VERLÄSSLICH INFORMIERT - IMMOBILIEN-STREIFLICHT Ausgabe

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VERLÄSSLICH INFORMIERT - IMMOBILIEN-STREIFLICHT Ausgabe
IMMOBILIEN-STREIFLICHT                                                Ausgabe:
                                                                      30. März 2021
VERLÄSSLICH INFORMIERT
  Aktuelle Informationen zu Immobilien- und Miet-
  rechtsthemen

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  Lesen Sie in dieser Ausgabe:
    Fiktive Mangelbeseitigungskosten beim
  Immobilienkauf
    – BGH, Urteil vom 12. März 2021, Az.: V ZR 33/19

    Überwachungskameras und das
  Persönlichkeitsrecht des Nachbarn
    – LG Frankenthal, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az.: 2 S 195/19
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IMMOBILIEN-STREIFLICHT
                                                                                        30. MÄRZ 2021

  Fiktive Mangelbeseitigungskos-
ten beim Immobilienkauf
BGH, Urteil vom 12. März 2021, Az.: V ZR 33/19         den Besteller im Werkvertragsrecht der Fall sei.
                                                       Der Besteller sei also gegen eine entsprechende fi-
Ein kaufvertraglicher Schadensersatzanspruch           nanzielle Belastung aufgrund der Vorfinanzierung
beim Immobilienkauf kann weiterhin anhand der          der Beseitigung besser geschützt. Darum, so der
fiktiven Mängelbeseitigungskosten berechnet            BGH, sei es auch im Kaufvertragsrecht nicht hin-
werden.                                                nehmbar, dem Käufer zuzumuten, die Mängelbe-
            Die Kläger klagten auf Zahlung von         seitigung vorzufinanzieren. Die Umsatzsteuer ist
Mängelbeseitigungskosten, sowie auf Feststel-          von einem entsprechenden Anspruch nicht er-
lung, dass weitere Schäden durch den Beklagten         fasst. Diese muss nur ersetzt werden, wenn und
zu ersetzen sind, nachdem es in einer von den Klä-     soweit sie tatsächlich angefallen ist – sprich: Wenn
gern vom Beklagten gekauften Eigentumswohnung          die Mangelbeseitigung tatsächlich durchgeführt
zu Mängeln in Form von Feuchtigkeitsschäden im         wird. Hierdurch wird der Verkäufer vor einer unan-
Schlafzimmer der Wohnung kam. Der Beklagte             gemessenen Überkompensation geschützt. Wei-
hatte sich im Kaufvertrag dazu verpflichtet, die       terhin kann der Käufer nur den mangelbedingten
Mängel zu beseitigen, sofern sie im fraglichen Zeit-   Minderwert ersetzt verlangen, wenn der Aufwand
raum auftreten. Jedoch kam er der Aufforderung         für eine Mängelbeseitigung unverhältnismäßig
zur Mängelbeseitigung der Kläger nicht nach. Das       hoch wäre. Im vorliegenden Fall griff letzterer
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Ober-      Schutzmechanismus nicht. Mithin hatte der be-
landesgericht hat die Berufung des Beklagten zu-       klagte Verkäufer die geltend gemachten Kosten als
rückgewiesen.                                          fiktive Mangelbeseitigungskosten zu zahlen.
            Der BGH hat nun auch die Revision des
Beklagten zurückgewiesen. Nach Ansicht des BGH
könne ein Käufer im Rahmen des Schadensersat-          Fazit:
zes statt der Leistung (im Fall Schadensersatz statt   Eine Divergenz zwischen den Senaten des BGH in
der Mangelbeseitigung durch den beklagten Ver-         den genannten Entscheidungen liegt nicht vor. Die
käufer) wahlweise den Ausgleich eines mangelbe-        Herleitung der Möglichkeit zur Schadensberech-
dingten Minderwerts oder den Ersatz der voraus-        nung anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskos-
sichtlich erforderlichen, tatsächlich aber noch        ten folgt nicht aus dem allgemeinen Schadens-
nicht angefallenen (fiktiven) Mängelbeseitigungs-      recht, sondern aus den Besonderheiten von Werk-
kosten verlangen. Hier ergibt sich scheinbar eine      und Kaufvertragsrecht. Mithin können Käufer ei-
Divergenz zu einem anderen BGH-Urteil (Urteil
                                                       ner mangelhaften Immobilie (oder auch anderen
vom 22. Februar 2018, Az.: VII ZR 46/17), in dem der
                                                       Sachen) weiterhin die fiktiven Mängelbeseiti-
7. Senat seine Rechtsprechung aufgab, nach wel-
cher der Besteller eines Werkes ebenfalls wie ge-      gungskosten abrechnen. Der Mangel muss nicht
schildert einen Betrag in Höhe der fiktiven Mängel-    tatsächlich beseitigt werden, die Kosten für eine
beseitigungskosten verlangen konnte. Der BGH (5.       gedachte Beseitigung können dennoch geltend ge-
Zivilsenat) führt im vorliegenden Urteil allerdings    macht werden.
aus, dass der Unterschied zum Werkvertragsrecht
darin liege, dass dem Käufer nach Kaufvertrags-
recht kein Vorschussanspruch zusteht, wie dies für

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  Überwachungskameras und
das Persönlichkeitsrecht des
Nachbarn
LG Frankenthal, Urteil vom 16. Dezember 2020,          Gartenbereich des klagenden Nachbarn erfassen
Az.: 2 S 195/19                                        könnte.
                                                                   Zu beachten kann letztlich auch sein,
Das Persönlichkeitsrecht eines Nachbarn kann           welchen Aufwand das Neu-Ausrichten der Kame-
durch Überwachungskameras verletzt sein, auch          ras auf das Nachbargrundstück erfordert. Ein Un-
wenn die Kameras das Nachbargrundstück nur po-         terlassungsanspruch könne beispielsweise dann
tentiell erfassen.                                     verneint werden, wenn die Kamera nur mit erhebli-
             Vor dem LG Frankenthal klagte ein         chem und äußerlich wahrnehmbarem Aufwand
Nachbar gegen seinen Nachbar auf Unterlassung          ausgerichtet werden könnte. Allerdings wurde vom
des Betreibens einer Überwachungskamera an             BGH bereits ein Fall in 2011, in dem die Kameras in
dessen Hauswand. Das AG Neustadt gab der Klage         neun Meter Höhe nur unter Zuhilfenahme einer
statt.                                                 Leiter bewegbar waren, derart entschieden, dass
             Das LG Frankental bestätigte nun die      hierdurch ein objektiver Überwachungsverdacht
Entscheidung und wies die Berufung des Nach-           nicht verneint wurde. Eine Leiter hätte nach Aus-
barn, welcher die Kamera installiert hatte (aber in-   sage des BGH auch dann angebracht werden kön-
zwischen bereits wieder abmontiert hatte) als un-      nen, wenn die Nachbarn nicht zuhause sind und
begründet zurück. Nach Auffassung des LG ist           der Vorgang sei nicht sehr zeitaufwendig. Hieran
eine Videoüberwachung nur dann zulässig, wenn          könne man erkennen, dass ein derartiger Aufwand
sie auf das eigene Grundstück beschränkt ist. Nur      äußerst hoch sein müsse, um den Verdacht
bei besonderen, das Persönlichkeitsrecht der Be-       dadurch ausräumen zu können. Im Fall war das
troffenen überwiegenden Interessen des Betrei-         Drehen mit der bloßen Hand möglich, bzw. bei ei-
benden sei es möglich, die Überwachung auch auf        ner Kamera durch Lösen einer Schraube. Beides
Bereiche auszuweiten, die öffentlich zugänglich        sei kein erheblicher Aufwand, stellte das LG Fran-
sind, oder auf die Zugänge zu fremden Grundstü-        kenthal fest und bejahte mithin auch unter diesem
cken. Vorliegend konnte das Gericht zwar nicht ab-     Gesichtspunkt einen objektiven Überwachungs-
schließend feststellen, ob die Nachbarn auch tat-      verdacht.
sächlich durch die Überwachung betroffen waren
oder nicht, jedoch genüge es nach Auffassung des
Gerichts auch wenn Dritte (also die Nachbarn) eine     Fazit:
Überwachung objektiv ernsthaft befürchten müs-         Eine Überwachung des eigenen Grundstücks ist
sen. Ob ein solcher Überwachungsdruck vorliege,        nicht grundsätzlich rechtswidrig. Problematisch
sei im Einzelfall zu entscheiden, z.B. anhand ob-      wird es aber dann, wenn öffentlich zugängliche
jektiv Verdacht erregender Umstände oder im Hin-       Areale oder gar andere (Privat-)Grundstücke von
blick auf einen eskalierenden Nachbarschafts-          der Überwachung erfasst werden, oder zumindest
streit. Insbesondere letzterer Punkt konnte vom        ohne erheblichen und äußerlich sichtbaren Auf-
Gericht vorliegend eindeutig festgestellt werden.      wand erfasst werden können. In diesen Fällen ist
Die Nachbarn befanden sich seit Jahren im Streit       nämliche eine Verletzung des Persönlichkeits-
und die Kameras sollten angebracht werden, um          rechts der betroffenen Personen naheliegend. Ein
sich gerade vor den Nachbarn zu schützen. Ein          Nachbarschaftsstreit allein reicht auch nicht aus,
Sachverständigengutachten ergab außerdem,              um ausnahmsweise die Rechte der Betroffenen
dass für eine der zwei Kameras die Möglichkeit be-     hinter den Rechten der überwachenden Person zu-
stand diese so zu drehen, dass sie den gesamten        rücktreten zu lassen.
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