Port St Louis, Porquerolles, Korsika, Elba, Toscana, Maddalena, Korsika, Port St Louis
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Frühjahrstörn 2006 Port St Louis, Porquerolles, Korsika, Elba, Toscana, Maddalena, Korsika, Port St Louis Schon Mitte März ging die YOL aufs Trockene für die notwendigen Unterwasser- arbeiten. Leider traf versprochene Hilfe nicht ein, so verbrachte ich gut 2 Wochen allein mit Schleifen, Pinseln und Lackieren. Glücklicherweise spielte das Wetter in diesem Jahr mit. In letzter Minute traf Sohn Sebastian mit Freundin Angela ein, eine willkommene Unterstützung. Für das Lackieren der Aufbauten wurde es fast schon zu heiß, nur früh morgens und kurz vor Sonnenuntergang war es möglich eine Schicht Lack aufzubringen. Port Napoleon ist kein typischer Mittelmeer- hafen, er ist ein Arbeitshafen, ein Hafen zum Ankommen (für die vielen Boote, die über die französischen Binnen- gewässer , oder über Land per LKW kommen) oder zum Abfahren (entweder ins Mittelmeer, oder retour über Angela beim Schleifen Kanäle, oder LKW). Ich, der ich hier einen festen Liegeplatz habe, bin die Ausnahme. Es gibt natürlich auch einige Franzosen, die hier liegen, die kommen übers Wochenende und fahren dann wieder nach Hause. Dann gibt es noch eine ganze Reihe von Bootseignern, welche Port Napoleon als Arbeitshafen nutzen, zum Beispiel Bertie und Petra, die seit sechs Jahren einen Südseekatamaran bauen. (www.largyalo.de ). In diesem Jahr waren sie zum ersten Mal zu Wasser. Hans und Gaby, nach Kollision in der letzten Schleuse, wochenlang auf Gutachten und Reparaturarbeiten wartend, Hans Ruedi auf seiner Aquileia inzwischen über Korsika, Sizilien, Malta nach Tunesien gesegelt. Stedi, ein Schweizer, der meist allein auf seinem zu großen Stahlschiff arbeitet, Markus, der nach 5 Jahren Bauzeit seinen wunderschöne „Gizzlybear“ hier vollendet, oder Hans-Ruedi ein © Jürgen Schuetz 2006 1
Neuseeländer-Schweizer, der einen Lotsenschonernachbau hier zu Wasser gebracht hat, um auch nach 5 Jahren Eigenbauzeit, damit nach Neuseeland zu segeln. Diese Dauerlieger bilden inzwischen fast eine Familie. Hans Ruedi ist nervös, er will so schnell wie möglich los, denn, wenn er bis Juni nicht im Indischen Ozean ist, setzen Taifunperioden ein und er würde ein Jahr verlieren. So verabschieden Stedi und ich ihn im Morgengrauen, viele gute Wünsche begleiten ihn. Er hat am Steg alle Segel gesetzt, bei schwachem Wind legt er mit seinem Elektromotor ab, schon im Hafenkanal Ziel Neuseeland fangen die Segel den NW, und in aller Stille gleitet die Aquileia in den erwachenden Morgen. Die Wettervorhersagen sind günstig, NW mit moderaten Windstärken, ich freue mich für ihn. In drei Tagen hat er Sardinien erreicht. Doch dann der Schock: vor dem Einlaufen in einen Hafen, muss er Hilfe über Seefunk rufen, Hans Ruedi hat eine Herzattacke. Die Nachrichten sind spärlich, Markus hat ein paar Mal Kontakt mit dem Handy. Inzwischen geht es ihm offenbar wieder besser. Die letzte Nachricht erreichte mich als ich selbst auf Sardinien war, er hatte die Insel inzwischen verlassen und war auf dem Weg nach Sizilien. Auch ich mache mich bereit zum Auslaufen. Patrick, der Segelmacher von Port St. Louis, hat in letzter Minute Lazy Jack und Lazy Bag installiert, das soll uns in Zukunft das Segelbergen erleichtern. Markus wird mich die ersten Tage begleiten, er kennt das Revier noch nicht, außerdem ist sein Grizzly Bear noch nicht ganz fertig. Wir laufen Mittags aus, NE mit 3 Bft Richtung Cap Couronne, mit bis zu 6 kn sind wir schon um 15h in Sausset le Pin, ein gemütlicher Auftakt. Am anderen Morgen geht’s weiter. Der Wind hat auf NW gedreht, das ist gerade richtig. Die Iles de Frioul wollen wir auslassen und direkt nach Cassis weiter. Der Wind schläft kurz ein, doch dann macht sich Seebrise auf, aus Süd. Mit gemächlichen 4 kn erreichen wir um16.00 h Zum Auslaufen bereit, der Cassis. Wie üblich wenig Platz, aber wie immer, Segelmacher hat gut gearbeitet! hilfreiche Hafenmeister. Außerdem hat die Tankstelle geöffnet, so dass ich für die © Jürgen Schuetz 2006 2
Weiterfahrt gut gerüstet bin. Markus verlässt mich in Cassis, um an seinem eigenen Boot weiter zu werkeln. Ich selbst will nach La Ciotat weiter, nur 6 sm aber sehr günstig für die Übernahme der neuen Crew. Schade, dass Markus nicht mehr Zeit hat. Wir verstehen uns gut. Er hat sich inzwischen auf eigenem Kiel Richtung Italien aufgemacht. In regelmäßigen e-mails, berichtet er über seine Fortschritte, aber auch über seine Zweifel am Einhandsegeln. Ich teile seine Zweifel Trotzdem laufe ich am anderen Morgen Einhand aus. Der Wind hat auf Ost gedreht, also von vorn. Ich beschließe die 6 sm mit der Maschine hinter mich zu bringen. Nach 2 sm stottert der Motor, eine Minute später bleibt er ganz stehen. Ich rufe die Capitainerie von Cassis über UKW und bitte um Schlepphilfe. Die Empfehlung ist, Crossmed (Seenothilfe) zu rufen. Aber das scheint mir doch ein wenig übertrieben. Ich habe genügend Raum in Lee und den Wind aus der richtigen Richtung um zurück zu segeln. Also setze ich die kleine Genua, gehe vor den Wind und bin in einer halben Stunde wieder vor der Ein gemütlicher Auftakt mit Hafeneinfahrt. Ich rufe über Funk noch mal die Markus, Eigner und Skipper der Capitainerie, um mein Wiedereinlaufen unter Grizzlybear. Segel anzukündigen. Zwei motorisierte Schlauchboote der Capitainerie empfangen mich und helfen beim Anlegen. Eines der Boote hat gleich einen Monteur mitgebracht. Es ist nur eine Kleinigkeit, das Massekabel am Motor hatte sich gelöst, nach 10 Minuten läuft er wieder, 50.- € kostete es trotzdem. Ich bleibe noch eine Nacht, laufe aber am anderen Morgen sehr früh aus. Für den Nachmittag ist Coup de Vent (8 Bft.) angesagt, da möchte ich lieber schon in La Ciotat sein. Schon vor 10h mache ich dort fest. Ab Morgen habe ich wieder Crew. Thierry, ein Kollege von Sohn Christopher und seine Frau Lili, wollen die Überfahrt nach Korsika mitmachen und von dort mit der Fähre zurückfahren.Der Coup de Vent blieb übrigens aus. Ich wusste nichts über die Segelerfahrungen der Beiden. Etwas erschreckt hat mich, dass sie Bergsteigerrucksäcke und Bergstiefel dabeihaben, sie wollen Korsika auch noch Thierry und Lili zu Fuß erwandern und das in © Jürgen Schuetz 2006 3
weniger als einer Woche. Es ist inzwischen der 1. Mai. Zum Eingewöhnen segeln wir erst einmal nach Porquerolles. Wenig Wind, später Seebriese mit 3-4 Bft., 3 Stunden schönes Segeln. Über Nacht kommt dann doch der Coup de Vent, mit 7 Bft. bläst es aus Ost Südost, an Auslaufen Richtung Korsika ist nicht zu denken. Thierry und Lili erkunden die Insel, und weil der Wind noch 3 Tage weiter bläst, absolvieren sie ihr Wanderprogramm anstatt auf Korsika, auf Porquerolles. Am 5. Mai stürmt es noch immer mit 7-8, doch für den Nachmittag ist Besserung angesagt. OSO abnehmend 5 lässt uns hoffen, dass wir nach Bewegte Überfahrt Toulon zurücklaufen können. Von dort gibt es Bahnver-bindung für meine beiden Mitsegler zurück zu ihrem Auto. Auch für den nächsten Mitsegler, der nach Nizza einfliegt ist Toulon leicht zu erreichen. Toulon ist ein großer Handelshafen und außerdem Militärhafen. St. Mendrier, direkt hinter dem Cap Cepet ist die bessere Alternative. Mit einer kleinen Fähre kann man stündlich nach Toulon übersetzen. Nach drei Stunden bewegten Segelns, mit kleiner Genua, vor dem Wind, erreichen wir Cap Cepet, dahinter sind wir im Windschatten, bergen das Segel und liegen geborgen im Hafen St Mendrier. St Mendrier ist sehr beliebt bei deutschen Segelschulen. Auf der Reede von Toulon üben sie Segelmanöver, Anlegen, Mann über Bord und am Ende des einwöchigen Kurses steht dann die Prüfung zum Sport- Küstenschifferschein (SKS). Ich habe schon vier Ausbildungsboote, meist Bavaria 40 oder größer, gleichzeitig erlebt. Auch heute sind zwei Boote am manövrieren. Auf einem der beiden meine ich einen alten Deutsche Segelschule mit SKS Kandidaten Bekannten zu erkennen. Es kann nicht wahr sein, Roderich Germann, ein Arbeitskollege aus beruflicher Zeit, macht seine SKS Prüfung. Die Begrüßung ist entsprechen stürmisch. Ich wusste zwar, dass er auch segelt, habe ihn aber schon mindestens 6 Jahre nicht mehr gesehen. Entsprechend groß ist die Überraschung. Leider bleibt keine Zeit, das © Jürgen Schuetz 2006 4
Wiedersehen gebührend zu feiern, sein Boot muss zurück nach Bormes les Mimosa, der Charterbasis. Thierry und Lili gehen von Bord, schade, dass sie sowenig Zeit hatten, ich würde sie jederzeit wieder an Bord nehmen. Das nächste Crewmitglied ist Werner, „Alter Seemann möchte wieder hinaus“ hatte er im Yachtforum inseriert. Er ist mein Jahrgang und hat langjährige Segelerfahrung. Um uns ein wenig kennen zu lernen, gehen wir abends ins Restaurant. Eine Meeresfrüchtevorspeise, Lotte mit provenzalischen Gemüsen, ein Lavendelsorbet zum Abschluss. Dazu ein offener Weißwein, die Welt ist in Ordnung. Über Nacht beruhigt sich das Wetter, der Wind hat auf SSO gedreht. Da Werner ein erfahrener Segler ist, steht einer Überfahrt nach Korsika nichts mehr im Wege. Ablegen um 11.00h.Wir nehmen direkt Kurs auf Calvi, lassen Porquerolles und die Île de Levant an Backbord liegen. Der Wind dreht weiter auf Süd und mit komfortablen 3 – 5 kn kommen wir gut voran. Trotzdem, auf dem Übersegler 1:500 000, wirkt der Fortschritt eher schleppend. Mehr als 130 sm liegen vor uns. Es bleibt viel Zeit sich besser kennen zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. Werner ist ein genauer Logbuchschreiber. Endlich muss ich die Eintragungen nicht selber vornehmen, ein solch detailliertes Logbuch hatte ich noch nie. Um 21h Wachwechsel, ich übernehme während Werner sich etwas Schlaf gönnt. Leider schläft der Wind allmählich ein, ist nun mal so bei Seebriese. Ich versuche noch eine Weile unter Segel voranzukommen, aber schließlich fällt die Genua ein. Ich lasse sie aufs Deck fallen und starte den Motor, das Groß hole ich dicht, man weiß ja nie, vielleicht kommt der Wind ja wieder. Um Mitternacht umflattert mich Eine Rauchschwalbe ruht sich bei uns an Bord aus etwas, fledermausartig, im Licht der Taschenlampe erkenne ich eine Rauchschwalbe. Sie klammert sich an eine der Reffleinen um sich auszuruhen. Wer weiß, sie kommt vielleicht direkt aus Afrika, auf dem Weg nach Europa. Sie bleibt bis zur Morgendämmerung unser Gast. Leider ist die Nacht nicht so klar, wie ich es mir gewünscht hatte, der Sternenhimmel ist eher spärlich. Ab 4.00h übernimmt Werner wieder die Wache. Es bleibt dunstig, bis 10 sm vor Calvi keine Landsicht, endlich, gegen 14.00h erkennen wir die Zitadelle von Calvi. Nach Sicht legen wir die letzten Meilen zurück und machen um 16.10 im Hafen fest. Nach fast 30 Std. und 132 sm. Wir schauen uns noch ein wenig in Calvi um. Wir wollen nach St. Florent, ca. 30 sm. SW mit 25 kn verspricht eine schnelle Fahrt, so lassen wir uns bis mittags Zeit, bis wir ablegen. Unter Motor aus dem Hafen, wenig später steht die kleine Genua. Mit 6- 7 kn rauschen wir die Küste entlang. Die Navigation nach Sicht macht keine Probleme. Vorbei an L’Île-Rousse, einem weiteren Fährhafen. Danach eine wilde unbesiedelte Küste. Nach jedem Cap meinen wir, der Golfe de Saint Florent müsste © Jürgen Schuetz 2006 5
Die Zitadelle von Calvi, nach 36 Std. erreicht sich öffnen. Der Wind nimmt etwas ab, so dass wir das Groß setzen können. Schließlich runden wir Punta Mortella und der Hafen von St. Florent liegt vor uns. Direkt vor dem Hafen liegt noch ein Felsen, aber er ist gut markiert und stellt kein Problem dar. Um kurz nach 16 Uhr machen wir fest. Die 30 sm seit Calvi haben wir in 4h 25 min zurück- gelegt. Ein Schnitt von 6,5 kn und das meistens nur mit kleiner Genua. Über Nacht schläft der Wind wie so oft ein. Nach einem kurzen Besuch des Ortes, legen Saint Florent wir um 11 Uhr ab und müssen erstmal Motoren. SE bis S mit 1-2 Bft. Um 13 Uhr setzen wir das Groß müssen aber den Motor noch mitlaufen lassen. Wir wollen um das Cap Corse nach Macinaggio an der Ostküste von Korsika, einem kleinen aber interessanten Ort. © Jürgen Schuetz 2006 6
Um das Cap wird es dann doch ziemlich windig, wir setzen die große Genua und schalten den Motor aus. Der immer östlicher drehende Wind zwingt uns einen Kreuzschlag zu machen Noch 2 Schläge brauchen wir um Ort und Hafen zu erreichen, es wird 19 Uhr bis wir festmachen. Unser nächstes Ziel ist Capraia, eine ehemalige Sträflingsinsel auf halbem Weg nach Elba. Der Wind hat weiter zugelegt, sodass wir gleich nach dem Verlassen Groß und G II setzen. Bei SE 4 -5 können wir Capraia direkt anliegen. Wir sind neugierig auf die Insel. Wir nähern uns von Süden, vor uns liegt ein karges Eiland. Ein Genueser Turm und sonst fast nichts. Die Insel ist Naturschutzgebiet, Capraia gehört zum Toscanischen Archipel, ist also Am Cap hat der Wind kräftig italienisch. Eine Gastlandflagge hatten wir uns noch zugelegt auf Korsika besorgt. Wir studieren das Küsten- handbuch, welches Werner mir großzügiger-weise mitgebracht hat. Große Bereiche in Inselnähe sind für Motor- boote, Taucher und Fischer aus Naturschutzgründen gesperrt. Eine schmale Zufahrt liegt im Nordosten der Insel, der Leuchtturm von Punta del Farraione dient der Ansteu- erung. LFl 6s 30m15M steht in der Karte. Das heißt ein Feuer mit 6 sec. Blinkzeichen, 30 m über dem Meeresspiegel und einer Reichweite von 15 sm. Das ist zwar im Moment nicht wichtig, doch in ein paar Tagen bekommt das Feuer für uns Bedeutung. Der Hafen von Macinaggio Nach dem Passieren von Punta del Farraione öffnet sich der Blick in eine tiefe Bucht auf den Hafen von Capraia. Wir bergen die Segel und tasten uns in den engen Hafen. Hilfreiches Hafenpersonal weist uns in eine enge Lücke, reicht die Mooringleinen an und nimmt die Festmacher wahr. Der Hafen von Capraia ist eingefasst von steilen Berghängen. Das Hafenhandbuch warnt vor Fallböen, uns scheint der Hafen sehr geschützt. Wir beschließen einen Tag zu bleiben um die Insel zu erkunden. Bis in die 80er Jahre war hier eine Sträflingskolonie, heute ist sie Teil des Nationalparks, beides hat dazu beigetragen, dass der Charakter der Insel weitgehend erhalten ist. Natürlich blüht der Tourismus, aber es gibt keine großen Hotelbauten. Ein bis zweimal täglich speit eine Fähre Schwärme von Touristen aus, 100 permanente Insulaner leben von ihnen. © Jürgen Schuetz 2006 7
Das eigentliche Dorf liegt auf einem Berg, es war wohl in früheren Zeiten geraten, sich bei Annäherung fremder Schiffe, in den befestigten Ort zurückzuziehen. Heute führt eine bequeme Asphaltstraße hinauf. Wir finden zufällig die alte Straße, mit großen Steinquadern. Eine üppige Flora Capraia, einziger Hafen der Insel überrascht uns auf der sonst so kargen Insel. Hier die Kronen- Wucherblume, eine mediterrane Chrysanthemenart. Wir erreichen den Ort ohne Mühe, leider ist Sonntag, sodass kaum einer. der ohnehin wenigen Läden geöffnet ist. Das Fort, welches wohl den Bewohnern als Fluchtburg gedient hat, ist leider wegen Einsturzgefahr verrammelt. Werner erkundet das Üppige Vegetation im Verborgenen Gelände, ich wandere wieder zu Tal. Im Hafen sind weitere Yachten angekommen, es ist aber noch immer Platz, 15. Mai, Vorsaison. Am nächsten Tag totale Flaute, so motoren wir 6 Std. nach Elba, Porto Ferraio. In der Darse di Medici machen wir fest. 1975 war ich zum ersten Mal hier. Mein allererster Segeltörn mit Hans Georg Habeck endete hier. 1126 sm hatten wir bei der Überführung seiner Yacht „Fiete Stint“, von Athen nach Elba, in 3 Wochen zurückgelegt. Ich erkenne nichts mehr, allerdings haben wir damals die Yacht im Laufschritt verlassen, um mit Fähre und Bahn Milano Airport und den Rückflug nach Frankfurt zu erreichen. Dieses Mal nehmen wir uns Zeit und legen einen Hafentag ein. Aber ein Hafentag ist zu wenig, so lassen wir nur den Ort, die Stimmung und das Flair auf uns wirken, außerdem sind 40 € Hafengebühr in der Vorsaison doch etwas reichlich. Zwar nimmt man uns für 2 Tage nur 40 € ab, doch nach dem Ablegen jagt ein Boot der Capitainerie hinter uns her, man hat sich geirrt. Werner steigt auf das Boot über und regelt die Angelegenheit. © Jürgen Schuetz 2006 8
Werner auf Erkundung Landgang auf Elba Nachdem wir unsere Schulden bezahlt haben nehmen wir Kurs auf die toskanische Küste. Wir sind etwas unschlüssig über den Zielhafen. Livorno, als großer Industrie und Handelshafen erscheint uns nicht sehr einladend, andere Häfen haben nicht genug Wassertiefe für die YOL. Im Hafenhandbuch finden wir die Cala di Medici, einen Hafen der 2002 fertig gestellt sein sollte, in den Seekarten ist er aber noch nicht eingezeichnet. Wir markieren in der Karte, mit den Koordinaten aus dem Handbuch, die Hafeneinfahrt und denken, dass wenn vor Ort sind, die Erleuchtung über uns kommen wird. Da Werners Zeit zu Ende geht, Livorno nur noch 10 sm entfernt ist und der nächste Mitsegler nach Pisa einfliegen wird, erscheint uns die Cala di Medici, wenn auch zwei Tage zu früh, als idealer Hafen für de Crewwechsel. Eine weit ins Meer gebaute Brücke zum Entladen von Tankschiffen, dient uns als Ansteuerung. Wir passieren sie in gutem Abstand. Durchs Glas erkennen wir eine lange Mole, hinter welcher der neue Hafen liegen müsste. Die rot/grünen Molenköpfe sind eindeutig, sodass wir problemlos einlaufen können. Über Funk lassen wir uns einen Liegeplatz zuweisen. Wir bestaunen die Neuinstallation, welche mit wenig Feingefühl vor die Küste gesetzt wurde. Eine Reihe von wunderschönen toskanischen Villen hat die Aussicht auf das Meer eingebüßt. Sie schauen jetzt auf eine Betonmauer, dahinter ragen die Masten der Yachten in den Himmel, kein Wunder, dass an vielen dieser Villen die Verkaufsangebote der Maklerbüros hängen. Sonst gibt es wenig auszusetzen, Duschen und Toiletten vorbildlich, ein Waschsalon, Werftbetrieb. Manches ist noch unfertig. Zum Ort ist es ziemlich weit zu laufen. Um © Jürgen Schuetz 2006 9
Bolgheri Mit unserer deutsch sprechenden Führerin kriechen wir durch enge Gänge in die Grabkammern die zwei Tage bis zum Crewwechsel zu überbrücken, beschließen wir ein Auto zu mieten. Ein netter Stegnachbar, Italiener mit deutschen Sprachkenntnissen, rät für den nächsten Tag zu einer Tour ins Inland, über die toskanische Weinstraße, mit Restaurantempfehlung, bis zu einem etruskische Gräberfeld. Es ist ungewohnt mal wieder im Auto zu sitzen, Werner schimpft wie ein Rohrspatz über die inkonsequente Beschilderung der Straßen, aber schließlich finden wir doch eine Art Schnellstraße und auch die empfohlene Ausfahrt. Eine wunderschöne, eher liebliche als rauhe Landschaft liegt vor uns. Kleine Dörfer mit engen Gassen, manchmal für Autos nicht geeignet, nehmen uns auf. Auch hier hat die Tourismussaison noch nicht begonnen. Bolgheri im toskanischen Bergland, wir finden ein gutes Restaurant, Verständigung kein Problem, man spricht deutsch. Nach einer kurzen Ortsbesichtigung machen wir uns auf die Suche nach den Etruskern. Es soll ein großes Gräberfeld geben, entdeckt hat man es unter Schlackenhalden aus etruskischer Zeit. Wir machen nur einen kleinen Rundgang, zur Besichtigung des ganzen Feldes ist es zu spät, eigentlich schade. Die Etrusker waren ein hoch zivilisiertes Volk, welches um 900 v.Chr. seine Blütezeit erlebte, zeitweilig dominierende Seemacht im Mittelmeer, glücklos in kriegerischen Auseinandersetzungen mit Karthagern und Römern, schließlich von Rom assimiliert.Wir machen uns auf den Rückweg zur YOL, Werner verbringt seine letzte Nacht an Bord. Der nächste Morgen ist zwar windstill, jedoch überrascht uns ein kräftiges Brandungsrauschen. Bei meinem morgendlichen Gang zur 500m entfernten Bistro, wo ich mein übliches Frühstück, Croissant und Capuccino (vero) zu mir nehme, blicke ich über ein bleigraues Meer. Gleichmäßige runde Wogen wälzen sich träge © Jürgen Schuetz 2006 10
gegen die Küste und brechen sich an Strand und Klippen. Irgendwo bläst es, und wenn es irgendwo bläst, wird es hier auch bald blasen. Die Seewettervorhersa ge in der Capitainerie spricht von „Libecco“, wie ich inzwischen weiß, ein für die Region typischer SW Wind. Der Libecco treibt Libecco, Mordsbrandung, aber der Wind kommt erst morgen. die Wellen in den Golf von Genua, wo diese sich wie in einem Sack stauen und zu gewaltigen Höhen auflaufen. Eine vom italienischen Wetterdienst veröffentlichte Karte, kann ich leider nicht einfügen. Ein Grafik zeigte die Wellenhöhen durch verschiedene Farben an, dunkelblau ist höher als 0,8 m, violett, größer 1,25m, bordeauxrot, größer als 1,6m und hellrot, größer als 2m. und hellrot markiert ist der ganze Bereich zwischen dem Cap Corse und Livorno. 2 Meter Wellenhöhe heißt 4 Meter zwischen Wellental und Kamm. Am nächsten Tag stellt sich auch der den Wellen entsprechend Wind ein. Werner muss sich auf den Weg machen, ich fahre ihn nach Livorno, von dort hat er einen erstaunlich günstigen Zug nach Nizza gefunden. Ich fahre weiter nach Pisa, wo am Abend Harry, mein nächster Mitsegler aus München ankommt. Wir kennen uns noch nicht, aber Pisa-Aeroporte ist nicht sehr groß, wir erkennen uns auf Anhieb. Auf der Fahrt zur Calla di Medici fahren wir eine hoch über dem Meer gelegene Küstenstraße entlang, die Wellenberge welche über die Klippen rauschen sind beeindruckend. Harald ist ein Segler im XXL Format. Nach einer Besichtigung der Yol erweist sich meine Befürchtung, dass die Koje in der Achterkajüte zu klein ist, als unbegründet. Harry meint wir könnten doch Sardinien direkt anlaufen, d.h. mit einem Nachttörn beginnen. Warum eigentlich nicht? Der Wetterbericht verspricht SE 15 kn, das sind 4 Bft. Am anderen Morgen gehen wir Harry XXL zunächst an den Tankponton und füllen unsere Dieselvorräte auf. Vor dem Hafen immer noch © Jürgen Schuetz 2006 11
Dünung aus SW, auch der Wind hat sich noch nicht auf den versprochene SO besonnen. Mit Kurs 120° segeln wir hoch am Wind, gegen Mittag legt er noch 1-2 Bft zu. Wir schieben viel Lage, die Wellen schäumen über das Deck, brechen sich an den Aufbauten und rauschen am Cockpit vorbei zurück ins Meer. Wir wechseln das Vorsegel. Ich denke an Abbrechen, vor den Wind und zurück in den Hafen. Harry mault, so hätte er sich das nicht vorgestellt. Auch mir täte es um die gewonnene Höhe leid. Also drehen wir erstmal beide Reffs ins Groß. Jetzt läuft es besser. Ein weiteres Problem ist, dass nicht alles Wasser zurück ins Meer rauscht, sondern auch durch das Deck seinen Weg ins Boot findet. Die recht leistungsfähige Bilgenpumpe befördert das Wasser wieder außenbords, doch nach einiger Zeit fördert sie nicht mehr. Das in der Bilge herumschwappende Wasser hat Dreck vor die Ansaugöffnung gespült. Mir fällt die Geschichte einer deutschen Yacht ein, die vor ein paar Jahren im Mittelmeer gesunken ist, weil Müsli die Lenzpumpe blockiert hatte. Um 15 Uhr gehen wir über Stag. Kurs 250° ist gut zu halten. Da der Wind auf 5-6 zugelegt hat, entscheiden wir uns für Capraia als Tagesziel. Ein Cap in Sichtweite kann Capraia eigentlich nicht sein, Überprüfung von Position und Kurs ergibt, wir steuern immer noch Elba an. Capraia liegt weiter westlich und müsste viel näher sein. Wir verlassen uns auf GPS und Seekarte, und tatsächlich, aus einer Nebelwand schält sich ein Inselpanorama, Capraia. Um20 h begibt sich der Wind zur Ruhe und die Sonne fällt auch allmählich hinter den Horizont. Jetzt wird plötzlich die vorher erwähnte Kennung des Leuchtfeuers wichtig, denn das Tageslicht schwindet rapide, der Wind, der weiter auf Süd gedreht hat, lässt nach, wir müssen die letzten 2 Std. sogar motoren. Die Welle nach Capraia dem Wind ist nicht sehr angenehm. Die Lichtervielfalt des Ortes ist verwirrend, aber irgendwann identifizieren doch die Feuer auf den Molenköpfen und laufen um 22 Uhr in den Hafen ein. Das Hafenpersonal ist noch aktiv und weist uns genauso freundlich wie beim letzten Mal einen Platz an. Leider sind die Pizzerien an der Hafenfront schon geschlossen. Eine Gruppe Österreichischer Yachties kommt gerade vom Essen und behauptet, dass oben im Dorf noch etwas offen ist. Mit wenig Hoffnung machen wir uns auf den Weg und werden angenehm enttäuscht. Wir landen in einem von einer Fischerfamilie geführten Fischrestaurant und werden, obwohl wir die letzten Gäste sind, hervorragend bewirtet. Am anderen Morgen zerlege ich erstmal die Lenzpumpe, nach Entfernung einige Fremdkörper fördert sie wieder einwandfrei. Wir verlassen den Hafen von Capraia gegen Mittag, steuern nach Sicht um die Insel, dann Kurs SSW. Himmel bedeckt, kein Wind. Eintöniges Motoren. Erst gegen 17 Uhr kommt ein NW auf, so dass wir © Jürgen Schuetz 2006 12
endlich Segel setzen können. Dann legt der Wind wieder zu und es beginnt zu regnen. Port de Taverna haben wir als Etappenziel ausgeguckt. Es wird 22 Uhr bis wir den Hafen erreichen. Wir entwickeln uns allmählich zu Spezialisten für Nachtansteuerungen. Der Morgen ist immer noch grau und regnerisch, dafür duftet der nahe Kiefernwald herrlich frisch. Wir segeln weiter, die korsische Ostküste entlang, nach Solenzara. Die Wettervorhersage für Korsika: Westküste SW 5-6, abnehmend, Ostküste E 2-4, Straße von Bonifatio SW 6-7. Das steht uns für morgen bevor. Wir verlassen Solenzara früh und müssen erstmal 3 Std. motoren. Dann kommt Wind mit S 2-4 Bft. auf, sodass wir einen Schlag nach SE machen müssen. Wir nähern uns der Straße von Bonifatio, der schmalen Durchfahrt zwischen Korsika und Sardinien. Wie zu erwarten und vorhergesagt, frischt der Wind auf, aus SW. Also wieder hoch am Wind. Ab 14 Uhr 5-6, später 6-7. Wieder viel Wasser an Deck, mit den bekannten Nebenerscheinungen. Ich habe einen kleinen Hafen, Porto Lungo, im Maddalenen Archipel auf der Karte gefunden, mit etwas Glück können wir ihn ohne weiteren Kreuzschlag erreichen. Die YOL schäumt durch die Wogen. Glücklicherweise ist Harry belastbar, aber auch er kann nicht verhindern, dass das Schiff ein paar Mal in ein Wellental kracht. Die Quittung ist jedes Mal eine Dusche bis ins Cockpit. Wir hoffen auf etwas weniger Wind, wenn wir erstmal über die Straße rüber sind. Um 17 Uhr liegt das Felsenwirrwar von Maddalena vor uns. Da die Küste im Vergleich zu Korsika relativ flach ist, bietet sie wenig Windschutz, immerhin wird der Seegang etwas flacher. Wo denn nun der Hafen sei fragt Harry etwas ungeduldig. Irgendwo hier muss ein Schlupfloch sein. Die Szene erinnert mich an eine Erzählung aus Werner Hellwigs „Raubfischer von Hellas“. Ein alter Fischer hatte seinen Sohn auf eine Seefahrtsschule geschickt. Während einer Sturmfahrt vor unwegsamer Küste versichert der Sohn, dass sie kurz vor einem schützenden Hafen wären. Als Porto Lungo auf der Isola Maddalena schließlich die Strandung unausweichlich scheint, nimmt der Vater eine Axt und erschlägt den Sohn. Momente später öffnete sich eine Öffnung im Fels und dahinter der Hafen, das Schiff und Besatzung sind gerettet. Der Sohn allerdings ist tot. Nun glaube ich nicht, dass Harry mich erschlagen würde, außerdem erkenne ich inzwischen im Fels einige Häuser und nachdem wir die nächste Felsnase gerundet haben, einige Mooringtonnen vor einer Kaimauer, dahinter ein wunderbare Hafen. Eine italienische Segelyacht und eine unbemannte Yacht ist alles was dort festgemacht hat. Die italienische Besatzung ist sehr nett, Harry freut sich sein recht passables italienisch anwenden zu können. Ich setze mich erstmal wieder mit der Bilgenpumpe auseinander. Es dauert lange bis die Bilge gelenzt ist, wir brauchen dringend ein Filter für die Ansaugöffnung der Pumpe. © Jürgen Schuetz 2006 13
Porto Lungo ist ein Feriendorf, es gibt ein Hotel, eine Bar und schachtelförmig in die Landschaft eingefügte Ferienhäuser, eigentlich ganz gelungen, aber jetzt in der Vorsaison noch völlig ausgestorben. Entsprechend leer ist auch das einzige Restaurant am Ort. Wir beschließen trotzdem dort Essen zu gehen. Es gibt mehr Bedienungspersonal als Gäste. Der Chef verspricht uns einige sardische Vorspeisen zusammenzustellen, und aus der Kühltheke wählen wir jeder einen Petersfisch aus. Dazu einen sardischen Wein. Die Fülle von Vorspeisen hätte eigentlich gereicht, aber der Fisch war inzwischen in der Küche und er war köstlich. Nach diesem köstlichen Essen, sollte man über die Rechnung nicht klagen. Der Wind steht weiter aus SW und ist weiterhin recht kräftig, da er aber über die Insel kommt und wir um die Isola Caprera wollen, kommt er uns zunächst ganz gelegen. Kurs erstmal SE, dann S, schon nach 2 Std. sind wir am südlichsten Cap von Caprera, Punta Rossa. Caprera heißt übrigens genau wie Capraia Ziegeninsel. Nach Punta Rosso dringen wir kreuzend in den Archipel ein. Caprera, auf den Klippen hocken Kormorane Mit kurzen Kreuzschlägen im relativ engen Fahrwasser runden wir die Isola San Stefano und nehmen Kurs auf die Hauptstadt der Insel La Maddalena. Einige Untiefen und reger Schiffsverkehr erfordern Aufmerksamkeit. La Maddalena ist ein interessanter Ort, der einzig bewohnbare im Archipel. Während auf Korsika in jedem Laden die unvergleichlichen korsischen Spezialitäten angeboten wurden, waren es hier die unvergleichlichen Sardischen. Eine überdachte Markthalle lockt mich an. Außer dem üblichen Gemüseangebot, viel Meeresfrüchte, viel Luftgetrocknetes und Ziegenkäse. Ich bin immer noch auf der Suche nach einem geeigneten Filter für meine Bilgenpumpe. Ein Besuch beim Schiffsausrüster ist erfolglos, aber wir finden einen Eisenwarenladen. Der Chef begreift sofort was wir John Maynard, unser eiserner Rudergänger hat die suchen und präsentiert ein Pinne übernomme ganzes Sortiment geeigneter © Jürgen Schuetz 2006 14
VA-Filter, hat auch noch ein passendes Reduzierstück für den Anschluss an die Saugleitung. Unser Bilgen- problem ist gelöst. Wir verlassen La Maddalena am nächsten Morgen. Wind aus SW zwingt uns wieder zum Kreuzen. Die Straße von Bonifatio ist übrigens Verkehrstrennungsgebiet, aber die Vorschrift dieses nur im Winkel von 90° zu kreuzen wird offenbar nur von uns eingehalten. Nach einem langen Der Leuchtturm Madonetta markiert die Einfahrt in Schlag auf die korsische Küste die Bucht von Bonifatio zu erreichen wir Capo Pertusato. Von dort können wir den Leuchtturm Madonnetta, welcher die Einfahrt der Bucht von Bonifatio markiert, erkennen. Die Bucht ist ein 1 sm langer fjordähnlicher Schlauch, an dessen Ende Yachthafen und Ort liegt, der eigentliche Ort liegt schwer zugänglich, hoch auf einem Felsrücken. Ernle Bradford, Segler und Autor der Buches „Reisen mit Homer“ vermutet, das Odysseus hier gewesen sei, und das seine Hier wurde Odysseus’ Flotte mit Steinen vernichtet, ganze Flotte von den meint Ernle Bradford. Lästrigonen in der der engen Einfahrt durch Steinwürfe, von den bis zu 70m hohen Felsen, vernichtet wurde. Das Schiff von Odysseus blieb verschont, er hatte kluger Weise vor der Bucht geankert. Denkbar ist, dass die Bewohner bei der Annäherung fremder Schiffe, zunächst an einen Überfall dachten. Man denke an Odysseus Überfall auf die Kikonen, bei welchem alle Männer erschlagen und Beute Bonifatio Altstadt und Frauen brüderlich geteilt wurden. Dieses Schicksal blieb © Jürgen Schuetz 2006 15
den Lästrigonen erspart. Noch bis vor 150 Jahren hat man die Einfahrt nachts, durch eine quer über die Bucht gespannte Kette, gesperrt. Unser nächstes Ziel ist Propriano. Wir wären wohl auch noch weiter gefahren, allein, Westwind mit 1-2 Bft, bringt uns an der Kreuz nur mühsam voran. Wir runden das Cap Feno, segeln eine reich gegliederte Küste entlang, schließlich in den Golf de Valinco in dessen letztem Winkel der Hafen von Propriano liegt. Uns läuft allmählich die Zeit davon, so unterbleiben zwei im Handbuch empfohlene Landausflüge. Filitosa mit steinzeitlichen Menhiren, und ein Besuch der mittelalterlichen Stadt Sartène. Mit wenig Wind erreichen wir Cap Muro, dann schläft der Wind ganz ein. Mit Motorkraft legen wir die letzten Meilen zurück. Zwei geräumige Yacht- häfen stehen zur Ver-fügung, aber obwohl es noch Ende Mai ist gibt es Platzprobleme. Die nächste Etappe soll uns zurück ans französische Festland bringen. Die Wettervorhersage verspricht vor der Westküste Korsikas südliche Winde, abflauend auf 5 kn. Es kam aber anders. Um 10 Uhr laufen wir bei W mit 4- 5 Bft aus. Trotz 2x gerefftem Groß und kleiner Genua schieben wir wieder viel Lage. Wieder viel Wasser auf Deck. Wind und Welle werden gröber. Eine große Ketsch arbeitet sich langsam heran, ver-schwindet manchmal fast hinter den Wellenbergen. Eine viertel Stunde später dreht die Ketsch ab, geht vor Die Ketsch verschwindet fast hinter den Wellenbergen den Wind und läuft zurück nach Ajaccio. Das ist auch für mich das Signal zum Umkehren. Harry meint zwar, wenn wir noch mehr reffen, könnten wir noch weiterfahren, aber wir sind noch nicht einmal bei den Îles des Saguinaires, und von dort sind es noch 126 sm bis Porquerolles. Also zurück, mit Rauschefahrt wieder in den Hafen. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind nicht besser. Harry muss wegen Urlaubsende abmustern. Er nimmt eine Fähre direkt nach Marseille. Ich suche mir inzwischen ein Internetcafé und suche Ersatzcrew im Internet Als erstem maile ich Sven, einem Studenten, der sich schon früher für den Törn interessiert hatte. Da © Jürgen Schuetz 2006 16
meine Crew zu diesem Zeit- punkt komplett war, hatte ich ihn auf später vertröstet. Er sagt spontan zu und kann in zwei Tagen vor Ort sein. Aber erstmal kommt ein Wettersturz, Regen, Schnee bis hinunter auf 1200m, schwere Hagelschauer vernichten die korsische Melonenernte. Glücklicherweise ist im Hafen Fest der einheimischen Fischer. So habe ich wenigstens Unterhaltung mit Anmutige Korsinnen tanzen zu korsischer Musik Folklore, korsischer Musik und Kunsthandwerk. Außerdem ist täglich Markt, mit den Köstlichkeiten Korsikas. Die hübschen jungen Damen hüpfen gekonnt zu den Klängen von schrill klingenden Flöten. Einem Knotenkünstler kaufe ich einen Schlüsselanhänger mit einem kunstvoll geknüpften Ball ab. Preis,10 €. Teuer? Allein der Schäkel daran kostet 6 €, schlechter Stundenlohn. Am nächsten Abend schwebt Sven ein, gleich am anderen Morgen machen wir einen Versuch auszulaufen. Das Wetter hat sich zwar etwas beruhigt, aber ein kräftiger Seewind steht in die Bucht von Ajaccio, die sich als rechte Mausefalle erweist. Bis zu den Îles Sanguinaires sind es 8 sm mit SW Kurs gegenan, dann könnte man mit W bis SW, oder natürlich mit Allem was aus Osten kommt leben. Wir kehren wieder um und sind nicht die Einzigen die wieder abdrehen. Dieses Mal machen wir im Porto Rossi fest. Am Abend rufe ich Beat an, ein Schweizer, der in Juan les Pins von Yachtüberführungen, Unterhaltsarbeiten an Booten und Skipperkommandos lebt. Er ist bereit gegen Ersatz der Reisespesen zu kommen. Das Gute, er kann mit der Fähre von Nizza am nächsten Tag in Ajaccio sein. Wir holen ihn mit einem Leihwagen ab und beschließen, am nächsten Morgen sehr Früh auszulaufen. Die Wetteraussichten sind günstig, Ost (!) 2-3, Cap Corse Iles Sanguinaires die blutrünstigen Insel 4, weitere Aussichten Seebrise mit 1-3 Bft. Schon um 5.50 Uhr legen wir ab und nehmen nach dem Verlassen des Hafens Kurs auf die Îles Sanguinaires, d.h. auf deutsch übrigens „Blutrünstige Inseln“. Ohne Wind, bei ruhiger See, sehen sie nicht sehr blutrünstig aus. Um etwas abzukürzen steuern wir sogar mittendurch. © Jürgen Schuetz 2006 17
Sven, der Vegetarier Beat, der Profiskipper Es wird Zeit die Crew vorzustellen: Wie auf dem rechten Photo zu sehen, herrscht totale Flaute, einzige Abwechslung, eine Schule mit 6 Delphinen. Sie begleiten uns eine Weile, tauchen unter dem Boot hindurch und drehen sich auch schon einmal auf den Rücken, sodass ihre helle Unterseite sichtbar wird. Wir motoren stundenlang durch die Flaute mit 5 kn, John Maynard geht wieder Ruder. Ich bereite ein einfaches Mahl aus den Bordvorräten: Farfalle, Olio/Oignon, mit Pesto Liguria. Fast 12 Std. ist der Motor gelaufen, als endlich etwas Wind aufkommt, Groß und kleine Genua sind schnell gesetzt, endlich schweigt der Motor. Der Wind kommt aus Nord, orientiert sich dann auf Ich habe sie selten so nahe gesehen. NE und nimmt auf 4 Bft zu. Jetzt läuft die YOL mit 6 kn, ohne Motor. Wir segeln in die Nacht. Um 20 Uhr hören wir noch mal die korsischen Wettervorhersage und empfangen auch bereits die Vorhersagen für die Côtes d’Azur, E 2-3, morgen NE 4 au large, d.h. auf dem offenen Meer, also ideale Verhältnisse. Das Radar zeigt ein Echo in 6 sm Entfernung, welches wir als Frachtschiff identifizieren, einmal huscht ein Segler auf Gegenkurs in weniger als einer Meile vorbei. Um Mitternacht sind es noch gut 50 Meilen bis Porquerolles. Ich gehe für eine © Jürgen Schuetz 2006 18
Weile in die Koje, es ist beruhigend eine gute Crew an Bord zu haben. Im Morgengrauen erwache ich, weil die Bewegungen des Bootes weder der Wettervorh ersage, noch dem Wind entsprechen. Die Welle kommt ziemlich quer, Yol kippt häufig seitlich über die Wellenkämme. Inzwischen sind erste Leuchtfeuer auf Porquerolles und dem Festland zu erkennen. Obwohl wir Toulon direkt anliegen könnten Sonnenaufgang über dem Cap des Mèdes entscheide ich, hinter Porquerolles herum zu segeln. Der Hintergedanke ist, dass wir, falls der Wind weiter auffrischt im Hafen von Porquerolles festmachen können. Auf der Reede von Hyeres wird es dann wieder ruhiger, und vor schönem, konstanten Ost segeln wir durch bis St. Mendrier.Nach 150 Meilen machen wir gegen Mittag in St Mendrier fest. Abends Captains Dinner in einem guten Restaurant, welches ich schon mit Werner besucht hatte. Cap d’Aigle, das Adlercap Da uns bei der Ankunft ein frischer Ostwind in die Bucht hinter dem Cap Cepet geblasen hat, fürchte ich ein mühsames gegenankreuzen am nächsten Morgen. Ich will deshalb ganz früh morgens ablegen, bevor sich der Wind etabliert hat und die YOL unter Maschine um Cap Cepet und Cap Sicie schieben, dann Kurs West. Die Rechnung geht auf, der Wind hat sich, wie so oft über Nacht beruhigt, um 6.30 legen wir ab, schon eine halbe Stunde später haben wir das Tournelle la Cassadaigne erste Cap erreicht. Bereits hier können wir Segel setzen und auf © Jürgen Schuetz 2006 19
Westkurs gehen. Wettervorhersage über UKW ESE 2-3, vor La Ciotat und Toulon 4, abends abnehmend 2-3. Wir segeln jetzt in altbekannten Gewässern, am Cap d’Aigle vorbei. nehmen direkten Kurs auf das Cap Croisette. Wir hören mehrfach die Wettervorhersage über UKW, in Vertrauen erweckender Konstanz wiederholt sich die Vorhersage vom Morgen. Allerdings schauen Meteorologen selten aus dem Fenster. La Cassadaigne markiert eine Einzeluntiefe mitten in 80 m tiefem Wasser. Bisher habe ich dieses Türmchen immer auf der Landseite passiert, dieses Mal mit direkten Kurs zum Cap Croisette, gehen wir seewärts vorbei. Der kundige Betrachter erkennt an den weißen Mützen, dass wohl mehr als 2 Bft herrschen. Und der Wind nimmt weiter zu, gegen 14 Uhr 5 Bft, Tendenz steigend. Wir haben die Fock ausgebaumt, mit 6-8 kn rauschen wir über das Plateau de Chevre. Wir haben eindeutig zuviel Segel oben. Das Bergen des Baumes fordert vollen Einsatz der Crew, er lässt sich nur gemeinsam mit der Fock bergen. Allein mit dem Groß machen wir immer noch 7- 8 kn. Frioul, Sausset le Pins, Cap Couronne, fliegen vorbei. Der Wind steht voll in die Bucht von Fos. Ohne Kurswechsel können wir bis tief in die Bucht hineinsegeln. Hier, sozusagen vor der Haustür, kenne ich mich gut aus. Wichtigste Ansteuerungen sind die Kardinaltonnen NJN und GN, sie müssen in jedem Fall an Backbord bleiben. Sie markieren eine weit in die Bucht ragende Sandbank, die They de la Gracieuse, so benannt nach einem Schiff, welches hier gestrandet ist. Außerdem sind hier noch einige Schiffe gestrandet, Die Überreste ragen zum Teil über die Wasseroberfläche. Der Wind hat bis auf 5-6 Bft. zugenommen, aber hinter Sandbank können wir das Groß gut bergen. Wir halten auf die Ansteuerungstonnen des Hafenkanals zum Port Napoleon zu. Der Wind kommt jetzt von der Seite. Links und rechts des ausgebaggerten Kanals wird es sehr flach, und weil ich nicht auf das Leeufer getrieben werden möchte, gebe ich ausnahmsweise mehr Gas als üblich. Mit 6,5 kn Fahrt erreichen wir den Heimathafen um 18 Uhr, gerade noch rechtzeitig zur „Happy Hour“ in der Bar des Restaurants „The Lighthouse“. 56 Meilen seit St Mendrier in 11,5 Std. haben wir zurückgelegt. Wie beschließen den Törn in Gerards Pizzeria „Key West“, für Sven bereitet er sogar eine rein Vegetarische Pizza. Noch ein paar Einzelheiten zum Törn: Dauer des Törns: 45 Tage Hafentage: 15, davon Wetter bedingt: 7 Motorstunden: (müssen noch ermittelt werden) Zurückgelegte Gesamtstrecke: 819 Seemeilen. Mittwoch, 26. Juli 2006 Jürgen Schuetz Yolskipper © Jürgen Schuetz 2006 20
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