So verschwinden Tätowierungen und Permanent-Make-up
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top thema Ausgelaufen, verblasst oder unerwünscht So verschwinden Tätowierungen und Permanent-Make-up Prof. Dr. Wolf-Ingo Worret, Prof. Dr. Christian Raulin, Dr. Bärbel Greve, Dr. Stefan Hammes Hautschmuck in Form von Tätowierungen hat eine lange Tradition. Doch was tun, wenn einem das Motiv oder die Position nicht mehr gefällt oder wenn die Farbe ausgelaufen oder verblasst ist? In solchen Fällen sind Geduld und Präzision gefragt. Lesen Sie hier, wie Sie vorgehen, wenn der permanente Hautschmuck doch nicht für immer sein soll. Beim Permanent-Make-up und bei Tätowierungen werden mischen Bestandteile, um dann sehr häufig in ein toxisches Farbstoffe in die Haut eingestochen oder geritzt; nur die Tech- Abbauprodukt überzugehen. Ein weiterer Grund, warum zum niken und die verwendeten Geräte unterscheiden sich vonein- Pigmentieren der Haut nicht Farbstoffe verwendet werden, liegt ander. Während bei Tätowierungen die Farbe in die mittlere in ihrer Transparenz. Im Kosmetikbereich werden Farbstoffe Dermis platziert wird, da ja ein Dauerzustand angestrebt wird, deshalb zum Einfärben von zum Beispiel Dusch- und Schaum- versucht man beim Permanent-Make-up, das Stratum papillare bädern, Deos und Seifen benutzt. der Dermis zu tätowieren, damit die Farbstoffe nach einiger Zeit Für Permanent-Make-up und Tätowierungen werden Pig- (sechs Monate bis zu drei Jahre) wieder verschwinden. mente verwendet. Hier muss zwischen organischen und anor- ganischen Pigmenten unterschieden werden: Farbstoffe und Pigmente » Die organischen Pigmente sind Kohlenwasserstoffe, die Es wird heute immer wieder behauptet, dass speziell im durch Doppelbindungssysteme, Ringsysteme und oft- Bereich des Permanent-Make-up nur Pflanzenfarbstoffe und mals durch Azogruppen ihre Farbe erlangen und die in Farben pf lanzlichen und mineralischen, das heißt „natür- den Medien, in denen sie eingesetzt werden, üblicherwei- lichen“ Ursprungs verwendet werden. Es wird von Farbstof- se nicht löslich sind. fen, Pigmenten, von chemischen und natürlichen Farben » Anorganische Pigmente bestehen aus Metallen und Säu- sowie Farbstoffen gesprochen, von antiallergischen und anti- reresten, wie zum Beispiel Silikaten, Phosphaten, Oxiden, bakteriellen Farben. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen oder Metallen und Metallsäureresten, wie zum Beispiel Farbstoffen und Pigmenten. Farbstoffe sind meist organische, Chromaten, und man unterscheidet zwischen Weiß-, seltener auch anorganische Stoffe, die sich in einem Anwen- Schwarz-, Bunt- und Spezialpigmenten (Glanz- oder dungsmedium (Alkohol, Parfüm, Creme) auflösen und einen Leuchtpigmente). farbigen, aber transparenten Film hinterlassen. Pigmente, im Weiter ist zwischen natürlichen und synthetischen anorga- Gegensatz dazu, sind meist anorganische, seltener organische nischen Pigmenten zu unterscheiden: Stoffe, die in einem Anwendungsmedium (Alkohol, Parfüm, » Natürliche anorganische Pigmente (Erdfarben) werden Creme) in kristalliner Form vorliegen und einen farbigen, aus anorganischen Rohstoffen (Ocker, Grünerde etc.) aber opaken – also nichttransparenten – Film hinterlassen. durch Trocknen, Mahlen und Schlämmen gewonnen. Wir sprechen von natürlichen Farbstoffen, wenn sie pflanz- Hier besteht aber immer die Gefahr von Kontaminati- lichen oder tierischen Ursprungs sind, so zum Beispiel Hen- onen durch Pflanzenschutzmittel, Insektengifte, Radioak- na (Blätter), Purpur (Schnecke) oder Indigo (blühende Pflan- tivität und giftige Schwermetalle. ze). Die Anwendung von natürlichen Farbstoffen ist heute auf » Synthetische anorganische Pigmente (Mineralfarben) wenige Ausnahmen beschränkt, so zum Beispiel Karotin als werden durch chemische Umwandlungen erzeugt. Diese Lebensmittelfarbstoff. Pigmente sind frei von Verschmutzungen. Zurzeit beherrschen synthetische Farbstoffe den Markt. Die Zulassung von natürlichen und synthetischen Farbstof- Praxistipp fen, speziell im Lebensmittelbereich, unterliegt aber strengen Das wichtigste Weißpigment ist heute wegen seiner che- gesetzlichen Regelungen, da sie unter anderem Allergien oder mischen Beständigkeit und Ungiftigkeit das Titandioxid, das Idiosynkrasien auslösen oder sogar toxische und kanzerogene häufig auch in Sunblockern verwendet wird. Das wichtigs- Eigenschaften aufweisen können. te Schwarzpigment ist Ruß. Zu den Buntpigmenten zählen Natürliche (Pflanzen-)Farbstoffe eignen sich nicht für Täto- die Eisenoxide, deren Farbtöne über den Hydratgehalt durch wierungen. Sie sind in ihrer Zusammensetzung sehr kompli- Brennen (zum Beispiel 130, 160, 180°C) von gelb über rot und ziert, reagieren extrem empfindlich auf Sauerstoff und Licht; braun nach schwarz eingestellt werden können. Ein wich- das bedeutet, sie zerfallen sehr schnell in ihre einzelnen che- tiges Blaupigment ist ultramarinblau, ein reines Silikat, oder ästhetische dermatologie 5 · 2009
top thema Kobaltblau. Das wichtigste Grünpigment ist das Chromdio- ter Sorgfalt ausgewählt werden. Über einen größeren Zeitraum xid. Das leuchtend gelbe Kadmiumsulfid sowie das Nickelti- hinweg sind die verschiedensten Faktoren dafür verantwortlich, tangelb und das Chromgelb werden aus Gründen ihrer Toxi- dass sich die Pigmente im Laufe der Zeit verändern oder sogar zität und des Umweltschutzes heute nicht mehr eingesetzt. Bei zersetzen können, so zum Beispiel körpereigene Fette, Makro- diesen anorganischen Blau-, Grün- und Gelbpigmenten han- phagen, Hämoglobin, Säuren oder UV-Licht. Es sollten nur Pig- delt es sich also um Schwermetallverbindungen, die bekann- mente verwendet werden, die in all ihren Eigenschaften sehr termaßen allergen bzw. toxisch sein können. stabil sind oder zumindest, falls sie sich in ihren Bindungen auflösen, keine gefährlichen Einzelbestandteile, wie Schwer- Anorganische Pigmente unterscheiden sich von den orga- metalle, Azogruppen, Benzidine etc., aufweisen. Umso weni- nischen in Farbe und Leuchtkraft. Die organischen Pigmente ger ist zu verstehen, dass es im Permanent-Make-up-Sektor haben klarere Farben und eine größere Farbstärke. Für die und Tätowierbereich gängige Praxis ist, keinerlei Angaben zu Verwendung von synthetischen anorganischen Pigmenten Art und Herkunft der Pigmente zu machen. Oft werden Far- sprechen sowohl ihre Reinheit – sie sind frei von toxischen ben als Eigenherstellung deklariert oder die wahre Quelle wird Substanzen und von Verschmutzungen – als auch ihre Sta- durch Umetikettieren der Farbflasche verheimlicht. Durch die- bilität. Wichtig sind hierbei Lichtstabilität, pH-Stabilität und se Praktiken wird jedoch die Beweislage hinsichtlich Herkunft Temperaturbeständigkeit. Ohne jeden Zweifel sind unter die- und Zusammensetzung der Farben verschleiert, und die Kos- sen Pigmenten die Eisenoxide diejenigen, die in jeder Hinsicht metikerinnen bzw. die Ausführenden sowie letztendlich die am stabilsten sind. Kunden haben keine Kontrollmöglichkeit bezüglich der Qua- Organische Pigmente sind weit weniger Licht- und pH-sta- lität der verwendeten Farben. Sogar Autolacke als gut decken- bil und temperaturbeständig – das bedeutet, dass ihre Verwen- de Farbstoffe finden Verwendung. dung sowohl schneller zu Farbveränderungen als auch zu al- lergischen Reaktionen führen kann. Vor allem die organischen „Tattoo colors“ und „cosmetic colors“ Rot- und Gelbpigmente sind bedenklich. Bei den Rotpigmenten Insbesondere auf dem amerikanischen Markt, vereinzelt auch sollten insbesondere die Azopigmente wegen möglicher Toxi- auf dem englischen, wird zwischen „tattoo colors“ und „cos- zität gemieden werden. Bei den Gelbpigmenten wird, neben metic colors“ unterschieden, also Farben für Tätowierungen Azogruppen, häufig auch Benzidin zur Herstellung verwendet. oder Permanent-Make-up. Während im Tätowierungsbereich Benzidin ist karzinogen und darf nur mit äußerster Vorsicht eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Farbtönen zur Verfügung gehandhabt werden. steht, ist die Farbpalette der Cosmetic colors sehr begrenzt. Die Es wird oft behauptet, dass die Bestandsdauer eines Perma- Erklärung dafür ist, dass die reinsten und stabilsten Pigmente nent-Make-up oder auch Bio-Tattoos von den verwendeten die synthetisch erzeugten Eisenoxide und das Titandioxid sind. Farben abhängt. Dies ist insoweit richtig, als organische Pig- Deren Farbintensität und Leuchtkraft ist jedoch geringer als die mente weniger stabil in ihren Eigenschaften sind als anorga- der organischen Pigmente. nische Pigmente. Das bedeutet, dass zum Beispiel ein orga- Darüber hinaus wird in den USA der Gebrauch von Grün- und nisches Rotpigment schneller seine Farbe verliert als ein anor- Blaupigmenten in den Cosmetic colors strikt abgelehnt. Grün- ganisches Rotpigment. Im Allgemeinen kann aber nicht garan- de hierfür sind unter anderem in der geringeren Licht- und pH- tiert werden, dass ein Permanent-Make-up oder Bio-Tattoo Stabilität der organischen Pigmente zu sehen. Da die Gesichts- vollständig abblasst. haut in aller Regel feiner und stärker durchblutet ist als die Kör- Zulassungsbestimmungen für Pigmente Über Jahrtausende wurden für Tätowierungen Farbstoffe oder Pigmente aus der Natur genutzt. Die Risiken waren damals jedoch nicht bekannt. So haben sich die Frauen im alten Ägyp- ten mit Bleifarben geschmückt, mit der Folge, dass sie oft schon 1 Tätowierung über sehr jung und obendrein zahn- und haarlos gestorben sind. den Lendenwirbeln. Tätowierfarben werden in Deutschland seit dem 01.09.2005 gesetzlich als kosmetische Mittel eingestuft; sie fallen unter das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelge- setz. Somit unterliegen sie seit Neuestem den für Kosmetika geltenden Vorschriften für Reinheit, Qualität und Prüfung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit. Allerdings ist zu bedenken, dass die Farbstoffe für Kosmeti- ka anderen Anforderungen entsprechen als Pigmente für Per- manent-Make-up oder Tätowierungen, da Kosmetika ja nur auf der Haut angewendet werden dürfen. Da Permanent-Make-up und Tätowierungen aber keine äußerlichen Anwendungen dar- stellen – die Pigmente werden in die Haut gestochen –, ist es nicht ausreichend, wenn die Farben Kategorie 1 der Kosmetik- verordnung entsprechen. Da bei Permanent-Make-up und Tätowierungen die Pig- mente für Jahre in der Haut verbleiben, sollten diese mit äußers- ästhetische dermatologie 5 · 2009
top thema 2 Misslungenes Permanent-Make- up bei einer 45-jährigen Patientin, unvollständige Entfernung und narbige Residuen nach auswärtiger Vorbehand- lung mit einem unbekannten Laser- typ (a). Zustand nach 14 Behandlungen mit dem gütegeschalteten Rubin- bzw. dem gütegeschalteten Nd:YAG-Laser (532/1064 nm) ca. vier Jahre später (b). a b perhaut und da das Gesicht – im Gegensatz zu anderen Körper- Farbmischungen regionen – das ganze Jahr über ungeschützt der UV-Strahlung Weit verbreitetet ist das Mischen der Farben. Nicht immer erzielt und der Witterung ausgesetzt ist, ist eine Veränderung der Pig- man auf Anhieb den gewünschten Ton und muss dann die Farbe mente sowohl in Bezug auf Farbe als auch in Bezug auf ihre che- verwerfen. Das weitaus größere Problem ist aber, dass eine Farbe, mischen Eigenschaften sehr viel schneller möglich. die in der Flasche und auf der Haut gut aussieht, in der Haut zu Anorganische Grün- und Blaupigmente sind wegen ihres einem völlig anderen Ergebnis führen kann. Oft wird Kunden die Gehalts an Schwermetallen abzulehnen. Nicht zuletzt sollte gemischte Farbe auf der Haut des Handrückens vorgeführt. In der man auch bedenken, dass eine Pigmentierung im Gesicht meh- Haut jedoch kann die Farbe durch die Opaleszenz der darüber lie- rere Jahre hält und daher möglichst neutral sowie unabhängig genden Hautschichten einen völlig anderen Farbton annehmen. von modischen Farbtönen gestaltet werden sollte. Beispielsweise ist ein oberflächlich gelegener Nävus braun, im tief- Je nach Tätowierer und Hersteller ist auch die chemische eren Korium fast blau. Jede Haut ist in ihrer Stärke, in ihrer kör- Zusammensetzung der Tätowierfarben unterschiedlich. Tim- pereigenen Pigmentierung, dem lokalen pH-Wert, in ihrer Durch- ko et al. (2001) untersuchten 30 Tätowierfarben einer Fir- blutung etc. unterschiedlich und damit auch das Ergebnis des ma mithilfe der quantitativen „electron X-ray micronanaly- Farbtons des Pigments, wenn es in die Haut eingebracht wird. sis“ und verglichen die Ergebnisse mit den Herstelleranga- Eine zusätzliche Veränderung des Farbtons kann überdies ben [46]. Sie fanden als häufigste Elemente Aluminium (87%), im Verlauf eines längeren Zeitraums eintreten. Jeder Kunde Sauerstoff (73%), Titanium (67%) und Kohlenstoff (67%). Die hat eine unterschiedliche Lebensweise, eine unterschiedliche Untersucher konnten folgende Farbzusammensetzungen Ernährungsweise und unterschiedliche Umgebungsfaktoren. analysieren, die mit den Herstellerangaben im Wesentlichen Sonne und Meerwasser sind Faktoren, die den Farbton beein- übereinstimmten: flussen können, ebenso wie unterschiedliche Hautpflege, Ver- » schwarz: Kohlenstoff und Eisen, wendung von Medikamenten, häufiger Genuss von Obst (Vita- » blau: Titanium, Kohlenstoff, Kupfer, min C) und Vieles mehr. » braun: Titanium, Eisen, Die Ursache für Farbveränderungen kann aber zudem in » grün: Titanium, Kohlenstoff, Kupfer, Chrom, den Pigmenten selbst liegen. Die Farbtöne sind auch von der » rot: Titanium, Kohlenstoff, Eisen, Magnesium und Teilchengröße der Pigmente abhängig. Dies wiederum bedeu- » weiß: Titanium. tet, dass wir es bei einer gemischten Farbe mit unterschiedlich großen Pigmenten zu tun haben können, was wiederum die Für Therapieresistenzen und das „ink-darkening“ nach Laser- Farbstabilität der Mischung beeinflussen kann. therapie machen die Autoren insbesondere Titanoxid, das als Bei den auf dem Markt befindlichen Permanent-Make-up- Zusatzstoff für die Schattierung von Farben notwendig ist, und Farben handelt es sich zum großen Teil um Farben, bei denen Eisenoxid verantwortlich. Beide Stoffe können durch hochener- sowohl anorganische als auch organische Pigmente miteinander getische Laserimpulse chemisch reduziert werden und dadurch vermischt wurden. Da aber die Farbstabilität der organischen nachdunkeln. Besonders beobachtet werden kann dies bei wei- Pigmente weitaus geringer ist als die der anorganischen, besteht ßen Tätowierungen, die fast ausschließlich Titanoxid enthalten. auch in diesem Fall wiederum die Gefahr, dass der ursprüng- Des Weiteren liegt das Absorptionsmaximum von Titanoxid liche Farbton nach einiger Zeit umschlagen kann. mit 280–400 nm weit unter den zurzeit in Anwendung befind- lichen Laserwellenlängen, wodurch die mangelhafte „clearance“ Komplikationen bei Tätowierungen titanoxidhaltiger Farben erklärbar wäre. Da Tätowieren ein hautinvasives Verfahren ist, ist es nicht ver- Um mit dem Pigmentpulver arbeiten zu können, ist ein ent- wunderlich, dass es mit vielen Komplikationen behaftet ist. Es sprechendes Anwendungsmedium notwendig. Jeder Hersteller kann zu Vereiterungen oder zur Übertragung von Infektions- hat seine eigene Rezeptur, und diese wird meist geheim gehal- erkrankungen kommen oder durch die Einbringung künstli- ten, auch hier nicht selten zum Schaden der Kunden. So ver- cher Substanzen zu Fremdkörperreaktionen oder Allergien. Als wendet der Großteil der Hersteller unter anderem Glyzerin. Die Infektionen werden übertragen: Warzen, Hepatitis, Tuberkulo- Farben werden dadurch zwar geschmeidig, lassen sich recht gut se oder „human immunodeficiency virus“ (HIV). Bei Prädis- in die Haut einbringen und trocknen auch weniger leicht aus. ponierten treten Keloide auf. Insbesondere kann es zur Ausbil- Glyzerin kann aber durch die Injektion des öligen Stoffes zur dung von Pseudolymphomen kommen oder eine Hautsarkoi- Bildung von Granulomen führen. dose reaktiviert werden. ästhetische dermatologie 5 · 2009
10 top thema Zu einem besonderen Problem kann die in der Damenwelt zesse vermuten [9]. Einer der wichtigsten Wirkmechanismen so beliebte Tätowierung über den Lendenwirbeln (» Abb. 1) gütegeschalteter Lasersysteme ist das Prinzip der „selektiven werden. Muss nämlich, zum Beispiel wegen einer Geburt, eine Photothermolyse“. Darunter versteht man die lokalisierte ther- Spinalanästhesie durchgeführt werden, können Farbpartikel mische Zerstörung spezifischer Zielstrukturen durch Wahl durch die Kanüle in den Spinalkanal eingebracht werden, was einer bestimmten, selektiv absorbierten Wellenlänge und einer zu nichtbekannten Konsequenzen führen kann. Daher muss vor Impulsdauer, die kürzer ist als die thermische Relaxationszeit solch einer örtlichen Betäubung ein Hautschnitt gemacht wer- (die Zeit, die eine Struktur benötigt, um auf die Hälfte der Tem- den, um die Kanüle tiefer anzusetzen [28]. peratur abzukühlen, auf die sie erhitzt wurde). Dabei kommt es zu einer selektiven und schnellen Aufheizung (>1000°C) der Entfernung einer Pigmentierung absorbierenden Zielstrukturen, die dann durch „Schockwellen“ und schnelle thermische Expansion ihre Integrität verlieren. Praxistipp „Intensed-pulsed-light“- (IPL-)Systeme sollten aufgrund der Bei einer verzeichneten Pigmentierung kann zuerst versucht zu langen Impulsdauer im Millisekundenbereich nicht ein- werden, das gewünschte Ergebnis mithilfe einer weiteren, kor- gesetzt werden. Durch die längere Aufheizung der Pigmente rigierenden Camouflage oder Übertätowierung zu erreichen. kommt es zu einer thermischen Schädigung der Dermis und Zum Teil ist dies durch korrektes Zeichnen der gewünsch- Anhangsgebilde, was den Prinzipien der selektiven Photother- ten Form zu erzielen, zum Teil durch Abdecken der uner- molyse widerspricht. Aufgrund dieser Tatsache fehlen auch Stu- wünschten Linien mithilfe geeigneter Pigmentfarben. Die- dien hierzu; lediglich verschiedene Publikationen über Behand- se Technik erfordert aber viel Erfahrung und ebenso viel Ver- lungsfehler liegen vor. trauen seitens der Kunden. Letzteres ist nur durch genaues- Die Aufhellung der pigmentierten Hautveränderungen bzw. te Aufklärung zu erzielen. Wichtig ist hierbei, keine Wunder der Tätowierungen scheint dann über zwei Wege zu erfolgen: zu versprechen, die dann nicht einzuhalten sind. Ein optima- » Zum einen können die freigesetzten, zum Teil fragmen- les oder auch nur akzeptables Ergebnis ist aber auch mit dieser tierten Partikel im Rahmen einer nachfolgenden Entzün- Technik nicht immer möglich. Falls eine so korrigierte Pig- dungsreaktion leichter phagozytiert und über Lymph- mentierung letztlich doch entfernt werden muss, ist dies in bahnen abtransportiert werden. vielen Fällen schwieriger. » Zum anderen führt die Auflösung einer großen Anzahl von pigmentreichen Keratinozyten zu einer epidermalen Die Technologien zur Entfernung von Tätowierungen sind Nekrose, die klinisch als Krustenbildung imponiert und über die Jahre zunehmend verfeinert und verbessert worden. durch die ebenfalls „Farbe“ eliminiert wird. Unspezifische, früher angewendete Methoden sind Exzision, Kryotherapie, Dermabrasion, Salabrasion, Verätzung, Infra- » Einflussfaktoren rotkoagulation und die Ablation mit dem CO2-Laser. Zwangs- Das Ansprechen von Schmucktätowierungen auf eine Laser- läufig folgen hier mehr oder weniger ausgeprägte Narben, häu- therapie ist von der Art der Tätowierung (Laien- oder Pro- fig verbunden mit verbleibendem Restpigment. Heutzutage fitätowierung), den verwendeten Farben, der Pigmentdichte erfolgt die Behandlung vorzugsweise durch Laser, wobei eine und der Lokalisation abhängig. Profitätowierungen benöti- gezielte Zerstörung der Tattoo-Pigmente mihilfe der selek- gen in der Regel mehr Laserbehandlungen als Amateurtäto- tiven Photothermolyse mit minimalem Schaden an der Epi- wierungen (durchschnittlich sechs bis 15 vs. vier bis acht Sit- dermis, der Dermis und den Anhangsgebilden erreicht wird. zungen). In Einzelfällen können bei Profitätowierungen bis Im Jahr 1963 veröffentlichten Goldman et al. den ersten zu 20 Behandlungen notwendig werden bzw. auch Farbresi- Bericht über die erfolgreiche Entfernung einer schwarzen Täto- duen verbleiben. In einer retrospektiven Studie von Werner et wierung [11]. Erst 1983 wurde die Methode von Reid et al. wie- der aufgegriffen und ist mittlerweile zu einer effektiven sowie erfolgreichen Methode geworden [44]. T1 Absorptionsmaxima der verschiedenen Tätowierfarben (nach [21]) » Lasersysteme und Wirkweise Die Entfernung von Tätowierungen gehört zu den wichtigs- Farbe Absorptionsmaximum ten Indikationen gütegeschalteter Lasersysteme, die typi- (Median; nm) scherweise Impulslängen im Nanosekundenbereich (bis ca. schwarz 600—800 100 ns) besitzen. Im Wesentlichen werden der gütegeschalte- blau 620—730 te Rubin- (Wellenlänge 694 nm), der Nd:YAG- (Wellenlänge 1064 bzw. 532 nm; » Abb. 2 und » Abb. 3) und der Alexandrit- dunkelblau 630—800 laser (Wellenlänge 755 nm), in den USA zusätzlich noch der grün 630—740 blitzlampengepumpte Farbstofflaser der Wellenlänge 510 nm, grau 610—800 eingesetzt. orange 500—525 Die primären Zielstrukturen im Fall von Schmuck- und Schmutztätowierungen sind exogen eingebrachte Farbpig- violett 550—640 mente bzw. deren intrazelluläre Ansammlungen. Der Vorgang rot 505—560 der Pigmententfernung ist noch nicht vollständig geklärt. His- rosa 530—560 tologische und elektronenmikroskopische Untersuchungen gelb 450—510 vor und nach einer Laserbehandlung lassen verschiedene Pro- ästhetische dermatologie 5 · 2009
top thema 11 al. (1999) kam es trotz Mehrfachbehandlungen und Wechsel der Lasersysteme bei insgesamt sieben von 68 Laien- und zehn von 25 Profitätowierungen nicht zu einer 100%igen Clearance [47]. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die Pigment- dichte. Im Fall von Profitätowierungen ist diese aufgrund der Verwendung von Tätowiermaschinen sehr viel höher, gleich- mäßiger und tiefer, was zwar die Farbintensität erhöht, aber die Entfernung problematischer werden lässt. Auch die Lokalisation kann sich auf den Behandlungser- folg auswirken. Distal gelegene Tätowierungen an Unterarmen und Unterschenkeln lassen sich, möglicherweise aufgrund eines schlechteren Lymphabflusses, langsamer aufhellen. Praxistipp Aufgrund der bereits genannten variablen Farbelemente und -zusammensetzungen wird verständlich, dass bei mehrfar- bigen Tätowierungen für einen optimalen Therapieerfolg auch immer mehrere Lasersysteme mit unterschiedlichen Wellen- längen zum Einsatz kommen müssen. Die Absorptionsma- a b xima der verschiedenen Farben wurden von Hodersdal et al. (1996) evaluiert und können » Tab. 1 entnommen werden [21]. 3 Profitätowierung am rechten Oberarm bei einer 27-jährigen » Verwendung verschiedener Lasersysteme Patientin 6/1995 (a), vollständige Entfernung nach 15 Behand- lungen mit dem gütegeschalteten Rubin- bzw. dem gütegeschal- In der klinischen Anwendung haben sich für schwarze, teten Nd:YAG-Laser (1064 nm), ca. vier Jahre später (b). schwarz-blaue, blaue und braune Tätowierungen alle Lasersys- teme (Rubin-, 1064-nm-Nd:YAG-, Alexandritlaser) bewährt. Rote und orangefarbene Tätowierungen absorbieren nur Licht des gütegeschalteten, frequenzverdoppelten Nd:YAG-Lasers Praxistipp (532 nm) und des gepulsten Farbstofflasers (510 nm). Grüne Schwierigkeiten bereitete bislang die Entfernung verbliebener Tätowierungen hellen am besten nach Behandlung mit dem Pigmentreste auch nach lege artis erfolgter Ausbürstung. Auch gütegeschalteten Rubin- oder Alexandritlaser auf. Violet- hier haben sich die gütegeschalteten Lasersysteme, wie Rubin-, te, gelbe, weiße und „hautfarbene“ Tätowierungen lassen sich Nd:YAG- (1064 nm) und Alexandritlaser, in den letzten Jahren dagegen nur unbefriedigend entfernen. als hervorragende Behandlungsmethode erwiesen. Praxistipp Die Anzahl der erforderlichen Sitzungen ist hierbei, wie auch Bei der Entfernung von kosmetischen Tätowierungen (Perma- bei den Tätowierungen, im Wesentlichen von Tiefe, Grö- nent-Make-up von Augenbrauen, Lippenkonturen etc.) ist es ße und Farbe der Schmutzpartikel abhängig [38]. Schwarz- dringend erforderlich, zunächst eine Probebehandlung durch- pulvereinsprengungen, die mit großer Energie auf die Haut zuführen, um einen möglicherweise auch irreversiblen Farb- auftreffen und tief penetrieren, benötigen im Gegensatz zu umschlag („ink-darkening“), zum Beispiel von rot nach grün oberflächlich sitzenden Schmutztätowierungen, wie sie nach oder schwarz, zu erkennen. Abschürfungstraumen zu beobachten sind, mehrere und energiereichere Behandlungen. Im Durchschnitt werden für Anderson et al. (1993) berichteten, dass in zwei von fünf Fäl- sehr oberflächlich gelegene Schmutztätowierungen eine bis len weitere Laserbehandlungen den Farbumschlag nicht mehr sieben Sitzungen angegeben, für Explosionstraumen reichen beeinflussen konnten [1]. Unsere Erfahrungen haben die Irre- die Angaben von sechs bis 25 Sitzungen. Allerdings gelingt versibilität bislang nicht bestätigen können, allerdings waren auch bei Schmutztätowierungen nicht in allen Fällen eine in der Regel zahlreiche Sitzungen bis zur vollständigen Aufhel- vollständige Aufhellung. Sollen zusätzlich narbige Residuen lung notwendig. Gute Erfolge lassen sich auch bei ausgelaufe- geglättet werden, kann die Behandlung mit dem gepulsten nem Permanent-Make-up erzielen ‒ ein Erscheinungsbild, das CO2- oder Erbium:YAG-Laser im Rahmen eines „skin resur- nicht selten zu beobachten ist. facing“ kombiniert werden. Schmutztätowierungen Begleitreaktionen, Nebenwirkungen und Schmutztätowierungen entstehen typischerweise nach Explosi- Komplikationen ons-, Inokulations- oder Abschürfungstraumen. Die Therapie Für einige Minuten bestehende, umschriebene Weißfärbungen der ersten Wahl ist zunächst die vorsichtige Entfernung oder sowie Erytheme und Ödeme sind transiente, jedoch obligat auf- Ausbürstung der Fremdkörper (Staub, Erde, Asphalt, Metall- tretende Begleitreaktionen einer Lasertherapie mit gütegeschal- oder Schwarzpulverteilchen) unter Spülung mit physiologischer teten Lasersystemen. Daneben entwickeln sich, ebenfalls unab- Kochsalzlösung oder 0,1%iger Oxyzyanatlösung innerhalb der hängig vom Lasersystem, häufig Blasen und Krusten, die inner- ersten 24 Stunden. halb von ein bis zwei Wochen abheilen. ästhetische dermatologie 5 · 2009
12 top thema Bei Anwendung des Nd:YAG-Lasers mit einer Wellenlänge mente gesteigert werden. Ebenso könnte das Übertätowieren von 1064 nm kommt es bei hohen Energiedichten (>5 J/cm 2) zum Beispiel mit Kochsalzlösung („wet tattooing“) zu einer ver- obligat zu epidermalen Rupturierungen mit nachfolgenden mehrten transepidermalen Elimination führen. punktförmigen Blutungen und Krusten, die jedoch ebenfalls Des Weiteren wird an der Verbesserung der Elimination innerhalb von ein bis zwei Wochen heilen. (Lymphtransport, Phagozytose) der Farbpartikel aus der Haut Da das physiologische in der Epidermis enthaltene Melanin geforscht. Auch die Entwicklung geeigneter Tätowierfarben wäre ebenfalls das Laserlicht absorbiert, ist das Risiko für rever- in Anbetracht der steigenden Popularität von Tätowierungen ein sible Hypopigmentierungen, die bis zu sechs Monate persis- Schritt in die richtige Richtung, der insbesondere von den Täto- tieren können, mit dem Rubin- und frequenzverdoppelten wierern im Sinne einer dauerhaften Kundenzufriedenheit intensiv Nd:YAG-Laser am größten. Permanente Narben und/oder verfolgt werden sollte. Toxische, verstärkt allergieauslösende und dauerhafte Pigmentverschiebungen kommen bei den genann- problematisch zu entfernende Farben sollten zum Schutz der Kun- ten Lasersystemen in ca. 4 bis 5% der Fälle vor. Derzeit wird den ebenfalls freiwillig von den Tätowierern abgelehnt werden. versucht, diese Hypopigmentierungen mit dem Excimer- Zu fordern ist, dass für Tätowierfarben die gesetzlichen Vor- Laser erneut zur Repigmentierung anzuregen, was in man- schriften, wie für Kosmetika schon lange unabdinglich, bezüg- chen Fällen möglich ist. Purpura (ca. sieben bis zehn Tage), lich der Deklarationspflicht, der gesundheitlichen Unbedenk- länger anhaltende Erytheme (bis zu ca. sechs Wochen) und lichkeitsprüfung und der Richtlinien des Bundesgesundheits- postinfl ammatorische Hyperpigmentierungen (bei dunklen ministeriums baldmöglichst umgesetzt werden. Hauttypen!) sind insbesondere für den frequenzverdoppel- Abschließend soll noch darauf hingewiesen werden, dass ten Nd:YAG-Laser beschrieben. die vorgenannten Laserbehandlungen, wie vom Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben, ausschließlich von qualifi zierten Ausblick Ärzten durchgeführt werden dürfen [27] und keine zusätz- Die Entfernung von Tätowierungen ist leider weitaus langwie- lichen, vermeintlich lukrativen Nebenerwerbsquellen für dubi- riger als deren Erstellung. Bislang ist noch wenig über die Inter- ose Laienstudios sind. aktionen zwischen Laserimpulsen und chemischen Alterati- Als überaus bedenklich ist die Entwicklung zu werten, dass onen der Tätowierfarben bekannt. Studienergebnisse von Ross die Tätowierungsentfernung durch Franchise-Ketten in nicht- et al. (1998) liefern jedoch Hinweise darauf, dass möglicherwei- medizinische Laienhände gerät. Hier sind im Interesse der se Laser mit Impulsdauern im Nano- und Pikosekundenbereich Betroffenen die Verantwortlichen der dermatologischen Fach- die Methode der Zukunft sein könnten [45]; im Moment aller- gesellschaften (Deutsche Dermatologische Gesellschaft, Deut- dings sind die Herstellungskosten noch zu hoch. sche Dermatologische Lasergesellschaft) sowie die Politik gefor- Weitere Verbesserungen sind bis zu einer gewissen Grenze dert, gerichtlich oder durch Gesetzesbeschluss energisch sowie durch größere Strahldurchmesser und optimierte Strahlprofi le schnellstmöglich dagegen vorzugehen. mit der damit einhergehenden größeren sowie gleichmäßigeren Eindringtiefe und durch höhere Energiedichten zu erwarten. Literaturliste beim Verlag Durch Störung der dermoepidermalen Junktionszone mithilfe des Erbium:YAG-Lasers und evtl. der fraktionalen Photother- Worret W-I et al. in „Kosmetische Dermatologie“, Springer-Verlag molyse könnte die transepidermale Elimination der Farbpig- 2008, S 355–368 Hinweis zum top thema „Tipps zur erfolgreichen Haartransplantation“ In dem Artikel „Nie mehr schütteres Haar – Tipps zur erfolgreichen Haartransplantation“ von Dr. Matthias Sandhofer in der vergangenen Ausgabe der „ästhetischen dermatologie & kosmetologie“ stellte Micrografts Abbildung 1 das Transplantationsdesign dar. Leider trat beim Druck kleine Minigrafts ein Fehler auf, sodass mehrere Linien der Zeichnung nicht sichtbar waren. Wir möchten Ihnen diese Information selbstverständlich nicht große Minigrafts vorenthalten und liefern die korrekte Abbildung hiermit nach. Minigrafts Gerne schicken wir Ihnen den kompletten Beitrag „Nie mehr schütteres dzt. Grenze AGA Haar – Tipps zur erfolgreichen Haartransplantation“ auch als pdf- praesumtive Datei per E-Mail oder per Post zu. Bitte senden Sie dazu einen fran- Grenze AGA kierten und an Sie adressierten DIN-A-5 Rückumschlag an den Springer-Verlag GmbH, Redaktion „ästhetische dermatologie & kosme- tologie“, zu Händen Dr. Annika Schüller, Tiergartenstr. 17, 69121 Heidel- berg oder eine E-Mail an annika.schueller@springer.com. Transplantationsdesign. Die Redaktion ästhetische dermatologie 5 · 2009
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