White paper - DIE MUTMACHER Mittelständler geben nicht klein bei. Sie nutzen die digitale Transformation. Mit Übersicht und klarem Fokus - Etailment
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DIE MUTMACHER Mittelständler geben nicht klein bei. Sie nutzen die digitale Transformation. Mit Übersicht und klarem Fokus. Wir stellen 10 Mutmacher und ihre Strategien vor. ( ) white paper
Inhalt Asphaltgold 04 Modehaus Ramelow 07 Connox 08 Lampenwelt 10 Tausendkind 12 Zumnorde 14 Intersport Schrey 17 Braun Büffel 18 Dodenhof 20 22 Cover-Foto: Sergey Nivens - Fotolia EK Servicegroup Impressum Deutscher Fachverlag GmbH Redaktionsleitung: Olaf Kolbrück Tel: (-2891) Postadresse: 60264 Frankfurt am Main Weitere Mitarbeiter dieser Ausgabe: Stephan Lamprecht, Ulrike Sanz Gros- Internet: www.etailment.de, E-Mail: info@etailment.de són, Steffen Gerth, Sybille Wilhelm Telefon: (069) 7595-01, Fax: (069) 7595-2999 Art Direktor: Ingo Götze
03 Editorial Mutmacher im Mittelstand Es gibt sie, die Mittelständler, die nicht klein beigeben. Die Digitalisierung nutzen. Mit Übersicht. Mit klaren Zielen und klarem Fokus. Nämlich im Sinne der Kunden. Ihr Beispiel zeigt, wie hervorragend ein kleineres Unter- nehmen, stationär und als Online-Anbieter, im digitalen Zeitalter gegen die digitalen Großmächte existieren kann. Es gibt sie nämlich, auch im hart umkämpften Textilhan- del, die Händler, die digital agieren, ohne auf technisches „Bling Bling“ zu setzen. Dabei zeigt sich, man kann sogar digital denken und mitspielen, wenn man nicht mal einen Webshop hat. Aber natürlich gibt es sie auch, die reinen Online-Player. Auch im Mittelstand. Wer da ohne das Geld von Venture Capital-Unternehmen groß werden will, muss viel Ein- satz zeigen, Ideen haben und die passende Marktlücke finden. Ein bisschen Glück gehört vielleicht auch dazu. Aber das Glück gehört bekanntlich den Tüchtigen. Wir zeigen Ihnen mit diesem Whitepaper, wo und wie Unter- nehmer und Unternehmerinnen auf ihre jeweils ganz spezielle Art die digitale Transformation meistern. Ihr Olaf Kolbrück
04 So wurde Asphaltgold zum Top-Shop für Sneaker Wenn selbst prominente Fußballtrainer wie Thomas Tuchel hier einkaufen, dann muss der Laden etwas Besonderes sein. Seit gut zehn Jahren gibt es Asphaltgold, und in der Snea- ker-Szene ist das Darmstädter Geschäft von Daniel Benz eine Institution. Dabei war das alles gar nicht so geplant. D ie Geschichte von Asphaltgold kann man auch gut am Werdegang von Daniel Hackenberg erzählen. Der junge Mann wird demnächst 24 Jahre alt, er leitet die Filiale am Darmstädter Friedensplatz und wird demnächst offiziell befähigt sein, beruflichen Nachwuchs auszubilden. Für Asphaltgold-Verhältnisse ist Hackenberg ein Pionier, denn er war im Jahr 2014 der erste Auszubildende hier - Foto: asphaltgold und dabei gab es das Unternehmen damals schon seit sechs Jahren und war längst nicht nur in Darmstadt eine Institu- tion, sondern weltweit. Wenn Borussia Dortmund zum Einkauf kommt Denn wer mit Textil- und Schuhexperten über das The- AGC-Store: Größer und teurer als die Stammfiliale ma Sneaker redet, kommt schnell auf Asphaltgold, das Geschäft von Gründer Daniel Benz ist eine Top-Adresse in Deutschland. Gelegentlich kauft hier auch Prominenz Was für eine Reichweitenwucht für ein Unternehmen mit ein, so wie vor zwei Jahren das Trainerteam von Borussia gerade einmal 80 Mitarbeitern und zwei kleinen Lagern, Dortmund, angeführt vom damaligen Chefcoach Thomas das wichtigere in einem ehemaligen Supermarkt im Stadt- Tuchel (heute Paris St. Germain), als die Mannschaft zum teil Bessungen, das zweite im Nachbarort Pfungstadt. Bundesligaspiel beim SV Darmstadt 98 ans Stadion am Böllenfalltor kam. Run DMC und Michael Jordan Benz war halt früh genug dabei, als der Boom mit den Zwei Läden zählen zu Benz‘ Unternehmen, die Stammfi- Sneakers losging. Dass Turnschuhe zu lässigen Straßen- liale am Friedensplatz und der 2016 eröffnete AGC-Store schuhen wurden, dafür gab es in den neunziger Jahren am Ludwigsplatz, in dem es hochwertigere Sneaker sowie zwei Auslöser: Die US-amerikanischen Rapper „RunDMC“ Textilien gibt - in bester Lage der Stadt. Die drei Buchsta- transformierten das legendäre Adidasmodell „Superstar“ ben stehen für Asphaltgold-Club. Dieser ist für Benz ein zu einem Modeartikel. Michael Jordan wiederum wurde als Meilenstein in der Historie seines Unternehmens, als einen Basketballprofi wie ein Gott verehrt, die nach seinem Spitz- weiteren nennt er wirklich Daniel Hackenberg, seinen namen „Air“ benannten Modelle von Nike sind heute das ersten Azubi. Rückgrat aller Sneaker. Läden sind gut, der Onlinehandel ist wichtiger Eigentlich wollte Benz nur sein Studium mit dem Verkauf Die beiden Läden, 70 und 130 Quadratmeter groß, sind von Sportschuhen für den Alltag verdienen, um später zwar gut für die Sichtbarkeit der Marke Asphaltgold, „doch Sportlehrer zu werden. Dass er in einer Schule Pennälern das Onlinegeschäft ist unser wichtigstes Tool“, sagt Daniel beibringt, wie man eine Rolle vorwärts macht, kann er sich Benz. Im November 2008 eröffnete der damalige Sportstu- heute beim besten Willen nicht mehr vorstellen. „Auch ein dent seinen Laden am Friedensplatz, schon im Januar 2009 kleines Rädchen zu sein in einem Konzern wie Nike wäre ging der Webshop online. für mich nichts.“ Heute verschickt Asphaltgold monatlich eine vierstellige Kosmos der aufgeräumten Lässigkeit Anzahl an Sneaker-Paaren weltweit, in die Vereinigten Benz‘ Asphaltgold-Welt ist wie eine große Wohngemein- Staaten, nach Fernost. Die Facebook-Seite hat fast 717.000 schaft, hier arbeiten nur Kumpels, „Ich habe das Privileg, Abonnenten, auf Instagram sind es 410.000, gerade mal mit den Jungs abzuhängen“, beschreibt er seinen Arbeits- 80.000 weniger als Zalando. alltag. Gewiss, ein paar Mädels gehören auch zu diesem
05 Was Benz auch machte: Er war der erste in Europa, der Sneaker nicht einfach nur als Schuhe im Webshop abbilde- te - sondern an den Füßen in Alltagssituationen. An Benz‘ Füßen. Der Chef war das Modell, er ging durch die Darm- städter Innenstadt und fotografierte sich selbst mit einer Kamera, die an einem Stab befestigt war. Wenn der Chef die neuen Modelle vorstellt Heute gibt es mehr als nur Benz‘ Füße, und auf den Fotos sind auch nicht nur Sneaker zu sehen, sondern auch die dazu passenden Klamotten. Der Chef spricht dafür einmal in der Woche zur Gemeinde - in seinen Videos für die sozia- len Netzwerke, in denen er neue Sneakermodelle vorstellt. Foto: asphaltgold Social Media ist generell das entscheidende Medium für den Asphaltgold-Erfolg. Gewiss, immerhin seit zwei Jahren macht Benz auch per Performance-Marketing bei seiner Onlinewerbung, also exaktes Messen, welche Kampagne Asphaltgold-Chef Benz: Stark durch Social Media welchen Erfolg hatte. „Vorher gab es bei uns nur Google Analytics.“ Kosmos der aufgeräumten und gut gelaunten Lässigkeit, in „Wir sind unsere besten Markenbotschafter“ dem Hochschulabschlüsse nicht so wichtig sind, wenn die Doch über die Sozialen Netzwerke kommt Asphaltgold in Liebe zum Produkt und zum Verkaufen stark ist. Wer bei die Herzen der Menschen, schon 2009 fing Benz damit an, Asphaltgold arbeitet, zählt in Darmstadt zu den cooleren Facebook zu bespielen. Mittlerweile gibt es im Team sechs Leuten, man hat mit diesem Job hier ein Alleinstellungs- Leute, die sich darum kümmern. Via Facebook kommt man merkmal. direkt in den Onlineshop, das funktioniert jetzt auch bei Instagram, Asphaltgold ist hier Testbetrieb in einem Pilot- Der Umsatz des Unternehmens liegt heute bei einem zwei- projekt. stelligen Millionenbereich, genauer wird Benz nicht. Was „Wir sind unsere besten Markenbotschafter“, begründet er aber sinngemäß sagt, ist, dass er kein wachstumsgeiler Daniel Benz die Präsenz in den Netzwerken. Er steht mit Profitmacher ist, der am Ende sein Unternehmen an einen seinem guten Namen für die Produkte, und deswegen ist er Investor verschachert. Geld um jeden Preis will er nicht sehr vorsichtig, wenn es darum geht, Influencer einzukau- verdienen, daher beschied er auch ein Angebot abschlägig, fen, die Produkte bewerben. Ab und zu nutzt er die Mei- dass ein internationaler Franchise-Nehmer einen Asphalt- nungsmacherstars, „aber wirklich nur dann, wenn es zum gold-Laden eröffnen wolle. Wenn, dann müsste das schon Schuh passt. Aber eigentlich ist das nicht unsere Strategie.“ ein Kumpel sein, der diese Filiale mit demselben Geist führt, der auch die Darmstädter Geschäfte trägt, auch in Per App die passende Schuhgröße ermitteln New York oder London. Der Erfolg von Asphaltgold beruht auf einer digitalen Komplettstrategie, zu der selbstverständlich ein What- Der Fuß zum Schuh sApp-Newsletter und seit einer Weile eine App mit den Was Asphaltgold stark gemacht hat, ist das Prinzip Benz. Namen Fitting Room gehören. Das ist eine mobile Größen- Hier ist der heute 37 Jahre alte Chef der erste Markenbot- beratung, bei der die Kunden einfach eintippen, in welcher schafter. Als er anfing, Schuhe zu verkaufen, machte er Größe sie ein Modell bereits haben und dann empfohlen jahrelang alles selbst: Ladenrenovierung, Einkauf, Steuer- bekommen, in welcher Größe sie dieses beim nächsten be- erklärung. Erst 2011 stellte er seinen ersten Mitarbeiter an stellen sollen. Denn zum Mysterium des Schuhkaufs gehört - und dieser Phil Hoffmann gehört heute noch zum Team, ja, dass immer und bei jeder Marke die Größen stets anders und das mittlerweile in leitender Funktion. ausfallen.
06 Gut 400.000 Nutzer dieser App haben nun eine Sorge Modelle der großen Hersteller Nike, Adidas und Asics, weniger. klassische Sportartikelhändler können davon nur noch träumen, für sie ist der lukrative Sneaker-Markt kaum noch Im AGC-Store sind Tablets der Transmissionsriemen in erreichbar, die Industrie schneidet den Fachhandel. Denn die digitale Welt, und es gibt hier auch das „Heat-for-need- Sneaker gelten als Mode - nicht mehr als Sportprodukte. Window“, mit dem Smartphone und Laden verknüpft wer- Und in diese Kategorie ist jetzt sogar die legendäre Adilette den. Der Nutzer wählt mit seinem Telefon eine bestimmte gerutscht, denn aus der früheren Fußballer-Badelatsche URL, daraufhin blinken am Bildschirm im Schaufenster mit Prollcharme ist heute ein Lifestyleprodukt geworden, ständig wechselnde Codes auf, die nach Eingabe im Smart- mit dem sich sehr junge Leute gerne im Alltag zeigen. phone Zugang zu besonderen Produkten gestatten. Wer darüber einkauft, weiß zudem, dass ein Teil seines Gelds Der Sporthandel hätte gerne, was Asphaltgold hat sozialen Zwecken zugutekommt. Selbstverständlich ge- Aber auch Benz bekommt nicht alles, denn einige wenige hört zu Asphaltgold dazu, dass die Kunden vor dem Laden Schuhe sind „Key-City-Produkte“, wie er es nennt, also campieren, wenn neue Modelle zu haben sind. Doch das solche neuen Modelle, die in den Weltstädten präsentiert Darmstädter Geschäft schafft es auch, mit eigenen Ideen werden müssen: New York, London, Berlin und so. Darm- Begehrlichkeiten zu wecken, etwa mit einem selbst ge- stadt zählt da nicht ganz dazu. stalteten Asics-Schuh in der Optik des Jugendstils, für den Darmstadt auch steht. Das Modell war fix ausverkauft. Damit kann Daniel Benz aber leben, schließlich hat er auch ein gutes Leben, weil er täglich mit lauter Freunden zur Der Smart zum Sneaker Arbeit kommt. In diesem Jahr feiert das Asphaltgold-Team Voriges Jahr hatte dann der Daimler-Konzern beschlossen, zehn Jahre Bestehen, „und wir werden da ein größeres dass Asphaltgold cool genug ist für eine Marketingaktion Ding abfackeln“, sagt der Chef. Details zu dieser bestimmt für den Smart, dessen Image ja immer noch auf der Stufe imposanten Feier bleiben noch geheim. Doch eines ist ge- Zweitwagen für die Hausfrau angesiedelt ist. Es galt, neue wiss: Daniel Hackenberg wird dabei sein, als Pionier dieses Zielgruppen anzusprechen - und hier sah man in der flotten Unternehmens. Asphaltgold-Gemeinde die richtigen Leute. Zudem passt der Name Asphalt gut zu Autos - also ran an die Darmstäd- ter. Benz sollte einen Sneaker kreieren, der mit dem Smart harmoniert, er entschied sich für ein Nike-Modell, und den gab es bei ihm für 19.000 Euro. Als Beigabe erhielt der Kun- de eben ein Smart-Modell „BRABUS edition asphaltgold“. Oder umgekehrt, wie man es mag. Daimler klotzte damals mit reichweitenstarker Werbung, es gab unter anderem TV- Spots unmittelbar vor der „Tagesschau“ - und immer war Asphaltgold mit im Bild. Daimler war gut, aber es geht auch ohne ganz gut Wer jedoch glaubt, dass das Darmstädter Geschäft nach dieser Kampange vor neuer Bekanntheit kaum noch laufen konnte, irrt. „Wir haben den Erfolg signifikant gespürt, Foto: Asphaltgold aber nicht massiv“, sagt Daniel Benz. Heißt nichts anderes: Die Marke Asphaltgold ist auch ohne einen Giganten wie Daimler im Rücken stark. Daher bekommt Benz auch zu 90 Prozent alle wichtigen
07 Marc Ramelow: „Tradition ist kein Geschäftsmodell“ Marc Ramelow demonstriert, dass es im schwer kämpfenden mittelständischen Textilhandel immer noch Unternehmen gibt, die sich behaupten. Acht Modehäuser und ein Café gehören zu Ramelow, alles in Norddeutschland, von Elmshorn bis Uelzen. D as Ur-Geschäft wurde von Gustav Ramelow 1872 im mecklenburgischen Klütz eröffnet, sein Nachfahre Marc sagt heute einen Satz, den sich viele altein- gesessene Handelsunternehmen merken sollten: „Tradition ist kein Geschäftsmodell.“ Also nutzt er auch die technischen Möglichkeiten der Gegenwart, damit Ramelow eine Zukunft hat. Das beste Werkzeug ist das Smartphone des Mitarbei- ters Vielleicht fängt man aber erst einmal an zu erzählen, was er dabei weglässt, weil zu viel Technikgedöns im Laden für die Kunden nichts bringt. Stelen, auf denen Videos laufen, oder Fotos: Ramelow Touchscreens. „Kein Mensch steht davor und spielt herum“, sagt Modehändler Ramelow. Tablets für die Verkaufsberater haben sich auch nicht bewährt - die besten Werkzeuge sind die privaten Smartphones der Mitarbeiter. Marc Ramelow. Unten: Mitarbeiterin Kirsti Klähr Auf denen hat das Personal zwei Apps geladen - „Pia“ zur internen Kommunikation im Ramelow-Kosmos sowie „Clara“ vom Anbieter Fashion Cloud als digitale Regalverlängerung. Denn der Kern des stationären Geschäfts ist ja der Mensch, Kunden, die im Geschäft nicht die gewünschte Hose finden, der dort berät. Nur muss der eben seine Kunden heute nicht können hierüber fix versorgt werden. Acht Hersteller sind nur im Laden unterhalten und einkleiden - sondern eben auch angeschlossen und können in maximal 48 Stunden die neue zu anderen Zeiten darüber informieren, was es Neues gibt und Ware ins Geschäft liefern, nicht nach Hause. „Unsere Kunden Kontakt zum Geschäft halten. wollen das so“, versichert Händler Ramelow. Kundenkontakt auf dem Wochenmarkt - und per Per WhatsApp zur Shopping-Party einladen WhatsApp Was die Kunden auch wollen: per WhatsApp in Kontakt mit Ramelow erzählt von einem Verkäufer in der Herrenabteilung Ramelow bleiben. Dafür gibt es 30 Enthusiasten unter den der Uelzener Ramelow-Filiale, der samstags stets über den Mitarbeitern, die sozusagen als digitale Botschafter mit ihren Wochenmarkt der Stadt spaziert und seine Stammkunden Kunden in Kontakt stehen oder zu Shopping-Partys einladen. grüßt. Das ist gut. Sehr gut und zeitgemäß ist es, wenn diese Einfach so mit ihren Smartphones, weil es Spaß macht, „und Kunden halt ab und zu noch eine WhatsApp-Nachricht von weil sich das Berufsbild des Verkaufsberaters verändert hat“, ihm bekommen. wie es der Chef Ramelow sagt. Nun könnte man beim dienstlichen Gebrauch von privaten Geräten auch arbeitsrechtliche Tücken vermuten, doch Ramelow hat sich mit seinem Betriebsrat abgestimmt, dass es hier keine Probleme geben wird. Probleme gibt es auch nicht bei dem, was die Mitarbeiter ihren Kunden per WhatsApp mitteilen, jeder hat freie Hand. „Ich kontrolliere ja auch nicht die Verkaufsgespräche“, sagt Marc Ramelow. Innovation als Geschäftsprinzip Foto: Ramelow Ramelow hat keinen Onlineshop, aber das Unternehmen ist in der digitalen Welt angekommen. Dazu gehört auch, dass man die Nähe zu Start-ups sucht und Innovation als einen der vier wichtigen Punkte im Firmenleitbild verankert hat.
08 Online-Möbel: Wie Connox den Giganten Paroli bietet Design, Premium, Spitzenservice - diesen Anspruch hat Connox. Der Hannoveraner Online- möbelhändler will damit an die Spitze Europas. Die üblichen Mitspieler in der Branche interessieren ihn deswegen nicht. Und selbst der Marktführer muss einsehen, dass ihm zwei clevere Unternehmer aus Niedersachsen mal eine Woche voraus sein können. A uf jedem Schritt und Tritt, bei jedem Blick auf sogar auch andere Onlinehändler beliefert. Das gibt es Einrichtung, Teppichböden und Lampen spürt heute nicht mehr. Geblieben ist die Stärke, etwas Eigenes man: hier ist der gute Geschmack zu Hause. Edle, zu entwickeln, ohne Agenturen und Berater. Und wenn man leicht unterkühlte Sachlichkeit, hohe Funktionalität und dann als Nischenanbieter dem hinter Amazon zweitgrößten viel Ästhetik. Doch alles andere wäre auch eine Enttäu- Onlinehändler einmal eine Woche voraus ist, dann hat das schung bei einem Onlinemöbelhändler im Premiumseg- Charme. ment. Connox steht für Design, „und dieses Thema hält alles zusammen“, sagt Thilo Haas, der das Hannoveraner Immer profitabel Unternehmen zusammen mit Kristian Lenz im Jahr 2005 Haas ordnet einen kleinen Erfolg im Wettbewerb mit Otto, gegründet hat. dem Marktführer im Onlinemöbelgeschäft, schon richtig ein, denn die Hamburger erzielen mit Möbeln fast 700 Mil- Vom Start eines Minibetriebes mit zwei Chefs, einem Mit- lionen Euro Umsatz im Jahr - Connox kommt mittlerweile arbeiter und sechs Produkten in einer ehemaligen Post- auf rund 20 Millionen. Doch bis zu den ersten zehn Millio- filiale bis zu 125 Mitarbeitern auf einer schicken Etage in nen benötigten Haas und Lenz zehn Jahre, um dann 2015 einem neuen Geschäftshaus in Hannovers Innenstadt ist festzustellen, dass man doch jetzt ein bisschen auf die Tube es ein langer Weg. Seit zwei Jahren residiert Connox jetzt drücken müsse. Und dann holte man sich die nächsten zehn hier, und man kann an diesen neuen Räumen auch die ge- Millionen Umsatz innerhalb von zwei Jahren. wachsene Stärke eines Unternehmens ablesen. Connox ragt heraus aus der Masse der Internetunterneh- 70 Prozent Warenverfügbarkeit men. Von Anfang an mit keinem Cent fremdfinanziert, Das Unternehmen hat mittlerweile mehr als 25.000 Pro- konsequent profitabel - davon sind beispielsweise die Mö- dukte von gut 450 Herstellern gelistet. Das selbst betriebe- belhandel-Umsatzmaschinen aus dem Kosmos von Rocket ne Lager im Stadtteil Langenhagen ist auf 10.000 Quadrat- Internet weit entfernt. Wie Home24 etwa, oder auch West- metern derart gut gefüllt, dass die Warenverfügbarkeit von wing, dessen Gründerin Delia Fischer 2017 vom „Manager Connox bei 70 Prozent liegt. Neunzig Prozent der Bestel- Magazin“ gar zur Unternehmerin des Jahres gekürt wurde. lungen wiederum, die an einem Tag bis 15 Uhr eingehen, Geld verdient keines der Unternehmen. können bereits am Folgetag per DHL ausgeliefert werden. Keine Millionenbudgets für Werbung Und zu dieser Stärke gehört halt auch, dass man sogar mal Connox verdient Geld, und das meiste davon fließt sofort den Onlineriesen Otto abhängen kann. Wenn Haas darauf ins Unternehmen zurück. „Wir investieren in Menschen, angesprochen wird, dann erinnert er an einen Fußballspie- nicht in Budgets“, sagt Thilo Haas. Connox stellt Mit- ler beim Torjubel. Connox gab im Januar bekannt, über die arbeiter ein und verballert keine Millionen für TV- oder eigene App nun auch Augmented Reality zu bieten. Damit Radiospots, dafür setzt man auf Onlinewerbung auf allen können die Nutzer in der iOS-App beispielsweise testen, ob Kanälen - Suchmaschinenoptimierung (SEO) hat die das gewünschte Sofa in ihr Wohnzimmer passt. Hannoveraner groß werden lassen. Und sie nutzen die Reichweite der Einrichtungs-Blogger. Damit wächst man „Wir sind Technologieunternehmen“ langsam, aber organisch „und man zeigt, dass E-Commerce Genau acht Tage später verkündete Otto, Möbelkunden auch profitabel sein kann“, wie es Haas formuliert. jetzt ebenfalls so ein digitales Werkzeug anbieten zu kön- nen. Tja, wird man in Hannover gedacht haben - aber der Doch weil E-Commerce auch eine gewisse Aggressivität Zweite ist der erste Verlierer. Gewiss, Haas stuft Augmen- verlangt, wenn man wachsen will, haben Haas und Lenz ted Reality schon richtig ein, nämlich als „nette Spiele- eingesehen, dass sie sich untreu werden müssen. Nur mit rei“, aber in Zeiten wie diesen geht es eben auch darum, Suchmaschinenwerbung (SEA) geht es auf Dauer eben auch technische Kompentenz zu zeigen. „Und wir sind mehr ein nicht, „da zahlt man sich dumm und dämlich“, sagt Haas. Technologie- als ein Handelsunternehmen“, sagt Haas. Mit fremdem Geld eines Investors soll es jetzt deutlich schneller vorangehen. Es geht um ein Minderheitsengage- Es gibt nichts bei Connox, was von außen kommt - Shopsys- ment eines Geldgebers, nicht mehr, denn Connox soll nicht tem inklusive. Alles Marke Eigenbau, früher wurden damit fremdbestimmt werden.
09 Gut zwanzig Mitarbeiter sitzen dafür in Hannover an den Telefonen, es sind Innenarchitekten, Inneneinrichter und sogar eine Kunsthistorikerin. Sogar auf Schwyzerdütsch wird beraten Und weil Connox mittlerweile neben Österreich auch in Großbritannien, Frankreich, Dänemark und der Schweiz Domains unterhält, werden die Kunden von dort in ihren Landessprachen telefonisch beraten. Haas ist stolz darauf, sogar einen Mitarbeiter gefunden zu haben, der ein Schwei- Foto: Connox zerdeutsch als Muttersprache beherrscht, damit man einen eidgenössischen Kunden nicht bitten muss, doch Hoch- deutsch zu reden. So etwas wirkt schnell diskriminierend. „Wir verkaufen hochwertige Produkte, da muss auch der Connox-Gründer Lenz und Haas (r.): Das Wort „Chef“ steht auf der Service hochwertig sein“, sagt Haas. Verbotsliste Das sind viele Kleinigkeiten, die ein Unternehmen be- Der Investor steht quasi vor der Tür herrschen muss, wenn es Europas Nummer eins werden Aktuell werden diverse Optionen geprüft, es dürfte in ab- will. Zumal auch Connox bei der Internationalisierung viel sehbarer Zeit zu einem Abschluss kommen. Der Vorteil ist Lehrgeld bezahlt hat. So lernten Haas und Lenz, dass in dabei, dass Haas und Lenz auf die Investoren zugehen und Großbritannien ein anderer Marketingmix notwendig ist auswählen können, das stärkt die Verhandlungsposition als in Deutschland. „Es gibt dort keine Preissuchmaschinen im Gegensatz zu Unternehmern, die darauf hoffen, dass die wie etwa Idealo“, beschreibt Haas den Markt. Auf der Insel Männer mit dem Geldkoffer eines Tages vor der Tür stehen ist Google Shopping das heiße Suchmaschinending. werden. Die Österreicher sind fünf Jahre hinterher Das Ziel von Connox: „Wir wollen europäischer Online- In der Schweiz wiederum muss man erst einmal die kompli- marktführer im Bereich Premiummöbel werden“, sagt Haas. zierte Besteuerung verstehen; und in Österreich hat man es Ihn interessieren weder Home24 oder Möbel.de, denn dort mit einem betulichen Onlinemarkt zu tun, „dem Deutsch- wird der Massenmarkt bedient. Wer bei Connox einkauft, land fünf Jahre voraus ist“, wie es Haas formuliert. will echtes Design. Vitra, Alessi, Casala gehören dabei zu den Marken des gehobenen Geschmacks - Menschen, die Bei aller Expansionslust - die wachsende Freude von On- sich für alles aus der Bauhaus-Linie interessieren, sind hier linehändlern an stationären Läden teilt man bei Connox richtig. nicht. Zalando, Home24, besonders Mister Spex, sie alle arbeiten sich in die analoge Welt vor. „Wir bleiben aber ein Die Retourenquote würde Zalando neidisch machen Internet Pure Player“, sagt Haas sehr bestimmt. „Wir sehen Daher hätten auch TV-Spots wenig Sinn, der Streuverlust in Läden keinen Mehrwert. Online und offline sind keine wäre zu groß. Zumal die Designkunden anders ticken. „Sie Vertriebskanäle, sondern zwei verschiedene Geschäftsmo- wissen, was sie kaufen, sie kennen die Produkte“, be- delle.“ Connox‘ Modell ist das Web. Und Multichannel hält schreibt es Haas. Das hat zur Folge, dass die Retourenquote er nur für einen faulen Kompromiss. von Connox bescheiden ist. Über die genaue Höhe macht Haas zwar keine Angaben, „aber Zalando wäre neidisch“, Ein Verkauf auf Amazon ist für Connox nicht erstrebens- sagt er immerhin. wert: „Amazon hat für einen Fachhändler, der wie wir hochwertige Lifestyle-Produkte verkauft, nur bedingt Sinn. Vielleicht drückt die Retourenquote auch die telefonische Denn die Darstellung bei Amazon ist wenig geeignet, die Beratung von Connox, bei der es nicht um ganze Wohn- Hochwertigkeit eines Produktes und die damit verbunde- welten wie etwa bei Ikea, sondern immer nur um einzelne nen Emotionalität und den Lifestyle zu vermitteln“, sagt Produkte geht, die zur Individualität des Kunden passen. Haas.
10 Lampenwelt: Das leuchtende Vorbild in der Nische Was alles passieren kann, wenn man schusselig ist und das Kreuzchen an der falschen Stelle macht. Andreas und Thomas Rebmann waren vor gut zehn Jahren schusselig - und be- finden sich seitdem als Onlinehändler mit Lampenwelt.de auf einem Erfolgskurs, der kein Ende zu kennen scheint. Das liegt aber nicht nur am Zufall. D amals buchten sie Werbung bei Google, 500 Euro im Monat wollten sie dafür ausgeben. Dummer- weise klickten sie jedoch an: 500 Euro in der Woche. Viermal so viel Budget heißt, viermal so viel Werbung poppte bei Google auf. Plötzlich fiel Lampenwelt.de auf, die Kunden klickten die Seite an, bestellten - und die Umsätze explodier- ten. Wenn Oliver Samwer recht hat So kann man auch zu erfolgreich werden, aber irgendwie passt Foto: Lampenwelt diese Anekdote zu den Rebmann-Brüdern, die in ihrem Be- reich zu Onlinegiganten aufgestiegen sind. Ein Großmeister der Branche hatte das früh gewusst: Oliver Samwer, der Mann hinter dem Firmenimperium Rocket Internet. Er sagte 2009: „Lampenwelt wird kommen.“ Alles begann in einer Garage: Thomas (li.) und Andreas Rebmann. So erinnert es Andreas Rebmann heute, und er genießt es, dass Samwer einerseits recht hatte, andererseits sich zumindest beim Thema Lampen- und Leuchtenversand zwei Männern Und dann sind da noch die Umsatzsprünge, die das famose geschlagen geben musste, die jenseits der Start-up-Metropo- Wachstum von Lampenwelt dokumentieren: Noch 2010 lag len wie Berlin oder Hamburg unaufhörlich an ihrer Erfolgs- man bei 10 Millionen Euro - spätestens 2019 sollten die 100 geschichte schreiben. Millionen realistisch sein. „Das wäre dann ein Grund zu fei- ern“, sagt Andreas Rebmann. Zentrum dieser Geschichte ist Schlitz. Eine Kleinstadt mit nicht einmal 10.000 Einwohnern, gelegen im Vogelsbergkreis, Konkurrenz? Gibts nicht! 25 Kilometer von Fulda entfernt. Vier Burgen, eine Schnaps- Lampenwelt hat ein Level erreicht, auf dem für Konkurrenten brennerei, viel Natur und noch mehr Provinz drumherum. kein Platz mehr ist. Samwer musste seinen Versuch mit Lam- Hier ist die Heimat der Rebmanns, hier haben sie beruflich penexperten.de vor ein paar Jahren für gescheitert erklären, vieles ausprobiert, und hier sind sie trotz des rasanten Auf- und die Möbelhändler Westwing sowie die Rocket-Tochter stiegs geblieben. Home24 mit ihrem Lampensortiment sorgen bei Andreas Rebmann keineswegs für Herzrasen. Nach eigenen Angaben hat Lampenwelt.de heute rund 1,5 Mil- lionen Kunden, die aus etwa 50.000 Produkten rund ums Licht „Wir sind die Nischenkiller“, sagt er. Heißt: Die Nische Leuch- wählen können. Es gibt mittlerweile Shops in 14 europäischen ten ist besetzt von Lampenwelt. Ländern und Anfang Oktober wurde im Schlitzer Ortsteil Dabei war der Anfang der Schlitzer Killer ein ziemliches Fraurombach das erweiterte eigene Logistikzentrum eröffnet. Gewurschtel. Thomas Rebmann studiere Elektrotechnik Die Fläche wuchs von 3.500 auf nunmehr 9.500 Quadratmeter. und begann 1999 nebenbei hochwertige Lampen bei Ebay zu Mit 300 Lieferanten pflegt Lampenwelt Geschäftsbeziehun- verticken, als dort noch der Slogan „Drei, Zwei, Eins... meins“ gen. galt. Das Lager war seine Garage, die Gewinne waren anfangs bescheiden. Jobmaschine Lampenwelt Allein 2017 hat Lampenwelt insgesamt 75 neue Mitarbeiter Bruder Andreas lernte Technischer Zeichner, arbeitete in der eingestellt, gut 280 Menschen arbeiten damit mittlerweile für Bad Schwalmstädter Außenstelle des Technologieunterneh- den Versender. Und dafür gab es im vergangen Jahr von der mens Freudenberg als Konstrukteur und war später erfolg- Hessischen Landesregierung auf dem 26. Hessischen Unter- reich als Versicherungsmakler unterwegs. Und ein bisschen nehmertag der Vereinigung der hessischen Unternehmerver- wuselte er beim Lampenversand des Bruders mit. „Das war bände (VhU) im Wiesbadener Kurhaus die Auszeichnung als trial-and-error“, beschreibt er diese Phase des frühen Inter- „Hessen-Campion 2017“ in der Kategorie Jobmotor. nethandels.
11 Foto: Lampenwelt Noch 2010 lag man bei 10 Millionen Euro Umsatz. 2019 sind 100 Millionen Euro realistisch. Ab 2004 war so langsam Schluss mit dem Gewurschtel, denn bank-Filiale vorsprachen und einen neuen Kredit für die ein Großauftrag zwang zur Professionalisierung. Thomas Expansion wollten. Der Bankberater war zwar freundlich und hatte es mit seinem Lager des eigenen Webshops (gegründet bemüht - doch Millionenbeträge waren in seinem Verant- 2002) immerhin schon in eine ehemalige Scheune geschafft, wortungsbereich nicht mehr vorgesehen. Also besorgte sich die Brüder gründeten erst die Rebmann Lichtsysteme GbR Lampenwelt erstmals Investorengeld. 2012 dann der nächste und erwarben dann für einen niedrigen vierstelligen Betrag Schritt mit dem ersten richtigen Logistikzentrum in Fraurom- die Domain Lampenwelt.de bach. Finanzkrise? Ach was. Vollgas! Ein Familienbetrieb ist Lampenwelt strenggenommen 2008, als die Finanzkrise über die Weltwirtschaft hereinbrach trotzdem nicht mehr. Das Wagniskapitalunternehmen 3i ist und überall Investitionen zurückgefahren wurden, „haben wir inziwschen Anteilseigner, 120 Millionen Euro schoss es ins bei der Werbung Vollgas gegeben. Das war die entscheidende Unternehmen, zudem gab es 54 Millionen Euro als Kredit. Die Phase für uns“, sagt Andreas Rebmann. Rebmanns halten Minderheitsanteile und fungieren als Ge- schäftsführer und bestimmen den Kurs. Nur ein Jahr später war der Umsatz von 1,3 auf 4 Millionen Euro angestiegen, 2010 wurde die ehemalige Schlitzer Berufs- So kommt für sie ein Handel auf dem Amazon-Marktplatz schule saniert und der neue Firmensitz, eine alte Filiale der nicht in Frage. Gut 15 Prozent Provision an den Plattformbe- früheren regionalen Supermarktkette Kontra das neue Lager. treiber abgeben? Auf keinen Fall. Und am Ende listet Amazon die gut laufenden Lampenweltprodukte einfach im eigenen Wer so schnell wächst, ist bald zu groß für Schlitz. Das Fulfillment-Sortiment und verkauft sie selbst. „Das ist dann merkten die Rebmanns 2009, als sie bei der örtlichen Volks- der schleichende Tod für einen Händler.“
12 Warum tausendkind die Werbung selbst in die Hand nimmt Inhouse statt Agentur: So schöpft tausendkind das volle Potenzial aus allen Daten sei- ner Kampagnen - und ist damit effizient. Auch bei komplexeren Prozessen. Das sorgt für die notwendige Flexibilität im Tagesgeschäft. E s gibt viele Gründe, ein Unternehmen zu gründen. Ka- thrin Weiß zum Beispiel wollte eine gute Freundin sein: „Um den Babys meiner Freundinnen mit tollen Ge- schenken eine Freude zu machen, musste ich mich immer an erfahrene Mütter wenden und erhielt auf meine Anfrage hin ellenlange Excel-Listen mit Shops von Spielzeug- und Acces- soire-Labels“, erinnert sich Weiß. „Da stellte ich mir die Frage, warum nicht all die besonderen und schönen Dinge gebündelt und übersichtlich in einem Onlineshop zu finden sind.“ 40 Prozent Umsatzplus So war die Geschäftsidee zu tausendkind.de geboren. Auf der Suche nach einem Mitgründer weihte sie ihre McKinsey-Kol- legin und Freundin Anike von Gagern ein: „Obwohl spontane Entscheidungen aus dem Bauch heraus für mich eher un- Foto: tausendkind typisch sind, war ich von tausendkind sofort überzeugt“, erin- nert sich von Gagern. Ausgerüstet mit analytischem Know- how sowie wichtigen Projektmanagement-Tools kündigten die Beraterinnen im Sommer 2010 ihre unbefristeten Arbeits- verhältnisse und wagten den Sprung ins kalte Wasser. Die Onlinehändlerinnen sind seit der Unternehmensgrün- Budgets selbst flexibel verteilen dung insgesamt fünfmal Mutter geworden, beschäftigen Die Auswahl von Tools und Anbietern werde stetig größer, das inzwischen knapp 120 Mitarbeiter, bieten mehr als 65.000 Datenmanagement somit immer komplexer: „Wir wollen das Baby- und Kinderartikel an und freuen sich über gut 700.000 volle Potenzial aus allen Daten unserer Kampagnen schöpfen, registrierte Kunden – Tendenz steigend. Der Umsatz legte weshalb Bündelung und Auswertung wichtige Aspekte sind, 2017 um mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. die wir inhouse steuern wollen. Außerdem möchten wir in „Auch wenn wir noch nicht profitabel sind, liegt unser Um- der Lage sein, das Budget flexibel selbst zu verteilen.“ Zudem satz jetzt im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Wir sei ein internes Marketing-Team für tausendkind langfristig fokussieren uns bewusst auf profitables Wachstum“, erläutert effizienter als die Zusammenarbeit mit Agenturen. von Gagern, die bei tausendkind für den Einkauf, die Logistik sowie Personal zuständig ist. „Wir verzichten jedoch nicht gänzlich auf Agenturen“, räumt die Gründerin ein. So habe die Full-Service-Agentur tectume- Unterstützt werden die Gründerinnen dabei unter anderem dia beispielsweise den Inhousing-Display-Marketing-Prozess von Investoren wie Capnamic Ventures, Iris Capital, IBB gesteuert und berate tausendkind auch weiterhin in vielen Beteiligungsgesellschaft, pd ventures und PDV Inter-Media Bereichen. „Zudem stehen uns durch diese Zusammenarbeit Venture. auch neue Technologien zur Verfügung, wie zum Beispiel für den programmatischen Media-Einkauf“, berichtet Weiß. Von Anfang an hat tausendkind sich beim Onlinemarketing Der Prozess im Display-Marketing war von der Idee über für das Inhousing-Modell entschieden, also dafür, das Marke- die Umsetzung bis zur Optimierung nach acht Monaten ting selbst zu steuern und keine externen Dienstleister damit abgeschlossen. „Zunächst wurde ein Team mit ein bis zwei zu betrauen. „Die Entscheidung, das Onlinemarketing intern Personen rekrutiert. Dann nahmen wir die Key Performance abzubilden haben wir bei der Gründung aus verschiedenen Indikatoren anderer Kanäle sowie bestehende Media-Part- Gründen getroffen“, berichtet Weiß. „Wir sehen Onlinemarke- nerschaften unter die Lupe und bewerteten die Prozesse zur ting als eine Kernkompetenz eines Webshops an und möchten Erstellung der Werbemittel“, erläutert die tausendkind-Ge- das Know-how daher intern haben.“ schäftsführerin. tectumedia habe darauf basierend ein Kon-
13 Foto: tausendkid Anike von Gagern (li.) und Kathrin Weiß von tausendkind zept mit passenden Maßnahmen und Budgetplänen entwi- Die Display-Marketing-Expertin, die vor der Agenturgrün- ckelt, das der mittelständische Onlinehändler gemeinsam mit dung unter anderem bei Yahoo, Zalando und Project-A-Ven- der Agentur umgesetzt habe. tures tätig war, sieht zudem die interne Kommunikation bei Inhouse-Projekten als entscheidenden Erfolgsfaktor. „Der ste- „Uns war wichtig, dass wir intern Onlinemarketing-Kom- te Austausch zwischen Geschäftsführer und operativer Ebene petenzen aufbauen, allerdings nicht, um zwangsläufig alles ist immens wichtig, gerade bei der Festlegung der Strategien intern abzudecken“, so Weiß. „Wir haben inzwischen ein und Ziele. Inhouse-Projekte können nicht funktionieren, 20-köpfiges Marketing-Team. Rat holen wir uns in strate- wenn die Beteiligten einander nicht vertrauen.“ gischen Fragen rund ums Display-Marketing sowie bei der Das bestätigt tausendkind-Gründerin Weiß: „Man muss Auswahl von Adserver sowie Tracking- und Reporting-Tools.“ schnell Entscheidungen treffen, um bei dem dynamischen Zudem übernehme die Agentur den Display-Mediaeinkauf Onlinemarketing-Geschäft rechtzeitig reagieren zu können. und erstelle das entsprechende Reporting. Denn es hilft nichts, am Ende ein Reporting zu bekommen, wenn schon alles gelaufen ist und man nicht mehr optimieren Messbar bekannter geworden kann.“ Der Ausbau des Display Channels habe das zuvor definierte, gewünschte Wachstum erzielt. „Die Marke tausendkind ist durch die Bannerwerbung messbar bekannter geworden“, sagt Weiß. Zudem habe der Onlinehändler neue, wichtige Erkenntnisse über seine Zielgruppen und deren Customer Journey gewonnen. Um die Onlinemarketing-Prozesse intern abzubilden, muss ein Unternehmer ein paar Voraussetzun- gen mitbringen. „Das funktioniert nur, wenn der Händler die eigenen Zahlen versteht und die Budgets erstellt“, sagt Danuta Florczyk, Mitgründerin und Geschäftsführerin von tectu- media. „Wir als Agentur sind nur ein kleines, ergänzendes Puzzleteil.“
14 Wie ein Schuhhaus in kleinen Schritten den Webshop optimiert Alles neu bedeutet nicht automatisch alles gut: Statt einen Webshop alle paar Jahre komplett neu aufzusetzen ist es sinnvoller, ihn ständig in kleinen Schritten zu verbessern, argumentiert André Roitzsch von Shopmacher. Beim Schuhhaus Zumnorde klappt das gut. E in Onlineshop ist eigentlich eine Dauerbaustelle: Die Geschmäcker ändern sich, die technischen Möglich- keiten auch. Und darüber hinaus gewöhnen sich die Konsumenten ratzfatz an noch bequemere und noch einfache- re Bedienung von Anfang bis Ende des Besuchs. Lange hieß das praktizierte Prinzip „Abreißen und neu bauen“: Ein Handelsunternehmen brachte einen Webshop ins Netz und setzte ihn dann alle paar Jahre mit großen Relaunches praktisch komplett neu auf. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt André Roitzsch, Geschäftsführer der Shopmacher eCommerce GmbH. „Bei Plattformen ist heute Evolution statt Revolution angesagt, das Thema Shop-Verbesserung wird zur neuen Spezialdisziplin.“ Foto, Zumnorde Als Beispiel nennt er die Branchengrößen, die ihre Platt- formen, oft von der Öffentlichkeit unbemerkt, permanent in Teilbereichen optimieren, in denen Verbesserungspotenzial identifiziert wurde. Nun sollten auch Mittelständler diesen Thomas Zumnorde: Digitale Fokusthemen identifiziert „pragmatischen und effizienten Ansatz“ übernehmen. „Klar definierte kleine Teilprojekte zur Shop-Optimierung sind gegenüber Mammut-Projekten wie einem kompletten ziente Prozesse verursachen Kosten und beanspruchen zeit- Relaunch mit deutlich weniger Risiken behaftet, in ihren liche Ressourcen, die besser eingesetzt werden können. Beide Investitionsvolumina viel überschaubarer, schneller umsetz- Faktoren schmälern das Betriebsergebnis“, argumentiert der bar und in der Erfolgskontrolle wesentlich transparenter“, Shopmacher-Chef. „Nicht ausgeschöpfte Umsatzpotenziale, argumentiert Roitzsch. „Greif- und messbare Ergebnisse meist als Folge suboptimaler User-Experience an diversen liegen innerhalb kurzer Zeit statt erst nach Monaten oder gar Schlüsselstellen von Webshops, setzen dem Wachstum und Jahresfrist vor. Das alles sind Vorzüge, die gerade mittel- dem Profit eines Shops ebenfalls unnötig Grenzen.“ ständische Händler, die nicht wie die Branchenriesen über beinahe unbegrenzte Investitionsmittel verfügen, überzeugen Praxis Shopverbesserung sollten, denn sie bedeuten weniger Risiko und mehr Effizienz.“ Um zu zeigen, wie diese doch eher abstrakten BWL-Schlag- worte praktisch bei einem Webshop umgesetzt werden Ausgangspunkt für Projekte zur Shop-Verbesserung sollten können, skizziert Roitzsch folgendes Szenario: „Messungen demnach immer nachprüfbare Messergebnisse sein. „Denn bei einem Kunden haben gezeigt, dass die Absprungrate auf wer misst, der weiß – wer nicht misst, der hofft nur“, wie einer Artikel-Detailseite auffällig hoch ist. Wir haben mit es der E-Commercespezialist ausdrückt. Messergebnisse einer Optimierung der User-Experience gegengesteuert, die in aus den Analytics dienten nicht nur zur Identifikation von einem A/B-Testing überprüft wird. Als die Ergebnisse stimm- Optimierungspotenzial in Teilbereichen eines Shops, sondern ten, folgte der Rollout für diesen Teilbereich.“ Das gleiche auch als Benchmark für die Erfolgskontrolle nach Abschluss Verfahren werde beispielsweise auch angewendet, wenn es zu eines Teilprojektes. „So werden die Resultate von Projekten häufig zu Abbrüchen bei der mobilen Ansicht von Artikellisten zur Shop-Optimierung aus der dunklen Ecke der Vermutun- kommt. gen ins helle Licht nachprüfbarer Ergebnisse geholt“, um- schreibt Roitzsch den Vorteil der Datenanalyse. Werden Suchanfragen zu einer bestimmten Produktgruppe zu oft abgebrochen, müsse die Such-Konfiguration angepasst Damit ein Shop eine möglichst hohe Profitabilität hat, zielen werden. Schwächele das Cross-Selling, könnten Maßnahmen Maßnahmen zur Verbesserung grundsätzlich auf die Optimie- aus dem Bereich Empfehlungsmarketing Abhilfe schaffen. rung von Prozessen und die Steigerung des Umsatzes. „Ineffi- Zudem ist Individualisierung bei der Shop-Optimierung ein
15 Foto: Zumnorde 2011 stieg Zumnorde in den Onlinehandel ein. zentrales Thema. „Die Individualisierung eines Newsletters Best Practice: Schuhhaus Zumnorde ist zum Beispiel oft die richtige Antwort auf mangelnde New- Im September 2015 ist das Schuhhaus Zumnorde auf einen sletter-Conversions“, so Roitzsch. Wenn die Messungen eine von Shopmacher aufgesetzten und designten Onlineshop hohe Absprungrate bereits auf der Startseite ergeben, könne umgestiegen. Dieser basiert auf OXID-Software und ist mit auch hier die Implementierung von Individualisierungsfunk- einem Frontendlayer sowie dem CommerceCockpit von Shop- tionen helfen. macher versehen. „Allerdings geht es nicht ausschließlich um Optimierungen im Eine zentrale Rolle hierbei spielte das CommerceCockpit, Frontend“, erläutert er. „Häufen sich zum Beispiel Rückmel- eine von Shopmacher entwickelte SaaS-Lösung. Sie wird an dungen von Kunden, die eine zu lange Lieferzeit bemängeln, die Basis-Shopsoftware angedockt und ermöglicht es Redak- werden die systemischen Prozesse im Hintergrund bis zum teuren auf der Anwenderseite ohne tiefer gehende technische Versand der Lieferung überprüft und optimiert.“ Kenntnisse, große Teile der Plattform selber zu editieren – Da das Spektrum möglicher Optimierungsmaßnahmen breit praktisch beispielsweise bei der Erstellung von Texten für das gefächert ist und sich ständig ändert, lautet seine Empfehlung: bei Onlineshoppern gefragte Storytelling. Das betrifft nicht „Think big – start small“. Zwei Mini-Relaunches pro Quartal nur Bilder und Texte, sondern auch viele andere Bereiche des in kleinen Teilprojekten seien deutlich ratsamer als ein kom- Shops. pletter Relaunch alle fünf Jahre. „So bleiben Shopbetreiber agil und flexibel, schonen ihre Ressourcen, behalten das Heft „Mit dem CommerceCockpit hat Shopmacher uns praktisch des Handelns stets in der Hand“, wirbt Roitzsch. vom Beifahrer- auf den Fahrersitz gesetzt“, sagt Zumnorde-
16 Geschäftsführer Thomas Zumnorde. „Unsere verschiedenen internen Teams können entlang unseres Marketingplans jederzeit und unkompliziert in Eigenregie Änderungen im Shop vornehmen, neuen Content erstellen, Kampagnen- und Sonderaktionen starten und vieles mehr. Das ist eine Funk- tion, die wir sehr schätzen und intensiv nutzen.“ Foto Zumnorde Über das Jahr 2017 hinweg hat Zumnorde viele kleinere, effiziente Optimierungen in Teilbereichen vorgenommen – vorbereitet und begleitet von nachprüfbaren Messergebnis- sen. „Auf Basis von Daten können wir verlässlich sehen, wo wir besser und kundennäher werden können und müssen an- schließend auch konkret nachprüfen, ob wir in den jeweiligen „Uns gefällt das Konzept der kontinuierlichen Optimierung Bereichen tatsächlich besser geworden sind“, so der Schuh- in kleinen, überschaubaren und nachprüfbaren Schritten“, so händler. Zumnordes Fazit. „Für uns wie wohl für jeden Shopbetreiber Für das Jahr 2017 wurden von Shopmacher zur Erreichung ist dabei besonders wichtig, dass die kleinen und überschau- der definierten Ziele 20 Entwicklertage pro Monat als baren Updates im Gegensatz zu umfangreichen Relaunches angemessen und zielführend erachtet. Im Rahmen dieses nicht große Teile unserer internen Ressourcen über lange Zeitkontingents werden in sogenannten Sprints aktuell Zeiträume binden und vor allem auf Anhieb beim Going-Live das mobile Frontend, Navigation und Checkout sowie die sofort problemlos funktionieren. Benutzerfreundlichkeit insgesamt optimiert. Im Bereich Die Erfolge, die unser Unternehmen im E-Commerce mit die- Dynamisierung und Personalisierung werden zum Beispiel ser Philosophie hat, sprechen für sich.“ Ohne konkrete Zahlen die Hinterlegung von Schuhgrößen, bevorzugten Farben und zu nennen, habe sich der online erzielte Umsatz gegenüber Styles, Hobbies und vieles mehr angelegt. den Vorjahren deutlich erhöht. Schuhhaus Zumnorde Das Schuhhaus Zumnorde ist ein traditionelles deutsches Famili- enunternehmen: Gegründet im Jahr 1887 von Heinrich Zumnorde im westfälischen Münster betreibt das Unternehmen heute neben dem Stammgeschäft am Münsteraner Prinzipalmarkt bundesweit 27 weitere stationäre Geschäfte. Im Jahr 2011 stieg Zumnorde in den Onlinehandel ein. Federführend für die Online-Aktivitäten ist Thomas Zumnorde, der als Mitglied der Geschäftsführung mittler- weile die 5. Generation an der Spitze des Schuhhändlers repräsen- tiert. Seit dem Jahr 2013 kooperiert Zumnorde mit Shopmacher aus dem ebenfalls westfälischen Gescher. Gemeinsam wurden Fokusthemen identifiziert: Die Verbesserung der Shop-Performance insgesamt, die Opti- Foto: Zumnorde mierung der Mobile Usability, die insbesondere für die Google-Rankings große Bedeutung hat, sowie die weitere Dynamisierung und Personalisierung der Shopinhalte. Den einzelnen Teilprojekten wurden Entwickler-Kontin- gente der Spezialisten von Shopmacher zugeordnet.
17 Schrey ist auf allen Kanälen präsent Digitale Welt und schöne Läden müssen sich nicht ausschließen. Das zeigt Intersport Schrey und beweisen, wie hervorragend ein Unternehmen im digitalen Zeitalter existieren kann. Wenn man offen ist zum Ausprobieren. N icole und Dirk Kaelber, Geschäftsführer von Inter- sport Schrey in Pforzheim, verkörpern den Typ mittelständischer Händler, den man nicht oft findet: Mut zum Risiko. Und den lassen sie sich auch etwas kosten. In Kaelbers Budget gibt es den Posten „Spielgeld“, und das ist einzig zum Ausprobieren vorgesehen. Da wird nicht groß mit den Köpfen gewackelt, ob und wie und wann sich so etwas rechnen könnte - zugreifen, testen, und dann wird man schon sehen, ob es sich lohnt. „Lieber geben wir dafür Geld aus, an- statt uns neue Autos zu kaufen“, sagt Dirk Kaelber. Foto: Schrey Sportfachhändlerin Kaelber: Digitale Welt und schöne Läden Schrey ist beispielsweise auf allen Kanälen präsent: Der Filmchen für die Facebookseite, bei dem sich die Männer mal Messenger-Dienst wird bespielt, Facebook sowieso, aber auch als Fußball-Nationalmannschaft verkleiden oder in Schnor- Twitter, Instagram, Pinterest, Tumblr und Youtube. Über- chelausrüstung schön albern auf der Straße herumhopsen. all ist Schrey präsent. Es wird gebloggt, gepostet, gechattet, Es geht aber auch ganz seriös digital zu bei Intersport Schrey, gestreamt. etwa mit elektronischen Etiketten, einem Intranet, Waren- Lernen mussten sie allerdings dabei, dass man die Mitarbeiter wirtschaft sowieso und einem Dokumentensystem, „das wir damit nicht überrumpeln darf. Denn vom Tatendrang ihrer seit 10 Jahren haben“, wie Nicole Kaelber sagt. Intern wird Chefs war die Belegschaft am Anfang überfordert, wie Nicole nur noch über eine App telefoniert, für die Kunden gibt es die Kaelber eingesteht. Also wurde für das Team ein „digitales sogenannten smarten Umkleidekabinen von Phizzard, bei Frühstück“ anberaumt, bei dem allen 40 Beschäftigten bei denen der Konsument per interaktivem Spiegel Ware nach- Kaffee und Brötchen die neue Strategie mitgeteilt wurde. ordern kann, falls ihm das, was er anprobiert hat, nicht passt Der Erfolg? Alle haben es verstanden, finden es gut - und oder gefällt. So braucht er nicht halbnackt durch den Laden zu beleben die Kanäle mit eigenen Beiträgen, etwa mit lustigen huschen, um sich eine andere Hose zu holen.
18 Feine Lederwaren aus Kirn in alle Welt Eigentlich wollte Christiane Brunk Ägyptologie studieren, doch es wurde Betriebswirt- schaft draus. Dann wollte sie eigentlich nur in den Hunsrück zurück, um ihrem Vater bei der Einführung der neuen Unternehmenssoftware zu helfen – und nicht etwa, um in vierter Generation das Familienunternehmen anzuführen. Doch auch das kam anders. I m Jahr 1992 hatte die Betriebswirtin gerade ihren Job als Beraterin aufgegeben und ein paar Monate frei, bis sie bei einem neuen Arbeitgeber anfangen wollte und kam der Bitte des Vaters nach. „Dann habe ich schnell entdeckt, dass mir die Mitarbeit in unserem Familienunternehmen liegt und den anderen Job wieder abgesagt“, erinnert sich die Geschäftsführende Gesell- schafterin der Braun GmbH & Co. KG, die in zwei Kollektio- nen pro Jahr hochwertige Taschen und Kleinlederwaren für Fotos. Braun Büffel Herren und Damen produziert. Gegründet wurde der Markenhersteller für feine Lederwaren bereits im Jahre 1887 „durch meinen Urgroßvater Johann Braun in Kirn an der Nahe, damals als Sattler- und Polster- betrieb“, berichtet Christiane Brunk. „Er hätte mit Sicherheit Christiane Brunk: Familienunternehmerin in 4. Generation nicht in seinen kühnsten Träumen daran gedacht, dass er mit der Gründung des kleinen Ein-Mann-Handwerksbetriebs den Grundstein für eine internationale Lederwarenmarke legt.“ 200 Handelsunternehmen die Produkte von Braun Büffel im Der Büffel, der Kraft und die Affinität zu Leder symbolisiert, Sortiment. kam als Markenzeichen 1974 hinzu, weil „Braun“ als Wort- Management, Marketing, Design, Service, Qualitätskontrolle marke schlecht zu schützen war. und Teile der Produktion „Made in Germany“ kommen zudem auch in Ostasien, Australien und Russland ziemlich gut an. Dort arbeiten die Kirner mit Vertriebspartnern zusammen. „Durch die Fertigung in Deutschland haben wir in vielen Län- dern eine Sonderstellung“, erläutert Christiane Brunk. Der Hersteller setzt zudem auch auf eigene Läden. In Europa ist Braun Büffel mit einem eigenen Ladengeschäft in Mün- chen und drei Outlets vertreten. In Asien ist die Marke seit knapp 40 Jahren aktiv. Heute hat der Markenhersteller 70 Department Stores in China, 20 in Malaysia, 14 in Indonesien und den Philippinen sowie 6 in Singapur, unter anderem in dem berühmten Hotel Marina Bay Zu den Kernabsatzmärkten des Mittelständlers gehören „Meinem Vater und mir war es wichtig, Deutschland, Österreich und die Schweiz, Großbritannien und die Benelux-Länder. Allein in Deutschland werden die dass das Handwerk der Feintäschnerei Produkte an 700 Verkaufsstellen angeboten, unter anderem bei Galeria Kaufhof, das auch schon mal ein komplettes Schaufenster mit den edlen Geldbörsen bestückt. hierzulande nicht ausstirbt.“ Christiane Brunk In den anderen europäischen Ländern haben noch einmal gut Sponsored by
19 Sands, dessen Hashtag #marinabaysands allein auf Instagram auf mehr als eine Million öffentliche Selfie-Beiträge kommt. Seit März 2016 ist der Webshop www.braun-bueffel.com online. „Ich bin von der Entwicklung des Shops positiv über- rascht. Erst hatten wir ein bisschen Sorge, was unsere Partner aus dem Handel dazu sagen. Aber wie schon bei der Eröffnung der eigenen Boutique in München im Jahr 2012 hat sich ge- zeigt, dass unsere Internet- und stationäre Präsenz durchaus gute Marketingmaßnahmen sind, die auch unseren Handels- partnern zugutekommen.“ Die Nahe-Region gilt als Wiege der deutschen Feintäschnerei, heute ist Braun Büffel als eines der letzten Unternehmen dort tätig. Handgefertigt werden die Lederprodukte in Kirn und in Das Familienunternehmen Braun Büffel fertigt seit 130 hochwertige Asien. „Wir beschäftigen 50 Mitarbeiter in Deutschland und Lederwaren. Auch für den asiatischen Markt. 250 weltweit“, sagt Christiane Brunk. „Meinem Vater und mir Interessierte viel über das traditionsreiche Handwerk, die Unterschiede beim Leder und die vegetabile Gerbung lernen, bei der keine Chemikalien sondern natürliche Gerbstoffe ver- wendet werden. Zudem hat der Mittelständler einen Repara- turservice und bildet künftige Feintäschner aus. Wenn auch auf Umwegen ist die Chefin des Familienunter- nehmens heute genau da, wo sie sein will: „Seit 130 Jahren verarbeiten wir das edle Material Leder, Stich für Stich, mit Präzision und Leidenschaft. Aus unseren schnörkellosen Fotos: Braun Büffel Designobjekten spricht die ganze Kraft und Feinheit des Leders. Da kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als diese Tradition zu bewahren“, schwärmt Christiane Brunk. war es wichtig, dass das Handwerk der Feintäschnerei hierzu- lande nicht ausstirbt.“ In der Vergangenheit sei es nicht immer so einfach gewesen, den Standort Deutschland zu bewahren, aber der Konsument ändert sich, beobachtet die Braun-Büffel-Chefin: „Heute wollen immer mehr Menschen wissen, woher die Sachen kommen, die sie kaufen. Dieser neue Qualitätstrend kommt uns natürlich zugute.“ So bietet Braun Büffel Feintäschner-Workshops an, bei denen Sponsored by
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