Bibliotheksservices während der "Corona-Zeit"

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Bibliotheksservices während der "Corona-Zeit"
[ 2020 Im Fokus ]       Bibliothek mal anders:                            110%-ig auszubauen, um zu kompensieren,
                                   Services im Shutdown                              was an Analogem weggebrochen war. Kurz
                                                                                     nach dem Shutdown der UB haben wir daher
                                                                                     das Angebot „Subito für HU-Angehörige“
                                   Als es Mitte März 2020 für uns Kolleg*innen aus   eingeführt. Nicht nur HU-Mitarbeiter*innen,
                                   dem Bereich Benutzung ins Homeoffice ging,        auch HU-Studierende konnten nun kostenfrei
                                   war es schon ein mulmiges Gefühl. Wie lange       über den Expresslieferdienst Subito-Aufsätze
                                   würde der Shutdown andauern, wann würden          aus Zeitschriften und Teilkopien aus Büchern
                                   wir wieder ins Grimm-Zentrum zurückkehren         bestellen; die Scans wurden innerhalb von drei

Bibliotheksservices
                                   können? Benutzungsbibliothekar*innen ohne         Werktagen geliefert. Die Kolleg*innen der
                                   analoge Benutzung zu sein, war eine Rolle, in     Dokumentlieferung haben im Homeoffice
                                   die es sich schnellstmöglich einzufühlen und      neben hunderten HU-Mitarbeiter*innen weit
                                   hineinzudenken galt. Ein Großteil unseres         über 1.000 HU-Studierende zusätzlich für

   während der
                                   Kerngeschäfts würde in den nächsten Wochen        diesen Service einzeln manuell freigeschaltet.
                                   nicht möglich sein: Keine Ausleihe von Medien,    Knapp 10.000 Bestellungen wurden von Subito
                                   keine Bereitstellungen, keine Face-to-face-Aus-   an die HU-Angehörigen bis Ende Juli 2020 ge-
                                   kunft, -Schulung und -Beratung und vor allem:     liefert. Für diesen Service hat die UB sehr viel

  „Corona-Zeit“
                                   keine Bereitstellung von Lesesaalplätzen. Für     positives Feedback von den HU-Angehörigen
                                   unsere Nutzer*innen: Ebbe, Pleite. Kein Ort,      erhalten. Beispielhaft sei eine Mail von Anfang
                                   nirgends.                                         April zitiert:
                                      Unsere Aufgabe bestand darin, den verblie-
                                   benen virtuellen Raum im Sinne unserer
     Ulrike Schenk, Birgit Stumm   Nutzer*innen zu 100 % mit Leben zu füllen und
                                   unsere Dienstleistungen dorthin zu verlagern.        „Liebe MitarbeiterInnen der HU-Bibliothek,
                                      Die telefonische Auskunft für unsere              ich möchte mich an dieser Stelle ganz, ganz
                                   Nutzer*innen lief ab dem ersten Tag im Home-         herzlich für Ihren hervorragenden Service
                                   office nahtlos weiter, allerdings eingeschränkt      zur Literaturversorgung der Studierenden
                                   auf den Zeitraum Montag bis Freitag von 10:00        der HU bedanken. Durch die Möglichkeit
                                   bis 14:00 Uhr. Bis die Auskunft ab Juli 2020         […] kann meine Tochter weiter an ihrer
                                   wieder vor Ort erfolgte, erreichten uns knapp        juristischen Hausarbeit schreiben. Sie leisten
                                   1.200 telefonische Anfragen. Auch die schrift-       einen ganz wichtigen Beitrag dazu. […]“
                                   liche Auskunft lief lückenlos weiter. Insgesamt
                                   beantworteten wir im besagten Zeitraum 4.319
                                   Anfragen verschiedenster Art.
                                                                                     Rückmeldungen dieser Art waren uns in
                                                                                     diesen schwierigen Zeiten Motivation und
                                   Subito kostenfrei für alle                        Ansporn zugleich.
                                   HU-Angehörigen                                      Der ebenso neu eingerichtete Scan-Service
                                                                                     für HU-Lehrende ergänzte das Subito-Angebot.
           DOI: 10.18452/22827                                                       Im Homeoffice wurden die Aufträge durch das
                                   Selbstredend konnten unsere Nutzer*innen          Referat Information angenommen, bearbeitet,
                                   unmittelbar auf unsere elektronischen An-         UB-weit verteilt und von kleinen Scanteams an

                 24                gebote zurückgreifen, es galt nun aber, diese     den verschiedenen UB-Standorten gescannt.
Bibliotheksservices während der "Corona-Zeit"
Coaching, bei dem Einzelpersonen uns vorab              vor Ort wieder beanspruchen zu können. Am
                                                                                                                ihre Themen zusenden können und wir uns                 04.05.2020 war es endlich soweit: Wir öffneten
                                                                                                                per Zoom dann ca. 45 Minuten individuell den            das Grimm-Zentrum und stellten Medien bereit,
                                                                                                                Nutzer*innen widmen. Dies wird sicherlich               die die HU-Angehörigen vorab online bestellen
                                                                                                                eines von mehreren Serviceangeboten sein, die           konnten. Die Leseplätze blieben jedoch noch
                                                                                                                in unserem Leben nach Corona fortbestehen               verwaist, das Arbeiten in den Lesesälen war
                                                                                                                werden.                                                 vorerst nicht möglich. Beim Streifen durch die
                                                                                                                Die Wiederaufnahme der Services vor Ort                 Etagen nach Wochen des Shutdowns waren
                                                                                                                war eine Herausforderung und viel Arbeit,               die Tische und Stühle schon mit einer dünnen
                                                                                                                aber auch eine Arbeit, auf die wir uns in der           Staubschicht des Vergessens bedeckt. Es war
                                                                                                                Benutzung gefreut haben. Die Pionier*innen              deprimierend.
                                                                                                                innerhalb der Benutzungsabteilung in Sachen
                                                                                                                Vor-Ort-Services waren die Kolleg*innen des
                                                                                                                Bereichs Ausleihe, die die im Homeoffice ge-            Endlich sind wir wieder Lernraum
                                                                                                                planten Konzepte für die Wiedereröffnung der            – vorübergehend
                                                                                                                Ausleih-Services umsetzten. Zum ersten Tag
Abb. 1: Regeln für das neue Miteinander in der Bibliothek
                                                                                                                der Wiedereröffnung warteten ca. 900 Bestel-
                                                                                                                lungen auf uns. In den Tagen vor der Wieder-            Die Services weiteten wir dann nach und nach
                                                                                                                eröffnung liefen bei uns die Telefondrähte im           aus. Immer wieder hieß es, neue Arbeitsabläufe
                                                                                                                Homeoffice heiß, die Nutzer*innen konnten               zu entwickeln, diese mit allen Kolleg*innen
Es geht wieder los!                                      Eine produktive Möglichkeit, den Kontakt zu            es offenbar kaum erwarten, unsere Angebote              zu diskutieren, Ideen zu sammeln, auch über
                                                         unseren Nutzer*innen im virtuellen Raum
                                                         weiter zu pflegen, bestand in der Aufnahme
Im April 2020 begannen bereits die ersten Pla-           unseres Webinarangebots, mit dem wir ab
nungen für die Wiederaufnahme der Services. Es           Mai 2020 begannen. Nachdem wir uns bereits
sollte das eigentlich Unmögliche – Benutzung             intern mittels verschiedenster Video-Konferenz-
trotz Pandemie – möglich gemacht werden.                 formate mit der Konferenzsoftware Zoom ver-
Viele Absprachen im Vorfeld und gute Ideen               traut gemacht hatten, gewannen wir schnell
waren nun gefragt und nicht zuletzt auch ein             eine gewisse Routine bei der Durchführung
langer Atem, um an plötzlich allseits begehrte           unserer Webinare. In dem Zuge lernten wir
Dinge zu gelangen, wie Plexiglas, Desinfektions-         die Vorzüge, nicht auf die Tücken der hiesigen
mittel, Videokameras für virtuelle Konferen-             Schulungsräume angewiesen zu sein, schnell
zen und vieles mehr.                                     zu schätzen. Auch hätten wir nie gedacht,
Die Planungen für das Sommersemester                     wieviel Nähe und Austausch zu Nutzer*innen
2020 steckten indes voller Unwägbarkeiten.               auch auf digitalem Wege möglich ist. Die
Würde es überhaupt ein Sommersemester an                 Akzeptanz seitens der Nutzer*innen ist ähnlich
der Uni geben, würden wir überhaupt wieder               wie bei den analogen Angeboten: Literaturver-
öffnen können? Und wenn ja, mit welcher Art              waltungsprogramme erfahren relativ großen
Service? Wie können wir Schutz vor dem Virus             Zuspruch, allgemeinere Formate wie „UB
gewährleisten – für die Nutzer*innen und uns             Kompakt“ eher weniger. Sehr erfolgreich auch
selbst? Und, egal wie es weitergeht: Was brauchen        auf virtueller Ebene läuft das Angebot „Meine
unsere Nutzer*innen in diesen schwierigen                erste Hausarbeit“. Ein gänzlich neues Format,
Zeiten am dringendsten?                                  das sehr beliebt ist, ist das persönliche Recherche-   Abb. 2: Bestellte Bücher aus dem Freihandbereich        Abb. 3: Platzkarten für Arbeitsplätze

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Abb. 4: Arbeitsplätze zweckentfremdet zum Sortieren bestellter Bücher

Ängste und Vorbehalte zu sprechen, neue Dienst-         Umso herber dann der Rückschritt in den er-
pläne aufzustellen, die Website-Inhalte und             neuten Lockdown ab Mitte Dezember. Unsere
Plakate an der Außenfassade zu aktualisieren,           Lesesäle mussten wir erneut sperren, die Aus-
neue Wegeführungen durch das Foyer und                  leihe per Wegekarte läuft aber weiter und der
schließlich auch für den Lesesaalbereich an-            Zugang zu unseren Beständen bleibt somit
zupassen. Zur Wiederöffnung der Lesesäle des            gewährleistet.
Grimm-Zentrums am 01.07.2020 mussten                       Wir hoffen nun auf ein Frühjahr 2021, in
ca. 200 sogenannte Platzkarten erstellt und             dem wir – mit Vorsicht und Vorausschau – die
mit RFID-Tags versehen werden. Die ersten               Dienstleistungen und Angebote hoffentlich
Nutzer*innen wieder im Haus begrüßen zu                 wieder „hochfahren“ können. Auf jeden Fall
können, zu sehen, wie die Etagen sich wie-              sind wir gut vorbereitet, haben wir doch bereits
der füllten und das sehr positive Feedback der          fast jedes Szenario nun einmal geplant, konfi-
Nutzer*innen entgegenzunehmen, war uns                  guriert, durchlebt und zur Neuauflage best-
als Benutzungskolleg*innen eine Freude. Seit            möglich abgespeichert. Und noch etwas haben
August 2020 ermöglichten wir auch Nicht-                wir alle in den bisherigen Pandemiemonaten
HU-Angehörigen wieder den Zutritt ins                   gelernt: mit Zeiten der Ungewissheit umzu-
Grimm-Zentrum und damit die Ausleihe von                gehen.
Beständen. Nicht nur die vielen Mails und An-
fragen in den Wochen zuvor zeigten uns: wir
waren vermisst worden.                                                                                     Abb. 5: Gähnende Leere auf den Leseterrassen

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