Arbeitsbelastung und Gesundheit im privaten Sicherheitsgewerbe - Universität Innsbruck

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Arbeitsbelastung und Gesundheit im privaten Sicherheitsgewerbe - Universität Innsbruck
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
                   Institut für Psychologie

                            Dissertation
 Zur Erlangung des akademischen Grades „Doctor of Philosophy“ (PhD)

Arbeitsbelastung und Gesundheit im privaten
             Sicherheitsgewerbe

                            eingereicht bei
         Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Jürgen Glaser, Dipl.-Psych.

                            eingereicht von
                  Alexander Herrmann, BSc BA MSc

                            Innsbruck, 2021
Arbeitsbelastung und Gesundheit im privaten Sicherheitsgewerbe - Universität Innsbruck
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                              Vorwort - Danksagungen
Als ich 2010 neben dem Hochschulstudium zufällig über die Nebentätigkeit des „Türstehers“ -
und bald erste Einsätze im Veranstaltungsschutz - in das private Sicherheitsgewerbe
hineinschnupperte, war für mich klar, dass dies nur eine zweckmäßige Beziehung für einen
kurzen Zeitraum darstellen würde.
Niemals hätte ich gedacht, dass ich 11 Jahre später eine Dissertation im Fokus dieses
Tätigkeitsfeldes verfasse und auf einen mittlerweile reichen Erfahrungsschatz unterschiedlicher
Sicherheitstätigkeiten, eigener Schulungs- und Ausbildungstätigkeit, Vorträge, Verbandsarbeit
sowie der Organisation und dem Management bei nationalen und internationaler
Großsportveranstaltungen zurückblicken darf. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass mich
das Tätigkeitsfeld der privaten Sicherheit und seiner Beschäftigten so nachhaltig und prägend
in seinen Bann gezogen hat, dass ich mich auch als Nachwuchswissenschaftler unbedingt dieser
Branche widmen will.
Im vergangenen Jahrzehnt konnte ich so aus unterschiedlichen Perspektiven ein dynamisches
und facettenreiches Arbeitsfeld erfahren, dass oft zu Unrecht mit negativen Zuschreibungen
und Rollenbildern behaftet ist. Ich konnte viele Kolleg*innen kennenlernen, mit diesen
zusammenarbeiten und Freundschaften zu Menschen knüpfen, die mit Herzblut und
Leidenschaft dieser Tätigkeit nachgehen und trotz bestehender Problematiken unermüdlich an
einer positiven Entwicklung der privaten Sicherheit und für die Überwindung veralteter
Klischees arbeiten.
Die private Sicherheit verkörpert für mich als Psychologen eine der spannendsten
Dienstleistungen unserer Zeit, in dessen Zentrum der Mensch mit seinem Verhalten und
Erleben in ganz einzigartiger Weise mit seinem Grundbedürfnis nach Sicherheit und Ordnung
verbunden steht. Daher freue ich mich ganz besonders, wenn die vorliegende Arbeit einen
wissenschaftlichen Beitrag für die positive Entwicklung der privaten Sicherheit und ihrer
Beschäftigten leisten kann.

Diese Dissertationsschrift spiegelt aber nicht nur einen persönlichen Meilenstein wider, sondern
die unermüdliche Arbeit mit - und Unterstützung durch - weitere Personen, allen voran meiner
Familie und Kolleg*innen, denen ich zu aufrichtigem Dank verpflichtet bin.

Mein besonderer Dank gilt daher meinen Eltern für die immerwährende Unterstützung, meiner
Frau und meinen Kindern für die Liebe, Geduld und Rückendeckung, insbesondere in
arbeitsreichen und turbulenten Phasen, meinem Doktorvater Prof. Dr. Jürgen Glaser für das
„geschenkte“ Vertrauen, die hervorragende Betreuung und wissenschaftliche Mentoring der
vergangenen Jahre - auch über das wissenschaftliche Arbeiten hinaus, meinen Kolleg*innen
(und Mitautoren) Dr. Christian Seubert, Dr. Lisa Hopfgartner, Dr. Cornelia Strecker, Dr. Willi
Geser, Dr. Severin Hornung und Maga. Laura Leonhartsberger-Schrott für ihren „seelischen
Beistand“ und ihre Expertisen in allen Lebens-/ und Arbeitslagen, Prof. Dr. Tobias Greitemeyer
für meine aktuelle Anstellung sowie allen Kolleg*innen und Freunden in und um die private
Sicherheit die ich auf meinem Weg bisher kennenlernen durfte.
Mein Dank gilt auch dem Vizerektorat für Forschung der Universität Innsbruck für die
Verleihung eines Doktoratsstipendiums aus der Nachwuchsförderung sowie den Fördergebern
des Projekts (AB-G15) Arbeiterkammer (AK Wien) und Gewerkschaft Vida.
Arbeitsbelastung und Gesundheit im privaten Sicherheitsgewerbe - Universität Innsbruck
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Abstract

Based on an Austrian-German pilot project, this dissertation provides the first systematic,
occupational psychology-based work- and task analysis towards stressors and health as
previously unconsidered factors for industry-specific problems among German-speaking
(private) security personnel (N = 683). Against the background of human-oriented and health-
promoting work concepts, basic work characteristics (predictor sets) were examined concerning
their connection with psychosomatic health impairments and turnover intention. Study 1
provides a quantified perspective of occupational conditions, forms of violence and aggression
as well as psychosocial work characteristics and their associations with psychosomatic
complaints. A more in-depth examination of work-related violence and aggression, as well as
person- and job-related risk factors, identifies private security guards as a high-risk population
for harmful behaviors by organizational outsiders (Types I & II). Study 2 thus uses a subsample
(N = 487) to examine the negative impact process of specific forms of outsider-initiated violent
and aggressive experiences to be mediated by worries about violence. The developed mediation
model provides first empirical evidence for a sequential impact process from worries about
violence, nourished by different forms of harmful experiences, via psychosomatic complaints
to turnover intention. Finally, Study 3 uses an online experiment with the general population
(N = 932) to gain evidence that work clothing of private security guards (as a specific
occupational condition) influences attributes and behavioral intentions in interactions with
private security guards, thus displaying another potential influencing factor for the intensity and
frequency of, e.g., work-related experiences of aggression.
Finally, the integration of our collected findings from different sets of work characteristics
(employment conditions, forms of work-related violence & aggression, psychosocial work
characteristics) displays "adjusting screws" and suggestions for implementing a more health-
promoting, human-oriented work (re)-design in the German-speaking security industry in order
to tackle industry-immanent challenges.
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Zusammenfassung

Auf Basis eines österreichisch-deutschen Pilotprojektes liefert die vorliegende Dissertation eine
erste systematische, arbeitspsychologisch fundierte Tätigkeitsanalyse mit Blick auf die
Arbeitsbelastung und Gesundheit bei deutschsprachigem (privatem) Sicherheitspersonal (N =
683) als bisher unberücksichtigte Faktoren für branchenspezifische Problemstellungen. Vor
dem Hintergrund humanorientierter und gesundheitsförderlicher Arbeitskonzeptionen wurden
grundlegende Merkmalsgruppen hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit psychosomatischen
Gesundheitsbeeinträchtigungen und Kündigungsabsicht untersucht und entsprechende
Risikofaktoren identifiziert. Studie 1 liefert dazu zunächst ein quantifiziertes Tätigkeitsprofil
zu Beschäftigungsbedingungen, Formen von Gewalt- und Aggressionserfahrungen sowie
psychosozialen    Tätigkeitsmerkmalen      und      Zusammenhängen         mit    psychosomatischen
Beschwerden. Eine weiterführende Betrachtung arbeitsbezogener Gewalt- und Aggression
sowie    personen-      und     tätigkeitsbezogener      Risikofaktoren      identifiziert    privates
Sicherheitspersonal als Hochrisikogruppe für schädigendes Verhalten von organisationalen
Außenseitern (Typ I & II). In Studie 2 wird auf Basis einer Teilstichprobe (N = 487) ein, durch
Gewaltbesorgnis vermittelter, negativer Wirkungsprozess von spezifischen Formen von
Gewalt- und Aggressionserfahrungen untersucht. In unserem selbstständig weiterentwickelten
Mediationsmodell finden sich erstmals empirische Hinweise für einen sequentiellen
Wirkungsprozess von, durch unterschiedliche Aggressionsformen genährter, Gewaltbesorgnis
über psychosomatische Beschwerden bis hin zu Kündigungsabsicht. Abschließend liefert
Studie   3   durch     ein    sozialpsychologisch     orientiertes   online-Experiment       mit   der
Allgemeinbevölkerung (N = 932) Hinweise, dass uniforme Arbeitskleidung von privatem
Sicherheitspersonal (als eine spezifische Beschäftigungsbedingung) einen Einfluss auf
zugeschriebene Attribute und Verhaltensintentionen in der Interaktion mit privaten
Sicherheitskräften und damit einen potentiellen Einflussfaktor für die Intensität und Häufigkeit
von z. B. arbeitsbezogenen Aggressionserfahrungen darstellt.
Durch    Integration    der    gesammelten     Befunde       aus     den   drei   Merkmalsgruppen
(Beschäftigungsbedingungen, Formen arbeitsbezogener Gewalt & Aggression, psychosozialer
Tätigkeitsmerkmale) ergeben sich somit konkrete „Stellschrauben“ und Gestaltungsvorschläge
für eine gesundheitsförderlichere, humanorientierte Arbeitsgestaltung im deutschsprachigen
Sicherheitsgewerbe im Hinblick auf branchen-immanente Herausforderungen.
iv

Der Dissertation beigefügte Publikationen

Herrmann, A. & Glaser, J. (2021). Work characteristics and psychosomatic health complaints
      of private security personnel. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie
      A&O, 65(2), 53-67.

Herrmann, A., Seubert, C. & Glaser, J. (2018). Arbeitsbezogene Gewalt bei privatem
      Sicherheitspersonal: Wer ist besonders gefährdet und was ist der Preis? In R. Trimpop,
      J. Kampe, M. Bald, I. Seliger & G. Effenberger (Hrsg.), Psychologie der
      Arbeitssicherheit und Gesundheit. Voneinander lernen und miteinander Zukunft
      gestalten (S. 565-569). Kröning, D: Asanger.

Herrmann, A., Seubert, C. & Glaser, J. (2020). Consequences of exposure to violence,
      aggression and sexual harassment in private security work: A mediation model. Journal
      of Interpersonal Violence. https://doi.org/10.1177/0886260520984432 [Advanced
      Online Publication]

Herrmann, A. & Geser, W. (2021). Psychological responses to uniform styles of private security
      personnel: An online experiment. Journal - Psychologie des Alltagshandelns, 14(1), 33-
      44.

Ergänzende Publikationen

Herrmann, A., Seubert, C. & Glaser, J. (2020). Integriertes Modell zu Negativfolgen von
      Gewalt, Aggression und sexueller Belästigung bei privatem Sicherheitspersonal durch
      “Organizational Outsider“. In R. Trimpop, A. Fischbach, I. Seliger, A. Lynnyk & N.
      Kleineidam (Hrsg.), Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit. Gewalt in der
      Arbeit verhüten und die Zukunft gesundheitsförderlich gestalten! (S. 197-200). Kröning,
      D: Asanger.

Herrmann, A. & Glaser, J. (2018a). Endbericht des Projekts „Pilotstudie zur
      arbeitspsychologischen     Bestandsaufnahme       der   Arbeitssituation bezüglich
      Arbeitsbelastung und Gesundheit von ArbeitnehmerInnen des privaten
      Sicherheitsgewerbes in Österreich“. Universität Innsbruck. Abrufbar unter:
      https://www.vida.at//cms/S03/S03_28.a/1342588684052/tirol/bewachung-gewalt-
      niedriger-lohn-und-sozial-unvertraegliche-arbeitszeiten
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Inhaltsverzeichnis

1     Einführung: Das private Sicherheitsgewerbe in Österreich und Deutschland ........... 1
    1.1   Entwicklungen und Status-Quo..................................................................................... 1
    1.2   Chancen und Herausforderungen .................................................................................. 2

2     Tätigkeitsfeld privates Sicherheitsgewerbe und seine Mitarbeiter – ein blinder Fleck
      arbeits- und organisationspsychologischer Forschung?................................................ 3
    2.1   Forschungsstand – Was wir wissen und was nicht ....................................................... 3
    2.2   Kernfragestellung .......................................................................................................... 5

3     Arbeits- und Tätigkeitsmerkmale privater Sicherheitsdienstleistungen und ihr
      Zusammenhang mit psychosomatischen Beschwerden (Studie 1) ............................... 6
    3.1   Theoretischer Hintergrund ............................................................................................ 6
    3.2   Fragestellung ................................................................................................................. 9
    3.3   Methodik ....................................................................................................................... 9
    3.4   Ergebnisse ................................................................................................................... 10
    3.5   Diskussion und praktische Implikationen ................................................................... 13

4     Privates Sicherheitspersonal – eine Hochrisikogruppe für Gewalt- und
      Aggressionserfahrungen. ................................................................................................ 14
    4.1   Arbeitsbezogene Gewalt bei privatem Sicherheitspersonal: Wer ist besonders
          gefährdet und was ist der Preis? .................................................................................. 15
      4.1.1       Theoretischer Hintergrund und grundlegende Fragestellungen ......................... 16
      4.1.2       Methodik ............................................................................................................ 17
      4.1.3       Ergebnisse .......................................................................................................... 18
    4.2   Modellentwicklung zu negativen Folgen von Formen arbeitsbezogener Gewalt- und
          Aggressionserfahrungen (Typ I + II; Studie 2) ........................................................... 19
      4.2.1       Theoretischer Hintergrund ................................................................................. 20
      4.2.2       Fragestellung ...................................................................................................... 22
      4.2.3       Methodik ............................................................................................................ 22
      4.2.4       Ergebnisse .......................................................................................................... 22
      4.2.5       Diskussion und praktische Implikationen .......................................................... 24

5     Arbeitskleidung als Einfluss auf Gewalt- und Aggressionserlebnisse in der privaten
      Sicherheit? Eine sozialpsychologische Betrachtung .................................................... 26
    5.1   Psychologische Reaktionen auf Uniformstile von privatem Sicherheitspersonal: ein
          Online-Experiment (Studie 3) ..................................................................................... 26
vi

      5.1.1         Theoretischer Hintergrund ................................................................................. 27
      5.1.2         Fragestellung ...................................................................................................... 27
      5.1.3         Methodik ............................................................................................................ 29
      5.1.4         Ergebnisse .......................................................................................................... 29
      5.1.5         Diskussion und praktische Implikationen .......................................................... 30

6     Integrierende Zusammenfassung und Diskussion ....................................................... 32
    6.1    Prädiktoren für Gewalt-, Aggressionserfahrungen und Gewaltbesorgnis ................... 32
      6.1.1         Wirkmechanismen .............................................................................................. 32
      6.1.2         Unerwartete Befunde.......................................................................................... 34
    6.2    Prädiktoren für psychosomatische Beschwerden ........................................................ 34
      6.2.1         Wirkmechanismen .............................................................................................. 35
      6.2.2         Unerwartete Befunde.......................................................................................... 37
    6.3    Prädiktoren für Kündigungsabsicht ............................................................................. 38
      6.3.1         Wirkmechanismen .............................................................................................. 39
    6.4    Limitierungen und Anregungen für zukünftigen Forschungsbedarf ........................... 39

7     Implikationen für die Praxis – Stellschrauben für gesundheitsförderliche
      Arbeitsgestaltung ............................................................................................................ 42
    7.1    Beschäftigungsbedingungen (Stellschraube 1) ........................................................... 42
      7.1.1         Wochenarbeitszeit und atypische Arbeitszeiten ................................................. 42
      7.1.2         Mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten und niedriger sozialer Status .................... 44
      7.1.3         Alleinarbeit ......................................................................................................... 46
      7.1.4         Arbeitskleidung – Uniformierung ...................................................................... 46
    7.2    Arbeitsbezogene Gewalt-, Aggressionserfahrungen und Gewaltbesorgnis
           (Stellschraube 2).......................................................................................................... 47
      7.2.1         Physische Gewalt, verbale Aggression, sexuelle Belästigung ........................... 47
      7.2.2         Beobachtete Gewalt und Gewaltbesorgnis ......................................................... 48
    7.3    Psychosoziale Tätigkeitsmerkmale (Stellschraube 3) ................................................. 50
      7.3.1         Lernanforderungen ............................................................................................. 50
      7.3.2         Arbeitsbezogene Ressourcen .............................................................................. 51
      7.3.3         Arbeitsstressoren ................................................................................................ 52

8     Konklusion ....................................................................................................................... 55

Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 56

A. Anhang ............................................................................................................................. 69
vii

A.1 vollständige Publikationen............................................................................................. 69
   A.1.1. Herrmann, A. & Glaser, J. (2021). Work characteristics and psychosomatic health
   complaints of private security personnel. Zeitschrift für Arbeits- und
   Organisationspsychologie A&O, 65(2), 53-67. ................................................................ 69
   A.1.2. Herrmann, A., Seubert, C. & Glaser, J. (2018). Arbeitsbezogene Gewalt bei
   privatem Sicherheitspersonal: Wer ist besonders gefährdet und was ist der Preis? In R.
   Trimpop, J. Kampe, M. Bald, I. Seliger & G. Effenberger (Hrsg.), Psychologie der
   Arbeitssicherheit und Gesundheit. Voneinander lernen und miteinander Zukunft gestalten
   (S. 565-569). Kröning, D: Asanger. .................................................................................. 85
   A.1.3. Herrmann, A., Seubert, C. & Glaser, J. (2020). Consequences of exposure to
   violence, aggression and sexual harassment in private security work: A mediation model.
   Journal of Interpersonal Violence. ................................................................................... 90
   A.1.4. Herrmann, A. & Geser, W. (2021). Psychological responses to uniform styles of
   private security personnel: An online experiment. Journal - Psychologie des
   Alltagshandelns, 14(1), 33-44. ........................................................................................ 119

A.2 Eidesstaatliche Erklärung ............................................................................................ 132
viii

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Integriertes Modell zu lern- und gesundheitsförderlicher Arbeit (Glaser et al.,
             2020, S. 17). ........................................................................................................ 8

Abbildung 2. Psychosoziale Tätigkeitsmerkmale privater Sicherheitsarbeit (N ≤ 683). ........ 11

Abbildung 3. Integriertes zweistufiges Modell zu Folgen von Gewalt, Aggression und
             sexueller Belästigungen in der Arbeit............................................................. 211

Abbildung 4. Integration empirisch identifizierter Merkmalsgruppen (Risikofaktoren)
             gesundheitsbeeinträchtigender Arbeit im privaten Sicherheitsgewerbe. .......... 43
ix

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1. Dimensionen der psychologischen Reaktionen. ................................................... 299

Tabelle 2. Zusammenfassung von Gestaltungsvorschlägen für eine gesundheitsförderliche
           Arbeitsgestaltung in der privaten Sicherheit. .................................................... 53-54
1

1 Einführung: Das private Sicherheitsgewerbe in Österreich und
  Deutschland

1.1 Entwicklungen und Status-Quo

In den vergangenen 20 Jahren hat die private Sicherheit, analog zur weltweiten Entwicklung,
auch in Europa ein nahezu exponentielles Wachstum erfahren (Moreira, Cardoso, & Nalla,
2015; van Steden & Nalla, 2010). Als Gründe hierfür sind vornehmlich die voranschreitende
Privatisierung von behördlichen und polizeilichen Aufgaben (Button, 2007a; Van Steden &
Sarre, 2007), die moderne Veranstaltungskultur und ein vermindertes subjektives
Sicherheitsgefühl (Briken, 2011; Munar Suard & Lebeer, 2003) im Zusammenspiel mit einem
kontinuierlich angewachsenen Leistungsportfolio der privaten Sicherheitsdienstleister zu
nennen.
In den meisten Ländern haben private Sicherheitskräfte längst eine substantielle Rolle an der
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingenommen. In der Europäischen
Union gibt es daher aktuell ungefähr 44.800 private Sicherheitsdienstleister, die in ihren
unterschiedlichen Anwendungsbereichen im Jahr 2020 rund 40 Milliarden Euro umgesetzt
haben (Confederation of European Security Services [CoESS], 2020). In Österreich und
Deutschland arbeiten aktuell ungefähr 260.000 Personen für rund 5900 Unternehmen (CoESS,
2020).
Private Sicherheitskräfte begleiten uns heutzutage beinahe selbstverständlich in unserem Alltag
durch ihre Anwesenheit, z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln und Flughäfen, bei der
Verkehrssicherung, in Einkaufszentren und Geschäften, in der Bewachung und dem Empfang
öffentlicher Gebäude oder beim abendlichen Diskothekenbesuch. Auch abseits des Alltags hat
die private Sicherheitswirtschaft Eingang in vormals staatshoheitliche Aufgaben gefunden und
bewacht nicht selten militärische und staatliche Einrichtungen oder kritische Infrastruktur.
Trotz der substantiellen gesellschaftlichen Verantwortung durch vielfältige Sicherheits- und
Ordnungsaufgaben und der Vielzahl an Beschäftigten zeugten in der Vergangenheit Blicke
hinter die Kulissen der Branche immer wieder von Aspekten prekärer Beschäftigung und
niedriger    Tätigkeitsvoraussetzungen.      Dazu      gehören     insbesondere      mangelnde
Ausbildungsstandards für Unternehmer und Beschäftigte (Manzo, 2009; Nalla & Cobbina,
2017; Van Steden & Nalla, 2010). Eine Studie zu Gewerbestandards (Button, 2007b) wies
Österreich und Deutschland im europäischen Vergleich eine Platzierung im unteren Drittel zu.
Eine Situation, welche sich zum Zeitpunkt dieser Arbeit nicht nachhaltig verändert zu haben
scheint.
2

1.2 Chancen und Herausforderungen

Der substantielle Bedarf an Sicherheitsdienstleistungen und die hohe Flexibilität der Branche
sind Stärken, die ihren wirtschaftlichen Aufschwung vorangetrieben haben. Auch in der
fortwährenden Covid-19-Pandemie scheint sich diese Wandlungsfähigkeit abzuzeichnen.
Während die Pandemie auf nicht absehbare Zeit ganze Aufgabenfelder aussetzte (z.B. in der
Kultur- und Eventbranche) und sich existenzielle Krisen abzeichneten, haben sich mit
fortschreitender Lage immer wieder neue Aufgaben in systemrelevanten Bereichen (z.B. Impf-
und Testzentren, Einzelhandel, Behörden u.a.) im Kampf und Umgang mit der Pandemie
erschlossen. Eine Entwicklung, welche den Stellenwert privater Akteure in der öffentlichen
Sicherheit unterstreicht (Schönefeld, Herrmann, & Schütte, 2021).
Trotz dieser Wandlungsfähigkeit, eines stetigen Wachstums und einer positiven
Wirtschaftsprognostik für die kommenden Jahre (Zendehrouhkermani, 2020) ist die Branche
grenzüberschreitend bekannt für ihre hohe Mitarbeiterfluktuation (Nalla & Cobbina, 2017) und
eine problematische Personalbeschaffung bzw. Bewerberlage. Diese Aspekte spiegeln sich
insbesondere in der Betrachtung der offenen Stellen wieder. 2019 waren monatlich rund 12.000
unbesetzte Stellen in Österreich und Deutschland ausgeschrieben (Arbeitsmarktservice, 2019;
Bundesverband     der      Sicherheitswirtschaft,   2019).   Die   Nachfrage    nach    privaten
Sicherheitsdienstleistungen scheint also offensichtlich in einem Kontrast zur Personalkraft zu
stehen.
Es ist diese Diskrepanz, welche die Frage aufwirft, warum dieses Beschäftigungsfeld, trotz teils
hoher gesellschaftlicher Verantwortung, gewisser Arbeitsplatzsicherheit und Tätigkeitsvielfalt,
offenbar von vielen Arbeitsuchenden und Beschäftigten als zu unattraktiv wahrgenommen
wird, als dass es einen Eintritt oder langfristigen Verbleib rechtfertigen würde. Zusätzlich wird
in Gesprächen mit privatem Sicherheitspersonal immer wieder deutlich, dass der Weg in diese
Tätigkeit in den überwiegenden Fällen eher zufällig und nicht aufgrund einer aktiv intendierten
Berufswahl geschehen ist und oftmals rein als Nebentätigkeit gesehen oder ausgeübt wird.
Diese Dissertation hat es sich deshalb zum Ziel gemacht, konstituierende Faktoren dieser
„Unattraktivität“ aus arbeitspsychologischer Perspektive zu identifizieren, um auf dieser
Grundlage    potentielle    Maßnahmen      einer    humanorientierten,   gesundheitsförderlichen
Arbeitsgestaltung entwickeln zu können.
3

2 Tätigkeitsfeld privates Sicherheitsgewerbe und seine Mitarbeiter –
  ein blinder Fleck arbeits- und organisationspsychologischer
  Forschung?

2.1 Forschungsstand – Was wir wissen und was nicht

Das private Sicherheitsgewerbe hat, trotz seiner gesellschaftlichen Bedeutung und nicht
unerheblicher Beschäftigungszahlen, überraschenderweise in der Psychologie, insbesondere
der   Arbeits-   und   Organisationspsychologie,     bisher   nur   eine   sehr   überschaubare
wissenschaftliche Berücksichtigung erfahren. Die einleitend geschilderten Herausforderungen
der Branche wurden bisher vornehmlich der Niedriglohnsituation und dem geringen sozialen
Tätigkeitsstatus zugeschrieben (Nalla & Cobbina, 2017; Sefalafala & Webster, 2013). Aus
arbeitspsychologischer Sicht ist es allerdings unwahrscheinlich, dass diese beiden Faktoren
allein und umfassend für die mangelnde Attraktivität dieses Tätigkeitsfeldes bzw. für die hohe
Mitarbeiterfluktuation verantwortlich sind.
Für eine grundlegende Ursachenforschung und Tätigkeitsdiagnostik bedarf es einer
systematischen Betrachtung verschiedenster Merkmale dieses Tätigkeitsbereichs. Teil einer
fundierten arbeitspsychologischen Herangehensweise muss deshalb zunächst die Identifikation
und Evaluierung konkreter Beschäftigungsbedingungen und Tätigkeitsinhalte sein, welche in
weiterer Folge bezüglich ihrer Auswirkungen auf das arbeitende Individuum untersucht werden
müssen, allem voran dessen Gesundheit. Gerade die Mitarbeitergesundheit dieser
Beschäftigungsgruppe scheint als eine mögliche Ursache für bestehende Problemstellungen
bisher in der wissenschaftlichen Betrachtung zu wenig berücksichtigt.
Hier lohnt zudem ein Blick auf wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Polizeiarbeit (bzw. der
Polizeipsychologie), die als vergleichbarstes Tätigkeitsfeld identifiziert wurde (Cobbina, Nalla,
& Bender, 2016; Manzo, 2009). Die Polizeiarbeit wurde ihrerseits in empirischen
Untersuchungen immer wieder als eine der stressreichsten und herausforderndsten
Arbeitstätigkeiten beschrieben (Liberman et al., 2002; Wang et al., 2010). Auf Grund der Nähe
der beiden Arbeitstätigkeiten könnten Befunde dieser Untersuchungen vermutlich auch
Relevanz für die private Sicherheit haben. Eine vergleichende Studie bei uniformierten
Tätigkeitsgruppen (Polizei, Feuerwehr, Strafvollzug, private Sicherheit) dokumentiert
insbesondere bei privatem Sicherheitspersonal umfangreiche Arbeitsstressoren und eine eher
schlechte psychische Gesundheit (Oginska-Bulik, 2005). Erschwerend kommt hinzu, dass in
nationalen Arbeits- und Gesundheitsstatistiken Österreichs oder Deutschlands, mit Ausnahme
des 2018 erschienen Security Reports des Deutschen Unfallversicherers (Verwaltungs-
4

Berufsgenossenschaft VBG), diese Beschäftigungsgruppe bisher kaum oder keinen Eingang
gefunden zu haben scheint. Tatsächlich bestehen zum Zeitpunkt dieser Arbeit nahezu keine
wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Gesundheitssituation oder zu den Arbeitsbelastungen des
deutschsprachigen Sicherheitsgewerbes (Briken, 2011).
In der internationalen psychologischen Forschung zur Polizeiarbeit und den wenigen Studien
mit privaten Sicherheitskräften finden sich immer wieder Befunde, die auf eine gesundheitlich
stark belastende Tätigkeit schließen lassen. So scheinen negative Beanspruchungsfolgen, wie
verminderte Schlafdauer und -qualität, Insomnien, chronische Müdigkeit, schlechter
subjektiver Gesundheitszustand, verringerte Leistungsfähigkeit und eine herabgesetzte
Erholungsfähigkeit (Abedini et al., 2015; Alfredsson, Akerstedt, Mattson, & Wilborg, 1991;
Boudreau, Dumont, & Boivin, 2013; Garbarino et al., 2002; Neylan et al., 2002), sowie Burnout
(Vanheule, Declerq, Meganck, & Desmet, 2008; Vanheule & Declercq, 2009), Arbeitsstress
(Leino, Selin, Summala, & Virtanen, 2011a) und psychische Gesundheitsbeeinträchtigungen
(Leino, 2013; Talas, Button, Doyle, & Das, 2020) in dieser Beschäftigtengruppe besonders
prävalent. Zusätzlich werden für Polizist*innen besonders häufig schwerwiegende
psychiatrische Diagnosen, wie posttraumatische Belastungsstörungen, Depression und
Angststörungen (Arial, Gonik, Wild, & Danuser, 2010; Berg, Hem, Lau, & Ekeberg 2006;
Gershon, Lin, & Lee, 2002) bis hin zu hohen Suizidraten (Violanti, 2007) dokumentiert. Auch
gesundheitsschädigendes Verhalten, wie etwa ein übermäßiger Konsum von Sucht- und
Betäubungsmitteln, scheint für das Beschäftigungsfeld der (öffentlichen) Sicherheit
charakteristisch (Abdollahi, 2002; Lindsay, 2008; Monaghan, 2003).
Im Vergleich der Arbeitsbelastung von privaten Sicherheitskräften (insbesondere des deutschen
Sprachraums) und Exekutivbeamt*innen muss unbedingt berücksichtigt werden, dass es teils
gravierende Unterschiede, z.B. in den Rechtsgrundlagen, in der Ausbildungsqualität und -
dauer, im Weiterbildungsangebot und der Ausstattung mit Arbeitsmitteln (Kleidung und
Arbeitsschutz) gibt (Briken, 2011; Button, 2007b; Munar Suard & Lebeer, 2003; Manzo, 2009;
Ruddell, Thomas, & Patten, 2011). Dieser bestehende Mangel an vergleichbaren
Tätigkeitsgrundlagen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der privaten Sicherheit wird bei
ähnlichen Tätigkeitsanforderungen wie der Polizeiarbeit, unweigerlich zu einer schlechteren
Vorbereitung für den Arbeitsalltag, den Umgang mit Herausforderungen und kritischem
Einsatzgeschehen und letztlich einer geringeren Ausbildung und Förderung von
Einsatzkompetenz (Schmalzl, 2008) führen.
In anderen Worten: Wenn Polizeiarbeit trotz entsprechender (intensiver) Vorbereitung auf den
Arbeitsalltag als eines der forderndsten Tätigkeitsfelder mit einem erhöhten Risiko für
5

Gesundheitsbeeinträchtigung gilt, ist anzunehmen, dass negative Tätigkeitsfolgen in der
privaten Sicherheit nicht weniger prävalent sind.

2.2 Kernfragestellung

In der vorliegenden Dissertation werden eigene Publikationen auf Basis einer empirischen
Bestandsaufnahme dargestellt, die sich in kumulativer Herangehensweise erstmals einer
arbeitspsychologisch      fundierten       und     quantitativen   Tätigkeitsdiagnostik   widmen.
Beschäftigungs- und Tätigkeitsbedingungen sowie Inhalte der Tätigkeit wurden möglichst
systematisch und umfassend evaluiert, um:

         1.) private Sicherheitsarbeit und ihre Beschäftigten durch ein differenziertes Bild (auch
            im Vergleich zu anderen Tätigkeitsfeldern) wissenschaftlich erfahrbar zu machen.
         2.) Beziehungen zu Kernindikatoren der Arbeit (z.B. Mitarbeitergesundheit und
            Fluktuation) und daran geknüpfte Herausforderungen der Branche zu explorieren
            und zu dokumentieren.
         3.) Ansatzpunkte     für   eine    arbeitspsychologische    Maßnahmenentwicklung       zu
            identifizieren,   hin   zu     guten    Arbeitsbedingungen    nach   Prinzipien   einer
            persönlichkeits- und gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung.

Um die genannten Kernfragestellungen wissenschaftlich aufzuarbeiten, wird eingangs eine
theoretisch fundierte Erfassung zentraler Arbeits- und Tätigkeitsmerkmale (Studie 1) anhand
dreier Merkmalsklassen vorgestellt. Neben dem daraus entstehenden Tätigkeitsprofil, werden
so auf breiter Grundlage potentielle Einflussfaktoren für psychosomatische Beschwerden, als
einem Indikator der Mitarbeitergesundheit, untersucht.
Darauf aufbauend und aufgrund der Kategorisierung als Hochrisiko-Tätigkeit wird in weiterer
Folge ein Fokus auf Gewalt- und Aggressionserfahrungen gelegt. Durch eine vertiefende
Auswertung werden zunächst einige potentielle Risikofaktoren für entsprechende Erfahrungen
im Dienst exploriert. Hauptaugenmerk wurde auf die Untersuchung des negativen
Wirkungsprozesses von arbeitsbezogenen Gewalt- und Aggressionserfahrungen über die Sorge
vor Gewalt hin zu psychosomatischen Beschwerden und Kündigungsabsicht gelegt (Studie 2).
Um auch das charakteristische Tätigkeitsmerkmal der uniformen Berufskleidung im Kontext
dieses    Fokus    zu   berücksichtigen,     wurden      die   Außenwirkungen     unterschiedlicher
Uniformmerkmale für eine positive bzw. negative Interaktionen mit der Öffentlichkeit über
entsprechende Zuschreibungen und Verhaltensintentionen untersucht (Studie 3).
6

Im letzten Kapitel dieser Dissertation werden die gesammelten empirischen Befunde sowohl
im Hinblick auf weiterführende Forschung, als auch hinsichtlich praktischer Implikationen für
eine verbesserte Arbeitsgestaltung in der privaten Sicherheit in Österreich und Deutschland
diskutiert.

3 Arbeits-    und   Tätigkeitsmerkmale  privater   Sicherheits-
  dienstleistungen und ihr Zusammenhang mit psychosomatischen
  Beschwerden (Studie 1)

Die arbeits- und organisationspsychologische Forschung hat sich im Hinblick auf die Analyse
von Arbeits- und Tätigkeitsmerkmalen des privaten Sicherheitsgewerbes bisher vornehmlich
auf wenige ausgewählte Aspekte beschränkt, was nicht nur eine begründete Systematik,
sondern auch den Anspruch einer näherungsweise ganzheitlichen Betrachtung vermissen oder
zumindest nicht transparent erkennen lässt.
Eine erwähnenswerte Ausnahme stellen die Arbeiten von Munar Suard und Lebeer (2003)
sowie von Briken (2011) dar, welche es durch ihren qualitativen Ansatz in Form von
Expertenbefragungen geschafft haben, einen Überblick über relevante Arbeits- und
Tätigkeitsmerkmale privater Sicherheitstätigkeit zu erarbeiten. Diese Arbeiten bilden daher
eine empirische Grundlage für eine systematischere Analyse der Arbeit in privaten
Sicherheitsdiensten mit dem Ziel, eine theoriegeleitete, möglichst umfassende und zugleich
praxisnahe Erhebung von gesundheitsrelevanten Arbeits- und Tätigkeitsmerkmalen
durchzuführen (Herrmann & Glaser, 2021).

3.1 Theoretischer Hintergrund

Durch eine inhaltliche Kategorisierung bisheriger wissenschaftlicher Befunde, insbesondere
aus den genannten Arbeiten von Munar Suard und Lebeer (2003) sowie von Briken (2011),
wurden drei übergeordnete Merkmalsklassen (predictor sets) identifiziert:
    1. Beschäftigungsbedingungen (occupational conditions), welche typischerweise den
        strukturellen   Rahmen      dieser    Arbeitstätigkeit   (z.B.   lange   Arbeitszeiten,
        Bereitschaftsdienst und hohe Flexibilität, Schicht-, Nacht- und Wochenend-/
7

        Feiertagsarbeit), den Einsatz von und Umgang mit Personal (z.B. Alleinarbeit,
        geringe Aufstiegsmöglichkeiten, Sub-Contracting) und den gesellschaftlichen
        Stellenwert (z.B. Niedriglohn, schlechtes Berufsimage, geringes öffentliches Ansehen)
        umfassen.

   2. Gewalt und Aggression (violence and aggression). Es besteht offensichtlich ein
        erhöhtes Risiko für Aggressions- und Gewalterfahrungen im Dienst (z.B. verbale
        Aggression und Beleidigungen, physische Gewalt, Bullying, sexuelle Belästigung;
        siehe auch Dang, Denis, Gahide, Chariot, & Lefèvre, 2016; Harrell, 2011; Leino, 2013).
   3. Psychosoziale Tätigkeitsmerkmale (psychosocial work characteristics; PSWC), also all
        jene psychischen und sozialen Einflüsse, die während der Ausübung der Tätigkeit auf
        ein Individuum Einfluss nehmen (z.B. arbeitsorganisatorische Hindernisse, niedrige
        Qualifizierungsmöglichkeiten,    mangelnde     Unterstützung    durch    Vorgesetzte,
        ambivalente Arbeitsrollen, übermäßiges Stehen oder Sitzen, schneller Wechsel
        zwischen niedriger und hoher Konzentration, öffentliche Exposition, Lärm,
        Feuchtigkeit, Hitze/Kälte).

Mit den psychosozialen Tätigkeitsmerkmalen ist ein besonders komplexer Themenbereich
angesprochen, welcher für sich genommen bereits eine Vielzahl an                   möglichen
arbeitspsychologisch relevanten Faktoren umfasst, die bisher in quantitativen Studien bei
privatem Sicherheitspersonal weder nach einem theoretisch fundierten, systematischen
Vorgehen, noch in der notwendigen methodischen Qualität untersucht worden sind. Um für
diesen bei privaten Sicherheitstätigkeiten unterbelichteten Merkmalskomplex eine strukturierte
Annäherung zu ermöglichen, insbesondere auch im Hinblick auf mögliche Gesundheitsfolgen,
wurde    ein   integriertes   arbeitspsychologisches   Modell    zu    gesundheitsförderlicher
Arbeitsgestaltung (Glaser & Herbig, 2012; 2014) zugrunde gelegt (siehe Abbildung 1).
8

Abbildung 1. Integriertes Modell zu lern- und gesundheitsförderlicher Arbeit (Glaser, Hornung, Höge,
             & Strecker, 2020, S. 17).

Dieses Modell spiegelt das integrierte Wissen aus etablierten arbeitspsychologischen
Konzepten wider, allen voran der Handlungsregulationstheorie (HRT), aber auch dem Job
Characteristics Model (JCM, Hackman & Oldham, 1975, 1976), dem Job Demand Control
(JDCM, Karasek, 1979; Karasek & Theorell, 1990) oder dem Job Demands-Resources Model
(JD-R, Bakker & Demerouti, 2007; Demerouti, Bakker, Nachrainer, & Schaufeli, 2001). Es
erfasst psychische Arbeitsbelastungen als neutral wirkende Arbeitsfaktoren, die je nach
Beschaffenheit zu positiven oder negativen (individuellen) Beanspruchungen führen. In einer
humanen Tätigkeit sind daher, im Sinne des Konzepts der vollständigen Tätigkeit (Hacker,
1998), positive Beanspruchungen für ein kognitives und motivationales Wachstum und eine
positive Persönlichkeitsentwicklung (Frese & Zapf, 1994) unerlässlich. Das Ausbleiben von
Gesundheitsbeeinträchtigungen, als mittelfristige Folge negativer Beanspruchungen, beschreibt
das zweite zentrale Kriterium humaner Arbeit.
Das integrierte Modell zu lern- und gesundheitsförderlicher Arbeit unterscheidet in seiner
Konzeptualisierung auf dieser Basis in drei Gruppen von psychosozialen Tätigkeitsmerkmalen
(psychischen Belastungen):
   •   Lernanforderungen in der Arbeit sind solche Tätigkeitsmerkmale, die bei
       herausfordernden oder ganzheitlichen Arbeitstätigkeiten den Erwerb oder die
       Erweiterung bestehender Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse erforderlich machen
       und so das menschliche Grundbedürfnis nach Lern- und Persönlichkeitsentwicklung
       fördern (Glaser & Herbig, 2014).
9

   •   Arbeitsstressoren      beschreiben Tätigkeitsmerkmale,     die durch     (Regulations-)
       Überforderungen oder (Regulations-)Hindernisse dem erfolgreichen Ausführen von
       Arbeitsaufgaben entgegenwirken. Sie können durch Zusatzaufwand überwunden
       werden oder zu einer Überforderung führen (Leitner et al., 1993) und damit
       Gesundheitsbeeinträchtigungen bedingen (Büssing & Glaser, 2000; Greiner, Ragland,
       Krause, Syme, & Fisher, 1997).
   •   Arbeitsbezogene Ressourcen beschreiben unterstützende Tätigkeitsmerkmale im
       Umgang mit Lernanforderungen, aber auch einen Puffer (Karasek & Theorell, 1990)
       zwischen widrigen Arbeitsbedingungen bzw. Arbeitsstressoren und deren negativen
       Beanspruchungsfolgen.

3.2 Fragestellung

Neben der grundlegenden Frage, wie die als tätigkeitsrelevant identifizierten Merkmale der
Arbeit bei deutschsprachigem Sicherheitspersonal ausgeprägt sind, zielt diese empirische
Studie darauf ab, unter diesen umfangreichen Arbeits- und Tätigkeitsmerkmalen Prädiktoren
für Gesundheitsbeeinträchtigungen zu identifizieren.       Dazu nehmen wir an, dass
Beschäftigungsbedingungen (H1), Formen der Gewalt und Aggressionserfahrung (H2a) und
psychosoziale Tätigkeitsmerkmale (H3a) jeweils eigenständig und unabhängig voneinander
(inkrementelle     Varianz;      H2b,     H3b)     kumulativ       zur      Erklärung     von
Gesundheitsbeeinträchtigungen (psychosomatischen Beschwerden) beitragen werden. Mit
anderen Worten gehen wir davon aus, dass jeder Merkmalskomplex im Sinne kumulierter
Mehrfachbelastungen     eigenständige   Varianz   für   die    Aufklärung     gesundheitlicher
Fehlbeanspruchungen des privaten Sicherheitspersonals beiträgt.

3.3 Methodik

Im Rahmen eines Projektes zur Erfassung der Arbeitsbelastungen und der Gesundheit von
privatem Sicherheitspersonal konnten mittels online Befragung 683 Personen aus
verschiedenen Anwendungsbereichen der privaten Sicherheit in Österreich und Deutschland
querschnittlich befragt werden. Zur Datenerhebung wurden, wo immer möglich, reliable und
validierte Messinstrumente bzw. adaptierte Items aus etablierten Verfahren verwendet.

Beschäftigungsbedingungen wurden durch: 1) (zeitliche) Aspekte wie Wochenarbeitszeit,
Überstunden sowie einem Index zur Häufigkeit atypischer Arbeitszeiten (Abend-, Nacht-,
10

Wochenend- und Feiertagsarbeit); 2) Einsatz und Umgang mit Personal, wie Alleinarbeit und
Aufstiegsmöglichkeiten; 3) gesellschaftlicher Stellenwert der Tätigkeit, wie erlebte
Angemessenheit der Entlohnung und sozialer Status, abgebildet.
Formen von Gewalt und Aggression wurden durch Fragen nach Erfahrungen von physischer
Gewalt, verbaler Aggression, beobachteter Gewalt und sexueller Belästigung in den
vergangenen 12 Monaten, sowie der Sorge vor Gewalt am Arbeitsplatz, erfasst.
Psychosoziale Tätigkeitsmerkmale wurden mit dem etablierten Screening TAA (Glaser et al.,
2020) erhoben, wobei einzelne Skalen aus Validitätsgründen entfernt und bestimmte Items für
die Tätigkeit in privaten Sicherheitsdiensten angepasst wurden. Das bedingungsbezogene
Fragebogeninstrument       umfasst     Lernanforderungen      (kognitive     Anforderungen,
Lernerfordernisse,    Qualifizierungsmöglichkeiten,    qualifikatorische   Voraussetzungen,
Angemessenheit der Qualifikation), Arbeitsstressoren (organisationale, soziale und physische
Stressoren, zeitliche Überforderung, Qualitätseinbußen) sowie wichtige arbeitsbezogene
Ressourcen (Vorgesetztenfeedback, Tätigkeitsspielraum, Partizipationschancen, soziales
Klima).
Als Gesundheitsindikatoren dienten psychosomatische Beschwerden, die mit einer Kurzfassung
des Gießener Beschwerdebogens (GBB; Brähler, Hinz, & Scheer, 2008) mit den vier
Unterkategorien Erschöpfung, Magenbeschwerden, Gliederschmerzen und Herzbeschwerden
erhoben wurden, welche eine subklinische, niedrigschwellige Betrachtung von kurzen bis
mittelfristigen Gesundheitsbeeinträchtigungen ermöglichen.

Mittels multipler linearer Regressionen wurden signifikante Prädiktoren innerhalb jedes
thematischen         Merkmalskomplexes        für      psychosomatische        Beschwerden
(Beschäftigungsbedingungen - Modell 1, Gewalt und Aggression - Modell 2, psychosoziale
Tätigkeitsmerkmale - Modell 3) berechnet. In einem hierarchischen Gesamtregressionsmodell
(block-wise), welches alle Merkmalskomplexe beinhaltet, wurde auf eigenständigen und
unabhängigen Einfluss (inkrementelle Varianz) der drei Merkmalsblöcke getestet.

3.4 Ergebnisse

Neben detaillierten deskriptiven Befunden zur Stichprobenzusammensetzung, zu Arbeitszeiten,
Aggressionserfahrungen und gesundheitsrelevantem Verhalten (siehe Publikation A.1.1),
wurde ein Tätigkeitsprofil hinsichtlich der psychosozialen Tätigkeitsmerkmale erstellt (siehe
Abbildung 2).
11

Abbildung 2. Psychosoziale Tätigkeitsmerkmale privater Sicherheitsarbeit (N ≤ 683).
12

In der graphischen Veranschaulichung entlang des Skalenmittelwerts (Abbildung 2) lässt sich
erkennen,   dass   die   Arbeit   von    privatem   Sicherheitspersonal    durch   substantielle
Lernanforderungen, insbesondere qualifikatorischen Voraussetzungen, gekennzeichnet ist.
Dies scheint jedoch in einem gewissen Kontrast zu den Möglichkeiten zu stehen, sich die
benötigten Fähigkeiten in entsprechenden Angeboten, wie Schulungen und Weiterbildungen,
aneignen zu können. Neben einer Reihe vergleichsweise moderat ausgeprägter Stressoren
(soziale Stressoren, physische Stressoren, zeitliche Überforderung, Qualitätseinbußen,
ungünstige Arbeitsumgebung), sind vor allem organisationale Stressoren am stärksten
vorhanden. Zudem scheinen, mit Ausnahme des sozialen Klimas, tätigkeitsbezogene
Ressourcen (Partizipationschancen, Vorgesetztenfeedback, Tätigkeitsspielräume), in eher
geringem Maße vorhanden zu sein.
Die Ergebnisse der schrittweisen multiplen Regressionsanalysen (siehe Tabelle 2 in Herrmann
& Glaser, 2021, S. 8) sprechen für die Annahme, dass die untersuchten Merkmalskomplexe, im
Sinne von Mehrfachbelastungen, jeweils eigenständig und unabhängig auf psychosomatische
Beschwerden wirken.
Psychosozialen Tätigkeitsmerkmalen kommen demnach die stärkste Prognosefähigkeit für
psychosomatische      Beschwerden       zu   (37    %    Varianzanteil),    noch     vor    den
Beschäftigungsbedingungen (24 % Varianzanteil) und den Formen von Gewalt und Aggression
(9 % Varianzanteil). Zusammengenommen erreicht das Modell eine sehr gute Erklärungsquote
für psychosomatische Beschwerden (43,2 % Varianzanteil).
Hinsichtlich der gemessenen Beschäftigungsbedingungen (Modell 1) berichten besonders
Arbeitende mit einer hohen Wochenarbeitszeit, vielen atypischen Arbeitszeiten, häufiger
Alleinarbeit, mit geringen Aufstiegsmöglichkeiten und einer geringen Einschätzung des
soziales Ansehens ihrer Tätigkeit von stärkeren psychosomatischen Beschwerden.
Im Hinblick auf die berichteten Formen von Gewalt und Aggression (Modell 2) sind Arbeitende
mit erhöhter Sorge vor Gewalt am Arbeitsplatz und vermehrten Erfahrungen verbaler
Aggression verstärkt von psychosomatischen Beschwerden betroffen.
Die Befunde zu psychosozialen Tätigkeitsmerkmalen (Modell 3) lassen erkennen, dass
Arbeitende, welche von hohen qualifikatorischen Voraussetzungen, psychischen Stressoren,
organisationalen Stressoren, Qualitätseinbußen, einer zeitlichen Überforderung und sozialen
Stressoren berichten, auch mehr psychosomatische Beschwerden haben. Das gilt weiterhin für
Arbeitende, die eine geringe Angemessenheit der eigenen Qualifikation und wenige
Qualifizierungsmöglichkeiten erleben.
13

3.5 Diskussion und praktische Implikationen

Diese Studie gibt mit ihren Befunden einen ersten systematischen Überblick über
gesundheitsrelevante Tätigkeitsmerkmale privater Sicherheitsdienstleistungen und zeigt, dass
jede Merkmalsklasse, und in der Detailbetrachtung insbesondere bestimmte Faktoren, einen
deutlichen Einfluss auf die Gesundheit des Beschäftigten haben.
Bei der Interpretation der Befunde sind einige Einschränkungen der Studie zu berücksichtigen.
Die Daten stammen aus einer querschnittlichen, nicht repräsentativen Stichprobe, auch wenn
die Geschlechterverteilung sowie die Arbeitsfelder näherungsweise der bekannten Verteilung
in Deutschland entsprechen (Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, 2019). Dies bedeutet,
dass eine Generalisierbarkeit sowie kausale Beziehungen zwischen Tätigkeitsmerkmalen und
psychosomatischen Beschwerden nicht mit Sicherheit angenommen werden können.
Psychosomatische Beschwerden stellen letztlich nur einen möglichen Gesundheitsindikator
dar. Es können daher mit der vorgelegten Datengrundlage keine Ableitungen für andere
Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar für klinische Diagnosen (z.B. Insomnie, Depression,
posttraumatische Belastungsstörungen etc.) vorgenommen werden. Darüber hinaus sind,
aufgrund der digitalen online Befragung, in den erhobenen Daten vermutlich jene Personen mit
einem beschränkten Zugang und geringer Erfahrung mit digitalen Kommunikationswegen
(Smartphone, Facebook, Email) unterrepräsentiert. Unterrepräsentiert sind auch solche
Personen, welche weniger als fünf Jahre im Sicherheitsgewerbe tätig sind (ca. 30 %). Aufgrund
dieser Schiefverteilung hinsichtlich einer längeren Tätigkeitsdauer vermuten wir, dass Personen
die es in den ersten Tätigkeitsjahren nicht geschafft haben, sich an die Arbeitsbelastungen zu
gewöhnen, bereits aus dem Dienst ausgeschieden sind und daher von unserer Befragung nicht
erfasst werden konnten; ein Phänomen, dass in der Arbeitsforschung als “Healthy Worker
Effekt” (z.B. Baillargeon, 2001) bekannt ist und tendenziell zu einer Unterschätzung negativer
Befunde    führt.   Darüber     hinaus     beziehen    sich    die   Befunde     auf   „allgemeine
Sicherheitsdienstleistungen“,   was      bedeutet,    dass    Teilnehmer   aus   unterschiedlichen
Anwendungsbereichen repräsentiert sind. Obwohl dies für einen grundlegenden Überblick
angemessen ist und sich privates Sicherheitspersonal in der Praxis eher selten uneingeschränkt
einem einzigen und klar abgrenzbaren Anwendungsbereich widmet, muss dennoch bedacht
werden, dass sich Befunde über Anwendungsfelder hinweg unterscheiden könnten (z.B.
Objektschutz vs. Veranstaltungssicherheit).
Abschließend muss noch erwähnt werden, dass die dargestellten Merkmalskomplexe keinen
Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Ihre Zusammenstellung erfolgte zwar in enger
Anlehnung an bestehende wissenschaftliche Theorien und Befunde (v.a. hinsichtlich
14

psychosozialer Tätigkeitsmerkmale), ist aber nicht in allen Bereichen (v.a. bei
Beschäftigungsmerkmalen) ausreichend theoretisch fundiert und somit nicht frei von einer
gewissen Willkür der thematischen Gliederung.
Für die Praxis gibt diese Studie einen ersten Orientierungsrahmen zur Ausprägung der drei
Merkmalsgruppen (Beschäftigungsbedingungen, Erleben von Gewalt und Aggression,
psychosoziale Tätigkeitsmerkmale) und ihren Bezug zu psychosomatischen Beschwerden. Die
hieraus abzuleitenden Empfehlungen für eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung in der
betrieblichen und gewerblichen Praxis werden im letzten Kapitel dieser Arbeit vorgestellt und
diskutiert.

4 Privates Sicherheitspersonal – eine Hochrisikogruppe für Gewalt-
  und Aggressionserfahrungen.

Während im europäischen Durchschnitt davon ausgegangen wird, dass innerhalb eines Jahres
rund 1,9 % aller arbeitenden Personen psychische Gewalt, 5,0 % Androhungen psychischer
Gewalt, 4,1 % Bullying und Belästigungen sowie 2,0 % sexuelle Belästigung im Rahmen ihrer
Tätigkeit erfahren (Eurofound, 2015), bestehen deutliche Hinweise, dass diese Prävalenzen in
bestimmten Tätigkeitsfeldern deutlich höher liegen. Zu den bekanntesten Hochrisikofeldern
zählen insbesondere der Gesundheitssektor (Spector, Zhou, & Che, 2014), Schulbildung
(Tiesman, Konda, Hendricks, Mercer, & Amandus, 2013), öffentliche Sicherheit, Handel und
Justiz (Gadegaard, Anderson, & Hogh, 2018; Hogh & Viitasara, 2005; Piquero, Piquero, Craig,
& Clipper, 2013). Weniger bekannt, wenn auch auf Basis der Tätigkeitsinhalte wenig
überraschend, sind Befunde, die auch das private Sicherheitsgewerbe eindeutig als eine
Hochrisikotätigkeit für Gewalt- und Aggressionserfahrungen charakterisieren (Dang et al.,
2016; Leino, 2013; Rosen, 2001; Waddington, Badger, & Bull, 2005). Am Beispiel des
amerikanischen National Crime Victimization Survey (Harrell, 2011) liegen private
Sicherheitskräfte sogar auf dem dritten Rangplatz aller Tätigkeitsfelder hinter Barpersonal und
Gesetzeshütern.
Obwohl die gravierenden negativen Auswirkungen von arbeitsbezogener Gewalt- und
Aggressionserfahrungen weitreichend wissenschaftlich dokumentiert sind, gibt es nur wenig
internationale Forschung, die sich mit privaten Sicherheitsdiensten befasst hat (Declercq,
Vanheule, Markey, & Willemsen, 2007; Leino et al., 2011ab; Vanheule et al., 2008; Declercq
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