Strategie des Auswärtigen Amts für Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Rahmen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung

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Strategie des Auswärtigen Amts für Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Rahmen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung
Strategie des Auswärtigen Amts
für Humanitäres Minen- und
Kampfmittelräumen im Rahmen
der Humanitären Hilfe der
Bundesregierung
Strategie des Auswärtigen Amts für Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Rahmen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung
Strategie des Auswärtigen Amts für Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Rahmen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung
Strategie des Auswärtigen Amts
für Humanitäres Minen- und
Kampfmittelräumen im Rahmen
der Humanitären Hilfe der
Bundesregierung
2019-2021
Strategie des Auswärtigen Amts für Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Rahmen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Vorwort  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  6

Einleitung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  7

Was ist humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen?  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  8

Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Kontext  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                        10
  Kontext und Herausforderungen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                            11
  Prioritäten des Auswärtigen Amts  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                            13
  Zentrale Werte  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .       16

Das Auswärtige Amt als Geber  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                   18
  Humanitärer Schwerpunkt  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                      19
  Schwerpunktländer  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                20
  Country Coalition Concept  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                       20
  Wichtigste Partner  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .            21
  Qualitätsprofile für NRO-Implementierungspartner  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                21
  Monitoring und Evaluierung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                         22

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Strategie des Auswärtigen Amts für Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Rahmen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung
Strategische Orientierung des Auswärtigen Amts 2019 – 2021  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                        24
   Vision  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .   25
   Mission  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .     25
   Strategische Ziele im Überblick  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                          25
      Ziel 1: Minderung der Gefahren durch Minen/Kampfmittelrückstände  .  .  .  .  .  .                                                                             25
      Ziel 2: Verringerung der Schutzbedürftigkeit und Beitrag zur
      Widerstandsfähigkeit (Resilienz)  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                               25
      Ziel 3: Verstärkte Advocacy-Arbeit und Universalisierung der einschlägigen
      völkerrechtlichen Abkommen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                               26
      Ziel 4: Entwicklung und Anwendung innovativer Methoden,
      Normen und Werkzeuge  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                            26

ANLAGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                          27
  Anlage I: Fußnoten  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                27
  Anlage II: Kriterienkatalog des Auswärtigen Amts zur Auswahl
  von Schwerpunktländern  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                        32
  Anlage III: Strategische Orientierung des Auswärtigen Amts im Bereich des
  humanitären Minen- und Kampfmittelräumens 2019 – 2021: Theorie des Wandels  .                                                                                      34
  Anlage IV: Liste der aktuellen Schwerpunktländer  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                 36
  Anlage V: Karten  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .               36

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Abkürzungen
AA      Auswärtiges Amt
AIED    Abandoned Improvised Explosive Devices
        (Aufgegebene improvisierte Minen und Sprengfallen)
APMBC   Anti-Personnel Mine Ban Convention
        (Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der
        Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren
        Vernichtung)
CCM     Convention on Cluster Munitions
        (Übereinkommen über Streumunition)
CCW     Convention on Certain Conventional Weapons
        (Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes
        bestimmter konventioneller Waffen)
CRPD    Convention on the Rights of Persons with Disabilities
        (Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen)
EOD     Explosive Ordnance Disposal
        (Kampfmittelbeseitigung)
ERW     Explosive Remnants of War
        (Explosive Kampfmittelrückstände)
GICHD   Geneva International Centre for Humanitarian Demining
        (Genfer Internationales Zentrum für Humanitäre Minenräumung)
GMAP    Gender and Mine Action Programme
IDP     Internally Displaced Person
        (Binnenvertriebene)
IED       Improvised Explosive Device
          (Improvisierte Minen und Sprengfallen)
IKRK      Internationales Komitee vom Roten Kreuz
IMAS      International Mine Action Standards
          (Internationale Normen für Programme des humanitären Minen- und
          Kampfmittelräumens)
NGO       Non-Governmental Organisation
          (Nichtregierungsorganisation)
NMAA      National Mine Action Authority
          (Innerstaatliche Behörde für Antiminenprogramme)
QM        Quality Management
          (Qualitätskontrolle)
RE        Risk Education
          (Gefahrenaufklärung)
SADD      Sex and Age-Disaggregated Data
          Nach Geschlecht und Alter aufgeschlüsselte Daten
UNMAS     United Nations Mine Action Service
          (Dienst der Vereinten Nationen für Antiminenprogramme)
UXO/AXO   Unexploded Ordnance / Abandoned Ordnance
          (Explosive Kampfmittelrückstände/aufgegebene Kampfmittel)
VN        Vereinte Nationen
WHS       World Humanitarian Summit
          (Humanitärer Weltgipfel)
Vorwort
Das humanitäre Minen- und Kampfmittelräumen ist ein zentraler Bestandteil der
humanitären Hilfe und des zivilen Engagements der Bundesregierung in Krisen und
Konflikten. Der Sektor verbindet gleichzeitig die Bereiche: humanitäre Hilfe, Abrüstung,
Stabilisierung und Entwicklungszusammenarbeit. Zudem ist humanitäres Minen- und
Kampfmittelräumen Ausdruck der deutschen „Außenpolitik mit Mitteln“.

Die erste „Strategie des Auswärtigen Amts für Humanitäres Minen- und
Kampfmittelräumen im Rahmen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung“
wurde 2015 erstellt und ab 2016 implementiert. Seitdem hat sich der Sektor beständig
weiterentwickelt und die globalen Bedarfe im Bereich humanitäres Minenräumen
haben sich drastisch erhöht – nicht zuletzt durch den massiven Einsatz von
improvisierten Landminen und Sprengfallen durch den sogenannten „Islamischen Staat“
in Irak und in Syrien.

Deutschland hat in den letzten Jahren zunehmend mehr Verantwortung übernommen
und ist im Bereich humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen zum zweitgrößten
bilateralen Geber aufgestiegen.

Die hier vorgelegte Strategie erörtert, wie Deutschland in den kommenden Jahren als
prinzipienorientierter und partnerschaftlich handelnder Akteur auftreten will und ordnet
das humanitäre Minen- und Kampfmittelräumen in den Gesamtkontext der deutschen
humanitären Hilfe und des deutschen zivilen Krisenengagements insgesamt ein. Zudem
stellt sie die inhaltlichen Prioritäten und Vorgehensweisen dar und erläutert, wie
Deutschland als Geber Maßnahmen fördert und den Sektor mitgestalten möchte.

6
Einleitung
Diese Strategie dient dem Auswärtigen Amt zur strategischen Orientierung in Maßnahmen
zur Unterstützung und Förderung des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens
im Zeitraum 2019 bis 2021. Sie baut auf der Arbeit und Erfahrung des Auswärtigen Amts
im Bereich humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen seit 1992 auf und setzt die
strategischen Schwerpunkte für die nächsten drei Jahre. Zudem bildet sie die Grundlage
für den kontinuierlichen Austausch zwischen den Partnerorganisationen in Deutschland
und auf internationaler Ebene. Partner, deren Aktivitäten aus den Haushaltsmitteln für
humanitäre Hilfe gefördert werden, tragen im Rahmen ihrer Projekte zur Umsetzung der
aufgeführten Ziele bei. Die Strategie für das humanitäre Minen- und Kampfmittelräumen
steht im Einklang mit den übergreifenden humanitären und außenpolitischen Zielen des
Auswärtigen Amts, wie sie in der Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im
Ausland 1 und den Leitlinien der Bundesregierung „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen,
Frieden fördern“ 2 dargelegt sind.

Die Bundesregierung hat sich der Erfüllung ihrer internationalen Verpflichtungen
aus dem Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der
Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung
(APBMC), dem Übereinkommen über Streumunition (CCM), dem Protokoll über
explosive Kampfmittelrückstände (Protokoll V) des Übereinkommens über das
Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen
sowie dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
verschrieben. In diesem Sinne wird das Auswärtige Amt Länder, in denen Minen und
Kampfmittelrückstände vorhanden sind, weiterhin bei der Erfüllung ihrer vertraglichen
Verpflichtungen unterstützen. Dies steht im Einklang mit der Erklärung anlässlich des
Humanitären Weltgipfels [2016] in Istanbul, in der sich Deutschland zur Förderung der
weltweiten Achtung einschlägiger internationaler Verträge verpflichtet hat, einschließlich
des APMBC und des CCM. Nicht zuletzt wird sich das Auswärtige Amt für die Umsetzung
der Aktionspläne von Maputo 3 und Dubrovnik einsetzen und so zur Erfüllung der Ziele
aus den Übereinkommen beitragen.

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Überlebende von Minen in Kolumbien © Caritas International

Was ist humanitäres Minen- und
Kampfmittelräumen?
Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen zielt darauf ab, das Leben und die
Lebensgrundlage von Menschen in Ländern und Regionen zu schützen, in denen Minen
und Kampfmittelrückstände vorhanden sind, und so menschliches Leid und die negativen
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Kontaminierung
zu mindern. Das Auswärtige Amt unterstützt zu diesem Zweck die Ortung und
Räumung einer breiten Palette von explosiven Kampfmitteln, etwa Antipersonenminen,
Fahrzeugminen und explosiven Kampfmittelrückständen, 4 einschließlich
Streumunitionsrückständen (CMR) und aufgegebenen improvisierten Minen und
Sprengfallen (AIED), die oftmals wie Antipersonenminen funktionieren. Zum humanitären
Minen- und Kampfmittelräumen gehören auch zahlreiche weitere Maßnahmen, unter
anderem die Untersuchung 5 und Räumung 6 von Minen und Kampfmittelrückständen,
Kampfmittelbeseitigung (EOD), 7 Gefahrenaufklärung im Bereich Minen und
Kampfmittelrückstände, 8 Opferhilfe, 9 Advocacy-Arbeit sowie Bemühungen um eine
Stärkung des normativen und strategischen Rahmens des humanitären Minen- und
Kampfmittelräumens.
Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Kontext

Räumung von Kampfmittelresten in Irak © Mines Advisory Group

Humanitäres Minen- und
Kampfmittelräumen im Kontext

10
Kontext und Herausforderungen

Gewaltsame Konflikte in Krisenregionen weltweit sind zunehmend komplex, gewinnen
an Intensität und erstrecken sich über einen längeren Zeitraum. In diesen Konflikten
lässt sich eine verstärkte Nutzung teilweise komplexer, improvisierter Minen und
Sprengfallen (IED) sowie zunehmende Gewalt in dicht besiedelten Gebieten beobachten.
Dies hat häufig menschliches Leid und auch Tod, Verletzungen, und Vertreibung zur
Folge. Die Anzahl der erfassten Todesfälle und Verletzungen aufgrund von Minen
und Kampfmittelrückständen hat sich zwischen 2013 und 2017 weltweit mehr als
verdoppelt (3.450 auf 7.239). Ein trauriger Höhepunkt wurde im Jahr 2016 mit insgesamt
9.437 Opfern erreicht. 10 Grund hierfür ist die intensivere Nutzung dieser perfiden Waffen
in Kombination mit Herausforderungen beim Zugang zu und bei der Räumung von
kontaminierten Gebieten in aktiven Konflikten. 2018 bezifferte der Landmine Monitor
die Zahl der Staaten und anderen Gebiete, in denen durch Minen/ERW Menschen ums
Leben kamen, auf insgesamt 53. 11 29 Vertragsstaaten des APMBC gaben an, die Versorgung
einer hohen Anzahl an Überlebenden von Landminenunfällen sicherstellen zu müssen. 12
Überdies haben 11 Vertragsstaaten des CCM berichtet, nach Artikel 5 über Hilfe für Opfer
tätig geworden zu sein. 13

Gewalt und die verbreitete Kontaminierung mit Minen und Kampfmittelrückständen
behindern zudem häufig Friedenseinsätze, humanitäre Hilfsorganisationen und
Stabilisierungsprogramme. Darüber hinaus hält eine Kontaminierung mit Minen und
Kampfmittelrückständen Flüchtlinge und Binnenvertriebene oftmals davon ab, in ihre
Heimatgemeinden zurückzukehren, sich wieder niederzulassen und eine dauerhafte
Lebensgrundlage zu schaffen.

Überall auf der Welt sind Länder in Konfliktfolgephasen gefangen und kämpfen um eine
gesellschaftliche und wirtschaftliche Erholung sowie um die Wiederherstellung ihrer
Gemeinwesen. Viele dieser Länder leiden auch unter „Altlasten“ (legacy contamination),
also Minenfeldern, die teilweise schon vor mehreren Jahrzehnten gelegt wurden. Sie
bedrohen Leib und Leben von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen, Menschen aller
Altersgruppen und auch Menschen mit Behinderung und stehen der gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Entwicklung der betroffenen Gemeinden im Wege.

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Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Kontext

Die humanitäre Minen- und Kampfmittelräumung ist daher ein Wegbereiter für
humanitären Schutz, Stabilisierung, 14 Frieden und langfristige Entwicklung. 15 Die
frühzeitige Berücksichtigung von Programmen zur Minen- und Kampfmittelräumung
bei der Planung von Stabilisierungs-, Entwicklungs- und humanitären Maßnahmen –
etwa im Rahmen von humanitären Bedarfsplänen (Humanitarian Response Plans) – ist
für einen effizienten und nachhaltigen Umgang mit der Bedrohung durch Minen und
Kampfmittelrückstände unverzichtbar.

Viele Länder, in denen Minen und Kampfmittelrückstände vorhanden sind, haben
das Ziel fast erreicht, alle Antipersonenminen und sämtliche Streumunition zu
identifizieren und zu räumen. Durch die verstärkte Anwendung des Ansatzes zur Freigabe
geräumter Flächen (Land Release-Ansatz) 16 v.a. unter Verwendung von nicht-invasiven
Techniken (non-technical surveys, z.B durch die Befragung der lokalen Bevölkerung)
konnten beachtliche Fortschritte bei der zielgerichteten Identifizierung und Räumung
kontaminierter Gebiete und bei der Klärung des verbleibenden Kontaminierungsproblems
erzielt werden. Dennoch beantragen viele andere Vertragsstaaten eine Fristverlängerung
in Bezug auf ihre Räumungsverpflichtungen nach dem APMBC und dem CCM. 17
Zudem haben viele betroffene Länder immer noch Schwierigkeiten, das Ausmaß der
Kontaminierung zu beziffern, und es gibt Potenzial für mehr Effizienz und Effektivität
im Sektor. Hierfür bieten die Internationalen Standards für Programme des humanitären
Minen- und Kampfmittelräumens (IMAS) einen verlässlichen Rahmen.

Staaten, in denen Minen und explosive Kampfmittelrückstände vorhanden sind, spielen
im Umgang mit dieser Problematik sowie bei der Verwaltung der entsprechenden
nationalen Räumprogramme eine große Rolle. Die Entwicklung von Kapazitäten in
einzelstaatlichen Programmen und die nationale Eigenverantwortung müssen daher
weiter gestärkt werden.

Zudem besteht weiterhin Verbesserungsbedarf bei der Koordinierung der Aktivitäten
in der humanitären Minen- und Kampfmittelräumung – sowohl innerhalb der
betroffenen Staaten als auch zwischen den Gebern – sowie bei deren besserer Einbettung
in politische Gesamtansätze. Dies liegt unter anderem an der Scharnierstellung des
Sektors zwischen den Bereichen humanitäre Hilfe, Abrüstung, Stabilisierung und
Entwicklungszusammenarbeit. Hier sind konkrete Anstrengungen aller beteiligten
Akteure gefordert, zum Beispiel durch Initiativen zu einer länderspezifischen

12
Herangehensweise (z.B. in Form von sog. Länderkoalitionen/„country coalitions“) und
einer besseren Nutzung und Vernetzung der bestehenden Abstimmungsforen (wie z.B. der
Mine Action Support Group).

Prioritäten des Auswärtigen Amts

Das humanitäre Minen- und Kampfmittelräumen ist ein Wegbereiter für andere Vorhaben
der humanitären Hilfe. Vor diesem Hintergrund wird das Auswärtige Amt seine Arbeit
auch weiterhin hauptsächlich auf die humanitären Auswirkungen von Minen und
explosiven Kampfmittelrückständen ausrichten, und zwar durch die Zusammenarbeit mit
einer breiten Palette leistungsstarker humanitärer Hilfsorganisationen.

Das Auswärtige Amt wird auch weiterhin die Untersuchung bzw. Ortung und Räumung
von Minen und Kampfmittelrückständen unterstützen, um die negativen humanitären
Auswirkungen von Minen und explosiven Kampfmittelrückständen zu lindern.
Um eine weitere Verbesserung von Effizienz und Effektivität dieser Maßnahmen zu
erreichen, müssen die Partnerorganisationen des Auswärtigen Amts die internationalen
sowie nationalen Standards für Minenräumprogramme uneingeschränkt beachten,
einschließlich aktualisierter Standards für die Umsetzung des Land Release-Ansatzes. Die
Partner werden ferner nachdrücklich ermutigt, bewährte Verfahren und Erfahrungswerte
zu beachten und sich dazu auszutauschen.

Angesichts des starken Anstiegs an Todesfällen durch Minen und Kampfmittelrückstände
in den letzten Jahren wird das Auswärtige Amt auch weiterhin präventive Bemühungen
zur Gefahrenaufklärung unterstützen. Die Maßnahmen müssen in geeigneter Weise auf
die Alters-, Gender- 18 und Diversitätsdynamik 19 der betroffenen Gemeinden zugeschnitten
und ausgerichtet sein. Um effektive und effiziente Gefahrenaufklärung gewährleisten zu
können, müssen nach Geschlecht und Alter aufgeschlüsselte Daten 20 erhoben, analysiert
und für die Planung verwendet werden.

Das Auswärtige Amt wird auch weiterhin Bemühungen zur Opferhilfe unterstützen.
Überlebende von Unfällen mit Minen und Kampfmittelrückständen müssen Zugang zu
angemessener medizinischer Versorgung, körperlicher und sensorischer Rehabilitation,
psychosozialer Hilfe, Angeboten zur Weiterbildung und zur Weiterentwicklung von
Fertigkeiten, Einkommensmöglichkeiten und sozialer Wiedereingliederung erhalten. Diese

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Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Kontext

Hilfsbemühungen speziell für Opfer von Minen und Kampfmittelrückständen können
jedoch lediglich eine kurzfristige Lösung darstellen und sollten nur solange erfolgen, bis
Opferhilfe sinnvoll in die breiteren staatlichen Gesundheitssysteme und Rahmenwerke
der betroffenen Staaten eingebunden ist und so die notwendige Versorgung gewährleistet
wird. 21 Langfristiges Ziel muss die vollständige, gleichberechtigte und echte Teilhabe von
Opfern von Minen und Kampfmittelrückständen an der Gesellschaft sein.

Das Auswärtige Amt unterstützt die Maputo+15-Erklärung 22 zur APMBC und das darin
anvisierte Ziel, bis 2025 möglichst große Fortschritte auf dem Weg zu einer minenfreien
Welt zu erzielen. Das AA wird Bemühungen zur vollständigen Umsetzung des
Übereinkommens fördern. Dies gilt auch für Länder mit „Altlasten“ (legacy contamination),
da diese nach wie vor humanitäre Auswirkungen haben. Der Erfolg des Übereinkommens
gründet auf einem Zusammenspiel zwischen nationaler Eigenverantwortung und
internationaler Zusammenarbeit. Das Auswärtige Amt sieht daher die nationale
Eigenverantwortung als ein Grundprinzip, das dem humanitären Minen- und
Kampfmittelräumen stets zugrunde liegt. Nationale Behörden und nationale Zentren für
das humanitäre Minen- und Kampfmittelräumen in den betroffenen Ländern sollten bei
der Planung, Umsetzung und Nachkontrolle immer eine zentrale Rolle spielen und dabei
von einem tragfähigen Qualitätsmanagementsystem unterfüttert werden. Anstrengungen
zur Entwicklung von Kapazitäten und die enge Zusammenarbeit mit nationalen
Partnern sind entscheidend für die weitere Stärkung nationaler Eigenverantwortung.
Ferner sollten Implementierungspartner des Auswärtigen Amts die Strategien und Pläne
betroffener Länder im Bereich des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens
bei der Projektumsetzung berücksichtigen und durch ihre Arbeit zum Erreichen
nationaler Ziele beitragen.

Um die weltweite Anwendung der relevanten völkerrechtlichen Abkommen zu
fördern und die damit einhergehenden Normen aufrechtzuerhalten, ist fortdauernde
politische Überzeugungsarbeit (Advocacy-Arbeit) notwendig. Regelmäßig
stattfindende Zusammenkünfte und Konferenzen zum Thema humanitäres Minen-
und Kampfmittelräumen bieten wichtige Plattformen für diese Diskussionen und
Bemühungen. Zivilgesellschaftliche Organisationen spielen hierbei eine zentrale Rolle.
Im Rahmen seiner Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit wird das Auswärtige Amt die
Bedeutung des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens und den deutschen
Beitrag in diesem Sektor gegenüber Politik, Öffentlichkeit und Medien in Deutschland und
im Ausland hervorheben.

14
Die Koordinierung von Projektmaßnahmen und Geberaktivitäten im Bereich des
humanitären Minen- und Kampfmittelräumens muss weiter verbessert werden. Das
Auswärtige Amt wird daher seine Bemühungen zur Stärkung der Zusammenarbeit mit
betroffenen Staaten und anderen Gebern intensivieren. Länderspezifische Initiativen wie
das Country Coalition Concept 23 werden hierbei eine zentrale Rolle spielen.

Auch Gender und Diversität sind von zentraler Bedeutung für das humanitäre Minen- und
Kampfmittelräumen. Das Auswärtige Amt erkennt an, dass Frauen und Männer, Mädchen
und Jungen, Menschen aller Altersgruppen und auch Menschen mit Behinderung
aufgrund ihrer jeweiligen Rollen und Verantwortlichkeiten auf unterschiedliche Weise
von einer Kontaminierung durch Minen und Kampfmittelrückstände betroffen sein
und deshalb auch spezielle und unterschiedliche Bedürfnisse und Prioritäten haben
können. Projekte im Rahmen der humanitären Minen- und Kampfmittelräumung
müssen daher gezielt auf die spezifischen Bedürfnisse verschiedener Altersgruppen,
Geschlechter und anderer Gruppen eingehen. Hilfe ist nur effektiv und relevant, wenn
sie die spezifische Situation aller betroffenen Gruppen angemessen berücksichtigt. Die
Partnerorganisationen des AA sollten die einschlägigen Erwägungen in Bezug auf Gender
und Diversität in der Planungs- und Durchführungsphase sowie beim Monitoring
aller Projekte des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens durchgängig
berücksichtigen. Sie müssen z.B. gewährleisten, dass alle Daten zu Minen-/ERW-Unfällen
nach Geschlecht und Alter aufgeschlüsselt erhoben und analysiert werden, um eine
detaillierte Berichterstattung und die sinnvolle Ausrichtung von Maßnahmen und
Hilfe zu ermöglichen.

Das Auswärtige Amt erkennt ferner die gender- und altersgruppenspezifischen
Maßnahmen der Aktionspläne von Maputo und Dubrovnik sowie die entsprechenden
Berichtspflichten in Bezug auf nach Geschlecht und Alter aufgeschlüsselte Daten
an. Mittlerweile wurden mehrere Leitlinien zur wirksamen Berücksichtigung von
Genderfragen im Bereich des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens erstellt,
zum Beispiel vom Gender and Mine Action Programme (GMAP) oder die Gender-
Leitlinien der VN für Antiminenprogramme. Diese stellen für die Partnerorganisationen
des Auswärtigen Amts nützliche Referenzen dar, wenn es darum geht, gendersensible
Projekte des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens aufzulegen, die auch der
gesellschaftlichen Vielfalt Rechnung tragen.

                                                                                          15
Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen im Kontext

Normative und strategische Rahmenwerke des humanitären Minen- und
Kampfmittelräumens haben einen erheblichen Einfluss auf Effizienz und Effektivität
des Sektors. Diese Rahmenwerke, einschließlich IMAS und anderer Systeme, Methoden
und Werkzeuge im Bereich Normen, Informationsmanagement und Qualität müssen
kontinuierlich aktualisiert und verbessert werden. So kommen zum Beispiel in vielen
aktuellen Konflikten kaum noch konventionelle, industriell produzierte Landminen
zum Einsatz. Stattdessen werden vermehrt improvisierte Minen und Sprengfallen (IEDs)
genutzt, die oftmals wie Antipersonenminen funktionieren. IEDs waren 2017 für rund ein
Drittel aller weltweit registrierten Minenopfer verantwortlich. 24 Wo dies nötig ist, müssen
daher bestehende Standards, Methoden und Werkzeuge entsprechend angepasst werden,
um zu gewährleisten, dass diese Problematik möglichst effizient angegangen wird.

Zentrale Werte

Die Unterstützung des Auswärtigen Amts für das humanitäre Minen- und
Kampfmittelräumen sowie seine Partnerschaft mit Akteuren aus diesem Bereich wird von
den folgenden zentralen Werten geleitet:

→→ Die humanitären Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit
   und Unabhängigkeit müssen befolgt, gefördert und gewahrt werden. Nur so kann
   gewährleistet werden, dass humanitäre Akteure vor Ort – in häufig schwierigem
   politischen Umfeld mit schlechter Sicherheitslage – tätig werden können.
→→ Die Arbeit im Bereich des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens muss
   sich an konkreten humanitären Bedarfen orientieren, transparent sein und der
   Rechenschaftspflicht Genüge tun; sie muss ferner auf belastbaren Bewertungen,
   transparenter Kommunikation und akkurater Berichterstattung gründen und so zu
   nachhaltigen Ergebnissen beitragen.
→→ Jegliche Arbeit im Bereich des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens sollte
   ergebnisorientiert vonstattengehen, sich auf ein wirksames Qualitätsmanagement
   stützen, durch angemessenes Monitoring und Informationsmanagement erfasst und
   durch klare, faktengestützte Berichterstattung kommuniziert werden.
→→ Bewährte Verfahren und Erfahrungswerte sollten dokumentiert und mit anderen
   Akteuren ausgetauscht werden, um Transparenz zu fördern, das Lernen voneinander
   zu erleichtern und Fortschritte zu beschleunigen.

16
→→ Das Prinzip der nationalen Eigenverantwortung muss allen Maßnahmen
   zugrunde liegen. Es sollten insbesondere Maßnahmen in den betroffenen Ländern
   unterstützt werden, die in der Lage und willens sind, selbst Verantwortung für den
   Umgang mit Minen und explosiven Kampfmittelrückständen zu übernehmen
   und die entsprechenden nationalen Programme selbst koordinieren und
   finanzieren zu können.
→→ Die Abstimmung mit Partnern aus dem Entwicklungs-, Stabilisierungs- und
   humanitären Bereich muss verbessert werden, um eine sinnvolle Einbindung des
   humanitären Minen- und Kampfmittelräumens in diese Sektoren zu ermöglichen.
→→ Erwägungen aus dem Bereich Gender und Diversität sollten bei der Gestaltung
   von Projekten des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens flächendeckend
   Berücksichtigung finden, auch bei der Planung, Durchführung und Nachkontrolle, um
   Gleichberechtigung zu fördern und bessere Ergebnisse zu ermöglichen.
→→ Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung muss über allen Bemühungen der Opferhilfe
   stehen; die Gleichbehandlung aller verletzten und beeinträchtigten Personen
   muss unabhängig vom Grund ihrer Verletzung beziehungsweise Beeinträchtigung
   gewährleistet sein. 25

                                                                                   17
Das Auswärtige Amt als Geber

Minenopferfürsorge in Afghanistan © IKRK

Das Auswärtige Amt als Geber

18
Das Auswärtiges Amt hat seit Beginn seiner Unterstützung für das humanitäre Minen-
und Kampfmittelräumen im Jahr 1992 signifikante Beiträge für den Sektor geleistet. In
Zusammenarbeit mit Implementierungspartnern und Partnerregierungen hat es bereits
in 56 mit Minen und Kampfmitteln kontaminierten Ländern in Afrika, Asien, dem Nahen
und Mittleren Osten, Europa und Südamerika Hilfe geleistet.

Seit 2007 gehört Deutschland zu den zehn größten Gebern. Mit einer Gesamtsumme von
75 Millionen Euro war Deutschland 2017 zweitgrößter bilateraler Geber im Bereich der
Minen- und Kampfmittelräumung nach den USA. 26 Im Rahmen des humanitären Minen-
und Kampfmittelräumens hat die Bundesregierung rund 30 Mio. Euro bereitgestellt.
Weitere 45 Mio. Euro wurden für die Sprengfallenräumung im Stabilisierungskontext
bereitgestellt. Das Auswärtige Amt verfolgt einen mehrjährigen Finanzierungsansatz und
kann somit längerfristige Strategien und Projekte auf dem Gebiet des humanitären Minen-
und Kampfmittelräumens verlässlich unterstützen. Dies wirkt sich auch positiv auf die
Nachhaltigkeit der Ergebnisse in den Ländern aus, in denen das Auswärtige Amt Projekte
fördert. So genießen auch die Partnerorganisationen des Auswärtigen Amts durch diese
Herangehensweise eine größere Planungssicherheit und Flexibilität und können folglich
strategischer planen und Ressourcen sinnvoller einsetzen.

Humanitärer Schwerpunkt

Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen ermöglicht wirksame humanitäre Hilfe
und wirkt sich förderlich auf Frieden und Sicherheit aus. Ziel des Auswärtigen Amts ist
es, diese positiven Auswirkungen für die betroffenen Gemeinden weiter zu maximieren.
Das Auswärtige Amt setzt sich für eine bessere Integration der humanitären Minen- und
Kampfmittelräumung in das internationale humanitäre System ein, z.B. im Rahmen
von den VN-koordinierten humanitären Bedarfsplänen (Humanitarian Response Plans)
und von internationalen humanitären Geberkonferenzen. Die Partnerorganisationen
des Auswärtigen Amts sind daher angehalten, ihre Arbeit mit anderen humanitären
Maßnahmen sinnvoll zu verbinden und – wo geeignet – ihre Aktivitäten an
bestehende Pläne und Programme zur Friedenskonsolidierung, Stabilisierung und
Entwicklungszusammenarbeit anzuschließen.

                                                                                          19
Das Auswärtige Amt als Geber

Schwerpunktländer

Das Auswärtige Amt wird Projekte der humanitären Minen- und Kampfmittelräumung
vorrangig in insgesamt zehn Schwerpunktländern fördern. 27 Grundlage für die Auswahl
der Schwerpunktländer sind bewährte Kriterien, die unter vier Hauptkategorien
fallen (vgl. Anlage II):

→→   Humanitäre Bedarfe/Auswirkungen
→→   Verpflichtungen aus einschlägigen völkerrechtlichen Abkommen
→→   Nationale Eigenverantwortung
→→   Effektivität und Effizienz.

Die Möglichkeit der Projektförderung in Nicht-Schwerpunktländern im Falle neu
entstehender Bedarfe in akuten humanitären Krisen bleibt weiter bestehen.

Country Coalition Concept

Das Country Coalition Concept wurde unter dem deutschen Vorsitz des Übereinkommens
über Streumunition 2016/2017 28 entwickelt. Ziel ist es, dass jeweils ein Geberland einen
betroffenen Staat durch die bessere Strukturierung der Zusammenarbeit zwischen den
Akteuren des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens bei der Erfüllung der
Verpflichtungen aus dem Übereinkommen unterstützt.

Das Auswärtige Amt hat sich der weiteren Entwicklung und der aktiven Anwendung dieses
Konzepts verschrieben und möchte seinen Anwendungsbereich, der sich ursprünglich auf
Streumunition beschränkt hat, auf die gesamte Bandbreite der Landminen und explosiven
Kampfmittelrückstände ausweiten.

Durch diesen länderspezifischen Ansatz verfolgt das Auswärtige Amt die folgenden Ziele:

→→ Herausforderungen im Zusammenhang mit dem humanitären Minen- und
   Kampfmittelräumen in betroffenen Ländern gezielt angehen;
→→ bedarfsgerechtere Opferhilfe bereitstellen;
→→ Zusammenarbeit/Koordinierung verbessern und zusätzliche Geber mobilisieren;
→→ die Bedeutung nationaler Eigenverantwortung unterstreichen.

20
Wichtigste Partner

Um seine strategischen Ziele zu erreichen, wird das Auswärtige Amt mit einer breiten
Palette von Partnern mit humanitärem Profil zusammenarbeiten. Das Auswärtige Amt
wird weiterhin eng mit Partnern kooperieren, die in den Bereichen Untersuchung
und Räumung von Minen/Kampfmittelrückständen, Minengefahrenaufklärung,
Opferhilfe, Advocacy sowie Entwicklung von Kapazitäten über einzigartiges Knowhow
und Wissen verfügen. Hierzu gehören humanitäre Nichtregierungsorganisationen
(NROs), die im Bereich des Minen- und Kampfmittelräumens tätig sind, der Dienst
für Antiminenprogramme (UNMAS) und andere einschlägige VN-Organisationen, die
Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, die Internationale Kampagne zum
Verbot von Antipersonenminen (ICBL-CMC) und das Genfer Internationale Zentrum für
Humanitäre Minenräumung (GICHD).

Wie bereits erwähnt, wird das Auswärtige Amt die Zusammenarbeit und Abstimmung mit
anderen internationalen Geberländern und mit den betroffenen Staaten weiter ausbauen,
u.a. durch die Anwendung des Country Coalition Concept.

Qualitätsprofile für NRO-Implementierungspartner

Um die Erfüllung administrativer und qualitativer Voraussetzungen für mögliche
Projektförderungen zu überprüfen, durchlaufen die NRO-Partner zunächst eine
Vorfeldqualifizierung, das sog. Qualitätsprofil. Die Hilfsorganisationen werden dabei nach
internationalen bewährten Standards und Prüfmechanismen bewertet. Dabei werden u.a.
die finanz-administrativen Kapazitäten der Organisation beurteilt, ihre internationale
Vernetzung und ihre Koordinierung im Sektor betrachtet, sowie ihre fachlich-technische
Expertise und ihre regionale Präsenz und Schwerpunktsetzung abgefragt. Anhand dieser
Profile werden nicht nur notwendige Fördervoraussetzungen geprüft, sondern auch
die partnerschaftliche Zusammenarbeit und der thematische Austausch gefördert. Die
Erkenntnisse dieser Prüfung haben direkte Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit
dem Partner. Sie ermöglichen neben der Wahrung der Prüfpflichten des Auswärtigen
Amts bzgl. der Bonität auch eine Orientierung über die Stärken der Organisationen
und helfen somit, inhaltliche Schwerpunkte der Zusammenarbeit zu definieren. Dieser
Qualifizierungsprozess wird fortlaufend überprüft, weiter vertieft und so an aktuelle
internationale Prozesse angeglichen.

                                                                                         21
Das Auswärtige Amt als Geber

Monitoring und Evaluierung

Monitoring und Evaluierung (M&E) der vom Auswärtigen Amt geförderten Projekte
in der humanitären Minen- und Kampfmittelräumung erfolgen auf Grundlage des
Konzepts „Monitoring und Evaluierung der Humanitären Hilfe des Auswärtigen Amtes“.
M&E ist Bestandteil einer umfassenden Erfolgskontrolle und dient der systematischen,
begleitenden und abschließenden Überprüfung der Zielerreichung, Wirksamkeit
und Wirtschaftlichkeit der geförderten Maßnahmen. Durch Monitoring werden der
Projektfortschritt und die Einhaltung von Qualitätsstandards kontinuierlich überprüft.
So können das Auswärtige Amt und seine Partner Maßnahmen und Instrumente auf
kontextuelle Veränderungen anpassen, Leistungen verbessern, auf Erfolgen aufbauen und
Maßnahmen nachsteuern. Wie in den Leitlinien der Bundesregierung „Krisen verhindern,
Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ betont wird, steht dies im Einklang mit dem
Grundsatz, nicht beabsichtigte Wirkungen eines Engagements frühzeitig zu erkennen und
abzuwenden (Do-No-Harm-Grundsatz). 29 Grundlage für effektives Monitoring ist eine
vor Projektbeginn formulierte Wirkungslogik mit geplanten Aktivitäten, Indikatoren und
Zielen, regelmäßige Kommunikation zwischen dem Auswärtigen Amt und seinen Partnern
inklusive standardisierter Berichterstattung sowie regelmäßige Projektbesuche vor allem
durch den Zuwendungsempfänger. Evaluierungen untersuchen und bewerten Prozesse,
Ergebnisse/Zielerreichung und Wirkungen und können für laufende oder abgeschlossene
Projekte, Programme und Strategien durchgeführt werden. Sie beinhalten Empfehlungen
und ermöglichen so dem Auswärtigen Amt und seinen Partnern das Lernen aus in den
Projekten gemachten Erfahrungen für zukünftige Vorhaben. Bei der Auswahl geförderter
Projekte wird darauf geachtet, dass sich Projektvorschläge in die Wirkungslogik der oben
beschriebenen Prioritäten der Strategie (s. Anlage III) eingliedern lassen. Zudem werden
die einzelnen Projektvorhaben vor Förderbeginn hinsichtlich ihrer im Projektantrag
beschriebenen Wirkungslogik und Evaluierbarkeit überprüft.

Bis Ende 2020 wird zudem eine externe Zwischenevaluierung dieser Strategie angestrebt.
Im Zuge der Evaluierung wird eine Fortschrittsbilanz erfolgen, die auch die Möglichkeit
geben wird, die Strategie und damit verbundene Maßnahmen und Instrumente bei Bedarf
an kontextuelle Veränderungen anzupassen.

22
23
Strategische Orientierung des Auswärtigen Amts 2019 – 2021

Minengefahrenaufklärung in Irak © Norwegian People’s Aid

Strategische Orientierung des
Auswärtigen Amts 2019 – 2021

24
Vision

Eine minenfreie Welt, in der vulnerable Bevölkerungsgruppen geschützt sind, ihren
humanitären Bedürfnissen Rechnung getragen wird und ihre Würde gewährleistet ist. 30

Mission

Das Auswärtige Amt mindert die negativen humanitären Auswirkungen von Minen und
explosiven Kampfmittelrückständen durch Untersuchung, Räumung, Gefahrenaufklärung
und Opferhilfe und ebnet durch verstärkte Advocacy-Arbeit, Koordinierung und
Partnerschaften den Weg für eine minenfreie Welt.

Strategische Ziele im Überblick

Durch die Unterstützung des Auswärtigen Amts für Maßnahmen der humanitären Minen-
und Kampfmittelräumung und seine enge Partnerschaft mit einer Reihe von Akteuren
sollen folgende Ziele erreicht werden:

→→ Ziel 1: Minderung der Gefahren durch Minen/Kampfmittelrückstände

   Gefährdete Gebiete werden durch IMAS-konforme Untersuchung und Räumung
   schnell und wirksam wieder zu gefahrenfreien Gebieten, was die sichere Rückkehr
   von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen, den Schutz der Zivilbevölkerung und den
   Wiederaufbau der Infrastruktur ermöglicht.

→→ Ziel 2: Verringerung der Schutzbedürftigkeit und Beitrag zur Widerstandsfähigkeit
   (Resilienz)

   Die humanitären Auswirkungen von Minen/ERW werden durch Gefahrenaufklärung,
   die den verschiedenen Altersgruppen und der gesellschaftlichen Vielfalt Rechnung
   trägt, sowie durch eine Opferhilfe, in deren Rahmen die Rechte der Opfer geachtet
   werden, angegangen und verringert.

                                                                                       25
Strategische Orientierung des Auswärtigen Amts 2019 – 2021

→→ Ziel 3: Verstärkte Advocacy-Arbeit und Universalisierung der einschlägigen
   völkerrechtlichen Abkommen

     Die weltweite Anwendung der einschlägigen völkerrechtlichen Abkommen
     wird durch Advocacy-Arbeit, verbesserte Koordinierung und intensivierte
     Partnerschaften gefördert.

→→ Ziel 4: Entwicklung und Anwendung innovativer Methoden, Normen und
   Werkzeuge

     Methoden, Normen und Werkzeuge werden entwickelt und innovative Ansätze
     gefördert. So wird die Effizienz und Effektivität des humanitären Minen- und
     Kampfmittelräumens gesteigert.

26
ANLAGEN

Anlage I: Fußnoten

1   Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im Ausland 2019
    bis 2023, 21.11.2018

2   Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern – Leitlinien der
    Bundesregierung, S. 89

3   Das Auswärtige Amt wird sich infolge der vierten Überprüfungskonferenz im
    November 2019 auch der Einhaltung des nächsten APMBC Aktionsplans verpflichten.

4   Im Glossar des humanitären Minen- und Kampfmittelräumens (IMAS 04.10
    Glossary of mine action terms, definitions and abbreviations) werden explosive
    Kampfmittelrückstände (ERW) als fehlgezündete Kampfmittelrückstände (UXO)
    und aufgegebene Kampfmittel (AXO) definiert. (CCW Protokoll V). Zu ERW gehört
    auch Streumunition.

5   IMAS 07.11, Land Release, (März 2013).
    Der Begriff nichttechnische Untersuchung bezieht sich auf die Erhebung und Analyse
    von Daten ohne Zuhilfenahme technischer Interventionen über das Vorhandensein,
    die Art, die Verteilung und das Umfeld einer Kontaminierung durch Minen bzw. ERW,
    um besser bestimmen zu können, wo eine solche Kontaminierung vorliegt und wo
    nicht, und um die Priorisierung und Entscheidungsfindung bei der Freigabe geräumter
    Flächen durch die Vorlage von Fakten zu unterstützen.
    Der Begriff technische Untersuchung bezieht sich auf die Erhebung und Analyse von
    Daten unter Zuhilfenahme technischer Interventionen über das Vorhandensein, die
    Art, die Verteilung und das Umfeld einer Kontaminierung durch Minen bzw. ERW,
    um besser bestimmen zu können, wo eine solche Kontaminierung vorliegt und wo
    nicht, und um die Priorisierung und Entscheidungsfindung bei der Freigabe geräumter
    Flächen durch die Vorlage von Fakten zu unterstützen.

                                                                                     27
Anlagen

6    In IMAS 07.11, ibid, bezieht sich der Begriff „Räumung“ im Zusammenhang mit dem
     humanitären Minen- und Kampfmittelräumen auf Tätigkeiten oder Maßnahmen, die
     die Entfernung und/oder Eliminierung aller Gefahren durch Minen und ERW in einem
     bestimmten Gebiet bis zu einer bestimmten Tiefe gewährleisten sollen.

7    In IMAS 04.10, ibid, Explosive Ordnance Disposal (EOD) (2005), the
     detection, identification, evaluation, render safe, recovery and disposal of
     EO (Kampfmittelbeseitigung (2005), die Ortung, Identifizierung, Bewertung,
     Bergung, Sicherung, und Beseitigung von Kampfmitteln). EOD kann wie folgt
     durchgeführt werden:
     a) als routinemäßiger Bestandteil einer Minenräumung, wenn ERW entdeckt werden,
     b) zur Beseitigung von ERW, die außerhalb von gefährdeten Gebieten entdeckt
         wurden (hier kann es sich um Einzelfunde oder um eine größere Anzahl von ERW
         innerhalb eines bestimmten Gebietes handeln), oder
     c) zur Beseitigung von Kampfmitteln, die durch Zerfall, Beschädigung oder versuchte
         Zerstörung zur Gefahr geworden sind.

8    Im Sinne von IMAS 04.10, ibid, sind unter „Gefahrenaufklärung“ Maßnahmen zur
     Verringerung der Wahrscheinlichkeit und/oder zur Abminderung der negativen
     Auswirkungen mit Bezug auf eine bestimmte Gefahr zu verstehen.

9    Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der
     Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung: Nach dem APMBC
     besteht die Opferhilfe in der „[...] Hilfe bei der Fürsorge und Rehabilitation sowie bei
     der sozialen und wirtschaftlichen Wiedereingliederung von Minenopfern“. Allgemein
     umfasst die Opferhilfe sechs Säulen:
     1. Erhebung von Daten und Informationsmangagement, um das Ausmaß der
         Herausforderung erfassen zu können;
     2. Erste Hilfe und dauerhafte medizinische Versorgung;
     3. körperliche Rehabilitation einschließlich Physiotherapie, Prothetik und Hilfsmittel;
     4. psychologische Unterstützung und gesellschaftliche Wiedereingliederung;
     5. wirtschaftliche Wiedereingliederung;
     6. Ausgestaltung, Durchsetzung und Anwendung einschlägiger Gesetze und
         einzelstaatlicher Politikansätze.

10 Landmine Monitor 2018, S. 49

28
11 Landmine Monitor 2018, S. 50

12 Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und
   der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung: https://www.
   apminebanconvention.org/status-of-the-convention/assisting-the-victims/

13 CCM Victim Assistance Concept Note, 8. Treffen der Vertragsstaaten

14 Vgl. Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern – Leitlinien der
   Bundesregierung, S. 89

15 Vgl. Resolution 2365 (2017) des VN-Sicherheitsrats über
   Antiminenprogramme, 30. Juni 2017

16 In den Internationalen Normen für Antiminenprogramme (07.11.) wird die Freigabe
   geräumter Flächen als Verfahren definiert, in dem jede sinnvolle Anstrengung
   unternommen wird, um jegliches, auch vermutete Vorhandensein von Minen/
   ERW durch nichttechnische oder technische Untersuchung und/oder Räumung
   festzustellen, zu bestimmen und die Minen zu entfernen. Die Definition von
   „jede sinnvolle Anstrengung“ wird von der jeweiligen innerstaatlichen Behörde
   für Antiminenprogramme festgelegt. Die Freigabe geräumter Flächen erfolgt im
   Rahmen eines faktengestützten Entscheidungsprozesses, der es ermöglicht, sicher zu
   bestimmen, welche Gebiete weiter bearbeitet werden müssen und welche nicht.

17 Artikel 5 des APMBC: Vernichtung von Antipersonenminen in verminten Gebieten
   und Artikel 4 des CCM: Räumung und Vernichtung von Streumunitionsrückständen
   und Aufklärung zur Gefahrenminderung

18 UN-Frauen, OSAGI Gender Mainstreaming – Konzepte und Begriffsbestimmungen:
   „Gender bzw. soziales Geschlecht“ bezieht sich auf die Rollen, Verhaltensweisen,
   Tätigkeiten und Merkmale, die eine bestimmte Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit
   für Männer beziehungsweise Frauen für angemessen hält. Zusätzlich zu den sozialen
   Attributen und Möglichkeiten, die mit Männern und Frauen assoziiert werden, sowie
   den Beziehungen zwischen Frauen und Männern bzw. Mädchen und Jungen bezieht
   sich „Gender bzw. soziales Geschlecht“ auch auf die Beziehungen zwischen Frauen
   bzw. Männern untereinander. Diese Attribute, Möglichkeiten und Beziehungen sind

                                                                                        29
Anlagen

     von der Gesellschaft konstruiert und werden durch einen Sozialisierungsprozess
     erlernt. Sie sind kontext- bzw. zeitabhängig und veränderbar. Mit „Gender bzw.
     soziales Geschlecht“ wird erfasst, was in einem bestimmten Kontext von einer
     Frau oder einem Mann erwartet, ihnen zugestanden oder an ihnen wertgeschätzt
     wird. In den meisten Gesellschaften werden Frauen und Männer hinsichtlich ihrer
     Verantwortungsbereiche und Aufgaben, beim Zugang zu und der Kontrolle von
     Ressourcen sowie bei ihren Mitbestimmungsmöglichkeiten unterschiedlich und
     ungleich behandelt. „Gender bzw. soziales Geschlecht“ fügt sich ebenso wie andere
     wichtige Kriterien für die soziokulturelle Analyse, etwa gesellschaftliche Schicht,
     Hautfarbe, Armutsniveau, ethnische Gruppe, sexuelle Orientierung oder Alter, in einen
     größeren soziokulturellen Kontext ein.

19 Global Protection Cluster: „Diversität“ bezieht sich auf Unterschiede in Bezug auf
   Werte, Einstellungen, kulturelle Ansichten, Überzeugungen, Staatsangehörigkeit,
   sexuelle Orientierung, genderbezogene Identität, Fähigkeiten, Gesundheitszustand,
   sozialen Status, Fertigkeiten und andere spezifische persönliche Eigenschaften.
   Während die Dimensionen von Alter und Gender bei jedem Menschen vorhanden sind,
   sind andere Merkmale je nach Person unterschiedlich. Diese Unterschiede müssen von
   humanitären Akteuren in jeder Notlage erkannt, verstanden und eingeordnet werden,
   um alle Menschen angemessen schützen zu können.

20 SADD bezieht sich auf die Unterscheidung zwischen weiblichen und männlichen
   Personen unterschiedlicher Altersgruppen: Frauen, Mädchen, Jungen und
   Männer. Menschen, die 18 Jahre oder älter sind, werden im Allgemeinen als
   Erwachsene betrachtet.

21 CCM, Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c

22 Maputo+15-Erklärung der Vertragsparteien des Übereinkommens über das
   Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von
   Antipersonenminen und über deren Vernichtung, abgegeben am 27. Juni 2014: Wir
   bekräftigen unser Bekenntnis zu den Normen des Übereinkommens. Wir bestätigen
   unseren Anspruch, zu gewährleisten, dass es in Gebieten, die sich unter unserer
   Hoheitsgewalt beziehungsweise Kontrolle befinden, keine neuen Minenopfer geben
   soll, dafür zu sorgen, dass Überlebende als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft
   leben, und unsere Bemühungen zu verstärken, unseren jeweiligen zeitgebundenen

30
Verpflichtungen mit der Dringlichkeit nachzukommen, die diese Arbeit gebietet.
   Wir streben in diesem Zusammenhang an, diese Ziele bis 2025 möglichst in vollem
   Umfang zu erreichen.

23 Konzept, das mit Hilfe eines Tandems aus betroffenem Vertragsstaat und einem Geber
   die Koordinierung und länderspezifische Ausrichtung der notwendigen Maßnahmen
   zu erreichen sucht, vgl. S. 15

24 Landmine Monitor 2018, S. 2

25 CCM Artikel 5 Absatz 2

26 Landmine Monitor 2018, S. 77

27 S. Anlage IV

28 Vgl. https://undocs.org/CCM/MSP/2017/8

29 Leitlinien der Bundesregierung „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden
   fördern“, Berlin, September 2017

30 Theorie des Wandels für die strategische Orientierung des AA 2019 – 2021,
   siehe Anlage III

                                                                                      31
Anlagen

Anlage II: Kriterienkatalog des Auswärtigen Amts zur Auswahl
von Schwerpunktländern

 Kategorie    Humanitäre Auswirkungen                 Verpflichtungen aus völkerrechtlichen
                                                      Abkommen

 Kriterien    Inwieweit könnte das humanitäre         Ist das Land Vertragsstaat des APMBC?
              Minen- und Kampfmittelräumen die
              sichere Rückkehr von Flüchtlingen und
              Binnenvertriebenen erleichtern?

              Inwieweit könnte das humanitäre         Ist das Land Vertragsstaat des CCM?
              Minen- und Kampfmittelräumen durch
              Minen/ERW bedingte Unfälle und
              Todesopfer verhindern?

              Inwieweit könnte das humanitäre         Ist das Land Vertragsstaat des
              Minen- und Kampfmittelräumen den        Protokolls V des CCW?
              Zugang für humanitäre Akteure zum
              Zweck der Hilfeleistung verbessern?

              Inwieweit besteht eine Verbindung       Ist das Land Vertragsstaat des
              zwischen dem humanitären                Übereinkommens über die Rechte von
              Minen- und Kampfmittelräumen            Menschen mit Behinderungen?
              und anderen humanitären und
              entwicklungsbezogenen Aktivitäten im
              Land (z.B. Einbindung des humanitären
              Minen- und Kampfmittelräumens in
              humanitäre Bedarfspläne (HRP))?

                                                      Legt das Land die jährlichen
                                                      Transparenzberichte nach Artikel 7
                                                      des APBMC und Artikel 7 des CCM
                                                      rechtzeitig vor?

32
Nationale Eigenverantwortung                  Effektivität & Effizienz

Inwieweit verfügt das Land über etablierte,   Ist das innerstaatliche Umfeld förderlich für das
funktionierende institutionelle Strukturen    Erreichen positiver Ziele und die Umsetzung der
im Bereich des humanitären Minen- und         Strategie des AA für das humanitäre Minen- und
Kampfmittelräumens bzw. inwieweit ist es      Kampfmittelräumen?
bereit, solche zu schaffen?

Inwiefern verfügt das Land über eine          Wie wahrscheinlich ist es, dass dieses Land Ergebnisse
eigene, im Einklang mit bewährten             mit geringerem Arbeits-, Kosten- bzw. Zeitaufwand
Verfahren entwickelte Strategie               erreicht als andere Länder, die in gleicher Weise
für das humanitäre Minen- und                 betroffen sind?
Kampfmittelräumen bzw. inwieweit ist es
bereit, eine solche zu erarbeiten?

Inwieweit verfügt das Land über
IMASkonforme eigene Normen
für das humanitäre Minen- und
Kampfmittelräumen bzw. inwieweit ist es
bereit, solche zu entwickeln/überprüfen/
aktualisieren?

Inwieweit unterstützt die nationale
Regierung das Programm des jeweiligen
Landes für humanitäre Minen- und
Kampfmittelräumung finanziell?

                                                                                                       33
Anlagen

Anlage III: Strategische Orientierung des Auswärtigen Amts im Bereich des
humanitären Minen- und Kampfmittelräumens 2019 – 2021: Theorie des Wandels

                                              Vision

 Eine minenfreie Welt, in der gefährdete Bevölkerungsgruppen
 geschützt sind, ihren humanitären Bedürfnissen Rechnung getragen wird
 und ihre Würde gewährleistet ist.

                                             ↑
                                       Strategische Ziele

 Minderung der Gefahren durch Minen/ERW            Verringerung der Schutzbedürftigkeit und Beitrag
                                                   zur Widerstandsfähigkeit (Resilienz)

 Gefährdete Gebiete werden durch                   Die humanitären Auswirkungen von Minen/
 IMASkonforme Untersuchung und Räumung             ERW werden durch eine Gefahrenaufklärung,
 schnell und wirksam wieder zu ungefährdeten       die den verschiedenen Altersgruppen und der
 Gebieten, was die sichere Rückkehr von            gesellschaftlichen Vielfalt Rechnung trägt, sowie
 Flüchtlingen und Binnenvertriebenen, den Schutz   durch eine Opferhilfe, in deren Rahmen die
 der Zivilbevölkerung und den Wiederaufbau der     Rechte der Opfer geachtet werden, angegangen
 Infrastruktur ermöglicht.                         und verringert.

                      ↑                                                  ↑

                                          Maßnahmen

 Untersuchung, Räumung und                         Gefahrenaufklärung und Opferhilfe
 Kampfmittelbeseitigung

34
↑
                                       Strategische Ziele

Verstärkte Advocacy-Arbeit und Förderung           Entwicklung und Anwendung innovativer
der Universalisierung von völkerrechtlichen        Methoden, Normen und Werkzeuge
Abkommen

Die weltweite Anwendung der einschlägigen          Methoden, Normen, Strategien, Systeme und
Übereinkommen wird durch Advocacy-Arbeit und       Werkzeuge werden entwickelt und innovative
verbesserte Koordinierung und Partnerschaften      Ansätze gefördert. So wird die Effizienz und
gefördert.                                         Effektivität des humanitären Minen- und
                                                   Kampfmittelräumens verbessert.

                      ↑                                                 ↑

                                              Maßnahmen

Advocacy-Arbeit, Abstimmung und                    Entwicklung von Methoden, Normen, Strategien,
Partnerschaften                                    Systemen und Werkzeugen

                                                                                                   35
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