Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land
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INHALT 04 VORWORT 06 KAPITEL 1: STADT BAUEN FÜR ALLE 08 Einleitung DAS GROSSE GANZE IM BLICK: BAUEN FÜR MEHR BERLIN 12 Essay WER BAUT, HAT VERANTWORTUNG. Markus Lewe, Vizepräsident des Deutschen Städtetages 16 Instrumente MIT ERFAHRUNG, EXPERTISE UND MUT ZUM EXPERIMENT: UNSER KNOW-HOW FÜR DIE STADTENTWICKLUNG 20 KAPITEL 2: AUS UNSERER PRAXIS 22 Intelligentes Energiemanagement: PILOTPROJEKT IN KÖPENICK 26 Soziokulturelle Infrastruktur: SOZIALE QUARTIERSENTWICKLUNG IM MÄRKISCHEN VIERTEL 30 Visionen, urbane Mobilität & Smart City: WATERKANT BERLIN 02 GEMEINSAM STADT ENTWICKELN
34 Die Stadt weiterbauen: WOHNEN AM LICHTENBERGER RATHAUSPARK 38 Effizient und gut bauen: DER PROTOTYP TYPENHAUS PLUS 42 Komplexe Quartiersentwicklung: DAS MODELLPROJEKT HAUS DER STATISTIK 46 KAPITEL 3: GEMEINSAM MIT DER STADTGESELLSCHAFT 48 Partizipation im Wohnungsbau MITEINANDER: TEILHABE AN DER ENTWICKLUNG BERLINS 54 Interview STÄDTISCHE WOHNUNGSBAUGESELLSCHAFTEN SIND EIN GROSSER GEWINN Joost Nieuwenhuijzen, Geschäftsführer der European Federation for Living 58 DIE LANDESEIGENEN IM ÜBERBLICK 60 IMPRESSUM INHALT 03
VORWORT Es geht ums große Ganze und um jede*n Einzelne*n – um das Wohnen und Leben in Berlin. Mit rund 320.000 Wohnungen im Bestand und mehr als 55.000 Wohnungen, die sich momentan im Bau und in Planung befinden, gestalten wir, die sechs landeseigenen Wohnungs- baugesellschaften, unsere Stadt maßgeblich mit. Das ist eine große Verantwortung. Denn was wir heute und in den kommenden Jahren bauen, wird die Stadt in den nächsten Jahrzehnten prägen. „G emeinsam Stadt entwickeln“ heißt So schaffen wir Landeseigenen dauerhaf- für uns, dass wir uns den Heraus ten Mehrwert für die Stadtgesellschaft. forderungen der wachsenden Stadt Wie wir das praktisch in unserer täglichen stellen. Stadtentwicklung ist kein linearer Arbeit erreichen, und welche Instrumente Prozess, sondern ein teilweise iteratives wir dafür entwickelt haben, zeigen wir Aushandeln von komplexen, sich auch auf den folgenden Seiten. widersprechenden Interessen und Zielen. In diesen Prozess bringen wir unsere Kom „Wer baut, hat Verantwortung“, heißt es in petenzen und unsere langjährige Erfahrung dem Essay, den der Präsident des Deutschen im Planen, Bauen und Bewirtschaften von Städtetages für dieses Heft beigetragen hat. Immobilien ein. Dieser Verantwortung stellen wir uns mit Leidenschaft, Engagement und Kompetenz. Wir entwickeln uns stetig weiter. Wir inter Wir bauen Berlin – wir bauen unsere agieren mit einer Vielzahl von Stakeholdern gemeinsame Zukunft. und kooperieren mit Partnern aus Wissen schaft und Wirtschaft. Wir sorgen nicht nur für das dringend benötigte Mehr an Woh nungen. Wir bauen qualitativ hochwertigen, städtischen Lebensraum für die kommen den Generationen: ein sicheres und bezahl bares Zuhause, lebendige und lebenswerte Nachbarschaften, sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Quartiere. VORWORT 05
Die Landeseigenen bieten bereits heute mehr als einer halben Million Berliner*innen ein Zuhause. Mehr als 55.000 Neubau-Wohnungen für rund 100.000 Menschen sollen in den nächsten Jahren dazukommen. Das ist eine ganze Stadt in der Stadt. Wer diese Wohnungen baut, gestaltet also mit. Worin liegen die besonderen Stärken der Landeseigenen? Welche gemeinsame Vision verbindet sie? Welchen Beitrag leisten sie für Berlin? Und welchen Mehrwert bringen die Landeseigenen der Stadtgesellschaft? Diese Fragen beantworten wir im Folgenden. STADT BAUEN FÜR ALLE 07
Einleitung DAS GROSSE GANZE IM BLICK: BAUEN FÜR MEHR BERLIN Sechs landeseigene Wohnungsbaugesellschaften – ein Auftrag: Gutes, bezahlbares Wohnen in lebenswerten Quartieren für alle. Für diejenigen, die schon lange in der Stadt leben, die gerade angekommen sind oder erst noch kommen werden. Wir gestalten Berlin neu und bauen es nachhaltig weiter. B erlin ist eine Mieter*innenstadt. etwa einem Fünftel des gesamten Mietwoh Von den rund 1,9 Millionen Wohnun nungsbestandes in Berlin. Alleine durch gen werden 1,6 Millionen vermietet. diesen Marktanteil sind die Landeseigenen Mehr als vier Fünftel der 3,7 Millionen ein bedeutender Akteur in der Berliner Einwohner*innen wohnen zur Miete. Wohnungswirtschaft. Wir bieten aber In keiner anderen deutschen Großstadt mehr als Wohnraum. ist dieser Anteil so hoch. Und Berlin wächst dynamisch; bis zum Jahr Was uns von anderen Wohnungs 2030 werden hier 180.000 anbietern unterscheidet, mehr Menschen leben als »Was ist der öffentliche Versor heute. Das ist eine große uns von anderen gungsauftrag, den wir Herausforderung, aus voller Über aber auch eine Wohnungsanbietern zeugung wahr Chance, denn unterscheidet, nehmen. Unser mit dem ist der öffentliche Eigentümer Neubau dieser Versorgungsauftrag, den ist das Land Wohnungen kön Berlin. Wir nen wir die Stadt wir aus voller Über- verfolgen eine auch ein gutes Stück zeugung wahr- ausgewogene und weit umbauen. Es geht nehmen.« bedarfsgerechte Mieten um mehr als nur vier Wän politik und stehen zu unse de und ein Dach über dem Kopf. rer Verantwortung für Stadt Wir machen Berlin auch vielfälti und Gesellschaft. Wir bauen und ger, smarter und klimagerechter. bewirtschaften gute und langfristig bezahlbare Wohnungen für unter Gemeinsam verfügen degewo, GESOBAU, schiedlichste Bewohnergruppen. Jede Gewobag, HOWOGE, STADT UND LAND der sechs Gesellschaften agiert dabei aus und WBM derzeit über einen Bestand von jahrzehntelang gewachsener Expertise und rund 320.000 Wohnungen. Das entspricht tiefer Verwurzelung in ihren Kiezen. 08 EINLEITUNG
Unser Ziel sind lebenswerte und bezahlbare Quartiere für alle Berliner*innen. Hier Wir machen Berlin smarter, investieren wir und unternehmen enorme Anstrengungen. Mehr als 55.000 neue indem wir neue Techno Wohnungen planen die Landeseigenen logien für innovative derzeit. Diese Neubauprojekte bringen wertvolle Infrastruktur mit. So entstehen Mobilitäts-, Wohn- und zum Beispiel neue Spielplätze mit einer Energiekonzepte erproben Gesamtfläche von mehr als 20 Hektar, mehr als 110.000 Fahrradstellplätze und neue und anwenden. Kitas für mindestens 2.400 Kinder. Dazu kommen Mobilitätsstationen, Quartier treffs, öffentliche Plätze und Grünanlagen, Wir bauen schnell, effi- Gewerbeflächen, Co-Working-Spaces, zient und qualitätsvoll. Atelierräume und vieles mehr, was eine Nachbarschaft lebens- und liebenswert Qualität und Menge sind macht. Unsere neuen Quartiere entwickeln kein Gegensatz. wir auf der Grundlage gemeinsam erarbei teter Leitlinien für Partizipation. Wir stützen den sozialen Dauerhafter gesellschaftlicher Mehrwert kann nur auf einer soliden wirtschaftlichen Zusammenhalt in der Grundlage entstehen. Stadt durch professionelle und engagierte Betreuung Wir leisten unseren Beitrag und Entwicklung unserer für ein vielfältiges Berlin, in- Quartiere. dem wir die Impulse aus der Stadtgesellschaft aufneh- Wir bauen die Stadt weiter, men und mit den zivilgesell- indem wir Neubauten orga- schaftlichen Akteur*innen nisch aus den gewachsenen gemeinsam und auf Augen- Kiezen heraus entwickeln. höhe komplexe Quartiere entwickeln. Um diese Ziele zu erreichen, haben wir Instrumente entwickelt, die wir in dieser Publikation vorstellen. Dabei tauschen wir Wir unterstützen die Vision uns kontinuierlich aus, teilen Erfahrungen eines klimaneutralen Berlins, untereinander und kooperieren eng, wo dies Sinn macht. Wir sind Spezialist*innen indem wir unsere Bestände für komplexe und anspruchsvolle Entwick energieeffizient und klima- lungsaufgaben – angetrieben nicht vom Shareholder Value, sondern vom Anspruch, schonend bauen, sanieren einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaf und bewirtschaften. fen. Wir sind überzeugt, dass sich das lohnt. Für unsere Stadt. Für ein Mehr an Berlin. www.inberlinwohnen.de STADT BAUEN FÜR ALLE 09
DIE LANDESEIGENEN: BAUEN FÜR MEHR BERLIN Die sechs landeseigenen Berliner Wohnungsbauunternehmen degewo, GESOBAU, Gewobag, HOWOGE, STADT UND LAND und WBM sind zuverlässige und starke Partner bei der Versorgung mit bezahl- barem Wohnraum in der Hauptstadt und in der Region. Fest in den Kiezen verwurzelt, sozial engagiert und wirtschaftlich solide. Fast 3,7 Millionen Reinickendorf 960 Menschen leben heute in Berlin. Mitte 2.690 Spandau 6.800 + 180.000 Die Prognosen Charlottenburg- erwarten bis Wilmersdorf 540 2030 einen Anstieg um weitere 55.000 Tempelhof- Schöneberg hnungen in N e u b a u wo 1.700 180.000 rteilen sich Planung ve Berlin Steglitz- Einwohner*in- über ganz Zehlendorf 1.000 nen. 10 EINLEITUNG
Sozial und verantwortungs- Gemeinsam verfügen die Landes bewusst eigenen derzeit über einen Bestand von rund 320.000 Wohnungen. Im Rahmen der Das entspricht etwa einem Fünftel Quartiersentwicklung des gesamten Mietwohnungsbes tandes spielt das bedarfs in Berlin. gerechte Mitdenken der Infrastruktur eine Aktuell planen die Landeseigenen mehr wesentliche Rolle. Ob zusätzliche als 55.000 neue Wohnungen und deren Infrastruktur. Spielplatzflächen, Kitaplätze oder Fahrradstellplätze: Die landeseigenen Es entstehen neue Kitas für mindes- Wohnungsbauunter tens 2.400 Kinder sowie Spielplätze nehmen denken die strukturellen mit einer Gesamtfläche von mehr als Anforderungen mit. 200.000 qm. Das entspricht in etwa 28 Fußballfeldern oder einem Drittel des Großen Tiergartens. Pankow 6.240 200.000 Quadratmeter Marzahn- Hellersdorf Mehr als 110.000 Fahrrad 9.460 stellplätze stehen in den Quartieren Lichtenberg zukünftig zur Verfügung. Friedrichshain- 11.680 Kreuzberg 3.590 Neukölln 2.380 Treptow- Köpenick 8.490 STADT BAUEN FÜR ALLE 11
ESSAY »WER BAUT, HAT VERANT- WOR- TUNG.« 12 ESSAY
Was sind lebenswerte Städte? Welchen Beitrag leisten die kommunalen Wohnungsbau unternehmen? Auf die erste Frage gibt es eine einfache Antwort: Lebenswerte Städte bieten den Menschen Entfaltungsmöglichkeiten zur Selbstverwirklichung und Aufenthaltsräume, in denen sie sich sicher und zuhause fühlen. Das dürfte in jeder Stadt aller- dings etwas anders aussehen. Das ist auch gut so! Denn es muss immer Gegenstand demokratischer Auseinandersetzung sein, zu Zielbildern und Maßnahmen für die bestmögliche Stadt zu gelangen. In der Vielfalt des Ausdrucks von Lebensqualität liegt auch die Qualität der Städte. Eine Blaupause für „die lebenswerte Stadt“ gibt es demnach nicht. STADT BAUEN FÜR ALLE 13
D ie Frage nach dem Beitrag, den Strategien einbinden. So leisten sie einen kommunale Wohnungsbauunter wichtigen Beitrag für lebendige (digitale) nehmen für die „lebenswerte Stadt“ Nachbarschaften und sichern Teilhabe leisten können, ist differenziert zu betrach in Zeiten zunehmender Diversifizierung. ten. Aus den räumlichen, demografischen, Dabei gilt es, faire digitale Strukturen für technischen und sozialen Entwicklungen in die Kunden aufzubauen. Deutschland erwachsen Chancen und Risi ken für die Wohnungswirtschaft. Darüber Neue Wohnwünsche und damit verbundene hinaus gibt es zahlreiche Erwartungen der alternative Grundriss- und Nutzungskon jeweiligen Stakeholder. Dies gilt insbeson zepte wie Clusterwohnen, Collaborative dere für die kommunalen Wohnungsbau Living oder Co-Housing sowie die voran unternehmen, die den Gemeinwohl- und schreitende Verkleinerung der Haushalte bei Gewährleistungsauftrag der Städte sichern gleichzeitigem Sog der Zentren stellen die sollen. Die Städte verzeichnen steigende kommunale Wohnungswirtschaft vor neue Anforderungen in den Bereichen Verkehr Herausforderungen. Auch die Frage nach und Mobilität, Kommunikation und Ener einem sozial-fürsorgerischem Ansatz zur gieversorgung, ebenso in den Bereichen Wohnraumversorgung für gering ver Partizipation und Integration. Diese dienende Menschen sowie Rentner gehen einher mit steigenden Anfor haushalte und Personen im Trans derungen an die kommunalen ferleistungsbezug wird eine Wohnungsbauunternehmen. wichtige Rolle spielen. Digitale Informations- und »Städte Kommunikationstech Dabei ist entscheidend, nologien könnten und kommu - ob und wie der ein Baustein zur nale Wohnungs- durchschnitt Lösung der bauunternehmen liche Flächen vielfältigen konsum pro Ansprüche sein. müssen aktiv Wohnungs- Kopf – auch Die Herausforde bau- und Bauland- im geförderten rung für kommunale Wohnungssektor – Wohnungsbauunter politik betrei- auf ein Maß begrenzt nehmen besteht nun darin, ben.« werden kann, das den einerseits Vorreiter und Trei Nachhaltigkeitskriterien, ber intelligenter Quartiere und den öffentlichen Finanzie Städte zu sein und andererseits rungskapazitäten und der gebo nicht ihren grundlegenden Versor tenen Verringerung der Lebens gungsauftrag aus den Augen zu verlieren. zykluskosten des Wohnens Rechnung trägt. Spätestens an diesem Punkt wird Zentrale Aufgaben und neue die Verantwortung des Bauherren für die Herausforderungen Allgemeinheit deutlich. Die Versorgung breiter Schichten der Be Kooperative Bündnisse völkerung mit angemessenem und bezahl für das Wohnen barem Wohnraum bleibt weiterhin zentrale Aufgabe der kommunalen Wohnungsbau Die aktuell im politischen Raum diskutier unternehmen. Sie müssen daher eine fast ten Lösungsansätze machen die immense schon ubiquitäre Rolle einnehmen – sowohl Verantwortung deutlich. Die Stimmen hinsichtlich der Entwicklung eigener Ange reichen von einer massiven Deregulierung bote als auch in Zusammenarbeit mit ver im Bereich des Bau- und Planungsrechts schiedenen Kooperationspartnern. Hierzu sowie des Normungswesens (Kostenreduk zählen insbesondere die Berliner Stadtwerke tion beim Wohnungsbau), über steuerliche und weitere kommunale Unternehmen. Förderung (Anhebung der linearen Afa oder Smart Living Technologien sind nicht nur Sonder-Afa) bis hin zur deutlichen Verschär ein wichtiger Baustein für die Sicherung fung des Mietrechts („Mietenstopp“ und eines altengerechten Wohnens, sie lassen „Mietendeckel“). Auch die Wünsche nach sich auch in die Umsetzung von Smart City einer Wiedereinführung der Wohnungs 14 ESSAY
gemeinnützigkeit oder einer Vergesellschaf tung („Rekommunalisierung“) privater Wohnungsunternehmen („Deutsche Wohnen & Co enteignen!“) zeigen die Vielfalt der aktuellen Debatte. Doch gerade die Frage einer stärkeren Gemeinwohlorientierung in der Wohnungs politik muss auf der lokalen bzw. regionalen Ebene beantwortet werden. Dabei ist zu klären, ob und inwieweit die Städte und ihre kommunalen Wohnungsbaugesellschaften eine aktive Rolle übernehmen können und sollen. Die sowohl auf regionaler als MARKUS LEWE, VIZE auch kommunaler Ebene weit verbreiteten PRÄSIDENT DES DEUTSCHEN Bündnisse für Wohnen bieten gute Rahmen bedingungen, den Wohnungsmarkt im STÄDTETAGES öffentlichen Segment kooperativ weiterzu entwickeln. Diese Bündnisse schaffen nicht Markus Lewe (*1965) ist seit 2009 nur eine konstruktive Kommunikations Oberbürgermeister der Stadt Münster. plattform für alle Akteure des Wohnungs Der studierte Verwaltungswirt war markts, sondern gerade auf lokaler Ebene darüber hinaus in 2018 Präsident des Transparenz über die örtlichen Gegebenhei Deutschen Städtetages. Seit Juni 2019 ten und die verschiedenen Interessenlagen. ist er dessen Vizepräsident. Markus Lewe ist verheiratet und hat fünf Kinder. Bauen ist Verantwortung Das Zusammenwirken der Kommunen mit ihren Wohnungsbauunternehmen und die Kooperation der Kommune mit Genossen schaften und privaten Eigentümern bieten Anknüpfungspunkte im Spannungsfeld zwischen Gemeinwohlorientierung und gewinnorientiertem Unternehmenshandeln. Sowohl eine Stärkung der kommunalen Wohnungswirtschaft und der Wohnungs baugenossenschaften als auch alle Formen der wohnungswirtschaftlichen Vereinba rungen mit den privaten Eigentümern auf kommunaler Ebene können in angespannten Wohnungsmärkten einen beruhigenden Effekt auf die Mietentwicklung haben. Insofern übernehmen diejenigen, die bauen, auch Verantwortung. Wir sollten diese Verantwortung annehmen. Dafür müssen sowohl die Städte als auch die kommunalen Wohnungsbauunternehmen in die Lage versetzt werden, aktiv Wohnungsbau- und Baulandpolitik zu betreiben. STADT BAUEN FÜR ALLE 15
Instrumente MIT ERFAHRUNG, EXPERTISE UND MUT ZUM EXPERIMENT: UNSER KNOW-HOW FÜR DIE STADT ENTWICKLUNG 16 INSTRUMENTE
Die Landeseigenen haben aufgrund ihres breiten Erfahrungsspektrums, ihres jahrzehntelangen sozialen Engagements und der lokalen Ver wurzelung jeweils besondere Kompe tenzen für die Herausforderungen der wachsenden Stadt entwickelt. Auf den folgenden Seiten öffnen wir unseren Instrumentenkoffer und zeigen in aktuellen Praxisbei spielen dessen Anwendung: Komplexe Quartiersentwicklung: Modellprojekte für kooperative Stadtgestaltung Transparent und kooperativ gestaltete Prozesse sind die Grundlage für komplexe Entwicklungsvorhaben der öffent- lichen Hand, die Initiativen aus der Stadtgesellschaft auf Augenhöhe einbinden und unterschiedlichsten Nutzungs- anforderungen gerecht werden. Um Mitgestaltung, Freiräu- me und Selbstorganisation in der Quartiersentwicklung zu ermöglichen, bedarf es einer hohen Dialog- und Kooperati- onsbereitschaft von allen Beteiligten, allen voran auf Seiten der Wohnungsbauunternehmen. Umfangreiches Prozess- Know-how ist hier gefragt. Am Beispiel des Modellprojekts „Haus der Statistik“ zeigen wir, welche Erfahrungen die WBM mit kooperativen und koproduktiven Quartiersentwicklun- gen gesammelt hat und wie sie diese fortlaufend in anderen Kooperationsverfahren wie im „Dragoner Areal“ oder im Moabiter Quartier Rathenower Straße 16 erweitert. STADT BAUEN FÜR ALLE 17
Die Stadt weiterbauen: Kiezerweiterungen im Zusammenspiel von Neubau und Bestand Berlin hat verglichen mit anderen deutschen oder europäischen Metropolen noch immer innerstädtische Flächenpotenziale, die ein Weiterbauen der Stadt aus sich heraus ermöglichen. Die Kon zepte für die Weiterentwicklung der Stadt sind vielfältig. Eines sollte aber immer gelten: Respekt vor der gebauten Stadt. Wett bewerbliche Verfahren sowie Machbarkeitsstudien in Varianten sind in diesem Zusammenhang wichtige Instrumente, um eine städtebauliche und architektonische Qualität zu sichern und gleichzeitig die Besonderheiten jedes Kiezes zu berücksichtigen. Gleichzeitig müssen bestehende Nutzungen identifiziert und quali fiziert in das neue Quartier integriert werden. Auf diesem Weg lässt sich Identität bewahren, was insbesondere für die Akzeptanz der Anwohner bei der Schaffung von neuem Wohnraum von gro- ßer Bedeutung ist. Mit der respektvollen Weiterentwicklung des Bestehenden städtischen Mehrwert schaffen – was das konkret in der Praxis urbaner Nachverdichtung bedeuten kann, wird im Lichtenberger Rathauskiez anhand von zwei Neubauprojekte deut- lich, deren Umsetzung die HOWOGE verantwortet. Intelligentes Energiemanagement: Innovative Lösungen für klima schonendes Bauen und Wohnen Bis 2050 will Berlin eine klimaneutrale Stadt sein. Mit dem Einsatz erneuerbarer Energien, der Anwendung innovativer Effizienztechnologien und der Entwicklung einer zukunfts- fähigen Infrastruktur leisten die landeseigenen Wohnungs- baugesellschaften einen wichtigen Beitrag zur Energie- wende und zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Sowohl im Neubau als auch bei der Bestandssanierung setzen wir konsequent auf nachhaltige Energiekonzepte und starten Pilotprojekte. degewo hat ihre Kompetenzen rund um Ener- gie & digitale Infrastrukturen in einem eigenem Tochterun- ternehmen gebündelt – der degewo netzWerk GmbH. Das Wohnensemble an der Joachimstraße in Treptow-Köpenick zeigt beispielhaft, dass innovative Lösungen wie ein Block- heizkraftwerk nicht nur umweltschonend, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sind. 18 INSTRUMENTE
Effizient und gut bauen: Neue Typen und Standards für Effizienz und Qualität im Wohnungsbau Die Standardisierung und Typisierung von Bauteilen und modulare Entwurfskonzepte können Planungs- und Bauzeiten verkürzen. Die Produktion hoher Stückzahlen reduziert zudem die Herstellungskosten. Deshalb beschäftigen sich die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften intensiv mit der Weiter- Smart City: entwicklung des Typenbaus und haben dafür Studien Neue Technologien für und Wettbewerbe für neue Wohnungsbautypen in Auftrag gegeben. Exemplarisch ist hier das modulare innovative Mobilitäts- und Wohnungsbaukonzept, das die Wohnungsbaugesell- Energiekonzepte schaft STADT UND LAND mit dem Typenhaus Plus in Marzahn-Hellersdorf realisiert hat. Berlin als intelligent vernetzte, zukunftsfähige, post- fossile und resiliente Stadt – dieser Vision dient die Smart City Strategie des Berliner Senats. In den Kiezen, also auf der Ebene der Quartiersentwicklung, setzen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gemeinsam mit Partner*innen aus der Forschung, Wirtschaft und Verwaltung vor allem bei der Energieversorgung und neuen Mobilitätskonzepten auf smarte Technologien. Beispielhaft ist hier das Quartier WATERKANT Berlin in Spandau direkt an der Havel. Im Rahmen eines bundes- weiten Pilotprojekts wird es zum Labor für integrierte Mobilitätslösungen – unter maßgeblicher Beteiligung der Gewobag. Soziokulturelle Infrastruktur: Ganzheitliches Quartiersmanage- ment für sozialen Zusammenhalt, Integration und Teilhabe für alle Generationen In den Quartieren, die wir entwickeln und betreuen, leben oft mehrere Tausend Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Einkommens und Alters zusammen. Deshalb kümmern wir uns auch um die soziokulturelle Infrastruktur. Räume, die als Stadtteiltreffs oder Beratungs- stellen genutzt werden können, Mitarbeit in Gremien sowie die Unterstützung von Nachbarschaften, Projekten und Kooperationen – ein ganzheitliches, soziales Quartiers management hat viele Facetten. Exemplarisch wird das im Märkischen Viertel deutlich, wo die GESOBAU mit großem Engagement, innovativen Ansätzen und Kooperationen zum sozialen Zusammenhalt beiträgt. STADT BAUEN FÜR ALLE 19
AUS UNSERER PRAXIS 20 KAPITEL 2
Intelligentes Energiemanagement: Pilotprojekt in Köpenick Soziokulturelle Infrastruktur: Soziale Quartiersentwicklung im Märkischen Viertel Visionen, urbane Mobilität & Smart City: WATERKANT Berlin Die Stadt weiterbauen: Wohnen Am Lichtenberger Rathauspark Effizient und gut bauen: Der Prototyp Typenhaus Plus Komplexe Quartiersentwicklung: Das Modellprojekt Haus der Statistik AUS UNSERER PRAXIS 21
Intellligentes Energiemanagement PILOTPROJEKT IN KÖPENICK Kommunale Wohnungsbauunternehmen leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Energiewende: Mit dem Einsatz erneuerbarer Energien, der Anwendung innovativer Effizienztechnologien und der Entwicklung einer zukunftsfähigen Infrastruktur können sie ressourcenschonend planen. In einer Wohnanlage in Treptow-Köpenick hat degewo erstmalig in Eigen regie ein Blockheizkraftwerk zur Strom- und Wärmegewinnung eingebaut. Sie bietet Mieterstrom an. Die Neubauten wurden nicht nur nachhaltig und kostengünstig geplant und gebaut, sondern werden auch klima schonend vor Ort mit Energie und Wärme versorgt. 22 INTELLLIGENTES ENERGIEMANAGEMENT
LAGE: Bezirk Treptow-Köpenick, Joachimstr. 8a–e, Joachimstr. 1–7 / Lindenstr. 6, 7 GRÖSSE: ca. 11.000 qm BGF WOHNEINHEITEN: 68, 5.060 qm (Joachims tr. 8a–e) / 133, 9.280 qm (Joachimstr. 1–7 / Lindenstr. 6, 7), davon mehr als die Hälfte E barrierearm inem ganzheitlichen Ansatz zu folgen WEITERE NUTZUNGEN: Sonderwohnformen und Ökonomie, Ökologie, Soziales für Jugendliche und MS-Erkrankte, Kinder und Architektur wie auch Städtebau tagesstätte, Büro- und Gewerbeflächen miteinander zu betrachten – im Bereich des BAUBEGINN: 11/2013 (Joachimstr. 8a–e), 10/2016 nachhaltigen geförderten Wohnungsbaus ist (Joachimstr. 1–7 / Lindenstr. 6, 7) dies nicht nur eine Verpflichtung, sondern FERTIGSTELLUNG: 03/2015 (Joachimstr. 8a–e), gleichzeitig auch eine Herausforderung. 09/2018 (Joachimstr 1–7 / Lindenstr. 6, 7) Ein Beispiel für fortschrittliches Energie PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER: degewo, management sind die degewo-Neubauten netzWerk GmbH, degewo bauWerk, GETEC in der Joachimstraße / Lindenstraße in ENERGIE AG, Gewers & Pudewill GmbH Treptow-Köpenick: Hier versorgen – je nach (Architekturbüro), Independent Living Gebäude – ein eigenes Blockheizkraftwerk und Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft und eine eigene Solarthermieanlage die Landesverband Berlin e.V. Mieter*innen mit „hausgemachtem“ Strom bzw. Wärme. Die Wohnanlage, die aus elf Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 201 Wohnungen, Gewerbeflächen und einer Kita besteht, wurde in einem ersten Bauabschnitt zwischen 2013 und 2015 (Joachimstraße Die von der Sonne erzeugte Wärme wird in 8a–e) und in einem zweiten (Joachimstr. eine Heizzentrale im Untergeschoss geführt 1–7, Lindenstr. 6, 7) zwischen 2016 und 2018 und von dort je nach Bedarf dezentral verteilt. errichtet. In der Heizzentrale befinden sich außerdem Solarpufferspeicher. Sie speichern die tags Strom, hausgemacht. über erzeugte Wärme und halten sie für den Abend bzw. den nächsten Tag vor. Die Anlage Über das Blockheizkraftwerk wird für arbeitet nach dem Prinzip „Verbrauch vor das Ensemble des ersten Bauabschnitts in Speicherung“: Nur wenn die erzeugte Wärme der Joachimstraße 8a–e Strom gewonnen – nicht sofort für Trinkwassererwärmung oder umweltschonend und kostengünstiger als die Heizkreise genutzt werden kann, werden das Angebot des örtlichen Grundversorgers. die Solarpufferspeicher beladen. Damit ist Eingerichtet wurde es vom degewo-Tochter die Anlage noch einmal effizienter als kon unternehmen netzWerk GmbH. Darüber ventionelle Solarthermieanlagen. hinaus bietet degewo ihren Mieter*innen einen eigenen Stromtarif an. Partner des Dass ökologisches Bewusstsein und Wirt Pilotprojekts in der Joachimstraße 8 ist der schaftlichkeit keinen Widerspruch bilden Energiedienstleister Berliner Energieagen müssen, sondern sich sogar gegenseitig tur, der den Strom an alle interessierten bedingen, zeigt ein weiteres Beispiel: Bei Mieter*innen liefert, momentan an rund der Gestaltung der Außenflächen wurde ein zwei Drittel der Mieter*innen im Objekt. sogenanntes Mulden-Rigolen-System einge baut, eine umweltfreundliche Methode der Für die Gebäude des zweiten Bauabschnitts Regenwasserversickerung. Da das innovative wurde eine große Solarthermieanlage Entwässerungssystem zusätzlich die Ab errichtet. Sie besteht aus 85 einzelnen Solar wassergebühren senkt, profitiert nicht nur kollektoren, die auf verschiedenen Haus die Umwelt, sondern auch die Mieter*innen dächern des Ensembles aufgestellt wurden. in Form niedrigerer Betriebskosten. AUS UNSERER PRAXIS 23
Die neu erbauten Mehr- familienhäuser in der Köpenicker Joachimstra- ße werden mit einem Erdgas-Blockheizkraftwerk versorgt, das neben Wärme auch Strom pro duziert und dabei hoch effizient ist. 24 INTELLLIGENTES ENERGIEMANAGEMENT
Nachhaltige Konzepte für den Wohnungsbau NACHGEFRAGT BEI Sowohl im Neubau als auch bei Sanierungen JACQUELINE BRÜSCHKE, setzt degewo konsequent auf nachhaltige LEITUNG BAUWERK Energiekonzepte. Im Bereich der Wärme versorgung konnten die CO2-Emissionen der degewo-Gebäude seit 1990 mehr als halbiert werden. 71% der aktuellen Versorgung Jacqueline Brüschke ver der degewo-Gebäude erfolgt aus Anlagen, antwortet als Leiterin die Wärme ganz oder anteilig aus Kraft- des degewo-internen Wärme-Kopplung oder regenerativen Ener Planungsbüros degewo gien erzeugen. bauWerk die Neubau vorhaben der landes Um den stetig wachsenden Aufgaben des eigenen Wohnungsbau Energiemanagements im Bestand und im gesellschaft. Neubau gerecht zu werden, hat degewo Energie-Aktivitäten in der degewo netzWerk GmbH gebündelt. Seit 2016 führt das Toch Sie legen großen Wert terunternehmen die Kompetenzen rund um auf nachhaltige Konzepte. Energie, digitale Infrastrukturen, Smart Was gehört für Sie dazu? City und Messtechnik zusammen. Für Zunächst ist uns wichtig, dass unsere Gebäu jeden Neubau wird so von netzWerk und de einen Beitrag für die Stadt leisten Wir haben der degewo-eigenen Bauabteilung bauWerk eine große Verantwortung, auch gegenüber ein passendes Energiekonzept und eine dem urbanen Raum. Hier versuchen wir alles, zukunftsf ähige Infrastruktur entwickelt, die damit die von uns gebauten Häuser sich einfü eine kostengünstige und umweltschonende gen und städtebauliche Energie der Umgebung Wärme- und Stromversorgung sowie digitale aufnehmen und verstärken. Hieraus ergibt Konnektivität sicherstellen. sich für unsere Planungen folgerichtig die Ver pflichtung, immer die Aspekte der Ökologie, der Wirtschaftlichkeit, aber auch soziale und architektonische Gesichtspunkte einzubezie hen. Da auch im Wohnungsbau alles mit allem zusammenhängt, müssen wir in vielen, mit einander verschränkten Ebenen denken. Welche Vorteile ergeben sich aus der eigenen Energieversorgung? Unsere degewo netzWerk GmbH sorgt für kostengünstige, klimaschonende und intelli gente Versorgung mit Strom und Wärme und bietet eine digitale Infrastruktur. Diese Netze baut sie selbst oder gemeinsam mit Partnern. Ihre modernen Messdienste dienen der präzi sen Abrechnung der Mietnebenkosten. So kön nen diese langfristig stabil gehalten werden. Wird die „hauseigene“ Versorgung zu einem degewo-Standard? In Treptow-Köpenick realisierte degewo ein Ja, das streben wir an, schon um Skalen Neubauensemble, bestehend aus elf Mehrfamilien effekte im Sinne unserer Mieterinnen und häusern mit insgesamt 201 Wohnungen, Gewerbe- Mieter zu nutzen. Wir nutzen damit auch unser flächen und einer Kita. konzerninternes Know-how. Mit einer wach senden Zahl an Photovoltaik-Anlagen produzie ren wir einen Teil des Strombedarfs selbst. Mit eigenen Netzen und eigener Versorgung tragen wir zur Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit bei. AUS UNSERER PRAXIS 25
Soziokulturelle Infrastruktur SOZIALE QUARTIERS ENTWICKLUNG IM MÄRKISCHEN VIERTEL 26 SOZIOKULTURELLE INFRASTRUKTUR
Rund 37.000 Menschen leben im Märkischen Viertel. Damit verzeichnet das Quartier am östlichen Rand des Berliner Bezirks Reinickendorf Einwohner zahlen, die sich mit der einer deutschen Mittelstadt vergleichen lassen. Um den sozialen Zusammenhalt innerhalb der heterogenen Mieterschaft zu stärken und lebendige Nachbarschaften zu fördern, setzt sich die GESOBAU für mehr Generationengerechtigkeit, Familienfreundlichkeit, Teilhabe und Integration ein. Für ihr soziales Quartiersmanagement ist die GESOBAU als landeseigene Wohnungsbaugesellschaft bundesweit bekannt. I n der Stadt- und Quartiersentwicklung nehmen kommunale Wohnungsunterneh men eine tragende Rolle ein: Durch ihren direkten Kontakt zur Mieterschaft haben sie Kenntnisse über Problemlagen und Poten ziale im Quartier. So können sie die sozio kulturelle Infrastruktur fördern und vor Ort LAGE: Bezirk Reinickendorf zur sozialen Stabilisierung beitragen. Die GRÖSSE: 3.200.000 qm BGF GESOBAU leitet mit Know-how und Personal WOHNEINHEITEN: ca. 17.000 Wohnungen, verschiedene Quartiersprojekte, unter davon ca. 15.000 im Bestand der GESOBAU anderem im Märkischen Viertel in Berlin- WEITERE NUTZUNGEN: Seniorenwohnhäuser, Reinickendorf. Ziel ist es, die Wohn- und Bürgeramt, Schwimmbad, Stadtteilbiblio- Lebensqualität zu steigern – ob mit Moder thek, Graphothek, Nachbarschaftstreffs, nisierungen, der Bereitstellung von Stadt Grund- und Oberschulen, Kindertagesstät- teiltreffs und Beratungsstellen oder durch ten, Sportvereine, Ärztehäuser, Stadtteil Netzwerkarbeit. einkaufszentren, Integrationslots*innen ENTWICKLUNG: 1963–1974 Bauzeit, 2008–2015 Modernisierung / Umbau zur Die Großsiedlung Niedrigenergiesiedlung Märkisches Viertel PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER: GESOBAU Die 60er-Jahre-Großsiedlung ist die markan teste Einzelbestandsmarke der GESOBAU. Von den rund 37.000 Bewohner*innen sind mehr als 25 % jünger als 18 und 22 % älter als 65 Jahre. Der Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund, die aus rund 110 Nationen stammen, liegt bei ca. 44 % und mischungsprozesse anfällig sind. 2007 wa damit im Durchschnitt vergleichbarer ren es vor allem die berlinweit zunehmenden Quartiere Berlins. Segregations- und Polarisierungstendenzen, die die GESOBAU dazu veranlassten, sich Die durchschnittliche Wohndauer beträgt dem Quartiersmanagement im Märkischen 19 Jahre, die Wohnzufriedenheit der Mieter* Viertel verstärkt zu widmen. innen liegt nach Umfragen der GESOBAU bei 80 %. Hier im Märkischen Viertel fühlen sich Leben im Quartier: die Menschen wohl, die Identifikation mit dem Quartier ist hoch. Dies ist keine Selbst „Mein Märkisches Viertel“ verständlichkeit: Denn eine der größten Neben enormen baulichen Investitionen – Herausforderungen in sozioökonomisch eher von 2008 bis 2015 wurde das Quartier zur schwach aufgestellten Nachbarschaften ist, Niedrigenergiesiedlung umgebaut – inves dass sie in höherem Maße für soziale Ent tiert die GESOBAU in das soziale Miteinander. AUS UNSERER PRAXIS 27
Die GESOBAU unterstützte 2017 gemeinsam mit dem Integra Sie beschäftigt eigene Sozialarbeiter*innen, tionsbüro des Bezirksamts Reinickendorf und der Apostel- die sich den Problemen der Mieter*innen an Petrus-Gemeinde das Mitmach-Kunstprojekt "Lichtergalerie" – nehmen und bei Konflikten oder Mietschul Soziale Kunst der Hoffnung und des friedlichen Zusammenlebens den beraten. Darüber hinaus übernimmt des Künstler-Duos Sofia Camargo und Thomas E.J. Klasen. eine Quartierskoordinatorin „Märkisches Schirmherr war Dr. Wolfgang Thierse, Bundestagspräsident Viertel“ die Rolle der „Brückenbauerin“: a. D. Mehr als 700 Nachbar*innen beteiligten sich am Projekt. Sie vermittelt zwischen der GESOBAU und Am Ende konnten 400 Lichtkörper auf dem Stadtplatz im ihren Mieter*innen, zum Beispiel in einer Zentrum des Stadtteils ausgestellt werden. Eine farbenfroh wöchentlichen „Sozialen Sprechstunde“; sie leuchtende Laterneninstallation, die alte und neue Bewoh initiiert Projekte und fördert den Austausch ner*innen gemeinsam gestaltet haben. zwischen allen Stadtteilakteur*innen. Zu den Aufgaben der Stelle „Soziale Quartiers entwicklung“ zählen u.a. die Erstellung von Quartiersanalysen, die Initiierung und der Aufbau von Netzwerken, die Moderation von Prozessen, die Konzeption, Beratung, Unterstützung oder Leitung von Projekten sowie der Dialog mit Verwaltung, Politik und 28 SOZIOKULTURELLE INFRASTRUKTUR
NACHGEFRAGT BEI HELENE BÖHM, SOZIAL- UND QUARTIERSM ANAGEMENT Seit 2007 arbeitet Helene Böhm (M.A.) bei der GESO- BAU und ist für das Thema Soziale Quartiersentwick- lung verantwortlich. Sie ist Vorstandsmitglied der GESOBAU-Stiftung und des Netzwerks Märkisches Viertel e.V. Seit 2019 leitet sie die Abteilung Sozial- und VIERTEL FEST Quartiersmanagement bei der GESOBAU. Mieter*innen. Nur mit dem Prinzip des ‚mit, von und für‘ die Menschen und Orte kann das Warum ist soziale Quartiersentwicklung aus soziale Handeln und das Zusammenspiel der Ihrer Sicht wichtig? unterschiedlichen Akteure funktionieren. Soziale Veränderungen wie der demogra fische Wandel oder das Dazulernen im Zusam Um die Identifizierung mit dem Quartier zu menleben von Menschen unterschiedlicher fördern und den sozialen Zusammenhalt zu Herkunft finden nicht irgendwann und irgend stärken, hat die GESOBAU 2014 die Marke wo statt. Sie vollziehen sich hier und jetzt, ganz Märkisches Viertel geschaffen und zu deren konkret in unseren Wohngebieten. Darum Belebung mit der VIERTEL BOX am Wilhelms engagieren wir uns über die bloße Vermietung ruher Damm einen zentralen Veranstaltungsort von Wohnungen hinaus und machen uns für die eingerichtet. Hier finden nicht nur Lesungen sozialen Belange der Mieter*innen in unseren oder Hip-Hop-Wettbewerbe statt, es gibt auch Quartieren stark. ein Kino, Sportevents sowie ein Sommerferien Inwiefern hat die Quartiersentwicklung im programm für Schulkinder. Mit der Senioren- Märkischen Viertel Modellcharakter? Infothek werden auch ältere „Märker“ angespro Veränderte Rahmenbedingungen führen zu chen. Über das Programm der VIERTEL BOX neuen Anforderungen. Erneuerung, Aufwer und Neuigkeiten aus dem Quartier informiert tung und Modernisierung von Quartieren sind eine Webseite, unter der Rubrik „Menschen im daher Aufgabenfelder, die sich aus wohnungs Viertel“ wird die vielfältige Bewohnerschaft in wirtschaftlicher und städtebaulicher Sicht kurzen Filmen portraitiert. verbinden – und zusammengedacht werden müssen. Hier steht das Märkische Viertel vor bildhaft für die Erfolge wohnungswirtschaft lichen und kommunalen Engagements. Worauf sind Sie besonders stolz? Auf den gemeinsam erzielten gesellschaft lichen Mehrwert. Viele der von uns initiierten Projekte sind längst verstetigt und wirken nach haltig in den Quartieren der GESOBAU, z. B. die Senioren-Infotheken, die Bildungslandschaft Märkisches Viertel oder Einrichtungen wie die GESOBAU-Nachbarschaftsetage oder das Familienzentrum Hansastraße. Seit 2019 gibt es eine eigene Abteilung für Sozial- und Quartiers management mit neun Mitarbeiter*innen, die sich allen Themen rund um das Zusammen leben und die Nachbarschaft widmen. AUS UNSERER PRAXIS 29
Visionen, urbane Mobilität & Smart City WATERKANT BERLIN Berlin wächst. Damit einhergehend steigen die Herausforderungen, dieses Wachs- tum positiv zu gestalten. Hierbei sind neben steigenden Wohnkosten vor allem ökologische, infrastrukturelle und soziale Fragestellungen von großer Bedeutung. Zu den zentralen Elementen einer nachhaltigen Stadtentwicklung gehören die effektive Nutzung vorhandener Flächenressourcen, die Gestaltung von Mobilität sowie die Energieerzeugung und -verteilung. Das Quartier WATERKANT Berlin ist Vorreiter in Bezug auf vorausschauende Quartiersentwicklung und sektorüber greifende Projektplanung und gehört mit seinen innovativen Mobilitätsangeboten zu den bundesweiten Pilotprojekten. Auf ihrer aktuell größten Baustelle errichtet die Gewobag bis 2025 gemeinsam mit der WBM rund 2.500 neue Wohnungen. 30 VISIONEN, URBANE MOBILITÄT & SMART CITY
M ehr als 20.000 zusätzliche Einwoh ner*innen wird Berlins westlichster LAGE: Bezirk Spandau / Wasserstadt Oberhavel Bezirk, rund um das Spandauer GRÖSSE: 155.000 qm BGF (Gewobag) / Entwicklungsgebiet Wasserstadt Oberhavel, 23.500 qm BGF (WBM) in den kommenden Jahren bekommen. WOHNEINHEITEN: 2000 (Gewobag) / 500 (WBM) Allein im neuen Stadtquartier WATERKANT WEITERE NUTZUNGEN: Stadtquartier: Berlin werden rund 6.500 Menschen ein Kindert agesstätte, Schulzentrum, Nahversor neues Zuhause finden. Die ersten 362 Woh gungseinrichtungen, Spiel- und Grünfl ächen, nungen der Gewobag werden bereits im Fahrradgaragen, Mobilitätshub Sommer 2020 fertiggestellt. Wohn- und BAUBEGINN: 09/2018 (Gewobag) / Lebensqualität für verschiedene Ansprüche, 12/2018 (WBM) eine Uferpromenade, attraktiv gestaltete FERTIGSTELLUNG: Abschnittsweise ab 2020 Wohnhöfe, Freizeitangebote, Kindertages bis 2025 stätten, Gewerbe- und Einzelhandelsflächen PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER: werden realisiert. So wächst auf dem ehe Wohnungsbau: Gewobag, WBM mals gewerblich genutzten Areal mit einer Energieerzeugung und –versorgung: Gewobag ED Fläche von rund 21 Hektar ein urbanes Modellprojekt „Move Urban“: Viertel mit direkter Wasserlage und Nähe Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Spandauer Altstadt. (Leitinitiative „Zukunftsstadt“), Senatsverwal- tung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, DLR Institute für Verkehrsforschung und Verkehrssystematik, die Technische Universität Berlin und das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), Gewobag EU-Förderprojekt MEISTER: Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union, Senatsverwal- tung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), VMZ Berlin Betreibergesellschaft mbH, E.ON, Gewobag, WBM AUS UNSERER PRAXIS 31
Zu zentralen Planungsfragen bei einem urbaner Mobilität und Smart City Techno Projekt dieser Größenordnung und stadt logien. Die Gewobag zählt neben diversen räumlichen Lage zählten u.a.: Forschungsinstituten zu den Partner*innen des von der Berliner Senatsverwaltung für Wie werden Mobilitätsangebote für die zu Umwelt, Verkehr und Klimaschutz geleite künftigen Bewohner*innen gestaltet? ten Projektes. Geplant ist, ein innovatives Mit welchen Mitteln ist nutzerzentrierte und integratives Mobilitätskonzept für ein Mobilität mit Anbindungen ins Stadtzent Stadtquartier zu entwickeln, das Freiräume rum und die umliegende Naherholungsland bietet, besonders fußgänger- und fahrrad schaft bei gleichzeitiger Reduktion des moto fahrerfreundlich gestaltet ist und Alterna risierten Individualverkehrs zu schaffen? tiven zum motorisierten Individualverkehr Wie kann mithilfe von Smart City Technolo ermöglicht. Die Ergebnisse des Laborgebie gien ein ganzheitlicher Mobilitätsansatz für tes WATERKANT Berlin werden zukünftig die WATERKANT Berlin umgesetzt werden? allen Akteur*innen der Wohnungswirtschaft als Handlungsempfehlung zur Verfügung Gegenwärtig fehlen Angebote öffentlicher stehen. Nahverkehrsmittel wie S- und U-Bahn oder Tram, gleichzeitig sind die vorhandenen Neben einem gut funktionierenden ÖPNV Verkehrswege bereits stark ausgelastet. sind bedarfsgerechte Sharing-Angebote wie Elektroautos, Fahrräder, Lastenräder und Move Urban: Multimodal E-Scooter wichtig und werden im Mobilitäts die Stadt bewegen hub des Quartierszentrums gebündelt. Die Gewobag, bereits durch den Einsatz mobiler Seit 2017 widmen sich im Rahmen des „Jelbi-Stationen“ in Kooperation mit der BVG Bundesforschungsprojektes „Move Urban“ erfahren, plant für die WATERKANT Berlin Verkehrs-, Logistik- und Wohnungsbauex Fortbewegungsangebote digital mit einer pert*innen den komplexen Fragestellungen mobilen Quartiers-App zu verbinden. Dazu 32 VISIONEN, URBANE MOBILITÄT & SMART CITY
Das Quartier WATERKANT Berlin ist NACHGEFRAGT BEI bundesweites Pilotprojekt für vor- ausschauende Quartiersentwicklung, BEATE ALBERT, BEREICHSLEITERIN sektorübergreifende Projektplanung SMART CITIES, BERLIN PARTNER sowie innovative Mobilitätsplanung. gehört auch das Thema Elektromobilität, das Im April 2015 hat der Berliner bereits in den ersten Bauabschnitten mit Senat die Smart City Strate- Carsharing-Angeboten und ausbaufähiger gie Berlin beschlossen. Als Ladeinfrastruktur umgesetzt wird Gesellschaft für Wirt- schafts- und Technolo- Mit dem ganzheitlichen Quartierskonzept gieförderung unterstützt kann auf das Auto weitestgehend verzichtet Berlin Partner Unterneh- werden. Dezentrales Parken in Tief- und men und Projekte zu allen Quartiersgaragen und ein regulatives Stell Smart City relevanten platzkonzept verbessern die Flächennutzung Themen. Beate Albert ist und die Freiraumqualität. Versand-Paket erste Ansprechpartnerin. stationen und intelligente Stadtmöbel, wie Infoboards oder Haltestellen mit Verkehrs informationen, sollen dazu beitragen, den Welche Ziele verfolgt die Smart Lieferverkehr im Quartier zu reduzieren. City Strategie Berlin? Weitere Schwerpunkte der Quartiersent Eine lebenswerte, zukunftsfähige Stadt wicklung bilden die Bereiche Energie und ist das Ziel. Erreichen wollen wir dies durch Partizipation. So ist ein innovatives Energie technologische, soziale und ökologische Inno konzept bereits in Umsetzung. Durch ein vationen sowie eine zunehmende sektor- bzw. eigenes Quartiersnetz zur Wärmeversor ressortübergreifende Zusammenarbeit – in der gung können nicht nur die Mieter*innen Verwaltung, in Wirtschaft und Wissenschaft der Gewobag, sondern auch Dritte mit und im Zusammenspiel mit der Zivilgesellschaft. Niedertemperatur-Fernwärme versorgt Welche Rolle spielt das Thema Mobilität werden. Durch Nutzung regenerativer dabei? Wärmeversorgung aus Flusswasserwärme In einer Stadt, die von Zuzug und zunehmen wird der Primärenergiefaktor dabei signi der Flächenkonkurrenz geprägt ist, muss Mobili fikant gesenkt. Hierdurch wird auch ein tät neu gedacht und geplant werden. Wie können wesentlicher Beitrag zur Einhaltung der wir uns ressourcenschonend, klimaverträglich Klimaschutzziele Berlins geleistet. und komfortabel in der Stadt bewegen? Wie können wir bei wachsendem Mobilitätsanspruch Auch Partizipation spielte in der Projekt Verkehre vermeiden? Neben dem Ausprobieren entwicklung von Anfang an eine sehr große neuer Technologien und Mobilitätsdienste spielt Rolle. So haben in den Bereichen, wo gänz auch das Nutzerverhalten, die Akzeptanz neuer lich neues Planungsrecht geschaffen wird, Angebote, eine entscheidende Rolle. Partizipationsprozesse mit Bürger*innen, Inwiefern ist das neu entstehende Quartier Anrainer*innen und Stadtteilakteur*innen WATERKANT Berlin beispielhaft für die für die zukünftige Gestaltung des Areals Smart City? stattgefunden. Neben den Leuchtturmprojekten der elf Berliner Zukunftsorte, wo Wirtschaft und Wis waterkant-berlin.de senschaft an Lösungen für die Mobilitäts- und Energiewende arbeiten und Berlins Innovations kraft unter Beweis stellen, sind Neubauquartiere wie WATERKANT wichtige Erprobungs- und Umsetzungsräume für das Leben von morgen. Wir definieren in der Beteiligungs-, Planungs- und Bauphase, wie wir in Zukunft leben, arbei ten, kommunizieren und mobil sein möchten. Eine integrierte und nutzerorientierte Quartiers planung, die auch umliegende Nachbarschaften und deren Bedürfnisse einbezieht, ist smart. AUS UNSERER PRAXIS 33
Die Stadt weiterbauen WOHNEN AM LICHTEN- BERGER RATHAUSPARK Mit 387 Mietwohnungen, einer LAGE: Bezirk Lichtenberg Kindertagesstätte sowie Büro- und Rathausstr. 11, 11A–F, 12, 12A / Gewerbeflächen entsteht am Frankfurter Allee 135 GRÖSSE: 13.900 qm BGF (Rathausstr.), Lichtenberger Rathauspark ein 39.000 qm BGF (Stefan-Heym-Platz) urbanes Neubauquartier mit histo- WOHNEINHEITEN: 387, davon rischen Wurzeln. Die erste Wohn- 136, 8.365 qm (Rathausstr.) / 251, 14.500 qm (Stefan-Heym-Platz) anlage in der Rathausstraße 11–12 WEITERE NUTZUNGEN: Kindertages- stätte, Büro- und Gewerbeflächen, ist bereits fertiggestellt. Nebenan Spiel- und Grünflächen, Stadtplatz am Stefan-Heym-Platz wird noch BAUBEGINN: 12/2015 (Rathausstr.) / 06/2018 (Stefan-Heym-Platz) gebaut: Hier entstehen sechs FERTIGSTELLUNG: Neubau 2018 / Gebäude, darunter ein Hochhaus, Altbau 2019 (Rathausstr.) 2020/2021 (Stefan-Heym-Platz) das als Landmarke den Übergang PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER: zwischen Friedrichshain und HOWOGE / Rathausstraße: Hemprich Tophof Architekten / Stefan-Heym- Lichtenberg nachhaltig prägen Platz: Hemprich Tophof Architekten wird. Mit dem Quartier „Am Rat- (Machbarkeitsstudie) / Generalunter- nehmer: PORR Deutschland GmbH, hauspark“ baut die HOWOGE den Baumschlager Eberle Architekten Bezirk weiter und verbindet dabei eine hohe architektonische und städtebauliche Qualität mit den D sozioökonomischen Anforderun- ie alte Polizeiwache in der Rathaus straße stand seit zwei Jahren leer, als gen einer wachsenden Stadt. das Areal 2014 vom Berliner Liegen schaftsfonds als erstes Grundstück über das sogenannte Konzeptverfahren veräußert wurde. Statt an den Meistbietenden sollte das Grundstück an das überzeugendste Konzept gehen. Den Zuschlag für die Ent wicklung des 6.000 Quadratmeter großen Geländes erhielt die landeseigene HOWOGE, insbesondere, da das Konzept eine Verbin dung aus preisgünstigem Wohnraum, der Errichtung einer Kita und einer architek tonisch zeitgemäßen sowie energetisch nachhaltigen Umsetzung vorsah. 34 DIE STADT WEITERBAUEN
AUS UNSERER PRAXIS 35
Mit dem Quartier harmonisches Ensemble entstanden, das „Am Rathauspark” Raum für 136 Wohnungen bietet. kombiniert die HOWOGE hohe Zwei Drittel der Wohneinheiten besteht aus architektonische Ein- oder Zweizimmer-Appartements. Damit wie städtebauliche reagiert die HOWOGE auf den gestiegenen Qualität mit den Bedarf an kleineren Wohnungen in Lichten sozioökonomischen berg. Dringend benötigt werden im Bezirk Anforderungen der aber auch Kinderbetreuungsplätze. Die im wachsenden Stadt. August 2019 eröffnete Kita für 100 Kinder gehörte deshalb von Beginn an zum Konzept. Fester Bestandteil waren auch die rund 340 Quadratmeter Flächen für Läden und Wohnen in und an der Wache Lokale, um die Nahversorgung zu ermög lichen und vom Erstbezug an ein belebtes, Der Erhalt der Polizeiwache war vielen urbanes Quartier zu schaffen. Anwohner*innen ein Herzenswunsch: Das markante Gebäude prägt seit Ende des Ein neuer Quartierseingang 19. Jahrhunderts das Straßenbild. Deshalb sollte die neue Wohnanlage den Bestands am Stefan-Heym-Platz bau integrieren und zu neuem städtischen In unmittelbarer Nähe befindet sich am Leben erwecken. Der aus drei Gebäudeteilen Stefan-Heym-Platz / Frankfurter Allee 135 bestehende Neubau gruppiert sich um einen ein weiteres Neubauvorhaben der HOWOGE grünen Gartenhof und öffnet sich zur sanier in Realisierung, das direkt an die Rathaus ten Polizeiwache hin. Die zeitgenössische straße anschließt. Nicht nur ein städtebau Architektur entwickelte das verantwortliche licher Wettbewerb, den die HOWOGE Berlin Büro Hemprich Tophof nicht im Kontrast, auslobte, sondern auch ein im Jahr 2015 sondern im Dialog zum Bestand. Die beiden durchgeführtes Bürgerbeteiligungsver Satteldächer des fünfgeschossigen Neubaus fahren bildet das Fundament für das Bau nehmen die Formensprache der Wache und vorhaben an der Grenze zu Friedrichshain. auch des nahegelegenen Rathauses auf. So Bis zum Jahr 2021 soll das neue Quartier mit ist aus der Kombination von Alt und Neu ein 251 Mietwohnungen und rund 16.000 Quad 36 DIE STADT WEITERBAUEN
NACHGEFRAGT BEI ratmetern Büro- und Gewerbeflächen fertig sein. 126 Wohnungen werden als geförderter STEFAN SCHAUTES, Wohnraum zu Einstiegsmieten ab 6,50 Euro nettokalt/Quadratmeter vermietet. HOWOGE Im Hochhaus und in den Gebäuden zur Frankfurter Allee und zum Stefan-Heym- Bis 2026 soll der Bestand Platz hin entstehen flexible Büroflächen, der HOWOGE von aktuell Gastronomie- und Gewerbeflächen, die die rund 62.300 Wohnungen Wohnungen vor der sehr hohen Lärmemis auf 75.200 angewachsen sion an dieser Stelle schützen. Der Innen sein. Stefan Schautes ver- bereich des Quartiers ist autofrei angelegt antwortet als Bereichs- und gliedert sich in unterschiedliche Höfe, leiter und Prokurist alle Vorgärten, Spiel- und Grünflächen. Neubauaktivitäten des Unternehmens. Ein bereits bestehender und gern genutzter Identifikationsort im Quartier ist der Stefan- Heym-Platz mit dem denkmalgeschützten Fischerjungen. Deshalb hat die HOWOGE Nicht nur neu bauen, sondern für dessen Gestaltung ein umfassendes die Stadt weiterbauen – was bedeutet das Beteiligungsverfahren durchgeführt. An konkret in Ihrer Arbeit, Herr Schautes? wohner*innen arbeiteten aktiv am Konzept Berlin befindet sich in einem Veränderungs für die Neugestaltung des Platzes mit, der prozess – neben der Sozial- und Bevölkerungs gemeinsam mit dem Hochhausneubau den struktur unterliegen auch die Lebensbiografien Übergang der Bezirke Lichtenberg und der Bürger einem Wandel. Städtebau, Infra Friedrichshain nachhaltig prägen wird. struktur, Bildungs- und Mobilitätskonzepte Er soll vor allem ein grüner Ort zum Verwei sowie die Energieversorgung werden sich än len für alle Generationen werden. dern und verändern müssen. Nachverdichtung muss also mehr sein, als nur die Antwort auf die derzeitig hohe Nachfrage nach Wohnraum. Sie ist als Chance zu verstehen, die Stadt an 1 Stefan-Heym-Platz mit 251 WE verschiedene Lebensmodelle und Bedürfnisse 2 Rathausstraße mit 136 WE anzupassen und sie sinnvoll und nachhaltig weiterzubauen. Voraussetzung dafür ist, dass bestehende und neue Nutzungen identifiziert Rathaus und qualifiziert in das neue Quartier integriert Lichtenberg werden. Auf diesem Weg lässt sich Identität be wahren und erzeugen, was insbesondere für die Akzeptanz der Anwohner*innen bei der Schaf fung neuer Quartiere von großer Bedeutung ist. ße Stefan-Heym- tra Platz 2 Gleichzeitig gilt es, flexible Gebäude zu er f fs or richten, die ein unkompliziertes Umnutzen für nd lle verschiedene Lebensphasen der Bewohner*in Mö Ring-Center nen möglich machen sowie eine Multifunktio 1 nalität des öffentlichen Raumes darzustellen. Die Stadt muss zur „Stadt der kurzen Wege“ S U Fra n k fu rt e r A ll ee weiterentwickelt werden, in der Arbeitsplatz und Kita sowie Nahversorgungs- und Freizeit angebote unkompliziert erreichbar sind. Um dieser vielschichtigen Aufgabe gerecht zu werden, braucht es nicht nur innovative Ideen, sondern vor allem einen Dialog zwischen allen Beteiligten, mit einer klaren Zuordnung der Aufgaben, der Ziele und der Verantwortung. Denn nur gemeinsam lassen sich zukunfts fähige Konzepte für das Weiterbauen der Stadt und deren Quartiere entwickeln. AUS UNSERER PRAXIS 37
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