Boden und Altlasten - Nachrichten aus Hessen - Ausgabe 2021 Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie - Hessisches ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen Ausgabe 2021
Impressum Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Bearbeitung: HLNUG Dezernat G3 „Boden und Altlasten“ Lena Jedmowski, Katrin Lügger, Margot Krug, Volker Zeisberger Titelbild: links oben: HLNUG rechts oben: Collin Weber links unten: HLNUG rechts unten: Regierungspräsidium Darmstadt Herausgeber, © und Vertrieb: Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie Rheingaustraße 186 65203 Wiesbaden Telefon: 0611 69 39 -111 Telefax: 0611 69 39-555 E-Mail: vertrieb@hlnug.hessen.de www.hlnug.de Das HLNUG auf Twitter: https://twitter.com/hlnug_hessen Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 4 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Inhalt Impressum............................................................................................................................................. 3 Vorwort................................................................................................................................................. 5 Lössboden – Boden des Jahres 2021....................................................................................................... 6 Die Rolle des HLNUG bei der Gefahrenabwehr von Bodenerosion durch Wasser............................................................................................................. 9 Auch in Hessen: Mikroplastik in Böden! Laufende Untersuchung der Plastikgehalte in den Auenböden von Lahn und Nidda ............................................................................................................................ 12 Zweite Ausbaustufe der Bodenflächendaten 1 : 50 000......................................................................... 16 Aufbringung von Bodenmaterial zur landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Bodenverbesserung.............................................................................................................................. 17 Thermische Boden- und Grundwassersanierung – Beispiele aus Südhessen........................................... 19 PFC – Tausendundeine Verwendungsmöglichkeiten.............................................................................. 30 Neues aus dem Bereich der Altflächendatei.......................................................................................... 35 Neuerscheinungen............................................................................................................................... 38 Interessantes und Wissenswertes......................................................................................................... 43
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 5 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Vorwort Im Jahr 1999 erschien die mäßig das Thema Bodenerosion auf, welches von erste Ausgabe des „Altlas- der Allgemeinheit meist in Form von „Schlammlawi- ten-annual“, in dem jähr- nen“ wahrgenommen wird. Dabei müsste die Ver- lich über neue Entwick- hinderung von Erosion und somit der Erhalt der Bo- lungen zu Altlastenthemen denfruchtbarkeit von höchster Priorität sein, um die berichtet wurde. Mit 20 wachsende Weltbevölkerung dauerhaft zu ernähren. Ausgaben von jeweils etwa Neben dem unbeabsichtigten Abschwemmen von 100 Seiten war es ein wich- Böden ist auch das gezielte Aufbringen von Bo- tiger und traditionsreicher denmaterial auf landwirtschaftlich genutzte Bö- Bestandteil der HLNUG- den von Umweltrelevanz, denn die beaufschlagten Schriftenreihen. Böden sollen weder durch Verdichtung noch durch Schadstoffe beeinträchtigt werden. Heute halten Sie die Erstausgabe einer neuen Ver- öffentlichungsreihe in der Hand: Boden und Altlas- Die Schadstoffgruppe PFC, die spezielle fluorierte ten – Nachrichten aus Hessen tritt einerseits in Chemikalien umfasst und vielfältige Einsatzbereiche die Fußstapfen des „Altlasten- annual“, andererseits hat, wird in Fachkreisen intensiv diskutiert; so er- wurde das Themenfeld weiter aufgespannt. Denn staunt es, dass diese Stoffgruppe trotz ihrer hohen Bodenschutz beginnt nicht mit der „Nachsorge“, al- Umweltrelevanz in der Öffentlichkeit nur in weni- so der Sanierung von Altlasten und schädlichen Bo- gen Fällen wahrgenommen wird, z. B. in Zusam- denveränderungen, sondern mit der Vorsorge. Dies menhang mit Outdoorbekleidung und Löschschäu- spiegelt sich auch in der Organisationsstruktur der men. Bei hessischen Altlastensanierungen gewinnen hessischen Umweltbehörden wider: Beim Umwelt- die thermischen Sanierungsverfahren an Bedeu- ministerium, bei den Regierungspräsidien und beim tung. Dabei wird der Boden soweit aufgeheizt, dass HLNUG sind der vorsorgende und der nachsorgende flüchtige Schadstoffe nahezu vollständig entfernt Bodenschutz „vereint“ in den jeweiligen Referaten/ werden. Dezernaten angesiedelt. Eine Grundlage für viele Themen und Fragestel- Die jährlich erscheinende Reihe berichtet für die lungen in Planung und Anwendung bieten die bo- interessierte Fachöffentlichkeit über Forschungspro- denkundlichen Kartenwerke und Flächendaten des jekte, Arbeitsfortschritte und neue Erkenntnisse. Sie HLNUG. Die digitalen Bodenflächendaten im informiert zudem über interessante Aktivitäten und Maßstab 1 : 50 000 stehen nach einer umfangreichen Publikationen im Bereich Bodenschutz und Altlas- Überarbeitung nun in einer aktualisierten Version, tensanierung auch außerhalb von Hessen. auch zur kostenfreien Nutzung in Form von Diens- ten, zur Verfügung. Die Themen in der vorliegenden Erstausgabe sind vielfältig: Der „Boden des Jahres“ ist der Lössbo- Ich wünsche Ihnen eine informative und anregen- den, der in Hessen als fruchtbarer Ackerstandort von de Lektüre und bedanke mich herzlich bei allen, die Bedeutung ist. Mikroplastik in den Weltmeeren ist zum Gelingen dieser Erstausgabe beigetragen haben. ein öffentlichkeitswirksames Thema, aber auch die Belastung von Böden rückt zunehmend in den Fo- kus der Wissenschaft und Öffentlichkeit. Beispiels- weise gelangt oft auch Plastik in die Biotonne und Prof. Dr. Thomas Schmid findet sich dann im Kompost und auf den Äckern Präsident des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, wieder. Nach Starkregenereignissen taucht regel- Umwelt und Geologie
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 6 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Lössboden – Boden des Jahres 2021 Lena Jedmowski* Der Lössboden ist Boden des Jahres 2021. Löss ist ein Interessantes zu Lössböden in Hessen: eiszeitliches, vom Wind verlagertes, feinkörniges Se- diment, das sich vor allem in Senken- und Beckenla- • Flyer zum Boden des Jahres 2021 – Lössboden: gen bis zu mehreren Metern mächtig ablagern konn- https://www.hlnug.de/fileadmin/dokumente/ te. Große Lössgebiete in Hessen sind die Bergstraße boden/boden-infos/Boden_des_Jahres/Bo- und das Reinheimer Hügelland, der Rheingau, das den_des_Jahres_2021_Loessboden.pdf oder als Main-Taunus-Vorland, die Wetterau, das Limburger gedrucktes Exemplar erhältlich. sowie das Amöneburger Becken und die Westhessi- • Bodeninformationsstationen Gladbacherhof, sche Senke (Abb. 2). Aumenau und Domäne Mechtildshausen: www. hlnug.de/themen/boden/erleben/bodenin- Aus Löss sind leicht zu bearbeitende Böden mit ho- formationsstationen her Fruchtbarkeit entstanden, die auch ein wichtiger • Bodenwanderausstellung des HLNUG, ins- Filter und Puffer im Wasserkreislauf sind: In einem besondere der Bodenquader „Löss mit Tuff- Kubikmeter Lössboden lassen sich bis zu 400 Liter band“: www.hlnug.de/themen/boden/ Wasser speichern – das sind mehr als drei gefüllte Ba- erleben/infomaterial-und-publikationen/ dewannen. bodenwanderausstellung • Informationsblatt „Die Schwarzerde – Bo- Lössböden haben häufig eine lange Nutzungsge- den des Jahres 2005“: https://www.hlnug. schichte, da sie schon den frühen Ackerbauern ideale de/fileadmin/dokumente/boden/boden- Bedingungen boten. Die lange und intensive land- infos/BJ_2005_EndfassungSchwarzerde.pdf wirtschaftliche Nutzung der Lössböden blieb aller- dings nicht ohne Folgen, denn sie sind anfällig für Weitere Informationen zum Boden des Jahres: Erosion. Viele Lössböden sind so stark abgetragen, dass nur noch Reste der ursprünglichen Bodenbil- • Kuratorium Boden des Jahres: https://boden- dung übrig sind. Abbildung 1 zeigt das für erodierte des-jahres.de/ Lössböden typische Profil einer Pararendzina in Hes- • Bundesanstalt für Geowissenschaften und Roh- sen. stoffe: https://www.bgr.bund.de/DE/The- men/Boden/Bodenbewusstsein/Boden_des_ Die Erzeugung von Nahrungsmitteln auf Lössböden Jahres/Boden_des_Jahres_2021.html steht in starker Konkurrenz zu anderen Flächennut- • Festveranstaltung zum Weltbodentag 2020 mit zungen. Die frühe und mittlerweile auch intensive Vorstellung des Lössbodens als Boden des Jahres: Besiedlung der Lössgebiete bringt einen starken Be- https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Bo- darf an Infrastruktur und Bebauung mit sich. Löss- den/Bodenbewusstsein/Boden_des_Jahres/ böden werden vielerorts versiegelt und überbaut – Boden_des_Jahres_2021-Festveranstaltung. die wertvollen Böden gehen dadurch unwiderruflich html mit Laudatio von Prof. Dr. Tamás Harrach verloren. (Gießen): „Der Lössboden: Was macht ihn zum besten Ackerstandort? Dynamik der Bodenquali- tät während der Nutzungsgeschichte“: https:// www.youtube.com/watch?v=nn-xiptCjm8 • Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft: https:// www.dbges.de/de/boden-des-jahres • Bundesverband Boden: https://www.bvboden. de/aktuelles/boden-des-jahres • Umweltbundesamt: https://www.umweltbun- desamt.de/themen/loessboden-ist-boden- des-jahres-2021 * HLNUG Dezernat G3 „Boden und Altlasten“, Kontakt: lena.jedmowski@hlnug.hessen.de
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 7 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Abb. 1: Pararendzina aus Löss © HLNUG
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 8 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Abb. 2: Karte der Lössböden in Hessen © HLNUG
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 9 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Die Rolle des HLNUG bei der Gefahrenabwehr von Bodenerosion durch Wasser Fabian Achten* Bodenerosion stellt weltweit eine der größten Be- Nährstoffe in Gewässer gelangen und die dortige drohungen für die Böden dar. Durch Wind oder ökologische Qualität beeinträchtigen. Zusätzlich Wasser ausgelöste Erosionsprozesse führen zu Ver- kann es beim erosionsbedingten Bodeneintrag in lusten von fruchtbarem Bodenmaterial, wodurch angrenzende Flächen auch zu Sach- und Personen- auch die für Menschen existenzielle Lebensgrund- schäden kommen. Dem Aspekt des Erosionsschut- lage schwindet. Auf den Erosionsflächen (on-site) zes kommt daher in Deutschland auch gesetzlich führt der Verlust des Bodenmaterials u. a. zu einer eine wichtige Bedeutung zu. Erhebliche Bodenab- Abnahme an organischer Substanz und Nährstoffen träge durch Erosion werden als eine „schädliche sowie zu einer Verminderung der Bodenmächtig- Bodenveränderung“ nach dem Bundes-Boden- keit, was den unwiederbringlichen Verlust von Bo- schutzgesetz (BBodSchG) angesehen, die es abzu- denfunktionen und der natürlichen Bodenfrucht- wehren gilt. Bei Erosionsfällen, die den Verdacht barkeit bedeuten kann. Abseits der Erosionsflächen einer schädlichen Bodenveränderung aufweisen, (off-site) können Trübstoffe oder unerwünschte kann gemäß § 8 der Bundes-Bodenschutz- und Alt- Abb. 1: Erosionsrinne auf einer Ackerfläche in der Wetterau als Folge von Bodenabschwemmungen bei einem Starkregenereignis © HLNUG * HLNUG Dezernat G3 „Boden und Altlasten“, Kontakt: fabian.achten@hlnug.hessen.de
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 10 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 lastenverordnung (BBodSchV) ein Verfahren zur de/files/2021-10/verfahrensablauf_zur_gefah- „Gefahrenabwehr von schädlichen Bodenverände- renabwehr_bei_bodenerosion.pdf. rungen aufgrund von Bodenerosion durch Wasser“ eingeleitet werden. Für den Vollzug der Gefahren- Bei Fachfragen, die sich im Zusammenhang mit den abwehr bei Bodenerosion sind in Hessen die Regie- Verfahren zur Gefahrenabwehr bei Bodenerosion er- rungspräsidien als obere Bodenschutzbehörden zu- geben, kann das Dezernat Boden und Altlasten des ständig. HLNUG unterstützen. Insbesondere kann durch das HLNUG eine orientierende Untersuchung durch- Vor dem Hintergrund einer deutlichen Zunahme geführt werden, welche den Anfangsverdacht einer massiver Bodenerosion infolge von Starkregenereig- schädlichen Bodenveränderung aufgrund von Bo- nissen in Hessen wurde mit Erlass vom 30. Novem- denerosion ausräumen oder bestätigen soll, sodass ber 2020 vom Hessischen Ministerium für Umwelt, im Weiteren ein Verfahren zur Gefahrenabwehr von Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz den oberen Bodenschutzbehörden eingeleitet wer- (HMUKLV) ein Ablaufschema entwickelt, welches den kann. Von dem Vorliegen einer schädlichen Bo- die gesetzlich festgelegten Inhalte und Abläufe nach denveränderung ist insbesondere dann auszugehen, § 8 und Anhang 4 der BBodSchV konkretisiert und wenn durch Oberflächenabfluss erhebliche Mengen somit Hilfestellung für einen rechtssicheren Vollzug Bodenmaterial aus einer Erosionsfläche geschwemmt der Verfahren geben soll. Das Ablaufschema steht wurden und weitere Bodenabträge dieser Art zu unter folgendem Link zum Download zur Verfügung: erwarten sind. In diesem Sinne gilt es, im Rahmen https://umwelt.hessen.de/sites/umwelt.hessen. der orientierenden Untersuchung festzustellen, auf Abb. 2: Luftbildaufnahme von Erosionsschäden auf einer Ackerfläche in der Wetterau mittels eines Quadrokopters © HLNUG
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 11 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 welche Erosionsfläche die Bodenabschwemmungen Abtragsmengen auf die standorttypischen Boden- zurückgeführt werden können, ob eine erhebliche funktionen betrachtet. Als Indikatoren dienen hier- Menge Bodenmaterial abgeschwemmt wurde und ob bei beispielsweise die erosionsbedingten Verluste an weitere Bodenabträge zu erwarten sind. organischer Substanz oder der Feldkapazität auf den betroffenen Flächen. Von einer Erheblichkeit der Ab- Zur Beurteilung dieser Kriterien wird zunächst die träge ist auszugehen, sofern deren Auswirkungen zu Schadens- sowie die Bewirtschaftungssituation auf nachhaltigen Beeinträchtigungen der Bodenfunktio- den betroffenen Flächen durch das HLNUG er- nen führten oder durch Off-Site-Schäden erhebliche fasst. Dazu wird vor Ort eine Erosionskartierung Nachteile oder Belästigungen für Einzelne oder die vorgenommen, bei der alle relevanten Hinweise Allgemeinheit entstanden sind. im Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Ero- sionsereignis aufgenommen werden. Hierzu zählen Ferner wird überprüft, ob innerhalb der nächsten beispielsweise sichtbare Erosionsformen oder Über- zehn Jahre mit hinreichendem Verdacht mit einem trittsstellen von Bodenmaterial. Ziel ist letztlich eine erneuten Bodenabtrag zu rechnen ist. Dieses Krite- Beschreibung, Dokumentation und Quantifizierung rium gilt als erfüllt, wenn aus der Analyse der Nie- sämtlicher Erosionsschäden auf den Erosionsflächen. derschlagssituation zum Zeitpunkt des Erosionser- Die Erosionskartierung wird mitunter durch Aufnah- eignisses eine Wiederkehrwahrscheinlichkeit eines men von Luftbildern mittels eines Quadrokopters un- vergleichbaren Ereignisses innerhalb von zehn Jahren terstützt (vgl. Abb. 2). Neben der Erfassung der Ero- abgeleitet werden kann oder bereits mindestens ein sionsschäden wird die Bewirtschaftungssituation der weiteres erhebliches Erosionsereignis in den vergan- betroffenen Flächen beschrieben und bewertet. Aus genen zehn Jahren auf derselben Fläche stattgefun- den Ergebnissen dieser Erfassung vor Ort lassen sich den hat. unter Zuhilfenahme von hydrologischen Abflussmo- dellierungen und Erosionsmodellen, wie dem vom Die Ergebnisse der orientierenden Untersuchung HLNUG bereitgestellten Bodenerosionsatlas Hessen, werden abschließend in Bodenschutz-Fachgutach- die Ursachen der Erosionsschäden ermitteln, damit ten dokumentiert. Diese dienen den oberen Boden- letztlich geeignete Maßnahmenempfehlungen für die schutzbehörden im weiteren Verfahrensablauf als Gefahrenabwehr zukünftiger Erosionsereignisse ab- fachliche Beurteilungsgrundlage. Dem HLNUG kom- geleitet werden können. men in der Rolle als wissenschaftliche Fachbehörde bei Verfahren der Gefahrenabwehr von Bodenerosion Zur Beurteilung, ob erhebliche Mengen Boden- somit die Aufgaben der Schadenserfassung und -be- material abgetragen wurden, werden anschließend urteilung, der Ursachenermittlung und der Maßnah- einzelfallbezogen die Auswirkungen der erfassten menempfehlung zu.
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 12 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Auch in Hessen: Mikroplastik in Böden! Laufende Untersuchung der Plastikgehalte in den Auenböden von Lahn und Nidda Collin J. Weber* 1 Mikroplastik: Nicht nur ein Problem der Weltmeere Die Umweltverschmutzung durch Plastik sowie gelangt seit nun über 60 Jahren auch zunehmend mögliche ökologischen Folgen sind heute einer mehr Kunststoff in die Umwelt. Plastikpartikel kön- breiten Öffentlichkeit bekannt. Bilder von Mülltep- nen dabei beispielsweise durch das achtlose Weg- pichen an Stränden oder den sogenannten Plastik- werfen von Müll (sogenanntes „Littering“) oder strudeln des Atlantiks sind in den Medien immer Abwasser (bspw. Bekleidungsfasern) in die Umwelt öfter zu sehen. In den vergangenen Jahrzehnten gelangen. Durch die Eigenschaften der Polymere zeigte sich allerdings, dass Mikroplastik auch in Flüs- werden größere Plastikpartikel mit der Zeit zerklei- sen und Seen oder sogar entlegenen Bergregionen nert, was dazu führt, dass zunehmend mehr Mikro- nachweisbar ist. Da es sich bei Plastikrückständen in oder Nanoplastik in den Umweltmedien Wasser, Luft der Umwelt immer um (Plastik-)„Partikel“ handelt, und Boden nachweisbar ist. Nachweise von Mikro- werden diese nach ihrer Größe zumeist als Makro- plastikpartikeln in Pflanzen und Tieren, Trinkwasser (> 25 mm), Meso- (> 5 mm), Mikro- (5 mm bis und sogar im Menschen selbst (bspw. in menschli- 1 µm) und Nanoplastik (< 1 µm) unterteilt [1]. chen Plazentas) in Verbindung mit möglichen Gefah- Es handelt sich dabei immer um rein mensch- ren durch die Aufnahme dieser Fremdkörper sollten lich erzeugte Kunststoffe, sogenannte Polymere, aufhorchen lassen [3]. Insbesondere die potenziellen wie beispielsweise Polyethylen (PE), die heutzu- Gefahren durch Mikroplastik für Ökosysteme, aber tage aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken auch uns Menschen selbst, macht eine genaue Be- sind. Die globale Kunststoffproduktion hat seit den trachtung von Mikroplastik in Böden notwendig, da 1960er Jahren um das Zwanzigfache zugenommen nicht zuletzt 95 % der globalen Nahrungsmittel di- (311 Milliarden t in 2014) [2]. Mit dieser Zunahme rekt oder indirekt auf Böden produziert werden [4]. 1.1 Mikroplastik in (Auen-)Böden Innerhalb des jungen Forschungsfeldes, welches sich sant. Versucht man die globalen Prozesse, welche zu mit Plastik in der Umwelt beschäftigt, stellen die Bö- einer Verbreitung und Verteilung von Plastik innerhalb den ein Umweltmedium dar, welches erst seit we- der Umwelt beitragen, zu erfassen, rücken Flüsse und nigen Jahren in den Fokus gerückt ist. Dieses neue Flusssysteme als potenzielle Transportrouten in den Forschungsfeld verlangt zunächst die Entwicklung Fokus. Es stellt sich die Frage, wie das Plastik in die neuer Analysemethoden und Untersuchungsansätze, Weltmeere gelangt, da nur ein Bruchteil der globalen um Plastik in Böden überhaupt finden zu können und Plastikproduktion und Nutzung im direkten Umfeld eine repräsentative Beprobung von Böden zu ermög- der Meere stattfindet. Inzwischen hat sich gezeigt, lichen. Inzwischen konnte weltweit Mikroplastik in dass vor allem Flüsse, welche immer von (Fluss-)Auen landwirtschaftlich genutzten Böden und Gartenbö- und ihren Böden umgeben sind, einen erheblichen den, aber auch in Auenböden [5, 6, 7] nachgewiesen Anteil an dem Transport von Plastik haben. Diese Fest- werden. Auenböden, bekannt als Landschaftsarchive stellung wirft unter anderem die Frage auf, welche durch ihre Entstehung in Folge von Sedimentablage- Rolle Auenböden als mögliche Senken für Plastikpar- rungen bei Hochwässern, aber auch ihre verbreitete tikel spielen, da auch die Senkenfunktion von Auen- Nutzung als landwirtschaftlicher Standort, sind für die böden für Nährstoffe wie auch Schadstoffe (bspw. Untersuchung von Plastikgehalten besonders interes- Schwermetalle) bekannt ist. *Fachbereich Geographie, Philipps-Universität Marburg, Deutschhausstraße 10, 35037 Marburg, Kontakt: collin.weber@geo.uni-marburg.de
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 13 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Das Projekt „Microplastic in floodplain soils“ (Mi- Mikroplastik und möglichen Zusammenhängen kroplastik in Auenböden), welches am Fachbereich mit Schwermetallen zu verstehen. Mit Hilfe dieses Geographie der Philipps-Universität Marburg an- räumlichen Untersuchungsansatzes, welcher ver- gegliedert ist und seitens des HLNUG unterstützt schiedene Bereiche der Flussauen und unterschiedli- wird, stellt sich seit 2019 diesen und anderen Fra- che Auenböden erfasst, sowie dem Einsatz verschie- gen am Beispiel hessischer Auenböden an Lahn und dener Analysemethoden zur Mikroplastikdetektion Nidda. Ziel des Projekts ist es dabei, einen neuen, und Erfassung verschiedener Bodenparameter, konn- räumlich prozessorientierten Untersuchungsansatz ten erste Nachweise von Mikroplastik in hessischen zu entwickeln, um die räumlichen Dynamiken von Auenböden erbracht werden. Abb. 1: Überflutete Lahnaue und Mikroplastikpartikel. a: Lahnaue bei Roth während des Frühjahrhochwassers 2020, b: Polyethylen Bruch- stück mit anhaftendem Feinboden, c: Polystyrol Partikel © Collin Weber 2 Mikroplastik in hessischen Auenböden Neben ersten Ergebnissen auf konzeptioneller Ebene dien scheinen diese Gehalte zunächst vergleichs- [8] liegen erste Ergebnisse zu Meso- und Mikroplas- weise gering, wobei dies nicht zuletzt auf die unter- tikgehalten aus einer systematischen Feldstudie im schiedlichen Untersuchungs- und Analysemethoden Auenbereich der Lahn vor. Innerhalb der Forschungs- zurückzuführen ist, da genormte Analysemethoden arbeiten wird zwischen Mesoplastik (> 5 mm), gro- bislang fehlen. Grundsätzlich sollte jedoch ebenfalls bem Mikroplastik (5–2 mm) und größerem Mikro- beachtet werden, dass es bei Plastikrückständen im plastik (2–0,5 mm) unterschieden. Gehalte an Plastik Gegensatz zu vielen anderen Schadstoffen keine na- werden in Anzahl der Partikel je kg Boden (Trocken- türlichen Hintergrundgehalte gibt, da Kunststoffe nur masse) angegeben. Für die drei Größenklassen konn- durch den Menschen produziert werden und in die ten im Bereich der Lahnaue aus 12 Bodenprofilen an Umwelt gelangen können. vier Untersuchunsstandorten mittlere Gehalte von 2,06 p/kg für Mesoplastik und grobes Mikroplastik Die maximalen Gehalte treten unabhängig von Land- sowie von 1,24 p/kg für Mikroplastik festgestellt wer- nutzung und Bodentyp in den oberen 40 cm der den. Deutlich unterscheiden sich hier die maximalen Auenböden auf (Abb. 2). Allerdings konnten in Ufer- Gehalte, welche zwischen 5,37 p/kg (Mesoplastik), nähe ebenfalls grobe Mikroplastikpartikel bis zu einer 8,59 p/kg (grobes Mikroplastik) und 13,54 p/kg Tiefe von 100 cm und Mikroplastikpartikel bis zu (Mikroplastik) liegen. Im Vergleich mit anderen Stu- einer Tiefe von 150–200 cm nachgewiesen werden.
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 14 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Hauptsächlich finden sich bekannte Polymertypen vergleichsweise großen Partikel zurückzuführen. Zu- wie beispielsweise Polyethylen (PE), Polyamide (PA) sammenfassend lässt sich aus den bisherigen Ergeb- oder verschiedene Harze. Diese entsprechen häufig nissen festhalten, dass Plastikpartikel in Auenböden verwendeten Kunststoffarten, welche sowohl in der zwar weiter und tiefer verbreitet sind als bisher ange- Industrie oder Landwirtschaft als auch vor allem für nommen, jedoch räumlich sehr heterogen auftreten. Verpackungen im Alltag Verwendung finden. Des Weiteren kann ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Plastikquellen in den Auenland- Die meisten gefundenen Partikel sind stark degra- schaften angenommen werden [6]. diert oder verwittert, was auf eine längere Verweil- dauer im Boden oder in der Umwelt schließen lässt. Weitere, bisher unveröffentlichte und derzeit in Frische Partikel mit nichtdegradierten Oberflächen Auswertung befindliche Ergebnisse zeigen, dass die treten lediglich in landwirtschaftlich genutzten Ober- räumlich heterogene Verteilung auch für kleinere böden auf, was auf einen stetigen Eintrag durch die Partikel im Größenbereich 2–0,5 mm besteht. Ma- Landwirtschaft schließen lässt. Die Auswertung der xima finden sich vor allem in ufernahen Bereichen räumlichen Verteilung und der Einbezug von regio- und wie bei den größeren Partikeln in Oberböden. nalen Sedimentationsraten (Raten der Flusssediment- Die Einbeziehung von Schwermetallanalysen und ablagerung in mittelhessischen Auen in Zentimetern weiteren Bodendaten in Kombination mit ersten Da- pro Jahr) ergab, dass sowohl Plastikeinträge durch tierungsergebnissen eines Sedimentkerns deuten an, den Fluss (Hochwässer) als auch weitere diffuse dass Mikroplastik in den oberen 40 cm der Böden Quellen (bspw. Müll, Landwirtschaft) zusammen- durch rezente Sedimentablagerungen seit den späten wirken. Des Weiteren ist die Tiefenverteilung der 1950er Jahren abgelagert wurde, allerdings nach die- Plastikpartikel nicht nur auf natürliche Ablagerungs- ser Ablagerung auch vertikal durch natürliche Pro- prozesse, sondern wahrscheinlich ebenfalls auf verti- zesse (bspw. Bodentiere, Regenwasser, Grundwasser) kale Tiefenverlagerungen innerhalb der Böden für die in tiefere Bodenschichten gelangen konnte. Abb. 2: Auenboden-Belastung durch Plastik: Auszüge aus den Analyseergebnissen im Bereich der Lahnaue © Collin Weber
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 15 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 3 Ausblick Aus dem laufenden Projekt werden im Jahr 2021 tion in die neue Bodenstrategie der Europäischen weitere Veröffentlichungen erwartet. Des Weiteren Kommission ist ein wichtiges Beispiel dafür. In den wird die Analyse aus dem Auenbereich der Nidda im kommenden Jahren ist somit eine weitere Auseinan- laufenden Jahr abgeschlossen. Daneben wurde die dersetzung mit dem Themenkomplex Mikroplastik Problematik von Mikroplastik in Böden inzwischen insbesondere für den Bodenschutz zu erwarten und auch von politischer Seite erkannt. Die Aufnahme dringend erforderlich! von Mikroplastik als mögliche Bodenkontamina- Literatur [1] Andrady, A.L. (2017): The plastic in microplastics: A [6] Weber, C.J. & Opp, C. (2020): Spatial patterns of review. Marine Pollution Bulletin 119 (1), 12–22. mesoplastics and coarse microplastics in floodplain DOI: 10.1016/j.marpolbul.2017.01.082. soils as resulting from land use and fluvial proces- [2] Ellen MacArthur Foundation (2017): The new plas- ses. Environmental Pollution 267, 115390. DOI: tics economy: Rethinking the future of plastics & ca- 10.1016/j.envpol.2020.115390. talysing action. Cowes: Ellen McArthur Foundation. [7] Lechthaler, S., Esser, V., Schüttrumpf, H. & Stauch, [3] Rillig, M.C., Ziersch, L., & Hempel, S. (2017): Mic- G. (2021): Why analysing microplastics in flood- roplastic transport in soil by earthworms. Scientific plains matters: application in a sedimentary con- Reports 7 (1), 1362. DOI: 10.1038/s41598-017- text. Environ. Sci.: Processes Impacts 71, 299. DOI: 01594-7. 10.1039/D0EM00431F. [4] Food and Agriculture Organization of the United [8] Weber, C.J., Weihrauch, C., Opp, C. & Chifflard, P. Nations (FAO) (2015): Healthy soils are the basis for (2020): Investigating microplastic dynamics in soils: healthy food production. Rome: Food and Agricultu- Orientation for sampling strategies and sample pre- re Organization of the United Nations. procession. Land Degradation & Development 32 (1), 270-284. DOI: 10.1002/ldr.3676. [5] Scheurer, M. & Bigalke, M. (2018): Microplastics in Swiss Floodplain Soils. Environmental Science & Technology 52 (6), 3591–3598. DOI: 10.1021/acs. est.7b06003.
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 16 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Zweite Ausbaustufe der Bodenflächendaten 1 : 50 000 Lena Jedmowski, Mathias Schmanke* Die zweite Ausbaustufe der digitalen Bodenflächen- Ableitungen in Form thematischer Auswertungen daten im Maßstab 1 : 50 000 (BFD50) steht nach bereitgestellt werden. Hierzu zählen die Themen einer inhaltlichen und geometrischen Überarbeitung Bodenkarte, Nitratrückhaltevermögen, Ertragspoten- und einer Neuberechnung der Auswertungsthemen zial, Standorttypisierung für die Biotopentwicklung, zur Verfügung. Damit geht eine größere Umstellung nutzbare Feldkapazität und Feldkapazität (Abb. 1). bezüglich der Datenbereitstellung einher. Statt einer Vielzahl vorkonfektionierter Produkte, wird der zu- Die Bodenflächendaten stehen als verschiedene Pro- künftige Vertrieb fast ausschließlich über Dienste dukte zur Verfügung. Das HLNUG bietet die Fach- laufen. themen der BFD50 zur Ansicht im BodenViewer Hessen an. Das Thema „Bodenkarte von Hessen“ Der Bedarf an bodenkundlichen Flächendaten bzw. gibt es weiterhin als pdf-Datei oder als Ausdruck im Kartenwerken steigt seit vielen Jahren kontinuier- Produkteshop. Sollen die Bodendaten mit Geo-Infor- lich an. Das Fachgebiet Bodenerhebung und Boden- mationssystemen (GIS) weiterverarbeitet werden, so information des Dezernates Boden und Altlasten im stehen zwei Datenformate zur Auswahl: WMS- oder HLNUG erfasst Bodendaten, wertet diese aus und WFS-Dienste. Letztere sind geeignet, Daten herun- stellt die Ergebnisse in einem Informationssystem für terzuladen und lokal weiterzuverarbeiten. Bürgerinnen und Bürger, Verwaltung und Fachein- richtungen zur Verfügung. Zur kartografischen Umsetzung der gelieferten Daten werden für GIS-Anwendungen Zeichnungs- Für Fragestellungen in der Planung und Anwendung grundlagen bereitgestellt. Zurzeit stehen entspre- gewinnen neben der Bodenkarte in klassischer Form chende Dateien für ArcGIS/ArcMap ab Version vor allem Aussagen zu den Boden- bzw. Standort- 10.4. zur Verfügung. Geplant ist eine Unterstützung funktionen und -eigenschaften an Bedeutung. Die von QGIS. BFD50 geben einen hessenweiten Überblick über die Böden sowie ihre Eigenschaften und Funktionen. Der Maßstab eignet sich für eine Vielzahl von Fragestellungen in der regiona- len Planung und Forschung. Um die Nutzerinnen und Nutzer schnell und individuell bedienen zu können, wurden die BFD50 als allgemeine Bodenflächeninforma- tionen im Rahmen des Fachinforma- tionssystems Boden/Bodenschutz (FISBO) aufgebaut. Aus den Grund- lagendaten können fachspezifische Abb. 1: Die verschiedenen Auswertungsthemen der BFD50 © HLNUG Wichtige Links BodenViewer Hessen: WMS- und WFS-Dienste des HLNUG für den The- http://bodenviewer.hessen.de/ menbereich Boden: Produkteshop: https://www.hlnug.de/themen/geografische-in- https://shop.hlnug.de/vertrieb/karten.html formationssysteme/geodienste/boden * HLNUG Dezernat G3 „Boden und Altlasten“, Kontakt: mathias.schmanke@hlnug.hessen.de
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 17 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Aufbringung von Bodenmaterial zur landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Bodenverbesserung Katrin Lügger, Thomas Vorderbrügge* Die sogenannte „Landwirtschaftliche Bodenverbes- tausend Kubikmeter, auf landwirtschaftlich genutzte serung“ hat das Ziel, Bodeneigenschaften zu ver- Böden aufgebracht. Hierbei werden die materiellen bessern und die Ertragsfähigkeit zu steigern. Hierzu Vorgaben des Baugesetzbuches sowie des Boden- gehörten früher vor allem technische Meliorations- schutzrechts nicht immer berücksichtigt (Abb. 1). maßnahmen wie Drainagen oder Lockerungen. In Auch führt die technische Umsetzung, z. B. durch jüngerer Zeit wird aber vor allem Bodenmaterial, Befahren des Bodens bei zu hoher Feuchtigkeit, oft welches zunehmend durch Baumaßnahmen anfällt, zu massiven Schäden in den Böden. auf landwirtschaftlich genutzte Böden aufgetragen. Die Bodenverbesserung soll hier in erster Linie durch Um hier dem Bodenschutzvollzug, der Landwirt- eine Vergrößerung des Wurzelraumes erfolgen. schaft und den Bauunternehmern fachliche und rechtliche Unterstützung zur ordnungsgemäßen Das Aufbringen von anfallendem Bodenaushub klei- Umsetzung der gesetzliche Vorgaben zu geben, wur- nerer, lokaler Baumaßnahmen auf die in der Gemar- de unter Federführung des HMUKLV von einem kung liegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen hat projektbegleitenden Arbeitskreis der hessischen eine lange Tradition. In jüngerer Zeit werden aller- Umweltverwaltung unter Mitarbeit des HLNUG dings zunehmend größere Mengen, häufig mehrere die Arbeitshilfe „Aufbringung von Bodenmaterial Abb. 1: Aufbringung von Bodenmaterial mit zu hohem Steingehalt und zu geringem Humusgehalt © HLNUG * HLNUG Dezernat G3 „Boden und Altlasten“, Kontakt: katrin.luegger@hlnug.hessen.de
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 18 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 zur landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen von Aufbringungsmaßnahmen. Ein Entscheidungs- Bodenverbesserung“ erstellt: https://umwelt.hes- baum zum Verfahrensablauf gibt dabei einen Über- sen.de/sites/umwelt.hessen.de/files/2021-10/ blick über Akteure, Verfahrens- und Prüfschritte so- arbeitshilfe_bodenverbesserung.pdf. Sie soll den wie den Einsatz dieser Checklisten. Behörden aus den Bereichen Bau, Bodenschutz, Landwirtschaft, Naturschutz, Gewässerschutz und Verantwortlich für die ordnungsgemäße Durchfüh- Abfallwirtschaft sowie den Vorhabensträgern, die rung einer Aufbringungsmaßnahme ist grundsätz- Material auf Böden aufbringen wollen, Hilfestellung lich die Vorhabenträgerin oder der Vorhabenträger geben und Sicherheit bei der komplexen Zulässig- (i. d. R. Eigentümer, Pächter oder Nutzer des Grund- keitsprüfung schaffen. stücks), der diese vornimmt oder veranlasst. Der Anhang der Arbeitshilfe enthält Merkblätter, die die Die Arbeitshilfe definiert eingangs verschiedene Auf- fachlichen und gesetzlichen Anforderungen für den bringungsmaßnahmen und gibt Hinweise zu Anzei- Vorhabenträger erläutern und die im Verfahren er- ge, Genehmigung und Zulässigkeit. In einem sepa- forderlichen Unterlagen auflisten. raten Kapitel werden die Anforderungen an einen Untersuchungsbericht zum Boden am Entnahmeort Die Arbeitshilfe strukturiert somit den Ablauf ein- und am Aufbringungsort thematisiert. Praxisbezoge- zelner Maßnahmen und erleichtert allen Beteiligten ne Checklisten mit Prüfkriterien für die verschiede- eine sachgerechte und rechtskonforme Aufbringung nen Rechtsbereiche erleichtern die umfassende Prü- von Bodenmaterial auf landwirtschaftlich und er- fung der Genehmigungsfähigkeit bzw. Zulässigkeit werbsgärtnerisch genutzten Flächen (Abb. 2). Abb. 2: Auf landwirtschaftlicher Fläche ordnungsgemäß aufgebrachtes Bodenmaterial © HLNUG
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 19 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Thermische Boden- und Grundwassersanierung – Beispiele aus Südhessen Michael Wolf* 1 Einleitung Nach Feststellung einer schädlichen Bodenverän- Kohlenwasserstoffe (LHKW), dauern konventionelle derung erfolgt idealerweise eine Sanierung oder Grundwasser- und Bodenluftsanierungen viele Jahre Sicherung des Schadens. Hierbei nimmt man sich an. Hier macht es Sinn, eine Neubewertung der schwerpunktmäßig den Quellbereich vor. Viele Scha- Sanierungsmaßnahme und der realisierbaren Sanie- densfälle sind auf Havarien mit flüssigen und flüch- rungsziele durchzuführen. Interessant sind die soge- tigen organischen Schadstoffen zurückzuführen. Ist nannten innovativen Verfahren, bei denen biologisch, ein Bodenaushub aus wirtschaftlichen oder auch im- chemisch oder physikalisch auf Boden und Grund- missionsschutzrechtlichen Gründen nicht darstell- wasser eingewirkt wird. Ein physikalisches Verfahren bar, erfolgt i. d. R. eine konventionelle Sanierung ist die thermische In-Situ-Sanierung (TISS). mittels Bodenluftabsaugung und/oder Pump&Treat- Maßnahme. Nachfolgend werden die verschiedenen Methoden der TISS erläutert und die genehmigungsrechtlichen Wegen der chemisch-physikalischen Eigenschaf- Aspekte beleuchtet. Abschließend werden drei Fall- ten, insbesondere der leichtflüchtigen halogenierten beispiele aus Südhessen vorgestellt. 2 Thermische In-Situ-Sanierung (TISS) Der Einsatzbereich der TISS liegt bei leicht- bis mit- Charakteristisch für TISS ist das Einbringen von telflüchtigen DNAPL und LNAPL1. Wärmeenergie in den Untergrund. Der Dampfdruck der Schadstoffe steigt und es sinken die Oberflächen- TISS-Verfahren werden in der Regel nur dort einge- spannung, Viskosität und Dichte, so dass die leicht- setzt, wo man mit konventionellen Verfahren an die flüchtigen Schadstoffe bevorzugt in die Gasphase Grenzen der Machbarkeit gestoßen ist. Es handelt übergehen. Sie werden mit Hilfe einer Bodenluftab- sich also um Standorte mit hoher Quellstärke (Quell- saugung entfernt. Es gibt verschiedene Verfahren [2] bereich) [1]. Wegen der aufwendigen Installationen (Abb. 1): sind diese Methoden für die Sanierung langer Ab- stromfahnen eher ungeeignet. 1 DNAPL (dense non aqueous phase liquid) = wasserunlösliche organische Flüssigkeit mit einer größeren Dichte als Wasser (ρ > 1), z. B. LHKW; LNAPL (light non aqueous phase liquids) = wasserunlösliche organische Flüssigkeit mit einer kleineren Dichte als Wasser (ρ < 1), aufschwimmend, z. B. Benzin * Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung Umwelt Wiesbaden, Dezernat Grundwasser, Bodenschutz, Kontakt: michael.wolf@rpda.hessen.de
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 20 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Abb. 1: Thermische In-Situ-Sanierung – Verfahren (Kap. 2.1–2.4) © Michael Wolf 2.1 Dampf-Luft-Injektion (Steam Enhanced Extraction – SEE) Prinzip: Konvektiver Wärmeeintrag Ein Dampf-Luftgemisch (bis 180 °C im Dampfkessel) ten. Bindige Schichten geringer Mächtigkeit werden wird in den Boden eingetragen. Grundwasser wird dabei konduktiv erwärmt. In der gesättigten Zone zum Teil verdrängt. Die Dampf-Luft-Injektion ist an strömt der Dampf bedingt durch den Auftrieb nach eine hinreichende Durchlässigkeit des Untergrundes oben. Der Dampf kondensiert an der kalten Boden- gebunden (z. B. Sande, Kiese). Die Dampfausbreitung matrix und gibt seine Wärme so lange an den Boden erfolgt konvektiv in den besser durchlässigen Schich- ab, bis dieser die Dampftemperatur erreicht hat. 2.2 Feste Wärmequellen (Thermal Conductive Heating – TCH) Prinzip: Konduktive Erwärmung des Bodens (Wärmeleitung) Elektrisch oder mittels Heißluft betriebene feste sinkt die Temperatur. Die Heterogenität des Bodens Wärmequellen (Heiz-Lanzen) werden im Abstand ist dabei von untergeordneter Bedeutung, da die von 3–5 m in den gesättigten/ungesättigten Boden Wärmeleitung unterschiedlicher Böden im Gegen- eingebaut. Sie können auf 500–800 °C erhitzt wer- satz zur Durchlässigkeit nur verhältnismäßig gering den. Mit zunehmender Entfernung zu den Lanzen variiert. 2.3 Radiowellen-Verfahren (RF) Prinzip: Dielektrisch, ähnlich dem Mikrowellenofen. Es werden Elektroden mit Dreiecksanordnung in den werden, so das auch nicht polare Schadstoffe mobili- Boden eingebaut. Mit Radiowellen werden bevor- siert werden. Für den Einsatz in der wassergesättig- zugt polare Moleküle angeregt, also zumeist Wasser. ten Zone ist die Methode eher ungeeignet. Es können Temperaturen von über 100 °C erreicht
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 21 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 2.4 Electrical Resistivity Heating (ERH) Prinzip: Erwärmung durch ohmschen Widerstand. Metall-Elektroden aus Stahl oder Kupfer werden in erwärmt sich nach dem gleichen Prinzip wie der den Boden eingebracht und eine elektrische Span- Glühfaden in der Glühbirne. Ist das erhitzte Boden- nung angelegt. Der Elektronenfluss sucht sich den wasser verdampft, sucht sich der Strom einen ande- Weg des geringsten Widerstandes, das sind zumeist ren Weg. Sandböden sind wegen ihrer geringen Leit- Bereiche mit einem hohen Wassergehalt. Der Boden fähigkeit eher ungeeignet. 2.5 Energieeffizienz der TISS-Verfahren Die TISS-Verfahren sind nur auf den ersten Blick Der Versuch begann für einige Tage mit kalter Bo- energieintensiv, was aber grundsätzlich für fast jede denluftabsaugung mit einem spezifischen Energie- aktive Sanierungsmaßnahme gilt. Eine LUA-NRW- verbrauch (SE) von 12 500 kWh/kg für diesen Zeit- Arbeitshilfe [3] führt hierzu aus: raum. Der Strombedarf der Absauganlagen lag für die gesamte Versuchsdauer bei knapp 7 500 kWh, „Bis zu einem spezifischen Energieverbrauch (SE) somit bei etwa einem Drittel des Gesamtstrombe- von etwa 1 000 kWh/kg LCKW kann eine Boden- darfs. luftsanierung als effizient bezeichnet werden […], ab einem spezifischen Energiebedarf von etwa Folglich ist der Energiebedarf der Seitenkanalver- 2 000 kWh/kg LCKW ist der (Weiter-)Betrieb einer dichter oder Vakuumpumpen erheblich. Bei Anwen- Bodenluftsanierungsmaßnahme […] nicht mehr dung von TISS steigt der Schadstoffaustrag durch empfehlenswert.“ die eingebrachte Wärmeenergie um ein Vielfaches. Somit ist TISS i. d. R. energieeffizienter als die kalte Bei einem Pilotierungsversuch mit dem TCH-Verfah- Bodenluftabsaugung, da die Pumpen-Laufzeiten bei ren wurden mit 21 500 kWh Hilfsenergie rd. 19 kg Anwendung von TISS auf einen Bruchteil reduziert LHKW ausgetragen, das sind rund 1 130 kWh/kg. werden. 3 Genehmigungsrechtliche Aspekte Vor und während der Durchführung einer thermi- sche In-Situ-Sanierung sind eine Reihe von geneh- migungsrechtlichen Aspekten zu beachten. 3.1 Eingriff Grundwasser Wie bei der Nutzung von Geothermie dringt man fast zum Sieden gebracht, was auf den ersten Blick bei dieser Sanierungstechnologie mit „Bauwerken“ dem § 48 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) [4]2 wider- in das Grundwasser ein. Das Grundwasser erfährt spricht. Da die Maßnahme aber der Gefahrenabwehr eine physikalische Veränderung, die viel erheblicher dient, wiegt der Nutzen durch die Erwärmung mehr ist als bei der Geothermie: Das Bodenwasser wird als der Schaden; es greift hier der § 8 (2) WHG3. 2 § 48 WHG – Reinhaltung des Grundwassers – (1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist… 3 § 8 WHG – Erlaubnis, Bewilligung – (2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewässerbenutzungen, die der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit dienen, sofern der drohende Schaden schwerer wiegt als die mit der Benutzung verbundenen nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften. Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die Benutzung zu unterrichten.
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 22 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 3.2 Bohraufschlüsse Es entstehen viele Bohraufschlüsse für Heizlanzen verzeichnisse vom Betreiber bzw. den zuständigen oder Elektroden, für Bodenluftabsaugpegel und zur Bohrfirmen zur eigenen Bearbeitung und Beschrei- Kontrolle auch Grundwassermessstellen. bung an. (Grundwasser-)Bohrungen Dritter sind gemäß § 8 Eine Anzeige der Erdaufschlüsse nach § 49 WHG5 Geologiedatengesetz (GeolDG) [5]4 anmeldepflich- erübrigt sich, wenn die verfahrensführende Behörde tig, üblicherweise bei den Geologischen Diensten gleichzeitig die zuständige Wasserbehörde ist, wie der Länder (Hessen: Landesamt für Naturschutz, das zum Beispiel bei der oberen Wasser- und Boden- Umwelt und Geologie). Diese prüfen die Anmeldun- schutzbehörde in Hessen der Fall ist. gen und fordern bei Bedarf Proben oder Schichten- 3.3 Abfall Der Sanierungspflichtige wird Erzeuger der durch und unmittelbar nach Abschluss der Bohrarbeiten in den Bohrvortrieb entstehenden Abfälle im Sinne von eine für die Entsorgung dieses Abfalls zugelassene § 3 (8) Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) [6]6. We- Anlage abzufahren. Die verfahrensführende Behörde gen der möglichen Ausgasungen ist das Bohrgut di- bindet i. d. R. die zuständige Abfallbehörde im Vor- rekt in abgedeckte Transportcontainer zu überführen feld des Verfahrens ein. 3.4 Arbeitsschutz Durch die Vielzahl an bodennahen Bauwerken, dingungen nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Rohrleitungen und Kabeln entstehen im Sanierungs- [7]7 durchzuführen und die notwendigen Schutz- feld Stolperfallen. In Abhängigkeit des gewählten maßnahmen festzulegen. Ein Arbeitsschutzplan ist Verfahrens kommt es zur Ausbildung von elektri- aufzustellen. Die verfahrensführende Behörde bin- schen und magnetischen Feldern. Durch den Sanie- det i. d. R. die zuständige Arbeitsschutzbehörde im rungspflichtigen ist eine Beurteilung der Arbeitsbe- Vorfeld des Verfahrens ein. 3.5 Immissionsschutz Die abgesaugte Bodenluft enthält flüchtige Schadstof- Reinhaltung der Luft (TA Luft) [9]. Die Abreinigung fe, wie LHKW, BTEX und MKW. Diese dürfen nicht erfolgt i. d. R. über Aktivkohle. Auch eine katalyti- ungefiltert in die Atmosphäre entlassen werden. Die sche Nachverbrennung/Oxidation oder andere Ver- Anforderungen an die Luftreinhaltung ergeben sich fahren sind denkbar. aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) [8] in Verbindung mit der Technischen Anleitung zur 4 § 8 GeolDG - Anzeige geologischer Untersuchungen und Übermittlung von Nachweisdaten an die zuständige Be- hörde - Spätestens zwei Wochen vor Beginn einer geologischen Untersuchung haben die nach § 14 Satz 1 Num- mer 1, 2 und 3 verpflichteten Personen die geologische Untersuchung der zuständigen Behörde unaufgefordert anzuzeigen, unbeschadet der für die Untersuchung einschlägigen Vorschriften anderer Gesetze. 5 § 49 WHG - Erdaufschlüsse - (1) Arbeiten, die so tief in den Boden eindringen, dass sie sich unmittelbar oder mittelbar auf die Bewegung, die Höhe oder die Beschaffenheit des Grundwassers auswirken können, sind der zu- ständigen Behörde einen Monat vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen. 6 § 3 KrWG - Begriffsbestimmungen – […] (8) Erzeuger von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person - 1. durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Ersterzeuger) oder - 2. die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vornimmt, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusam- mensetzung dieser Abfälle bewirken (Zweiterzeuger). 7 § 5 ArbSchG - Beurteilung der Arbeitsbedingungen - (1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes er- forderlich sind […].
Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie 23 Boden und Altlasten – Nachrichten aus Hessen – Ausgabe 2021 Die verfahrensführende Behörde bindet die zu- die Anlage aus der Ferne steuern und überwachen ständige Immissionsschutzbehörde im Vorfeld des („Remote Control“). Ein mobiler Gaschromatograph Verfahrens ein. Wegen der stark schwankenden ist an allen maßgeblichen gasführenden Leitungen Schadstoffkonzentrationen bei der Anwendung der angeschlossen und ein Fernzugriff durch das über- thermischen Verfahren sollten Kontrollmessungen in wachende Ingenieurbüro ist möglich. kurzen Intervallen erfolgen. Idealerweise kann man 3.6 Explosionsschutz Wenn die abgesaugte Bodenluft brennbare Stoffe wie dungsbeurteilung durchzuführen. Mit Hilfe von Bypäs- BTEX und MKW in hohen Konzentrationen enthält, sen kann die Konzentration unter die untere Explosions- können diese möglicherweise Explosionen hervorrufen. grenze gesenkt werden. Grundsätzlich erfordert das Hier ist schon im Vorfeld eine Explosionsschutz-Gefähr- eine entsprechende Mess- und Regeltechnik vor Ort. 3.7 Bautenschutz Durch Austrocknung des Bodens kann es zu Setzun- ständigen aufgegeben: Vor Beginn der Sanierungsmaß- gen im bebauten Raum kommen. Bei Anwendung nahme sind die Gebäudezustände zu dokumentieren für der Dampf-Luft-Injektion kann es Hebungen durch einen später erforderlichen Beweis, ob Schäden durch Quellungen geben. Dem Sanierungspflichtigen wird ein die Sanierungsmaßnahme verursacht wurden oder Beweissicherungsverfahren durch einen Bausachver- schon vor Beginn der Bauarbeiten vorhanden waren. 3.8 Raumluft Durch die Erwärmung des Bodens werden flüchti- sollte eine frühzeitige Bürgerinformation erfolgen. ge Schadstoffe mobil und dringen möglicherweise Darüber hinaus sollten Raumluftmessungen in allen in Gebäude ein. Hierbei sei auf § 12 Bundes-Bo- betroffenen Gebäuden vor Beginn, begleitend und denschutzgesetz (BBodSchG)[10]8 hingewiesen. Es nach Ende der Sanierungsmaßnahme erfolgen. 4 Abschaltkriterien Heiztechnik Die Abschaltung der Heiztechnik erfolgt i. d. R. noch Fördertechnik ausgetragen werden. Die Abkühlung vor Abschaltung der Fördertechnik (Bodenluftabsau- des Untergrunds dauert oft Monate. Wann ist der gung). Die verbleibende Wärme im Boden trägt dazu richtige Zeitpunkt für die Abschaltung der Heiztech- bei, das weiterhin Schadstoffe beschleunigt über die nik gegeben? 4.1 Entwicklung der Schadstofffracht Abschaltkriterium nach dem TASK-Leitfaden [11] kann Das Abschaltkriterium ist erreicht, wenn eine deut- u. a. die Entwicklung der Austragsfrachten (Masse pro liche Minderung oder Stagnation der ausgetragenen Zeit, z. B. g/d) über Bodenluft und Grundwasser sein. Schadstoffe eingetreten ist. Auch der spezifische Voraussetzung hierfür sind das Erreichen und Halten Energieverbrauch je kg Schadstoff sollte betrachtet einer definierten Zieltemperatur (i. d. R. Gemischsie- werden (siehe Kap. 2.5). detemperatur) über einen definierten Zeitraum unter Beachtung der Entwicklung der Schadstoffausträge bzw. deren Minderung im zeitlichen Verlauf. 8 § 12 BBodSchG - Information der Betroffenen - Die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 zur Untersuchung der Altlast und die nach § 4 Abs. 3, 5 und 6 zur Sanierung der Altlast Verpflichteten haben die Eigentümer der betroffenen Grund- stücke, die sonstigen betroffenen Nutzungsberechtigten und die betroffene Nachbarschaft (Betroffenen) von der bevorstehenden Durchführung der geplanten Maßnahmen zu informieren. […]
Sie können auch lesen