaft
                            BEIR AT
                                                                        FUNKTION   Inhaltliche Schwerpunkte, Erarbeitung der Nachhaltig-
                                                                                   keitsstrategie

                                 NTE A M
                          K ER                                          AKTEURE    Alle Geschäftsbereiche der Stadtverwaltung
                                                                        FUNKTION   Analyse und fachübergreifende Aufstellung und
                                                                                   Abstimmung der Ziele

                            O   RDIN ATI
                                           O
                         KO                                             AKTEURE    Grüne Hauptstadt Agentur & Büro für Europa­
                                           N

                                                                                   angelegenheiten, Internationales und Nachhaltige
                                                                                   Entwicklung
                                                                        FUNKTION   Koordination des Strategieprozesses in der Verwaltung
                                                                                   und mit stadtgesellschaftlichen Akteuren

     Abbildung 5: Aufbauorganisation / © LAG 21 NRW

     4.1                             Arbeitsgremien
                                     Das Modell sieht für die Entwicklung und Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstra-
                                     tegie die Bildung von drei Arbeitsgremien vor: 1.) Koordination, 2.) Kernteam und
                                     3.) Beirat (siehe Abbildung 5).

                                     Koordination

                                     Die Stadt Essen hat sich von Beginn an für ein geschäftsbereichsübergreifendes
                                     Koordinierungsteam aus zwei Stabsstellen entschieden: Die Grüne Hauptstadt
                                     Agentur koordiniert als Stabsstelle des Dezernats für Umwelt, Verkehr und Sport
                                     die Zukunftsthemen Klimaschutz, Energie, Nachhaltigkeit, Mobilität und Stadtent-
                                     wicklung im Konzern Stadt Essen. Das Büro für Europaangelegenheiten, Internati-
                                     onales und Nachhaltige Entwicklung setzt als Stabsstelle des Oberbürgermeisters
                                     den Schwerpunkt ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten vor allem auf die globale Verant-
                                     wortung. Kommunale Entwicklungspolitik sowie die Integration der Agenda 2030
                                     in die Stadtverwaltung und Bekanntmachung in der Öffentlichkeit sind besonders
                                     hervorzuheben. Durch die geschäftsbereichsübergreifende Koordinierung der
                                     Nachhaltigkeitsstrategie wird deren Bedeutung für die gesamte Stadtverwaltung
                                     hervorgehoben und über unterschiedliche Zugänge in die Verwaltung eingebracht.
                                     Die Koordination ist dabei Teil des Kernteams (siehe Abbildung 5).

                                     Kernteam

                                     Das verwaltungsinterne Arbeitsgremium setzt sich aus Vertreter*innen aller
                                     Geschäftsbereiche und verschiedener Fachbereiche zusammen. Zentrale Auf-
                                     gabe des Kernteams ist die fachliche Ausarbeitung und Abstimmung der Ziele
                                     sowie die Vor- und Nachbereitung der Beiratssitzungen. Das Kernteam begleitet
                                     den Strategie- als auch den späteren Umsetzungsprozess und ist Teil des Beirats
                                     (siehe Abbildung 5).
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Entwicklungsprozess                                           19

                         Gruppenfoto zur zweiten Sitzung des Projektbeirats am 16.01.2020 / © Moritz Leick, Stadt Essen

                         Beirat

                         Der Beirat setzt sich aus stadtgesellschaftlichen Akteur*innen zusammen, die in
                         ihrer Funktion unterschiedliche gesamtgesellschaftliche Interessen vertreten.
                         Da die Essener Nachhaltigkeitsstrategie die Stadtgesellschaft mitadressiert,
                         dient der Beirat als beratendes Gremium im Prozess. Die Beteiligung des Bei-
                         rats fußt auf dem Prinzip der kooperativen Planung.11 Der Beirat setzt sich aus
                         rund 60 Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und

                                                                                                                          7
                         Zivilgesellschaft zusammen. Das Gremium setzt inhaltliche Schwerpunkte für

                                                                                                                          6
                         das Zielsystem und gibt Impulse für die Zielsetzung. Die Entscheidungshoheit
                         über die Nachhaltigkeitsstrategie und die Umsetzung der unterschiedlichen Ziele

                                                                                                                          5
                         obliegt den formalen Entscheidungsorganen, d.h. den Ausschüssen und dem Rat

                                                                                                                          4
                         der Stadt Essen.

                                                                                                                          3
                                                                                                                          2
                            Mitglieder des Beirats:

                                                                                                                          1
                            • Vertreter*innen der Fraktionen                  • Initiative für Nachhaltigkeit
                              des Stadtrats                                   • Initiativkreis Religionen in Essen
                            • Vertreter*innen aller Geschäfts-                • Institut für Mobilitäts- und
                              bereiche der Stadtverwaltung                      Stadtplanung
                            • AstA der Universität                            • Kreishandwerkerschaft / HWK
                              Duisburg-Essen                                  • Kulturwissenschaftliches Institut
                            • Bezev e. V.                                     • Mädchengymnasium Borbeck
                            • Ehrenamtsagentur                                • Neue Arbeit Diakonie
                            • EMG                                             • Ruhrverband
                            • Emscher Genossenschaft                          • RUTE (Runder Umwelttisch)
                            • Essener Verbund der                             • Schule Natur
                              Migratenvereine e. V.                           • Sparkasse
                            • Essener Versorgungs- und                        • Stadtverband Essen der
                              Verkehrsgesellschaft                              Kleingärtnervereine e. V.
                            • Ernährungsrat Essen                             • Stiftung Mercator
                            • EWG                                             • Universität Duisburg-Essen,
                            • Exile e. V.                                       Institut für Mobilitäts- und
                            • Fridays for Future                                Stadtplanung
                            • Gemeinsam für Stadtwandel /                     • Universität Duisburg-Essen,
                              Parents for Future                                Urbane Systeme
                            • IHK                                             • Universitätsmedizin Essen,
                            • Impact Hub                                        Institut für Urban Public Health
                            • Immobilien Management                           • Verbraucherzentrale
                              Essen GmbH
11   vgl. Selle (2000)
20                                      Essener Nachhaltigkeitsstrategie         Entwicklungsprozess

4.2                                     Wissenschaftliche Bestandsaufnahme
                                        ­

                                        Die Nachhaltigkeitsstrategie wird auf Grundlage einer systematischen, wissen-
                                        schaftlichen Bestandsaufnahme erarbeitet. Hierzu werden zum einen statistische
                                        Daten (quantitative Analyse) und zum anderen bestehende Konzepte und Strate-
                                        gien, Projekte, (internationale) Städte- oder Projektpartnerschaften sowie politi-
                                        sche Beschlüsse (qualitative Analyse) mit Bezügen zu nachhaltiger Entwicklung
                                        ausgewertet (siehe Abbildung 6).

                                                     IVE AN
                                                 TAT
                                            TI              A
                                  N

                                                            LY
                                                                    KERNINDIKATOREN
                                 Q UA

                                                                                                        S WOT
                                                               SE

                                                                    ADD-ON-INDIKATOREN
              D S AU F N A
         AN
                                                                                                        STÄRKEN
     T

                         HM
 BE S

                            E

                                                                                                       SCHWÄCHEN
                                                                                                        CHANCEN
                                                  E
                                              ATIV ANA
                                            IT                      KONZEPTE                            RISIKEN
                                   L

                                                           LY
                                 Q UA

                                                                    PROJEKTE
                                                              S E

                                                                    PARTNERSCHAFTEN
                                                                    BESCHLÜSSE

Abbildung 6: Elemente der Bestandsaufnahme / © LAG 21 NRW (Ergänzung / © LAG 21 NRW)

                                        Die quantitative Analyse beruht auf einem Indikatorenset, das von der LAG 21 NRW
                                        im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbrau-
                                        cherschutz NRW (MULNV) und in Abstimmung mit dem Deutschen Städtetag, dem
                                        Städte- und Gemeindebund NRW, dem Landkreistag NRW sowie dem Landesamt
                                        für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV), der
                                        Bertelsmann Stiftung und IT.NRW entwickelt wurde.12 Für eine kommunenspezi-
                                        fische Vertiefung und Ergänzung wird das Indikatorenset mit zusätzlichen kommu-
                                        nalen Indikatoren („Add-On-Indikatoren“) ergänzt.

                                        Im Rahmen der qualitativen Analyse werden die relevanten Konzepte, Strategien
                                        Projekte und Maßnahmen, (internationale) Städte- und Projektpartnerschaften
                                        sowie politische Beschlüsse auf bereits formulierte Zieldefinitionen (strategische
                                        und operative Ziele) mit Bezug zu Nachhaltigkeit untersucht.

                                        Die zusammengefassten Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Bestands-
                                        aufnahme werden in Form von zehn themenfeldspezifischen Stärken-Schwächen-
                                        Chancen-Risiken-Analysen (SWOT- Analyse) dargestellt. Die SWOT-Analyse dient
                                        als Entscheidungshilfe für die Auswahl der priorisierten Themenfelder im Rahmen
                                        des partizipativen Erarbeitungsprozesses des Zielsystems.

12   vgl. Reuter et al. (2016)
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Entwicklungsprozess                            21

4.3                      Themenfelder einer nachhaltigen
                         Kommunalentwicklung
                         Im Rahmen des GNK NRW Modells wird mit zehn Themenfeldern einer nachhal-
                         tigen Kommunalentwicklung gearbeitet. Damit sich die Kommunen in einem
                         ersten Durchlauf inhaltlich stärker fokussieren können, ist im Projektverlauf
                         vorgesehen, dass zunächst fünf bis maximal sechs Themenfelder ausgewählt und
                         bearbeitet werden. Die Auswahl erfolgt in den Modellkommunen durch den Beirat
                         auf Grundlage der Bestandsaufnahme. In weiteren Fortschreibungen kann das
                         Handlungsprogramm sukzessive um zusätzliche Themenfelder ergänzt werden.

                         Die Themenfelder stellen eine Synthese aus den Zielen der Agenda 2030 und
                         kommunalen Kompetenzbereichen dar, die sich oftmals auch in den Zuständig-
                         keiten der politischen Ausschüsse in den Kommunen widerspiegeln. Weiterhin
                         bilden die zehn Themenfelder auch mittlerweile bundesweit einen inhaltlichen
                         Orientierungsrahmen für kommunale Nachhaltigkeitsberichterstattung; so sind
                         sie ein zentrales Strukturelement des vom Rat für Nachhaltige Entwicklung 2021
                         veröffentlichten „Berichtsrahmen nachhaltige Kommune (BNK)“. Die folgende Über-
                         sicht stellt die zehn Themenfelder einer Nachhaltigen Kommunalentwicklung mit
                         ihren jeweiligen Kernbezügen zu den 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen dar.

                                                                                                           7
                                                                                                           6
                                                                                                           5
                                                                                                           4
                                                                                                           3
      1
                           Nachhaltige Verwaltung ∙ SDG 5: Geschlechtergerechtigkeit | SDG 10: Weniger
                           Ungleichheiten | SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12: Nach-

                                                                                                           2
     Nachhaltige
                           haltige/r Konsum und Produktion | SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke

                                                                                                           1
     Verwaltung
                           Institutionen | SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele.

Lebenslanges Lernen & Kultur ∙ SDG 4: Hochwertige Bildung | SDG 10: Weniger
Ungleichheiten | SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 16: Frieden,
Gerechtigkeit und starke Institutionen.                                                  2
                                                                                        Lebenslanges
                                                                                       Lernen & Kultur

                           Gute Arbeit & Nachhaltiges Wirtschaften ∙ SDG 5: Geschlechtergerechtigkeit |

      3
                           SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum | SDG 9: Industrie,
     Gute Arbeit &         Innovation und Infrastruktur | SDG 10: Weniger Ungleichheiten | SDG 12: Nach-
     Nachhaltiges
     Wirtschaften          haltige/r Konsum und Produktion | SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz.
22                            Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Entwicklungsprozess

                                                                                              4
     Soziale Gerechtigkeit & zukunftsfähige Gesellschaft ∙ SDG 1: Keine Armut |               Soziale
     SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen | SDG 4: Hochwertige Bildung | SDG 5: Ge-           Gerechtigkeit &
                                                                                           zukunftsfähige
     schlechtergerechtigkeit | SDG 10: Weniger Ungleichheiten | SDG 11: Nachhal-            Gesellschaft
     tige Städte und Gemeinden.

           5
                                Nachhaltiger Konsum & gesundes Leben ∙ SDG 2: Kein Hunger | SDG 3: Ge-
          Nachhaltiger          sundheit und Wohlergehen | SDG 6: Sauberes Wasser und Sanitäreinrich-
           Konsum &
           gesundes             tungen | SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r
             Leben              Konsum und Produktion | SDG 14: Leben unter Wasser.

                                                                                              6
     Globale Verantwortung & Eine Welt ∙ SDG 4: Hochwertige Bildung |
                                                                                               Globale
     SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r Konsum               Verantwortung &
     und Produktion | SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen |               Eine Welt

     SDG 17: Partnerschaften zur Erreichung der Ziele.

            7
                                Klimaschutz & Energie ∙ SDG 7: Bezahlbare und saubere Energie | SDG 9: In-
                                dustrie, Innovation und Infrastruktur | SDG 11: Nachhaltige Städte und Ge-
          Klimaschutz &
             Energie            meinden | SDG 12: Nachhaltige/r Konsum und Produktion | SDG 13: Maß-
                                nahmen zum Klimaschutz.

     Nachhaltige Mobilität ∙ SDG 3: Gesundheit und Wohlergehen | SDG 9: Indus-
     trie, Innovation und Infrastruktur | SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemein-
     den | SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz.                                                 8
                                                                                             Nachhaltige
                                                                                              Mobilität

           9
                                Ressourcenschutz & Klimafolgenanpassung ∙ SDG 2: Kein Hunger | SDG 6: Sau-
          Ressourcen-
            schutz &            beres Wasser und Sanitäreinrichtungen | SDG 11: Nachhaltige Städte und
          Klimafolgen-
           anpassung
                                Gemeinden | SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz | SDG 14: Leben unter
                                Wasser | SDG 15: Leben an Land.

     Wohnen & Nachhaltige Quartiere ∙ SDG 10: Weniger Ungleichheiten |
     SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r Konsum
     und Produktion | SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz.
                                                                                           10 Wohnen &
                                                                                             Nachhaltige
                                                                                              Quartiere
Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Entwicklungsprozess                                 23

Aufgrund der Aktualität und der starken Querverbindungen der Themen Klima-
schutz, Klimaanpassung und Mobilität haben sich die Arbeitsgremien dafür aus-
gesprochen, die Themenfelder „Klimaschutz und Energie“, „Ressourcenschutz
und Klimafolgenanpassung“ sowie „Nachhaltige Mobilität“ in einem eigenen
Themenfeld „Klima, Ressourcen und Mobilität“ zusammenzufassen.

Folgende Themenfelder liegen der Essener
Nachhaltigkeitsstrategie zu Grunde:

            2
                                     Klimaschutz & Energie ∙ SDG 7: Bezahlbare und
                                     saubere Energie | SDG 9: Industrie, Innovation
         Lebenslanges                und Infrastruktur | SDG 11: Nachhaltige Städte
        Lernen & Kultur
                                     und Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r Kon-
                                     sum und Produktion | SDG 13: Maßnahmen zum
                                     Klimaschutz.

                                     Soziale Gerechtigkeit & zukunftsfähige Gesell-

            4
                                     schaft ∙ SDG 1: Keine Armut | SDG 3: Gesundheit
            Soziale                  und Wohlergehen | SDG 4: Hochwertige Bildung

                                                                                       7
         Gerechtigkeit &
         zukunftsfähige              | SDG 5: Geschlechtergerechtigkeit | SDG 10:

                                                                                       6
          Gesellschaft               Weniger Ungleichheiten | SDG 11: Nachhaltige
                                     Städte und Gemeinden.

                                                                                       5
                                                                                       4
                                                                                       3
                                     Globale Verantwortung & Eine Welt ∙ SDG 4:

                                                                                       2
            6
                                     Hochwertige Bildung | SDG 11: Nachhaltige

                                                                                       1
            Globale                  Städte und Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r
        Verantwortung &
           Eine Welt                 Konsum und Produktion | SDG 16: Frieden, Ge-
                                     rechtigkeit und starke Institutionen | SDG 17:
                                     Partnerschaften zur Erreichung der Ziele.

                                     Klima, Ressourcen & Mobilität ∙ SDG 6: Saube-
                                     res Wasser und Sanitäreinrichtungen | SDG 7: ­
                                     Bezahlbare und saubere Energie | SDG 9: Indus-
                                     trie, Innovation und Infrastruktur | SDG 11:
                                     Nachhaltige Städte und Gemeinden | SDG 12:
                                     Nachhaltige/r Konsum und Produktion | SDG 13:
                                     Maßnahmen zum Klimaschutz | SDG 14: Leben
                                     unter Wasser | SDG 15: Leben an Land.

        10
                                     Wohnen & Nachhaltige Quartiere ∙ SDG 10:
                                     Weniger Ungleichheiten | SDG 11: Nachhaltige
            Wohnen &
           Nachhaltige               Städte und Gemeinden | SDG 12: Nachhaltige/r
            Quartiere                Konsum und Produktion | SDG 13: Maßnahmen
                                     zum Klimaschutz.
24                                                                   Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Entwicklungsprozess

4.4                                                                  Struktur des Zielsystems
                                                                     Das Zielsystem bildet gemeinsam mit der Präambel den Kern der Nachhaltig-
                                                                     keitsstrategie und ist eine strategische Handlungsanleitung für die Umsetzung
                                                                     einer Nachhaltigen Entwicklung in der Kommune im Kontext der Agenda 2030.
                                                                     Abbildung 7 zeigt die Elemente des Zielsystems auf.

                                                                     PRÄ AMBEL

                                                                     • Beschreibt die kommunenspezifische Motivation zur Erarbeitung und
                                                                       Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie
                                                                     • Stellt die intendierte Wirkungsweise der Nachhaltigkeitsstrategie dar
                                                                     • Ordnet die Strategie in das gesamte Portfolio der Aktivitäten der Kommune ein

                                                                     ZIELSYSTEM

                                                                     ●      LEITLINIEN
                                                                          • Zeigen eine visionäre Entwicklung in verschiedenen Themenfeldern auf
                      ––––→ A B S T R A K T E R : handlungsleitend

                                                                          • Sind motivierend und aktiv formuliert und sprechen einen großen
                                                                            Akteurskreis an
                                                                          • Geben dem technischen Konstrukt „Strategie“ eine emotionale Note und
                                                                            mobilisieren so Unterstützung

                                                                     ●      STRATEGISCHE ZIELE
                                                                          • Legen die langfristige Ausrichtung in den Themenfeldern fest
                                                                            (am Zieljahr der Agenda 2030 orientiert)
                                                                          • Benennen, was im Jahr 2030 in der Kommune im Sinne einer
                                                                            Nachhaltigen Entwicklung erreicht werden soll
                                                                          • Gliedern ein Themenfeld in bestimmte Teilbereiche

                                                                     ●        O P E R AT I V E S Z I E L
                      planungs- und handlungsorientiert

                                                                          •   Werden aus strategischen Zielen abgeleitet und verfügen über
                                                                              einen starken Handlungscharakter
                      ←–––– D E TA I L L I E R T E R :

                                                                          •   Sind auf einen kurz- bzw. mittelfristigen Zeithorizont ausgerichtet
                                                                          •   Werden so konkret formuliert, dass sie leicht kommunizierbar
                                                                              und überprüfbar sind. Sie sind spezifisch, messbar, akzeptiert
                                                                              bzw. ambitioniert, realistisch und terminiert (SMART)
                                                                          •   Dienen als Ankerpunkte zur Darstellung der Bezüge zu den
                                                                              Nachhaltigkeitszielsetzungen übergeordneter Strategien
                                                                              (Agenda 2030, DNS, NHS NRW)

     Abbildung 7: Elemente des Zielsystems / © LAG 21 NRW
Essener Nachhaltigkeitsstrategie    Entwicklungsprozess                                          25

4.5                        Formeller Beschluss der Nachhaltigkeitsstrategie
                           Die Nachhaltigkeitsstrategie wird von den formalen Entscheidungsorganen
                           (Ausschüsse und Rat) offiziell beschlossen. Der formelle Beschluss dient der
                           politischen Legitimation der Nachhaltigkeitsstrategie, sodass sie handlungslei-
                           tend in allen Bereichen der kommunalen bzw. regionalen Entwicklung Berück-
                           sichtigung findet. Das Zielsystem der Nachhaltigkeitsstrategie wird als „lebendi-
                           ges“ Dokument verstanden.

                            Das Zielsystem beinhaltet:
                             • Leitlinien;
                             • die kurz-, mittel- und langfristige Umsetzung der Nachhaltigkeitsstra-
                               tegie in Form eines hierarchischen Zielsystems aus strategischen und
                               operativen Zielen;
                             • den Beitrag der Kommune zur Zielerreichung der Globalen Nachhaltig-
                               keitsziele (SDGs) und weiterer übergeordneter Strategien (DNS, NHS NRW).

                            Die Konkretisierung und Planungsrelevanz der Nachhaltigkeitsstrategie
                            nimmt dabei von der abstrakten Ebene der Leitlinien bis hin zu den operati-
                            ven Zielen zu (s. Abbildung 7).

                                                                                                                           7
                                                                                                                           6
                                                                                                                           5
●     LEITLINIE THEMENFELD 1

                                                                                                                           4
                                                                                                                           3
                                                                                                                           2
                                                                                                                           1
● STRATEGISCHES             ● STRATEGISCHES                       ● STRATEGISCHES                ● STRATEGISCHES
  ZIEL 1.1                    ZIEL 1.2                              ZIEL 1.3                       ZIEL 1.4

●            ●              ●                   ●                 ●                 ●            ●            ●

OPERATIVES   OPERATIVES     OPERATIVES           OPERATIVES        OPERATIVES       OPERATIVES   OPERATIVES   OPERATIVES
ZIEL 1.1.1   ZIEL 1.1.2     ZIEL 1.2.1           ZIEL 1.2.2        ZIEL 1.3.1       ZIEL 1.3.2   ZIEL 1.4.1   ZIEL 1.4.2
A, B, …      A, B, …        A, B, …              A, B, …           A, B, …          A, B, …      A, B, …      A, B, …
5
26       Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Zielsystem der Essener Nachhaltigkeitsstrategie

     5   Zielsystem der Essener
         Nachhaltigkeitsstrategie

         Das Zielsystem der Stadt Essen be-                   Die Leitlinie dient als Dach für das
         steht aus einer übergeordneten Prä-                  jeweilige Themenfeld und gliedert sich
         ambel sowie aus thematischen Leit-                   in mehrere strategische Ziele auf, die
         linien, strategischen und operativen                 wiederum jeweils durch operative Zie-
         Zielen zu den jeweiligen Themenfel-                  le inhaltlich konkretisiert werden. Die
         dern. Abbildung 7 zeigt eine Übersicht               operativen Ziele sind ergänzt um eine
         der thematischen Leitlinien über alle                Auflistung ihrer Bezüge zu den 169
         fünf Themenfelder der Nachhaltig-                    SDG-Unterzielen, zu den Zielsetzun-
         keitsstrategie.                                      gen der DNS sowie der NHS NRW.

         Überblick

         5.1 ––– Präambel						                                                                    34

         5.2 ––– Themenfeld 1 ∙ Lebenslanges Lernen & Kultur                                       36

         5.3 ––– Themenfeld 2 ∙ Soziale Gerechtigkeit &

                   zukunftsfähige Gesellschaft                                                     39

         5.4 ––– Themenfeld 3 ∙ Klima, Ressourcen & Mobilität		                                    43

         5.5 ––– Themenfeld 4 ∙ Globale Verantwortung & Eine Welt                                  47

         5.6 ––– Themenfeld 5 ∙ Wohnen & Nachhaltige Quartiere                                     49

         5.7 ––– Gesamtübersicht der Bezüge zur Agenda 2030                                        52
Essener Nachhaltigkeitsstrategie                         Zielsystem der Essener Nachhaltigkeitsstrategie                                                                         27

                                               Netzfahrplan zur Essener Nachhaltigkeitsstrategie –
                                                            Nachhaltigkeitsstrategie Essen
                                               Übersicht der Leitlinien und strategischen Ziele in
                                                           Leitlinien und strategische Ziele
                                               den fünf Themenfeldern

                                                                                                                                                                       KLIMA, RESSOURCEN UND MOBILITÄT
  SOZIALE GERECHTIGKEIT &
  ZUKUNFTSFÄHIGE GESELLSCHAFT

                                                                                                                Nachhaltigkeitskriterien in der
                                                                                                                     Stadtplanung verankern
 Die Stadt Essen ermöglicht eine umfassende und diskriminie-
 rungsfreie Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben.                                   Partizipationskultur
 Es gibt ein umfangreiches und zeitgemäßes Angebot von sozial-                                                                                                       Essen wird in gemeinsamer Verantwortung und als
                                                                                                     leben
 gerechten, individuellen und digitalisierten Dienstleistungen der                                                                                                   Aufgabe aller Akteur*innen der Stadtgesellschaft zur
 Stadtverwaltung. Die Menschen in Essen leisten einen aktiven                                                                                                        klimaneutralen Stadt. Sie begegnet den ökologischen,
 Beitrag zu einem friedvollen und gesunden Zusammenleben.                                                                                                            wirtschaftlichen und sozialen, und damit gesundheit-
                                                                                                                           Bewusstsein für nachhaltigen              lichen Folgen des Klimawandels konsequent. Klima-
                                                                                                                          Konsum schaffen
                                                                                                                                                                     und Ressourcenschutz sind bei allen Entscheidungen
                                                                 Stadtverwaltung als moderne und                                                                     und Planungen der Stadt Essen zu berücksichtigen.
                                                               nachhaltige Arbeitgeberin etablieren
                                                                                                                                                                     Die Stadt Essen strebt eine Entwicklung im Sinne der
                                                                                                                  Umweltverträglichen                                12 Ziele der Grünen Hauptstadt Europas – Essen 2017
                                    Solidarisches Zusammenleben                                                   Verkehr fördern                                    an.
                                                        fördern

                                                                                                                 Essen als Klimaschutz-Vorbild in der
                                                                                                                 Metropole Ruhr etablieren
                                               Gleichberechtigung und Teilhabe aller
                                                                Menschen sicherstellen
                                                                                                                                                         Barrierefreien und
                                                                                                                                                         bezahlbaren Wohnraum
                                                                                                                              Vielfältige und            bereitstellen
 LEBENSLANGES LERNEN &                                       Kooperative und vernetzte                                        sichere Quartiere
 KULTUR                                                  Bildungslandschaft schaffen                                          entwickeln                                              WOHNEN &
                                                                                                                                                                                      NACHHALTIGE QUARTIERE
                                                                                                                     Für nachhaltige
                                                                                                                     Konsummuster
                                                                                                                     sensibilisieren

Bildung und Kultur werden in Essen als                                  Vielfältiges kulturelles                     Internationale Partner-
Schlüssel für eine umfassende Teilhabe                                  Angebot sicherstellen                        schaften und Netzwerke
                                                                                                                     ausbauen                                                        Attraktiver, nachhaltiger und bezahlbarer
aller am gesellschaftlichen Leben verstan-                                                                                                                                           Wohnraum bildet die Grundlage für die Le-
den. Die Stadtgesellschaft gestaltet die für                                                                                                                                         bensqualität in allen Stadtteilen Essens.
alle zugängliche Bildungs- und Kulturland-                                                                                                                                           Die Quartiere entsprechen den vielfältigen
schaft, in der die Bildung für Nachhaltige                                                                                                       Nachhaltige Siedlungsent-           Bedürfnissen der Menschen, auch den An-
                                                        Angebot im Bereich Bildung
Entwicklung (BNE) fest verankert ist, aktiv                                                                                                      wicklung verfolgen                  forderungen durch den Klimawandel, und
                                                        für Nachhaltige Entwicklung
mit.                                                                                                                                                                                 werden durch diese aktiv mitgestaltet.
                                                        ausbauen

                                                         GLOBALE VERANTWORTUNG & EINE WELT

                                                        Die Essener Stadtgesellschaft übernimmt globale Verant-
                                                        wortung im Sinne der Agenda 2030 für eine Nachhaltige
                                                        Entwicklung. Sie setzt sich sowohl vor Ort in Essen als auch
                                                        in globalen Partnerschaften gegen soziale Ungleichheiten
                                                        und Diskriminierung sowie für eine klima- und sozialge-
                                                        rechte Welt ein.
                                                                                                                                          mit ihrer                mit Mitteln des     in Kooperation mit   unterstützt durch

Abbildung 8: Netzfahrplan zur Essener Nachhaltigkeitsstrategie
28                                    Essener Nachhaltigkeitsstrategie   Zielsystem der Essener Nachhaltigkeitsstrategie

5.1                                   Präambel
                                      Im Sinne der global gültigen Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung und ihren
                                      17 Nachhaltigkeitszielen setzt sich die Stadt Essen für eine sozial, ökologisch
                                      und wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung13 – auf kommunaler Ebene mit glo-
                                      baler Verantwortung – ein. Die Stadt Essen orientiert sich dabei an den Grund-
                                      prinzipien der Starken Nachhaltigkeit und der Generationengerechtigkeit. Im
                                      Konzept der Starken Nachhaltigkeit findet wirtschaftliches und soziales Handeln
                                      innerhalb der Ökosystemgrenzen der Erde statt. Die natürlichen Ressourcen
                                      und die Umwelt bilden somit die Grundlage für alle menschlichen Entwicklungs-
                                      felder inklusive der entsprechenden ökonomischen und sozialen Subsysteme.
                                      Im Sinne der Generationengerechtigkeit soll eine Nachhaltige Entwicklung die
                                      Bedürfnisse der Gegenwart befriedigen, ohne zu riskieren, dass künftige Gene-
                                      rationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können.

                                      Die Stadt Essen erkennt die Herausforderungen durch den Klimawandel, Ver-
                                      lust von Biodiversität, Diskriminierung, soziale Ungleichheit sowie internationale
                                      Flucht- oder Migrationsbewegungen an, die sich insbesondere für eine Großstadt
                                      wie Essen ergeben und sieht die Notwendigkeit, entschlossen und konsequent
                                      Maßnahmen umzusetzen. Die Stadt Essen begegnet nicht nur den Herausfor-
                                      derungen dieser Dekade, sondern nutzt das Potenzial und die Chancen, die sich
                                      durch eine nachhaltige Transformation eröffnen.

                                      Vor diesem Hintergrund gibt sich die Stadt Essen mit ihrer integrierten, kommu-
13   Nachhaltige Entwicklung
     schließt alle Umwelt-, Gesell-   nalen Nachhaltigkeitsstrategie im Kontext der UN-Nachhaltigkeitsziele eine Vision
     schafts-, Gesundheits- und       für ihr eigenes Handeln und leistet so einen wichtigen Beitrag zur systematischen
     Wirtschaftsbelange mit ein.
     Siehe dazu die 17 SDGs (Nach-    Umsetzung der globalen Agenda 2030 auf kommunaler Ebene. Die Stadt Essen
     haltigkeitsstrategie Stadt       entwickelt ihre Strategien partizipativ mit Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft,
     Essen S.12, Abb.2).
                                      Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung.
14   Auch wenn die Stadt Essen
     quantitativ nicht alle Esse-
     ner*innen erreichen kann,        Die Nachhaltigkeitsstrategie und die darin definierten Leitlinien und strategischen
     adressiert sie explizit alle
     gesellschaftlichen Gruppen.      Ziele der Stadt Essen beziehen sich auf das Jahr 2030, welches dem Bezugsjahr
     Niemand wird aufgrund der        der Vereinten Nationen entspricht. Aus den strategischen Zielen leiten sich die
     aufgeführten individuellen
                                      operativen Ziele ab, die i.d.R. mit dem Zeithorizont 2025 einen kurz- bis mittelfris-
     oder strukturellen Privilegien
     oder Benachteiligungen aus-      tigen Charakter haben.
     geschlossen.
15   Ergänzte Aufzählung in An-
     lehnung an die Allgemeine        Der gesamten kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie liegen folgende Grundsätze
     Erklärung der Menschenrech-      zugrunde, die in allen Leitlinien und Zielen Beachtung finden:
     te Art. 2, AEMR sowie Art. 3
     Grundgesetz.
16   Gleichstellung: Obwohl die       • Die Visionen der Nachhaltigkeitsstrategie für das Jahr 2030 adressieren
     Gleichberechtigung aller Men-      alle Menschen14 in Essen. Die Stadt erkennt die Diversität der Essener
     schen im deutschen Grund-
     gesetz verankert ist, bestehen     Gesellschaft an und richtet ihr Handeln auf die unterschiedlichen An-
     weiterhin Benachteiligungen        forderungen und Bedürfnisse der Menschen aus. Diese ergeben sich aus
     von gesellschaftlichen Grup-
                                        den individuellen und strukturellen Privilegien und Benachteiligungen, die
     pen in vielen Lebensberei-
     chen. Gleichstellung bedeutet,     Menschen aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung,
     die tatsächlichen Benachtei-       geschlechtlicher Identität, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger An-
     ligungen aufzulösen, indem
     Strukturen und Rahmenbe-           schauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt, physischer
     dingungen verändert werden         und psychischer Erkrankungen, Behinderung oder sonstigem Status er-
     und benachteiligte, gesell-
                                        fahren können15. Damit entspricht die Essener Nachhaltigkeitsstrategie dem
     schaftliche Gruppen ihren
     Bedürfnissen entsprechende         Ansatz der Agenda 2030: „Leave no one behind“. Denn Nachhaltige Entwick-
     Unterstützung erhalten. Erst       lung lässt niemanden zurück. In diesem Sinne sind die Gleichstellung16 aller
     wenn dieses Ungleichgewicht
     überwunden ist, entsteht           Bürger*innen und Inklusion fester Bestandteil aller Leitlinien und Ziele
     Chancengleichheit für alle.        dieser Strategie.
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