Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...

 
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Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...
Aufsuchende Altersarbeit
im Schoren-Quartier
in Basel

Projektporträt und Leitfaden zum Aufbau einer entsprechenden Stelle
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KONTAKT                                                                   INHALT

                                                                          ZUSAMMENFASSUNG

                                                                          Pionierarbeit mit Herz im Schoren Basel............................................................ 3

Geschäftsstelle                                                           PROJEKTPORTRÄT
Fundus Basel
Nicole Tschäppät, Stellenleiterin                                         Das Umfeld...................................................................................................... 4
Soziokulturelle Animatorin FH Luzern
Hammerstrasse 160 • 4057 Basel                                            Die Zielgruppen................................................................................................ 5
Tel. 077 488 37 56
hallo@fundus-basel.ch • www.fundus-basel.ch                               Der Verein FUNDUS BASEL............................................................................... 6

                                                                          Das Angebot.................................................................................................... 8

                                                                          FALLBEISPIEL

                                                                          Herr Moser..................................................................................................... 12

                                                                          LEITFADEN ZUM AUFBAU EINER ENTSPRECHENDEN STELLE

IMPRESSUM                                                                  1. Vorbereitung............................................................................................ 14

                                                                           2. Aufbauphase............................................................................................ 15

Herausgeberin: Age-Stiftung                                                3. Anforderungsprofil an die Stellenleitung.................................................... 16
Verfasst durch: Nicole Tschäppät und Philipp Bürge
Fotos: Kathrin Schulthess, schulthess-foto.ch                              4. Infrastruktur............................................................................................. 17
(Porträts Titelseite, Seite 3, Porträt Seite 7,
Seiten 8–11 und 14 sowie Seiten 16–23)                                     5. Partnernetzwerk....................................................................................... 18
Philipp Bürge (Seiten 4, 5, 7 und 12)
Adobe Stock, pololia (Porträt Seite 5)                                     6. Arbeit mit schwer erreichbaren Senioren und Seniorinnen.......................... 19
Gestaltung/Layout: Hülle & Fülle, Liebefeld,
huelleundfuelle.ch                                                         7. Kommunikation........................................................................................ 20
Publiziert: Dezember 2021
                                                                           8. Finanzierung............................................................................................ 21
Dieser Bericht dokumentiert ein Förder­projekt
der Age-Stiftung – weitere Infor­mationen dazu                             9. Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit............................................................... 22
finden Sie unter www.age-stiftung.ch.
Der Bericht ist integraler Bestandteil der Förderung.                     10. Wissenstransfer........................................................................................ 23

Projekt-ID: 766 (I-2020-016)

                                         HÜLLE & FÜLLE
                                         ATELIER FÜR INHALT UND GESTALT

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ZUSAMMENFASSUNG

Pionierarbeit mit Herz im Schoren Basel

PHILIPP BÜRGE. Mit der Einführung der aufsuchenden Altersarbeit leistet der Verein      Im ersten Teil des vorliegenden Berichtes wird der Verein Fundus Basel porträ-
Fundus Basel seit zwei Jahren wichtige Pionierarbeit. Ist die Methode der aufsu-        tiert. Hier wird aufgezeigt, in welchem geografischen Umfeld er sich bewegt und
chenden Arbeit in den Bereichen der Jugend-, Sucht- oder Gassenarbeit schon seit        an welche Menschen er sich richtet. Das Projektporträt gibt Einblick in die Ent­
Jahren etabliert, fristete sie bislang im Bereich des Alters noch ein Schattendasein.   stehung, die Arbeitsweise und die Dienstleistungen des Vereins. Die Angebots-
                                                                                        palette ist breit gefächert, und es ist beeindruckend, wie die beschränkten Res-
Die soziokulturelle Animatorin, Nicole Tschäppät, ist das Gesicht des Vereins           sourcen gebündelt werden, um einen möglichst grossen Effekt zu erzielen. Das
Fundus Basel und ist im Basler Schoren-Quartier unterwegs – mit dem Velo,               Netzwerk der beteiligten Partnerorganisationen spielt dabei eine zentrale Rolle.
einem Anhänger, Infomaterial und einer sympathischen, offenen Art, auf fremde
­Menschen zuzugehen. Ihre Aktionen sind pragmatisch und unorthodox; deren               Was das vielfältige Angebot und das persönliche Engagement der Stellenleiterin
 Wirkung für die Betroffenen jedoch sehr unmittelbar.                                   bei den Betroffenen bewirken können, und wo die niederschwelligen Massnah-
                                                                                        men ansetzen, wird im kurzen Fallbeispiel von Herrn Moser als orange hinterleg-
Den Fokus legt sie bei ihrer Mission auf Menschen im vierten Lebensalter. Da-           tes Intermezzo in der Mitte des Berichtes nachvollziehbar gemacht (Seiten12–13).
bei geht es vor allem um einsame, vulnerable und sogenannte «unerreichte»
Menschen. Diese leben zurückgezogen, allein und nicht selten in Armut und mit           Fundus ist also ein junges Projekt im Kleinbasler Hirzbrunnen-Quartier, das einen
Migrationshintergrund. Menschen also, die durch die sprichwörtlichen Maschen            gesellschaftlichen Grundbedarf abzudecken scheint. Umso bedauerlicher ist es,
des sozialen Netzes gefallen und in ihrer Hilflosigkeit gefangen sind.                  dass seine Existenz immer wieder von Neuem grundlegend infrage gestellt ist, bis
                                                                                        die Finanzierung für das nächste Betriebsjahr gesichert ist. Auch die ­gewünschte
Es ist äusserst leicht, mit Nicole Tschäppät ins Gespräch zu kommen, und bald           Ausweitung der Tätigkeiten ins Matthäus-Quartier konnte bislang aufgrund
schon spürt man nebst ihrer Leidenschaft für die Sache ihren grossen Erfahrungs-        fehlender Finanzierung noch nicht erfolgen.
schatz, der hinter den Geschichten steckt. Sie könnte wahrlich ein Buch schrei-
ben, hat sich aber im vorliegenden Bericht auf einen kurzen Leitfaden beschränkt        Apropos «Projekt»: Nicole Tschäppät verwendet lieber den Begriff «Initiative»,
(grün hinterlegter zweiter Teil). Dieser will eine Einstiegshilfe für Menschen sein,    wenn von Fundus Basel die Rede ist, da er ihr zutreffender scheint. Schliesslich ist
die sich an ein ähnliches Projekt wagen und erahnen möchten, was dabei auf sie          Fundus kein zeitlich begrenztes Projekt, sondern eine Institution mit langfristigem
­zukommen könnte, was die Gelingensfaktoren sind, und wo die Stolpersteine              Fortbestand, die bereits heute ein festes Element der Quartierarbeit im Schoren
 liegen.                                                                                ist. Darauf legt sie zu Recht Wert.

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PROJEKTPORTRÄT

Das Umfeld

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                                                                                                                   der Quartiere und
                                                                                                                damit die Gentri­fizierung
                                                                                                                   schreitet in vielen
                                                                                                                  Quar­tieren schnell
                                                                                                                        voran.»

Die Baustrukturen im Hirzbrunnen-Quartier sind vielfältig und kontrastreich.

Im Kanton Basel-Stadt wohnen 201156 Personen, ver-       der grösste Stadtteil von Basel und verfügt über den   Viele Quartierbewohnende leben bereits seit etlichen
teilt auf die drei Gemeinden Basel (178 120 Einwoh-      höchsten Grünflächenanteil aller Kleinbasler Quar-     Jahren hier. Zurzeit findet ein Generationenwechsel
nende), Riehen (21 788 Einwohnende) und Bet­tingen       tiere. Die Einwohnerdichte ist mit 9301 Einwohnen-     statt, weshalb die hohe Zahl an Seniorinnen und Se-
(1248 Einwohnende). Damit ist Basel die dritt­grösste    den pro Quadratkilometer im Verhältnis zu anderen      nioren langsam etwas zurückgeht.
Stadt der Schweiz.                                       Quartieren jedoch sehr tief. Mit einem hohen Anteil
Die Stadt selber ist in 19 Quartiere aufgeteilt, wovon   an Einfamilienhäusern und Genossenschaftswoh-          DREI WOHNBEZIRKE
sich acht in Kleinbasel und elf in Grossbasel befin-     nungen und einem geringen Anteil an kleinen Woh-       Das Quartier Hirzbrunnen ist in drei Wohnbezirke
den. Grossbasel liegt auf der linken Seite des Rheins.   nungen unterscheidet es sich wesentlich von den        unterteilt: Im südlichen Teil des Quartiers liegt Klein­
Durch das Münster auf dem Münsterhügel und den           anderen Kleinbasler Quartieren.                        riehen-Süd mit etwas mehr als 3400 Einwohnen-
Marktplatz mit dem Rathaus ist es das eigentliche                                                               den. Bezeichnend für diesen Teil des Hirzbrunnens
Zentrum von Basel. Kleinbasel liegt auf der rechten                                                             sind die vielen Genossenschaftswohnungen und
Rheinseite. Es galt lange als Stadtteil der «einfachen                                                          die Nähe zum Rhein. In der Mitte liegt Kleinrie-
Leute» und gilt noch heute mehrheitlich als Arbei-                                                              hen-Nord mit rund 2550 Einwohnenden und dem
ter- und Einwandererviertel mit einem weit höheren                                                              Claraspital. Zwischen den vielen Genossenschafts-
Ausländeranteil als Grossbasel. Die Aufwertung der                                                              Reiheneinfamilienhäu­  sern befinden sich ein paar
Quartiere und damit die Gentrifizierung schreitet in                                                            grosse Eigenheime mit Umschwung. Das Claraspital
                                                                                K LEIN BA SEL
vielen Quartieren jedoch schnell voran.                                                                         im Zentrum dieses Teils gibt dem Gebiet mit seinem
                                                                                                Hirzbrunnen
                                                                                                                grossen öffentlichen Garten etwas Maje­stätisches
DAS QUARTIER HIRZBRUNNEN                                                                                        und trägt zur hohen Wohnqualität bei.
                                                                                             in
Fundus Basel war bisher vorwiegend im Kleinbas-                                           Rhe                   Nördlich, durch eine Tramlinie vom Rest abgetrennt,
ler Quartier Hirzbrunnen, genauer im Wohngebiet                                                                 liegt das Eglisee-Quartier mit 2760 Einwohnenden,
Schoren, tätig, weil der Verein seinen Ursprung im                  G ROSSBA SEL                                welches von der Bevölkerung umgangssprachlich
abge­schlossenen Projekt «Quartierarbeit Schoren/                                                               «Schoren» genannt wird.
Hirzbrunnen» hat. Da das Quartier einen der höchs-
ten Altersanteile der Stadt aufweist, ist der Standort                                                          SCHOREN
auch strategisch sinnvoll.                                                                                      Hier stehen viele grosse Mehrfamilienhäuser zwi-
Das Quartier Hirzbrunnen liegt am Stadtrand, im                                                                 schen ein paar Genossenschaftssiedlungen, Über-
Osten von Basel, zwischen den Bahngeleisen der                                                                  bauungen mit Eigentumseinfamilienhäusern und
Deutschen Bahn, dem Naherholungsgebiet Lange                                                                    dem Gartenbad Eglisee. Durch die Umnutzung eines
Erlen und der Grenze zur Gemeinde Riehen. Es ist                                                                Büroareals der Novartis AG entstand zwischen 2014

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Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...
Die Zielgruppen
und 2019 mitten im Wohngebiet Schoren neuer
Wohnraum für rund 800 Personen, in Form von
Eigentumswohnungen, Einfamilienhäusern und Miet­
wohnungen. Dadurch änderte sich die Bevölkerungs-
zusammensetzung wesentlich.

BEVÖLKERUNGSSTRUKTUR
DES SCHORENQUARTIERS
Ursprünglich wohnten im Schoren vorwiegend
Schwei­zer Familien der unteren und mittleren Mittel­­
schicht. Im Laufe der Zeit bezogen in den Mehr­
familienhäusern immer mehr Familien mit Migra­
tionshintergrund den günstigen Wohnraum, während
die verbleibenden Schweizerinnen und Schweizer
das Pensionsalter erreichten. Mit der Quartierent-
wicklung entstand Wohnraum im mittleren bis obe-
ren Preissegment, bildungsnahe Schweizer Familien
oder Expats zogen zu, und die soziale Durchmischung
veränderte sich.
                                                         Viele Menschen im vierten Lebensalter fallen durch die Maschen des sozialen Netzes.
Opfer der Gentrifizierung
Als Folge davon werden nun aber zwei Hochhäu-
                                                         VIERTES LEBENSALTER
ser totalsaniert, und rund 400 Personen verlieren
ihre Wohnung. Davon sind besonders Familien mit          Die primäre Zielgruppe sind Seniorinnen und Senio-          «Die eingeschränkte
Migrationshintergrund und viele Seniorinnen und
­
Senioren betroffen, die bereits seit dem Erstbezug
                                                         ren im vierten Lebensalter, die noch zuhause leben.
                                                         Das vierte Lebensalter lässt sich nicht durch eine
                                                                                                                       Mobilität macht
vor 60 Jahren dort wohnen und gut in die Nachbar-
schaft eingebunden sind.
                                                         spezifische Altersgrenze vom dritten unterscheiden.
                                                         Vielmehr ist der Zustand der Person entscheidend:
                                                                                                                    es schwierig, Freund­
                                                         Menschen im vierten Lebensalter sind physisch, psy-       schaften ausserhalb des
                                                         chisch und/oder kognitiv eingeschränkt, leben aber
                                                         trotzdem vielfach noch in den eigenen vier Wänden.         Quartiers zu pflegen.»
                                                         Viele leben in Armut, mit chronischen Krankheiten,
  Altersstruktur
                                                         mit Demenz oder mit einer psychischen Erkrankung.
                                                         Menschen mit Migrationshintergrund finden zudem
       Anteil der Altersgruppe 65 +                      oft aufgrund sprachlicher oder kultureller Hürden        und sie auf sich allein gestellt sind. Wegen ihren
                                                         kaum Anschluss.                                          Einschrän­kungen können sie nicht mehr auf das
                                                                                                                  reichhaltige Angebot an Kursen, Beratungen und
                                                         VEREINSAMT UND «UNSICHTBAR»                              kulturellen Aktivitäten zurückgreifen, welches die
                                                         Die Mehrheit der Seniorinnen und Senioren im vierten     Stadt Basel jüngeren Seniorinnen und Senioren
                                                         Lebensalter sind Frauen, die durch den Tod ihres Part-   bietet. Sie sind vom gesellschaftlichen Leben ausge-
                                                         ners alleinstehend geworden sind. Einige haben keine     schlossen, und sich Hilfe zu organisieren, wird eine
                                                         Kinder, andere haben den Kontakt zu den Kindern          unüberwindbare Herausforderung. Da sie durch ihre
                                                         verloren; die Kinder leben zu weit weg, um Betreu-       Einschränkungen viel weniger im öffentlichen Raum
                                                         ungsaufgaben übernehmen zu können, oder sie sind         unterwegs sind und viel mehr Zeit alleine zuhause
                                                         mit dieser anspruchsvollen Auf­gabe überfordert. Die     verbringen, werden sie unsichtbar und schwer er-
                                                         eingeschränkte Mobilität macht es zudem schwierig,       reichbar; niemand weiss, wo sie sich «verbergen».
                                                         Freundschaften ausserhalb des Quartiers zu pflegen,
                                                         und die kognitiven Einschränkungen verunmög-             JÜNGERE SENIORINNEN UND SENIOREN
                                                         lichen oft eine ausgeglichene Beziehung zu den           Die sekundäre Zielgruppe besteht aus Menschen im
                                                         Nachbarinnen und Nachbarn. Weiter sind die meis-         dritten Lebensalter (über 65 Jahren), die nach wie
          23,6 %               18,2 %                    ten Seniorinnen und Senioren im vierten Lebensalter      vor aktiv, vital und mobil sind. Auch sie dürfen bei
                                                         kaum in der Lage, neue Medien zu nutzen und finden       Bedarf von all den Angeboten profitieren. Quartier-
         Hirzbrunnen     restliche Wohnviertel
                               Stadt Basel               Informationen im Internet deshalb nicht.                 bewohnende jeden Alters, die ihre Nachbarinnen
                                                         All diese Faktoren führen dazu, dass es den Men-         und Nachbarn im vierten Lebensalter betreuen, kön-
                                                         schen der Fundus-Zielgruppe an Information fehlt         nen die Angebote zu ihrer Entlastung nutzen.

                                                                                                                                                                    5
Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...
Der Verein FUNDUS BASEL
MOBILE ALTERSARBEIT IM QUARTIER                         gegründet. Er hat zum Ziel, die schwer erreichbaren,     ein Fundus Basel auch Anwendung bei den älteren
Ein Netzwerk aus Institutionen aus den Bereichen Al-    vulnerablen Seniorinnen und Senioren zu erreichen        Menschen. Für die Vermittlung von Hilfestellungen
ter, Migration und Armut beschäftigt sich in Zusam-     und sich in besonderem Masse um die «unsichtba-          greift sie auf Freiwillige aus dem Quartier, auf eine
menarbeit mit der Stellenleiterin seit 2017 mit der     ren» alten Menschen zu kümmern. Um dieses Ziel zu        Übersetzerin und auf professionelle Fachpersonen
Thematik «unsichtbare» alte Menschen. Mit der zu-       erreichen, ist die Stellenleiterin und soziokulturelle   aus den verschiedenen Institutionen zurück.
nehmenden Zahl an Einpersonenhaushalten wächst          Animatorin Nicole Tschäppät im Quartier unterwegs.
diese Personengruppe stetig. Vereinsamung, häufige                                                               EINZUGSGEBIET
Spitaleintritte, Verwahrlosung, Verbeiständung und      Aufsuchende Arbeit                                       Laut Statuten ist Fundus Basel ein in der Stadt Ba-
schlussendlich verfrühte, kostspielige Altersheimein-   Durch Gespräche auf der Strasse, in Einkaufsläden        sel aktiver Verein; durch sein Netzwerk aus Basler
tritte sind Konsequenzen davon.                         oder an Tramhaltestellen kommt Nicole Tschäppät –        Altersinstitutionen ist er hier fest verwurzelt. Aufsu-
Den Netzwerkorganisationen ist bewusst, dass sie        direkt oder indirekt – mit alten Menschen in Kontakt,    chend ist Fundus Basel allerdings zurzeit ausschliess-
einen Grossteil der Seniorinnen und Senioren im         die zurückgezogen leben. Arbeitsansätze, wie sie bei     lich im Wohngebiet Schoren tätig. Die Stellenleiterin
vierten Lebensalter mit ihrer täglichen Arbeit nicht    der mobilen, aufsuchenden Arbeit in den Bereichen        hat hier vor der Vereinsgründung ein Projekt geleitet,
erreichen und diese folglich oft unterversorgt sind.    Kinder, Jugendliche, Armutsbetroffene oder Sucht-        aus dem heraus die Altersarbeit entstand. Der vor-
Deshalb wurde im Jahr 2019 der Verein Fundus Basel      erkrankte selbstverständlich sind, finden beim Ver-      läufige Fokus auf den Schoren ist vor allem den be-
                                                                                                                 schränkten Ressourcen geschuldet.
                                                                                                                 Die Konzentration auf den Schoren ist sinnvoll, weil
                                                                                                                 der Altersanteil hier besonders hoch ist, und weil
                                                                                                                 bereits Kontakte zu vielen Quartierbewohnenden
    Zeittafel 2017–2022                                                                                          aller Altersstufen bestehen. Einer der regelmässig
                                                                                                                 «bespielten» Standorte liegt jedoch so, dass auch
    Bisherige Meilensteine                                                                                       Personen aus anderen Teilen des Quartiers erreicht
    Sommer 2017        Erstes Netzwerktreffen                                                                    werden. Zudem entstehen durch Mundpropaganda
    seit 2018          dreimal jährliche Netzwerktreffen                                                         und Veranstaltungen Kontakte zu Seniorinnen und
    Herbst 2018        Erste öffentliche Veranstaltungsreihe «Selbständig im                                     Senioren aus anderen Quartieren.
                       Alter» im Schoren/Hirzbrunnen
    Sommer 2019        Konzeptarbeit für Fundus Basel                                                            NETZWERK
    ab September 2019 Anstrengungen zur finanziellen Sicherung                                                   Das Netzwerk besteht zurzeit aus 35 Organisatio-
                       für die Betriebsjahre 2020–2021                                                           nen, die sich um gesundheitliche, soziale, finanziel-
    November 2019      Vereinsgründung                                                                           le, rechtliche und wohnrelevante Aspekte kümmern
    Februar 2020       Finanzierung Betriebsjahr 2020 gesichert                                                  (Stand: November 2021, siehe auch Seite 24). Sie
    März 2020          Anstellung der Stellenleiterin Nicole Tschäppät (30 %)                                    sind davon überzeugt, dass ein Teil ihrer Arbeit nur
    Juli 2020          – Finanzierung Betriebsjahr 2021 gesichert                                                mithilfe der mobilen Altersarbeit möglich ist. Die
                       – Erhöhung der Stellenprozente der Stellenleitung auf 60 %                                Fachpersonen sehen einen hohen Nutzen im Aus-
    August 2020        Start der aufsuchenden Arbeit                                                             tausch innerhalb des Netzwerks und in der aufsu-
    Januar 2021        Mehrsprachige Broschüre «Organisationen stellen sich vor»,                                chenden Arbeit; sie stehen überzeugt hinter dem
                       gefördert durch die Age-Stiftung                                                          Verein. Laufend stossen neue Organisationen dazu;
    Februar 2021       – Anstellung einer Übersetzerin                                                           unter www.fundus-basel.ch/netzwerk sind alle aktu-
                       – Stellungnahme zur neuen Altersvision des Gesundheits-                                   ellen Partnerorganisationen aufgeführt.
                         ­departements Basel-Stadt, mitunterzeichnet von diversen­
                          Organisationen                                                                         ORGANISATION
    März 2021          Bürobezug                                                                                 Um keine Organisation aus dem Netzwerk auszu-
    August 2021        Sicherung der Finanzen für das Betriebsjahr 2022                                          schliessen, ist die Zugehörigkeit explizit an keine fi-
    Dezember 2021      Schoren/Hirzbrunnen-Quartier: Adventskalender                                             nanzielle Leistung oder Vereinsmitgliedschaft gebun-
                       «Bewegter Advent»                                                                         den. Teil des Netzwerks sind die Organisationen allein
                                                                                                                 durch ihre Teilnahme an den Treffen; die gute Zusam-
    Planung 2022                                                                                                 menarbeit ist den Fundus-Verantwortlichen wichtiger,
    seit Frühling 2021     Anstrengungen zur finanziellen Sicherung                                              als möglichst viele Mitgliederbeiträge zu generieren.
                           für die Betriebsjahre 2022–2025                                                       Diese machen einen verschwindend kleinen Teil der
    Januar 2022            Start monatliches informelles Netzwerk-Mittagessen                                    Finanzierung aus. Eine aktive Mitglieder-Akquirierung
    ab Januar 2022         Monatlicher Begegnungsort «Kafichranz Frieda & Franz»                                 stand also lange Zeit nicht im Vordergrund.
                           im Matthäus-Quartier                                                                  Dennoch ist Fundus Basel ein wachsendes Gefäss:
    Frühling 2022          Erste Durchführung der Veranstaltungsreihe                                            Um den Verein finanziell zu unterstützen, wollten im
                           «Selbständig im Alter» im Matthäus-Quartier                                           Lauf der Zeit immer mehr Seniorinnen und Senioren
                                                                                                                 Mitglied werden. Gleichzeitig erkannten der Vor-

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Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...
Kurzporträt Stellenleiterin Nicole Tschäppät

                                                                             Nicole Tschäppät ist soziokulturelle Ani-    das Projekt «Quartierarbeit Schoren/Hirz-
                                                                             matorin FH, Initiantin und Stellenleiterin   brunnen», welches die Quartierentwick-
                                                                             des Fundus Basel – Verein für soziokul-      lung im Schoren begleitete. Aus diesem
                                                                             turelle Altersarbeit. Nach fast 15 Jahren    Projekt ging 2019 der Verein Fundus
                                                                             Berufserfahrung an verschiedenen Stel-       Basel hervor.
                                                                             len im sozialen Bereich ist sie seit 2013
                                                                             in der Quartierarbeit tätig und hat ihr      In ihrer Freizeit engagiert sich Nicole
                                                                             berufsbegleitendes Studium zur Sozio-        Tschäppät im Verein Matthäusmarkt,
                                                                             kulturellen Animatorin FH Anfang 2017        liest und gärtnert gerne, beschäftigt sich
                                                                             abgeschlossen.                               mit politischen Themen und setzt sich
                                                                                                                          für den Direktverkauf von Gemüse und
                                                                             Nach zwei Jahren in einem Quartiertreff-     Früchten ein, indem sie Bauern Lebens-
                                                                             punkt und dem berufsbegleitenden Prak-       mittel abkauft und sie in ihrem privaten
                                                                             tikum im Stadtteilsekretariat Kleinbasel     Netzwerk weitergibt.
                                                                             leitete sie von 2016 bis 2019 erfolgreich

stand und die Stellenleiterin im Prozess der Sicherung    Im April 2020 wurden zusätzlich zehn Firmen für
der langfristigen Finanzierung, welchen positiven         einen Gönnerbeitrag angefragt. Fünf Firmen lehnten
Einfluss Organisationen als verbindliche Mitglieder       ab, von fünf weiteren kam nie eine Rückmeldung.
haben können. Durch ihre Mitgliedschaft bekennen          Trotz der äusserst schwierigen Aussichten gaben der
sie ihre Verbindung mit Fundus Basel öffentlich und       Vorstand und die Stellenleiterin nicht auf. Das Durch-
bestärken seine Arbeit. Deshalb entschloss sich der       haltevermögen zahlte sich im Juli 2020 aus, als wei-
Vorstand im Frühling 2021, doch Privatpersonen und        tere Stiftungen ihre Mitfinanzierung zusagten. So
Organisationen als Mitglieder aufzunehmen.                konnten die Stelle auf 60% erhöht und der Vertrag
                                                          bis Ende 2021 verlängert werden.
Der Vorstand
Der Vereinsvorstand setzt sich aus zwei Seniorinnen       Betrieb bis Ende 2021 gesichert
und zwei Fachpersonen aus dem Netzwerk der Al-            Dank grosser Anstrengungen und Durchhaltewillen
tersinstitutionen zusammen. In die Gründung waren         sind die ersten zwei Betriebsjahre also finanziell
vier Vorstandsmitglieder involviert. Inzwischen ist ein   gesichert. Fundus Basel wird in den Jahren 2020
Gründungsmitglied altershalber zurückgetreten, und        und 2021 von acht Stiftungen, dem Gesundheits­
ein neues Vorstandsmitglied ist dazugestossen. Es ist     departement und einer Firma getragen. Vier Stiftun-
geplant, an der Mitgliederversammlung 2022 zwei           gen beteiligen sich an den allgemeinen Betriebsaus-
weitere Vorstandsmitglieder aufzunehmen.                  gaben, wie Löhne und Infrastruktur. Vier Stiftungen,
                                                          das Gesundheitsdepartement und die Gönnerfirma
TRÄGERSCHAFT UND FINANZIERUNG                             übernehmen die Kosten kleiner Teilprojekte, wie
Im September 2019, unmittelbar nach der Fertigstel-       dem «Kafichranz Frieda und Franz», der Veranstal-
lung des Fundus-Konzeptes, reichte Nicole Tschäp-         tungsreihe «Selbständig im Alter», dem «Bewegten
pät die Finanzierungsgesuche bei verschiedenen            Advent» und die Arbeit der Übersetzerin (vgl. Kapitel
Stiftungen und beim Gesundheitsdepartement des            Angebot, Seiten 8–10). Die Age-Stiftung ist in den
Kantons Basel-Stadt ein. Letzteres zeigte sich be-        Jahren 2020 und 2021 eine bedeutende Finanzie-
reit, drei Teilprojekte für zwei Jahre mit insgesamt      rungspartnerin des Vereins.
10 000 Franken zu unterstützen. Von den 15 ange-
fragten Stiftungen sagten im Verlauf der nächsten elf     Unsicherheit als stete Begleiterin
Monate fünf Stiftungen zu. Durch die späten Rück-         Für die Weiterführung der aufsuchenden Alters-           für die weiteren Betriebsjahre. Die Finanzierung ihrer
meldungen erhielt die Stellenleiterin ihren Arbeits-      arbeit ab 2022 steht die Stellenleiterin bereits seit    60%-Stelle für das Betriebsjahr 2022 ist seit Novem-
vertrag erst Ende Februar 2020. Noch erlaubte die         Frühling 2021 im Kontakt mit dem Gesundheitsde-          ber 2021 gesichert. Ob die Arbeit, wie seit Langem
finanzielle Situation nur ein Stellenpensum von 30 %      partement und Politikerinnen und Politikern. Zudem       geplant, endlich auch im Matthäus-Quartier umge-
für den Zeitraum März bis Dezember 2020.                  ist sie erneut auf der Suche nach Stiftungsgeldern       setzt werden kann, ist leider noch fraglich.

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Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...
Das Angebot

Sich informieren und andere Menschen aus dem Quartier treffen – soziale Teilhabe bei einer der öffentlichen Fundus-Veranstaltungen.

AUFSUCHENDE ARBEIT                                       BEZIEHUNGSARBEIT                                         angesprochen und diskutiert und die gewünschten
Rund einen Drittel ihres Arbeitspensums setzt die        Die umfassende Beratung von vulnerablen Senio-           Massnahmen eruiert werden. Zudem erspart der
Stellenleiterin für die aufsuchende Arbeit im Quartier   rinnen und Senioren funktioniert nur, wenn ein Ver-      Hausbesuch der vulnerablen Person den oft unüber-
ein. Diese startete im August 2020. An strategisch       trauensverhältnis aufgebaut ist. Deshalb investiert      windbaren Weg zur Fachstelle.
sinnvollen, hoch frequentierten Standorten ist sie       die Stellenleiterin viel Zeit in die Beziehungsarbeit,
mit einem Prospektständer, der auf einem Fahrrad-        sei dies bei der aufsuchenden Arbeit, per Telefon,       TRIAGE
anhänger montiert ist, anzutreffen und kommt mit         durch persönliche, handgeschriebene Postkarten           Neben dem eigentlichen Erreichen vulnerabler Men-
Seniorinnen und Senioren in Kontakt. Diese fassen        oder bei Hausbesuchen. Immer wieder sucht sie den        schen hat ihre Zuweisung an die entsprechenden
unterschiedlich schnell Vertrauen und erzählen der       Kontakt zu Personen, bei welchen sie Unterstüt-          ­Organisationen einen sehr hohen Stellenwert. Fundus
Stellenleiterin allmählich von ihren Lebensumstän-       zungsbedarf vermutet, und signalisiert die Bereit-        Basel hat nicht die Aufgabe, Unterstützung zu leis-
den, Sorgen und Ängsten. Im Gespräch werden              schaft, zu helfen.                                        ten, die andere Organisationen anbieten, sondern
nach Möglichkeit erste Hilfsangebote besprochen                                                                    die Seniorinnen und Senioren zu finden und direkt
oder Termine für einen Hausbesuch oder ein Telefon­      HAUSBESUCHE UND BERATUNG                                  an das passende Angebot zu vermitteln. Damit blei-
gespräch vereinbart.                                     Das eigene Zuhause ist der ideale Ort, um Dinge zu        ben die Ressourcen für weitere, neue Klientinnen
Die aufsuchende Arbeit ist zugleich eine gute Mög-       besprechen, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht      und Klienten frei.
lichkeit, auch Seniorinnen und Senioren ohne akutes      sind. Deshalb bieten Hausbesuche den idealen Rah-
Anliegen über bestehende Angebote zu informieren.        men, die Lebensumstände einer Person umfassend           TERMIN-VEREINBARUNG
Sie nehmen das Infomaterial mit, das für sie von In-     zu klären. Der Zustand der Wohnung oder wie sich         UND -BEGLEITUNG
teresse ist, und im persönlichen Gespräch werden         eine Betroffene in ihrer Wohnung bewegt, geben da-       Vor allem kognitiv eingeschränkte Personen, aber auch
Fragen geklärt.                                          bei genauso Auskunft wie das Gespräch selbst. Im         Seniorinnen und Senioren mit verminderten Energie-
                                                         Gespräch können in Ruhe alle Aspekte des Lebens          ressourcen sind ausserstande, Termine mit Fachstellen

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Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...
selber zu vereinbaren. In solchen Fällen übernimmt         Fällen bringen die psychischen, physischen oder ko-    Senectute beider Basel, Stiftung Hopp-la, Tagesbe-
die Stellenleiterin diese Aufgabe und ist auf Wunsch       gnitiven Einschränkungen der Betroffenen Verhalten     treuung Egliseeholz, Sternenhof und Quartierarbeit
auch beim Erstgespräch mit der O ­ rganisation dabei.      mit sich, die für Freiwillige zu herausfordernd sind   Schoren/Hirzbrunnen). Im Herbst 2018 fand darauf-
                                                           und die Kompetenzen von Fachleuten erfordern.          hin die erste Durchführung der Reihe statt. Die drei
KOORDINATION MIT ORGANISATIONEN                                                                                   Veranstaltungen im Quartier wurden von vielen Se-
Die Lebensumstände der vulnerablen Seniorinnen             NETZWERKARBEIT                                         niorinnen und Senioren sehr geschätzt, weshalb das
und Senioren bedürfen vielfach Dienstleistungen            Die Netzwerkarbeit ist nicht nur das Fundament,        Netzwerk Ende Jahr beschloss, sie mit neuen The-
mehrerer Organisationen gleichzeitig. Um diese gut         sondern auch das Triebwerk des Vereins. Die gute       men im Herbst 2019 zu wiederholen. Seither sind sie
zu koordinieren und abzusprechen, tritt die Stellen-       Zusammenarbeit mit den Fachleuten ermöglicht die       fester Bestandteil im Fundus-Jahres­programm und
leiterin mit der Erlaubnis der Betroffenen mit den         schnelle Triage der Seniorinnen und Senioren zum       behandeln jedes Jahr drei neue Themen. Die Veran-
­involvierten Fachpersonen in direkten Austausch.          richtigen Unterstützungsangebot, und der fachliche     staltungen finden immer im Herbst statt. Im Frühling
                                                           Austausch aller Organisationen macht den gemein-       werden sie vorbereitet und die Themen zusammen-
ARBEIT MIT ÜBERSETZERIN                                    samen Hand­lungsbedarf sichtbar.                       getragen; jeweils im Dezember werden die Anlässe
Um allen Betroffenen gerecht zu werden, ist die            Das Netzwerk trifft sich dreimal jährlich zum Aus-     retrospektiv ausgewertet, um für das nächste Jahr
Arbeit mit Dolmetschenden unverzichtbar. Im Hirz-          tausch. Dadurch sind die Fachpersonen besser über      Anpassungen abzuleiten.
brunnen wohnen vor allem Migrantinnen und Mi-              die Angebote, Herausforderungen und neusten Ent-       Die Veranstaltungen sind immer dreiteilig aufgebaut.
granten aus Italien, Spanien, Portugal, der Türkei         wicklungen der Organisationen informiert. Die Tref-    Im ersten Teil halten ein bis zwei Fachpersonen einen
und dem Kosovo. Mit Menschen aus Italien, Spanien          fen ermöglichen aber auch neue Kooperationen, und      Vortrag, der durch eine Frage- und Diskussionsrunde
und Portugal kann sich die Stellenleiterin dank ihrer      die Fachleute arbeiten vermehrt Hand in Hand, was      abgeschlossen wird. Im zweiten Teil können sich die
Fremdsprachenkenntnisse verständigen. Die meisten          den Seniorinnen und Senioren zugutekommt.              Seniorinnen und Senioren auf einem kleinen, über-
Personen aus dem Kosovo scheinen das Rentenalter                                                                  schaubaren «Markt» über Angebote informieren und
noch nicht erreicht zu haben.                              ÖFFENTLICHE VERANSTALTUNGEN                            mit Fachpersonen ins Gespräch kommen. Natürlich
Für die vielen türkischsprachigen Senioren und Se-                                                                passen die anwesenden Organisationen zum jeweili-
niorinnen hat Fundus Basel im Februar 2021 eine            Veranstaltungsreihe «Selbständig im Alter»             gen Thema. Der dritte Teil ist geprägt von Geselligkeit
Übersetzerin angestellt, die bei Hausbesuchen und          Die öffentliche Veranstaltungsreihe «Selbständig       und Gemeinschaft. Bei kostenlosen Getränken und
bei der aufsuchenden Arbeit dabei ist und Betroffene       im Alter» war die erste Massnahme des Netzwerks,       Kuchen kommen die Seniorinnen und Senioren mit
zu den Organisationen begleitet. Sie hat Erfahrung in      um die Zielgruppe besser zu erreichen. Nach den        anderen Personen aus dem Quartier ins Gespräch
der Arbeit mit alten Menschen. Ihre Aufgabe besteht        ersten zwei Netzwerktreffen im Jahr 2017 erarbei-      und können niederschwellig und unverbindlich mit
ausschliesslich in der Übersetzung des Gesprächs           tete eine Projektgruppe aus Netzwerk-Fachperso-        Fachleuten in Kontakt treten. «Selbständig im Alter»
zwischen der hilfesuchenden Person und der Stellen-        nen das Konzept dazu (Stiftung Basler Wirrgarten,      bildet somit ein gutes Gefäss für die Informationsver-
leiterin oder den Mitarbeitenden der Organisationen.       Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt, Pro        mittlung und die soziale Teilhabe zugleich.
Nur selten entstehen Situationen, in denen kulturelle
Unterschiede zum Tragen kommen, und sie zwischen
den Kulturen vermitteln muss.
Da Fundus Basel Senioren und Seniorinnen generell
als eigenständige Personen respektiert, greift die Stel-
lenleiterin nur auf die Übersetzungsdienste der Ange-
hörigen zurück, wenn es von den Betroffenen explizit
gewünscht wird. Bei Töchtern und Söhnen besteht
nämlich die Gefahr, dass sie nicht nur übersetzen, was
die Eltern ausdrücken, sondern dass sie auch eigene
Anliegen als die Anliegen ihrer Eltern formulieren. Hin-
zu kommt, dass die Betroffenen nicht alle Sorgen vor
ihren Kindern ausbreiten wollen. Eine unabhängige
Übersetzerin trägt diesem Umstand Rechnung.

NACHBARSCHAFTSHILFE
Wo möglich vermittelt Fundus Basel Nachbarschafts-
hilfe von Personen, die dem Verein bekannt sind. Da-
mit die Kontakte langfristig funktionieren, achtet die
Stellenleiterin darauf, nur Personen miteinander in
Kontakt zu bringen, die menschlich gut zueinander
passen. Durch die diversen Einschränkungen der Se-
niorinnen und Senioren ist eine Vermittlung von Frei-
willigen jedoch eher selten möglich. In den meisten

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Aufsuchende Altersarbeit im Schoren-Quartier in Basel - Age ...
Kafichranz Frieda und Franz                                                                                                    statt. Während drei Wochen führen 19 Organisatio-        pe haben die vulnerablen Senioren und Seniorinnen
Der «Kafichranz Frieda und Franz» wurde im 2018                                                                                nen täglich kurze, gemeinsame Bewegungssequen-           und ihre Anliegen bisher von Politik und Verwaltung
an den Veranstaltungen «Selbständig im Alter» von                                                                              zen (Tanz, Stafetten usw.) für Kinder und Senioren       leider wenig Aufmerksamkeit erhalten. Um dies zu
den Seniorinnen und Senioren gewünscht. Diese                                                                                  und Seniorinnen durch. Der Spass und der Austausch       ändern, nimmt die Stellenleiterin an diversen Work-
schätzten den Austausch beim gemeinsamen Kaffee                                                                                der Generationen stehen dabei im Zentrum.                shops und Veranstaltungen teil, vermittelt Interview-
und Kuchen so sehr, dass sie sich dieses Angebot                                                                               Die Stiftung Hopp-la setzt sich für generationen-        personen aus ihrer Zielgruppe und steht selbst für
regelmässiger wünschten. Seit 2019 findet der Ka-                                                                              verbindende Bewegungs- und Gesundheitsförde-             Interviews aller Art zur Verfügung.
fichranz deshalb in all jenen Monaten statt, in wel-                                                                           rung ein und initiierte ursprünglich den «Bewegten
chen keine «Selbständig im Alter»-Veranstaltungen                                                                              Advent» in einem Grossbasler Stadtpark. Nicole           Partizipation
geplant sind.                                                                                                                  Tschäppät steht seit 2016 mit der Stiftung in Kon-       Um die Partizipation von schwer erreichbaren Senio-
Er bietet den Seniorinnen und Senioren nicht nur eine                                                                          takt und hatte mit ihr bereits vor der Fundus-Zeit ein   ren und Seniorinnen trotz ihrer Einschränkungen zu
niederschwellige Möglichkeit der sozialen Teilhabe                                                                             Bewegungsangebot im Schoren lanciert. Nun orga-          ermöglichen, hat die Stellenleiterin auch ein offenes
und der Kontaktaufnahme mit neuen Personen aus                                                                                 nisiert sie hier im Auftrag der Stiftung den ersten      Ohr für bauliche Anliegen im öffentlichen Raum und
dem Quartier, sondern bildet für die Stellenleiterin                                                                           «Bewegten Advent».                                       leitet diese an das Stadtteilsekretariat Kleinbasel
einen weiteren Ort für die Beziehungsarbeit. Da auch                                                                                                                                    weiter. Dieses wirkt als Bindeglied zwischen der
hier die Kosten für Getränke und Kuchen vom Fundus                                                                             WEITERE TÄTIGKEITEN                                      Bevölkerung und der Verwaltung und setzt sich für
Basel übernommen werden, können Personen mit                                                                                                                                            lebenswerte Quartiere ein. Die Zusammenarbeit er-
geringen finanziellen Mitteln ebenfalls teilnehmen.                                                                            Politische Arbeit                                        möglichte im Schoren bereits die Implementierung
                                                                                                                               Da Soziale Arbeit immer auch politische Arbeit ist,      eines neuen Fussgängerstreifens, einer Sitzbank an
Bewegter Advent                                                                                                                setzt sich die Stellenleiterin mit dem Vorstand auf      der Busstation und besserer Beleuchtung an einer
Im Dezember 2021 findet auf dem Schorenplatz                                                                                   politischer Ebene für die Anliegen ihrer Zielgruppe      Tramhaltestelle, was die Mobilität der Senioren und
erstmals der Adventsanlass «Bewegter Advent»                                                                                   ein. Durch die verminderte Sichtbarkeit der Zielgrup-    Seniorinnen erleichtert.

  Selbständig im Alter                                                                                             Selbständig im Alter
  65 plus – Ein intensiver Lebensabschnitt                                                                         65 plus – Ein intensiver Lebensabschnitt
  mit neuen Fragen                                                                                                 mit neuen Fragen

  Selbständig im Alter                                                                                             Selbständig im Alter
  65 plus – Ein intensiver Lebensabschnitt                                                                         65 plus – Ein intensiver Lebensabschnitt
  mit neuen Fragen                                                                                                 mit neuen Fragen

                                                                                                                                                     Veranstalter:

                                                                taltungengen 2021
                                                      r - Veransmi
                          Selbstän         dig im Alte         t t neuen
                                                                         Fra
                                                                    bensabschnit                                     Erleichterunge
                                                                                                                                       n im
                                              intensiver Le                                          . Themen wie                       nimmt
                          65 plus – Ein                                bringen viel
                                                                                    Neues mit sich
                                                                                                          er. «Selbständ
                                                                                                                          ig im Alter»
                                                                                                                                               -
                                          vier  te Lebensabschnitt                end e wer den wichtig
                                                                                                                  die Mö   glichkeit zum Dia
                                                                               ens
                          Der dritte und           n aller Art   und das Leb
                                                                                      sachlichen  Input besteht            mit Fachpe  rsonen ins
                                          erunge                           m kurzen ,                              u ein,
                          Alltag, Veränd                   e. Nach eine                           r» lädt Sie daz              erungen gerü
                                                                                                                                              stet
                                           unter die Lup                           ändig im Alte               en Herausford
                          diese Themen                     Ihre  r Fra gen. «Selbst             für  die  neu                      t fehlen.
                                         Beantwortu
                                                        ng                              um gut                     ustausch nich
                           log oder der                                   zu erweitern,              Gedankena
                                                           Ihr Wissen                 Getränk zum                                 Per informa
                                                                                                                                                 -
                                          kommen und                     hen und ein                             molto piacere!
                            Gespräch zu                ein Stück Kuc
                                         ürlich wird                                            za ci farebbe                        edilcektir.
                            zu sein. Nat                                          vostra presen                        çe tercüme
                                                       in itali ano . La Sua / la            37  56.  / Etkinlik türk an Sag‘i 078 878 40 57                             n mit vielen
                                                                                         488
                             L‘evento sarà
                                            tradotto
                                                             a  Nic  ole Tschäppät 077
                                                                                             ve reze  rva syon için Nur                                    In Kooperatio
                                                                                                                                                                          utionen.
                                                                                           u
                                              ni rivolgersi                   duyariz! Sor                                                                 weiteren Instit
                             zioni e iscrizio                ten mutluluk
                                              izda görmek
                              Sizleride aram                                                                                                                Unterstützt
                                                                                                                                                                        von:
                                            iz.
                              arayabilirsin                                                       n
                                                        erung wage                   de
                                          ber Veränd e rund ums Lebensen
                               28. Septem      Entscheid
                                          r                               ltag
                               26. Ok tobe
                                               Er lei chter ungen im Al           trasse 22, 4058
                                                                                                  Basel
                                           ber                              rand-S
                                30. Novem          egnungszentr
                                                               um, Lukas Leg
                                                                                                  gt Sie
                                              Ort: Cura Beg                                                           e ab und brin
                                 Zeit: 14.30,                                            holt Sie kos
                                                                                                     tenlos Zuhaus                 vor der
                                                                          er Fahrdienst                          eils bis Freitag
                                                          s zu weit? Uns                          sich dafür jew
                                               Weg zu Fus                            melden Sie
                                 Ist Ihnen der               der nac h  Hause. Bitte         Bas el an: 077 488 37 56
                                               anstaltung wie                Verein Fundus                              ergreifen.
                                 nach der Ver              Tschäp pät  vom                              ng mit Cov id19
                                             ng bei Nicole                     ssnahmen in
                                                                                           Zusammenha
                                  Veranstaltu                       e Schutzma
                                                               wir sämtlich
                                                dlich werden
                                   Selbstverstän

Die Kommunikationsmittel der jeweiligen Veranstaltungen gleichen sich von Jahr zu Jahr – unverwechselbar und wiedererkennbar.

10
Durchschnittliches Mengengerüst                    Altersdurchschnitt
pro Woche                                          der Klientinnen und Klienten

Aufsuchende Arbeit im Quartier:                    Schweizerinnen und Schweizer:

20 Personen                                        85 Jahre
davon etwa 10 italienisch- oder türkischsprachig
                                                   Menschen mit Migrationshintergrund:
Triage zu Organisationen:
                                                   < 75 Jahre
5 Personen
2 Hausbesuche
für längere Beratungsgespräche

1 Beratung
Kooperative Beratung mit Organisationen

                                                                                         11
FALLBEISPIEL

Herr Moser

Inoffizielles «Wahrzeichen» des Schoren-Quartiers: Die Männerpuppe auf dem Balkon einer Mietwohnung ist immer saisonal gekleidet.

                                                                                    Angebotsvermittlung
(Name geändert)

Im Sommer 2019 war Herr Moser mit dem Rolla­                                                               Um neben der Mahlzeit auch gleichzeitig etwas
tor auf dem Weg zum Einkaufen unterwegs, als                                                                sozialen Kontakt pflegen zu können, entschied
er ­Nicole Tschäppät während ihrer aufsuchenden         Kurz darauf kontaktierte Herr Moser die Stellen­   sich Herr Moser für den Mittagstisch der Tages­
Arbeit begegnete. Im Gespräch erzählte sie ihm          leiterin, weil er sich Sorgen um seine Ernährung   betreuung Egliseeholz. Noch während des Be­
von der bevorstehenden Veranstaltung «Selbstän­         machte. Da seine Frau für die Mahlzeiten zustän­   suchs nahm Nicole Tschäppät mit der Verant­
dig im Alter» und lud ihn dazu ein.                     dig gewesen war, hatte er nie gelernt zu kochen.   wortlichen der Tagesbetreuung Kontakt auf und
                                                        Die Angefragte recherchierte deshalb auf seinen    arrangierte den ersten Termin.
Wegen seiner stark eingeschränkten Mobilität holte      Wunsch hin Essensangebote und unterbreitete
der Fahrdienst der Tages­betreuung Egliseeholz, Ster­   ihm diese bei einem Hausbesuch.                    Bis Weihnachten 2020 nahm Herr Moser dreimal
nenhof ihn und seine Frau zuhause ab und ­brachte                                                          wöchentlich am Mittagstisch teil, dann war ihm
die beiden mit anderen Teilnehmenden an den Ver­                                                           der Zutritt wegen neuer Covid-19-Massnahmen
anstaltungsort und danach wieder nach Hause.                                                               plötzlich verwehrt. Nicht nur er nahm sofort Kon­
Von da an nahmen Herr und Frau Moser an allen                                                              takt mit der Stellenleiterin auf, auch die Verant­
 Veranstaltungen teil, bis Frau Moser zuhause                                                              wortliche der Tagesbetreuung meldete sich sofort.
zusammenbrach und in der Folge ins Pflegeheim                                                              Gemeinsam beschlossen sie, dass Herr Moser sein
umziehen musste.

                                                        Beratung
12
Nachbarschaftshilfe

                                                                                                      Beziehungspflege

                                                                       Terminvereinbarung

Mittagessen bis auf Weiteres nach Hause geliefert
bekommen sollte. Nicole Tschäppät kontaktierte
deshalb Personen aus dem Quartier, die den Liefer­
dienst wöchentlich dreimal übernehmen würden.                                                             lichen und erinnerte Herrn Moser an jene Aspekte,
                                                     Einige Monate später fiel Herr Moser hin und         die er im Gespräch erwähnen wollte. Seine kog­
Im April 2021 wurde Nicole Tschäppät von einem       musste mit einem Oberschenkelhalsbruch ins           nitiven Fähigkeiten hatten sich inzwischen massiv
Mitarbeiter des Gesundheitsdepartements kontak­      Krankenhaus eingeliefert werden. Zu aller Erstau­    verschlechtert.
tiert. Für einen Workshop zum Thema «Gesunde         nen erholte er sich gut davon und konnte noch­
Ernährung für schwer erreichbare Senioren und        mals nach Hause zurückkehren.                        Nun lebt Herr Moser im Alters- und Pflegeheim
Seniorinnen» war er auf der Suche nach betroffe­                                                          und schätzt es sehr, wenn ihn die Stellenleiterin
nen Senioren und Seniorinnen. Die Stellenleiterin    Doch bald realisierte er, dass seine Kräfte und      ab und zu anruft, da er selber nicht mehr imstan­
vermittelte daraufhin Herrn Moser sowie vier wei­    seine psychische Verfassung nicht mehr ausreich­     de ist, jemanden anzurufen. Für ihn bleibt Nicole
tere Teilnehmende und übernahm den Fahrdienst.       ten, um alleine zuhause leben zu können. Nicole      Tschäppät eine wichtige Bezugsperson.
                                                     Tschäppät nahm deshalb auf seinen Wunsch hin
                                                     Kontakt mit der Abteilung Langzeitpflege auf und
                                                     vereinbarte das Abklärungsgespräch, welches für
                                                     den Eintritt ins Pflegeheim Voraussetzung ist. Sie
                                                     begleitete ihn zum Termin mit der Verantwort­

Hilfestellung

                                                                       Begleitung

                                                                                                                                                       13
LEITFADEN ZUM AUFBAU EINER ENTSPRECHENDEN STELLE – 1. VORBEREITUNG

Das Angebot sollte einen Bedarf abdecken

Erkenntnisse und Empfehlungen

– Eine sorgfältige, umfassende Analyse zeigt
  konkreten Handlungsbedarf auf und verhin-
  dert den erfolglosen Einsatz von Ressourcen.

– Unterstützung der Initiative oder der Arbeit:
  Die Zusammenarbeit mit Fachleuten und
  Organisa­tionen, die die Initiative stützen,
  vereinfacht den Start. Die Arbeit steht damit
  von Anfang an auf einem tragfähigen Funda-
  ment.

– Schritt um Schritt Erfahrungen sammeln: Es
  braucht zu Beginn kein grosses Konzept, son-                  Dank fundierter Vorbereitung sind die Treffen heute fester Bestandteil der Quartier-Agenda.
  dern erste Erfahrungen, durch welche sich die
  Arbeit evaluieren und weiterentwickeln lässt.
                                                                Erste Veranstaltungsreihe                             setze sich in die Situation der Zielgruppe, stellte
                                                                Da es die Stärke der soziokulturellen Animation       viele Fragen und hörte Senioren, Seniorinnen
                                                                ist, neue Methoden zu entwerfen und anzuwen-          und Fachleuten gut zu. Dadurch hatte sie sich
                                                                den, nahm sich Nicole Tschäppät der Anliegen          bis im Sommer 2019 genügend Wissen erarbei-
                                                                der Fachpersonen an. Eine Projektgruppe aus           tet, um ehrenamtlich ein Konzept zu schreiben
           Drei unabhängige Anfragen                            Fachleuten des Netzwerks erarbeitete unter der        und die benötigten Gelder zu generieren. Sie
           Die Vorbereitungsphase des Vereins und der Ge-       Moderation der heutigen Stellenleiterin das erste,    wollte die soziokulturelle Altersarbeit nicht nur
           schäftsstelle Fundus Basel begann ungeplant          sehr einfache Konzept für die Veranstaltungsrei-      weiterführen, sondern vor allem ausbauen und
           im Jahr 2017, als die heutige Stellen­leiterin von   he «Selbständig im Alter». Mit den Veranstaltun-      die Praxis der aufsuchenden sozialen Arbeit
           drei Organisationen kontaktiert und zur Situati-     gen im Quartier konnten plötzlich erste vulne-        auch für alte Menschen anwenden.
           on von schwer erreichbaren Senioren und Senio-       rable Senioren und Seniorinnen niederschwellig
           rinnen in ihrem Quartier befragt wurde. Durch        erreicht und informiert werden. Die Vermutung,
           die voneinander unabhängigen Anfragen dreier         dass diese Menschen im Quartier existieren und
           Fachpersonen wurde Nicole Tschäppät auf das          sie mit passenden Methoden auch erreicht wer-         Empfohlene Literatur
           Problem der schwer erreichbaren Senioren und         den könnten, hatte sich bestätigt. Dieser Erfolg
           Seniorinnen aufmerksam und erkannte einen            ermutigte alle Beteiligten, weiterzumachen.           Weiterführende Informationen gibt der Rat­
           Handlungsbedarf. Sie selber war damals bereits                                                             geber «Soziokulturelle Animation: Professionel-
           in ihrer Funktion als Quartierarbeiterin im Scho-    Erfolgversprechendes Hand-in-Hand                     les Handeln zur Förderung von Zivilgesellschaft,
           ren-Quartier unterwegs.                              Noch dachte niemand daran, dass daraus der            Partizipation und Kohäsion» von Bernhard Wan-
                                                                Verein Fundus Basel entstehen würde. Je länger        deler (Hochschule Luzern HSLU, Soziale Arbeit).
           Bedarf eruiert                                       desto mehr zeigte sich aber, dass das Netzwerk        ISBN 978-3-906413-77-8, Preis: Fr. 39.–
           Um der Sache auf den Grund zu gehen, lud sie         in Zusammenarbeit mit der heutigen Stellen-
           viele Organisationen aus dem Altersbereich zu        leiterin für das Erreichen von schwer erreich-
           einem Treffen ein und diskutierte mit ihnen die      baren, vulnerablen Senioren und Seniorinnen                                           Bernard Wan
                                                                                                                                                                  deler (Hrsg
                                                                                                                                                                              .)

           Herausforderungen im Zusammenhang mit vul-           erfolgversprechende Arbeit leisten könnte. Die
                                                                                                                                                   Mit Beiträgen
                                                                                                                                                                  von Barbara
                                                                                                                                                                                 Emmenegge
                                                                                                                                                  Gabi Hanga                                 r, Martin Hafen
                                                                                                                                                               rtner, Annet                                  ,
                                                                                                                                                                            te Hug, Grego
                                                                                                                                                  Reto Stähe                              r Husi, Heinz
                                                                                                                                                             li, Heinz Wetts                            Moser,
                                                                                                                                                                              tein und Alex
                                                                                                                                                                                            Willener

           nerablen Senioren und Seniorinnen. Die statisti-     Bottom-up-Zusammenarbeit der soziokulturel-                                   So zio ku ltu rel
                                                                                                                                                                                le An im ati on
           schen Zahlen sowie die Erfahrung aller teilneh-      len Animation und der Bereiche der Altersarbeit                              Professionelles
                                                                                                                                            Förderung
                                                                                                                                                             Handeln zur
                                                                                                                                                        von Zivilgesell
                                                                                                                                            Partizipation               schaft,

           menden Fachpersonen belegten, dass ein Teil          stellte für alle einen Gewinn dar, den niemand
                                                                                                                                                          und Kohäsion

           der Senioren und Seniorinnen nicht von ihren         mehr missen wollte.
           Angeboten profitieren konnte, weil die Betref-
           fenden keine Kenntnis darüber hatten und über        Eigeninitiative, die sich lohnte
           die herkömmlichen Informationswege nicht er-         Durch die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk
           reicht wurden. Es herrschte Einigkeit über die       motiviert, setzte sich die Stellenleiterin intensiv             interac
                                                                                                                                Hochschu

                                                                                                                                Soziale A
                                                                                                                                                  t
                                                                                                                                           le Luzern

                                                                                                                                          rbeit

           Notwendigkeit neuer Arbeitsansätze.                  mit der Thematik «Alte Menschen» auseinander.
                                                                Sie besuchte Tagungen und Veranstaltungen, las
                                                                Studien und Bücher, beobachtete sorgfältig, ver-

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LEITFADEN ZUM AUFBAU EINER ENTSPRECHENDEN STELLE – 2. AUFBAUPHASE

Aufbau nur dank viel Eigenleistung möglich
                                                                         gefangene Arbeit damit fortsetzen? Aus der           Geldern ist ein langwieriger, mühsamer Prozess.
                                                                         anfänglich eher scherzhaften Idee, man könnte        Es erfordert viel Zeit und Ausdauer, sich mit dem
Erkenntnisse und Empfehlungen                                            ja einen Verein gründen, wurde ein ernster Ge-       Stiftungswesen vertraut zu machen und die Stif-
                                                                         danke. Zwei weitere Frauen waren bald von der        tungen zu finden, die für eine Finanzierung in-
– Gründungs- und Vorstandsmitglieder müssen                              spontanen Idee überzeugt und bereit, ihre Zeit       frage kommen.
  in erster Linie gut zusammenarbeiten können.                           und ihr Wissen einzubringen. Und obwohl aus
                                                                         dem ursprünglich verspro­    chenen Unterstüt-       Lohnkosten als grösster Budgetposten
– Hilfreich ist, wenn die Gründungsmitglieder                            zungsbeitrag letztlich nichts wurde, gründeten       Die Budgetplanung ist nicht von der Personal-
  unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen, die                           sie im November 2019 den Verein Fundus Basel.        planung zu trennen. Da die Altersarbeit für die
  für die Vereinsarbeit relevant sind.                                                                                        Stellenleiterin zur Herzensangelegenheit gewor-
                                                                         Statutenerarbeitung und Neuformierung                den war, erklärte sie sich bereit, ihr Arbeitspen-
– Erfinden Sie das Rad nicht neu! Alle nötigen                           Die unterschiedlichen Fähigkeiten der Grün-          sum den vorhandenen Finanzen entsprechend
  Unterlagen gibt es bereits als Vorlagen, die                           dungsmitglieder vereinfachten die Vereinsgrün-       anzupassen. Die ersten Monate war sie in einem
  angepasst werden können.                                               dung. Astrid Heinzer ist bereits Präsidentin eines   30%-Pensum angestellt, bevor zusätz­          liche
                                                                         anderen Vereins und kennt sich deshalb mit           Gelder eine Erhöhung auf 60 Stellenprozente
– Der Aufbau und die Arbeit an sich sind ein                             Vereinsstrukturen und -pflichten aus, Manuela        ermöglichten. Um auch türkischsprachige Senio-
  steter (Lern-) Prozess. Lassen Sie sich nie                            Buchmeier berät beruflich Spitex-­   Betriebe bei    ren und Seniorinnen erreichen zu können, wur-
  durch Schwierigkeiten vom Weitermachen                                 der Gründung und hat viel Wissen zu betrieb-         de im Februar 2021 mit einem Pensum von drei
  abhalten!                                                              lichen Fragen. Chantal Candrian und Flurina          Wochenstunden eine Dolmetscherin angestellt.
                                                                         Manz arbeiten beide in Organisationen im Al-         Seit September 2021 entlastet eine Buchhalte-
                                                                         tersbereich und können deshalb wesentlich zu         rin die Stellenleiterin durch einen monatlichen
                                                                         inhaltlichen Themen beitragen. Die Diskussionen      zweistündigen Einsatz.
                                                                         rund um die Erarbeitung des Vereinszwecks, der
                                                                         Statuten und des Reglements stärkten den Zu-         Bürostandort
                       Von der Idee bis zur Vereins­gründung             sammenhalt des Vorstands und der Stellenlei-         Durch die aufsuchende Arbeit fand der Bezie-
                       Im Sommer 2019 sass Nicole Tschäppät nach         terin. Kurzzeitig war auch ein Anwalt involviert,    hungsaufbau zu den Senioren und Seniorinnen
                       einer Seniorenveranstaltung mit der frisch        der bei den rechtlichen Aspekten Hilfe leistete.     und die Arbeit mit ihnen unabhängig eines Bü-
                       pensionierten Sozialarbeiterin aus dem Quar-                                                           ros statt; die Bürosuche hatte nicht erste Priori-
                       tier, Astrid Heinzer, und der Gerontologin aus    Zeitintensives Fundraising                           tät. Die vorhandenen Finanzen sollten zunächst
                       dem Netzwerk, Flurina Manz, beisammen. Ein        Parallel zur Vereinsgründung schickte Nicole         für Personalkosten eingesetzt werden. Deshalb
                       Herr hatte ihnen kurz zuvor von der Möglich-      Tschäppät das Konzept zusammen mit ent-              arbeitete die Stellenleiterin das erste Jahr im
                       keit eines grosszügigen Unterstützungsbeitrags    sprechenden Fördergesuchen an verschiedene           Homeoffice an ihrem privaten Computer. Erst
                       erzählt, der die drei Frauen nun träumen liess.   Stiftungen. Erst mit einer gesicherten Finanzie-     als genügend finanzielle Mittel zur Verfügung
                       Was, wenn sie den Unterstützungsbeitrag an-       rung würde es möglich sein, sie als Stellenlei-      standen, wurden geeignete Räumlichkeiten ge-
                       nehmen würden, und wie sollten sie die an-        terin anzustellen. Die Suche nach den nötigen        sucht. Das bescheidene Mietangebot im Hirz-
                                                                                                                              brunnen bot nichts Geeignetes, weshalb im
                                                                                                                              März 2021 ein Büro im Matthäus-Quartier be-
                                                                                                                              zogen wurde. Da der Verein seine Arbeit auf das
                                                                                                                              Matthäus-Quartier ausweiten möchte, ist dieser
                                                                         Der Fundus-Vereinsvorstand im Oktober 2021
                                                                                                                              Standort für den Ausbau der Altersarbeit sehr
                                                                         (von oben links nach unten rechts):
                                                                                                                              gut gelegen.
                                                                         Astrid Heinzer, Präsidium, Sozialarbeiterin FH,
                                                                         Gemeinde-Sozialdienste und Pro Infirmis,
                                                                         seit 2011 selbstständig mit Treuhandschaften
                                                                         für Seniorinnen und Senioren und Menschen            Hilfreiche Links
                                                                         mit Behinderung
                                                                         Flurina Manz, Sozialarbeiterin FH, Geronto-          Statuten des Vereins Fundus Basel:
                                                                         login MAS; Leiterin Beratungsstelle im ATRIUM,       www.fundus-basel.ch/ueber-uns
                                                                         Stiftung Basler Wirrgarten
                                                                         Chantal Candrian, CAS Marketing, Kommuni­            Fachstelle für Vereine:
                                                                         kation und Event Management; Leitung Marke-          www.vitaminb.ch
                                                                         ting & Fach­beratung, Home Instead
                                                                         Manuela Buchmeier, Pflegefachfrau HF,
         Bilder: zVg

                                                                         selbstständig seit 2018, Inhaberin der
                                                                         Firma help4spitex

                                                                                                                                                                             15
LEITFADEN ZUM AUFBAU EINER ENTSPRECHENDEN STELLE – 3. ANFORDERUNGSPROFIL AN DIE STELLENLEITUNG

Überzeugungskraft und eine «dicke Haut»

Erkenntnisse und Empfehlungen

– Ausdauer und Mut: Wer aufsuchend arbeitet,
  exponiert sich und braucht Kommunikations-
  talent.

– Fachliches Rüstzeug: Ausbildung als sozio-
  kulturelle Animatorin und Erfahrung in der
  Projektleitung.

– Interdisziplinäres Team: Kollektives Wissen
  führt zum besten Ergebnis.

                                                                   Die Fähigkeit, vor Menschen hinzustehen, ist erfolgversprechender Faktor für eine Stellenleiterin.

           Neuland aufsuchende Altersarbeit                        ob man wirklich zur richtigen Zeit am richtigen    rin FH ist sie als Leiterin von (Pionier-)Projekten
           In der Beurteilung der Bachelorarbeit der Stel-         Ort sei.                                           gut ausgerüstet. Hinzu kommt, dass sie als Mit-
           lenleiterin steht, dass sie mit ihrer Arbeit viel Mut   Die aufsuchende Arbeit braucht auch viel Ro-       arbeiterin des Stadtteilsekretariats Kleinbasel
           bewiesen habe. Derselbe Mut hat sie wohl dazu           bustheit, um bei (fast) jedem Wetter draussen      bereits ein Pionierprojekt aufgebaut und geleitet
           bewogen, sich für die aufsuchende Altersarbeit          zu stehen und das Material von einem Ort zum       hat und sich dort viel Praxiswissen über den Ver-
           zu engagieren. Denn, obwohl Fundus durch das            anderen zu bringen. Und es braucht die Klarheit,   waltungsapparat und die politischen Strukturen
           Netzwerk und die motivierten Vorstandsfrauen            um ein sich im Kreis drehendes Gespräch zu-        aneignen konnte.
           gut aufgestellt war, braucht es einen grossen           gunsten anderer Personen beenden zu können.
           Durchhaltewillen, bis die Anliegen für die Men-                                                            Hand in Hand mit der Sozialarbeit
           schen im vierten Lebensalter die verdiente Auf-         Kommunikatives Fingerspitzengefühl                 In der täglichen Arbeit ist die Zusammenarbeit
           merksamkeit in politischen Gremien erhalten,            Die dritte wichtige Fähigkeit sind gute kommu-     der Soziokulturellen Animation mit der Sozial-
           und sich die Arbeit in der Gesellschaft etabliert.      nikative Fertigkeiten. Der Gesprächsaufbau mit     arbeit wertvoll. Erstere ist stark im Erkennen
                                                                   Seniorinnen und Senioren, mit Fachpersonen         von Handlungsbedarf, dem Erarbeiten innovati-
           Risikobereitschaft, zu scheitern                        und Persönlichkeiten der Politik oder der Ver-     ver Lösungen und dem Projektaufbau. Für die
           Mut braucht auch der anhaltende Einsatz für die         waltung erfordert viel Spontanität, Einfühlungs-   Einzelfallhilfe und zu den Fragen der Sozial­
           langfristige Finanzierung. Die Kontaktaufnahme          vermögen und Verhandlungsgeschick. Nach-           versicherungen ist sie jedoch viel weniger gut
           mit Persönlichkeiten kostet die Stellenleiterin         vollziehbare Argumente helfen, Personen von        ausgebildet als Sozialarbeitende. Die Stellen-
           immer wieder Überwindung, und ihre Anliegen             neuen Ideen zu überzeugen.                         leiterin kann sich deshalb gut vorstellen, eine
           bei Personen zu deponieren, die gar nicht da-           Bei der Netzwerkarbeit muss die Stellenleiterin    zweite Stelle mit einer Fachperson der Sozial-
           nach gefragt haben, ist oft unangenehm.                 neue Organisationen schnell ins Netzwerk ein-      arbeit zu besetzen.
           Nicht zuletzt braucht auch die aufsuchende              binden und die Kommunikation zwischen den
           Arbeit an sich Mut; nämlich, um sich zu expo­           Fachpersonen fördern. Prozesse konsensorien-
           nieren, neue Methoden auszuprobieren und da-            tiert zu moderieren und Veranstaltungen mit der
           mit vielleicht sogar zu scheitern. Personen ohne        Projektgruppe zu organisieren, gehören eben-       Empfohlene Literatur
           Bezug zu vulnerablen Senioren und Seniorin-             falls zu den wesentlichen Fähigkeiten.
           nen können den Sinn der aufsuchenden Arbeit                                                                Erstgespräche in der sozialen Einzelfallhilfe
           manchmal nicht erkennen und belächeln ihren             Fachliches Rüstzeug                                von Harro Dietrich Kähler,
           Einsatz; da hilft eine dicke Haut und eine ge-          Die Stellenleiterin wurde bereits mehrfach von     ISBN 978-3-7841-1950-2
           wisse Portion Hartnäckigkeit.                           Personen kontaktiert, die ebenfalls Pionierpro-
                                                                   jekte aufbauen wollen. Der Aufbau fällt ihnen      Soziale Arbeit im öffentlichen Raum
           Durchhaltevermögen                                      jedoch oftmals schwer, weil sie das nötige Fach-   von Werner Thole, Peter Cloos, Friedrich
           Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist ein          und Methodenwissen nicht besitzen. In diesen       Ortmann & Volkhardt Strutwolf (Hrsg.)
           starkes Durchhaltevermögen. Nicht nur im her-           Gesprächen wird der Stellenleiterin wiederholt     ISBN 3-531-14240-2
           ausfordernden Aufbauprozess, sondern auch bei           bewusst, wie wertvoll ihr Studium in soziokultu-
           der aufsuchenden Arbeit. Es gibt Tage, an denen         reller Animation und ihre Erfahrung im Projekt-
           nicht viel passiert, und man sich die Frage stellt,     management sind. Als soziokulturelle Animato-

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