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                                           Bibliotheken in Sachsen   // 1

Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen

// Nr. 04 // Dezember 2OO8 //

Convenient Service. Die SLUB als Universitätsbibliothek

Lesestark! Dresden blättert die Welt auf

Der Bibliothekar als Herr seiner selbst

Databases on Demand (DBoD). Neuer Service für Sachsen
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Bibliotheken in Sachsen       // 207

                                                                         EDITORIAL

„... and the winner is ...“ – die Stadtbibliothek Lugau

Im ersten Heft des Bibliotheksmagazins BIS hatte       Die Jury hat das Konzept vernetzter Zusammenar-
der Landesverband Sachsen im Deutschen Biblio-         beit zwischen beiden Einrichtungen überzeugt. Bei
theksverband (DBV e.V.) einen Preis ausgelobt.         der Informationsvermittlung, bei der Datenverar-
„Innovative Bibliotheksarbeit in kleinen öffentli-     beitung, beim gemeinsamen Internetauftritt mit
chen Bibliotheken“ sollte mit 1.000 EUR prämiert       multimedialen Präsentationen, beim „Lesegarten“
werden. Nun steht der Sieger des sächsischen           im „Museumshof “ soll auf kreative und engagierte
Bibliothekspreises 2008 fest: die Stadtbibliothek      Weise kooperiert werden.
Lugau hat sich unter fünf Wettbewerbern durchge-       Schon vor dem Umzug in das repräsentative Haus
setzt.                                                 in der Stadtmitte sind Erfolge erkennbar. Mit attrak-
Lugau ist mit 7.400 Einwohnern eine Stadt am Fuße      tiven Angeboten konnten neue Nutzer gewonnen
des Erzgebirges in der Mitte des Ballungsraumes        und alle Altergruppen angesprochen werden.
Zwickau-Chemnitz. Mehr als 125 Jahre lebten die        Am 24. Oktober 2008, am Tag der Bibliotheken, ist
Einwohner vom Bergbau, seit einigen Jahrzehnten        deshalb der Innovationspreis im Lugauer Rathaus
ist ein Edelstahlwerk der wichtigste Betrieb im Ort.   übergeben werden. Herzliche Gratulation!
Stadtmuseum und Stadtbibliothek lagen jedoch im
Dornröschenschlaf, bis der Stadtrat mit einem Ent-     Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen „BIS“ hat
wicklungsplan im März 2007 den Ausbau und die          nicht nur die Ausschreibung unterstützt, sondern
Vernetzung der bestehenden kulturellen Einrichtun-     bietet allen Bibliotheken eine hervorragende Platt-
gen beschloss. Seit Jahresanfang bringt eine neue      form, um über ihre Arbeit zu berichten, neue Ideen
Mitarbeiterin frischen Wind in die Bibliothek (BIS     zu vermitteln und damit andere zu ermutigen, eige-
berichtete im September 2008, S. 169).                 ne Wege zu gehen. „Bibliotheken auf die Tagesord-
In ihrem Stadtentwicklungskonzept haben sich           nung“ – dieses Motto der Präsidentin des Weltver-
Stadtrat und Bürgermeister klar zur Zukunft von        bandes der Bibliotheken gilt in Lugau ebenso wie
Bibliothek und Museum bekannt. Nun lassen sie          an allen anderen sächsischen Orten.
engagiert Taten folgen und bauen das 150 Jahre alte    Deshalb wünsche ich mir für die nächste Preisverlei-
Wohn- und Geschäftshaus der Fabrikantenfamilie         hung eine Flut von Bewerbungen.
Facius zur kulturellen Mitte in Lugau aus. Wo          An der Vielseitigkeit der sächsi-                       LUTZ

früher mit Bergbauausrüstungen, insbesondere           schen Bibliotheken und am Ideen-                        MAHNKE

Dynamit, gehandelt wurde, sollen nun Museum            reichtum der Bibliothekarinnen
und Bibliothek das Stadtzentrum mit attraktiven        und Bibliothekare besteht sicher
Bildungsangeboten beleben.                             kein Mangel.
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INHALT

         Convenient Service                                  Achim Bonte                         210
         Die SLUB als Universitätsbibliothek

         Dresden blättert die Welt auf                       Claudia Blei-Hoch /                 215
         Gemeinschaftsprojekt der Städtischen Bibliotheken   Sonhild Menzel
         Dresden, der Bürgerstiftung Dresden und der
         Drosos Stiftung Zürich (2008 – 2010)

         Die Kunstbibliothek als Teaching Library            Elisabeth Häger-Weigel /            220
                                                             Claudia Schmidt

         Virtuelle Bibliothek und eCampus –                  Helge Fischer                       223
         eLearning an der HTW Dresden

         Straßenfest der Leipziger Bibliotheken                                                  225
         und Archive am 24. August 2008

         Wer liest, gewinnt                                  Andrea Mockert                      226
         Drei Partner, eine Idee

         Die Digitale Diathek                                Jens Bove / Andrea Kiehn            229
         der Technischen Universität Dresden
         Datenpool und virtuelle Arbeitsumgebung
         für Lehre und Forschung

         Databases on Demand (DBoD)                          Falk Niederlein / Christoph Poley   232
         Ein neuer Service für Sachsen

         Form follows function                               Thomas Jung / Andreas Kluge         236
         Der SLUB-Katalog im neuen Design
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Bibliotheken in Sachsen   // 209

Das Kopernikanische Weltbild für Jedermann         Marc Rohrmüller                    239
Das DFG-Projekt „Digitale Quellensammlung
zur Technikgeschichte“ der SLUB

LIBERO in Sachsen                                  Andreas Kluge                      242
Gemeinschaft macht stark

Ende eines Exils                                   Frank Aurich                       244
Vor 50 Jahren erhielt die SLUB
5.697 Handschriften aus Moskau zurück

Der Bibliothekar als Herr seiner selbst            Ulrich Johannes Schneider          248

Die erste Öffentliche Bibliothek Deutschlands      Matthias Brucksch / Anja Hofmann 250
180 Jahre Karl-Preusker-Bücherei in Großenhain     Kathrin Schäfer

Musik und Bibliothek                               Barbara Wiermann                   253
Der Erweiterungsbau der Hochschule für Musik
„Carl Maria von Weber“ Dresden

Weltenträume Traumwelten                           Barbara Schwenke                   254
Irmtraud-Morgner-Festtage in der
Stadtbibliothek Chemnitz

Brücken zwischen Bibliothek und Verwaltung         Waltraut Frohß                     256
Die Sächsische Landesfachstelle für Bibliotheken

Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek           Jenny Herkner / Karin Mittenzwei   260
                                                   Elke Ziegler

200 Jahre sächsischer Orgelbau Jehmlich            Marina Lang                        262
Aus der Geschichte des ältesten
Orgelbaubetriebs in Deutschland

Personalia                                                                            265

Kurz & Knapp                                                                          266

Termine                                                                               272

Autoren                                                                               273

Autorenhinweise / Impressum                                                           274
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210 //   Bibliotheken in Sachsen

Convenient Service
Die SLUB als Universitätsbibliothek

von ACHIM BONTE
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Bibliotheken in Sachsen          // 211

Ein besonderes Dienstleistungsspektrum
Die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Uni-
versitätsbibliothek Dresden (SLUB) ist nicht zuletzt
wegen ihres außergewöhnlich breiten Dienstlei-
stungsspektrums eine der größten wissenschaftli-
chen Bibliotheken der Bundesrepublik. Als Staats-
bibliothek versieht sie wichtige Koordinierungs-
und Servicefunktionen für die Bibliotheken im
Freistaat – zum Beispiel auf den Gebieten Bestands-
erhaltung, Digitalisierung oder EDV-Entwicklung.
Als klassische Landesbibliothek sammelt sie Medi-
en aus und über Sachsen und stellt landeskundliche
Informationen über das Portal „Sachsen.digital“
und mit digitalen Sammlungen auch im Internet
zur Verfügung. Das Brot-und-Butter-Geschäft der
SLUB und zugleich die ressourcenintensivste Spar-
te bildet freilich die Informationsversorgung der
rund 35.000 Studierenden und über 5.000 Mitarbei-
tern (ohne Drittmittelbeschäftigte) der Technischen
Universität Dresden. Als eigenständige Anstalt des                                                           Arbeiten in der SLUB
öffentlichen Rechts besitzt die SLUB zwar rechtlich                                                          Bilder: Toni Klemm
einen besonderen Status, agiert aber mit ihrer Zen-    neben Telefonen Internetbrowser, Kamera, MP3-
tralbibliothek und vier Zweigbibliotheken funktio-     Player, Navigationsgerät, Taschenrechner und Spiel-
nal umfassend als Universitätsbibliothek. Über 60%     konsole. Informationen unter Studierenden werden
der Personalkapazität sind diesem Zweck gewidmet.      entsprechend kaum noch über das Schwarze Brett,
Aus dem engen Kontakt zur Universität und zu den       sondern in Internetforen wie dem Dresdner „Exma-
Studierenden erwachsen dem Haus Impulse und            trikulationsamt“ (http://www.exmatrikulationsamt.
Netzwerke, wie sie eine reine Staatsbibliothek nicht   de) mit über 14.000 Usern ausgetauscht. Auch der
gewinnen kann.                                         Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden ver-
                                                       läuft zunehmend mittels E-Learning-Plattformen,
Die Technische Universität Dresden ist die größte      elektronischen Semsterapparaten und ähnlichem
Universität Sachsens und verfügt in 14 Fakultäten      mehr.
über eine besonders hohe Fächervielfalt. Bei der
Exzellenzinitiative des Bundes konnte sich die         Um vor diesem Hintergrund zukunftsfähig zu blei-
TUD als einzige Hochschule Ostdeutschlands mit         ben, bedarf es einer hohen Entwicklungsdynamik
je einer Graduiertenschule und einem Exzellenzclu-     und sehr bequemer, passgenauer, günstiger, komfor-
ster durchsetzen. Sechs weitere Hochschulen, drei      tabler Bibliotheksdienstleistungen, die ich mangels
Max-Planck-, vier Leibniz- und elf Fraunhofer-Insti-   einer gleichwertigen deutschen Entsprechung hier
tute sowie die europaweit führende Mikroelektronik     zusammenfassend als convenient service bezeichne.
machen Dresden zu einem hervorragenden Wissen-         Da in der Welt der Suchmaschinen, elektronischen
schaftsstandort.                                       Medien, Lieferdienste und webbasierten sozialen
                                                       Netzwerke ein Benutzer kontinuierlich weniger
Dynamische Entwicklung des Informationsmarktes         gezwungen sein wird, eine Informationsdienstlei-
In der SLUB melden sich in jedem Herbst rund           stung unbedingt von der Universitätsbibliothek vor
7.000 neue studierende Benutzer an, die in der         Ort abzunehmen, wird es auf die Konditionen der
Summe regelmäßig über mehr Erfahrung mit               örtlichen Serviceangebote, auf Aufenthaltsqualität
modernen Informations- und Kommunikations-             und Image der einzelnen Bibliothek je länger je
techniken verfügen als ihre Vorgänger. Der Laptop      mehr wesentlich ankommen.
hat inzwischen weithin das handschriftliche Exzerpt
ersetzt, Breitband-Internetanschlüsse sind ebenfalls   Die Strategie der SLUB
üblich und der Verbreitungsgrad von Mobiltelefo-       Die SLUB ist entschlossen, auch im elektronischen
nen liegt in dieser Benutzergruppe ohnehin bei         Zeitalter die zentrale Anlaufstelle in der TUD für
nahezu 100 Prozent. Die raschen Veränderungen          Information, Kommunikation und Medien zu blei-
auf dem Informations- und Kommunikationsmarkt          ben und arbeitet deshalb mittels gründlicher Markt-
mit immer kürzeren Innovationszyklen veranschau-       beobachtung, Offenheit und kurzen Reaktionszei-
lichen einige Daten: Die erste Internet E-Mail         ten an der kontinuierlichen Entwicklung ihrer
wurde in Deutschland 1984 empfangen, das World         Angebote. Indes ist vorauszuschicken, dass die
Wide Web 1993 zur allgemeinen Benutzung freige-        strukturellen Voraussetzungen dafür nicht günstig
geben. Mobiltelefone sind etwa seit der gleichen       sind. Während die Studierenden als die wichtigste
Zeit gebräuchlich. Seitdem haben sie sich sukzessi-    Kundengruppe gleichsam alterslos bleiben, das
ve zu Multifunktionsgeräten entwickelt und sind        heißt im Zuge des Studienabschlusses etwa alle vier
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212 //   Bibliotheken in Sachsen

                   bis fünf Jahre wechseln, hat das Team der SLUB           Nachdem bereits Ende 2006 die Öffnungszeit der
                   durch den seit 2002 anhaltenden, drastischen Per-        Zentralbibliothek von montags bis samstags auf
                   sonalabbau von ursprünglich 402 auf knapp 300            jeweils 24 Uhr ausgedehnt werden konnte, wird ab
                   Stellen inzwischen ein Durchschnittsalter von rund       2009 die schon traditionelle Sonntagsöffnung in
                   49 Jahren erreicht. Damit einher geht ein dramati-       den Prüfungsmonaten Januar/Februar und Juni/Juli
                   scher Mangel an jungen Fachkräften, die den Stu-         weitgehend auf das gesamte Kalenderjahr übertra-
                   dierenden und ihrer Informationskompetenz alters-        gen. Die Studentenstiftung Dresden, die 2002 den
                   und erfahrungsbedingt von vornherein leichter            Anstoß zur Sonntagsöffnung während der Exa-
                   begegnen könnten. Eine Besonderheit gegenüber            menszeiten gegeben hatte, darf ihr initiierendes
                   „normalen“ Universitätsbibliotheken bedeutet auch        Engagement damit auf ideale Weise bestätigt sehen.
                   die rechtliche Selbständigkeit der Bibliothek, die       Mit rund 340 Öffnungstagen im Jahr und über 100
                   einerseits gestattet, unternehmerisch eigenständig       regulären Wochenöffnungsstunden wird die SLUB
                   zu handeln und gegebenenfalls auch den größeren          auch in dieser Hinsicht weiter in der Spitzengruppe
                   Gesamtapparat für Zwecke der universitären Infor-        der deutschen Bibliotheken rangieren.
                   mationsversorgung zu mobilisieren, andererseits
                   dazu führt, dass die Bibliothek als universitätsexter-   Studierende mit Kindern sind im Studienalltag mit
                   ne Einrichtung in der universitätsinternen Strategie-    besonderen Herausforderungen konfrontiert. Als
                   und Willensbildung nicht immer ausreichend               bescheidenen Beitrag zur Unterstützung junger
                   berücksichtigt wird.                                     Eltern hat die Bibliothek einen Eltern-Kind-Raum
                   Gleichwohl hat die SLUB in den letzten zwei Jah-         eingerichtet und mit altersgerechten Spielsachen
                   ren konsequent in die Entwicklung ihrer Produkte,        und Büchern ausgestattet. Ein Laufställchen in der
                   die Erleichterung von Benutzungskonditionen und          Nähe der Kopiergeräte, ein Wickeltisch oder Kin-
                   die Modernisierung der Kommunikation investiert.         derhochstühle in der Caféteria der SLUB zählen
                                                                            ebenfalls zur Ausstattung. Im nächsten Schritt wird
                   Produktentwicklung und Konditionengestaltung             zu prüfen sein, inwiefern mit Unterstützung von
                   für die Dresdner Studierenden                            Sponsoren und externen Partnern Betreuungsange-
                   Im Bereich der Produktentwicklung sind vollständi-       bote für Kinder verwirklicht werden können. Diese
                   ge Produktinnovationen und die Fortentwicklung           Idee geht von der Annahme aus, dass eine Leistung,
                   schon vorhandener Services zu unterscheiden. Zur         die zum Beispiel in Einrichtungshäusern üblich ist,
                   ersten Gruppe zählen die Einrichtung von Eltern-         prinzipiell auch in sehr großen Bibliotheken funk-
                   Kind-Angeboten und die Einführung weiterer               tionieren sollte.
                   elektronischer Auskunfts- und Bestellsysteme, zur
                   zweiten erhebliche Zusatzinvestitionen in die Lehr-      Für die über das Internet eintreffenden Bibliotheks-
                   buchsammlung, ein umfassender Relaunch des               benutzer sind die WWW-Informationen, vor allem
                   SLUB-Katalogs oder die schrittweise Erweiterung          aber der elektronische Katalog, die Visitenkarte
                   der Bibliotheksöffnungszeiten. Als gezielte Verände-     einer Bibliothek. Die SLUB legt daher bei allen
                   rungen der Benutzungskonditionen im Interesse            elektronischen Informationsangeboten besonderen
                   der Studierenden seien die durchgreifende Verbesse-      Wert auf professionelles Webdesign. Um den
                   rung der Ausleihverfügbarkeit der Bibliotheksbe-         SLUB-Katalog graphisch attraktiver zu gestalten
                   stände, die Streichung der Vormerkgebühr für ent-        und Katalogfunktionen intuitiver benutzbar zu
                   liehene Medien oder der unbürokratische Zugang           machen, wurde er zum Beginn des Wintersemesters
                   zu Gruppenarbeitsräumen genannt.                         2008 in einem hausinternen Projekt komplett über-
                                                                            arbeitet. Im Ergebnis sind zum Beispiel nicht selbst-
                                                                            erklärende Icons beseitigt, die Einschränkung von
                                                                            Suchergebnissen verbessert, RSS-Feeds ermöglicht
                                                                            und externe Datenbanken harmonischer eingebun-
                                                                            den. Nach diesem Facelift wird sich die Bibliothek
                                                                            in den nächsten Monaten auf die Weiterentwick-
                                                                            lung der vorhandenen Katalogfunktionen konzen-
                                                                            trieren. Geplant ist eine signifikante Steigerung der
                                                                            Recherchemöglichkeiten auf der Basis von Suchma-
                                                                            schinentechnologie.

                                                                            Grundlegende Studienliteratur wird nicht nur in
                                                                            klassischen „Lehrbuchfächern“ wie Medizin und
                                                                            Jura überdurchschnittlich stark nachgefragt. Ent-
                                                                            sprechend erzielen einige große Universitätsbiblio-
                                                                            theken bis zu 40 % ihres gesamten Ausleihumsatzes
                                                                            mit speziellen Lehrbuchsammlungen und trägt ein
                                                                            solch gut ausgebauter Sonderbestand erkennbar
                                                                            zum Profil von Bibliothek und Universität unter
BIS - Das Magazin der Bibliotheken in ...
Bibliotheken in Sachsen   // 213

den Studierenden bei. Seit Ende 2006 hat die            dass rund 80 % aller Medien ausleihbar und in Frei-
SLUB massiv in ihre Lehrbuchsammlung investiert.        handaufstellung verfügbar sein müssen. Für ältere,
In der Kategorie „Jährlicher Neuzugang an Lehr-         urheberrechtsfreie Werke aus dem Erscheinungszeit-
büchern“ belegt die SLUB mit über 15.000 Bänden         raum von 1500 bis 1900 wurde 2008 der Service
seitdem den ersten Rang in der Deutschen Biblio-        „ebooks on demand“ eingeführt, der über den
theksstatistik. Wunschgemäß vermehrten sich die         Online-Katalog die Bestellung einer elektronischen
Entleihungen aus der Lehrbuchsammlung 2007              Kopie ermöglicht. Die Bibliothek digitalisiert das
gegenüber 2006 um 40 %. Für 2008 zeichnet sich          gewünschte Buch und stellt es dem Besteller sowie
eine erneute Steigerung um rund 15 % auf über           allen anderen Lesern im Rahmen der digitalen
260.000 Entleihungen ab. Mit einem optimierten          Sammlungen zur Verfügung.
Leitsystem und einem Ausleihautomaten unmittel-
bar in der Lehrbuchsammlung, erhöhter Aufmerk-          Bei über 2 Millionen Entleihvorgängen pro Jahr
samkeit des Fachreferentenkollegiums für das            und begrenzten Haushaltsmitteln sind nicht immer
Thema sowie der Mitwirkung von Studierendenrat          alle Informationsbedarfe unmittelbar zu befriedi-
und Fachschaften soll die positive Benutzerreso-        gen. Um den Kontakt mit ihren Benutzern weiter
nanz weiter verstärkt werden.                           zu vertiefen, die Verfügbarkeit häufig benötigter
                                                        Literatur zu verbessern und zusätzliche Hinweise
Durch die historischen Erfahrungen der Mangel-          für einen nachfrageorientierten Bestandsaufbau zu
wirtschaft und die damit verbundene besondere           erhalten, bietet die SLUB seit 1. September 2008
Betonung der archivischen Komponente landesbi-          die Vormerkung auf entliehene Medien kostenfrei
bliothekarischer Arbeit war die Benutzungssituation     an. Voraussetzung ist lediglich die Benachrichti-
in der SLUB im ersten Jahrzehnt nach der Fusion         gungsmöglichkeit des Benutzers via E-Mail – für
von Landesbibliothek und Universitätsbibliothek         Studierende gewiss keine Hürde. Mit Hilfe der Vor-
im allgemeinen noch zu stark auf Bestandsbewah-         merkungsdaten lassen sich eventuelle Missverhält-
rung und Präsenznutzung abgestellt. Gerade Studie-      nisse in der Etatverteilung bzw. -gesamtausstattung
rende empfinden jedoch eine weitgehend freie Dis-       oder neu aufkommende Interessenschwerpunkte
position über die Bibliotheksmedien, das heißt die      unter den Benutzern leichter identifizieren. Bei nun
Entscheidung, ob sie ein gängiges Gebrauchsbuch         grundsätzlich kostenfreier Möglichkeit, auf Versor-
in den Räumen der Bibliothek, im Dresdner               gungsdefizite via Vormerkung hinzuweisen, bleibt
Großen Garten oder zuhause bearbeiten, als Selbst-      es selbstverständlich das Ziel der Bestandsentwick-
verständlichkeit. Im Interesse einer möglichst          lung, die Anzahl der notwendigen Vormerkungen
hohen Benutzungsquote und mit Blick auf den             von vornherein möglichst gering zu halten. Der
inzwischen sehr viel leichter erhältlichen Ersatz für   raschen Ermittlung offener Benutzerwünsche dient
verschlissene oder verlorene Standardwerke hat die      auch das Instrument des Anschaffungsvorschlags,
SLUB ihre Ausleihgrenze für Monographien des            der aus dem SLUB-Katalog heraus initiiert werden
allgemeinen Bestands vom Erscheinungsjahr 1950          kann. Wie ernst die Bibliothek den lebendigen Aus-
auf 1900 vorverlegt. Daneben gilt für die Neuerwer-     tausch mit ihren Benutzern nimmt, lässt sich auch
bungen dieser Gruppe nunmehr der Grundsatz,             daraus entnehmen, dass jeder mit einer Mailadresse
BIS - Das Magazin der Bibliotheken in ...
214 //        Bibliotheken in Sachsen

versehene Vorschlag vom Leiter der Abteilung              eingerichtet, zudem werden studentische Foren im
Bestandsentwicklung persönlich per E-Mail beant-          WWW oder ein eigener Kanal im Videoportal „You
wortet wird.                                              Tube“ genutzt. Bei allem Enthusiasmus für mo-
Ausgehend von den positiven Erfahrungen inner-            derne Kommunikationswerkzeuge sind stets Auf-
halb des 2007 eröffneten Bibliotheksportals Sach-         wand und Ertrag sorgfältig abzuwägen, da nicht
sen (http://www.bibliotheksportalsachsen.de) hat          jede Novität nachhaltigen Erfolg verspricht. So hat
die SLUB 2008 auf ihren hauseigenen WWW-                  sich die Bibliothek angesichts recht hoher Nut-
Informationen einen Chatbot, einen datenbankba-           zungshürden, einer stagnierenden Resonanz und
sierten Auskunftsroboter, platziert, der Standardfra-     der begrenzten Reichweite zum Beispiel bewusst
gen von Benutzern passende Antworten zuordnet.            gegen Investitionen in die dreidimensionale Virtuel-
Seit kurzem ist die Datenbank auch trefferabhängig        le Welt „Second Life“ als Service- und Marketing-
mit dem elektronischen Katalog- und Ausleihsy-            plattform entschieden. Weit interessanter scheint
stem der SLUB verknüpft. Mit über 5.000 Regeln            dagegen etwa, die WWW-Informationen der SLUB
zur Fragenanalyse und Antwortgenerierung ist die          UMTS-fähig, das heißt für Mobiltelefone tauglich
Wissensdatenbank – quasi das „Gehirn“ des SLUB-           zu machen.
Chatbots – im Bibliotheksbereich nahezu konkur-
renzlos (vgl. den Beitrag in BIS H.3 (2008), S. 186f.).   Trotz der fortschreitenden Enträumlichung von
                                                          Bibliothekdiensten und Kommunikationsmitteln
Moderne Kommunikationsformen                              ist für das öffentliche Erscheinungsbild weiterhin
Um neue Informationsdienste adäquat zu vermit-            auch das Personal an den Informations- und Aus-
teln und eine möglichst hohe Identifikation der           leihstellen von herausragender Bedeutung. Speziell
Studierenden mit „ihrer“ Bibliothek zu schaffen,          die Mitarbeiter der Ortsleihe – keineswegs die best-
bedarf es altersgemäßer Kommunikationsformen              bezahlten, in mancherlei Hinsicht aber die meist-
und eines regelmäßigen, engen Dialogs. Jenseits des       belasteten innerhalb des Hauses – sind vielfach
Austauschs in den üblichen Vertretungsgremien wie         erste Anlaufstelle für Ärger und Wünsche und prä-
Bibliothekskommission und Senat unterhält die             gen mit ihrer Kompetenz und Freundlichkeit in
SLUB einen Jour fixe mit Studierendenvertretern,          besonderem Maße das Image der SLUB. Ihnen sei
an dem die Belange ihrer Hauptbenutzergruppe im           dieser Beitrag gewidmet. Wenn, wie in einer ande-
Mittelpunkt stehen. Dem engeren Kontakt dienen            ren Universitätsbibliothek vor wenigen Jahren
auch gemeinsame Veranstaltungen. Ein gelungenes           geschehen, ein Mitarbeiter der Ausleihe von dank-
Beispiel war die anlässlich der nationalen Aktions-       baren Benutzern sogar eine Festschrift geschenkt
woche „Deutschland liest“ durchgeführte Lesenacht         bekommt, ist der dienende Zweck jeder Bibliothek
im Oktober 2008, in der Studierende in zwanzig-           auf das Glanzvollste bestätigt
minütigem Wechsel sechs Stunden non stop ihre                                                                    ACHIM
                                                          (Büchergänge. Miszellen zu Buch-
persönlichen Lieblingsbücher präsentierten (s. den                                                               BONTE
                                                          kunst, Leselust und Bibliotheksge-
Bildbericht in diesem Heft).                              schichte. Hommage an Dieter
Für die Informationsvermittlung ist neben Chatbot         Klein, Heidelberg 2006. SLUB-Sig-
und Mailauskunftssystem inzwischen ein Callcenter         natur: AN 59000 H711).
Bibliotheken in Sachsen   // 215

Dresden blättert die Welt auf
Gemeinschaftsprojekt der Städtischen Bibliotheken
Dresden, der Bürgerstiftung Dresden
und der Drosos Stiftung Zürich (2008 – 2010)
von CLAUDIA BLEI-HOCH und SONHILD MENZEL

„Mit Logik komme ich von A nach B, mit Fantasie        zum Handlungsfeld für sozial- und bildungspoliti-
komme ich überall hin.“ Dieser aufschlussreiche        sches Engagement geworden. Vor diesem Hinter-
Satz von Albert Einstein verweist zu Recht auf die     grund wies der offizielle Start des Projektes auf seine
Schlüsselrolle der Fantasie. Bücher wecken Fantasie    Adressaten, nämlich Vor- und Grundschulkinder
und Kreativität. Wer liest, kann alles sein und viel   vorzugsweise aus sozial schwierigen Stadtteilen
erreichen. Deshalb sollten Kinder so früh wie mög-     ebenso wie auf seine potentiellen Akteure, nämlich
lich die Faszination von Bilderbüchern kennen ler-     engagierte vorlesebegeisterte Erwachsene nach-
nen. In Bilderbüchern spiegelt sich die Welt, mit      drücklich hin.
dem Bilderbuch beginnt der Spaß am Lesen und
Entdecken. Auch die Motivation zum Lesenlernen         1. Projektziele
gründet sich auf dieser frühen positiven Erfahrung.    Bildungsunterstützung und hier insbesondere Lese-
Nur wenn Kinder bereits vor Schulbeginn positive       förderung für Kinder haben seit Jahren in der Auf-
Erfahrungen und Erlebnisse mit dem Bilderbuch im       tragserfüllung der Städtischen Bibliotheken Dres-
weitesten Sinn verbinden, kann der Prozess des         den oberste Priorität. Dies spiegelt sich sowohl in
Lesenlernens von Anfang an erfolgreich sein.           aktuellen Entwicklungsplanungen als auch in Ange-
                                                       botsstruktur und Ressourceneinsatz wider. Ausge-
Am 19. September 2008 fand der offizielle Start        hend von schwindender Lese- und Vorlesekultur in
unseres großangelegten Projekts zur Lese- und          den Familien erhalten Bildungsnetzwerke zwischen
Sprachförderung von Vor- und Grundschulkindern
statt. Das Eröffnungsdatum war in zweierlei Hin-
sicht symbolisch gewählt: Zum einen reihte es sich
ein in die Initiativen zur „Woche des bürgerlichen
Engagements“ und hob damit nachdrücklich die
Bedeutung der ehrenamtlich im Projekt tätigen
Dresdner Bürgerschaft hervor. Zum anderen erfolg-
te der Projektstart aus besonderem Grund in Kom-
bination mit der Wiedereröffnung der umgestalte-
ten Gorbitzer Stadtteilbibliothek. Gorbitz gilt
derzeit als ein problematischer Stadtteil Dresdens,
der in den letzten Jahren einen rasanten demografi-
schen Wandel erfahren hat. Trotz verschiedener
Fördermaßnahmen sind hohe Bevölkerungsverluste
und eine deutlich gestiegene Erwerbslosigkeit zu
konstatieren. Die Vielzahl sozialer Problemstellun-
gen macht sich auch für die Generation der dort
heranwachsenden Kinder bemerkbar. So zeigen die
jährlichen Schuleingangsuntersuchungen, dass
immer mehr Vorschulkinder erhebliche Defizite in
der Sprachentwicklung aufweisen. Gorbitz ist damit
216 //       Bibliotheken in Sachsen

                                                                                  ermöglicht durch die großzügige finanzielle Unter-
                          O R GA N I G R A M M                                    stützung der Züricher Drosos Stiftung, einer noch
                                                                                  jungen gemeinnützigen Stiftung in der Schweiz, die
Projektträger             Bürgerstiftung Dresden e.V.                             seit 2005 international agiert und verschiedenste
                                                                                  soziale Projekte initiiert. Entscheidend für das
Projektleitung            DR. AREND FLEMMING                                      außergewöhnliche Engagement der Drosos Stiftung
                          stellv. Vorsitzender Stiftungsrat Bürgerstiftung        in Dresden waren sowohl die gegebene Infrastruk-
                          und Direktor Städtische Bibliotheken Dresden            tur eines ausgebauten städtischen Bibliothekssy-
                                                                                  stems, unser nachgewiesenes Know-how auf dem
Projektdurchführung       Städtische Bibliotheken Dresden                         Gebiet der Leseförderung sowie die konsequente
                                                                                  soziale Ausrichtung unseres Konzeptentwurfs.
Konzept /                 SONHILD MENZEL
fachliche Beratung        Lektorin Kinder- und Jugendmedien                       Maßgebliche Unterstützung findet das Vorhaben
                                                                                  außerdem durch die enge Kooperation mit der Bür-
4 Projektkoordinatoren    DR. CLAUDIA BLEI-HOCH                                   gerstiftung Dresden, die als wichtigster regionaler
(halbe Stellen)           Kontakte Grundschulen, Fortbildung Vorlesepaten         Förderer des Ehrenamtes das Projekt mit ca. 60
                          MARIT KUNIS-MICHEL                                      ehrenamtlichen Vorlesepaten in der angestrebten
                          Kontakte Kindergärten,                                  Dimension überhaupt möglich macht. Da das Pro-
                          Auswahl und Betreuung Vorlesepaten                      jekt im Kern Vorleseaktivitäten beinhaltet, bei
                          CHRISTINE LIPPMANN                                      denen es um eine geschätzte Gesamtzahl von jähr-
                          Kontakte Bibliotheken,                                  lich rund 2.000 Veranstaltungen für Vorschulkinder
                          Konzeption und Organisation Lesefeste                   und Erstklässler geht, die generell für alle Kinder
                          HOLGER NITZSCHNER                                       kostenlos sind, ist eine enge Vernetzung von ehren-
                          Finanzcontrolling, EDV, Webauftritt,                    amtlichem und bibliothekarischem Engagement
                          Öffentlichkeitsarbeit                                   unabdingbare Voraussetzung.

Projektbibliotheken       MITTE        OST        WEST       SÜD     NORD         Leselust kann bei jedem Kind geweckt werden. Eine
                          Haupt-     Blasewitz Gorbitz Prohlis Pieschen           Schlüsselrolle kommt dabei den Bibliotheken zu,
                          und        Weißig    Cotta   Reick    Klotzsche         denn bibliothekarische Leseförderung ist im Kern
                          Musik                        Strehlen                   immer Förderung von Lesefreude und Leselust.
                          bibliothek                                              Dass hierbei noch gezielter als bisher vorgegangen
                                                                                  werden kann und bedürftige Kinder noch intensiver
Personal für              Ehrenamtliche      Externe         Bibliothekarisches   in den Blick genommen werden können, soll unser
Veranstaltungstätigkeit   Mitarbeiter        Honorarkräfte   Fachpersonal         neues Projekt mit all seinen Aktionen rund ums
                                                                                  Bilderbuch zeigen. Voraussetzung dafür ist ein aus-
                                                                                  gebautes Netzwerk der Lesekultur, das ausgehend
                                                                                  von den Bibliotheken mit Kindergärten, Schulen,
                          Kindergärten, Bibliotheken und Grundschulen eine        Multiplikatoren und Elternhäusern engmaschig
                          neue Bedeutung. Gefragt sind Konzepte zur Bünde-        geknüpft wurde. Ziel ist es dabei, die Kernkompe-
                          lung und Vernetzung vorhandener Ressourcen und          tenzen Sprach- und Lesefähigkeit bei allen Kindern
                          Strukturen gegen den offensichtlichen Zusammen-         verbessern zu helfen, um ihre Bildungschancen
                          hang von Schichtzugehörigkeit und Lernerfolg.           nachhaltig zu erhöhen.

                          Das neue Gemeinschaftsprojekt der Städtischen           3. Das Projektteam
                          Bibliotheken Dresden, der Bürgerstiftung Dresden        Aus zahlreichen Bewerbern wurde im April 2008
                          und der Drosos Stiftung Zürich richtet sich genau       das vierköpfige Projektteam (vier halbe Stellen) aus-
                          an diese Kinder im Übergangsalter vom Vorschul-         gewählt, in dessen Händen seit Mai die gesamte Pla-
                          kind zum Erstleser sowie an deren Eltern und            nung, Organisation und Durchführung des Vorha-
                          Betreuungspersonen. Ziel soll es dabei sein, durch      bens liegt. Es besteht aus einer Mitarbeiterin und
                          eine breit angelegte Leseförderung sowie eine hohe      einem Mitarbeiter der Städtischen Bibliotheken
                          Betreuungsdichte besonders Kinder aus lesefernen        Dresden, die für die Projektzeit befristet in das Lese-
                          und sozial benachteiligten Familien zu erreichen.       stark-Team wechselten und über eine bibliothekari-
                          Im engen Zusammenwirken mit Kindergärten und            sche Ausbildung sowie über praktische Erfahrung in
                          Grundschulen sollen dabei spielerische und              der Zielgruppenarbeit verfügen. Durch die Möglich-
                          aktionsbetonte Konzepte umgesetzt werden, in            keit einer externen Stellenausschreibung konnten
                          deren Mittelpunkt immer die Arbeit mit dem Bil-         wir zur Ergänzung der erforderlichen Kompetenzen
                          derbuch steht.                                          und zur Stärkung des Teams eine ausgebildete Kom-
                                                                                  munikationswissenschaftlerin gewinnen, die außer-
                          2. Partner                                              dem nebenamtlich einen Dresdner Kinderladen lei-
                          Der grundsätzlich kostenlose Zugang zu hochwerti-       tet sowie eine Kunstpädagogin, die neben ihrer
                          gen Veranstaltungsangeboten für alle Kinder wird        Tätigkeit als Hochschullehrerin bereits auf Studien
in Kindergärten zur Bilderbuchrezeption verweisen      zeigte sich, dass das Anliegen, Kindern Lesefreude
konnte. Die unterschiedlichen Erfahrungen und          zu vermitteln, vielen Dresdnern sehr am Herzen
eingebrachten Kompetenzen wirken sich positiv bei      liegt. Nach ausführlichen Bewerbungsgesprächen
der Bewältigung der Fülle und Komplexität der zu       mit über 150 Interessierten wurden 57 Vorlesepaten
bearbeitenden Aufgabenfelder aus. Dabei hat sich       für die direkte Projektarbeit ausgewählt. Allen
eine gewisse Spezialisierung und Arbeitsteilung        Bewerbern, die nicht in den engeren Kreis einer
(siehe Organigramm) als günstig erwiesen. Neben        Vorlesepatenschaft für das Projekt gekommen sind,
der notwendigen Auswahl und Schulung der Vorle-        wurden andere Einsatzmöglichkeiten innerhalb der
sepaten widmete sich das Team in den ersten Mona-      Städtischen Bibliotheken Dresden wie auch über
ten dem Aufbau der Kooperationsbeziehungen             die Freiwilligenagentur der Bürgerstiftung Dresden
zwischen Vorlesepaten, Projektbibliotheken und         angeboten. Auf diese Weise konnte gewährleistet
beteiligten Kindergärten und Grundschulen. Außer-      werden, dass alle Interessenten eine Möglichkeit zur
dem wurden Informationsmaterialien und Flyer für       aktiven Beteiligung an der Leseförderung von Her-
Eltern und Pädagogen entwickelt. Lediglich die pro-    anwachsenden erhielten.
zessbegleitende Evaluation des Projektes wird von
externen Experten der TU Dresden durchgeführt.
Die Projektleitung obliegt dem Direktor der Städti-
schen Bibliotheken Dresden, die konzeptionelle
und fachliche Beratung erfolgt durch die Lektorin
für Kinder- und Jugendmedien.

4. Die Vorlesepaten
Bereits zu Beginn des Beitrages wurde auf die zen-
trale Rolle der im Projekt ehrenamtlich tätigen Vor-
lesepaten hingewiesen. Tatsächlich gehören sie zu
den tragenden Säulen im Projekt. Sie sind diejeni-
gen, die gemeinsam mit den Bibliotheksmitarbei-
tern individuelle Programme erstellen und als Ver-
mittler kinderliterarischer Texte in Bibliotheken,
Schulen und Kindergärten vorlesen bzw. agieren.
Um geeignete Personen für diese anspruchsvolle
Aufgabe zu gewinnen, erfolgte im Mai dieses Jahres
in enger Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung
Dresden eine öffentliche Ausschreibung. Hierbei
218 //      Bibliotheken in Sachsen

TA B E L L E 1 : K I N D E R GÄ R T E N                                          Schulungsschwerpunkt vorab lag auf Neuerschei-
                                                                                 nungen und aktuellen Entwicklungen des deutsch-
            Kitas    Kitas im in Prozent    Vorschul- Vorschul-    in Prozent    sprachigen Bilderbuchmarktes. Ferner diskutierten
            gesamt   Projekt                kinder    kinder
                                            gesamt    im Projekt                 sie mit dem Verleger des renommierten Moritz-
Weißig      7        5         71,4%        108       98           90,7%         Verlages, Markus Weber, über kindgemäße Bilder-
                                                                                 bücher und ließen sich durch praxisnahe Vorschläge
Strehlen    3        2         66,7%        99        82           82,8%         zur methodischen Gestaltung von Vorlesebeiträgen
Prohlis     13       10        76,9%        214       177          82,7%         mit Bilderbüchern inspirieren.
Pieschen    20       14        70,0%        420       347          82,6%
                                                                                 5. Die Bibliotheken
Gorbitz     9        7         77,8%        247       188          76,1%         Basis aller lesefördernden Aktivitäten rund um das
Cotta       8        5         62,5%        211       147          69,7%         Medium Buch sind zehn ausgewählte Dresdner
Blasewitz   20       10        50,0%        301       182          60,5%         Stadtteilbibliotheken als etablierte Zentren der
                                                                                 außerschulischen Leseförderung. Die notwendige
Reick       4        2         50,0%        126       76           60,3%         Auswahl orientierte sich am Anteil an Sozialhilfe-
Klotzsche   11       7         63,6%        193       105          54,4%         empfängern im Einzugsbereich der Stadtteilbiblio-
HMB         10       5         50,0%        131       71           54,2%         theken. Hieraus resultierend wurden sieben Stadt-
                                                                                 teilbibliotheken ausgewählt, in deren Umfeld sich
Summe       105      66        62,9%        1984      1443         72,7%         durch einen Anteil von mehr als 20 % Sozialhilfe-
                                                                                 empfängern eine besondere Versorgungsfunktion
                                                                                 für die sozial schwächsten Bevölkerungsanteile
                                                                                 ergibt. Schwierigkeiten der Versorgung und Betreu-
TA B E L L E 2 : G R U N D S C H U L E N                                         ung von Kindern unter oben genannten Zielrich-
                                                                                 tungen bestehen außerdem in einigen Stadtrandge-
            GS       GS im     in Prozent   Grund-    Grund-       in Prozent    bieten.
            gesamt   Projekt                schüler   schüler
                                            gesamt    im Projekt                 Bedingt durch Randlage, fehlende Infrastruktur und
Reick       1        1         100,0%       31        31           100,0%        lange Wege wurden daher zwei weitere Bibliotheken
                                                                                 zur Teilnahme am Projekt ausgewählt. Die 10. Pro-
Blasewitz   4        3         75,0%        195       155          79,5%         jektbibliothek liegt in einem dicht besiedelten
Prohlis     4        3         75,0%        221       171          77,4%         Dresdner Stadtteil, der die Struktur einer Kleinstadt
Klotzsche   3        2         66,7%        120       69           57,5%         hat. Die Bibliothek sieht sich hier einer wachsenden
                                                                                 Anzahl von Kindergärten und Schulen gegenüber,
Weißig      2        1         50,0%        86        41           47,7%         die nicht im erforderlichen Maß betreut werden
Cotta       4        2         50,0%        150       62           41,3%         können. Eine Integration ins Projekt schien daher
Strehlen    3        1         33,3%        122       45           36,9%         geboten, um auch in diesem Stadtteil Kinder mit
                                                                                 erhöhtem Förderbedarf im Interesse von Chancen-
Pieschen    6        2         33,3%        346       82           23,7%         gleichheit zu erreichen.
Gorbitz     4        1         25,0%        132       31           23,5%
HMB         3        0         0,0%         83        0            0,0%          6. Die Kindergärten und Grundschulen
                                                                                 Seit Juni 2008 wurden Kindergärten und Grund-
Summe       34       17        50,0%        1486      687          46,2%         schulen gezielt über Projektinhalte und -ziele infor-
                                                                                 miert und zur Teilnahme angeregt. Wichtig war uns
                                                                                 dabei zu betonen, dass sämtliche Veranstaltungs-
                          Seit September ist nun unsere „Lesestark-Auswahl“      und Vorleseangebote für alle Kinder im Projekt
                          in zehn Stadtteilbibliotheken voller Ideen und         kostenfrei sind. Nur so kann die Teilnahme von
                          Engagement aktiv. Die Heterogenität der Vorlesepa-     Kindern aus sozial benachteiligten Familien sicher
                          ten, die aus unterschiedlichen Berufs- und Alters-     gestellt werden. Die Einrichtungen erfuhren außer-
                          gruppen kommen – die Spanne reicht vom 18-jähri-       dem, dass für jede der am Projekt beteiligten Vor-
                          gen Studenten bis zum 75-jährigen Rentner – sowie
                          deren ganz individuelle Erfahrungen mit Kindern
                          und Kinderliteratur, machen eine weitere Besonder-
                          heit des Projekts aus. Um ihre Tätigkeit in Biblio-
                          theken, Kindergärten und Grundschulen kompe-
                          tent ausführen zu können, erhalten sie projekt-
                          begleitend theoriegeleitete und praxisorientierte
                          Fortbildungsangebote zum Vorlesen, Erzählen und
                          Präsentieren von Bilderbüchern. Bislang absolvier-
                          ten sie drei Seminare zur Sprecherziehung, in
                          denen sie mit Vortragsweisen literarischer Texte und
                          mit Fragen von Intonation und Stimmführung ver-
                          traut gemacht wurden. Ein weiterer wichtiger
schulgruppen bzw. Grundschulklassen mindestens           Bibliotheken formiert und arbeiten mit diesen
einmal im Monat ein Veranstaltungstermin rund            konzeptionell und praktisch Hand in Hand. Die
ums Buch konzipiert wird, damit eine Kontinuität         meisten von ihnen haben ihre erste Vorlesestunde
der Begegnung mit Bilderbüchern, Vorleseaktionen         bereits erfolgreich bestritten. Ausgestattet mit
sowie literaturvermittelnden Akteuren gewährleistet      einem dekorativen Lesekoffer und gut bestuhlt,
werden kann. Durch diese Kontinuität, so eine er-        denn der Medienpartner der Projektes, die Sächsi-
klärte Absicht des Projektes, soll den Heranwach-        sche Zeitung, hat zehn eindrucksvolle Lesethrone
senden die positive Wirkung von Literatur und            gespendet, haben sie nun endlich die Möglichkeit,
Lesen erfahrbar werden, um damit, so ist zu hoffen,      all das vorhandene und erworbene Wissen sowie
den Grundstein für eine eigene erfolgreiche Lese-        ihre eigene Lesebegeisterung an Kinder weiter zu
biografie zu legen.                                      geben. Die beteiligten Kindergärten und Grundschu-
                                                         len besitzen ihre Jahresplanung, in der ihre Wünsche
Der derzeitige Erfassungsgrad der teilnehmenden          nach besonderen Veranstaltungen rund ums Buch
Einrichtungen liegt bei 73,9 % für die Kindergärten      (wie z.B. Papierschöpfen oder Kinderhörclubs) eben-
und bei 46,2 % für die Grundschulen. Die Übersich-       so berücksichtigt wurden wie die monatlichen Vorle-
ten zeigen den aktuellen Stand der Vertragsabschlüs-     setermine der Vorlesepaten. Und auch die zehn
se im Einzugsbereich der Stadtteilbibliotheken.          Stadtteilbibliotheken, in denen ja der Großteil der
                                                         Veranstaltungen stattfinden wird, haben ihre Auft-
Bereits im ersten Jahr zeichnen sich großes Interesse    aktveranstaltungen sowie den ersten Ansturm gut
und rege Beteiligung am Projekt ab, wobei deutliche      gemeistert. So bleibt jetzt allmählich Zeit, um einen
Differenzen zwischen der Kooperationsbereitschaft        monatlichen Treff zu organisieren, bei dem sich Vor-
der Kindergärten und der Grundschulen festzustel-        lesepaten über Erfahrungen in ihren Veranstaltungen
len sind. Es bleibt zu hoffen, dass eine positive        sowie beim Auswählen der Literatur
Bilanz des ersten Jahres und eine kontinuierliche        und beim Vorbereiten auf eine Vor-                      CLAUDIA

Information über das Projekt in den Medien zu            lesestunde austauschen können.                          BLEI-HOCH

einer Mehrbeteiligung im zweiten Projektjahr             Und auch ein ständiger Kontakt mit
führen werden.                                           den Bibliotheken und dem pädago-
                                                         gischen Personal der Kindergärten
7. Ausblick                                              und Grundschulen wird angestrebt,
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet sich das            denn voneinander zu wissen und                          SONHILD

Projekt in seiner praktischen Anlaufphase. Es ist        die anstehenden Fragen und Proble-                      MENZEL

eine Art Feuertaufe, denn alles, was geschieht, ist in   me auf direktem Weg zu klären,
dieser Form Neuland. Die Vorlesepaten haben sich         wird für den Erfolg des Vorhabens
zu kleinen Teams von drei bis fünf Personen in den       entscheidend sein.
220 //   Bibliotheken in Sachsen

Die Kunstbibliothek
als Teaching Library
von ELISABETH HÄGER-WEIGEL und CLAUDIA SCHMIDT

                   N
                             och vor wenigen Jahren in aller Munde,        Bibliothek für elf Museen
                             geradezu versatzstückartig in jedem Biblio-   Als zentrale wissenschaftliche Bibliothek der Staatli-
                             thekskonzept verwendet und bibliotheks-       chen Kunstsammlungen Dresden ist die Kunstbib-
                   politisch eingesetzt, ist es inzwischen ruhig gewor-    liothek zunächst für die Literaturversorgung der
                   den um den Begriff „Teaching Library“. Dies könnte      Mitarbeiter der elf, dem Verbund angehörigen
                   schlimmstenfalls als Hinweis auf das Abebben einer      Museen zuständig. Darüber hinaus steht sie allen
                   Modeerscheinung gewertet werden; tatsächlich            offen, die auf kunsthistorische Literatur und solche
                   jedoch scheinen viele Bibliotheken ihre Funktion        aus angrenzenden Fachgebieten zurückgreifen – sei
                   als „Orte des Lernens“ – auf vielfache Weise inhalt-    es zu Forschungszwecken oder aus persönlichem
                   lich untersetzt – seit dem mit großer Selbstverständ-   Interesse. Diese traditionelle Funktion einer wissen-
                   lichkeit als Kerngeschäft definiert zu haben, so auch   schaftlichen Spezialbibliothek wird seit dem Einzug
                   die Kunstbibliothek der Staatlichen Kunstsamm-          der Kunstbibliothek ins Dresdner Residenzschloss
                   lungen Dresden.                                         2004 ergänzt durch die Veranstaltungsreihe „Kunst
                   Die Erfahrungen zeigen, dass diese Art von Kernge-      und Lesen“. Das Konzept birgt Potential, das eine
                   schäft keinesfalls die unattraktive Assoziation mit     Übertragbarkeit auf verschiedene Nutzerklientel
                   Alltag, Routine, Normalität zulässt, sondern eine       erlaubt.
                   kreative Eigendynamik zum Vorteil von Nutzer und        Der Titel „Kunst und Lesen“ steht für die Verbin-
                   Bibliothek entwickelt.                                  dung von Museum und Bibliothek, für die Förde-
                                                                           rung von Kunstverständnis durch Einsatz von
                                                                           Fachliteratur. Der institutionell übergreifende
                                                                           Ansatz erfordert eine klare Aufteilung von Kompe-
                                                                           tenzen: Die Aufgabe der Kunstbibliothek besteht
                                                                           letztlich in der Vermittlung von Strategien wissen-
                                                                           schaftlichen Arbeitens – die der Museumspädagogik
                                                                           in der Auswertung der Ergebnisse am originalen
                                                                           Kunstwerk im Museum.
                                                                           Mit einem solchen Ansatz standen zunächst Schü-
                                                                           ler als Zielgruppe im Focus. Die Durchsicht der
                                                                           Lehrpläne ergab zahlreiche Anknüpfungspunkte:
                                                                           im Grunde gilt für alle Schulformen und
                                                                           Altersklassen, die eigenständige Erarbeitung von
                                                                           Inhalten zu fördern; ebenso wird eine fächerüber-
                                                                           greifende Herangehensweise empfohlen. Trotz
                                                                           der Übereinstimmungen in den Lehrplänen muss
                                                                           natürlich dem jeweiligen „Bildungsstand“ der
"Kunst erlesen" –
                                                                                                             Schüler recherchieren im
                                                                                                             Lesesaal zu Werken der
                                                                                                             Staatlichen Kunstsamm-
Schüler bei der Durchführung der Veranstaltung        erfolgt über die Auseinandersetzung wiederum           lungen
Rechnung getragen werden.                             mit speziellen Kunstwerken oder aber mit einem
                                                      übergeordneten Themenkreis. Anknüpfungspunkt
Kunst und Lesen                                       bleibt auch hier die in den Museen der Staatlichen
„Kunst und Lesen“ wird in zwei unterschiedlich        Kunstsammlungen Dresden erlebbare Kunst. Der
anspruchsvoll gestalteten Varianten angeboten.        Anteil der theoretischen Arbeit in der Kunstbiblio-
Variante I richtet sich an Grundschulschüler und      thek liegt deutlich höher als bei den Schülern der
solche der Sekundarstufe I. Im Mittelpunkt der Ver-   Grundschulen und der Sekundarstufe I. Besonderer
anstaltung steht ein ausgewähltes Kunstwerk aus       Wert wird hierbei auf die Vermittlung bestimmter
einem der Museen der Staatlichen Kunstsammlun-        Recherchestrategien und die wissenschaftliche Aus-
gen Dresden. Nach einer kurzen, altersgerechten       wertung der Informationen gelegt. In kleinen Grup-
Bibliotheksführung arbeiten die Schüler mit einem     pen erarbeiten die Schüler in „selbstgesteuertem
zuvor vorbereiteten Handapparat im Lesesaal und       Lernen“ die wesentlichen Inhalte und tragen diese
recherchieren z.B. zum Künstler oder zum Thema        in Form eines Kurzreferates im Museum vor.
„ihres“ Kunstwerkes. Jungen Kindern ohne Lesefer-     Offenbar überzeugt „Kunst und Lesen“. Denn aus-
tigkeit wird ein wissenschaftlicher Text aus einem    gehend von dem beschriebenen Grundkonzept ent-
Ausstellungskatalog oder einer anderen kunsthisto-    wickelten sich Ideen für andere Veranstaltungen
rischen Publikation (jedoch nicht aus Kinderlitera-   und Projekte.
tur!) vorgelesen. Die sich anschließende Diskussion
oder Besprechung fördert die intellektuelle Verar-    Schüler für Schüler
beitung, aber auch die Verknüpfung mit ganz indi-     So äußerten Schüler eines Leistungskurses Kunst
viduellen Eindrücken. Neben den hohen Anforde-        (12. Klasse) im Anschluss an eine Veranstaltung von
rungen beim Verstehen der Texte werden die Kinder     „Kunst und Lesen“ den Wunsch, die Kunstbiblio-
angeregt, die Inhalte nach eigenen Interessen und     thek gleich auf zweierlei Weise, für die Erarbeitung
Erfahrungen aufzugreifen und diese mündlich oder      und Präsentation ihrer Abschlussarbeiten, zu nut-
schriftlich weiterzuentwickeln. Die Veranstaltung     zen. Diese Abschlussarbeiten bestanden aus einer
endet mit einem Museumsbesuch; vor den Origina-       theoretischen, kunstwissenschaftlichen und jeweils
len tragen die Schüler die von ihnen gewonnenen       einer praktischen Arbeit aus dem Bereich Plastik,
Erkenntnisse oder aber auch ausgedachte Geschich-     Lithographie und Malerei oder Photographie. Die
ten (1. und 2. Grundschulklasse) vor.                 Auseinandersetzung mit Spezialliteratur führte zu
Variante II des Projektes „Kunst und Lesen“ zielt     einer durchgehend beachtlichen Qualität der
auf ältere Gymnasiasten und Mittelschüler ab der 7.   theoretischen Abschlussarbeiten und regte nach-
Klasse. Das Angebot wird gerne von Kunst-,            weislich die praktische Umsetzung der gewählten
Geschichts- oder Deutschkursen genutzt, um ein im     Themen an. Die „Krönung“ der etwa ein Jahr an-
Unterricht behandeltes Thema zu vertiefen. Dies       dauernden intensiven Zusammenarbeit bildete die
"Kunst erleben" -
                                                                                                                 Schüler bei einer
                                                                                                                 Führung

Eröffnung der Ausstellung „Licht – Wasser – Zei-       der Kunstbibliothek auszuwerten. Die Senioren
chen“. Ausstellungsbegleitend boten die Schüler        greifen gerne auf zuvor zusammengestellte Handap-
Führungen für andere Schüler an. Selbst Studenten      parate zurück. Die Vermittlung von Recherchestra-
der TU Dresden, Fachbereich Kunstpädagogik, mel-       tegien spielt eine untergeordnete Rolle. Besonders
deten sich für eine solche Führung an. Daraus wie-     engagiert werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen
derum entwickelten sich Beziehungen, die zum           im Museum vorgetragen – oftmals nutzen die Teil-
Start eines vergleichbaren Projektes mit Kunst-        nehmer die Gelegenheit, während des Referierens
pädagogik-Studenten ab November 2009 führten.          vor dem Original persönliche Reiseerlebnisse und
Auch der Lehrstuhl „Psychologie des Lernens und        daraus abgeleitete Hypothesen in die Kunstinterpre-
Lehrens“ an der TU Dresden griff dass Grundkon-        tationen einfließen zu lassen.
zept von „Kunst und Lesen“ auf. Eine ausgewählte       Das Konzept von „Kunst und Lesen“ erlaubt eine
10. Gymnasialklasse recherchierte zu selbstgewähl-     flexible Anpassung an die Wünsche und Bedürfnis-
ten kunsthistorischen Fragestellungen in der Kunst-    se ganz unterschiedlicher Nutzergruppen. Wenn-
bibliothek und bereitete die Ergebnisse so auf, dass   gleich die Kooperation von Museumspädagogik
sie mit Hilfe der Software „Studierplatz 2000“ für     und Kunstbibliothek fest verankert ist, wird darüber
andere Jugendliche per Internet abfragbar wurden.      hinaus auch die Zusammenarbeit mit weiteren Part-
Neben aller schulpädagogischen Ernsthaftigkeit         nern sehr begrüßt.
spielt auch der „Spaßfaktor“ eine Rolle. Anders        Ein solcher Partner waren in diesem Jahr die Städti-
wäre nicht zu erklären, warum eine Veranstaltung       schen Bibliotheken Dresden. Diese Partnerschaft
von „Kunst und Lesen“ mit einer Gymnasialklasse,       bewirkte, „Kunst und Lesen“ um eine zusätzliche
die sich mit Tierdarstellungen in graphischen Tech-    Komponente zu erweitern: neben wissenschaftli-
niken beschäftigte, auf so viel Resonanz stieß, dass   cher Literatur wurde auch die Lektüre von Belletri-
auch der alljährliche „Elterntag“ der Klasse daran     stik angeboten, um nicht nur das spezielle Kunst-
anknüpfte. Die Besonderheit lag darin, einen Work-     verständnis zu fördern, sondern
                                                                                                              ELISABETH
shop anzuschließen, bei dem die Technik der Kalt-      auch Kenntnisse über kulturelle
                                                                                                              HÄGER-
nadelradierung praktisch erprobt werden konnte.        Hintergründe zu vermitteln. Zahl-
                                                                                                              WEIGEL
                                                       reiche Ausstellungen der Staatli-
Programme für Senioren                                 chen Kunstsammlungen Dresden
Seit März 2007 wird das Projekt „Kunst und Lesen“      unter dem Thema „China in Dres-
auch für Senioren angeboten. Wenngleich äußere         den in China“ boten den Anlass
Zwänge wie Berücksichtigung von Lehrplananforde-                                                              CLAUDIA
                                                       hierfür.
rungen entfallen, geht auch diese Klientel mit                                                                SCHMIDT
                                                       Die eingangs erwähnte kreative
großem Interesse und beeindruckender Disziplin         Eigendynamik lässt viele Möglich-
daran, wissenschaftliche Literatur zu selbst gewähl-   keiten zu, das Bibliotheksprofil als
ten Kunstwerken oder kunsthistorischen Themen in       „Teaching Library“ zu schärfen.
Bibliotheken in Sachsen   // 223

Virtuelle Bibliothek
und eCampus –
eLearning an der
HTW Dresden
von HELGE FISCHER

D
        ie Initiative eCampus wurde am 1. Februar       Hochschulbereiche sowie der Studentenschaft
        2008 ins Leben gerufen, um an der Hoch-         zusammensetzt, und der alle Aktivitäten der Initia-
        schule für Technik und Wirtschaft Dresden       tive eCampus begleitet.
(HTW) vorhandene Strukturen, Erfahrungen und
Potenziale im Bereich des eLearning zu bündeln          Drei MitarbeiterInnen übernehmen die operative
und innovative Lehr- und Lernformen nachhaltig          Umsetzung der zentralen Aufgabenbereiche des
und als integrativen Bestandteil in der akademi-        Projektes. Dazu gehört die Organisationsentwick-
schen Aus- und Weiterbildung zu etablieren.             lung – das Schaffen der organisatorischen Rahmen-
Anteilig finanziert wird eCampus durch das Sächsi-      bedingungen für eLearning – die Öffentlichkeitsar-
sche Staatministerium für Wissenschaft und Kunst        beit sowie die Unterstützung der Kompetenzent-
(SMWK) und durch die HTW Dresden. Basis ist             wicklung der potentiellen eLearning-Nutzer. Als
die Initiative zur „Förderung von Projekten zur stra-   weiterer Aufgabenschwerpunkt spielt die Qualitäts-
tegischen Verankerung des eLearning und zur weite-
ren Erschließung von Nutzerkreisen für das netzge-
stützte Lehren und Lernen an den sächsischen
Hochschulen“. Prof. Dr. Teresa Merino (Fachbe-
reich Informatik/Mathematik), Dipl.-Lehrerin
Renate Rudat (Leiterin des Sprachenzentrums) und
Prof. Dr.-Ing. Ivan Panajotov (Fachbereich Vermes-
sungswesen/Kartografie) sind Hochschullehrer an
der HTW und gleichzeitig Initiatoren und Koordi-
natoren von eCampus. Ihre strategischen Konzepte
werden von drei MitarbeiterInnen und engagierten
studentischen Hilfskräften umgesetzt. Am 21. Feb-
ruar 2008 wurde zudem der eCampus-Beirat ge-
gründet, der sich aus Vertretern der einzelnen
224 //       Bibliotheken in Sachsen

                                                                                                         eCampus-Koordinatoren
                                                                                                         (von links nach rechts):
                                                                                                         Prof. I. Panajotov,
                                                                                                         Prof. T. Merino, R. Rudat

sicherung eine wichtige Rolle ein. Es werden Daten
erhoben, mit dem Ziel die unterschiedlichen, teil-                 www.htw-dresden.de/ecampus
weise fachspezifischen Anforderungen an eLearning
zu erfassen und den Entwicklungs- bzw. Versteti-
gungsprozess von eLearning an der HTW Dresden
voranzutreiben.                                        Unterstützung von Lehr-, Lern-, Kommunikations-
Ziel des Aufgabenbereiches Contenterstellung ist       und Organisationsprozessen im Hochschulalltag:
die Entwicklung von neuen eLearning-Angeboten          So können Lehrende beispielsweise Lehrmaterialien
und die Erarbeitung von Maßnahmen zum Einsatz          geschützt zur Verfügung stellen, Online-Kurse
und zur curricularen Integration netzgestützter        erstellen, Lehradministration vereinfachen etc. Für
Lehr-und Lernprozesse in die Präsenzlehre der          Studierende bietet OPAL neben dem Zugriff auf die
HTW Dresden.                                           genannten Lehrmaterialien weiterführende Mög-
                                                       lichkeiten zur Kommunikation und zur Organisati-
Im Rahmen des Projektbereiches Contenterstellung       on des Studienalltages. Im Rahmen der Initiative
wurde mit der „Virtuellen Bibliothek“ in Zusam-        eCampus erhalten Lehrende der HTW Dresden die
menarbeit mit der Bibliothek der HTW Dresden           notwendigen Hilfestellungen zur Nutzung des
ein Medienangebot mit großer praktischer Relevanz      Systems durch flankierende Unterstützungsangebo-
für Studierende entwickelt. Es bietet Interessierten   te (z.B. Schulungen, Beratungen etc.).
die Möglichkeit vom heimischen PC aus einen vir-
tuellen Rundgang durch die Bibliothek zu unter-        Seit Bestehen der Initiative eCampus konnte das
nehmen. Anhand einer dreistufigen Navigation           Team wichtige Erfolge verbuchen: So gibt es seit
kann sich der Benutzer durch die unterschiedlichen     Projektbeginn über 2.300 neue Nutzer/-innen in
Stationen und Etagen der HTW-Bibliothek bewe-          OPAL. Gegenwärtig sind an der HTW Dresden
gen. Auf diese Weise lernt er die Räumlichkeiten       über 4.000 Nutzer auf OPAL registriert, somit
und das Ordnungssystem der zentralen Hochschu-         besitzt die Mehrheit aller Hochschulangehörigen
leinrichtung kennen und wird beim nächsten (rea-       ein OPAL-Login. Dieser positive Trend wurde
len) Besuch kaum Schwierigkeiten haben, sich zu        durch eine Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten
orientieren. Alles, was er für den virtuellen Rund-    angestoßen. Um potentiellen NutzerInnen den
gang benötigt, ist ein PC mit Internetanschluss und    effektiven Umgang mit Neuen Medien in der
installiertem Adobe Flash Player. Das Angebot „Vir-    Hochschullehre zu ermöglichen, sind zahlreiche
tuelle Bibliothek“ beweist einmal mehr, dass sich      Schulungen und Workshops rund um eLearning
der Einsatz Neuer Medien und das „klassische“          angeboten worden. Über den gesamten Projektzeit-
Dienstleistungsspektrum von Bibliotheken sinnvoll      raum hinweg wurden zudem Informations- und
ergänzen.                                              Kommunikationsangebote bereitgestellt, um mög-
                                                       lichst viele Hochschulangehörige aktiv in den Pro-
Die zentrale technologische Basis des eLearning an     zess der eLearning-Integration ein-
                                                                                                             HELGE
der HTW Dresden ist die Lernplattform OPAL             zubeziehen. Mit dem Aufbau von
                                                                                                             FISCHER
(Online-Plattform für akademisches Lehren und          Supportstrukturen konnten die
Lernen), welche allen Hochschulangehörigen             Voraussetzung für das Wachstum
kostenfrei zur Verfügung steht. Als Lernplattform      der hochschulweiten eLearning-
bietet OPAL zahlreiche Funktionalitäten für die        Community geschaffen werden.
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