Patientenverfügung Wie sichere ich meine Selbstbestimmung in gesundheitlichen Angelegenheiten? - Bundesministerium der Justiz und für ...
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VORSORGE UND PATIENTENTRECHTE Patientenverfügung Wie sichere ich meine Selbstbestimmung in gesundheitlichen Angelegenheiten?
5 Sie erhalten mit dieser Broschüre eine fen Ärztinnen und Ärzte Sie nur behan Hilfestellung für Fragen, die sich auf deln, wenn Sie in die Behandlung zuvor grund einer Krankheit, als Folge eines eingewilligt haben. Dies wurde mit dem schweren Unfalls oder am Ende des Patientenrechtegesetz nunmehr aus Lebens stellen können. Ich weiß, nie drücklich in § 630d des Bürgerlichen mand beschäftigt sich gern mit derarti Gesetzbuchs (BGB) festgeschrieben. gen Fragen. Wir alle hoffen, möglichst Wenn dies jedoch nicht mehr möglich gesund ein hohes Alter zu erreichen und ist, obliegt die Entscheidung darüber, am Ende möglichst ohne Schmerzen ob eingewilligt wird oder nicht, grund oder Leiden aus diesem Leben scheiden sätzlich einer/m Vertreter/in (Betreuer/ zu können. Dennoch ist es wichtig, sich in oder Bevollmächtigte/r). Sie können bereits in gesunden Tagen ausführlich diese Entscheidung aber auch vorsorg mit dem Thema „Patientenverfügung“ lich in einer Patientenverfügung treffen. auseinander zu setzen, ehe es zu spät Der/die Vertreter/in hat dieser Patien dafür ist. Es gilt, sich darüber klar zu tenverfügung dann erforderlichenfalls werden, welche ärztlichen Maßnahmen Geltung zu verschaffen. und Eingriffe gewünscht sind und unter welchen Bedingungen auf ärztliche Bitte beachten Sie, dass weder Ihr Ehe Maßnahmen verzichtet werden soll. Wie partner noch Ihre Kinder oder ande auch immer Sie sich entscheiden: Nur re nahe Angehörige Sie im Falle Ihrer so können Sie dafür vorsorgen, dass Ihre eigenen Einwilligungsunfähigkeit in Wünsche auch dann Berücksichtigung Gesundheitsangelegenheiten ohne finden, wenn Sie selbst sich nicht mehr Weiteres vertreten können. Angehöri äußern können. ge können vielmehr nur in zwei Fällen stellvertretend für Sie entscheiden oder Solange Sie selbst über medizinische Erklärungen abgeben: entweder auf Maßnahmen entscheiden können, dür grund rechtsgeschäftlicher Vollmacht
6 oder wenn sie gerichtlich bestellte Be wichtiger ist es, dass Sie Ihren wirklichen treuer sind. Ein Gesetz, das ein Notver Willen ergründen und ihn in regelmäßi tretungsrecht für Ehegatten einführt, ist gen Abständen erneut überdenken. zwar inzwischen verabschiedet worden, tritt aber erst am 1. Januar 2023 in Kraft. Diese Broschüre gibt eine Hilfestellung für diejenigen, die eine Patientenver Mit der Patientenverfügung hat der fügung treffen wollen. So vielfältig wie Gesetzgeber allen volljährigen Bürger die Wertvorstellungen und Glaubens innen und Bürgern ein Instrument an überzeugungen der Menschen in unse die Hand gegeben, mit dem sie in jeder rem Land sind, so vielfältig sind auch die Phase ihres Lebens vorsorglich für den individuellen Entscheidungen der Ein Fall der Einwilligungsunfähigkeit fest zelnen, die in eine Patientenverfügung legen können, ob und inwieweit sie in einfließen können. Deshalb finden Sie eine ärztliche Behandlung oder pflege in dieser Broschüre kein fertiges For rische Begleitung einwilligen oder diese mular. Stattdessen sind Empfehlun ablehnen. Eine Patientenverfügung ist gen mit sorgfältig erarbeiteten Text für alle Beteiligten (z.B. Betreuer, Bevoll bausteinen zusammengestellt worden, mächtigte, Ärzte, Pflegepersonal, Gerich mit denen Sie Ihre individuellen Ent te) verbindlich, soweit sie Ihren Willen scheidungen formulieren können. Zur für eine konkrete Behandlungssituation besseren Veranschaulichung sind zwei klar erkennbar zum Ausdruck bringt. In Beispiele, wie eine Patientenverfügung Zweifelsfällen entscheidet ein Gericht aussehen könnte, am Ende der Bro als neutrale Instanz. Die Verbindlichkeit schüre abgedruckt. Ihres Willens ist nicht an ein bestimmtes Stadium oder an einen prognostizier Die Empfehlungen zur Patientenver- ten Fortgang einer Krankheit geknüpft fügung wurden von der Arbeitsgruppe (keine Reichweitenbegrenzung). Umso „Patientenautonomie am Lebensende“
7 unter der Leitung von Klaus Kutzer Diese Broschüre soll Sie anregen und (Vors. Richter am Bundesgerichtshof unterstützen, rechtzeitig für den Ernst a. D.) entwickelt. Der Sachverstand und fall Vorkehrungen zu treffen. Sie ergänzt die praktische Erfahrung von Ärzten, die vom Bundesministerium der Justiz Juristen, Vertretern aus der Hospizbe und für Verbraucherschutz herausge wegung sowie aus Wohlfahrts-, Patien gebene Broschüre „Betreuungsrecht”, in ten- und Verbraucherschutzverbänden der Sie weitere wichtige Informationen und der beiden großen Kirchen sind rund um das Betreuungsrecht und auch in diese Empfehlungen eingeflossen. Muster für eine Vorsorgevollmacht und Für die vorliegende Auflage hat eine eine Betreuungsverfügung finden. Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Prof. Dr. Borasio (Lehrstuhl für Palliativme dizin an der Universität Lausanne) die Empfehlungen im Sommer 2012 aus medizinischer Sicht überarbeitet und Christine Lambrecht aktualisiert. Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Nehmen Sie sich Zeit, diese schwierigen Fragen in Ruhe für sich selbst zu über denken und die dabei auftauchenden Fragen mit Ihrem Hausarzt oder mit Menschen in fachkundigen Organisa tionen zu besprechen. Wenn Sie sich für die Erstellung einer Patientenverfügung entscheiden, ist es sinnvoll, auch eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsver fügung zu verfassen.
8 Inhalt Vorwort.......................................................................................................................................4 Inhalt ..........................................................................................................................................8 1. Die Patientenv erfügung................................................................................................. 10 1.1 Was ist eine Patientenverfügung?.................................................................... 11 1.2 Brauche ich unbedingt eine Patientenverfügung, was sollteich bedenken?...................................................................................... 12 1.3 Welche Form muss meine Patientenverfügung haben?............................. 13 1.4 Wie bekommt die behandelnde Ärztin oder der Arzt meine Patientenverfügung?............................................................................... 13 1.5 Muss meine Patientenverfügung beachtet werden?.................................... 13 1.6 Warum sollte ich meiner Patientenverfügung auch eine Beschreibung meinerpersönlichen Wertvorstellungen beifügen?...............15 1.7 Wie kann ich noch vorsorgen, wenn ich nicht mehr selbst entscheiden kann?.................................................................................... 16 1.8 Wo kann ich mich näher informieren?............................................................ 17 1.9 Wie formuliere ich eine schriftliche Patientenverfügung?......................... 18 1.10 Handreichungen für eine schriftliche Patientenverfügung........................ 19 1.11 Empfohlener Aufbau einer Patientenverfügung und ergänzende Aussagen.................................................................................. 20 2. Textbausteine Patientenverfügung.............................................................................. 21 2.2 Exemplarische Situationen, für die die Verfügung gelten soll................... 22 2.3 Festlegungen zu Einleitung, Umfang oder Beendigung bestimmter ärztlicher Maßnahmen................................................................. 23
9 2.3.1 Lebenserhaltende Maßnahmen.......................................................... 23 2.3.2 Schmerz- und Symptombehandlung................................................ 24 2.3.3 Künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr ............................... 24 2.3.4 Wiederbelebung...................................................................................... 25 2.3.5 Künstliche Beatmung ........................................................................... 25 2.3.6 Dialyse....................................................................................................... 26 2.3.7 Antibiotika............................................................................................... 26 2.3.8 Blut/Blutbestandteile............................................................................ 26 2.4 Ort der Behandlung, Beistand........................................................................... 27 2.5 Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht........................................... 27 2.6 Aussagen zur Verbindlichkeit, zur Auslegung und Durchsetzung und zum Widerruf der Patientenverfügung........................ 28 2.7 Hinweise auf weitere Vorsorgeverfügungen.................................................. 29 2.8 Hinweis auf beigefügte Erläuterungen zur Patientenverfügung.............. 30 2.9 Organspende......................................................................................................... 30 2.10 Schlussformel........................................................................................................ 30 2.11 Schlussbemerkungen........................................................................................... 31 2.12 Information/Beratung ....................................................................................... 31 2.13 Ärztliche Aufklärung/Bestätigung der Einwilligungsfähigkeit................. 31 2.14 Aktualisierung....................................................................................................... 32 3. Die Beispiele...................................................................................................................... 33 3.1 Beispiel 1................................................................................................................. 34 3.2 Beispiel 2................................................................................................................. 38 4. Die Fußnoten..................................................................................................................... 42 Impressum.............................................................................................................................. 44
1. Die Patientenverfügung *
11 1.1 Was ist eine Patientenverfügung? vorstellungen, Einstellungen zum eige nen Leben und Sterben und religiöse In einer Patientenverfügung können Sie Anschauungen als Ergänzung und Aus schriftlich für den Fall Ihrer Entschei legungshilfe Ihrer Patientenverfügung dungsunfähigkeit im Voraus festlegen, zu schildern. ob und wie Sie in bestimmten Situatio nen ärztlich behandelt werden möchten. Auf diese Weise können Sie Einfluss auf Das Gesetz definiert die Patientenver eine spätere ärztliche Behandlung neh fügung als schriftliche Festlegung einer men und damit Ihr Selbstbestimmungs volljährigen Person, ob sie in bestimm recht wahren, auch wenn Sie zum Zeit te, zum Zeitpunkt der Festlegung noch punkt der Behandlung nicht mehr nicht unmittelbar bevorstehende Unter ansprechbar und nicht mehr einwilli suchungen ihres Gesundheitszustands, gungsfähig sind. Heilbehandlungen oder ärztliche Ein griffe einwilligt oder sie untersagt Die Patientenverfügung richtet sich in (§ 1901a Absatz 1 des Bürgerlichen Ge erster Linie an die Ärztin oder den Arzt setzbuchs – BGB). Sie können die Patien und das Behandlungsteam. Sie kann sich tenverfügung auch um Bitten oder blo zusätzlich an eine bevollmächtigte oder ße Richtlinien für eine Vertreterin oder gesetzliche Vertreterin oder einen be einen Vertreter sowie für die behandeln vollmächtigten oder gesetzlichen Ver den Ärztinnen und Ärzte und das Be treter richten und Anweisungen oder handlungsteam ergänzen. Zudem kann Bitten zur Auslegung und Durchsetzung es sinnvoll sein, auch persönliche Wert der Patientenverfügung enthalten. Zur aktuellen Rechtsprechung des BGH beachten Sie bitte den Hinweis auf Seite 23 dieser Broschüre. *
12 1.2 Brauche ich unbedingt eine Wenn Sie Festlegungen für oder gegen Patientenverfügung, was sollte bestimmte Behandlungen treffen wol ich bedenken? len, sollten Sie sich bewusst sein, dass Sie durch einen Behandlungsverzicht Wenn Sie überlegen, ob Sie eine Patien unter Umständen auf ein Weiterleben tenverfügung erstellen wollen oder verzichten. Umgekehrt sollten Sie sich nicht, empfiehlt es sich zunächst dar darüber klar sein, dass Sie für eine Chan über nachzudenken, was Ihnen im Zu ce, weiterleben zu können, möglicher sammenhang mit Krankheit, Leiden und weise Abhängigkeit und Fremdbestim Tod wichtig ist, wovor Sie Angst haben mung in Kauf nehmen. und was Sie sich erhoffen. Manche Men schen haben Angst, dass vielleicht nicht Am Ende Ihrer persönlichen Willens- mehr alles medizinisch Mögliche für sie bildung kann die Entscheidung getan werden könnte, wenn sie alt oder stehen, eine Patientenverfügung zu schwer krank sind. Andere befürchten, erstellen oder der Entschluss, keine dass man sie in solchen Situationen un Vorsorge treffen zu wollen. Sie soll ter Aufbieten aller technischen Möglich ten sich deshalb für diese Überlegun keiten nicht sterben lässt. gen Zeit nehmen und sich nicht unter Druck setzen. Es ist nicht einfach, sich mit existenzi ellen Fragen auseinanderzusetzen, die Natürlich ist niemand verpflichtet, Krankheit, Leiden und auch das Sterben eine Patientenverfügung abzufassen. betreffen. Dennoch ist dies notwendig, Das Gesetz stellt deshalb ausdrücklich weil man sich über die Konsequenzen klar, dass die Errichtung oder Vorlage der eigenen Entscheidungen klar wer einer Patientenverfügung nicht zur den muss. Festlegungen in einer Patien Bedingung für einen Vertragsschluss tenverfügung bedeuten, dass man selbst (zum Beispiel den Abschluss eines die Verantwortung für die Folgen über Versicherungsvertrages oder eines nimmt, wenn eine Ärztin oder ein Arzt Vertrages über die Überlassung von diesen Anordnungen entspricht. Dabei Wohnraum mit Pflege- oder Betreu sollten Sie bedenken, dass in bestimm ungsleistungen) gemacht werden darf ten Grenzsituationen des Lebens Voraus (§ 1901a Absatz 5 BGB). sagen über das Ergebnis medizinischer Maßnahmen und mögliche Folgeschä den im Einzelfall kaum möglich sind.
13 1.3 Welche Form muss meine 1.4 Wie bekommt die behandelnde Patientenverfügung haben? Ärztin oder der Arzt meine Patientenverfügung? Die gesetzliche Regelung der Patien tenverfügung sieht vor, dass eine Pa Eine Patientenverfügung sollte so ver tientenverfügung schriftlich verfasst wahrt werden, dass insbesondere Ihre und durch Namensunterschrift eigen Ärztinnen und Ärzte, Bevollmächtigte, händig oder durch ein von einer No Betreuerin oder Ihr Betreuer, aber gege tarin oder einem Notar beglaubigtes benenfalls auch das Betreuungsgericht, Handzeichen unterzeichnet werden möglichst schnell und unkompliziert muss (§ 1901a Absatz 1 Satz 1 i. V. m. Kenntnis von der Existenz und vom § 126 Absatz 1 BGB). Niemand ist aber Aufbewahrungsort einer Patientenver an seine schriftliche Patientenverfü fügung erlangen können. Dazu kann es gung ein für alle Mal gebunden. Die sinnvoll sein, einen Hinweis bei sich zu Patientenverfügung kann jederzeit tragen, wo die Patientenverfügung auf formlos widerrufen werden (§ 1901a bewahrt wird. Bei der Aufnahme in ein Absatz 1 Satz 3 BGB). Krankenhaus oder Pflegeheim sollten Sie auf Ihre Patientenverfügung hin Mündliche Äußerungen sind deshalb weisen. Wenn Sie eine Vertrauensperson aber nicht wirkungslos, denn sie bevollmächtigt haben, sollte auch diese müssen bei der Feststellung der informiert sein. Behandlungswünsche oder des mut maßlichen Patientenwillens von der Vertreterin oder dem Vertreter beach 1.5 Muss meine Patientenverfügung tet werden. beachtet werden? Es ist nicht unbedingt erforderlich, aber Die gesetzliche Regelung der Patienten sehr empfehlenswert, eine Patientenver verfügung sieht vor, dass Festlegungen fügung in bestimmten Zeitabständen für bestimmte ärztliche Maßnahmen (z. B. jährlich) zu erneuern oder zu bestä verbindlich sind, wenn durch diese Fest tigen. So kann man im eigenen Interes legungen Ihr Wille für eine konkrete se regelmäßig überprüfen, ob die einmal Lebens- und Behandlungssituation ein getroffenen Festlegungen noch gelten deutig und sicher festgestellt werden sollen oder eventuell konkretisiert oder kann. Dafür müssen Sie in der Patien abgeändert werden sollten. tenverfügung genau bezeichnen, ob Sie
14 in eine indizierte ärztliche Behandlung fen worden sein. Festlegungen in einer oder pflegerische Begleitung einwilligen Patientenverfügung sind daher nicht oder diese ablehnen. Die Ärztin oder der bindend, wenn auf Grund konkreter An Arzt, aber auch alle anderen Personen, haltspunkte anzunehmen ist, dass Sie sie die mit Ihrer medizinischen Behandlung zum Behandlungszeitpunkt nicht mehr befasst sind, also etwa Krankenhaus- gelten lassen wollen. Unbeachtlich sind und Pflegepersonal, müssen eine derart Anordnungen, die gegen ein gesetzliches verbindliche Patientenverfügung beach Verbot verstoßen (§ 134 BGB). Deshalb ten, auch wenn keine Vertreterin oder kann in einer Patientenverfügung bei kein Vertreter bestellt ist. Diese Ver spielsweise vom Arzt keine strafbare pflichtung gilt unabhängig davon, wie Tötung auf Verlangen gefordert werden. schwer die Patientin oder der Patient erkrankt ist (§ 1901a Absatz 3 BGB). Die Handelt es sich bei den in einer Patien Missachtung des Patientenwillens kann tenverfügung genannten ärztlichen Maß als Körperverletzung strafbar sein. nahmen um einen Eingriff in die kör perliche Integrität (beispielsweise eine Wenn Sie eine Vertreterin oder einen Operation), ist die Einwilligung nur wirk Vertreter bevollmächtigt haben oder sam, wenn ihr eine ärztliche Aufklärung das Betreuungsgericht einen Betreuer vorausgegangen ist, es sei denn, Sie haben oder eine Betreuerin mit entsprechen auf eine solche Aufklärung verzichtet. Aus dem Aufgabenkreis für Sie bestellt hat, der Patientenverfügung soll sich ergeben, ist diese Person verpflichtet, die Patien ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. tenverfügung zu prüfen, Ihren Behand lungswillen festzustellen und ihm Wenn Sie keine Patientenverfügung ha Ausdruck und Geltung zu verschaffen ben oder wenn die Festlegungen in einer (§ 1901a Absatz 1 Satz 2 BGB). Sie darf Patientenverfügung nicht auf die kon nicht ihren Willen an die Stelle des krete Lebens- und Behandlungssituation Patientenwillens setzen. zutreffen, muss für Sie eine Vertreterin oder ein Vertreter (Betreuer oder Bevoll Damit Ihre Patientenverfügung beach mächtigter) entscheiden, ob sie oder er tet werden kann, müssen Sie die darin in die ärztlich indizierte Maßnahme ein enthaltenen Erklärungen freiverant willigt oder nicht. Bei dieser Entschei wortlich, insbesondere ohne äußeren dung darf die Vertreterin oder der Ver Druck, abgegeben haben. Zudem darf treter keine eigenen Maßstäbe zugrunde die Patientenverfügung nicht widerru legen, sondern muss Ihre Behandlungs
15 wünsche oder Ihren mutmaßlichen Wil oder Betreuer hilfreich sein, Ihre per len feststellen und auf dieser Grundla sönlichen Auffassungen dazu zu ken ge entscheiden (§ 1901a Absatz 2 BGB). nen. Das ist insbesondere dann wichtig, Dabei sind insbesondere Ihre früheren wenn es in Bezug auf den Patienten Äußerungen, Ihre Überzeugungen und willen Auslegungsprobleme gibt oder Wertvorstellungen zu berücksichtigen. wenn die konkrete Situation nicht ge nau derjenigen entspricht, die Sie in der Patientenverfügung beschrieben 1.6 Warum sollte ich meiner haben. Insofern kann die schriftliche Patientenverfügung auch eine Festlegung eigener Wertvorstellungen Beschreibung meinerpersönlichen eine wichtige Ergänzung einer Patien Wertvorstellungen beifügen? tenverfügung sein. Wenn Sie persönliche Wertvorstellungen, Folgende exemplarische Fragen sollen Einstellungen zum eigenen Leben und dazu anregen, über die eigenen Lebens Sterben und religiöse Anschauungen einstellungen und Wertvorstellungen schriftlich niederlegen, können sie als nachzudenken. Sie beziehen sich auf: Ergänzung und Auslegungshilfe Ihrer Patientenverfügung dienen. Dies gilt ↗ das bisherige Leben (Was ist mir in besonders dann, wenn eine Patienten meinem Leben bislang wertvoll verfügung noch „in gesunden Tagen“ gewesen? Bin ich mit meinem Leben erstellt wird. zufrieden, so wie es war? Was hätte ich mir anders gewünscht in meinem Die in einer Patientenverfügung fest Leben? Würde ich mein Leben anders gelegten Anordnungen zum Ob und führen, wenn ich es von vorn anfan Wie ärztlicher Maßnahmen in kriti gen könnte? ...), schen Krankheitssituationen beruhen meist auf persönlichen Wertvorstel ↗ das zukünftige Leben (Möchte ich lungen, Lebenshaltungen, religiö möglichst lange leben? Oder ist mir sen Anschauungen, Hoffnungen oder die Qualität des Lebens wichtiger als Ängsten. Um die Festlegungen in einer die Lebensdauer, wenn beides nicht in Patientenverfügung besser nachvoll gleichem Umfang zu haben ist? Wel ziehen zu können, kann es für das me che Wünsche/Aufgaben sollen noch dizinische Behandlungsteam ebenso erfüllt werden? Wovor habe ich Angst wie für Bevollmächtigte, Betreuerin im Hinblick auf mein Sterben? ...),
16 ↗ eigene leidvolle Erfahrungen (Wie 1.7 Wie kann ich noch vorsorgen, bin ich mit Krankheiten oder wenn ich nicht mehr selbst Schicksalsschlägen fertig geworden? entscheiden kann? Was hat mir in schweren Zeiten geholfen? ...), Mit einer Patientenverfügung können Sie dokumentieren, wie Sie behandelt ↗ die Beziehungen zu anderen Men werden möchten, wenn Sie nicht mehr schen (Welche Rolle spielen Fami selbst entscheiden können. Es ist jedoch lie oder Freunde für mich? Kann ich wichtig, dass dieser Wille im Zweifel fremde Hilfe gut annehmen? Oder auch von jemandem zur Geltung ge habe ich Angst, anderen zur Last zu bracht werden kann, der Sie vertritt, fallen? ...), wenn Sie nicht mehr für sich selbst spre chen können. Das kann eine Person sein, ↗ das Erleben von Leid, Behinderung der Sie vertrauen und die Sie dazu aus oder Sterben anderer (Welche drücklich bevollmächtigt haben. Wenn Erfahrungen habe ich damit? Löst Sie eine solche Person bevollmächtigt das Angst bei mir aus? Was wäre haben, Sie in Gesundheitsangelegen für mich die schlimmste Vorstel heiten zu vertreten, sollten Sie Ihre lung? ...), Patientenverfügung unbedingt mit ihr besprechen; denn diese Person soll Ihre ↗ die Rolle von Religion/Spirituali Anordnungen durchsetzen. tät im eigenen Leben (Was bedeutet mir mein Glaube/meine Spiritua Wenn Sie niemandem eine Vollmacht lität angesichts von Leid und Ster erteilt haben, wird das Betreuungs ben? Was kommt nach dem Tod? ...). gericht im Bedarfsfall für Sie eine Be treuerin oder einen Betreuer bestellen, Die Beschäftigung mit diesen und ähn der dann alle Fragen im Zusammenhang lichen Fragen kann helfen, sich darüber mit Ihrer Gesundheitsfürsorge nach klar zu werden, was Sie in bestimm Ihrem Willen entscheidet. Durch eine ten Situationen an ärztlicher Hil Betreuungsverfügung können Sie eine fe in Anspruch nehmen wollen oder Person bestimmen, die dem Betreuungs nicht. Eine schriftliche Dokumenta gericht zur Bestellung als Betreuerin tion der eigenen Wertvorstellungen oder Betreuer vorgeschlagen wird. Auch kann zudem die Ernsthaftigkeit einer die Betreuerin oder der Betreuer ist ver Patientenverfügung unterstreichen. pflichtet, Ihren zuvor in einer Patienten
17 verfügung festgelegten Willen bei allen lenswert, diese mit einer Vorsorgevoll für Sie zu treffenden Entscheidungen zu macht für Gesundheitsangelegenheiten beachten; diese Person hat – so sagt es oder zumindest mit einer Betreuungs das Gesetz – „dem Willen des Betreuten verfügung zu kombinieren. Ausdruck und Geltung zu verschaffen.“ (§ 1901a Absatz 1 Satz 2 BGB). Dies gilt auch dann, wenn Sie ein Vertre tungsrecht Ihres Ehegatten oder sons Gerade wenn Sie allein leben und keine tiger naher Angehöriger im Falle Ihrer Ihnen nahestehenden Verwandten oder eigenen Einwilligungsunfähigkeit wün Bekannten mehr haben, sollten Sie Ihre schen. Ein gesetzliches Angehörigenver Patientenverfügung auch mit tretungsrecht besteht aktuell nicht, d. h. Sie sollten in diesem Fall Ihrem Ange Personen aus Ihrem Umfeld bespre hörigen eine Vorsorgevollmacht ertei chen; das kann auch Ihre Hausärztin len. Zum 1. Januar 2023 tritt ein Gesetz oder Ihr Hausarzt, eine Vertreterin oder in Kraft, das ein Notvertretungsrecht für ein Vertreter Ihrer Religionsgemein Ehegatten in Gesundheitsangelegenhei schaft oder eine Mitarbeiterin oder ein ten auch ohne Bevollmächtigung vor Mitarbeiter eines Pflegedienstes sein. sieht. Da dieses jedoch an enge Voraus Wenn Sie in Ihrer Patientenverfügung setzungen geknüpft ist, ist die Erteilung darauf hinweisen, mit wem Sie dar einer Vorsorgevollmacht trotzdem wei über gesprochen haben, wird das für terhin zu empfehlen. eine Betreuerin oder einen Betreuer, die oder der Sie nicht genau kennt, eine wichtige Hilfe sein. 1.8 Wo kann ich mich näher informieren? Unabhängig davon, ob Sie eine Patien tenverfügung errichtet haben oder Nähere Informationen zum Betreu nicht, sind eine Vorsorgevollmacht oder ungsrecht, in dem auch die Patienten eine Betreuungsverfügung sehr zu emp verfügung gesetzlich geregelt ist, kön fehlende Möglichkeiten der Vorsorge. nen Sie der vom Bundesministerium Sie können damit Einfluss darauf neh der Justiz und für Verbraucherschutz men, wer Sie vertreten soll, wenn Sie herausgegebenen Broschüre „Betreu Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst ungsrecht“1 entnehmen. Dort finden regeln können. Wenn Sie eine Patien Sie hilfreiche Informationen und Erläu tenverfügung haben, ist es sehr empfeh terungen der gesetzlichen Vorschriften,
18 aber auch das Muster einer Vorsorge den Verlust der Einsichts- und Kommu vollmacht und einer Betreuungsverfü nikationsfähigkeit, im Endstadium einer gung mit Erläuterungen. unheilbaren Erkrankung), sollten Sie überlegen, ob die festgelegten Behand lungswünsche (z. B. die Durchführung 1.9 Wie formuliere ich eine oder die Ablehnung bestimmter Maß schriftliche Patientenverfügung? nahmen wie die künstliche Ernährung, die künstliche Beatmung und anderes) Am besten lassen Sie sich von einer in allen beschriebenen Situationen gel ärztlichen oder anderen fachkundigen ten sollen oder ob Sie für verschiedene Person oder Organisation beraten, Situationen auch verschiedene Behand bevor Sie eine schriftliche Patienten lungswünsche festlegen möchten (leh verfügung abfassen. nen Sie beispielsweise eine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr nur Möglichst vermeiden sollte man allge in der Sterbephase oder auch bei einer meine Formulierungen wie z.B.: „Solan weit fortgeschrittenen Demenzerkran ge eine realistische Aussicht auf Erhal kung ab?). tung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Eine fachkundige Beratung kann Ihnen Beistand unter Ausschöpfung der ange helfen, Widersprüche zwischen einzel messenen Möglichkeiten“ oder Begrif nen Festlegungen zu vermeiden. Wie soll fe wie „unwürdiges Dahinvegetieren“, z. B. verfahren werden, wenn Sie einer „qualvolles Leiden“, „Apparatemedizin“. seits festlegen, möglichst lange leben zu Solche Aussagen sind wenig hilfreich, wollen, aber andererseits bestimmte le denn sie sagen nichts darüber aus, was benserhaltende Maßnahmen ablehnen? für den Betroffenen beispielsweise ein „erträgliches“ Leben ist. Beschreiben Sie Liegt bereits eine schwere Erkrankung deshalb möglichst konkret, in welchen vor, empfiehlt es sich, die Patienten Situationen die Patientenverfügung gel verfügung vor allem auf die konkrete ten soll und welche Behandlungswün Krankheitssituation zu beziehen. Da sche Sie in diesen Situationen haben. bei sollten Sie mit der Ärztin oder dem Arzt über den Krankheitsverlauf, mög Wenn die Patientenverfügung in ver liche Komplikationen und verschiedene schiedenen Situationen gelten soll (z.B. Behandlungsmöglichkeiten sprechen. für die Sterbephase, bei einem dauern Zudem kann es sinnvoll sein, auch de
19 tailliertere Angaben zur Krankheitsge und ob überhaupt die Verwendung eines schichte, Diagnose und der aktuellen Musters sinnvoll ist. So vielfältig wie die Medikation sowie zu den Behandlungs Wertvorstellungen und Glaubensüber wünschen zu machen.2 zeugungen der Bürgerinnen und Bür ger sind, können auch die individuellen Beachten Sie bitte auch die Hinweise vor Entscheidungen des Einzelnen sein, die den Textbausteinen auf S. 21. sich daraus ergeben und die dann ihren Ausdruck in einer Patientenverfügung finden. Deshalb kann es kein einheitli 1.10 Handreichungen für eine ches Muster geben, das für jeden Men schriftliche Patientenverfügung schen gleichermaßen geeignet wäre. Es gibt eine große Vielzahl verschiede Die vom Bundesministerium der Justiz ner Muster für Patientenverfügungen. und für Verbraucherschutz eingesetzte Eine umfängliche Sammlung solcher Arbeitsgruppe „Patientenautonomie Muster, die unter verschiedenen Be am Lebensende“ hat sich allerdings zeichnungen angeboten werden (z. B. damit befasst, wie man Bürgerinnen als „Patientenbrief“, „Patiententesta und Bürgern Entscheidungshilfen ge ment“, „Patientenanwaltschaft“, „Voraus ben und sie bei der Formulierung einer verfügung“ u. v. m.) hat das Zentrum für schriftlichen Patientenverfügung un medizinische Ethik in Bochum zusam terstützen kann. Dazu dienen die nach mengestellt (www.ethikzentrum.de/ stehenden Textbausteine, an denen Sie patientenverfuegung)3. Den verschiede sich orientieren können. nen angebotenen Musterpatientenver fügungen liegen sehr unterschiedliche Diese Textbausteine verstehen sich konzeptionelle Überlegungen zugrunde. lediglich als Anregungen und Formulie Im Hintergrund spielen auch sehr ver rungshilfen. Wenn Sie sich für eine der schiedene weltanschauliche und religiöse vielen angebotenen Muster-Patienten Überzeugungen eine Rolle. verfügungen entscheiden, können Sie die Formulierungshilfen auch dazu nut Gerade wegen der Vielzahl an Mustern zen, eine Musterverfügung zu ändern und Formularen für Patientenverfügun oder zu ergänzen. gen, die es in der Praxis gibt, sind viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert, Für konkret beschriebene Situationen welches Muster sie verwenden können finden Sie auf den nächsten Seiten Text
20 bausteine. Für ein und dieselbe Situa ↗ F estlegungen zu ärztlichen/ tion finden Sie jeweils Textbausteine pflegerischen Maßnahmen* für jemanden, der als Therapieziel die Lebenserhaltung hat. Für dieselbe Situ ↗ Wünsche zu Ort und Begleitung ation finden Sie aber auch Textbaustei ne für jemanden, dessen Therapieziel ↗ Aussagen zur Verbindlichkeit ausschließlich die Beschwerdelinderung ist. Daneben sind viele Zwischenstufen ↗ Hinweise auf weitere Vorsorge denkbar. Deshalb noch einmal die Emp verfügungen fehlung: Setzen Sie sich ganz persönlich mit diesen Fragen auseinander und las ↗ Hinweis auf beigefügte sen Sie sich gegebenenfalls beraten. Erläuterungen zur Patientenverfügung Die nachstehenden Textbausteine ent halten zum Teil sich ausschließende ↗ Organspende Möglichkeiten (durch das Wort „oder“ gekennzeichnet). ↗ Schlussformel* Hinweis: Die Befolgung der in den auf ↗ Schlussbemerkungen geführten Textbausteinen beschrie benen Behandlungswünsche ist nach ↗ Datum, Unterschrift* geltendem Recht keine Tötung auf Ver langen (sog. „aktive Sterbehilfe“) und ↗ A ktualisierung(en), Datum, keine Beihilfe zu einer Selbsttötung. Unterschrift ↗ Anhang: Wertvorstellungen 1.11 Empfohlener Aufbau einer Patientenverfügung Die eigentlichen Bestandteile einer und ergänzende Aussagen Patientenverfügung sind mit Stern chen* gekennzeichnet. Aber auch ↗ Eingangsformel* die ergänzenden Aussagen können zum Verständnis des Gewollten ↗ Situationen, für die beitragen und Anordnungen und die Patientenverfügung Wünsche des Verfassers deutlich gelten soll* machen.
21 2. Textbausteine Patientenverfügung Für die Patientenverfügung gilt insge lungswünsche (z. B. die samt, dass auf allgemeine Formulierun Durchführung oder die gen möglichst verzichtet werden soll. Ablehnung bestimmter Vielmehr muss möglichst konkret be Maßnahmen wie die künstliche Ernäh schrieben werden, in welchen Situatio rung und Flüssigkeitszufuhr) ergeben. nen die Patientenverfügung gelten soll Aus diesem Grund wird in den Textbau (Formulierungshilfen hierzu unter 2.2) steinen unter 2.3, die Formulierungs und welche Behandlungswünsche in hilfen zu bestimmten ärztlichen Maß diesen Situationen bestehen (Formulie- nahmen enthalten, jeweils ausdrücklich rungshilfen hierzu unter 2.3). Auch vor Bezug auf die zuvor zu beschriebene dem Hintergrund der Rechtsprechung konkrete Behandlungssituation ge des Bundesgerichtshofs* sollte sich aus nommen („In den oben beschriebenen der Patientenverfügung sowohl die Situationen wünsche ich,“). Insbeson konkrete Behandlungssituation (z. B.: dere sollte der Textbaustein unter 2.3.1, „Endstadium einer unheilbaren, tödlich wonach „alle lebenserhaltenden Maß verlaufenden Krankheit“) als auch die nahmen unterlassen werden“ sollen, auf diese Situation bezogenen Behand nicht ausschließlich, sondern stets im * Beschlüsse vom 6. Juli 2016 – XII ZB 61/16, vom 8. Februar 2017 – XII ZB 604/15 und vom 14. November 2018 - XII ZB 107/18
22 Zusammenhang mit weiteren konkre auch bei einer weniger detaillierten Be tisierenden Erläuterungen der Behand nennung bestimmter ärztlicher Maß lungssituationen und medizinischen nahmen durch die Bezugnahme auf aus Maßnahmen verwendet werden (vgl. reichend spezifizierte Krankheiten oder auch Fußnote 6). Im Einzelfall kann sich Behandlungssituationen ergeben (vgl. die erforderliche Konkretisierung aber Beschluss des BGH vom 8. Februar 2017). Eingangsformel Ich ... (Name, Vorname, geboren am, wohnhaft in) bestimme hiermit für den Fall, dass ich meinen Willen nicht mehr bilden oder verständlich äußern kann ... . 2.2 Exemplarische Situationen, für die die Verfügung gelten soll Wenn ↗ i ch mich aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde ... ↗ i ch mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist ... ↗ n folge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Ent- scheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärztinnen oder Ärzte (können namentlich be- nannt werden) aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist. Dies gilt für direkte Gehirnschädigung z. B. durch Unfall, Schlaganfall oder Entzündung ebenso wie für indirekte Gehirnschädigung z. B. nach Wiederbelebung, Schock oder
23 Lungenversagen. Es ist mir bewusst, dass in solchen Situationen die Fähigkeit zu Empfindungen erhalten sein kann und dass ein Aufwachen aus diesem Zustand nicht ganz sicher auszuschließen, aber unwahrscheinlich ist.4 ↗ ich infolge eines weit fortgeschrittenen Hirnabbauprozesses (z. B. bei Demenz- erkrankung) auch mit ausdauernder Hilfestellung nicht mehr in der Lage bin, Nahrung und Flüssigkeit auf natürliche Weise zu mir zu nehmen.5 ↗ Eigene Beschreibung der Anwendungssituation: Anmerkung: Es sollten nur Situationen beschrieben werden, die mit einer Einwilligungsunfähigkeit einhergehen können. 2.3 Festlegungen zu Einleitung, Umfang oder Beendigung bestimmter ärztlicher Maßnahmen 2.3.1 Lebenserhaltende Maßnahmen In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich, ↗ d ass alles medizinisch Mögliche und Sinnvolle getan wird, um mich am Leben zu erhalten. oder ↗ dass alle lebenserhaltenden Maßnahmen unterlassen werden. Hunger und Durst sollen auf natürliche Weise gestillt werden, gegebenenfalls mit Hilfe bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Ich wünsche fachgerechte Pflege von Mund und Schleimhäuten sowie menschen würdige Unterbringung, Zuwendung, Körperpflege und das Lindern von Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Angst, Unruhe und anderer belas tender Symptome.6
24 2.3.2 Schmerz- und Symptombehandlung7 In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich eine fachgerechte Schmerz- und Symptombehandlung, ↗ a ber ohne bewusstseinsdämpfende Wirkungen. oder ↗ wenn alle sonstigen medizinischen Möglichkeiten zur Schmerz- und Symp- tomkontrolle versagen, auch Mittel mit bewusstseinsdämpfenden Wirkungen zur Beschwerdelinderung. ↗ die unwahrscheinliche Möglichkeit einer ungewollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch schmerz- und symptomlindernde Maßnahmen nehme ich in Kauf. 2.3.3 Künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr8 In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich, ↗ dass eine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr begonnen oder weitergeführt wird, wenn damit mein Leben verlängert werden kann. oder ↗ dass eine künstliche Ernährung und/oder eine künstliche Flüssigkeits- zufuhr nur bei palliativmedizinischer Indikation9 zur Beschwerdelinde- rung erfolgen. oder ↗ dass keine künstliche Ernährung unabhängig von der Form der künst- lichen Zuführung der Nahrung (z. B. Magensonde durch Mund, Nase oder Bauchdecke, venöse Zugänge) und keine künstliche Flüssigkeits zufuhr erfolgen.
25 2.3.4 Wiederbelebung10 A. In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich ↗ Versuche der Wiederbelebung. oder ↗ die Unterlassung von Versuchen der Wiederbelebung. ↗ dass eine Notärztin oder ein Notarzt nicht verständigt wird bzw. im Fall einer Hinzuziehung unverzüglich über meine Ablehnung von Wiederbelebungs- maßnahmen informiert wird. B. Nicht nur in den oben beschriebenen Situationen, sondern in allen Fällen eines Kreislaufstillstands oder Atemversagens ↗ lehne ich Wiederbelebungsmaßnahmen ab. oder ↗ lehne ich Wiederbelebungsmaßnahmen ab, sofern diese Situationen nicht im Rahmen ärztlicher Maßnahmen (z. B. Operationen) unerwartet eintreten. 2.3.5 Künstliche Beatmung In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich ↗ eine künstliche Beatmung, falls dies mein Leben verlängern kann. oder ↗ dass keine künstliche Beatmung durchgeführt bzw. eine schon eingeleitete Beatmung eingestellt wird, unter der Voraussetzung, dass ich Medikamente zur Linderung der Luftnot erhalte. Die Möglichkeit einer Bewusstseins dämpfung oder einer ungewollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch diese Medikamente nehme ich in Kauf.
26 2.3.6 Dialyse In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich ↗ eine künstliche Blutwäsche (Dialyse), falls dies mein Leben verlängern kann. oder ↗ dass keine Dialyse durchgeführt bzw. eine schon eingeleitete Dialyse eingestellt wird. 2.3.7 Antibiotika In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich ↗ Antibiotika, falls dies mein Leben verlängern kann. oder ↗ Antibiotika nur bei palliativmedizinischer Indikation9 zur Beschwerde linderung. oder ↗ keine Antibiotika. 2.3.8 Blut/Blutbestandteile In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich ↗ die Gabe von Blut oder Blutbestandteilen, falls dies mein Leben verlängern kann. oder ↗ die Gabe von Blut oder Blutbestandteilen nur bei palliativmedizinischer Indikation9 zur Beschwerdelinderung. oder ↗ keine Gabe von Blut oder Blutbestandteilen.
27 2.4 Ort der Behandlung, Beistand Ich möchte ↗ z um Sterben ins Krankenhaus verlegt werden. oder ↗ wenn möglich zu Hause bzw. in vertrauter Umgebung sterben. oder ↗ wenn möglich in einem Hospiz sterben. Ich möchte ↗ Beistand durch folgende Personen: ↗ Beistand durch eine Vertreterin oder einen Vertreter folgender Kirche oder Weltanschauungsgemeinschaft: ↗ hospizlichen Beistand. 2.5 Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht ↗ I ch entbinde die mich behandelnden Ärztinnen und Ärzte von der Schweigepflicht gegenüber folgenden Personen:
28 2.6 Aussagen zur Verbindlichkeit, zur Auslegung und Durchsetzung und zum Widerruf der Patientenverfügung ↗ Der in meiner Patientenverfügung geäußerte Wille zu bestimmten ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen soll von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und dem Behandlungsteam befolgt werden. Mein(e) Vertreter(in) – z. B. Bevollmächtigte(r)/ Betreuer(in) – soll dafür Sorge tragen, dass mein Patientenwille durchgesetzt wird. ↗ Sollte eine Ärztin oder ein Arzt oder das Behandlungsteam nicht bereit sein, meinen in dieser Patientenverfügung geäußerten Willen zu befolgen, erwarte ich, dass für eine anderweitige medizinische und/oder pflegerische Behand- lung gesorgt wird. Von meiner Vertreterin/meinem Vertreter (z. B. Bevollmäch- tigte(r)/Betreuer(in)) erwarte ich, dass sie/er die weitere Behandlung so organi- siert, dass meinem Willen entsprochen wird. ↗ In Lebens- und Behandlungssituationen, die in dieser Patientenverfügung nicht konkret geregelt sind, ist mein mutmaßlicher Wille möglichst im Konsens aller Beteiligten zu ermitteln. Dafür soll diese Patientenverfügung als Richtschnur maßgeblich sein. Bei unterschiedlichen Meinungen über anzu- wendende oder zu unterlassende ärztliche/pflegerische Maßnahmen soll der Auffassung folgender Person besondere Bedeutung zukommen: Alternativen ∙ meiner/meinem Bevollmächtigten. ∙ meiner Betreuerin/meinem Betreuer. ∙ der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt. ∙ anderer Person: … ↗ Wenn ich meine Patientenverfügung nicht widerrufen habe, wünsche ich nicht, dass mir in der konkreten Anwendungssituation eine Änderung meines Willens unterstellt wird. Wenn aber die behandelnden Ärztinnen und Ärzte/ das Behandlungsteam/mein(e) Bevollmächtigte(r)/Betreuer(in) aufgrund meiner Gesten, Blicke oder anderen Äußerungen die Auffassung vertreten, dass
29 ich entgegen den Festlegungen in meiner Patientenverfügung doch behandelt oder nicht behandelt werden möchte, dann ist möglichst im Konsens aller Beteiligten zu ermitteln, ob die Festlegungen in meiner Patientenverfügung noch meinem aktuellen Willen entsprechen. Bei unterschiedlichen Meinungen soll in diesen Fällen der Auffassung folgender Person besondere Bedeutung zukommen: Alternativen ∙ meiner/meinem Bevollmächtigten. ∙ meiner Betreuerin/meinem Betreuer. ∙ der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt. ∙ anderer Person: … 2.7 Hinweise auf weitere Vorsorgeverfügungen ↗ I ch habe zusätzlich zur Patientenverfügung eine Vorsorgevollmacht für Gesundheitsangelegenheiten erteilt und den Inhalt dieser Patientenver fügung mit der von mir bevollmächtigten Person besprochen: Bevollmächtigte(r) Name: Anschrift: Telefon/Telefax/E-Mail: ↗ Ich habe eine Betreuungsverfügung zur Auswahl der Betreuerin oder des Betreuers erstellt (ggf.: und den Inhalt dieser Patientenverfügung mit der/dem von mir gewünschten Betreuerin/Betreuer besprochen). Gewünschte(r) Betreuerin/Betreuer Name: Anschrift: Telefon/Telefax/E-Mail:
30 2.8 Hinweis auf beigefügte Erläuterungen zur Patientenverfügung Als Interpretationshilfe zu meiner Patientenverfügung habe ich beigelegt: ↗ Darstellung meiner allgemeinen Wertvorstellungen. ↗ Sonstige Unterlagen, die ich für wichtig erachte: 2.9 Organspende ↗ Ich stimme einer Entnahme meiner Organe nach meinem Tod zu Transplan- tationszwecken zu11 (ggf.: Ich habe einen Organspendeausweis ausgefüllt). Komme ich nach ärztlicher Beurteilung bei einem sich abzeichnenden Hirn- tod als Organspender/in in Betracht und müssen dafür ärztliche Maßnahmen durchgeführt werden, die ich in meiner Patientenverfügung ausgeschlossen habe, dann Alternativen12 ∙ geht die von mir erklärte Bereitschaft zur Organspende vor. ∙ gehen die Bestimmungen in meiner Patientenverfügung vor. oder ↗ Ich lehne eine Entnahme meiner Organe nach meinem Tod zu Transplantationszwecken ab. 2.10 Schlussformel ↗ Soweit ich bestimmte Behandlungen wünsche oder ablehne, verzichte ich ausdrücklich auf eine (weitere) ärztliche Aufklärung.13
31 2.11 Schlussbemerkungen ↗ M ir ist die Möglichkeit der Änderung und des Widerrufs einer Patienten verfügung bekannt. ↗ I ch bin mir des Inhalts und der Konsequenzen meiner darin getroffenen Entscheidungen bewusst. ↗ I ch habe die Patientenverfügung in eigener Verantwortung und ohne äußeren Druck erstellt. ↗ Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. 2.12 Information/Beratung ↗ Ich habe mich vor der Erstellung dieser Patientenverfügung informiert bei/ durch und beraten lassen durch 2.13 Ärztliche Aufklärung/Bestätigung der Einwilligungsfähigkeit Herr/Frau wurde von mir am bezüglich der möglichen Folgen dieser Patientenverfügung aufgeklärt. Er/Sie war in vollem Umfang einwilligungsfähig. Datum Unterschrift, Stempel der Ärztin/des Arztes ↗ D ie Einwilligungsfähigkeit kann auch durch eine Notarin oder einen Notar bestätigt werden.
32 2.14 Aktualisierung ↗ Diese Patientenverfügung gilt solange, bis ich sie widerrufe. oder ↗ Diese Patientenverfügung soll nach Ablauf von (Zeitangabe) ihre Gültigkeit verlieren, es sei denn, dass ich sie durch meine Unterschrift erneut bekräftige. ↗ U m meinen in der Patientenverfügung niedergelegten Willen zu bekräftigen, bestätige ich diesen nachstehend: Alternativen ∙ in vollem Umfang. ∙ mit folgenden Änderungen: Datum Unterschrift
3. Die Beispiele Die nachstehenden Beispiele sollen ver gaben in den Beispielen anschaulichen, wie anhand der Text sind daher auf erfun bausteine eine individuelle Patienten dene Personen bezogen verfügung erstellt werden könnte. Eine und eignen sich nicht dazu, als eigene persönliche Auseinandersetzung mit Patientenverfügung abgeschrieben zu der individuellen Lebenssituation werden. Eine fachkundige Beratung bei und den eigenen Wünschen und Vor der Erstellung einer individuellen Patien- stellungen über Krankheit, Leiden tenverfügung ist an dieser Stelle noch- und Sterben ist unerlässlich. Die An mals zu empfehlen.
34 3.1 Beispiel 1 Patientenverfügung Ich, Lieselotte Beispiel, geboren am: 18.06.1936, wohnhaft in: Zechenstraße 623, 44581 Castrop-Rauxel, bestimme hiermit für den Fall, dass ich meinen Willen nicht mehr bilden oder verständlich äußern kann: Wenn infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärzte (Dr. med. Hausarzt und Dr. med. Neuro- loge) aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist, oder wenn ich bereits infolge eines weit fortgeschrittenen Hirnabbauprozesses (z. B. bei Demenzerkrankung) auch mit ausdauernder Hilfestellung nicht mehr in der Lage bin, Nahrung und Flüs- sigkeit auf natürliche Weise zu mir zu nehmen, oder wenn ich mich im Endstadi- um einer unheilbaren Erkrankung befinde, so treffe ich folgende Festlegungen: Es sollen alle lebenserhaltenden Maßnahmen unterlassen werden. Hunger und Durst sollen auf natürliche Weise gestillt werden, gegebenenfalls mit Hilfe bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Ich wünsche fachgerechte Pflege von Mund und Schleimhäuten sowie menschenwürdige Unterbringung, Zuwendung, Körperpflege und das Lindern von Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Angst, Unruhe und anderer belastender Symptome. Ich erwarte eine fachgerechte Schmerz- und Symptombehandlung. Wenn alle sonstigen medizinischen Möglichkeiten zur Schmerz- und Symptomkontrolle versagen, sollen bewusstseinsdämpfende Mittel zur Beschwerdelinderung einge- setzt werden. Dabei nehme ich die unwahrscheinliche Möglichkeit einer unge- wollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch schmerz- und symptomlindernde Maßnahmen in Kauf.
35 Ich wünsche, dass eine künstliche Ernährung und/oder eine künstliche Flüs- sigkeitszufuhr nur bei palliativmedizinischer Indikation zur Beschwerdelinde- rung erfolgen. Nicht nur in den oben beschriebenen Situationen sondern in allen Fällen eines Kreislaufstillstandes oder Atemversagens lehne ich Maßnahmen der Wieder- belebung ab. Künstliche Beatmung lehne ich ab und eine schon eingeleitete Beatmung soll eingestellt werden, unter der Voraussetzung, dass ich Medikamente zur Linde- rung der Luftnot erhalte. Die Möglichkeit einer Bewusstseinsdämpfung oder einer ungewollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch diese Medikamente nehme ich in Kauf. Ich lehne eine Dialyse ab und möchte auch keine fremden Gewebe oder Orga- ne empfangen. Ich wünsche Blut oder Blutersatzstoffe nur zur Beschwerdelin- derung. Zu einer Entnahme von Organen zu Transplantationszwecken bin ich nicht bereit. Ich möchte, wenn möglich, in einem Hospiz sterben und dort geistlichen Bei- stand meines Heimatpfarrers oder, wenn dies nicht möglich ist, den Beistand durch einen Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirche. Ich erwarte, dass der in meiner Patientenverfügung geäußerte Wille zu be- stimmten ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und dem Behandlungsteam befolgt wird. Mein Bevoll- mächtigter soll dafür Sorge tragen, dass mein Wille durchgesetzt wird. Sollte ein Arzt oder das Behandlungsteam nicht bereit sein, meinen in dieser Patientenverfügung geäußerten Willen zu befolgen, erwarte ich, dass für eine anderweitige medizinische und/oder pflegerische Behandlung gesorgt wird. Von meinem Bevollmächtigten erwarte ich, dass er die weitere Behandlung so organisiert, dass meinem Willen entsprochen wird.
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