75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach

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75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
Mathematisches
Forschungsinstitut
Oberwolfach

 75 Jahre
 Festschrift zum Jubiläum
75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
75 Jahre – Festschrift zum Jubiläum

 Ansprachen, Grußworte, Festvortrag
 und Gastbeiträge anlässlich des
 75-jährigen Bestehens des
 Mathematischen Forschungsinstituts
 Oberwolfach
75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
Inhalt
Der Festtag am 5. Juli 2019........................................................................................6

Begrüßung

 Prof. Dr. Gerhard Huisken (MFO)........................................................................ 12

Grußworte und -botschaften

 Theresia Bauer (Ministerin für Wissenschaft, Forschung

 und Kunst Baden-Württemberg) ........................................................................ 18

 Dr. Michael Meister (Bundesministerium für Bildung und Forschung)........................ 19

 Prof. Dr. Friedrich Götze (Gesellschaft für Mathematische Forschung)...................... 24

 Dr. Wilhelm Krull (VolkswagenStiftung)............................................................... 30

 Beate Spiegel (Klaus Tschira Stiftung)................................................................. 33

 Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Gather (Oberwolfach Stiftung) ......................................... 36

 Prof. Dr. Cédric Villani (Député à l‘Assemblée Nationale)........................................ 38

 Prof. Dr. Klaus Hulek (Deutsche Mathematiker-Vereinigung)................................... 40

 Prof. Dr. Günter M. Ziegler (Freie Universität Berlin) . ........................................... 42

 Matthias Bauernfeind (Bürgermeister Oberwolfach)............................................... 46

Festvortrag

 Prof. Dr. Stefan Müller (Universität Bonn)............................................................ 50

Beitrag zur Geschichte des Instituts

 „Retter” von Oberwolfach (1945): Szolem Mandelbrojt und John Todd

 Prof. Dr. Volker Remmert (Bergische Universität Wuppertal) . ................................ 66

Entwicklung des MFO 2004-2019............................................................................... 77

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75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
Gäste der Festveranstaltung am 5. Juli 2019 (Foto: Gerd Fischer)
75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
Der Festtag am 5. Juli 2019 terium für Bildung und Forschung, an. Er lob-
 te insbesondere die intensive Nachwuchsför-
Im Jahr 2019 feierte das MFO sein 75-jähriges derung und die Projekte der Öffentlichkeits-
Bestehen. Bei der Festveranstaltung am 5. Juli arbeit des Instituts.
begrüßte Direktor Prof. Dr. Gerhard Huisken
knapp 70 Gäste aus Wissenschaft, Politik und Als Vertreter der Leibniz-Gemeinschaft erläu-
Wirtschaft. terte Prof. Dr. Albert Sickmann (Sprecher der
 Sektion D) die besondere Rolle des Instituts
Theresia Bauer, Landesministerin für Wissen- als eine von zwei exzellenten „sozialen For-
schaft, Forschung und Kunst in Baden-Würt- schungsinfrastrukturen” innerhalb der Leib-
temberg, gratulierte dem MFO zu „75 Jahren niz-Gemeinschaft. Die Ruhe und Abgeschie-
wissenschaftlicher Exzellenz”. In ihrem per- denheit des Instituts sowie die Beibehaltung
sönlichen Grußwort bei der Jubiläumsfeier von Kreide und Tafel trotz Zeiten des digitalen
betonte sie die große Bedeutung internatio- Wandels seien gerade das Erfolgsgeheimnis
naler Zusammenarbeit bei der Gestaltung des von Oberwolfach.
technologischen Wandels und der Bewältigung
damit einhergehender Schwierigkeiten. Ba- Prof. Dr. Friedrich Götze (Vorstandsvorsitzen-
den-Württemberg zähle dabei auf Oberwol- der der Gesellschaft für Mathematische For-
fach mit seinen jährlich nahezu 3000 Gästen schung) erläuterte in seinem Grußwort die
aus der ganzen Welt. Möglicherweise könne besondere Rolle der GMF für das MFO und be-
die Mathematik helfen, dort Brücken zu bau- schrieb anhand entscheidender Stationen den
en, wo die Politik alleine nicht weiterkomme. Weg des Instituts von seiner Gründung bis zur
 Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft.
Den Glückwünschen schloss sich Dr. Michael
Meister, Mitglied des Bundestags und Parla-
mentarischer Staatssekretär im Bundesminis-

Foto: Gerd Fischer Theresia Bauer (Foto: MFO)
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75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
Dr. Wilhelm Krull (Generalsekretär der Volks- und in Vertretung von Dr. Detlef Schneidawind
wagenStiftung) knüpfte daran an und legte auch die Glückwünsche der Oberwolfach Stif-
dar, wie viel besser manches in der Entwick- tung. Als besonderes Präsent zum Jubiläums-
lung des MFO gelaufen sei, als es ursprünglich jahr kündigte sie die Bereitstellung von zu-
geplant war. Die VolkswagenStiftung, die als sätzlichen 10.000 € für das neu geschaffene
Förderin an wichtigen Stationen dieser Ent- Programm der „Oberwolfach Foundation Fel-
wicklung beteiligt war, sei darüber immer wie- lows” durch die Oberwolfach Stiftung an.
der überrascht und erfreut gewesen.
 Prof. Dr. Cédric Villani (Député à l‘Assemblée
Auch die Klaus Tschira Stiftung hat das Institut Nationale) sandte aus Paris eine Videobot-
entscheidend unterstützt und unter anderem schaft mit seinen Glückwünschen. Oberwol-
gemeinsam mit der VolkswagenStiftung den fach sei ein Ort wie kein anderer, den man
Ausbau der Bibliothek finanziert. Beate Spiegel wertschätzen, schützen und stetig weiterent-
(Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung) wickeln müsse.
betonte in ihrem Grußwort die große Bedeu-
tung der Bibliothek für das MFO. Mit Oberwol- Im Anschluss daran hielt Prof. Dr. Stefan
fach verbinde sie das Interesse für Bücher, die Müller (Universität Bonn) einen Festvortrag,
inspirierten und zum Austausch mit anderen in dem er aus einer sehr persönlichen Per-
Menschen anregten. Die Bibliothek in Ober- spektive heraus anschaulich darlegte, wie
wolfach sei dafür der ideale Ort. Oberwolfach Forscherinnen und Forscher in
 der Mathematik inspirieren und prägen kann.
Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Gather (Vorsitzende Er wählte als Beispiel dazu die Entwicklungen
des Vereins zur Förderung des Mathemati- in der Forschung zu partiellen Differentialglei-
schen Forschungsinstituts Oberwolfach e.V.) chungen in der Materialwissenschaft von ca.
überbrachte die Gratulation des Fördervereins Ende der 1990er Jahre bis ca. Ende der 2000er

Albert Sickmann (Foto: MFO) Michael Meister (Foto: MFO)
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75 Jahre Festschrift zum Jubiläum - Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
Jahre. Während dieses Zeitraums wurde die
 Forschung in diesem Gebiet mehrfach durch
 Tagungen in Oberwolfach entscheidend voran-
 getrieben. Es ergaben sich sowohl wertvolle
 Erkenntnisse für die Entwicklung neuer Mate-
 rialien als auch fruchtbare Rückwirkungen für
 die Weiterentwicklung anderer, rein mathema-
 tischer Forschungsbereiche, wie Stefan Müller
 eindrücklich aufzeigte.

 Der Festakt wurde musikalisch von dem Klari-
Friedrich Götze (Foto: Gerd Fischer) netten-Quartett „Clarisonos” umrahmt.

 Gegen Abend verlagerten sich die Feierlich-
 keiten ins Gasthaus Hirschen in Oberwolfach.
 Dem Sektempfang im Garten des Gasthauses
 folgte ein gemeinsames Abendessen, begleitet
 von Tischreden von Freunden und Förderern
 des Instituts.

 Prof. Dr. Klaus Hulek überbrachte die Glück-
 wünsche der Deutschen Mathematiker-Verei-
 nigung. Erna Armbruster sprach in Vertretung
 des Bürgermeisters Matthias Bauernfeind die

Wilhelm Krull (Foto: Gerd Fischer)

Beate Spiegel (Foto: Gerd Fischer) Ursula Gather (Foto: MFO)

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Gratulation der Gemeinde Oberwolfach aus.
Prof. Dr. Willi Jäger, der lange Jahre Vorstands-
vorsitzender der GMF und Mitglied im Verwal-
tungsrat des MFO war, gratulierte ebenfalls
und erinnerte an manch besondere Begeben-
heit aus früheren Tagen.

Für das MFO endete ein rundum gelungener
Tag, an dem viele Menschen, auf deren Unter-
stützung der langjährige Erfolg des Instituts
baut, ihre Verbundenheit zu Oberwolfach zum
Ausdruck brachten. Klaus Hulek (Foto: MFO)
Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Per-
sonen, die dem Institut persönlich oder durch
das Übersenden einer Grußbotschaft zum
75. Jubiläum gratulierten. Die uns schriftlich
vorliegenden Ansprachen, Grußbotschaften,
Glückwünsche sowie weitere Textbeiträge sind
auf den nachfolgenden Seiten dargestellt.

 Erna Armbruster (Foto: MFO)

Stefan Müller (Foto: MFO) Willi Jäger (Foto: MFO)

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Das Klarinetten-Quartett „Clarisonos” umrahmte die Festveranstaltung musikalisch (Foto: MFO)

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Empfang im Garten des Gasthauses „Hirschen” (Foto: MFO)

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Forschung und Kunst in Baden-Württemberg,
 Theresia Bauer! Ein ebenso herzliches Will-
 kommen dem Parlamentarischen Staatsse-
 kretär im BMBF Herrn Michael Meister. Aus
 dem Deutschen Bundestag begrüße ich Herrn
 Thorsten Frei und aus dem Landtag Baden-
 Württemberg Frau Sandra Boser.

 Als das Institut 1944 gegründet wurde,
 herrschte Krieg. Auf unserer Webseite finden
 Sie Forschungsartikel zur Anfangszeit des In-
 stituts, z.B. von Volker Remmert zur Grün-
 Foto: Gerd Fischer dung eines „Reichsinstitutes Mathematik”, von
Begrüßung dem sich die Nazi-Regierung Unterstützung
 für Krieg und Wirtschaft versprach, aber auch
 zur Verstrickung der damals handelnden Per-
Prof. Dr. Gerhard Huisken
 sonen, die teilweise daran mitgewirkt haben,
Direktor des Mathematischen jüdische Mathematiker aus der Deutschen
Forschungsinstituts Oberwolfach Mathematiker-Vereinigung zu drängen1. Trotz
 seiner Belastung aus dieser Zeit ist es dem
 Gründungsdirektor Wilhelm Süss in den Jahren
Liebe Festversammlung, nach 1945 gelungen, das Institut an die inter-
 nationale Gemeinschaft heranzuführen, unter
auch im Namen von Friedrich Götze begrüße ganz entscheidender Beteiligung und Hilfe
ich Sie herzlich zu unserer Feier von 75 Jahren französischer Mathematiker wie H. Cartan,
„Mathematisches Forschungsinstitut Oberwol- J. Dieudonné und J. P. Serre, der das MFO die-
fach” – oder „MFO”, wie es liebevoll genannt ses Jahr noch einmal besucht hat. In dieser
wird. Tradition hatten wir Cédric Villani für heute
 eingeladen – leider musste er seine persön-
A warm welcome to our international guests –
 liche Teilnahme kurzfristig absagen, wird aber
I ask for your understanding that most of my
 in einer Grußbotschaft zu uns sprechen. Umso
remarks will be in German.
 mehr freue ich mich, mit Jean-Pierre Bourgu-
Pünktlich zur Feier gab es vor wenigen Wo- ignon einen langjährigen Freund des Instituts,
chen ein besonderes Geburtstagsgeschenk der außerdem Mitglied in unserem Verwal-
von Bund und Ländern, als die Fortsetzung tungsrat ist, begrüßen zu können!
des Paktes für Forschung und Innovation be-
schlossen wurde, die uns Planungssicherheit
bis 2029 erwarten lässt – ein ganz herzliches 1 In der vorliegenden Festschrift ist der Artikel „Retter” von
 Oberwolfach (1945): Szolem Mandelbrojt und John Todd von
Willkommen der Ministerin für Wissenschaft, Volker Remmert erstmals veröffentlicht worden.

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Über die Gesellschaft für Mathematische For- lich damals – von Förderverein und Oberwol-
schung (GMF), die 1959 die Geschicke des fach Stiftung durchgeführt hat. Ich freue mich
MFO in die Hand nahm, wird Friedrich Götze sehr, dass Ursula Gather als Vorsitzende des
in seinem Grußwort berichten. Ich springe di- Fördervereins und Mitglied des Stiftungsrates
rekt nach 1968 und 1973, als zur Zeit Martin trotz ihrer vielfältigen Verpflichtungen heute
Barners die VolkswagenStiftung der GMF die ein Grußwort sprechen wird angesichts der
heutigen Gebäude des Instituts schenkte. Ein kurzfristigen Erkrankung von Herrn Schneida-
herzliches Willkommen an Wilhelm Krull, Ge- wind, dem Vorsitzenden der Oberwolfach Stif-
neralsekretär der VolkswagenStiftung! tung – herzlich willkommen liebe Frau Gather!

Die zentrale Weichenstellung in jüngerer Zeit Es ist eine große Freude, dass Förderverein
war für das MFO der Eintritt in die Leibniz-Ge- und Stiftung heute so zahlreich durch Vor-
meinschaft im Jahre 2005, der das MFO als stand und Stiftungsrat vertreten sind, ich be-
„soziale Forschungsinfrastruktur” in die deut- grüße Michael Baake, Folkmar Bornemann,
sche Forschungslandschaft einbettete und eine Peter Gritzmann, Joachim Heinze, Klaus Hulek
stabile Finanzierung sicherte, gekoppelt an all- und Thomas Peternell, die dort ihren breiten
seits anerkannte regelmäßigen Evaluierungen, Erfahrungsschatz aus der Welt der Mathema-
in denen das MFO sich beweisen kann. tik einbringen. Ganz besonders wertvoll ist
 uns die Präsenz von drei Gästen aus dem Stif-
Ich begrüße ganz herzlich Herrn Albert Sick-
 tungsrat, die nicht jeden Tag mit mathemati-
mann aus dem Präsidium der Leibniz-Gemein-
 scher Forschung zu tun haben: Ich begrüße
schaft! Die nötigen Strukturen und Verträge
 den ehemaligen Präsidenten der ETH Zürich,
wurden damals ganz wesentlich ausgehandelt
 Ralph Eichler, den früheren Aufsichtsratsvor-
von meinem Vorgänger Gert-Martin Greuel
 sitzenden von Hochtief, Manfred Wennemer
und dem damaligen Vorsitzenden der GMF
 und den Vorstandsvorsitzenden der Allianz-
Willi Jäger, die ich hiermit auch ganz herzlich
 Lebensversicherung Markus Faulhaber.
begrüße!
 Es wurde am MFO jedoch nicht nur renoviert,
Das MFO als Mitglied der Leibniz-Gemein-
 es wurde auch gebaut. Die Bibliothekserweite-
schaft hat die Rechtsform einer gemeinnützi-
 rung 2007 haben die VolkswagenStiftung und
gen GmbH. Ich begrüße die langjährige Vor-
 die Klaus Tschira Stiftung gemeinsam finan-
sitzende unseres Verwaltungsrates aus dem
 ziert. Klaus Tschira hat das MFO bis zu seinem
Ministerium in Stuttgart Tanja Bolius und den
 Tod mit seiner Stiftung und persönlich im Ver-
stellvertretenden Vorsitzenden aus dem BMBF
 waltungsrat unterstützt. Ich bin sehr dankbar,
in Berlin Jan Neitzke.
 dass Frau Beate Spiegel als Geschäftsführe-
In der neuen Struktur war eine der ersten rin der Klaus Tschira Stiftung seine Stellung
Aufgaben die Renovierung und Sanierung des in unserem Verwaltungsrat eingenommen hat.
Gästehauses, die mein Vorgänger mit verein- Herzlich willkommen Frau Spiegel!
ter Hilfe von Bund, Land und – ganz wesent-

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Die Bibliothek hat auch in der Folge von vie- Herausforderungen für die Zukunft –
len Seiten Unterstützung erfahren, zum einen Challenges for the future
durch die Finanzierung von Büchern durch die
Carl Friedrich von Siemens Stiftung, die auch An erster Stelle steht die Bewahrung der
unsere Oberwolfach Seminare seit vielen Jah- Grundlagen – Gästehaus und Hörsaalgebäude
ren fördert, und zum anderen vor drei Jah- mit Bibliothek sind grundlegend saniert – heu-
ren bei einer grundlegenden Renovierung und te profitieren wir zum Beispiel von der neuen
Kapazitätserweiterung durch die Volkswagen- Lüftung hier im Hörsaalgebäude. Von nun an
Stiftung mit Hilfe von Förderverein und Ober- liegt das Augenmerk ganz auf turnusmäßiger
wolfach Stiftung. Ich danke den anwesenden sorgfältiger Wartung, Pflege und Anpassung
Architekten Ludwig Harter und Ingolf Kanzler an neue technische Standards. Für die wissen-
für die gelungene Gestaltung! Die Bibliothek schaftlichen Herausforderungen wechsle ich in
ist für die Herausforderungen des sich rasch die englische Sprache:
wandelnden Publikationswesens nun gewapp- Just as important as the regular maintenance
net! of our buildings are the transparent, fair and
Die Klaus Tschira Stiftung hat dem Institut professional selection procedures for the sci-
noch an anderer Stelle wesentlich geholfen – entific programs and visitors of the Institute.
bei der Öffentlichkeitsarbeit, oder dem „Out- The Scientific Committee of the GMF ensures
reach”: Dies begann mit dem IMAGINARY the scientific standing of the MFO through its
Projekt 2008 unter meinem Vorgänger Gert- thorough evaluations of all applications and
Martin Greuel, das inzwischen von Andreas continuous monitoring of new hot develop-
Matt mit Hilfe von Mitteln aus dem Leibniz- ments in mathematical research. Some of
Wettbewerb in eine erfolgreiche Ausgründung these hot developments will be highlighted by
überführt wurde, und schließt die Anschub- Stefan Müller in his lecture, welcome to you!
finanzierung für das neue Projekt „Snapshots The honorary work of the Scientific Commit-
of modern Mathematics from Oberwolfach” tee and the Scientific Advisory Board is quite
mit ein, in dem moderne Forschungsentwick- demanding in view of the many activities and
lungen am MFO für ein anspruchsvolles breite- applications and invaluable to the MFO, which
res Publikum dargestellt werden. benefits so much from the dedication and
IMAGINARY hilft uns bei der Verbreitung der commitment of its members. As a representa-
„Snapshots” und bei der Betreuung des Mu- tive of all current and former members pres-
seums „MiMa” für Mineralien und Mathematik ent today I greet Felix Otto, the chair of the
in Oberwolfach, das gemeinsam vom Minera- Scientific Committee.
lienverein, vom MFO und von der Gemeinde The program selected by the Scientific Com-
Oberwolfach betrieben wird. Ein herzliches mittee includes forty Workshops each year,
Willkommen an die stellvertretende Bürger- twelve Mini-Workshops, six “Oberwolfach Se-
meisterin von Oberwolfach, Erna Armbruster. minars” for graduate students, two “Arbeits-

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gemeinschaften” for senior mathematicians countries with a weaker research infrastruc-
and postdocs, plus many individual visits in ture that enables their participation in our
the “Research in Pairs” and “Oberwolfach programs by covering part of their travel ex-
Leibniz Fellows” programs that are overseen penses. No highly talented young researcher
by Vice-Director Dietmar Kröner. who is strongly recommended for one of our
 programs should be prevented from attend-
We try very hard to make the work of the Sci-
 ing due to lack of travel support. I feel greatly
entific Committee as smooth and efficient as
 encouraged as many colleagues and the Ober-
possible. Its twenty-five members come from
 wolfach Foundation have already expressed
all over Europe, the eight members of the Sci-
 support for this initiative.
entific Advisory Board come from all over the
world, showing the deep embedding of the MFO An dieser Stelle möchte ich mich besonders
in the international community. Here I send a bei den Mitarbeitern des Institutes bedank-
special welcome to our guests from other Eu- en, stellvertretend nenne ich Stephan Klaus,
ropean research institutes that are part of the Susanne Riester und Tatjana Ruf. Unsere Mi-
ERCOM section of the European Mathematical tarbeiterinnen und Mitarbeiter spielen eine
Society and to our visitors from Fraunhofer In- entscheidende Rolle, um am MFO diese wun-
stitutes, Max Planck Institutes and the Deut- derbare Atmosphäre zu schaffen, in der Gäste
sche Forschungsgemeinschaft DFG. aus aller Welt Forschung auf höchstem Niveau
 betreiben und in ihren Gesprächen Brücken
During the last few years we have increased
 bauen zwischen Ländern und Kulturen, die
the participation of female mathematicians
 heute wichtiger sind als je.
from 15% to 20% in the workshops. We will
continue to address this issue in the wider Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
context of diversity by making the Institute as
welcoming as possible, in particular to female
participants and organizers.

It will be crucial for the future of the Institute
to attract the best young researchers world-
wide to our programs and thereby to make
them as enthusiastic about Obewolfach as we
are. In this regard we already have support
from the Carl Friedrich von Siemens Founda-
tion for our graduate seminars as well as oth-
er support from the Leibniz Association, the
American National Science Foundation and
from the Simons Foundation for which we are
very grateful. At this moment I am trying to
find support for young mathematicians from
 15
Das Institut im Frühjahr 2014 (Foto: Gerd Fischer)
rasch thematisch neue Akzente zu setzen und
 aktuelle Forschungsfragen mit herausragen-
 den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
 lern zu bearbeiten.

 Oberwolfach trägt damit wesentlich dazu bei,
 die Disziplin ständig weiterzuentwickeln und
 innovative Themen wie etwa die Künstliche In-
 telligenz aufzugreifen. Dabei wird auch – ganz
 traditionell – Wert gelegt auf die direkte Be-
 gegnung und analoge Debatte zwischen den
 Wissenschaftspersönlichkeiten. Nicht immer
 werden die Beiträge der Mathematik dabei für
 Foto: Sabine Arndt, Quelle: MWK Baden-Württemberg die Öffentlichkeit auch sichtbar – aber sie sind
 unverzichtbar in vielen Zusammenhängen und
 Anwendungen.
Grußwort
 Ich gratuliere allen, die Oberwolfach immer
Theresia Bauer wieder zum Erfolg verhelfen, zu diesem be-
 sonderen Jubiläum. Dabei möchte ich auch
Ministerin für Wissenschaft, Forschung und
 die Gesellschaft für Mathematische Forschung
Kunst in Baden-Württemberg
 einschließen, die dieses Jahr ihr 60-jähriges
 Bestehen feiert. Ihnen allen wünsche ich wei-
 terhin gutes Gelingen und inspirierende Dis-
75 Jahre Oberwolfach, 75 Jahre wissenschaft- kussionen in Oberwolfach!
liche Exzellenz, 75 Jahre internationaler Aus-
tausch auf höchstem Niveau – eine starke
Leistung, zu der ich herzlich gratuliere!

Oberwolfach ist zu einem Ort geworden, dem
ein besonderer wissenschaftlicher Zauber in-
newohnt. Am MFO findet exzellente Forschung
in besonderen Formaten und Begegnungen
statt. Seine Erfolgsgeschichte versuchen in-
zwischen manche zu kopieren. Die verschie-
denen Programme und Workshops sind ganz
spezifisch auf die besondere Arbeitsweise in
der Mathematik zugeschnitten und laden die
Besten weltweit zu einem kreativen Austausch
ein. Damit ist das Institut in der Lage, sehr

18
Grußwort
Dr. Michael Meister

Parlamentarischer Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Bildung und Forschung,
Mitglied des Bundestags

Sehr geehrter Herr Professor Huisken, Foto: MFO

ich gratuliere Ihnen und Ihren Mitarbeitern die ausgezeichnete Mathematikbibliothek, die
ganz herzlich – auch im Namen von Ministe- als eine der besten weltweit gilt.
rin Karliczek – zum 75-jährigen Jubiläum des
Mathematischen Forschungsinstituts Oberwol- Jährlich besuchen rund 2.500 Wissenschaft-
fach. ler das MFO. 70 Prozent der Wissenschaft-
 ler stammen aus dem Ausland, davon etwa
Ebenso gratuliere ich Ihnen, Herr Professor 40 Prozent aus Europa und rund 30 Prozent
Götze, von der Gesellschaft für Mathematische aus dem außereuropäischen Raum. Unzählige
Forschung, dem Trägerverein des MFO, zum Kontakte haben sich so über die Kontinente
60-jährigen Jubiläum. hinweg entwickelt und dauern noch heute an.
 Dies macht das MFO zu einem wichtigen Treff-
Liebe Ehrengäste, meine sehr geehrten Da-
 punkt der internationalen mathematischen
men und Herren,
 Forschung, einer Denkfabrik und einer Einrich-
es fühlt sich ein bisschen wie Urlaub an, hier tung von Weltruf.
im Schwarzwald in der idyllischen Gemeinde
 Meine Damen und Herren,
Oberwolfach. Durch das MFO ist dieser Ort
aber weit mehr als eine Stätte der Ruhe und die Anfänge des Mathematischen Forschungs-
Erholung. instituts Oberwolfach sind eng mit Wilhelm
 Süss verknüpft, einem deutschen Mathemati-
Es ist ein Ort, an dem exzellente Mathematike-
 ker. Er gründete die wissenschaftliche Einrich-
rinnen und Mathematiker aus der ganzen Welt
 tung während der dunklen NS-Zeit. Trotzdem
neueste Ideen und Resultate austauschen. Ein
 gelang es Süss, ein mathematisches Institut
Ort, an dem Forschung auf höchstem Niveau
 zu schaffen, welches weitgehend unabhängig
betrieben wird.
 und geleitet durch wissenschaftliche Grund-
Die Abgeschiedenheit gehört zum Konzept und sätze agierte.
erlaubt Forschung frei von jeglicher Ablen-
kung. Eine wesentliche Funktion erfüllt auch
 19
Mit der Unterstützung einflussreicher Persön-
lichkeiten wie dem Mathematiker John Todd
sicherte Süss nach Kriegsende das Überle-
ben des MFO. Er entwickelte das einzigartige
Grundkonzept des intensiven Gedankenaus-
tauschs international renommierter Mathema-
tiker. So nahm Oberwolfach für europäische
Forschende sehr frühzeitig die Rolle eines
Fensters zur Welt ein.

Ich möchte an dieser Stelle auch bewusst ei-
nige wesentliche Entwicklungen der jüngeren
Geschichte ansprechen: Beispielsweise die Auf-
nahme des Mathematischen Forschungsinsti-
tuts Oberwolfach in die Leibniz-Gemeinschaft
im Jahr 2005. Diese hat die Rolle und den Stel-
lenwert des MFO innerhalb der Forschungs-
landschaft weiter gefestigt und gestärkt – und
sorgt seit 2006 auch für finanzielle Sicherheit.

2010 konnte außerdem ein langwieriges und
wichtiges Projekt abgeschlossen werden: Die Das erfolgreiche Grundkonzept des MFO be-
dringend erforderliche Generalsanierung des steht in seiner modernisierten Form weiter
MFO. Das Bundesforschungsministerium stell- und prägt die Landschaft der mathematischen
te mit rund 1,75 Millionen Euro einen wesent- Forschung. Ich beziehe mich auf die tragenden
lichen Anteil der Mittel bereit. Säulen wie Selbstbestimmung, wissenschaft-
 liche Unabhängigkeit und hohe internationale
Sie, Herr Professor Huisken, führen mit Ihrem Programmstandards.
Engagement die erfolgreiche Arbeit des inter-
national renommierten Instituts, als Hüter des Das Themenspektrum ist vielfältig: Es er-
„heiligen Grals der Mathematik”, weiter. Die- streckt sich über alle Disziplinen – von reiner
se Bezeichnung für das Mathematische For- Mathematik bis hin zur Anwendung.
schungsinstitut Oberwohlfach ist mir kürzlich
 Und das MFO-Konzept kombiniert verschie-
zu Ohren gekommen.
 denste Veranstaltungsformate: Dazu zählen
Doch der Fokus soll an dieser Stelle nicht pri- Workshops, Arbeitsgemeinschaften, die Ober-
mär auf der Vergangenheit liegen. Vor uns wolfach-Seminare speziell für Promovierende
liegen Herausforderungen und Chancen, bei und Postdoktoranden sowie das „Research in
denen das Mathematische Forschungsinstitut Pairs” Programm.
eine Schlüsselrolle spielt.

20
Meine Damen und Herren,

 die Mathematik ist nicht nur eine abstrakte
 Sprache – die Mathematik bildet die Grund-
 lage für technologischen Fortschritt und Wohl-
 stand.

 Ich will Ihnen gerne „Mathematik für Innova-
 tionen” als eines der erfolgreichen Förderins-
 trumente des Bundesforschungsministeriums
 vorstellen. Jährlich stellen wir dafür rund 5
 Millionen Euro bereit.

 Im Kern verfolgen wir mit „Mathematik für In-
 novationen” drei zentrale Ziele:

 • erstens, die anwendungsorientierte mathe-
 matische Forschung zu fördern,
 • zweitens, Wissenschaft und Wirtschaft zu
 vernetzen,
 Foto: MFO • und drittens exzellenten mathematischen
 Nachwuchs weiter zu qualifizieren.
Und seit 2007 gibt es mit dem Postdoktoran-
denprogramm „Oberwolfach-Leibniz Fellows” Wie lassen sich diese unterschiedlichen Ziele
ein Angebot für besonders qualifizierte Nach- vereinen?
wuchswissenschaftler.
 Mit dem Förderschwerpunkt unterstützen wir
Im Bundesforschungsministerium begrüßen gezielt Forschungsprojekte in zukunftswei-
wir die intensive Nachwuchsförderung des MFO senden Feldern der anwendungsorientierten
sehr. Sie adressiert wichtige BMBF-Ziele: Spit- Mathematik, wie es der Energie-, Mobilitäts-,
zenforschung zu ermöglichen und dem Fach- Medizin- oder etwa der Informationstechnolo-
kräftemangel entgegenzuwirken. gie-Sektor sind.

Auch Sie, sehr geehrter Herr Professor Villani, In den Projekten arbeiten Hochschulmathe-
oder Ihr sehr verehrter Kollege Herr Profes- matiker eng mit Industrie- und Dienstleis-
sor Scholze, haben durch den Besuch von Ver- tungsunternehmen zusammen. So wird ein
anstaltungen des MFO sicherlich wichtige Im- unmittelbarer Wissens- und Technologietrans-
pulse für die persönliche Entwicklung und den fer gewährleistet.
weiteren Karriereweg erhalten.
 Ein Konzept, von dem Wissenschaft und Wirt-
 schaft gleichermaßen profitieren, auch durch
 eine bessere Vernetzung. Und ein Konzept,
 21
das der Gesellschaft zugutekommt, durch Mathematikvermittlung entwickelt. Seit 2016
neue Produkte und Methoden. ist IMAGINARY eine selbständige gemeinnützi-
 ge GmbH, deren Teilhaber das MFO ist.
Meine Damen und Herren,
 Seit 2010 ist das Mathematische Forschungs-
die Bedeutung moderner mathematischer Me-
 institut Oberwolfach außerdem Mitbetreiber
thoden ist für uns Mathematiker offenkundig.
 des „MiMa – Museum für Mineralien und Ma-
Doch wer bringt zum Beispiel Zahlen- oder
 thematik”. Das MiMa bringt über interaktive
Graphentheorie mit alltäglichen Dingen wie
 mathematische Installationen den Besuchern
dem Handy oder der Kreditkarte in Verbin-
 kristalline Formen und Symmetrien der im Mu-
dung? Wer bringt Neuerungen im Flug- und
 seum präsentierten Mineralien näher.
Fahrzeugbau, in der Medizin oder in der In-
formationstechnologie in Zusammenhang mit Ein weiteres erfolgreiches Beispiel sind die
der Mathematik? „Schnappschüsse moderner Mathematik aus
 Oberwolfach”. Sie vermitteln mathematische
Daher, meine Damen und Herren, braucht es
 Ideen und Probleme auf verständliche Art und
intensive und kontinuierliche Öffentlichkeits-
 Weise und adressieren ein breites Publikum,
arbeit. Diese muss wesentliche Zusammen-
 bestehend aus Mathematiklehrern, Wissen-
hänge vermitteln und die Schlüsselrolle der
 schaftsjournalisten, Studierenden sowie fort-
Mathematik als Querschnittswissenschaft ver-
 geschrittenen Schülern.
deutlichen. Vor allem aber muss sie auf an-
schauliche Weise die Menschen in diese fas- Meine Damen und Herren,
zinierende Welt der Mathematik mit ihren
vielfältigen Ausdrucksformen und Facetten wir wollen die breite Gesellschaft ansprechen
mitnehmen. – und wir wollen vor allem die junge Generati-
 on erreichen. Denn was der MINT-Nachwuchs
Genannt seien einige sehr erfolgreiche Bei- von heute ist, sind die Fachkräfte von morgen.
spiele Ihrer Öffentlichkeitsarbeit, Herr Profes-
sor Huisken: Der Bedarf an gut ausgebildeten Mathemati-
 kern in Wissenschaft und Wirtschaft wird in
Da ist zum einen die Wanderausstellung IMA- den nächsten Jahren noch weiter steigen. Und
GINARY, die vor mehr als 10 Jahren von Ihrem das in allen Bereichen unserer Gesellschaft:
Institut anlässlich des vom Bundesministeri- Im Energie- und Mobilitätssektor, in der me-
um für Bildung und Forschung ausgerufenen dizinischen Versorgung und in der sich weiter
Jahrs der Mathematik 2008 entwickelt wurde. entwickelnden Industrie 4.0 mit einer um-
Diese Ausstellung hatte zum Ziel, Spitzenfor- fassenden Digitalisierung und Systemen wie
schung an eine interessierte Öffentlichkeit zu künstlicher Intelligenz.
vermitteln.
 Im Bundesforschungsministerium fördern wir
IMAGINARY hat sich über die Jahre zu einer daher mit verschiedenen Programmen und
offenen und interaktiven Online-Plattform für Formaten – von der KITA bis zum Erwachse-
22
nenalter – gezielt das Interesse für MINT-The- Ein weiterer wichtiger Baustein ist außerdem
men. eine umfassende Kommunikationsstrategie
 mit Online- sowie Social-Media-Formaten, er-
Vor wenigen Monaten hat das Bundesministe-
 gänzt durch Mobilisierungs- und Mitmachan-
rium für Bildung und Forschung den MINT-Ak-
 gebote.
tionsplan veröffentlicht. Er fungiert als strate-
gischer Handlungsrahmen für die Förderung Erfolgreiche Beispiele der BMBF-Förderung
der MINT-Bildung. Unter dem Dach des Ak- sind das „Haus der kleinen Forscher”, das Wis-
tionsplans ist die bisherige MINT-Förderung senschaftsfestival „Highlights der Physik” und
gebündelt. Er stellt aber auch den Startschuss Bundeswettbewerbe wie „Jugend forscht”.
für neue Initiativen dar.
 Speziell für die Mathematik gibt es Talentwett-
Zusätzlich zu den bisherigen Mitteln und er- bewerbe wie die Mathematik-Olympiade oder
folgreich laufenden Maßnahmen nehmen wir den Bundeswettbewerb Mathematik.
mit dem Aktionsplan neues Geld in die Hand,
um der MINT-Bildung in Deutschland einen Meine Damen und Herren,
kraftvollen Schub zu verleihen. Bei den neuen Wettbewerbe, Programme und Ausstellungen
Initiativen handelt es sich um: sind nur so ansteckend, wie die Menschen,
• MINT-Angebote für Jugendliche (vor Ort, in die sie mit Leben füllen. Tragen Sie die eigene
 regionalen Clustern), Faszination nach außen und teilen Sie diese
• eine MINT-Plattform, genauer gesagt eine mit anderen Menschen.
 Vernetzungsstelle und MINT-E-Plattform, Versetzen Sie Ihre Umwelt regelrecht in kind-
• MINT-Forschungsvorhaben. Mit diesen möch- liches Staunen darüber, welche mathemati-
 ten wir den Fragen nachgehen, was gute schen Finessen hinter den Rätseln unserer
 MINT-Bildung ausmacht, unter welchen Be- Welt stecken und wie sie die Welt von morgen
 dingungen sie gelingen kann und was wir besser machen können.
 aus dem Ausland lernen können.
 Mathematik fasziniert, sie fordert heraus, sie
Wesentlich sind dabei für uns Vernetzung und schafft innovative Lösungen. Sie sind Träger
Transfer. Die Maßnahmen greifen ineinander. dieser Begeisterung für Mathematik, ihrer
Sie können noch wirksamer sein, wenn sie zahlreichen Facetten und Chancen für unsere
miteinander vernetzt werden, Forschungser- Welt von morgen!
gebnisse aufgreifen oder empirische Erkennt-
nisse liefern. Vielen Dank!

Übergreifend wollen wir Mädchen und Frauen
stärken, damit sie ihre MINT-Interessen ver-
tiefen können und sich selbst mehr in diesen
Bereichen zutrauen.

 23
rium des Landes Baden-Württemberg u.a. zu
 schaffen.

 Erster Direktor nach Gründung der GMF war
 Theodor Schneider und sein Stellvertreter
 Helmuth Gericke. Der Wissenschaftliche Bei-
 rat, heute Wissenschaftliche Kommission ge-
 nannt, bestand aus 15 Mathematikern unter
 dem Vorsitz von Helmuth Kneser. Auf dem Bild
 sehen sie die Gründungsurkunde und an den
 Wänden des Vortragsraumes die Portraits der
 Foto: MFO Gründungsmitglieder.

Grußwort
Prof. Dr. Friedrich Götze

Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für
Mathematische Forschung

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte
Damen und Herren,

ich begrüße Sie im Namen der Gesellschaft
für Mathematische Forschung (GMF), die hier
heute durch meinen Stellvertreter Felix Otto
und den Schatzmeister Joachim Schwermer
sowie zahlreiche Mitglieder vertreten ist.

Zunächst etwas zur Geschichte der GMF. Da
vielleicht nicht alle Gäste hier mit den Einzel-
heiten vertraut sind, erlauben Sie mir eine kur-
ze historische Exkursion zu den Anfängen der
GMF in den 50er Jahren. Nach dem Tod des
langjährigen Direktors des Instituts Wilhelm
Süss im Jahre 1958 erfolgte die Gründung der
GMF am 14. Juli 1959, d.h. vor fast genau 60
Jahren, mit dem Ziel, eine Trägerschaft für die
Finanzierung des Mathematischen Forschungs-
instituts Oberwolfach durch den Bund (damals
das Innenministerium) und das Kultusministe- Gründungsurkunde der GMF
24
Im Fokus stand damals die Fortführung des
Instituts als Tagungsstätte aber auch als For-
schungsinstitut mit einem Gebäude nahe der
Universität Freiburg. Hintergrund war der
Wunsch, eine Institution nach dem Vorbild des
Institute of Advanced Study in Princeton zu
schaffen, das in den fünfziger Jahren zu einem
Zentrum der Forschung und des internationa-
len wissenschaftlichen Austauschs in der Ma-
thematik geworden war. Dies war insbesondere
ein Anliegen, welches das Gründungsmitglied
Friedrich Hirzebruch bewegte, der die inspirie-
rende wissenschaftliche Umgebung in Prince-
ton als entscheidend für die Fortentwicklung
der Mathematik (nicht zuletzt aus persönlicher
Erfahrung) ansah und versuchte, etwas Ver-
gleichbares in Deutschland zu realisieren.

Kurz und gut, es gab neben anderen Ideen
auch Pläne für ein Max-Planck-Institut in der
Mathematik in Oberwolfach, die sich aber nicht
realisierten. Jedoch lagen derartige Ideen da-
mals in Europa in der Luft: So wurde das In-
stitut des Hautes Études Scientifiques (IHES)
nahe Paris im Jahre 1958 mit explizitem Ver-
weis auf das Vorbild von Princeton gegründet.

Das alte „Schlössle” (Foto: MFO) Antrag an die VolkswagenStiftung, 1963
 25
Ich freue mich deshalb sehr, hier heute einen eindruckende Ensemble des jetzigen MFO ver-
engen Freund des Instituts, Jean-Pierre Bour- wandelt, welches von der VolkswagenStiftung
guignon, unter unseren Gästen begrüßen zu samt Grundstück der GMF übereignet wurde.
können, langjähriger Direktor des IHES und Die preisgekrönte Erweiterung der Bibliothek
danach auch des European Research Councils. wurde 2007 von den Architekten Harter und
 Kanzler in stimmiger Fortführung dieser ein-
Mit dem Betrieb, finanziert durch das Land
 drucksvollen Gesamtanlage gestaltet.
Baden-Württemberg, wagte der damalige Di-
rektor Martin Barner den baulichen Neubeginn Diese Anschubfinanzierung der Volkswagen-
des Instituts 1963 mit einem Antrag an die Stiftung zusammen mit der anschließenden
Stiftung Volkswagenwerk (heute Volkswagen- Landes-Finanzierung hat die Erfolgsgeschichte
Stiftung). Offensichtlich war diese Zeit noch des MFO mit seinem überragenden internatio-
nicht durch viel bürokratischen Aufwand be- nalen Renommee möglich gemacht. Weltweit
lastet. hat dies zu zahlreichen Versuchen geführt,
 etwas Vergleichbares nach dem Vorbild von
Dieser Antrag war erfolgreich und so entstand
 „Oberwolfach” einzurichten. Hierfür sind wir,
dann 1967 erst das Gästehaus und dann er-
 die mathematische Gemeinschaft, Ihnen, Herr
setzte schließlich 1974 das Tagungsgebäude
 Dr. Krull, und dem Land Baden-Württemberg,
mit Bibliothek das alte „Schlössle” (das manch-
 Frau Ministerin Bauer und Frau Bolius, zu gro-
mal mit dem „Lorenzenhof” verwechselt wird,
 ßem Dank verpflichtet. Die VolkswagenStiftung
einem alten Bauernhof unten auf den Wolf-
 und die Klaus Tschira Stiftung, heute vertreten
wiesen, der heute im Freilichtmuseum Gutach
 durch Frau Beate Spiegel, haben uns auch wei-
bewundert werden kann). Dadurch wurde das
 terhin beim Ausbau der Bibliothek 2007 und
„Schlössle” in das vom damaligen Architekten
 letztere auch bei dem Projekt Imaginary tat-
Prof. Rossmann konzipierte architektonisch be-
 kräftig unterstützt, das vom damaligen Direk-

Der bauliche Neubeginn (Foto: Archiv Stif- Das Gästehaus (Foto: Friedrich Götze)
tung Volkswagenwerk Wolfsburg)
26
Im Erweiterungsbau der Bibliothek (Foto: MFO) Das Hörsaalgebäude (Foto: MFO)

tor Gert-Martin Greuel im Jahr der Mathematik Science Foundation der USA, die Simons Foun-
2008 gestartet wurde und in der ganzem Welt dation und vielen anderen ablesen, was ange-
viele Menschen für die Mathematik begeistern sichts des internationalen Teilnehmerkreises
konnte. Weitere langjährige Unterstützung er- der Tagungen auch nicht verwundern sollte.
hielten wir von der Carl Friedrich von Siemens Oberwolfach ist eine der begehrtesten inter-
Stiftung, die die Mathematik in Oberwolfach nationalen Tagungsstätten in der Mathematik
mit großem Engagement unterstützte, ins- (mit Teilnahme nur auf Einladung), wo viele
besondere für den Bestandsausbau der Bi- bekannte Mathematikerinnen und Mathemati-
bliothek und bei der Nachwuchsförderung in ker in jungen Jahren die entscheidende Moti-
den Oberwolfach-Seminaren. Hierfür danken vation für ihre Forschung und die Berufung zur
wir Heinz Gumin und Heinrich Meier, damals Wissenschaft erfahren haben.
bzw. heute Geschäftsführer der Stiftung. Dies
ist, denke ich, eines der leuchtenden Beispiele In der finanziell schwierigen Periode Anfang
für den Erfolg einer Stiftungskultur, von der der neunziger Jahre konnte das Institut dann
unser Land unter noch etwas günstigeren fis- wiederum auf die Unterstützung der mathe-
kalischen Rahmenbedingungen vielleicht noch matischen Gemeinschaft und der deutschen
viel mehr profitieren könnte. Wirtschaft durch den damals gegründeten
 Förderverein Oberwolfach und darin einge-
Was ist nun die Rolle des privaten Träger- bettet die Oberwolfach Stiftung sowie den
vereins der GMF in all diesen Jahren? Sie ist Horst Tietz Fund zählen, die von den Kollegen
Ausdruck für das Engagement der mathema- Remmert, Kraft, Preuss und anderen ins Le-
tischen Gemeinschaft an diesem Forschungs- ben gerufen wurden. Diese Institutionen stan-
institut. Dass ein großes Interesse auch der in- den dem Institut tatkräftig zur Seite, wenn
ternationalen Mathematiker-Gemeinschaft an kurzfristige Hilfe für dringende Aufgaben ge-
Oberwolfach besteht, lässt sich unschwer an braucht wurde und waren eine ermutigende
den Drittmittel-Beiträgen durch die National Unterstützung in finanziell schwierigen Zeiten
 27
hen somit Oberwolfach auch nach ihrer Amts-
 zeit in der Wissenschaftlichen Kommission mit
 ihrer Fachkompetenz zur Seite.

 Ferner sind auch eine Reihe von mathemati-
 schen Fachgesellschaften, wie die Deutsche
 Mathematiker-Vereinigung (DMV), die Gesell-
 schaft für Angewandte Mathematik und Me-
 chanik (GAMM) und die European Mathema-
 tical Society (EMS) institutionelle Mitglieder
 der GMF. Einen ihrer Repräsentanten, meinen
Der Musikraum (Foto: Friedrich Götze) Kollegen Klaus Hulek, Vizepräsident der DMV,
 möchte ich hier herzlich begrüßen.
für Matthias Kreck, den Nachfolger von Martin Im Prozess des Übergangs in die Förderung
Barner ab 1994 im Amt des Direktors. Hier- als Leibniz-Institut seit 2005 wurden sämtliche
für gilt mein herzlicher Dank im Namen der Gebäude auf den neuesten Stand gebracht,
GMF an den Förderverein des MFO und an die wofür wir dem Land, Bund, Förderverein und
Oberwolfach Stiftung, vertreten heute unter der Stiftung sehr dankbar sind.
anderem durch Frau Ursula Gather, Rektorin
der TU Dortmund, und die Kollegen Folkmar Das MFO hat als Leibniz-Institut die Struktur
Borneman und Michael Baake. Ich freue mich, einer gemeinnützigen GmbH, mit Direktor,
zu dem heutigen Anlass auch eine Reihe von Stellvertreter, einem Verwaltungsrat (in dem
weiteren Mitgliedern der Oberwolfach Stiftung die Zuwendungsgeber vertreten sind) sowie
und des Fördervereins begrüßen zu können. einem Wissenschaftlichen Beirat, der die Ar-
 beit des Instituts beratend begleitet. Dieser ist
Seit Gründung der GMF ist die Wissenschaftli- ganz separat zu sehen zu der schon dargestell-
che Kommission, welche die wissenschaftliche ten Wissenschaftlichen Kommission der GMF,
Ausrichtung des Tagungsprogramms mit der die aus etwa 25 renommierten Wissenschaft-
Auswahl der Tagungsleiter und Themen be- lerinnen und Wissenschaftlern aus allen Berei-
stimmt, einer der wichtigsten Bausteine des chen der Mathematik besteht, und unter dem
Erfolgs. In der Wissenschaftlichen Kommission Vorsitz des stellvertretenden Vorsitzenden der
engagieren sich mit begrenzter Amtszeit die GMF, d.h. Felix Otto, tagt. Entsprechend sieht
führenden Mathematikerinnen und Mathema- der damals mit Bund und Land ausgehandelte
tiker Europas, treffen die Programm-Entschei- GmbH-Vertrag, welcher vom damaligen Direk-
dungen für die kleinen und großen Workshops tor Gert-Martin Greuel und meinem Vorgänger
und übernehmen die Begutachtung der Re- Willi Jäger im Amt des Vorsitzenden der GMF
search in Pairs und Oberwolfach-Leibniz-Fel- geschlossen wurde, die GMF als alleinigen Ge-
low Programme. Sie werden zu diesem Zweck sellschafter vor und setzt in dieser Form damit
auf Dauer Mitglieder der Gesellschaft und ste- die nunmehr 60-jährige Tradition des Engage-
28
ments der mathematischen Gemeinschaft für die durch erfolgreiche Initiativen im Rahmen
Oberwolfach fort. des Leibniz-Wettbewerbs, eindrucksvolle Dritt-
 mitteleinwerbung, bauliche Weiterentwicklung
In der Leibniz-Gemeinschaft ordnet sich Ober-
 bis hin zur Klimatisierung des Vortragsgebäu-
wolfach ganz natürlich als eine „soziale For-
 des charakterisiert wird, die vom Direktor de-
schungsinfrastruktur” ein. Wir sind, so denke
 taillierter beschrieben wurden. Diese struktu-
ich, nunmehr in einer für das Institut optima-
 relle, aber vor allem auch wissenschaftliche
len, stabilen Finanzsituation in der Bund-Län-
 Erfolgsbilanz fand ihren Niederschlag in der
derfinanzierung eines Leibniz-Instituts ange-
 extrem positiven Begutachtung im Jahre 2016,
kommen, und können deshalb optimistisch
 an der auch Gutachter aus Einrichtungen mit-
in die Zukunft sehen. Dank dafür an Sie alle,
 wirkten, die sich an unserem Vorbild orientiert
Herr Dr. Meister und Herr Neitzke als Vertre-
 hatten. Hierzu möchte ich Gerhard Huisken,
ter des BMBF, Frau Ministerin Bauer und Frau
 seinem Stellvertreter Dietmar Kröner, Stephan
Bolius und an Herrn Kollegen Sickmann als
 Klaus, Susanne Riester und allen Mitarbeitern
Vertreter der Leibniz-Gemeinschaft.
 des Instituts im Namen der GMF unseren al-
An Zeugnissen für die Begeisterung der Kol- lerherzlichsten Dank für ihre großartige Arbeit
legen aus dem Ausland über das Besondere aussprechen und dem Geburtstagskind viele
dieses Ortes ist wahrhaft kein Mangel: So for- Jahre erfolgreichen Wirkens und Ihnen noch
mulierte Ronald Graham, Präsident der Ame- eine Geburtags-Party mit vielen interessanten
rican Mathematical Society, anläßlich des 50- Gesprächen wünschen.
jährigen Bestehens von Oberwolfach – ich zi-
tiere:

 For it is clearly here at Oberwolfach that
 the flame of mathematics burns brightest,
 with a tradition of meetings and mathe-
 matical communication that is unequaled
 anywhere else in the world. The fond me-
 mories shared by my many colleagues of
 the idyllic surroundings, superb library, ef-
 ficient organization and the broad spectrum
 of wonderful programs have enriched all of
 our mathematical lives. We can only hope
 to see that such a treasure will continue to
 serve mathematicians and mathematics for
 all future generations as well.

Zu guter Letzt möchte ich nicht versäumen auf
die jüngste Entwicklung des MFO einzugehen,

 29
thematiker-Vereinigung, gelang, trotz des
 Krieges noch Ressourcen für mathematische
 Forschung in Deutschland zu ergattern.

 Dem britisch-amerikanischen Mathematiker
 und Offizier John Todd, dem „Retter von Ober-
 wolfach”, der sich 1945 zu einer Bestandsauf-
 nahme der deutschen Mathematik in Oberwol-
 fach aufhielt, ist es zu verdanken, dass das
 Institut nicht von französisch-marokkanischen
 Truppen beschlagnahmt und dann wohl auch
 Foto: MFO wieder hätte geschlossen werden müssen. Im
 rechten Moment stellte er sich den Truppen
Grußwort entgegen und konnte die Franzosen von der
 Ausnahmestellung des Instituts überzeugen.
 Was für eine glückliche Fügung, dass in die-
Dr. Wilhelm Krull
 sem Moment mathematischer Sachverstand
Generalsekretär der VolkswagenStiftung und militärischer Einfluss aufeinandergetrof-
 fen sind. Man würde sich in der heutigen Zeit
„What has happened is not exactly what I plan- mehr davon wünschen. „What has happened
ned but is much better than I planned.” – mit is not exactly what I planned”, mag sich Todd
diesem Satz schaute Abraham Flexner auf die nach dieser außergewöhnlichen Begebenheit
Entwicklung des von ihm ins Leben gerufenen, gedacht haben.
auf dem Prinzip des selbstbestimmten Mit-
einanders beruhenden Institute of Advanced Wirklich Fahrt aufnehmen konnte die Ent-
Studies in Princeton zurück. Und dieser Satz wicklung von „Oberwolfach” aber erst nach
gilt wohl auch für die beeindruckende Entwick- Kriegsende. Mit „Oberwolfach” waren vor allen
lung, die das Mathematische Forschungsinsti- Dingen zwei forschungs- und förderpolitische
tut Oberwolfach – oder schlicht „Oberwolfach” Ziele verknüpft: Zum einen die Reintegration
– in den 75 Jahren seines Bestehens genom- deutscher Mathematiker in die internationale
men hat. Mathematikergemeinschaft und zum anderen
 die Entwicklung des MFO zu einem weltweit an-
In den Wirren des Zweiten Weltkriegs als ein erkannten Tagungs- und Forschungszentrum.
kriegswichtiges Reichsinstitut für Mathema- Diese Ziele konnten mit dem in den 1950er
tik gegründet und noch wenige Monate vor Jahren einsetzenden intensiven Tagungsbe-
Kriegsende im September 1944 eröffnet, war trieb erreicht werden. Dieser hatte zunächst
das Institut zunächst ein geschickter wissen- zum Ziel, mathematische Entwicklungen aus
schaftspolitischer Zug, mit dem es Wilhelm dem Ausland aufzugreifen und in Deutsch-
Süss, dem damaligen Rektor der Universität land bekannt zu machen und zu verbreiten.
Freiburg und Präsidenten der Deutschen Ma-
30
Dass dies gelingen konnte ist den Kontakten mindestens ebenso vom Austausch jenseits
ins Ausland zu verdanken, die einige deutsche der innerfachlichen Spezialisierungen über
Mathematiker trotz des Krieges aufrechterhal- neue Forschungsfelder, Hypothesen und Re-
ten und über „Oberwolfach” weiter pflegen sultate. Hierzu heißt es in der Antragsbegrün-
konnten. Es ist besonders schön, dass dieser dung: „Die Weitergabe und das Reifen mathe-
Plan aufgegangen ist, obwohl man von den matischer Ideen bedürfen einer besonderen
ausländischen Kooperationspartnern eine sol- Atmosphäre. Die Aufnahme neuer Gedanken
che Aufgeschlossenheit nicht hätte erwarten kann nicht spontan erfolgen; das einem Vor-
können. trag nachfolgende, sich oft über Tage hinzie-
 hende Gespräch ist von größter Bedeutung.”
Und weil es mit dem Tagungsbetrieb tatsäch-
lich deutlich besser lief als erwartet, wurde es Der heute etablierte Tagungsrhythmus mit 51
auf dem Lorenzenhof bald zu eng. Und hier einwöchigen Tagungen pro Jahr mit jeweils ca.
kommt nun die Förderung der seinerzeit gera- 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist sicht-
de gegründeten VolkswagenStiftung ins Spiel: barer Ausdruck dieses enormen Entwicklungs-
Schon auf seiner siebten Sitzung beschloss tempos, das die Mathematik in Deutschland
das Kuratorium, die Weiterentwicklung von mit „Oberwolfach” aufgenommen hat.
„Oberwolfach” mit einem Betrag von rund 1,5
Millionen DM zu fördern. Damit sollte im We- So überrascht es nicht, dass dem Vorbild
sentlichen ein den modernen Bedürfnissen „Oberwolfach” bald auch Institutsgründungen
entsprechendes Gästehaus gebaut werden. in anderen Ländern gefolgt sind. Hier nenne
Herausgekommen ist aber – und somit aber- ich nur das „Centre International de Rencon-
mals deutlich besser als geplant – ein wichti- tres Mathématiques”, das 1981 in Luminy bei
ger Beitrag zur Verbesserung der Infrastruktur Marseille gegründet worden ist, das 1988 in
für die mathematische Forschung in Deutsch- St. Petersburg errichtete „Euler-Internatio-
land. Dass 1989, ebenfalls mit Unterstützung nal Mathematical Institute” und das „Mathe-
der VolkswagenStiftung, ein Erweiterungsbau matical Research Conference Center”, 2001
eingeweiht werden konnte, ist ein Beleg dafür, in Będlewo bei Posen eingerichtet. Auch von
dass es abermals deutlich besser lief als ge- dieser Entwicklung kann man mit Flexner sa-
plant. gen: „What has happened is not exactly what
 I planned but is much better than I planned”.
Neben der Ermöglichung und Erleichterung
der Pflege von Kontakten ins Ausland erwies Heute ist das Mathematische Forschungsin-
es sich nämlich immer mehr als der richtige stitut Oberwolfach ein fester Bestandteil der
Weg, den Wissensaustausch im Rahmen von Leibniz-Gemeinschaft und eine etablierte In-
hochkarätigen internationalen Fachtagungen stitution in der deutschen und internationalen
voranzubringen. Denn die Mathematik lebt Wissenschaftslandschaft. Es ist schön zu se-
nicht nur von der individuellen Tiefenbohrung hen, dass die VolkswagenStiftung an wichti-
einzelner Forscherpersönlichkeiten, sondern gen Stationen dieser Entwicklung als Förde-
 rin beteiligt war. Das Institut hat die Stiftung
 31
immer wieder überrascht und erfreut, weil und auch weiterhin die Quelle von vielen gu-
vieles eben deutlich besser gelaufen ist als ten Ideen, Anstößen und Impulsen für die
geplant. Ein Phänomen, das in der heute ein- Mathematik bleiben wird. Und wenn sich von
gespielten, vor Exzellenzbekundungen und manchem hier in Oberwolfach gefassten Plan
Superlativen strotzenden Antragsrhetorik im- zeigen sollte, dass er zunächst nicht so läuft
mer seltener zu beobachten ist. Dem Institut wie gedacht, dann soll er wenigstens – wie in
wünsche ich zu seinem 75. Geburtstag, dass Princeton – am Ende besser laufen als geplant.
es seine Strahlkraft noch lange behalten möge

Spatenstich zum Erweiterungsbau der Bibliothek am 22.5.2006. Von links: Klaus Tschira (Klaus
Tschira Stiftung), Franz Dettenwanger (VolkswagenStiftung), Architekt Ludwig Harter, Gert-Martin
Greuel (damaliger Direktor des MFO), Matthias Schenek (MWK Baden-Württemberg), Willi Jäger
(GMF), Oberwolfachs damaliger Bürgermeister Jürgen Nowak, Markus Huber (Baufirma Doll),
Jürgen Lehn und Joachim Heinze (Oberwolfach Stiftung). Foto: MFO
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Grußwort
Beate Spiegel

Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung

Liebe Festgäste,

ich hoffe, Sie sehen mir nach, dass ich Sie
nach der gemeinsamen Pause nun etwas in-
formeller begrüße.
 Foto: MFO
Ich sehe heute viele Menschen im Publikum, leihe. Ich würde tatsächlich sagen: Viele mei-
die mit der Klaus Tschira Stiftung verbunden ner Bücher sind gute Freunde von mir.
sind und die ich im Laufe meiner über 20jäh-
rigen Tätigkeit für die Stiftung kennen gelernt Und Freunde verleiht man ja auch nicht. Man
habe. Gemeinsam ist allen, dass wir – mehr „spricht” mit ihnen, man hört auf Ihren Rat,
oder weniger – über die Mathematik miteinan- man lässt sich von ihnen inspirieren. Genau-
der in Kontakt kamen. so ist es mit guten Büchern. Über das, was
 ich in Büchern gelesen habe, komme ich ins
Sei es über die Zusammenarbeit beim Heidel- Gespräch mit anderen Menschen. Ich tausche
berg Laureate Forum, zu dem die Klaus Tschi- mich mit anderen über ein Thema oder das
ra Stiftung Ende September zum siebten Mal Buch selbst aus, nehme teil an der Gedanken-
die weltbesten Mathematiker und Informatiker welt meines Gegenüber und überwinde Gren-
einlädt. Sei es im Rahmen von Forschungspro- zen.
jekten, die wir gefördert haben oder fördern.
Oder auch im Zusammenhang mit unserem Und eben dies passiert im MFO, wenn sich Ma-
KlarText-Preis für Wissenschaftskommunika- thematiker in die Bücher der Bibliothek ver-
tion, bei dem einer von sieben Preisen für die tiefen: Das Gelesene inspiriert sie, regt zum
anschauliche Beschreibung der eigenen Dok- Weiterdenken an und auch zum Austausch mit
torarbeit im Fach Mathematik ausgeschrieben anderen Menschen. Und weil es so wichtig ist,
ist. dass Bücher und Menschen gemeinsam einen
 guten Ort haben, hat die Klaus Tschira Stif-
Mit dem Mathematischen Forschungsinstitut tung gemeinsam mit der VolkswagenStiftung
Oberwolfach verbindet mich unter anderem die Bibliothek des MFO ausgebaut, wie schon
die Liebe zu Büchern. Damit habe ich sicher mehrfach erwähnt wurde.
mit vielen von Ihnen etwas gemeinsam. Bü-
cher sind mir immer so wichtig gewesen, dass „Wir freuen uns, unseren Gästen eine der welt-
ich meine Bücher bis heute auch ungern ver- weit besten mathematischen Bibliotheken zu

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