AM PULS DER BEVÖLKERUNG - 8 EINE NEUE BAU- UND ZONENORDNUNG 14 DIE GEMEINSCHAFT IM QUARTIER PFLEGEN - STADT LUZERN
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DAS STADTMAGAZIN LUZERN Ausgabe #01, Februar 2013 8 Eine Neue Bau- und Zonenordnung am Puls der Bevölkerung 14 die gemeinschaft im quartier Pflegen 18 Porträt: Franco Ulloni
2|3 Editorial Inhalt gelebte Formen der 3 nachgefragt Partizipation 4 Gesamtplanung Luzern ist eine lebenswerte Stadt. Wir Luzernerin- 190 Luzernerinnen und nen und Luzerner fühlen uns in Luzern daheim. Luzerner haben sich mit Diese beiden Aussagen gehören zusammen. Ganz dem Stadtrat über die Zu- viele Einwohnerinnen und Einwohner identifizie- kunft von Luzern Gedanken ren sich mit unserer Stadt und setzen sich darum gemacht. Ende April werden Stefan Roth für sie ein. Dadurch profitiert Luzern – ganz Lu- die Resultate des zweitägi- Stadtpräsident zern, unter allen Aspekten. gen Forums an der Ergebnis- konferenz weiter diskutiert. Im Quartierverein, aber auch in Sportklubs, Eltern- gruppierungen oder Jugendorganisationen betei- 8 BZO ligt sich die Bevölkerung an der Stadtentwicklung 2014 soll für den alten Stadt- – meist ungefragt, indem sie Dinge tut, statt darauf teil von Luzern eine neue zu warten, dass Dinge geschehen. Ganz nach dem Bau- und Zonenordnung gel- Motto: «Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es.» ten. Das Parlament hat der Impressum revidierten BZO zugestimmt. Verantwortlich: Am 9. Juni 2013 haben die Manchmal fragt der Stadtrat die Bevölkerung Stelle für Kommunikation Niklaus Zeier direkt um Mitwirkung an. So geschehen während Luzernerinnen und Luzerner Dagmar Christen des gesamten Erarbeitungsprozesses der Bau- und an der Urne das Wort. Autorinnen / Autoren: Zonenordnung (BZO) für den alten Stadtteil von Daniel Arnold (Aktuell) Luzern (siehe S. 8 – 11). Jetzt befindet sich das 12 VELOförderung Melchior Bendel (MB) Planwerk auf der Zielgeraden. Am 9. Juni wird die Die Stadt soll für Velo- Pirmin Bossart fahrende attraktiver werden. Martin Bunjes Bevölkerung an der Urne darüber entscheiden. Beteiligen Sie sich an dieser für die Entwicklung Zentrale Punkte der Velo- Flavian Cajacob Dagmar Christen (DC) förderung sind der Ausbau Luzerns so wichtigen Abstimmung! Dragana Glavic (DG) des Radroutennetzes und Christine Koller (CK) genügend Abstellplätze, Yanik Schubiger (YS) An einer zweitägigen Forumsveranstaltung Ende Christine Weber gut angebunden an den Januar haben 190 Personen mit dem Stadtrat über Yvonne Volken (YV) öffentlichen Verkehr. Niklaus Zeier (NZ) die Zukunft Luzerns nachgedacht (S. 4 – 6). Der Stadtrat will für seine zukünftigen Planungen eine Korrektorat: 14 Quartier neue Vision formulieren. Dazu hat er die Bevölke- 21 Vereine kümmern sich Daniela Kessler rung angehört. Diese Form der demokratischen um die Quartiergemein- Erscheint fünfmal jährlich Mitwirkung ist noch wenig etabliert, beinhaltet schaften in Luzern; der äl- in einer Auflage von aber grosse Chancen. Wir stellen Ihnen Personen teste seit fast 150 Jahren. Die 50’000 Exemplaren vor, die sich beteiligt haben. Sie sagen Ihnen, Quartiervereine verzeichnen Grafik: warum sie mitwirkten und welche Hoffnungen leicht steigende Mitglie- hofmann.to und Erwartungen sie damit verbinden. derzahlen, sie vertreten 12 Fotos: Prozent der Bevölkerung. Franca Pedrazzetti (Front, Das vorliegende «Stadtmagazin» widmet sich unter 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11, 14, 15, 18, 23, 24) verschiedenen Blickwinkeln den täglich gelebten 16 Schule Neue Luzerner Zeitung (20, Formen von Partizipation in der Stadt Luzern. Es 21, 22) zeigt eindrücklich, in welchen Formen und wie in- 18 Porträt Stadt Luzern (9, 16, 11) tensiv Sie, geschätzte Luzernerinnen und Luzerner, Pläne: an der Weiterentwicklung Ihrer Stadt teilnehmen. 23 AKTUELl hofmann.to (12, 13, 17) Die erste Ausgabe des «Stadtmagazins» im Jahr Auch unterwegs verbunden 2013 darf darum gerne als Dank an Ihren gelebten mit der Stadt Luzern: Die Druck: Druckzentrum der Neuen Gemeinschaftssinn gelesen werden. neue App machts möglich. Luzerner Zeitung Die App kann kostenlos aufs Handy geladen werden. Titelbild: Gerne erinnere ich Sie an weitere Möglichkeiten: Sie bietet Zugriff auf den Impression vom öffentli- Die Sprechstunde beim Stadtpräsidenten, unser chen Forum: Stadtrat und Online-Schalter und auf Auftritt auf Facebook oder die neue App bieten Bevölkerung im Austausch Kontaktangaben der Stadt- über die Gesamtplanung. Ihnen die unkomplizierte Möglichkeit, Ihre Anre- verwaltung. gungen einzubringen. Gedruckt auf Recycling- Papier, hergestellt in der 24 Kehrseite Schweiz © Stadt Luzern
Nachgefragt ich bereite nicht nur freude, aber das gehört zu meinem Job Der Schutz von Gebäuden oder Ortsbildern wird am Fall der Zentral- und Hoch- schulbibliothek oder der Hochhausstandorte kontrovers diskutiert. Stadtarchitekt Jürg Rehsteiner befürwortet auch in solch heiklen Fragen klare Positionen. Architekten gezwungen wer- den könnten. 1 Die Diskussion bezieht sich auf Artikel 1 des Reglements. Dieser Qualitätsartikel verpflich- tet Bauherrschaft und Behör- den, bei städtebaulich wichti- gen oder quartierrelevanten Pro- jekten frühzeitig miteinander Kontakt aufzunehmen und das gemeinsame Vorgehen zu bespre- chen. Mit einem Konkurrenzver- fahren kann der Stadtrat verlan- gen, dass für solche Projekte meh- rere Lösungen diskutiert werden. Beispielhaft für dieses Vorgehen ist der geplante Ersatzneubau der Baugenossenschaft abl im Him- melrich. Das Projekt wurde auf- grund von Machbarkeitsstudien und einem Studienauftrag unter zwanzig Teilnehmern entwickelt. Haben Sie als Stadtarchitekt immer das letzte Wort bei grossen Bauprojekten? Ich bin für die Qualitätssiche- rung verantwortlich. Diese Auf- gabe nehme ich nicht alleine wahr. Die Stadtbaukommission, ein Expertengremium, in dem ich auch Einsitz habe, berät den Stadtrat in seinen Entscheiden. Schützen oder neu bauen? Soll Luzern unter eine Glas- Als Stadtarchitekt versuche ich, Bei der Zentral- und Hoch- glocke gestellt werden? sachlich klare Positionen zu ver- schulbibliothek steht der Nein. Die neue Bau- und Zo- treten. Dadurch bereite ich nicht Entscheid noch aus. Wurde nenordnung (BZO) zeigt auf, wie nur Freude, aber das gehört zu hier etwas verschlafen? Stadtrat und Parlament die Stadt meinem Job. Der Stadtrat hat sich klar für weiterentwickeln wollen. Wir stre- den Erhalt der Zentral- und Hoch- ben keine Ausweitung der Sied- Sie sind vor zwei Jahren aus schulbibliothek ZHB ausgespro- lungsfläche, sondern eine Ver- Zürich nach Luzern gekom- chen: Das Gebäude ist ein Kul- dichtung nach innen an. Bei die- men. Ein Kulturschock? turobjekt von nationaler Bedeu- sem Prozess ist es wichtig, dass Tatsächlich musste ich zu- tung. Der Entscheid, ob ein Ob- wir auf die Qualität achten und erst herausfinden, wie Luzern kul- jekt unter Denkmalschutz gestellt die Werte, die Luzern heute ein- turell funktioniert. Mittlerweile wird, liegt beim Kanton. Ihm ge- zigartig machen, auch zukünftig habe ich mich sehr gut eingelebt hört das ZHB -Gebäude. Da Kul- sichern. und schätze die extreme Themen- 1 | Stadtarchitekt Jürg turgüter im Besitz der öffentli- vielfalt meiner Arbeit und den Rehsteiner ist ein Mann mit klarer Haltung: Die chen Hand in der Regel nicht ein- Bei der BZO-Debatte im persönlichen, offenen Umgang, Zentral- und Hochschul- fach verändert oder abgerissen Parlament wurden Befürch- der hier gepflegt wird. bibliothek ist ein Kultur- werden, war die Unterschutzstel- tungen laut, dass die Bau- objekt von nationaler Bedeutung und daher lung aus Sicht des Kantons bisher herrschaften in Zukunft Dagmar Christen schützenswert. nicht vordringlich. zur Zusammenarbeit mit Redaktorin Stadtmagazin
4|5 Gesamtplanung 190 Meinungen zur Stadt Luzern Der Stadtrat plant eine neue Vision und Strategie für Luzern. Dazu führt er den Dialog mit der Bevölkerung und lud zum öffentlichen Forum. 190 Luzernerinnen und Luzerner nahmen engagiert an den Gesprächsrunden teil. Die vielen Meinun- gen und Anregungen bilden eine der Grundlagen zur Gesamtplanung 2014 – 2018. Was bedeutet Luzern für uns? Welche Stärken «Vision und Strategie»). In 23 Gesprächsrunden dis- und Schwächen hat die Stadt? Welche Hoffnungen kutierten die Teilnehmenden in wechselnder Zu- und Erwartungen haben wir zur Zukunft Luzerns? sammensetzung. So kamen letztlich viele Hinweise Wie sieht Luzern 2035 aus? und Anregungen zusammen, die nun von der Stadt- Mit solchen Fragen befassten sich die 190 Teil- verwaltung ausgewertet und als eine Grundlage zur nehmerinnen und Teilnehmer des öffentlichen Fo- Erarbeitung der stadträtlichen Gesamtplanung rums der Stadt Luzern Ende Januar im Luzerner 2014 – 2018 beigezogen werden. Verkehrshaus. Eingeladen hatte der Stadtrat von 1 | Mara Wiedemann, Luzern, und es kamen Vertreterinnen und Vertre- Interviews auch auf dem Internet Co-Präsidentin Kinder- parlament ter verschiedenster städtischer Organisationen aus Auf den folgenden zwei Seiten werden vier Teil- Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Zum Forum nehmerinnen und vier Teilnehmer des zweitägigen 2 | Peter Marbacher, Quartierverein Littau angemeldet hatten sich aber auch interessierte Ein- öffentlichen Forums präsentiert. Die kurzen Inter- Dorf wohnerinnen und Einwohner, denn der zweitägige views mit ihnen sowie dem Stadtpräsidenten Ste- Workshop war offen ausgeschrieben. fan Roth und dem Stadtentwickler Ruedi Frisch- 3 | Maria Dubacher, Quartierverein Reuss- Mit diesem Forum wollte der Stadtrat Hinweise, knecht sind zudem auf www.gesamtplanung.stadt bühl Ideen, Meinungen aus der Bevölkerung zur Zukunft luzern.ch zu hören und zu sehen. der Stadt Luzern erhalten. Sie alle dienen dem Stadt 4 | Elsbeth Balmer, Führungscoach rat als Grundlage, seine Vision und seine Strategie Niklaus Zeier, Chef Kommunikation und Mediatorin zur Stadtentwicklung zu formulieren (siehe S. 5 Flavian Cajacob, Freier Journalist
Vision und Strategie Die Gesamtplanung ist 1 2 das strategische Steue- rungsinstrument des Stadtrates. Sie besteht aus der Vision und der Strategie der Stadtent- wicklung sowie aus der Aufgaben- und Finanz- planung. Alle vier Jahre formuliert der Stadtrat die Herausforderungen, Visionen und Strategien für die Stadtentwicklung in den nächsten 10 bis 15 Jahren. Die Aufga- Es geht um die Zukunft Quartiervereine werden wichtiger ben- und Finanzplanung Luzern ist für mich Heimat. Und die Innenstadt Als Quartierverein sind wir vom «Dorf» nach der ist auf fünf Jahre ausge- ein Ort, um mich mit Kollegen zu treffen. Die Mög- Fusion von Luzern und Littau viel stärker gefordert. legt, sie wird jährlich lichkeiten, die sich bieten, sind gross: Wir gehen Uns kommt bezüglich Anliegen und Problemen überprüft, angepasst shoppen und im Sommer bei der Ufschötti baden. eine grössere Bedeutung zu. In der Bevölkerung hat und vom Grossen Stadt- rat genehmigt. Der Verkehr ist etwas, das uns immer wieder be- seither auch ein gewisses Zusammenrücken statt- schäftigt, nicht nur im Kinderparlament. Vor allem gefunden. Gesamtplanung die Sicherheit mit dem Velo. Das liegt mir am Her- Dank der Fusion ist die Palette der Freizeitange- Die Gesamtplanung zen, da muss etwas passieren in den nächsten Jah- bote breiter geworden. Auf der anderen Seite, so 2014 – 2018 basiert auf ren. Mich interessiert es sowieso, was in der Stadt habe ich gehört, hat die Bürokratie etwa im Bauwe- verschiedenen Grundla- so geschieht. sen zugenommen. Damit wir als Stadt schweizweit gen. Beispielsweise auf Und ich will mitreden. Darum bin ich im Kin- an Einfluss gewinnen, ist es aber wichtig, dass wir der Bevölkerungsbefra- derparlament. Und auch am Forum. Hier geht es weiter wachsen. Dadurch, dass wir grösser werden, gung, welche im Som- um die Zukunft, das finde ich gut. Luzern soll eine werden wie gesagt auch die Quartiervereine wieder mer 2012 durchgeführt schöne Stadt bleiben, in der man sich wohlfühlt. wichtiger. Unser Ziel: Alle Menschen sollen sich wurde. Aber auch die Und nicht zu einer reinen Touristenstadt werden! wohlfühlen in unserer Stadt. Resultate der verschie- denen Workshops des öffentlichen Forums (siehe S. 4 – 6) werden einbezogen. 3 4 Ergebniskonferenz Die Ergebnisse des zwei- tägigen öffentlichen Forums werden am 29. April von 18 bis 21 Uhr an einer soge- nannten Ergebniskonfe- renz präsentiert. Der Stadtrat möchte noch- mals die Gelegenheit zur Diskussion der Resultate geben. Interessierte kön- Einzelner Mensch zählt Forum geht in die richtige Richtung nen sich für die Ergeb- Luzern bedeutet für mich ganz einfach Heimat. Ich wünsche mir eine Stadt, die eigenständig, niskonferenz anmelden: Die Leute sind freundlich, die Stadt ist gut erschlos- selbstbewusst, tolerant, solidarisch, innovativ ist www.gesamtplanung. sen und überschaubar. Ich wünschte mir inskünf- und Rückgrat zeigt. Eine Stadt, die Sorge trägt zu stadtluzern.ch tig mehr Achtsamkeit bezüglich des Quartierlebens. dem, was gewachsen ist – aber ebenso Mut zeigt für Information Und dass man nicht über die Köpfe der Bewohner Veränderungen und das, was noch nicht gedacht Die Gesamtplanung hinweg entscheidet. Bei uns will man einfach die ist. Probleme gibts genügend, denken wir nur an 2014 – 2018 wird im Bibliothek wegsparen – das versteht die Bevölke- den Verkehr, die Mobilität. Diese Herausforderun- Stadtparlament behan- rung nicht. gen muss man anpacken. Was wir an diesem Forum delt, bevor sie ab 2014 Luzern soll eine Stadt bleiben, in der der ein- erleben, ist ein Schritt in die richtige Richtung. In- zur Umsetzung gelan- zelne Mensch etwas zählt, in der auch die Ressour- teressierte und Interessenvertreter werden zum gen wird. Die Bevölke- cen der Jugend gefördert werden. Man soll die Jun- richtigen Zeitpunkt in die Verantwortung genom- rung wird zu gegebener gen zum Beispiel nicht nur mit Wissen füttern, men und kommen an einem Tisch zusammen. Es Zeit über die Schluss- sondern auch mit sozialer Kompetenz. Denn wenn ist natürlich ein bisschen wie Weihnachten: Jeder fassung der stadträt- in jungen Jahren eine gewisse Sozialisierung statt- darf etwas wünschen. Wichtig ist, wie die Verant- lichen Gesamtplanung findet, dann gehts dem Alter auch gut! wortlichen diesen Prozess weiter vorantreiben. informiert.
6 |7 Gesamtplanung 5 6 Probleme gemeinsam lösen Junge Menschen ernst nehmen Nach vierzig Jahren auswärts bin ich vor gut ei- Das Kinderparlament stimmt über wichtige nem Jahr wieder nach Luzern zurückgekehrt. Die Dinge ab. So haben wir beispielsweise Sponsoren Stadt hat sich in dieser Zeit sehr stark verändert: Sie gefunden und dafür gesorgt, dass der Hirschpark wurde grösser, dynamischer und noch schöner – hat bestehen bleibt. Luzern ist eine sehr schöne Stadt. aber auch mehr Probleme. Hier kann man viel unternehmen, als junger Mensch Ich hoffe, dass Luzern im Jahr 2035 eine fusio- fühlt man sich auch ernst genommen. nierte Stadt ist, eine Grossagglomeration sozusa- Ich wünschte mir aber für die Zukunft, dass man gen. Denn Probleme kann man nur gemeinsam lö- am Abend auf dem Nachhauseweg weniger Angst sen. Man ist zwar nach wie vor eine Kleinstadt, muss davor haben muss, überfallen zu werden. Am Bun- aber grosszügiger denken – über die eigenen Gren- desplatz ist es mir auf jeden Fall nicht wirklich wohl: zen hinaus eben. Da hat es viele 18-Jährige und Ältere. Das ist häufig Aus vielen Begegnungen weiss ich: Die Luzerne- unangenehm, von der Stimmung her. Vielleicht rinnen und Luzerner sind aufgestellt und offen, die könnte ja die Securitas ab und zu vorbeischauen. In Stadt hat einen ungemein verbindlichen Charakter. zwanzig, dreissig Jahren? Da würde ich gerne im- Das sollten wir noch mehr ausspielen. mer noch in Luzern leben. 7 8 5 | Toni Zwyssig, Kulturhauptstadt Luzern 2035 Mehr Mut zu grossen Würfen ehemaliger Ausbildungs- Luzern ist ein spannender Ort. Was mir unge- Luzern ist kleinräumig, überschaubar. Man chef SRF, Vertreter 60+ mein gefällt: Hier können kleine Sachen noch wach- kommt mit dem Velo von einem zum anderen Ort. 6 | Livio Sabatini, sen. Ein Beispiel dafür ist das Comix-Festival. Hier kennt man sich noch. Deshalb zeichnet die Co-Präsident Kinder- Natürlich ist gerade das kulturelle Angebot in Stadt eine hohe Lebensqualität aus. Ich habe im parlament anderen Städten vielleicht grösser, weil auch mehr Ausland gelebt und die Welt entdeckt – doch irgend- 7 | Catherine Huth, Geld vorhanden ist. Das heisst aber nicht zwingend, wann habe ich gemerkt, dass es mir in einer Stadt Geschäftsleiterin IG dass bei uns nicht auch innovativ gearbeitet werden wie Luzern doch am wohlsten ist. Kultur kann; ganz im Gegenteil. Im Jahr 2035 ist Luzern Ich wünsche mir für die Zukunft von uns allen 8 | Marc Lustenberger, Kulturhauptstadt mit vielen coolen Projekten – das noch ein bisschen mehr Wagemut: Warum zum Bei- Kommunikationsberater ist meine Vision für die Zukunft! spiel nicht eine Insel in den See bauen, um Neuland 9 | Differenzierte Sparmass- Das Forum hat zu einem interessanten Aus- zu schaffen und Platz für neue Infrastruktur, damit nahmen: Im Zentrum tausch beigetragen mit differenzierten Diskus- die Leute nicht pendeln müssen, sondern in dieser soll es keine Abstriche, sionen. Hier habe ich Menschen getroffen, mit de- unserer Stadt leben und arbeiten können? Ich meine in den Aussenquartie- ren eine Reduktion der nen ich ansonsten kaum hätte Kontakt knüpfen das als Metapher für grosse Würfe, wie das KKL Reinigung geben. können. einer war und ist.
Sparpaket Sparmassnahmen Parlamentskompetenz Der Grossteil der konsequent umsetzen Sparmassnahmen aus dem 4-Millionen-Fran- ken-Paket kann der Luzern sagte Ja zur Steuererhöhung und unterstützt die Politik Stadtrat in eigener Kom- petenz umsetzen. Drei des Stadtrates. Dazu gehört ein Spar- und Entlastungspaket von Massnahmen unterlie- 4 Millionen Franken. Jetzt geht es an dessen Umsetzung. gen der Entscheidungs- kompetenz des Grossen Stadtrates: Entlastungspaket mit Massnahmen von 4 Millionen Franken zusammengestellt und mit dem Parlament Reinigung 9 im Rahmen der Budgetdebatte vorbesprochen», hält Überbindung der Stefan Roth fest. «Mit diesen Massnahmen setzen Reinigung von Trottoirs wir unsere Gesamtstrategie um: Wir wollen mit der und Gehwegen. Der Steuererhöhung und mit Sparen drohende Defizite Stadtrat will die Reini- beseitigen.» gung von Trottoirs und Gehwegen in den Sparen und mehr einnehmen Aussenquartieren der Das 4-Millionen-Paket beinhaltet 15 Massnah- Stadt Luzern einschrän- ken. Sollten Eigentüme- men. Rund 60 Prozent davon umfassen Abbau von rinnen und Eigentümer und Verzicht auf Leistungen und Subventionen, angrenzender Liegen- 23 Prozent betreffen Kürzungen bei Personalent- schaften eine intensive- schädigungen, bei 18 Prozent handelt es sich um re Reinigung wünschen, Ertragssteigerungen. Den grössten Betrag im Mass- müssen sie diese selber nahmenpaket betrifft eine Reduktion um 0,5 Pro- vornehmen. zent des Lohnwachstums beim Personal. So werden 800’000 Franken jährlich eingespart. Der grösste Ab- Infrastrukturfonds bau in diesem Bereich mit 490 Stellenprozenten er- Die Stadt Luzern äufnet folgt mit der Schliessung der Kinder- und Jugend- einen Verkehrsinfra- zahnklinik (siehe auch S. 16). strukturfonds vor allem Die Umsetzung von zwölf Massnahmen obliegt zur Mitfinanzierung dem Stadtrat. Einzig drei Massnahmen bedürfen grosser Verkehrsinfra- der Zustimmung durch den Grossen Stadtrat. Es strukturen wie etwa des sind dies die Überbindung der Reinigung von Trot- Tiefbahnhofs. Jährlich toirs und Gehwegen an die Eigentümerinnen und werden diesem Fonds 5 Millionen Franken Eigentümer anliegender Liegenschaften, die Re- zugewiesen. Ab 2014 duktion des Fonds für Verkehrsinfrastrukturen so- sollen es gemäss wie die Einführung von Bestattungsgebühren. Der Stadtrat nur noch Stadtrat wird dem Parlament nun einen Vorschlag 4,5 Millionen Franken NZ. Mit Genugtuung nahm der Luzerner Stadt- machen, wie diese drei Massnahmen umgesetzt sein. rat das Abstimmungsresultat zum Voranschlag 2013 werden können. Dieser Bericht und Antrag soll ge- entgegen: Rund 64 Prozent der Luzernerinnen und gen Ende März 2013 vorliegen. Mitte Mai ist die De- Bestattungswesen Luzerner sagten Ja und beschlossen eine Steuerfuss batte dazu im Parlament vorgesehen. Finanziell Für alle Friedhöfe der erhöhung von 1,75 auf 1,85 Einheiten. wirksam werden die drei Massnahmen, sollten sie Stadt Luzern sollen Dass die Stimmberechtigten einer der grossen vom Parlament beschlossen werden, im Jahr 2014. Bestattungsgebühren Schweizer Städte mit einem so deutlichen Resultat eingeführt werden. ihre Steuern erhöht haben wollen, sorgte für Schlag- Bibliothek Ruopigen umstritten Damit will der Stadtrat zeilen im ganzen Land und im nahen Ausland. Po- Es regt sich aber auch Widerstand gegen Mass- jährlich rund 250‘000 litiker und Medienschaffende fragten sich, ob der nahmen, welche der Stadtrat im Rahmen seiner Franken einnehmen. Luzerner Entscheid eine Trendwende in der Steu- Kompetenz umsetzen will. So wurde eine Volksmo- erpolitik darstelle. Hat die Bevölkerung genug von tion zur Erhaltung der Bibliothek in Ruopigen den Diskussionen über Steuersenkungen und über eingereicht. Der Entscheid, ob letztlich diese Bib- das Angebot der staatlichen Leistungen? Sind Steu- liothek erhalten bleiben soll, fällt somit in der Par- ern alleine ausschlaggebend für die Attraktivität? lamentsdebatte. Die Schliessung der Bibliothek würde Einsparungen von rund 200’000 Franken Steuererhöhung und Sparen bringen. Zudem würden 90 Stellenprozente gestri- Für Luzern bedeutet der Entscheid, so Stadtprä- chen. «Sollte das Parlament entscheiden, die Bib- sident und Finanzdirektor Stefan Roth, dass die liothek zu erhalten, müssten wir eine andere Mass- Stadt ihr Leistungsangebot halten und dank einer nahme über rund 200’000 Franken beschliessen. weiterhin hohen Ausgabendisziplin das Defizit im Wir müssen schliesslich die angekündigten 4 Mil- Voranschlag ab 2015 beseitigen kann. Dazu sei aber lionen Franken einhalten und einsparen», hält auch Sparen notwendig. «Wir haben ein Spar- und Finanzdirektor Stefan Roth deutlich fest.
8|9 BZO klares Bekenntnis zur Bau- und Zonenordnung Mit 42 zu 2 Stimmen bei 0 Enthaltungen hat der Grosse Stadtrat die neue Bau- und Zonenordnung (BZO) für den alten Teil der Stadt Luzern verabschiedet. Über das Resultat des langjährigen Prozesses wird am 9. Juni an der Urne abgestimmt. sche Anforderungen ausgerichtet (SP / JUSO), sie stelle keinen gros- 1 sen Wurf dar, insbesondere fehl- ten Aussagen zur Verkehrsproble- matik (SP / JUSO, Grüne und Junge Grüne), zur Umsetzung der Ener- gie- und Klimastrategie (Grüne und Junge Grüne) oder zur Wohn- rauminitiative (SP / JUSO, Grüne und Junge Grüne). Teilweise sei diese veraltet, bevor sie in Kraft gesetzt werde (SP / JUSO). Beim Reglement und im Zo- nenplan wurden verschiedene Änderungen beantragt: Es gab Streichungsanträge beim Quali- tätsartikel (FDP), beim Energiear- tikel (SVP), bei der Zwischennut- zung und bei den Bestimmungen für den gemeinnützigen Woh- nungsbau (SVP) sowie bei der Ein- zonung eines Geländes im Salz- fass (Grüne und Junge Grüne). Änderungen und Ergänzun- gen wurden bei den Bestimmun- gen für den Abbruch von Häu DC. Die Bau- und Zonenord- und entscheidende Verbesserun- sern (SP / JUSO, Grüne und Junge nung (BZO) erhielt vom Parlament gen in die Vorlage eingebracht; Grüne), beim Gebäudestandard gute Noten. Alle Fraktionen wa- beispielsweise bei der Förderung (SP / JUSO) und bei der Abweisung ren grundsätzlich mit der BZO des gemeinnützigen Wohnungs- der Einsprachen gegen die BZO und der darin vorgeschlagenen baus oder den Möglichkeiten zur (SVP und CVP) gestellt. Zudem weiteren baulichen Entwicklung Ansiedlung von Dienstleistungs- wurde die Einzonung der Trib- im alten Stadtteil einverstanden: unternehmen sowie bei den Be- schenhornbucht in die Natur- Es herrschte Einigkeit über den stimmungen über Solaranlagen. schutzzone beantragt (Grüne und 1 | Intensive Debatten im Erhalt der grünen Kuppen, den Junge Grüne). Die Anträge wur- Grossen Stadtrat. Vor haushälterischen Umgang mit Kritik und Anträge den allesamt abgelehnt. allem über die Touris- dem Boden und die Siedlungsent- Neben grossem Lob gab es muszone und die Hoch- hausstandorte wurde wicklung durch Verdichtung. Die fundamentale Meinungsunter- Abstimmungsvarianten heftig diskutiert. BZO steckt den Rahmen für eine schiede vor allem bei den Bestim- Obwohl sich die bürgerlichen nachhaltige Raumentwicklung mungen zur Tourismuszone und Parteien grundsätzlich für eine 2 | Planwirtschaftliche Eingriffe in den freien für Wirtschaft und Gesellschaft, bei den Hochhausstandorten Abstimmung über die BZO als Markt oder Wahrung wurde im Rat betont. Die land- (siehe S. 9 «Tourismuszone» und Ganzes ausgesprochen hatten, ei- des öffentlichen Inte- schaftlichen und baulichen Qua- «Hochhäuser» ) und kritische An- nigte sich der Rat auf den Antrag resses an der Nutzung der exquisiten Lagen: litäten der Stadt könnten so mass- merkungen: Bemängelt wurden der Grünen und Jungen Grünen. Die Meinungen zur voll weiterentwickelt werden. die knappen Ressourcen zur Er- Dieser sieht drei Abstimmungs- Tourismuszone gehen arbeitung der BZO. Deshalb fehl- fragen vor: auseinander. Konstruktive Kommission ten vertiefte Aussagen über mög- Einerseits sollen die Stimm- 3 | Im Zonenplan als Hoch- Dass es gelungen sei, fast alle liche Auswirkungen der neuen berechtigten über die BZO abstim- häuser ausgeschieden, heftig umstritten und Interessen zu berücksichtigen, Bestimmungen, ebenso sei dies men, zudem aber auch separat deshalb separate Fragen sei auch das Verdienst der Bau- der Grund für den mangelhaften zum Hochhausstandort Steghof im Rahmen der Volks- kommission. Die Mitglieder hät- Einbezug der Öffentlichkeit, be- und separat zum Hochhausstand- abstimmung: die Hoch- hausstandorte Steghof ten konstruktiv und kompromiss- fand die SP / JUSO -Fraktion. Die ort Seeburg Stellung beziehen (50) und Seeburg (502). orientiert zusammengearbeitet BZO sei zu einseitig auf ökonomi- können.
BZO ohne Littau? Die BZO-Revision behan- delt nur das Gebiet der ehemaligen Stadt Lu- zern. Da die BZO für die heutigen Stadtteile Littau und Reussbühl erst im Jahr 2009 geneh- migt wurde, verzichtete man aus Gründen der Rechtssicherheit auf Tourismuszone ursprünglich auch die Hoteliers Der Antrag der SVP, die Wohn- eine Zusammenführung In der Tourismuszone (Art. 10 zugestimmt. Mit der Tourismus- und Arbeitsnutzung in der Tou- der beiden BZO zum Bau- und Zonenreglement) soll zone sollen spekulative Umnut- rismuszone auf 75 Prozent zu er- jetzigen Zeitpunkt. die nichttouristische Nutzung zungen von Hotels in Luxusappar- höhen, wurde abgelehnt; ebenso der Gebäude auf maximal 20 Pro tements verhindert werden, argu- der Antrag der SP / JUSO -Fraktion, Inhalt der BZO zent beschränkt werden. Dagegen mentierte die Ratsmehrheit. Der die nur Wohn- und Arbeitsnut- Die BZO ist das zentrale wehrte sich die SVP-Fraktion. Sie Fremdnutzungsanteil von 20 Pro- zung in der Tourismuszone er- Steuerungsinstrument bemängelte, dass nicht alle Ho- zent könne erhöht werden, wenn möglichen wollte, um den Erhalt, für die räumliche Ent- tels der Zone zugeteilt sind (siehe ein unabhängiges Gutachten dies nicht aber die Optimierung des wicklung der Stadt. Sie S. 11). Dies sei eine Ungleichbe- für das Überleben eines Betriebs touristischen Zwecks zu ermög besteht aus Zonenplan und Bau- und Zonenreg- handlung und stelle einen plan- als Notwendigkeit belege. lichen. lement (BZR). Der Zonen wirtschaftlichen Eingriff ins freie plan teilt die Stadt in un- Unternehmertum dar. terschiedliche Zonen ein. Deshalb beantragte die SVP, den Anteil an möglicher Wohn- 2 Zonen und Arbeitsnutzung in der Touris- Auf dem Gebiet der muszone auf 75 Prozent zu erhö- alten Stadt Luzern sind hen. Auch die Mehrheit der FDP- neu 19 Bauzonen vorge- Fraktion sprach sich gegen die sehen. Diese definieren, Tourismuszone aus. ob und in welchem Um- Die Fraktionen der SP / JUSO, fang gewohnt und ge der CVP, der Grünen und Jungen arbeitet werden kann. Grünen und der GLP stellten sich Ausgeschieden sind hinter die Tourismuszone. Dem auch Zonen für öffentli- vorliegenden Kompromiss hätten che Zwecke, für Sport- und Freizeitanlagen, die Grün-, Tourismus- und Allmendzone. Zudem werden Nichtbauzonen Hochhäuser Denkmalpflege hätten Bedenken nen lehnten den Antrag ab. Das (wie die Landwirtschafts Die BZO sieht vier neue Hoch- gegenüber dem geplanten Hoch- geplante Projekt Seeburg über- zonen), Schutzzonen, hausstandorte vor: beim Steghof, haus. Zudem misstraue man den zeuge und schaffe Mehrwerte für überlagernde Zonen (wie beim Bundes- und Pilatusplatz Zusicherungen der Grundeigen- Luzern: Das Hotel Seeburg könnte Ortsbildzonen), Natur- sowie bei der Seeburg. Gegen alle tümer: Diese verpflichten sich, im erhalten und der Jesuitenhof re- schutzobjekte, Waldfest- Standorte wurden Einsprachen Gegenzug zur Hochhausbewilli- noviert werden; zudem bliebe der stellungen bezeichnet. eingereicht, eine Volksmotion gung den denkmalgeschützten Park für die Öffentlichkeit zu- verlangte den Verzicht auf das Jesuitenhof zu renovieren. gänglich. Der Rat unterstützte se- Dichtebestimmungen Hochhaus Steghof. Der Stadtrat Die Fraktionen der CVP, SVP, parate Abstimmungen über die Ebenfalls Inhalt des Zo- beantragte dem Parlament eine GLP, FDP sowie ein Teil der Frak- Hochhäuser (siehe S. 8 «Abstim- nenplans sind weitere separate Abstimmung über den tion der Grünen und Jungen Grü- mungsvarianten»). rechtliche Planinhalte. Standort Steghof. Die Baukom- Dazu gehören die Dich- mission hingegen wollte nur über tebestimmungen. Das den Standort Seeburg separat ab- neue und einheitlich zu berechnende Dichte- stimmen lassen. 3 mass besagt, in welchem In der Parlamentsdebatte be- Umfang ein Grundstück antragte die SP / JUSO -Fraktion ausgenützt werden eine Änderung der Zonen- und kann. Dichtebestimmungen, um das Hochhaus Seeburg zu verhin- BZR – das Reglement dern. Die Seeburg sei im regiona- Über die Auslegung len Hochhauskonzept als Aus- des Zonenplans gibt schlussgebiet aufgeführt, die eid- das Bau- und Zonenreg- genössischen Kommissionen für lement Auskunft. Natur- und Heimatschutz und für
10 | 11 BZO Einfache Vorgaben und Klare Qualitätskriterien Neben heiss diskutierten Themen wie der Tourismuszone und den Hochhausstand- orten (siehe S. 9) beinhaltet die BZO vor allem planerische Vorgaben: Wo und wie kann gebaut werden? Welche Qualitätskriterien sind zu beachten? DC. Die Bau- und Zonenord- nung (BZO) setzt den Rahmen für die räumliche Stadtentwicklung. 1 2 Sie legt fest, wie dicht und wie hoch in einzelnen Quartieren ge- baut werden darf, ob in einem Quartier mehrheitlich gewohnt wird, in welchem Verhältnis Woh- nen und Arbeiten möglich sind und wo Räume geschützt wer- den müssen. Von Gesetzes wegen muss eine BZO alle 10 bis 15 Jahre überprüft und nötigenfalls ange- passt werden. Dies ist nun für den alten Stadtteil der Fall, die Stadt- teile Littau und Reussbühl erhiel- Mitwirken und vereinfachen Urbanes Wohnen ten bereits 2009 eine neue BZO. Mit der BZO auseinanderge- Die neue BZO schafft Spiel- setzt hat sich die Bevölkerung räume für rasches und flexibles BZO betrifft alle nicht nur an öffentlichen Veran- Handeln. Deshalb wurde neben Die BZO -Revision betrifft alle staltungen, sondern auch via Ein- der reinen Wohn- und der reinen Menschen, die in Luzern leben: sprachen. 390 Einsprachen sind Arbeitszone auch eine flexiblere Sei es, weil man an den Schön eingegangen, davon 165 gleich- Wohn- und Arbeitszone geschaf- heiten von Stadt und Landschaft lautende zum Thema Naturschutz fen. Dem Wohnen wird zwar wei- hängt und diese schützen möchte, und Gewässer. Die Verwaltung hat terhin Priorität eingeräumt, da- weil man die eigene Wohnquali- alle behandelt und die Anliegen neben ist aber – je nach Lage der tät durch ein 35 bis 45 Meter ho- teilweise in die BZO aufgenom- Gebäude und Anzahl Geschosse hes Hochhaus bedroht sieht oder men. Alle nichtbereinigten Ein- – ein Gewerbeanteil vorgesehen. aus Interesse an einer besseren sprachen wurden vom Grossen Die Nutzungsanordnung, also die Nutzung des eigenen Bodens. Stadtrat abgewiesen. Aufteilung, wo gewohnt und wo Deshalb hat sich der Stadtrat Die Stimmberechtigten kön- gearbeitet wird, ist innerhalb des auch immer für den Einbezug nen nun über eine BZO befinden, Gebäudes frei wählbar. Mit dieser der Öffentlichkeit starkgemacht. die im Vergleich zum geltenden neuen flexibleren Regelung, die Mögliche Entwicklungsszenarien Recht deutlich vereinfacht wurde: den Wohnanteilsplan aus dem wurden breit diskutiert. Zwischen Bisher mussten ein Zonen- und Jahr 1994 ablöst, erhofft man sich 2007 und 2010 fanden drei Mitwir- ein Wohnanteilsplan sowie 13 eine bessere urbane Durchmi- kungsverfahren, Ausstellungen Bebauungspläne und das Bau- schung der Stadt. und zwei Auflageverfahren zur und Zonenreglement (BZR) bei Die Baukommission des Gros 1 | Ausstellungen, Diskussi- onen, Auflageverfahren, BZO statt. Baubewilligungen berücksichtigt sen Stadtrates hat die BZO um Einsprachen: Luzerne- werden. Neu hat man sich nur eine Zone erweitert: um die über- rinnen und Luzerner Abstimmungsempfehlungen noch an einem Zonenplan und lagerte Zone für gemeinnützigen konnten sich über die BZO informieren und Nach der Behandlung durch am BZR zu orientieren. Verein- Wohnungsbau. Die Gebiete Bern- diese mitgestalten. das Parlament hat nun am 9. Juni facht und vereinheitlicht wurde strasse, Urnerhof und Industrie- 2013 das Volk zur BZO und zu zwei die Bestimmung der Ausnützung strasse sind im Zonenplan für 2 | Ein gutes Verhältnis von Wohnen und Arbeiten der vier Hochhäuser das Wort. Der eines Grundstücks. Mit der neuen den gemeinnützigen Wohnungs- macht eine lebendige Grosse Stadtrat und der Stadtrat Dichtebestimmung lässt sich an- bau vorgesehen. Im Bau- und Stadt aus. empfehlen die Zustimmung zur hand der Zone und der Überbau- Zonenreglement wurden dazu 3 | In Bahnhofsnähe soll ein BZO mit 42 zu 2 Stimmen und ungsziffer einfach berechnen, separate Bestimmungen aufge- neuer, urbaner Stadtteil 0 Enthaltungen. Der Hochhaus- was maximal erlaubt ist. Dadurch nommen. Weiter kann, wer ge- entstehen. standort Steghof wird mit 38 zu 3 wird das Baubewilligungsverfah- meinnützig Wohnungen reali- 4 | Die BZO strebt die Stimmen bei 3 Enthaltungen und ren transparenter. Das wichtigste siert, von einem Gestaltungsplan Siedlungsentwicklung der Hochhausstandort Seeburg Instrument der räumlichen Stadt- bonus profitieren, der eine höhere nach innen an, die grünen Kuppen bleiben mit 31 zu 11 Stimmen bei 2 Enthal- entwicklung ist auch für Laien Ausnützung eines Grundstücks erhalten. tungen zur Annahme empfohlen. besser nachvollziehbar. erlaubt.
Intensive Diskussion – mehrheitsfähige Vorlage Ruedi Frischknecht, Leiter Stadtentwicklung, beschäftigt sich seit seinem Arbeitsbeginn bei der Stadt Luzern im Jahr 2004 mit der BZO. Sein Team hat sich über Jahre intensiv mit den Resultaten der Vernehmlassungen, der Erarbeitung der BZO und der Behandlung der Einsprachen beschäftigt. 3 4 Ruedi Frischknecht, das Parlament hat die BZO mit 42 zu 2 Stimmen gutgeheissen. Was ging Ihnen nach der Abstimmung durch den Kopf? Das war ein Resultat, das ich mir so nicht einmal erträumt habe. Es war eine Bestätigung, dass der Prozess, den wir mit der BZO-Revision gegangen sind, richtig war und wir nun eine Ruedi Frisch- mehrheitsfähige Vorlage haben. knecht, Leiter Stadt Es gab aber auch 390 Einsprachen. entwicklung: Das ist in der Tat eine eindrückliche Zahl, «Das war ein Re- sultat, das ich mir und die Behandlung dieser Einsprachen hat uns so nicht einmal in der Stadtentwicklung auch enorm gefordert. Arbeiten Erhalten erträumt habe.» Allerdings ist die Anzahl, gemessen an der Für Luzern wurde ein Ent- Das Wachstum in der Kern- Grösse der Stadt, eher klein. wicklungspotenzial für die An- stadt soll vor allem durch die Ver- siedlung von rund 2200 bis 3300 dichtung nach innen und nicht In der BZO-Debatte im Parlament wurde gesagt, neuen Einwohnerinnen und Ein- durch die zusätzliche Beanspru- durch mehr Partizipation und mehr Dialog hätte wohnern und rund 1100 bis 1700 chung von Freiflächen erfolgen. man die Anzahl der Einsprachen verringern können. neuen Arbeitsplätzen berechnet. Dabei sollen die Qualitäten der Diese Aussage hat mich persönlich sehr geär- Grössere zusammenhängende Stadt – das historische Ortsbild gert. Wir haben einen umfassenden Ansatz ge- Nutzungspotenziale liegen am und die Frei- und Naturräume – wählt. Der Einbezug der Bevölkerung war dem Rand der Stadt: im Süden und erhalten bleiben. Stadtrat sehr wichtig. Die Dienstabteilung Stadt- Norden. Hier will Luzern gemein- In den Mitwirkungsverfahren entwicklung hat zwischen 2007 und 2010 die offene sam mit den Nachbargemein- kam klar zum Ausdruck, dass die Diskussion mit allen Interessierten gesucht: über die den die planerischen Vorausset- grünen Kuppen erhalten bleiben Zukunftsszenarien, in drei Mitwirkungsverfahren, zungen schaffen, damit sich die sollen. Auch wollen Stadtrat und an zwei Ausstellungen und zwei öffentlichen Aufla- Grenzgebiete im Norden und Sü- Parlament den öffentlichen Zu- gen. Die Luzernerinnen und Luzerner waren immer den zu urbanen Stadtteilen ent- gang zur touristischen Infrastruk- wieder dazu aufgerufen, sich in den Prozess einzu- wickeln können. tur an bester Lage sichern. Des- geben, mitzureden und mitzugestalten. In den Schlüsselarealen beim halb werden neben den Hotels Die Diskussionen haben uns den Handlungs- Steghof und beim Bahnhof sollen Seeburg, Hermitage und dem spielraum aufgezeigt, der uns bei der Revision der an zentraler Lage grössere zusam- Château Gütsch, die bisher schon BZO zur Verfügung steht. Gestützt darauf wurde menhängende Dienstleistungs- in einer Sonderzone für Hotels 2008 ein Raumentwicklungskonzept erarbeitet flächen geschaffen werden. Die und Restaurants eingeteilt wa- und wiederum diskutiert. Daraus ist der erste Ent- Baukommission will im Bereich ren, auch Europe, Montana, Na- wurf der BZO entstanden, und dieser wurde wie- der Rösslimatt eine neue, durch- tional, Palace, Schweizerhof, das derum einem Mitwirkungsverfahren unterzogen. mischte Arbeitszone schaffen. Schlössli Utenberg, das Kursaal- Ab der ersten Auflage der BZO im September 2011 Die Liegenschaften wurden be- Casino und das Seerestaurant Ti- war die Mitwirkungsphase zu Ende. Dann hat, reits heute mehrheitlich durch voli der neuen Tourismuszone zu- nach vier Jahren der Partizipation, das rechtliche Gewerbe und Dienstleistungsun- geteilt (siehe S. 9). Verfahren begonnen. ternehmen genutzt, zudem wur- Die Qualität der baulichen den auch Gleisanlagen der SBB, Entwicklung der Stadt soll mit- Wie geht es nun weiter? die nicht mehr benötigt werden, hilfe von Artikel 1 des Bau- und Die BZO wird nun den Stimmberechtigten vor- der Arbeitszone zugeschlagen. Zonenreglements (BZR) gefördert gelegt. Gegen den Volksentscheid können die Durch diese neue Zoneneintei- und gewährleistet werden. Der Einsprechenden beim Regierungsrat des Kantons lung kann ein urbaner Stadtteil Stadtrat kann bei Bauprojekten, Luzern rekurrieren. Die BZO für den Stadtteil Lu- entstehen. Dieser soll etappiert die von städtebaulicher Bedeu- zern wird vom Regierungsrat in Kraft gesetzt. Die realisiert und durch einen Bebau- tung oder für ein Quartier von Re- revidierte BZO könnte ab Mitte 2014 als neue ungs- oder Gestaltungsplan ent- levanz sind, mehr als einen Ge- rechtliche Grundlage der Entwicklung des alten wickelt werden. staltungsvorschlag verlangen. Stadtteils von Luzern angewendet werden.
12 | 13 Veloförderung Luzern ist Startklar für die Velosaison 2013 Velofahren ist wichtig, damit der Verkehr auch in Zukunft rollt. Deshalb steht die Förderung des Veloverkehrs weit oben auf der politischen Agenda. Zentrale Massnahmen sind ein attraktives Radroutennetz und ausreichend Abstellplätze. Die Bevölkerung in Luzern wächst, und die Mobilität nimmt zu. Insbesondere während der 1 Stosszeiten staut sich der Verkehr 1 vielerorts in der Stadt. Die Kapa- zitäten sind ausgeschöpft. Der motorisierte Individualverkehr ist an seine Grenzen gestossen. ! Die Bevölkerung hat dies erkannt und anlässlich der Abstimmung im Herbst 2010 zum Ausdruck ge- bracht: Damals wurde das Regle- ment für eine nachhaltige städti- ! sche Mobilität deutlich angenom- ! men. Der Auftrag ist klar: Damit die Lebensqualität erhalten und die Erreichbarkeit des Standorts Luzern gewährleistet werden kön- nen, müssen öffentlicher Verkehr, Fuss- und Veloverkehr gefördert ! werden. Luzern macht vorwärts Der Stadtrat verfolgt klare Ziele: Luzern muss über ein direk- tes, sicheres, attraktives und auch zusammenhängendes Velorou- tennetz verfügen. Genügend Ab- stellplätze und eine gute Anbin- dung und Verknüpfung mit dem öffentlichen Verkehr tragen zur Attraktivität des Veloverkehrs bei. Unter diesen Vorgaben wurden in den vergangenen Jahren kontinu- ort. Weder Autos noch Busse kom- Verkehr: Denn Autos und Busse ierlich Massnahmen zur Verbes- men vorwärts. Deshalb müssen erhalten mehr Platz. serung der Velosituation umge- in den Stosszeiten zusätzliche setzt. Wo es sinnvoll ist, gibt es bei Busse eingesetzt werden. Ein Teu- Sicher unterwegs Lichtsignalanlagen vorgezogene felskreis, weil die zusätzlichen Die Sicherheit der Velofahren- Wartebereiche. Radrouten wer- Busse die Situation weiter ver- den ist ein wichtiges Anliegen der den grundsätzlich beleuchtet, schärfen. Stau verursacht enor- Veloförderung. Die Stadt färbt und Fahrverbote und Abbiege me volkswirtschaftliche Kosten. Velostreifen signalrot ein, vor al- verbote werden wo möglich mit Personal und Material von Hun- lem bei Kreuzungen und Einspur- «ausgenommen Radfahrende» er- derten Unternehmen stecken un strecken. Damit nimmt Luzern gänzt. Markierte Velostreifen bei- produktiv auf der Strasse fest. eine Vorreiterrolle ein. Keine an- spielsweise gibt es in Luzern erst Das schnellste Verkehrsmittel im dere Stadt in der Schweiz signali- seit den späten 1980er-Jahren. Stadtverkehr ist gerade in solchen siert Velostreifen so deutlich. Die 1 | Die Stadt wird für Heute hat die Stadt bereits rund Situationen das Velo. Und weil je- Farbe auf den Velostreifen zeigt: Velofahrende attrak- 40 Kilometer Velospuren und des Velo zehnmal weniger Platz Hier hat das Velo Priorität. Auto- tiver. Neue Radwege entstehen, Einbahnstras- rund 5000 Abstellplätze. braucht als ein Auto, ist es ein per- fahrende sehen dadurch sofort, sen werden für Velos ge- fektes Mittel gegen Stau. Fahren dass sie mit Velos auf der Fahr- öffnet und komplizierte Freie Fahrt für Velos mehr Leute Velo, profitiert nicht bahn rechnen müssen. Die rote Verkehrssituationen zugunsten der Velofah- Verstopfte Strassen sind Gift nur der einzelne Velofahrende, Markierung trägt somit massgeb- renden geklärt. für Luzern als Wohn- und Arbeits- sondern auch der motorisierte lich zur Verkehrssicherheit bei
Velo-Agenda 2013 Freitag, 15. März: Start von Next Bike, dem Fahrrad-Verleih- Service Samstag, 16. März: Velobörse auf dem Nationalquai beim Musikpavillon Freitag, 5. April: Eröffnung der Velo- Neu fertiggestellte Anspruchsvolle Stellen station Bahnhof Veloprojekte Projekte, welche die Stadt ! für Velofahrende Trotz intensiven Bemü- Samstag, 20. April: Tag der offenen Tür Luzern seit 2010 umgesetzt hat. hungen wird es leider immer an- in der Velostation spruchsvolle Abschnitte für Velo- Bahnhof Zukünftige fahrende geben. Die Stadt hat on- Samstag, 14. Sep- Veloprojekte line Hinweise und Tipps zu diesen tember: Projekte, welche die Stadt Stellen und Möglichkeiten zur Velobörse auf dem Luzern bis 2016 umsetzen will. Umfahrung zusammengestellt. Nationalquai beim Musikpavillon Donnerstag, 14. No- Alle Projekte und Details: vember: www.velofahren.stadtluzern.ch Aktionstag Sicherheit durch Sichtbarkeit Website Die Statistik der Velo- zählstellen der Stadt Luzern – im Moment zehn an der Zahl – kön- nen Sie neu online ver- folgen. Die gezählten Velos werden täglich er- gänzt. Weiter finden Sie online alle zentralen In- fos rund ums Velofah- ren in der Stadt Luzern: Die wichtigsten Verbin- dungen durch Luzern deverband LuzernPlus entwickelt. standorten Schweizerhofquai, von Profis getestet, Bis Ende 2013 sollen erste kon- Langensandbrücke und Tauben- Hinweise auf heikle Stel- krete Lösungsvorschläge vorlie- hausstrasse erfasst. Allein am len, Velotouren, aktu- gen, mit welchen kurzfristigen Schweizerhofquai waren 1,3 Mil- elle und abgeschlossene Massnahmen im vorhandenen lionen Velos unterwegs. Die Zah- Veloprojekte sowie Strassennetz zusätzliche Kapazi- len werden auch in Zukunft er- Standorte der Veloab- und reduziert Konflikte zwischen tät bereitgestellt werden kann. fasst, aktuell existieren in der Stadt stellplätze. Schauen Sie Auto und Velo. Luzern zehn Velozählstellen. Die rein, es lohnt sich! Velozählstellen neu online detaillierten Daten der Velozähl- www.velofahren.stadt Gesamtverkehrskonzept Um die Verkehrsentwicklung stellen sind neu auf www.velofah- luzern.ch Bis 2030 rechnen Stadt und beobachten zu können, wird das ren.stadtluzern.ch abrufbar. Kanton mit einer weiterhin stark Verkehrsaufkommen erfasst. Bis wachsenden Mobilitätsnachfra- vor Kurzem lagen zwar für den Auf die Sättel … ge. Das vom Stimmvolk beschlos- motorisierten Verkehr Zahlen vor, Der Winter ist bald überstan- sene Reglement für eine nachhal- nicht jedoch für den Veloverkehr. den, und die wärmere Jahreszeit tige Mobilität gibt vor, dass diese Diese Fakten sind aber eine not- steht vor der Tür. Jetzt gilt: Velo Zunahme des Verkehrs in erster wendige Grundlage, um einen aus dem Keller holen, Staub vom Linie durch den ÖV, Fuss- und Ve- Überblick über den Gesamtver- Sattel wischen, Kette ölen, Licht loverkehr bewältigt werden soll. kehr zu erhalten und um die Wir- und Bremsen prüfen – und fit in Deshalb ist die Attraktivitätsstei- kung von Veloförderungsmass- den Frühling radeln. Schneller als gerung des Veloverkehrs ein Ziel nahmen zu überprüfen. Deshalb mit dem Velo kommen Sie in Lu- des «Gesamtverkehrskonzepts hat das Tiefbauamt der Stadt Lu- zern nicht voran. Danke, dass Sie Agglomerationszentrum Luzern», zern 2011 erste Velozählstellen in Velo fahren! das die Stadt Luzern gemeinsam Betrieb genommen. Insgesamt mit dem Kanton, dem Verkehrs- wurden in einem Jahr 2,5 Mil Melchior Bendel verbund (VVL) und dem Gemein- lionen Velos an den drei Zähl Projektleiter Kommunikation
14 | 15 Quartier Warum die Quartiervereine noch lange nicht aussterben Quartiervereine machen die Stadt zum Dorf und das Dorf zum Nabel der Welt. Aber die Quartiervereine betreiben nicht einfach Nabelschau: Sie sind interessierte Partner der Stadt, mischen sich ein und sorgen für sozialen Zusammenhalt. 1 2 3 «Dann bitte ich euch, das mit Gemeinschaftlichen sogar die pri- Viele von ihnen haben eine Home- Handerheben zu bezeugen.» So märe Aufgabe eines Quartierver- page oder / und geben eine Quar- klingt es in diesen Wochen wie- eins. «Der Quartierverein ist eine tierzeitung heraus. Bei den einen der, wenn die Quartiervereine ihre ideale Institution, um Leute zu- spürt man Aufbruch und Enga Generalversammlungen abhal- sammenzubringen, Kontakte für gement, andere wirken eher et- ten. Das Ritual der Dechargen- Neuzuzüger zu schaffen, ähnliche was bieder oder scheinen haupt- Erteilungen, Jahresberichtsschil- Interessen zu verbinden und da- sächlich Interessenvertretungen derungen und Kassenberichte, durch zu einem lebenswerten von Geschäften und Gewerblern dargebracht im klassisch-schwei- Quartier beizutragen.» zu sein. Einige Quartiervereine zerischen Vereinsjargon, ist an sind aufgrund der demografi- gesichts der hektischer und ano Über 100 Jahre alt schen Struktur ihres Quartiers nymer gewordenen Alltagsgesell- Die ersten Quartiervereine stark überaltert, während ande- schaft schon fast ein Hort der entstanden schon im 19. Jahrhun- re gut durchmischt sind. Nach wahren Gemütlichkeit. dert. 1874 gründeten beispiels- wuchsprobleme gibt es nicht. Es ist diese soziale Funktion, weise Gewerbetreibende und «Bei den Mitgliederzahlen sind Impressionen aus die heute mehr denn je der Grund Handwerker einen Verein «zur wir seit Jahren stabil. Es geht eher den Fotoarchiven der ist, warum Quartiervereine nicht Wahrung der Quartierinteressen», leicht aufwärts», sagt Hugo P. Quartiervereine (QV): aussterben und auch nicht durch was zur Geburtsstunde des Quar- Stadelmann. «Schwierig ist ein- 1 | QV Reussbühl lose und wechselnde Interessen- tiervereins Hochwacht wurde. zig, Leute für die Arbeit im Vor- gemeinschaften für ein bestimm- 1925 entstand der Quartierverein stand zu finden. Aber dieses Pro- 2 | QV Wesemlin-Dreilinden tes Anliegen ersetzt werden kön- Tribschen-Langensand, weil die blem kennen auch Sportvereine 3 | QV Littauer Bärg nen. Für Hugo P. Stadelmann, Stadt auf dem Tribschenmoos oder andere ehrenamtliche Gre- Verbandspräsident der Luzerner Industrie ansiedeln wollte, was mien.» 4 | Für Hugo P. Stadelmann, Quartiervereine, ist die Pflege des die Anwohner beunruhigte. Und Präsident des QV Stern- beim Quartierverein Maihof stand Jedes Quartier ist anders matt und Verbandspräsi- schon ganz am Anfang der Rotsee Es mag die typische General- dent der Luzerner Quar- tiervereine, sorgt der QV im Zentrum des Interesses: Er versammlung geben, den typi- primär für einen guten 4 ging aus der 1929 gegründeten schen Quartierverein gibt es nicht. Kontakt im Quartier. «Gesellschaft Pro Rotsee» hervor, Jedes Quartier hat aufgrund sei- 5 | Anfänglich skeptisch, die sich die Erhaltung des Rotsees ner Bewohnerschaft, Verkehrs jetzt offen für die und seiner Ufer auf die Fahne ge- situation und wirtschaftlichen Zusammenarbeit: Oskar Scherer, Präsident des schrieben hatte. Bedeutung eigene Facetten. Es QV Maihof, im Gespräch Heute sind 12 Prozent der Be- gibt Quartiervereine, die stärker mit Janina Fazekas, völkerung in den 21 Quartierver- im Rampenlicht stehen, weil sie städtische Kinder- und Jugendarbeiterin im einen der Stadt Luzern organisiert sich gegen einen Fixerraum, ein Quartierbüro Maihof. (siehe S. 15 «21 Quartiervereine»). grösseres Bauvorhaben oder eine
21 Quartiervereine Mit der Fusion sind zu den 15 Quartiervereinen der Stadt Luzern sechs Quartiervereine der Gemeinde Littau dazu- gekommen. Insgesamt sind 8700 Personen in Quartiervereinen orga- nisiert. Das entspricht rund 12 Prozent der neue Buslinienführung wehren. nungen eingeladen, aber stellen schen ist für die allermeisten Bevölkerung. Ein Quartierverein wie der Lit- dann fest, dass unsere Einwände Vertreterinnen und Vertreter der Die grössten Quartier- tauer Bärg hat ganz andere Prob- oder Vorschläge überhaupt nicht Quartiervereine klar, dass die vereine sind Seeburg- leme als der Obergrund oder die berücksichtigt werden», lautet Quartierbüros eine gute Ergän- Würzenbach-Büttenen Altstadt. Ein Sonderfall ist auch ein oft gehörtes Fazit. Oscar Sche- zung zu ihren eigenen Quartier- (1070 Mitglieder), We- der QV Bellerive-Halde-Lützel- rer, seit 22 Jahren Präsident des aktivitäten sein können und auch semlin-Dreilinden (970) matt (Bel-Ha-Lü). Das Quartier QV Maihof, bemängelt, dass der für gemeinsame Projekte zur Ver- und Tribschen-Langen- mit seinen bevorzugten Wohnla- Stadtrat die Quartiervereine sehr fügung stehen. «Ich werde nächs- sand (850). 14 Quartier- gen und gut verdienenden Bewoh- oft erst dann über eine wichtige tens den Kontakt suchen zum vereine haben 250 bis nerinnen und Bewohnern hat we- Massnahme oder Änderung infor- Quartierbüro Würzenbach», sagt 500 Mitglieder, sieben Quartiervereine 500 der Schule, Kirche, Geschäfte, Ju- miere, wenn praktisch alles schon etwa Lars Dubach vom QV Bel- und mehr. Im Jahr 2011 gendtreff, Kinderspielplatz noch entschieden sei. Ha-Lü. «Meines Erachtens sind wurden von den Quar- sonstige öffentliche Einrichtun- solche Büros nur eine Bereiche- tiervereinen 115 Anlässe gen und ist entsprechend «sorg- Kritikpunkt Quartierbüro rung.» Auch Stadelmann sieht durchgeführt. los», wie Präsident Lars Dubach Als «erfreulich» bezeichnet Vorteile. «Die Quartiervereine ge- gesteht. Zu den Höhepunkten des Scherer hingegen die Zusammen- hören zu den wichtigeren Playern Mit 149 der Älteste QV Bel-Ha-Lü gehört das jährliche arbeit mit den Chefbeamten, etwa in einem Quartier. Es drängt sich Der älteste Quartierver- Grillfest auf einem Bauernhof mit des Strasseninspektorats oder der auf, dass die verschiedenen Quar- ein ist Wächter am rund 200 Gästen. Stadtgärtnerei. «Da sind persön- tierkräfte miteinander arbeiten Gütsch (1864 gegrün- Quartiervereine mischen liche Beziehungen entstanden, und sich vernetzen. Das bringt det), der nach einer gerne mit, wo es um die Interes- und wir werden immer gut infor- Entlastung und schafft auch neue Quasi-Auflösung 2012 sen ihres Quartiers geht. Aber da miert über bauliche Tätigkeiten Ideen. Grabenkämpfe wären eine wieder neu gegründet sie kein Einspracherecht oder im Quartier. Das schätzen wir.» schlechte Lösung.» wurde. Noch im sonstige Befugnisse haben, ist Scherer ist bekannt als ein QV- 19. Jahrhundert entstan- ihre Einflussnahme gering. Es Präsident, der es sagt, wenn ihm Volk und Obrigkeit den Hochwacht (1874), gibt Ausnahmen. So war es eine etwas nicht passt. Er war es, der Früher, als die Distanz zu den Obergrund (1874) und Altstadt (1887). Später Initiative aus dem QV Obergrund, über die Medien seiner Skepsis Behörden noch grösser war, gal- entstanden Tribschen- die sich vor Jahren erfolgreich über die neue Quartierpolitik des ten die Quartiervereine als wich- Langensand (1925), gegen die Abschaffung der städ- Stadtrates Ausdruck gab und vor tigste Bindeglieder zwischen Be- Wesemlin (1927) und tischen Quartierpolizisten wehrte allem die Quartierbüros hinter- völkerung und Obrigkeit. Heute Kleinstadt (1933). Die und ein Umdenken ermöglichte. fragte. Heute sagt er: «Ich kann ist es eher so, dass der Stadtrat von Quartiergemeinschaft Handkehrum fühlen sich die mir durchaus eine Zusammenar- sich aus bestrebt ist, den Kontakt Sternmatt besteht seit Quartiervereine auch schon mal beit mit den Quartierbüros vor- zu den Quartiervereinen zu pfle- 1978, der Quartierverein wie Sisyphus. «Wir werden zwar stellen. Ich lasse mich gerne über- gen. «Ihr seid der Kitt für un- Littau Dorf seit 1997 immer häufiger an Informations- zeugen, wenn es eine gute Sache sere Stadtluzerner Bevölkerung», und der Quartierverein veranstaltungen zur Bau- und Zo- ist. Aber da möchte ich zuerst sagte Stadtpräsident Stefan Roth Littauer Bärg gar erst nenordnung oder zu Verkehrspla- konkrete Resultate sehen.» Inzwi- im Januar an der Delegierten seit 2010 (Fusion Littau- versammlung des Dachverban- Luzern). des der Quartiervereine. «Bei euch Quartiervereinen laufen die Fä- Der Verband den zusammen, viel mehr als in Der Verband der Quar- 5 tiervereine der Stadt meinem Büro. Denn ihr wisst, was Luzern wurde 1929 ge- in eurem Quartier läuft.» gründet. Er hat den Und hätte man, nach Jahrsbe- Auftrag, die Interessen richt, Jahresrechnung und Bud- der einzelnen Verbands- get, auch über diese stadträtliche mitglieder einzeln oder Wortmeldung abgestimmt, hät- in Kommissionen zu ten die Delegierten mit Sicherheit wahren und zu vertre- ihr Wohlgefallen ausgedrückt und ten. Dabei bleibt die es mit Handerheben bezeugt. Selbstständigkeit jedes Quartiervereins gewahrt. Pirmin Bossart Freier Journalist
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