Thesen 2020 der Schweizer Gaswirtschaft - Gazenergie

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Thesen 2020 der Schweizer Gaswirtschaft - Gazenergie
Thesen 2020
der ­Schweizer Gaswirtschaft
Thesen 2020 der Schweizer Gaswirtschaft - Gazenergie
Thesen 2020 der Schweizer Gaswirtschaft - Gazenergie
Einleitung
                   Die Gasversorgung der Zukunft
                          ist klimaneutral

Die Schweizer Gaswirtschaft unterstützt das Ziel           gasversorgten Wärmemarkt für Haushalte zu
des Bundesrates, im Rahmen des Pariser Überein-            garantieren. Heute, drei Jahre nach der Ziel­
kommens bis 2050 die Klimaneutralität (Netto-­             setzung, haben bereits erste Werke diesen
Null-­Emissionen) zu erreichen. Die Energieversor-         Zielwert erreicht.
gung der Zukunft muss dekarbonisiert, aber auch                 Die Branche sieht dies als Zwischenschritt.
sicher und wirtschaftlich tragbar sein. Die Gas­           Bis 2040 soll der Anteil im Gesamtmarkt auf 50
versorger sind überzeugt, dass dies nur mit einem          Prozent steigen. Bis 2050 wird eine CO2-­neutrale
breiten Mix an Energieträgern und Infrastrukturen          Gasversorgung anvisiert. Erdgas soll sukzessiv
sichergestellt werden kann. Insbesondere auch              durch erneuerbare bzw. klimaneutrale Gase
deshalb, weil sich angesichts des Umbaus und               ersetzt werden, die neben Biogas auch syntheti-
der verstärkten Elektrifizierung bereits heute             sches Methan (Power-to-Gas) und grünen sowie
zunehmend Stromengpässe in den Winter­                     blauen Wasserstoff umfassen. Der Kohlenstoff wird
monaten abzeichnen.                                        bei letzterem entfernt und entweder in unter­
     Gas spielt heute im Schweizer Energie­                irdischen Lagern gespeichert oder in Bau- oder
versorgungssystem eine tragende Rolle. Das gilt            anderen Wertstoffen genutzt.
insbesondere für Industrie und Gewerbe sowie die                Ein verstärkter Einbezug der Gasinfrastruktur
Gebäude. Zudem gewinnt Gas an Bedeutung in                 in die Entwicklung der Energiezukunft wird nicht
der Mobilität sowie künftig auch in der Strompro-          nur die Kosten der Dekarbonisierung senken, sie
duktion, so wie dies etwa in Deutschland bereits           erhöht auch die Versorgungssicherheit und
der Fall ist. Die Gasversorgung hat bereits einen          insgesamt die Akzeptanz des Umbaus der
wesentlichen Teil zur CO2-Reduktion beigetragen            Energieversorgung und der damit verbundenen
und wird dies noch verstärken, weil sie die Kunden         wirtschaftlichen und sozialen Folge­wirkungen.
in Zukunft immer mehr mit dekarbonsierten bzw.                  Die Vision der Schweizer Gaswirtschaft zur
erneuerbaren Gase beliefern wird.                          Energieversorgung der Zukunft lässt sich in sechs
     Die Schweizer Gasversorger wollen den                 Schlüsselthesen genauer beschreiben und
Prozess des Umbaus der Energieversorgung                   begründen, die wir Ihnen hier vorlegen. Sie bilden
mitgestalten und haben als grossmehrheitlich               den Kern des Selbstverständnisses der Schweizer
Querverbundsunternehmen stets die Notwendig-               Gaswirtschaft, Teil der Lösung hin zu einer klima-
keit einer Gesamtversorgungsperspektive betont.            neutralen Schweiz zu sein.
Als weltweite Pioniere sind sie visionär der aktuel-
len Klimadiskussion vorangegangen, um die
künftige Gasversorgung stärker erneuerbar bzw.
klimaneutral zu gestalten. Sie unterstreichen ihr
Bekenntnis von 2016, in einem ersten Schritt bis           Martin Schmid		         Daniela Decurtins
2030 einen erneuerbaren Anteil von 30 % im                 Präsident VSG		         Direktorin VSG

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Thesen 2020 der Schweizer Gaswirtschaft - Gazenergie
These 1:
              Alle erneuerbaren Energien und
          deren Infrastrukturen bilden gemeinsam
               die Basis der Energiezukunft.
Eine wirtschaftliche, sichere und klimaneutrale                                   prozesse in der Industrie, denkmal- und orts­bild­
Energieversorgung kann nur im Zusammenspiel                                       geschützte Stadteile oder Gebiete mit keinen
aller erneuerbarer Energieformen und der ent-                                     leicht erschliessbaren erneuerbaren Wärme­
sprechenden Infrastrukturen erreicht werden. Die                                  quellen. Daneben wird Gas auch künftig in
Gasnetze werden mit erneuerbaren und klima-                                       Fernwärmeverbünden zur Spitzenlastabdeckung
neutralen Gasen in Zukunft weiterhin eine wichti-                                 gebraucht. Es ist Aufgabe der Gaswirtschaft, das
ge Rolle spielen. Zu diesem Schluss gelangen die                                  Netz so zu entwickeln, dass es diesen Anforde­
Studien verschiedenster Hochschulen und Institu-                                  rungen entspricht. Die politischen Rahmen­bedin­
tionen, im In- und Ausland. Strategien, die                                      gun­gen müssen dies unterstützen.
ausschliesslich auf Elektrizität und ihre Infrastruk-                                  Das Gasnetz der Zukunft wird einen
tur setzen, sind teuer, verletzlich und wenig                                    ­unter­­schiedlichen Mix an erneuerbaren und
flexibel. Erneuerbare Gase können einerseits die                                  klimaneutralen Gasen aufweisen. Die Erdgas­
Wärmeversorgung und die Industrieproduktion                                       infrastruktur wird weiter genutzt und trägt so dazu
dekarbonisieren, andererseits sind sie auch                                       bei, dass geringere Investitionen in den Ausbau
Speicheroptionen für Überschussstrom, der bei                                     von Stromübertragungs- und Verteil­netz­­­infra­
geringer Nachfrage nach Sonnen-, Wasser- und                                      strukturen nötig sind. Das ganze E ­ nergiesystem ist
Windenergie und ohne entsprechende Speicher-                                      stabiler, flexibler und kostengünstiger.
möglichkeiten abgeriegelt werden müsste. Über                                          Klimaneutrale Gase wie blauer Wasserstoff
Sektorkopplung kann das Gas wieder in Strom,                                      (siehe These 2) oder klimakompensierte Gase
Wärme oder Treibstoff umgewandelt werden und                                      können die Lücke zwischen Angebot und
einen wichtigen Beitrag zur Winterstromversor-                                    ­Nachfrage nach dekarbonisierten Gasen füllen.
gung leisten. Die Gasnetze müssen daher in die                                     Priorität hat aber die Produktion erneuerbarer
Dekarbonisierungsstrategie eingebunden werden.                                     Gase. Längerfristig wird diese vor allem im
     Auch in Zukunft wird es Gebiete geben, die                                    Ausland erfolgen, wo die Potenziale grösser und
nur mit Gas sinnvoll und effizient versorgt werden                                 die Produktionskosten geringer sind.
können. Dazu gehören z. B. Hochtemperatur­

Szenarien für die Energieversorgung der Zukunft

All-Electric: Eine vollständige             All-Electric plus Gasspeicherung: Mit               Elektrizität und Gasinfrastruktur: Das
­Elektrifizierung ist schwer                Power-to-Gas kann nicht genutzter,                  ­Gasnetz ermöglicht die direkte Verwendung
 umsetzbar, verursacht hohe                 erneuerbarer Strom gespeichert werden.               erneuerbarer Gase für die Wärme­erzeugung,
 Kosten und gefährdet die                   Zudem können die erneuerbaren Gase bei               die Mobilität und Anwendungen in der
 Versorgungs­sicherheit.                    Bedarf verstromt werden.                             Industrie. Dies ist umwelt- und klima­
           All-Electric                        All-Electric plus Gasspeicherung                      Elektrizität
                                                                                                 freundlich sowieund    Gasinfrastruktur
                                                                                                                    kosteneffizient.

        Erneuerbare Energien                  Erneuerbare Energien                    Biogas      Erneuerbare Energien                   Biogas

                                                                     Power-to-Gas                                        Power-to-Gas
                                                                         Rück-                                               Rück-
                                                                      verstromung Gasspeicher                             verstromung Gasspeicher
                                                                                                                                                        Quelle: Frontier Economics

            Stromnetze                            Stromnetze                                          Stromnetze                     Gasinfrastruktur
                          Flüssige Brenn-                      Flüssige Brenn-                                     Flüssige Brenn-
                          und Treibstoffe                      und Treibstoffe                                     und Treibstoffe

           Anwendungen                                       Anwendungen                                         Anwendungen

                                                                           4
Thesen 2020 der Schweizer Gaswirtschaft - Gazenergie
These 2:
                                   Nur mit Wasserstoff können
                                   die Klimaziele der Schweiz
                                    effizient erreicht werden.

Wasserstoff ist ein ideales Speichermedium für                                      tive kommt blauer Wasserstoff in Frage. Zu den
Energie. Er lässt sich mittels Strom über Elektro­lyse                              Verbrauchern gelangt der Wasserstoff mit
erstellen oder aus Erdgas, dem der K  ­ ohlenstoff                                  ­Tanklastwagen, über ein eigenes Leitungssystem
entzogen und anderweitig verwertet wird. Dieser                                      oder eingespeist ins Gasnetz. Neue Studien
kann gespeichert1 oder in neuen Werk- und                                            zeigen, dass im Gasnetz 10 % Wasserstoff prob-
Baustoffen verwendet2 werden. Wird der Wasser-                                       lemlos transportiert werden können. Die Branche
stoff aus erneuerbarem Strom hergestellt, spricht                                    strebt langfristig einen höheren Anteil an, da dies
man von grünem Wasserstoff. Stammt er aus                                            technisch möglich ist. A­ nwendungsseitig bestehen
Erdgas mit CCS- oder CCU-­Technologie, wird von                                      teilweise bei den heute im Einsatz befindlichen
blauem Wasserstoff gesprochen. Wasserstoff                                           Technologien (vor allem bei den Tanks von
kann mittels Einsatz von CO2 methanisiert und ins                                    Gas­fahrzeugen oder Gasturbinen) Einschränkun-
Gasnetz eingespeist werden. Die Erzeugung von                                        gen in der Wasserstoffverträglichkeit. Bei höheren
blauem Wasserstoff aus Erdgas dürfte die Rolle                                       Konzentrationen müssten die Endgeräte zum Teil
einer Übergangstechnologie spielen, bis die                                          ausgetauscht und im Netz Dichtungen verstärkt
Produktion von grünem Wasserstoff hochgefahren                                       werden. Welche Verteilungstechnologie sich
ist.                                                                                 durchsetzen wird, ist noch offen. Sicher ist, dass
     Insbesondere für die Dekarbonisierung der                                       alle Systeme zur Anwendung kommen werden.
energieintensiven industriellen Produktion steht
Wasserstoff im Vordergrund, der primär aus                                          1
                                                                                        Diese Technologie wird als Carbon-Capture and Storage (CCS) bezeichnet
erneuerbarem Strom gewonnen wird. Als Alterna-                                      2
                                                                                        Diese Technologie wird als Carbon-Capture and Use (CCU) bezeichnet

Formen von erneuerbarem bzw. klimaneutralem Gas und ihr Potenzial

Produktionspfade für erneuerbare Gase                                                                                                        Potenziale
                                                                                                                                             Versorgung
                                                                                                                                              Schweiz*

                        C-Speicherung (CCS)                                                                                                    Blauer H2
                        C-Nutzung (CCU)                                                                                                        Potenzial
                                                                                                                                         ­abhängig von den
Erdgas                                                                                                   H2                                ­Erdgasreserven

Power-to-­Gas        Erneuerbarer Strom               Elektrolyse                                        H2                                   Grüner H2
                                                                                                                                               5 TWh

                                                                                                               +CO2
                                                                                                                                              Biomethan
Biomasse             Pyrolyse                                                            Synthetic Natural Gas (SNG)                           Importe
                                                                                                                                                4 TWh
                                                                                                        CH4
                                                                                                                                              Biomethan
                    Vergärung                  Biogas                                         Biogas / Biomethan                            Produktion CH
                                              CH4/CO2                                                                                           4 TWh
                                                                                                                                                                 Quelle: VSG

* Studien:
- Hanser Consulting AG (2018): Erneuerbare Gasstrategie für die Schweiz
- WSL Berichte, Heft 57 (2017): Biomassepotenziale der Schweiz für die energetische Nutzung
- EMPA/PSI (2019): Potenzialanalyse Power-to-Gas in der Schweiz

                                                                                5
These 3:
              Gas ist Baustein einer effizienten
             Wärmewende, nicht nur kurzfristig,
            sondern auch mittel- und langfristig.

Elektrisch betriebene Wärmepumpen haben sich             quellen. Moderne Gasbrennwert­heizungen lassen
im Neubau durchgesetzt, und auch bei den                 sich bestens auch mit Solar­thermie oder Umwelt-
Sanierungen fällt die Wahl immer häufiger auf            wärme (Hybridheizungen) kombinieren. Eine
diese effizienten Wärmelieferanten. Sie benötigen        gasbetriebene Wärmepumpe steht einer elektri-
allerdings vor allem dann viel Strom, wenn dieser        schen Wärmepumpe in nichts nach. Werden diese
heute und noch mehr in Zukunft knapp sein wird:          Technologien mit erneuerbaren Gasen betrieben,
nämlich im Winter. Ganz im Gegensatz zu Heiz-            dann ist ein nahezu klimaneutrales Heizen
systemen, die auf Wärme-­Kraft-Kopplung (WKK)            ­möglich – ganz ohne umzurüsten. Wenn in der
setzen. Sei es als stromproduzierende Heizungen           öffentlichen Diskussion häufig verkürzt von
in kleineren Gebäuden, sei es als grössere Block-         «fossilen» Heizungen die Rede ist, werden diese
heizkraftwerke in Wärmverbünden: Gleichzeitig             Fakten vertuscht. Wer heute eine Heizung mit
zur Wärmeproduktion liefern diese Strom und               100 % Biogas betreibt, wählt eine Lösung, die im
entschärfen damit die Winterproblematik. Wer-             Vergleich mit anderen Heizsystemen sowohl
den diese WKK-Anlagen dann noch mit erneuer-              bezüglich CO2-Emissionen als auch bezüglich
baren Gasen betrieben, sind sie aus ökologischer          Umweltbilanz wesentlich besser oder zumindest
Sicht kaum zu schlagen. Stammt das Gas aus der            gleichwertig abschneidet.
Umwandlung von ungenutztem Sommerstrom                         Nicht alle Siedlungsgebiete können zudem
durch Power-to-Gas, dann findet ein zusätzlicher          einfach und kosteneffizient mit erneuerbaren und
Stromtransfer vom Sommer in den Winter statt.             dezentralen Wärmequellen erschlossen werden.
Ein weiterer Beitrag zur Lösung der Knappheit von         Sei es weil entsprechende Quellen fehlen, sei es
Strom im Winter.                                          weil Schutzbestimmungen den Einsatz ver­
     Wärme-Kraft-Kopplung ist aber nur ein                unmöglichen oder der Widerstand aus der
Beispiel für die vielfältigen Kombinationsmöglich-        Nachbarschaft zu gross ist. Hier bleibt Gas die
keiten von Gasheizungen mit anderen Energie-              effizienteste und einfachste Lösung.

                                                     6
Alle diese Beispiel zeigen: Gas lässt sich bestens mit erneuerbaren Energien und der Nutzung von
Umweltwärme kombinieren; es ist daher auch langfristig Baustein einer effizienten Wärmewende.

          Hybridheizung                                                        Gas und Solar
                         5                                                                  2

                                                                                                                  8

                                      6                          7                                   6                               7

                             WP Gas
                                                                                                                           5
                   2           1                             3                                  1                                3
                                                 4                                                                4

          Strom

          Erdgas/Biogas                                                        Erdgas/Biogas

          Wasser                                                               Wasser

          1 Hybridheizung Innenmodul                 5 Luft-/Abgassystem       1 Gas-Brennwertheizung                  5 Wärmeunterstützung
          2 Hybridheizung Aussenmodul                6 Wärmeabgabe             2 Luft/Abgas-System                     6 Wärmeabgabe
          3 Speicher                                 7 Warmwasser              3 Speicher                              7 Warmwasser
          4 Wärmeverteilung                                                    4 Wärmeverteilung                       8 Solarkollektoren

                       40%                 20%              40%                                     75%                              25%

            Erdgas/Biogas                 Flexible     Umweltwärme                          Erdgas/Biogas                            Solar
                                           Wahl

          Gaswärmepumpe                                                        Gas-BHKW
                         2                                                                  2

                                                                                                                  10

                                      6                          7                                        5                          6

                                                                               7                8             9

                   5           1                             3                                  1                                3
                                                 4                                                                     4

          Erdgas/Biogas                                                        Erdgas/Biogas

          Wasser                                                               Wasser

          1 Gas-Wärmepumpe                           5 Umweltwärme             1 Wärme-Kraft-Kopplung                  6 Warmwasser
          2 Luft/Abgas-System                        6 Wärmeabgabe             2 Luft/Abgas-System                     7 Öffentliches Stromnetz
          3 Speicher                                 7 Warmwasser              3 Speicher                              8
                                                                                                                       7 Stromzähler
          4 Wärmeverteilung                                                    4 Wärmeverteilung                       9 Batteriespeicher (Option)
                                                                               5 Wärmeabgabe                           10 Solarkollektoren (Option)
                                                                                                                                                      Quelle: VSG

                                                                                    100%         strom-                        65% Wärme
                             60%                            40%                 Erdgas/Biogas erzeugende
                                                                                                Heizung                        35% Strom
                       Erdgas/Biogas                   Umweltwärme                 Energieeinsatz                          Nutzenergie

                                                                           7
These 4:
   Die Gasversorgung wird bis 2050 komplett
 CO2-neutral und unterstützt damit auch in der
  Industrie das Erreichen der Klimaneutralität.
Zentraler Treiber bei der Einführung von Erdgas in                        aber grüner Wasserstoff, insbesondere im Rahmen
der Schweiz war in den 1970er Jahren die Indust-                          von gesamtheitlichen Power-to-Gas-Lösungen in
rie. Die Chemiebranche, die Nahrungsmittel­                               der Industrie, sowie synthetisches Biomethan und
produktion, aber auch Papier und Stahl setzten                            Biogas. Ebenso können Gewerbe­betriebe durch
darauf. So wurde Gas zu einem zentralen Energie-                          bivalente Technologien Raumwärme sowohl mit
träger des Wirtschaftsstandortes Schweiz und                              Strom als auch mit Gas erzeugen.
sicherte damit auch Arbeitsplätze. Mit der von der                             Der Gasabsatz wird insgesamt abnehmen,
Gaswirtschaft anvisierten Umstellung auf erneu-                           gewisse Verteilnetze werden stillgelegt. Das wird
erbare und klimaneutrale Gase wird das so                                 auch Folgen für die Industrie haben, die auch in
bleiben. Potenzial für die Zukunft hat blauer                             Gesamtversorgungsüberlegungen Eingang finden
­Wasserstoff, der aus Erdgas hergestellt und bei                          sollten. Obwohl damit die Netzkosten steigen und
 dem der Kohlestoff abgeschieden und entweder                             erneuerbare Gase ihren Preis haben werden, wird
 im Untergrund gespeichert oder als Karbon                                Gas im Vergleich zu den Alternativen eine
 verwendet werden kann. Im Vordergrund stehen                             konkurrenz­fähige Energie bleiben.

Die Gasinfrastruktur kann eine Vielzahl von erneuerbaren
und kohlenstoffarmen Gasen aufnehmen.
                                                                                                                          CO2-Abscheidung
                                                                                                                          und -Speicherung
    Elektrizität

                   Elektrolyse
                                               Synthetisches Methan

                                                                                Grüner Wasserstoff

                                                                                                     Blauer Wasserstoff

                                                                                                                                             Biomethan

                                                                                                                                                         Erdgas

                                 CO2
                                                                                                                                                                  Quelle: Frontier Economics

                                                                      8
These 5:
                          Nur mit Gas lässt sich
                      die Verkehrswende schaffen.

Der Strassenverkehr verursacht heute am meisten              Biogas anzubieten und langfristig erneuerbar zu
Treibhausgase und zusätzlich auch noch Stick­                werden. Damit wird die Gasmobilität die beste
oxid- und Feinstaubemissionen. Der Einsatz                   Klimabilanz aufweisen und ist eine überzeugende
alternativer Antriebe und Treibstoffe kann daher             Alternative zu den Elektrofahrzeugen. Allerdings
wesentlich zur Erreichung der Klima- und                     entscheidet sich die Zukunft in Brüssel. Es wird
­Umweltziele beitragen. Alternative Antriebe sind            massgebend sein, wie die EU die Rahmenbedin-
 heute bereits vorhanden: Strom, Gas (Compres-               gungen ab 2023 gestaltet und Anreize setzt, dass
 sed Natural Gas, CNG und Liquified Natural Gas,             die Automobilindustrie die entsprechenden
 LNG) und Wasserstoff sowie Biotreibstoffe wie               Fahrzeuge auch künftig produzieren wird.
 Biogas, SNG (Synthetic Natural Gas) oder auch
 flüssige Biofuels. Jede alternative Antriebsform
 weist spezifische Vorteile aus. CNG ist mit Blick
 auf Kosten-­Nutzen, Reichweite und Schadstoff­
 emissionen eine attraktive Alternative, zudem
 besteht bereits ein dichtes Netz an Tankmöglich-
 keiten in der Schweiz. Je mehr erneuerbare Gase
 beigemischt werden, desto höher ist die Klima­
 wirkung. Biogasfahrzeuge sind den Elektromobi-
 len ebenbürtig, sogar wenn diese ausschliesslich
 mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Durch
 ihre Reichweite sind CNG-Fahrzeuge besser
 geeignet für den individuellen Fernverkehr als
 solche mit Elektroantrieb. LNG- und Wasserstoff-
 fahrzeuge eignen sich langfristig vor allem in
 Transportsegmenten, die sich nicht oder nur sehr
 schlecht elektrifizieren lassen.
      Die einseitige Fokussierung auf die Elektro­           Vielfahrer-Fahrzeuge, die rund 30 % aller
 mobilität wird nicht zur gewünschten Klima­                 Fahrzeuge ausmachen, sind heute für rund
 neutralität des Verkehrs führen. Die notwendigen            70 % der CO2-Emissionen verantwortlich. Für
 Produktionskapazitäten für erneuerbaren Strom               die Mobilität der Zukunft heisst das: Je nach
 sind noch für lange Zeit weder in der Schweiz
                                                             Art und Weise, wie Fahrzeuge eingesetzt
 noch im Ausland vorhanden, insbesondere was
                                                             werden, kommen unterschiedliche alternative
 die ganzjährige Verfügbarkeit anbetrifft. Schon
                                                             Antriebe und Treibstoffe zum Einsatz.
 heute zeichnet sich ab, dass Deutschland das
 Ausbauziel für erneuerbaren Strom bis 2030 nicht
                                                                                                                      Quelle: ETHZ/Empa (2018)

 erreichen wird. Viele Fahrzeuge werden daher mit             30 % Vielfahrer            70 % übrige Fahrer
 importiertem Strom unterschiedlichster Herkunft             (lange Strecken)             (kurze Strecken)
 betrieben. Unberücksichtigt ist dabei die im
 Ausland anfallende Klimabilanz bei der Herstel-
                                                                              70 %                         30 %
 lung der Elektrofahrzeuge. Die Schweizer Gas­                            CO2-Ausstoss                 CO2-Ausstoss
 wirtschaft beabsichtigt, bis 2023 im Treibstoff 30 %

                                                        10
These 6:
                     Nur mit Gas lässt sich die
                Versorgungssicherheit garantieren.

In allen westeuropäischen Staaten steht die                   das Energiesystem nicht einseitig auf einen
Elektrifizierung zuoberst auf der energiepoliti-              Energieträger ausgerichtet ist und grosse Flexibili-
schen Traktandenliste. Unsere Nachbarländer                   tät aufweist. Die Schweizer Gasinfrastruktur kann
werden also längerfristig alle mit derselben                  hier entscheidend unterstützen, indem sie Strom­
Problematik konfrontiert sein: hohe Strom­                    überschüsse aufnimmt und bei Bedarf wieder zur
produktion im Sommer, Mangellagen im Winter.                  Verfügung stellt. Dies ist aber nur möglich, sofern
Dies wird dazu führen, dass es im Winter zu                   sie wie bisher laufend unterhalten und neuen
Versorgungsengpässen kommt und die Stabilität                 Anforderungen (Ausbau der Speicherkapazitäten)
des Stromnetzes gefährdet ist. Die Versorgungs­               angepasst wird.
sicherheit kann nur gewährleistet werden, wenn

Die Stromproduktion im Jahr 2050

Strom
(GWh)

2200

2000

1800

1600

1400

1200

1000

 800

 600

 400

 200

   0

          Jan       Feb     März      April    Mai     Juni        Juli     Aug     Sept       Okt        Nov      Dez

  Inlandproduktion (ohne Kernkraft)                  Strombedarf heute
  PV-Produktion (50 % der geeigneten Dächer)         Strombedarf künftig
                                                     inkl. Wärmepumpen (+75 %) und Elektromobilität (+20 %)
                                                                                                                         Quelle: Empa

  Importe
  Überschuss erneuerbarer Strom                      Mit Power-to-Gas steht eine Technologie zur Verfügung, um nicht
                                                     genutzten Strom aus dem Sommerhalbjahr in Gas umzuwandeln,
                                                     zu speichern und im Winter zu nutzen.

                                                         11
Der Weg zum Ziel

Die Gaswirtschaft verfolgt verschiedene Initiati-         Wasserstoff als neues, zusätzliches
ven, um die dargestellten Zielsetzungen zu               ­Schwerpunktthema
erreichen.                                               Die Schweizer Gaswirtschaft betrachtet grünen
                                                         und blauen Wasserstoff als Schlüsselelement, um
30/2030-Strategie und damit                              die Gasversorgung langfristig zu dekarbonisieren.
verbundene ­Aktivitäten                                  Der Verband verfolgt die internationalen Entwick-
Im Jahr 2016 hat die Gasbranche entschieden, bis         lungen eng, baut Wissen und Kompetenzen auf
2030 mindestens 30 % erneuerbare Gase im                 und engagiert sich in der Diskussion um die
Wärmemarkt für Haushalte anzubieten. Gegen-              Etablierung von Geschäftsmodellen und Regulie-
über der Situation von damals bedeutet das eine          rungsfragen. Er nutzt bereits bestehende Partner-
Steigerung um 4500 GWh. Zur Zielerreichung               schaften zu Hochschulen und Forschung sowie
wurden verschiedene Massnahmen ausgelöst.                den relevanten Organisationen. Auch neue
Dazu gehört die Weiterführung und Anpassung              Akteure werden eingebunden.
des Biogasförderfonds, woraus neue und erwei-                Wasserstoff wird allein schon wegen der
terte Anlagen, die erneuerbare Gase einspeisen,          Entwicklungen in den Ländern der Gasproduzen-
unterstützt werden. Um die grossen Potenziale in         ten wie Norwegen, Niederlande oder Russland
der Landwirtschaft besser erschliessen zu können,        Eingang ins Transportnetz finden. Es braucht
wurde eine strategische Partnerschaft mit                zwingend eine europäische Wasserstoffstrategie,
Ökostrom Schweiz, dem Branchenverband der                an deren Erarbeitung sich die Schweizer Gas-
landwirtschaftlichen Biogasproduzenten, etab-            branche unter Einbezug des Bundes beteiligt.
liert. Die gemeinsam mit der Oberzolldirektion               Die Schweizer Gasbranche setzt im R  ­ ahmen
(OZD) betriebene Clearingstelle für erneuerbare          ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeit einen
Gase wird ausgebaut, damit künftig auch Impor-           Schwerpunkt beim Thema Wasserstoff. Dabei
te – gasförmig und flüssig – erfasst werden              stehen lokale Projekte im Vordergrund, um Was-
können.                                                  serstoff als Teil des Umbaus der Energie­
                                                         versorgung erlebbar zu machen. Wichtige Fragen
                                                         betreffen die ­Wasserstofftauglichkeit der Anwen-
                                                         dungen und der Gasnetzinfrastruktur.
                                                             Die Branche engagiert sich für Rahmen­
                                                         bedingungen, welche die Produktion, den Trans-
                                                         port und die Anwendung von Wasserstoff in den
                                                         verschiedenen Sektoren – Verkehr, Gebäude,
                                                         Stromproduktion – begünstigen. Dazu gehören
                                                         etwa Fragen des CO2-Preises, der Sektorkopp-
                                                         lung und auch der Import­anerkennung. Wichtig ist
                                                         auch die Entwicklung von Normen im Bereich der
                                                         Gasinfrastruktur und der Kompatibilität mit
                                                         Geräten.

                                                    12
Sektorkopplung                                             Neue Markenführung
Die Sektorkopplungstechnologien sind heute alle            Die Gasbranche stellte in der Vergangenheit ihre
bereits vorhanden und erprobt. Dazu gehören                Produkte Erdgas und Biogas im Rahmen ihrer
WKK, Power-to-Gas, Power-to-­Liquids oder auch             Markenführung in den Vordergrund. Das wird ihren
die Elektro- und Gasmobilität. Die Branche hat             Leistungen beim Umbau der Energieversorgung
diese Themen vorangebracht, etwa mit konkreten             nicht gerecht. Deshalb hat sie sich für die neue
Förderprojekten oder dem Aufbau eines Tankstell-           Dachmarke gazenergie entschieden. Sie reprä-
ennetzes mit rund 150 Stationen für gasbetriebe-           sentiert nicht mehr ein einzelnes Gasprodukt,
ne Fahrzeuge. Jetzt muss das Thema im Rahmen               sondern Gas – gemeint sind hier Erdgas, Biogas
einer Gesamtenergieperspektive in der politi-              und andere erneuerbare Gase, aber auch Was-
schen Diskussion verankert werden. Erste Erfolge           serstoff – und dessen Infrastruktur als wichtige
sind da. Der Lösungsansatz wird derzeit nicht nur          Pfeiler der Schweizer Energieversorgung, worin
von verschiedene Organisationen mitgetragen,               Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und
sondern auch der Bund anerkennt ihn im Grund-              Klimaschutz einen zentralen Stellenwert einneh-
satz – ohne aber bislang Taten folgen zu lassen.           men.

Enge Zusammenarbeit mit Forschung,
­Wissenschaft und Industrie
Seit 1992 unterhält der Verband der Schweizeri-
schen Gasindustrie den Forschungsfonds FOGA
und engagiert sich in anwendungsorientierter
Forschung. Dabei wird nicht nur mit Forscher-
gruppen von ETH und EPFL, des PSI oder der
Empa zusammengearbeitet, sondern auch mit
Fachhochschulen, der Industrie, aber auch dem
Bund. So ist sichergestellt, dass die gewonnenen
Erkenntnisse schnell in den Markt einfliessen, aber
auch in Bundesbern zur Kenntnis genommen
werden. In der mehr als 25-jährigen Geschichte
des Forschungsfonds wurden über 150 Projekte
unterstützt. 2015 fokussierte die Gasindustrie ihre
Forschungsstrategie auf den anvisierten Umbau
der Energieversorgung und setzt auf die drei
Schwerpunkte Energieeffizienz, erneuerbare Gase
sowie Netz bzw. Sektorkopplung. Neu bildet
Wasserstoff einen eigenen Schwerpunkt.

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VSG | Verband der Schweizerischen Gasindustrie | Grütlistrasse 44 | 8027 Zürich
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