Brandenburgs Zukunft Positionen zur Landtagswahl 2019 - Erwartungen der regionalen Wirtschaft an die neue Landesregierung - IHK Cottbus
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Brandenburgs Zukunft Positionen zur Landtagswahl 2019 Erwartungen der regionalen Wirtschaft an die neue Landesregierung
Impressum: Herausgeber: Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern des Landes Brandenburg Redaktionsleitung: Stefan Bregulla, Geschäftsbereich Wirtschaft, IHK Potsdam Bilder Titelbild: Composing unter Verwendung folgender Fotos: Elisa Sonnenschein, IHK Potsdam, flashpics - Fotolia, Thomas Otto - Fotolia, Netfox AG, Stihl024 - Fotolia, auremar - Fotolia, Syda Productions - Fotolia, Stockr - Fotolia, Mario Tobias, IHK Potsdam, m.mphoto, Monkey Business – Fotolia, ©KK-Foto - stock.adobe.com, Thomas Söllner fotodesign, ©weyo - stock.adobe.com, Rido - Fotolia, teen00000 - Fotolia, BERLINSTOCK - Fotolia Fotolia (S. 7), industrieblick - Fotolia (S. 11), ThomBal – stock.adobe.com (S. 13), teen00000 - Fotolia (S. 15), ©weyo - stock.adobe.com (S. 17), S. Alias (S. 19), auremar - Fotolia (S. 21), Detlef Gottschling, IHK Potsdam (S. 23), Stockr - Fotolia (S. 25), Jürgen Fälchle (S. 27), Elisa Sonnenschein, IHK Potsdam (S. 29), Aintschie (S. 31) Druck: G & S Druck und Medien GmbH, Gerlachstraße 10, 14480 Potsdam Stand: März 2019 2
Inhalt I Talente der Zukunft sichern.................................................................................................................................................................6 II Verkehrsinfrastruktur jetzt umfassend ausbauen ...............................................................................................................8 III Wirtschaftsmotor Industrie stärken ...........................................................................................................................................10 IV Digitale Potenziale nutzen ................................................................................................................................................................12 V Ländliche Räume aufwerten ............................................................................................................................................................14 VI Wirtschaft effizient fördern und gestalten ...........................................................................................................................16 VII Chancen auf Auslandsmärkten ermöglichen .......................................................................................................................18 VIII Zukunft gründen, Nachfolge sichern .........................................................................................................................................20 IX Ideen auf den Markt bringen...........................................................................................................................................................22 X Erneuerbare Energien vorantreiben ............................................................................................................................................24 XI Nachhaltigen Umweltschutz fördern und honorieren ..................................................................................................26 XII Erfolgreich handeln ................................................................................................................................................................................28 XIII Tourismus stärken ....................................................................................................................................................................................30 3
Brandenburgs Zukunft Die Welt verändert sich mit einer großen Dynamik. Wer darin bestehen will, muss sich selbst stetig weiterentwickeln und die Zukunft aktiv mitgestalten. Abwarten bedeutet Rückschritt – nur Weitblick, Mut und Engagement werden Brandenburg voranbringen. Der demografische Wandel, die Digitalisierung, die Migration, der Klimawandel, der Brexit, die wachsende Europaskepsis und der damit einhergehende globale Trend zu mehr Protektionismus – das sind zweifellos große Herausforderungen, vor denen eine neue Landesregierung stehen wird. Doch sind die Voraussetzungen zum Gestalten nie besser gewesen als heute. Warum? Die regionale Wirtschaft befindet sich noch in einer konjunkturellen Hochphase. Die Einnahmen der öffentlichen Hand waren nie besser, und die gute Entwicklung der Unternehmen im Land hat bewirkt, dass die Arbeitslosigkeit in Brandenburg auf einem historischen Tiefststand ist. Wenn das Parlament aktuell Rekordhaushalte verabschiedet, muss dies aus Sicht der märkischen Wirtschaft auch Rekordinvestitionen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit sich bringen. Das Land braucht, um zukunftssicher zu sein, moderne Infrastrukturen – im Verkehr, in der Kommunikationstechnik, in Bildung und Gesellschaft. Brandenburg muss endlich eine konsistente und mutige, eine wachstumsorientierte und innovationsfördernde Wirtschaftspolitik vorlegen. Dazu gehört auf der einen Seite der Abbau der Verwaltungs- und Förderbürokratie gerade für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die häufig in Familienhand sind. Zum anderen müssen die Investitionen deutlich erhöht werden, um schnelles Internet im ländlichen Raum bereitzustellen und Straßen, Schienen, Wasserwege und den öffentlichen Nahverkehr auszubauen. Doch wir stehen nicht allein. Deshalb braucht das Land endlich eine wirksame Außenwirtschaftsoffensive. Unterstützt werden müssen überdies die rund 30.000 märkischen Betriebe, die in den kommenden Jahren eine Nachfolge anstreben. Damit nicht genug: Im Laufe der kommenden Legislaturperiode fehlen uns bis zu 100.000 Arbeitskräfte im Land. Das heißt für die künftige Politik, dass alle Anstrengungen unternommen werden, um unser Land attraktiver für Auszubildende, Familien, Rückkehrer, Zuwanderer und neue Unternehmen zu machen. Brandenburg nutzt heute bei Weitem nicht seine einzigartige Position gegenüber allen anderen Metropolregionen – nur wir sind die Hauptstadtregion. Mit einem internationalen Magneten wie Berlin im Herzen unseres Landes muss Brandenburg mehr erreichen können – gerade auch im internationalen Wettbewerb. Schon heute sind Berlin und Brandenburg für unsere Unternehmen und die Kammern ein gemeinsamer Wirtschaftsraum. Deshalb fordern wir von der neuen Landesregierung ein zukunftsgerichtetes und systemisches Metropolenraummanagement der Hauptstadtregion für Verkehr, Ansiedlungen und Förderung. Die wichtigsten Themen, um Brandenburg in den kommenden fünf Jahren erfolgreich weiterzuentwickeln, haben die drei Industrie- und Handelskammern Potsdam, Cottbus und Ostbrandenburg in dreizehn Handlungsfeldern aufgeführt. Wir verstehen uns dabei als enger Partner in der Umsetzung – aber zuerst einmal muss die Politik für die kommende Legislaturperiode ihre Hausaufgaben machen. Die Landtagswahlen 2019 bieten die beste Chance, jetzt zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln und nach der Wahl auch umzusetzen. Für Brandenburgs Zukunft. Peter Heydenbluth Peter Kopf Carsten Christ Präsident der IHK Potsdam Präsident der IHK Cottbus Präsident der IHK Ostbrandenburg 5
I Talente der Zukunft sichern Status quo Unterschiede zwischen Ausbildungsangebot und -nachfrage Jährlich werden in Brandenburg knapp 9.500 neue betriebliche Ausbildungsverträge abgeschlossen. Die Unternehmen melden seit Jahren verstärkt betriebliche Ausbildungsstellen zur Besetzung. Die Anzahl unbesetzter Stellen steigt jedoch ebenfalls, während gleichzeitig die Zahl unversorgter Jugendlicher stagniert. Zu oft kennen die Brandenburger Jugendlichen die berufli- chen Chancen ihrer Region zu wenig. Sie gehen für ihre Ausbildung zu häufig in andere Bundesländer, insbesondere nach Berlin – nicht zuletzt auch, weil die Distanzen zwischen Wohnort, Schule und Ausbildungsbetrieb in einem Flächenland wie Brandenburg eine besondere Herausforderung darstellen. Budget für Vermarktung und Modernisierung der Bildungsangebote unzureichend Die Studien- und Berufsorientierung ist in Gymnasien ein Wahlmodul und wird von Schülerinnen und Schülern überwiegend gemieden. Ausbildungs- und Karrierechancen will das Land mit der Ausbildungsoffensive „Brandenburg will Dich! Hier hat Ausbildung Zukunft“ mehr in die Öffentlichkeit tragen. Es fehlt jedoch eine ausreichende finanzielle Ausstattung sowie die Orientierung an arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen und Arbeitsinhalten der Zukunft. Dies gilt sowohl für die Inhalte der dualen Ausbildung als auch für die Anzahl und Qualität von Weiterbildungsangeboten. Gestaltung der Integration nicht unternehmerfreundlich Spracherwerb, Ausbildung und Beschäftigung sind wichtige Säulen bei der Integration von Geflüchteten. Eine Eingliede- rungsquote in Brandenburg von rund 60 Prozent nach einer betrieblichen Einstiegsqualifizierung unterstreicht dieses Instru- ment als erfolgreichen Weg in die Ausbildung. Unsichere aufenthaltsrechtliche Rahmenbedingungen sowie die unzurei- chende Berücksichtigung von Betriebsabläufen bei der Integration sorgen für wiederkehrende Rückschläge bei der Hebung dieses Fachkräftepotenzials. Petra Domnick, Geschäftsführerin surfaced GmbH (Oranienburg) „Mein Wunsch und Anliegen ist es, dass wir unser duales Ausbildungssystem, um das uns die ganze Welt beneidet, auch auf die Integration von Geflüchteten anwenden können. Wir schaffen so von Beginn an eine enge Anbindung an Wirtschaft und Unternehmen. Dies ermöglicht Teilhabe und bedeutet für die Geflüchteten, sofort eine Zukunftsperspektive jenseits des „reinen Wohnens“ zu haben. Gleichzeitig können die Unternehmen von Anfang an ihre Arbeitskultur vermitteln, auf die Arbeits- haltung einwirken und so die Zusammenarbeit konstruktiv gestalten.“ Passungsprobleme in der Ausbildung senken Jeder zehnte Schulabgänger in Brandenburg Fast jeder siebte Ausbildungsplatz wird findet nicht die gewünschte Ausbildung in Brandenburg nicht besetzt 10,01% 14,84% 85,16% 89,99% unversorgte Bewerber unbesetzte Plätze bediente Ausbildungsnachfrage abgeschlossene Ausbildungsverhältnisse Verhältnis unversorgter Bewerber zur Gesamtnachfrage und Anteil der unbesetzten Ausbildungsplätze am Gesamtangebot im Land Brandenburg im Jahr 2018. Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), 2018 6
Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Für die Attraktivität der beruflichen Ausbildung ist die Erreichbarkeit aller Lernorte für Auszubildende zu verbessern, wie es der von der Landesregierung im Herbst 2018 unterzeichnete Ausbildungskonsens vorgibt. Ein Mobilitätszuschuss vom Land, der über das ausbildende Unternehmen ausgegeben wird, muss vor allem den ländlichen Raum berücksichtigen. Das kann das angekündigte Azubiticket in der Fläche nicht leisten. 쐽 An den Standorten der Berufsschulen sind verstärkt Wohnmöglichkeiten für Auszubildende einzurichten, die finanzierbar und logistisch erreichbar sind. Für viele Azubis, deren langer Anreiseweg nicht durch Vereinbarungen mit Berliner Schulen verkürzt werden kann, ist eine Unterkunft vor Ort ein bestimmendes Ausbildungskriterium. 쐽 Berufs- und Studienorientierung sind an Gymnasien verpflichtend anzubieten. Kooperationen mit Partnern aus der regio- nalen Wirtschaft sind zu stärken. Neben den SchülerInnen und Eltern ist auch die Lehrerschaft verstärkt einzubinden. Es braucht mehr Anreize für innovative und erfolgreiche Modelle zur Fachkräftegewinnung und –bindung im ländlichen Raum. 쐽 Etwa die Hälfte aller Oberstufenzentren in Brandenburg sind vom Lehrermangel betroffen. Das Land muss daher dringend Anreizsysteme und Ausbildungsmöglichkeiten für Berufsschullehrer schaffen. Um moderne Ausbildungsbedürfnisse abzudecken, braucht es vom Land zusätzliche Investitionen in eine zeitgemäße Infrastruktur sowie digitale und audiovi- suelle Medien. Schulische Bildungsangebote sollten verstärkt digitale Methodenkompetenzen vermitteln. 쐽 Zur Stärkung der höheren Berufsbildung müssen Landesförderprogramme für Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern gleichermaßen gelten. Die höhere Berufsbildung sollte ebenso finanziell unterstützt werden wie akademische Bildungswege. Förderungen dürfen sich nicht allein an Abschlussbezeichnungen orientieren. 쐽 Es braucht dringend rechtssichere Rahmenbedingungen für eine duale Ausbildung für Geflüchtete. Das Land muss, wie Berlin auch, die Ermessensduldung auf das Instrument der betrieblichen Einstiegsqualifizierung vor der Ausbildung aus- weiten. Absolventen der Berufsfachschule berufliche Grundbildung Plus (BFSG Plus) sollten zielgerichtet in die Berufs- ausbildung geführt werden. 쐽 Das Land muss dringend die administrativen Prozesse bei der Fachkräftezuwanderung vereinfachen. So sollte die Vor- rangprüfung auch bei der Zuwanderung von Azubis wegfallen. Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen muss für Unternehmen flexibel und mit geringem bürokratischem Aufwand gestaltet werden. 쐽 Das ehrenamtliche Engagement der Prüfer in der Aus- und Weiterbildung ist von Brandenburg stärker anzuerkennen, indem es mit anderen Förderinstrumenten für ehrenamtliche Tätigkeiten gleichgestellt wird. Das gute Instrument der Ehrenamtskarte sollte auch für die IHK-Prüfer zugänglich sein. 7
II Verkehrsinfrastruktur jetzt umfassend ausbauen Status quo Mobilitätsbedarf nicht flächendeckend gesichert Der zunehmende Wirtschafts- und Individualverkehr im stark wachsenden Berliner Umland bringt die vorhandene Verkehrsin- frastruktur, vor allem an den zentralen Hauptverkehrsachsen an ihre Grenzen. Allein das Pendleraufkommen zwischen Berlin und Brandenburg ist in den letzten fünf Jahren um 13 Prozent auf rund 300.000 Beschäftigte pro Tag gestiegen. Dieser Prozess wird durch die Suburbanisierung in den kommenden Jahren deutlich beschleunigt. Zeitgleich verschärft sich im ländlichen Raum die Situation der unzureichenden Versorgung mit ÖPNV-Leistungen. Zur Stabilisierung der berlinfernen Regionen fehlt es verstärkt an nachfragegerechten Verkehrsangeboten. Ohne Alternativen wird der Individualverkehr dort zum Wachstumshemmnis. Infrastruktur als Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung Durch die Lage unseres Landes im Zentrum mehrerer transeuropäischer Verkehrskorridore gehen die Anforderungen an eine zukunftssichernde Infrastruktur weit über den heutigen Status quo hinaus. Die Landesplanung ist darauf nur unzureichend ausgerichtet. Die andauernde Fertigstellung des BER, das geringe Angebot an Interkontinentalflügen sowie fehlende Ent- wicklungsmöglichkeiten für die Regionalflugplätze behindern den Flugverkehr und senken die Standortattraktivität. Engpässe bei den Bundeswasserstraßen und Schleusen blockieren die wirksame Verlagerung der Gütertransporte vom LKW auf das Binnenschiff. Das entwertet millionenschwere, bereits getätigte Investitionen an Industriestandorten des Landes. Die fehlende Koordination beim Erhalt und Ausbau der Landeswasserstraßen hemmen touristische Entwicklungen, die nicht nur in struk- turschwachen Regionen wichtige Impulse setzen. Effiziente Erreichbarkeiten nicht in allen Regionen Die knapper werdenden Flächen in Berlin und im Umland rücken den ländlichen Raum zunehmend in das Blickfeld von Un- ternehmen und Investoren. Wohn- und Gewerbeflächen müssen dann zeitnah erreichbar sein. Der Zustand der Brandenburger Landesstraßen, insbesondere bei Ortsdurchfahrten, bewirkt jedoch das Gegenteil und führt zu Lärm- und Schadstoffemis- sionen. Ausreichende Koordinations- und Planungskapazitäten beim Ausbau fehlen, um unnötige Umleitungen, Staus sowie Bau- und Fahrzeitverlängerungen bei Pendlern und Unternehmern zu minimieren. Der Schienenverkehr ist auf mehr Fern- verkehrshaltepunkte in der Fläche angewiesen. Die Infrastrukturprojekte zur Umsetzung des Landesnahverkehrsplans sind unverzüglich zu beginnen. ÖPNV durch wachsende Nachfrage stärker gefordert 250 200 in Mio. pro Jahr 150 100 50 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Zuwachs der Fahrgastzahlen im Mio. Personen in Berlin und Brandenburg bis 2017 zum Referenzjahr 2010. Quelle: Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, Juni 2018 8
Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Das Land muss für den dringend benötigten Substanzerhalt und die -verbesserung des Straßennetzes mindestens 120 Mio. Euro pro Jahr und ausreichende Planungskapazitäten bereitstellen. Dazu gehört auch ein Straßenbahninvestitions- programm für den ÖPNV sowie die Förderung alternativer Mobilitätsangebote im ländlichen Raum, bei der kommunale und private Verkehrsunternehmen sowie das Taxigewerbe stärker einzubinden sind. 쐽 Angesichts der wissenschaftlichen Potenziale in der Region und der Landesaufgabe der Daseinsvorsorge sind Themen wie autonomes Fahren, Wasserstofftechnologien und smarte Mobilität voranzutreiben. 쐽 Brandenburg hat es nicht geschafft, die Mittel der bereits genehmigten Projekte des Bundesverkehrswegeplans umzu- setzen. Um das zu ändern, muss das Fachpersonal in den Landesbehörden dringend aufgestockt werden. Dirk Schwabe, Geschäftsführer PKS Logistik GmbH (Ahrensfelde) „Wir verlieren wöchentlich 75 bis 100 Stunden Lenkzeiten, d.h. wir bezahlen 2,5 Arbeitskräfte nur dafür, dass sie im Stau stehen! Ursache hierfür sind chronische Eng- pässe in der Straßeninfrastruktur sowie eine mangelnde Baustellenkoordination. Nicht selten werden unsere LKWs von einer Baustellenumleitung in die nächste geschickt und am Ende steht ein Durchfahrtsverbot für LKWs. Hier ist dingend Abhilfe durch das Land zu schaffen. Auch Baustellen im 2- bzw. 3-Schichtsystem zu bearbeiten würde helfen, an wichtigen Straßenabschnitten die Belastungen für den Verkehrsfluss - und damit für Pendler und Unternehmen - deutlich zu verringern.“ 쐽 Das Land braucht wieder ein aktives Baustellen- und Umleitungsmanagement in der Verantwortung des Landesbetriebs Straßenwesen sowie eine zentrale Abstimmung mit allen Baulastträgern. Die Einführung von 24-Stunden-Baustellen auf hochfrequentierten Streckenabschnitten ist voranzutreiben und umzusetzen. 쐽 Als Transitland benötigt Brandenburg Lösungen für die stark steigenden Verkehrsmengen, wozu neben zusätzlicher Kapa- zitäten auch die stärkere Verlagerung auf andere Verkehrsträger gehört. Dafür muss das Land mehr europäische Förder- mittel aus Programmen wie Fazilität „Connecting Europe” (CEF) nutzen. Mitzudenken sind dabei auch bedarfsgerechte und verlässliche Routen für den Schwerlastverkehr. 쐽 Die Elektrifizierung der Bahnstrecken, höhere Geschwindigkeiten und Wagenkapazitäten, Taktverdichtungen, die Verlän- gerung von Bahnsteigen sowie die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Strecken müssen den angebotsorientierten Ausbau der Schienenverkehrsinfrastruktur bestimmen. Auch der Güterverkehr benötigt bei Überholgleisen und Umschlagstellen ausreichende Kapazitäten. Die Bahnstrecken nach Polen sind aufgrund wachsender Wirtschafts- und Pendlerverpflech- tungen sowie transeuropäischen Entwicklungen (u.a. BalticRail, Seidenstraße) konsequent und weitsichtig auszubauen. Die Planung prioritärer Ausbauvorhaben für die Bahninfrastruktur muss das Land noch stärker vorfinanzieren. 쐽 Neben der zeitnahen Fertigstellung des BER sind auch seine optimale verkehrliche Erreichbarkeit inklusive der umliegen- den Gewerbe- und Siedlungsgebiete wie auch die volle Ausnutzung der in letzter Instanz gerichtlich festgelegten Betriebszeiten sicherzustellen. Zudem muss das Land durch eine rasche Überarbeitung der Luftverkehrskonzeption die Entwicklung der Regionalflugplätze aktiv unterstützen (u. a. bedarfsgerechter Ausbau und Zulassung Instrumentenan- flugverfahren). Sie entlasten den BER und steigern die Attraktivität des ländlichen Raums. 쐽 Die Landesregierung muss in Zusammenarbeit mit dem Berliner Senat darauf hinwirken, dass die Anzahl der Interkonti- nentalflüge erhöht wird. Sie sind eine wichtige Voraussetzung für die Ansiedlung international ausgerichteter Unterneh- men mit hoher Wertschöpfung und gut bezahlten Arbeitsplätzen. 쐽 Die im Rahmen des Strukturwandels Lausitz festgestellten und vom Bund bestätigten Ausbauvorhaben in der Schienen- und Straßeninfrastruktur sind zeitnah voranzutreiben. Ihre Planungen und Umsetzungen benötigen vollständige Kom- plementärfinanzierungen. 쐽 Zur Beseitigung der Engpässe an Binnenwasserstraßen (u.a. Schleuse Fürstenwalde, Schleuse Kleinmachnow) muss das Land beim Bund brandenburgische Interessen durchsetzen. Eine Vorfinanzierung des Planungsverlaufs beschleunigt die Vorhaben. 9
III Wirtschaftsmotor Industrie stärken Status quo Akzeptanz und Wertschöpfung der Industrie zu gering Mit rund 26 Mrd. Euro Umsatz ist Brandenburgs industrielle Wertschöpfung im Bundesvergleich deutlich zu gering. Um sie zu stärken, braucht es dringend mehr Industriebetriebe und politische Aufmerksamkeit vom Land. Die Industrie hat ein besseres Image verdient. Schon lange stehen für sie nicht mehr nur Lärm und qualmende Schornsteine. Vielmehr trägt die industrielle Basis erheblich zur regionalen Entwicklung der Wirtschaft bei, schafft Innovationen und zusätzliche Arbeitsplätze und setzt Impulse für andere Wirtschaftszweige. Die öffentliche Wahrnehmung der landespolitischen Arbeit dazu spiegelt diese, besonders für den ländlichen Raum wichtige Bedeutung, derzeit nicht wider. Rahmenbedingungen belasten die Industrie Aufwendige Genehmigungsverfahren und hohe Auflagen – vor allem im Bereich Umwelt – beeinträchtigen durch ihre Bindung von Betriebskapazitäten den Innovationsgrad vieler Industrieunternehmen. Hinzu kommen steigende Energie- und Rohstoff- preise sowie die Suche nach geeigneten Fachkräften, Ansiedlungs- und Erweiterungsflächen. Für ein stabiles Wachstum müs- sen Politik und Verwaltung wirtschaftsfreundlichere Rahmenbedingungen schaffen und auch auf kommunaler Ebene durchsetzen. Industrie als Gestalter des digitalen Wandels Die industrielle Basis weiß um die enormen Chancen der Digitalisierung und will sie nutzen. Das Land Brandenburg hält dafür eine exzellente Forschungslandschaft mit F&E-Schwerpunkten in technischen Bereichen bereit. Dieser marktwirtschaftliche Prozess braucht aber auch eine politische Unterstützung. Neben schnellem Internet hängt der digitale Wandel auch von bil- dungspolitischen Entscheidungen ab. Menschen sind für digitale Prozesse zu befähigen. Bisher schöpft das Land Brandenburg sein Potenzial als moderner, zukunftsorientierter Wirtschaftsstandort zu wenig aus. Thomas Huch, Geschäftsführer Huch GmbH Behälterbau (Neuruppin) „Wir fertigen hochwertige Behälter bereits in dritter Generation, die weltweit verkauft werden. Industrie ist die Basis unserer Region. Ohne die nötige landespolitische Unter- stützung und gesellschaftliche Akzeptanz sind Innovationen, Arbeitsplätze und letztlich unser Wohlstand von Morgen gefährdet. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es dringend zusätzliche Fachkräfte, mehr Ansiedlungs- und Erweiterungs- flächen, eine bessere Infrastruktur sowie Berlin als Partner – nicht als Konkurrenten.“ Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Die Bedeutung der Industrie für das Land Brandenburg findet in der gesellschaftlichen Meinung immer weniger Berück- sichtigung. Es braucht ein klares Bekenntnis der Landespolitik zur industriellen Basis verbunden mit Initiativen, die akzep- tanzfördernd sind und Anreize schaffen. Dazu gehören auch die entschlossene Umsetzung verbindlicher und ehrgeiziger Bürokratieabbauziele sowie die Erfassung von clusterfernem Innovationspotenzial. 쐽 Für eine positive Entwicklung der Brandenburger Industrie sind ausreichend verfügbare Industrie- und Gewerbeflächen bereitzuhalten, um Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben bedienen zu können. Der Platzmangel in Berlin verstärkt die Nachfrage im Land Brandenburg zusätzlich. Hier sind im Rahmen eines länderübergreifenden Metropolraummanage- ments kurzfristig Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen, die unsere Kommunen bei einem verbesserten und aktiven Flächenmanagement stärker unterstützen und Maßnahmen von ihnen einfordern. Die Bemühungen um die Ansiedlung von – gerade auch internationalen – Industriebetrieben sind zu intensivieren. 쐽 MINT-Berufe sind die Grundlage für Fachkräfte und für die technische Innovationsfähigkeit in der Industrie. Sie müssen durch regelmäßiges und praxisnahes Lernen von der Vorschulzeit bis zum Abitur einen größeren Stellenwert einnehmen. Digitalisierung als wichtiger Einflussfaktor für zukünftige Berufsbilder ist dabei praxisnah mit zu berücksichtigen. 쐽 Großbetriebe fungieren in der Fläche des Landes vielfach als Ankerunternehmen. Eine Förderung für alle Industrieunter- nehmen, unabhängig von der Größe und der Schaffung von Arbeitsplätzen, muss möglich sein. 10
Brandenburgs Industrie muss wachsen 400 350 Umsätze in Mrd. Euro 300 250 200 150 100 50 0 ern urg rlin d en ein en alt sen urg lz n sen en rg rn an sse Pfa be ye ng em fal nh lst mm Be mb nb ch ch arl He Ba tem d- üri est -A Ho Br Sa rsa de Sa Ha rpo lan Th sen W an ig- ürt e ed in- ein Vo Br ch sw W Ni rg- he Rh n- Sa hle rdr de bu Sc Ba No len ck Me 2015 2016 2017 Umsätze der Industrie (umfasst Bergbau, Verarbeitendes Gewerbe, Gewinnung von Steinen und Erden) im Ländervergleich in Mrd. Euro für die Jahre 2015 bis 2017. Quelle: Statistisches Bundesamt, 2018 11
IV Digitale Potenziale nutzen Status quo Brandenburg hinkt bei der Digitalisierung hinterher Die digitale Transformation stellt den sehr kleinteilig geprägten Mittelstand vor immense Herausforderungen, entscheidet zeitgleich aber über die Zukunftssicherheit vieler Unternehmen. Brandenburg ist sowohl im Ländervergleich als auch in vielen Regionen immer noch ein digitales Entwicklungsland. Bei der Breitbandverfügbarkeit über 50 Mbit/s innerhalb der ostdeut- schen Länder wurde Brandenburg von Sachsen vom Spitzenplatz verdrängt. In Zeiten von Big Data, E-Business, Open Data und E-Learning, die jegliche Lebensbereiche in Stadt und Land durchdringen und zusätzliche Wertschöpfung schaffen, muss eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet höchste Priorität haben. Ganzheitlich mit zukunftssicherer Glasfaser sind bisher nur sehr wenige Gewerbegebiete und Schulen angebunden. Viele Ankündigungen, wenig Wirkung Die Landespolitik hat sich der Digitalisierung erst spät gewidmet, will aber nun durchstarten. Die überfällige Digitalisierungs- strategie wurde im Dezember 2018 vom Kabinett beschlossen, ist in erheblichen Teilen aber sehr unkonkret. Viele der beschriebenen Maßnahmen befinden sich bereits in der Umsetzung. Neue Ansätze sind zum Teil weder zeitlich terminiert noch in der Durchführung oder Finanzierung definiert. Die Digital-Agentur als zentrale Säule existiert bislang nur auf dem Papier. Unklar bleibt zudem, wie viele der geplanten 1.200 WLAN-Hotspots sich bis zur Landtagswahl 2019 realisieren lassen. Das unlängst beschlossene E-Government-Gesetz und die im Innenministerium neu geschaffene Abteilung für Digitalisierung bilden ein Instrumentarium, das digitale Prozesse in der Verwaltung endlich spürbar voranbringen kann. Digitalisierung wirtschaftsfreundlicher fördern Besonders die dominierenden Kleinbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten weisen einen unterdurchschnittlichen Digitalisierungsstand auf. Förderinstrumente auf den Weg in die Wirtschaft 4.0, wie den Brandenburger Innovationsgutschein (BIG-digital) werden zwar offeriert, finden jedoch bislang nur geringen Zuspruch. Der Datenschutz und der Bürokratieaufwand verunsichern viele Unternehmen. Neben der Verbesserung von Produkten, Kosten und Herstellung im Unternehmen muss die Erschließung neuer Märkte und Geschäftsmodelle stärker vom Land unterstützt werden. Die Gestaltung der Arbeit der Zukunft bietet nicht nur technologische Potenziale, sondern stellt auch hohe Ansprüche an die Fähigkeiten der Menschen. Breitbandausbau muss beschleunigt werden 100 90 80 70 60 in Prozent 50 40 30 20 10 0 Ende 2016 2017 2017 2018 (Mitte) (Ende) (Mitte) Brandenburg Deutschland Vergleich der Versorgungsquoten für Breitband „≥ 50 Mbit/s“ (leitungsgebunden) zwischen Brandenburg und Deutschland von Ende 2016 bis Mitte 2018 Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur / TÜV Rheinland, Berichte zum Breitbandatlas, 2019 12
Jörn Hartwig, Geschäftsführer D-LABS GmbH (Potsdam), Mitbegründer des IT-Netzwerkes „Silicon Sanssouci“ „Um die Digitalisierung in Brandenburg voranzubringen, sind leistungsfähige digitale Infrastrukturen, unterstützende rechtliche Rahmenbedingungen und kompetente Mit- arbeiter erforderlich. Wir brauchen dringend mehr Tempo, um die Entwicklung aktiv mitzugestalten. Entscheidend ist dabei, dass Unternehmen und Verwaltung die sich bietenden Chancen des Wandels selbst erkennen und konsequent ergreifen. Persönlich wünsche ich mir mit Blick auf die Region noch mehr digitales Entrepreneurship – gute Rahmenbedingungen dafür sind vorhanden.“ Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Die Beschleunigung des Breitband-Ausbaus muss höchste Priorität haben. Alle Maßnahmen sind konsequent auf eine durchgängige Glasfaser-Infrastruktur auszurichten. Für nur unwirtschaftlich erschließbare und/oder solitär stehende Ausbaubereiche sollten alternative Erschließungstechnologien geprüft werden (Funklösung). Im Fokus muss zudem der Anschluss der gesamten Brandenburger Wirtschaft im Festnetz und Mobilfunk (4G / 5G) stehen. 쐽 Die Qualifikation von Führungskräften und Mitarbeitern stellt aus Unternehmenssicht ein großes Digitalisierungshemm- nis dar. Der Aufbau und die Weiterentwicklung digitaler Kompetenzen in kleinen und mittleren Unternehmen muss wei- terhin gefördert und der Zugang vereinfacht werden – zum Beispiel durch die unbürokratische Inanspruchnahme von bedarfsgerechten Beratungs- und Weiterbildungsangeboten. 쐽 Die Einführung des Brandenburger Innovationsgutscheins (BIG-digital) wird sehr begrüßt. Die Praxis zeigt jedoch, dass im Bereich der Projektbewertung zur Förderfähigkeit auch in den entscheidenden Gremien der landeseigenen Behörden Qualifizierungsbedarf besteht. Zudem müssen die Einstiegshürden gesenkt und die Antragsverfahren entbürokratisiert werden. 쐽 Für die Förderung von MINT-Kompetenzen ist der IT-Ausbau in Oberstufenzentren und Schulen zu fördern. Dieser muss neben der technischen Ausstattung verstärkt auch pädagogische Konzepte adressieren. 쐽 Zwei von drei Brandenburger Unternehmen sind dem Dienstleistungssektor zuzuordnen. Sie benötigen konkrete Unter- stützungsangebote, die derzeit vorwiegend der industriellen Produktion in Form des geförderten „Innovationszentrum Moderne Industrie“ vorbehalten sind. 13
V Ländliche Räume aufwerten Status quo Gegenseitige Abhängigkeit von Stadt und Land Berlin und die städtischen sowie ländlichen Räume Brandenburgs sind existenziell verzahnt und aufeinander angewiesen. Obwohl beide Bundesländer eine gemeinsame Metropolregion bilden, agieren Politik und Verwaltung bei vielen übergreifenden Themen (so z.B. bei Energie-/ Klima-, Mobilitätsstrategien) wenig abgestimmt. Lösungen sind hingegen nur im Miteinander zu finden. Die hohe Wirtschaftsdynamik in und um Berlin fehlt in den berlinfernen Regionen. Starke Regionen brauchen ein starkes Profil Die Bevölkerungsentwicklung, die Globalisierung der Märkte und die veränderte Ausrichtung der europäischen Förder-, Struk- tur- und Agrarpolitik schaffen zusätzliche Herausforderungen. Die hiesigen Mittel- und Oberzentren gelten daher als bewährte Ankerpunkte der Region. Ein identitätsstiftendes Selbstbewusstsein mit Begriffen wie Regionalität, Nachhaltigkeit, Umwelt- bewusstsein und Gesundheit ist zu gering ausgeprägt. Kleine und mittlere Unternehmen sind die Säulen der Entwicklung im ländlichen Raum Der Struktur- und Funktionswandel in ländlichen Räumen bietet kleinen und mittleren Unternehmen Chancen in der Energie- oder Ernährungswirtschaft, aber auch im Handel und Tourismus. Flächen im ländlichen Raum werden durch die gestiegene Nachfrage nach hochwertigen, biologisch angebauten landwirtschaftlichen Produkten, nachwachsenden Rohstoffen für die Energiegewinnung (Bioenergien) sowie dem Entwicklungsdruck aus den urbanen Zentren aufgewertet. Sie sind zunehmend als kreativer Ort und Wirkungsstätte für moderne Dienstleistungen gefragt. Ihnen fehlt es zur Schaffung gleichwertiger Lebensbe- dingungen jedoch an Unterstützung wie neue Arbeitsformen und Lösungen für die angespannte Fachkräftesituation. Ankerfunktion der Innenstädte und Ortskerne Die Zentren und Citylagen der Städte und Gemeinden bilden wesentliche Kerne der wirtschaftlichen Entwicklung Branden- burgs. Sie sind Ausdruck von gesellschaftlichem Zusammenhalt und Austausch. Der demografische Wandel führt zu höheren Herausforderungen beim Erhalt lebendiger Ortskerne. Neue Lösungen durch Pilotprojekte wie die Umnutzung von historischen Industriegebäuden (z.B. Tuchfabrik Pritzwalk) brauchen einen höheren Stellenwert in der politischen Städtebauförderung. Das gilt auch für die Unterstützung regionaler Initiativen. Bianca Buthmann, Geschäftsführerin Trede & von Pein GmbH (Prenzlau) „Als Agrarhändlerin der Trede & von Pein GmbH im ländlichen Raum bin ich auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Zudem ist es wichtig, dass die Menschen in der Region bleiben, wofür eine möglichst breite Daseinsvorsorge Voraussetzung ist.“ Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Die Metropolregion Berlin-Brandenburg ist deutschlandweit die einzige ohne eine zentrale Koordination und Steuerung bei über die Raumplanung hinausgehenden Themen, obwohl sie als einzige über das Alleinstellungsmerkmal der Hauptstadtregion verfügt. Zur Nutzung ihrer Potenziale und Positionierung im nationalen und internationalen Wettbewerb ist bis 2022 ein mit definierten Kompetenzen und Mitteln ausgestattetes Metropolraummanagement einzurichten, das insbesondere auch den weiteren Metropol- raum mitberücksichtigt. 쐽 Brandenburgs Entwicklungskonzepte für den ländlichen Raum sind gemeinsam mit den urbanen Zentren und so auch mit Berlin zu entwickeln. Dafür sind vielfältige Formen der interkommunalen Zusammenarbeit nötig, um Versorgungslücken zu schließen und Ressourcen zu heben. Unternehmertum und Eigeninitiative brauchen verlässliche Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Flä- chenausstattung, Breitband- sowie Infrastrukturversorgung. 14
쐽 Neue Herausforderungen im ländlichen Raum betreffen, angesichts einer alternden und vielerorts sinkenden Bevölkerung, alle Berei- che der Daseinsvorsorge wie Bildung, Mobilität, medizinische Versorgung oder Sicherheit. Hierzu muss das Land tragfähige Min- deststandards und -ausstattungen in den Gemeinden definieren und aushandeln. Eine zukunftssichernde und koordinierte Flächen- entwicklung sowie die Aufwertung von Innenstädten und Ortskernen fördert das Miteinander von Gewerbe, Wohnen und Freizeit. 쐽 Die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten garantiert eine Produktvielfalt und den Verbleib von Arbeitskräften und Erträgen in der Region. Fördermaßnahmen sind stärker auf regionale Wirtschaftskreisläufe auszurichten, damit individuelle Ressourcen einer Region besser identifiziert und unterstützt werden können. 쐽 Die Studie der Landesregierung zum Image Brandenburgs innerhalb Deutschlands zeigt ein bedrückendes Unwissen der meisten Menschen über unser Land. Der Fokus des Landesmarketings auf weite Naturräume, Entschleunigung und Freizeit tragen leider dazu bei, dass sich dieses Bild eines rückständigen Bundeslandes noch verfestigt. So wie die Kammern und Verbände versuchen, die exzel- lenten Bildungs-, Gründungs- und Ansiedlungsmöglichkeiten im Herzen Europas herauszustellen, sollte eine künftige Landesregie- rung den Ansatz dringend überdenken und Brandenburgs Chancen für Investoren und Arbeitskräfte über ein positives und zukunfts- offenes Image kommunizieren. Brandenburg muss im ländlichen Raum mehr Perspektive schaffen 6,0 2,4 2,5 5,0 2,3 2,2 -11,5 % 4,0 Personen in Mio. 3,0 1,5 1,5 1,3 - 22,1 % 1,2 2,0 0,9 1,0 1,0 1,0 1,0 + 6,2 % 0,0 2013 2020 2030 2040 Berliner Umland weiterer Metropolenraum Land Brandenburg Prognose für die Bevölkerungszahlen im Land Brandenburg in Mio. Personen von 2013 bis 2040. Quelle: Landesamt für Bauen und Verkehr, 2015 15
VI Wirtschaft effizient fördern und gestalten Status quo Prosperierende Wirtschaft liefert hervorragende Startbedingungen Die Einnahmensituation im Land Brandenburg hat sich aufgrund der guten konjunkturellen Lage äußerst positiv entwickelt. Erstmals lagen 2018 die Steuereinnahmen in der Mark über 10 Mrd. Euro. Daneben entlasten sinkende Arbeitslosenzahlen dank einer florierenden Wirtschaft die öffentlichen Haushalte. Mit einem Gesamtvolumen von rund 25,5 Mrd. Euro ist der Doppelhaushalt 2019/2020 der größte in der Geschichte des Landes Brandenburg. Obwohl umfassende Investitionsprogramme angekündigt sind, soll die Investitionsquote laut Planungen des Landes weiter von 12,2 Prozent (2018) auf 11,6 Prozent (2020) fallen, während die Personalausgabenquote im selben Zeitraum um 1,3 Prozent steigen soll. Mittel effizient einsetzen und Rahmenbedingungen aktiv gestalten Die positive Wirtschaftsentwicklung ist ebenso wenig ein Selbstläufer wie die gute Haushaltssituation der öffentlichen Hand. Fördermittel müssen effizient abfließen, denn mit dem Ende des Solidarpakts 2019, der Neuregelung des Länderfinanzaus- gleichs ab 2020 und dem Ende der gegenwärtigen EU-Förderperiode im gleichen Jahr steht die neue Landesregierung vor zahlreichen finanzpolitischen Herausforderungen. Auch der Brexit wird Auswirkungen auf die Zuweisungen der Europäischen Union für Brandenburg haben. Zudem plant der Bund eine Neukonzeption der Strukturförderung für die 2020er Jahre. Wirtschaftswachstum ist eine entscheidende Finanzierungsgrundlage für das Land Die Wirtschaft bildet angesichts der erwähnten Unwägbarkeiten das Rückgrat für die Landesfinanzen und für zukünftige Gestaltungsspielräume. Bisher wird der Brandenburger Landeshaushalt zu knapp 70 % durch das eigene Steueraufkommen ge- deckt. Der Anteil reicht nicht aus. Brandenburg muss mehr auf eigenen Beinen stehen. Eine höhere Eigenfinanzierung setzt för- dernde Rahmenbedingungen für eine wachsende, einkommensschaffende einheimische Wirtschaft voraus. In der Vergangenheit gab es erhebliche Verzögerungen beim Start der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI), Diskontinuitäten in einzelnen Programmen und schließlich Schwierigkeiten beim Mittelabfluss. Hintergrund sind dabei nicht zuletzt bürokratische Hürden. Prof. Dr. Thomas Wilk, Inhaber Kanzlei Wilk (Potsdam) „Geld zum Gestalten ist da. Dieses muss in Zukunftsinvestitionen fließen, damit die hiesige Wirtschaft auch künftig Einkommen, Entwicklung und Wohlstand sichern kann. Wir erwarten das Engagement des Landes bei der EU und beim Bund für einen maximalen Mittelzufluss sowie eine kluge, unterbrechungsfreie Einsteuerung der Förderprogramme. Denn jedes Unternehmen weiß, dass es in den guten Jahren für schlechte Zeiten vorsorgen muss.“ Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Mit öffentlichen Investitionen – wie etwa in Infrastrukturen – gestaltet die Landesregierung die Entwicklungsmöglich- keiten heutiger und künftiger Generationen. Der investive Einsatz der Einnahmen des Landes muss gestärkt, der Investi- tionsstau beendet werden. Allein für den Erhalt und Ausbau des Straßennetzes sind mehr als 2,77 Mrd. Euro notwendig. Jährlich fließen jedoch nur 150 Mio. Euro in Sanierungs- und Baumaßnahmen. 쐽 Steuererhöhungen, hohe Gebühren und Abgaben schränken Investitionsmöglichkeiten ein und sind der falsche Weg. Dies gilt auch für zu lange Planungszeiträume, die den Abruf von vorhandenen Finanzmitteln unnötig verzögern. 쐽 Brandenburger Unternehmen brauchen ein zielgerichtetes, flexibles und unbürokratisches Förderinstrumentarium. Die neue Landesregierung muss eine adäquate Mittelausstattung der künftigen GRW-Förderung beim Bund sichern. Dieses bisher wirksamste Programm zur Investitionsförderung muss weiterhin mit attraktiven Konditionen in Brandenburg für die Errichtung, Diversifizierung und Erweiterung von Unternehmen aller Größenordnungen zum Einsatz kommen. Inves- titionsfremde Auflagen sind daher zu beseitigen. 쐽 Die ESI-Fonds der EU sollten in der Förderperiode bis 2020 vollumfänglich ausgeschöpft werden. Die Operationellen Pro- gramme für die neue Förderperiode 2021-2027 müssen frühzeitig unter Beteiligung der Wirtschaftspartner fertiggestellt werden, so dass das vollständige Förderinstrumentarium über die gesamte Periode hinweg zur Verfügung steht. 16
Investitionsquote des Landes sinkt deutlich 30% 27,5% 26,8% 25% 25,6% 24,2% 24,6% 20% 15% 12,2% 12,1% 11,9% 10% 11,5% 9,9% 5% 2018 2019 2020 2021 2022 Investitionsquote Personalausgabenquote Geplante Haushaltsausgaben des Landes Brandenburgs für Investitionen und Personal in Prozent von 2018 bis 2022. Quelle: Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg: Datenblatt Haushalt BB – Haushaltplan 2019/2020 17
VII Chancen auf Auslandsmärkten ermöglichen Status quo Geringe Investitionen in die internationale Wettbewerbsfähigkeit Außenwirtschaft und Internationalisierung können und müssen wesentliche Beiträge für ein nachhaltiges Wachstum der Brandenburger Wirtschaft leisten. Die Internationalisierungsstrategie und das neue Außenwirtschafts-Konzept des Landes bilden hierbei einen im Grundsatz brauchbaren strategischen Rahmen. Allerdings ist eine spezifische, offensive Ausrichtung der Außenwirtschaftsförderpolitik bisher nicht zu erkennen. Auch die wichtige europäische Zentrallage und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Berlin entfalten bei weitem nicht ihr Potenzial. Brandenburg fehlen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – „Internationale Champions“. Bei Brandenburger Exporten ist kein Fortschritt erkennbar Während Deutschland seine Rolle als Exportweltmeister bekräftigen will und andere Bundesländer kontinuierlich zulegen, blei- ben die Exportzahlen in Brandenburg wechselhaft. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang von 10 Prozent stieg das Export- volumen 2018 zum Vorjahr um 4 Prozent. Mit einer Exportquote in der Industrie von 28 Prozent (Deutschland: 48 Prozent) ist Brandenburg im Bundesländervergleich jedoch inzwischen Schlusslicht. Die Brandenburger Ausfuhren sind von wenigen Groß- unternehmen abhängig. Die steigenden Exporterfolge der kleinen und mittleren Betriebe können die Umsatzeinbrüche großer Unternehmen auf ausländischen Märkten jedoch nicht vollständig auffangen. Die teilweise sogar in Europa führenden Cluster entfalten noch nicht ihre internationale Schlagkraft. Förderinfrastruktur für Außenwirtschaft entwicklungsfähig Kleine und mittlere Unternehmen finden im Land Brandenburg nicht die Serviceleistungen vor, die sie für eine Intensivierung ihres außenwirtschaftlichen Engagements benötigen. Es fehlt an außenwirtschaftlich geschulten Kundenberatern bei den Haus- banken und an international erfahrenen Unternehmensberatern. Auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalts- kanzleien haben in Summe zu wenig internationale Erfahrung. Die öffentlich bereitgestellte Unterstützung ist entweder personell eng besetzt oder außenwirtschaftlich/international unzureichend ausgeprägt – nicht selten beides. Die aktuelle Außenwirt- schaftsförderung beschränkt sich daher zumeist auf die klassischen Instrumente und ist zu bürokratisch und unflexibel. Brandenburger Exporte kommen nicht in Schwung 200 20,0 Exporte 2018 in Mrd. Euro 17,8 Exporte in Mrd. Euro 17,8 150 17,5 17,2 17,0 16,3 + 9,6% 100 15,0 14,2 13,2 13,2 13,0 50 12,7 12,5 0 -1,5% 10,0 Baden-Württemberg Nordrhein-Westfalen Niedersachsen Bayern Hessen Rheinland-Pfalz Hamburg Schleswig-Holstein Sachsen Sachsen-Anhalt Bremen Saarland Thüringen Berlin Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern 2014 2015 2016 2017 2018 Brandenburg Durchschnitt ostdeutsche Bundesländer (mit Berlin) Exportvergleich der Bundesländer 2018 in Mrd. Euro sowie Entwicklung der Brandenburger Exportzahlen und des ostdeutschen Durchschnitts von 2014 bis 2018 Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2019 Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Die Neufassung des Außenwirtschafts-Konzeptes hätte mehr Mut vertragen. Brandenburg braucht keine überfällige Fortschrei- bung des Bestehenden, sondern eine echte Außenwirtschafts-Offensive, die sich auf die vorhandenen Defizite einerseits und Potenziale andererseits konzentriert. Dies sollte bis 2020 erfolgt sein. Schritte dahin sind die stärkere Gewichtung der Außenwirt- schaft im Rahmen der Wirtschaftspolitik des Landes, Qualitätsprogramme sowie einen modernen und flexiblen Förderbaukasten. Das Haushaltsbudget für die Außenwirtschaftsförderung reicht nicht aus. 18
쐽 Um die Vorteile der europäischen Zentrallage optimal zu nutzen, muss die Zusammenarbeit mit Berlin auf allen Ebenen intensiviert werden. Mittelfristig braucht es eine konsistente Außenwirtschaftsstrategie und einen gemeinsamen Auftritt der beiden Länder für die deutsche Hauptstadtregion. Dies entspricht der öffentlichen Wahrnehmung und schließt ein intensiveres internationales Standortmarketing mit ein. Beide Länder müssen sich die Bälle zuspielen und sich – gerade im Wettbewerb mit anderen Metropolregionen – als Partner verstehen. 쐽 Brandenburger Unternehmen brauchen für die Außenwirtschaft mehr geschultes Personal in den öffentlich bereitge- stellten Servicestellen des Landes. Diese müssen engagierter auf die Unternehmen zugehen. Michaela Behrendt, Geschäftsführerin microtech GmbH electronic (Teltow) „Zur Internationalisierung brauchen Unternehmen Unterstützung in „Hands-on- Mentalität“: Die Politik muss Chancen aufzeigen, gute Beispiele transparent machen und motivieren. Weniger Bürokratie, flexiblere Instrumente, digitale Verfahren helfen Hürden zu überwinden, damit Brandenburger Produkte und Dienstleistungen erfolgreich in Europa und der Welt sind.“ 19
VIII Zukunft gründen, Nachfolge sichern Status quo Viel Gründungshilfe hilft nicht immer viel In Brandenburg wird zu wenig gegründet. Zudem ist im Vergleich der Dichte von jungen, innovativen Start-ups in anderen Regionen seit Jahren kein Anstieg erkennbar. Von einer Kampagne „Gründerland Brandenburg“ ist man weit entfernt. Es fehlen transparente und bessere Finanz- und Förderinstrumente sowie moderne Infrastrukturen und Start-up-Ökosysteme, in denen Ideen leichter zu erfolgreichen Geschäftsmodellen reifen können. Dies schließt konkrete Angebote an die exzellente Wissenschaft mit ein, ihre Gründungsgedanken vor Ort umzusetzen. Unternehmerisches Denken ist in den Schulen – sei es über verpflichtende Praktika, den orientierenden Unterricht, die Förderung von Schülerfirmen oder ähnliches – nicht ausreichend verankert. Herausforderung für das ganze Land: Unternehmensnachfolge Nachfolge kann eine gute Alternative zur Neugründung sein. Bislang fand diese Option in der öffentlichen Wahrnehmung der Arbeit der Landesregierung kaum Erwähnung. Zu begrüßen ist die neue Richtlinie für frühzeitige Unternehmensnachfol- geregelungen in KMU. In öffentlichen Programmen zur Förderung von mehr Selbstständigkeit sollten neben Neugründern auch verstärkt Unternehmer erwähnt werden, die kürzlich ein Unternehmen übernommen haben. Noch immer fehlt eine spe- zifische Förderung zur Nachfolge, obwohl die Entscheidungsträger in mehr als 30.000 Unternehmen über 60 Jahre alt sind – vor allem in kleinen Unternehmen sowie im Mittelstand. Unternehmertum wertschätzen Wertschöpfung und Wohlstand sind eine Folge unternehmerischer Tätigkeit. Das starke gesellschaftliche Engagement der Unternehmen, wird in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig honoriert. Stattdessen werden Regelwerke und bürokratische Hürden immer komplexer. Weder Landes- noch Bundesgesetze wurden in der aktuellen Legislaturperiode ausreichend auf ihre Auswirkungen für die regionale Wirtschaft geprüft. Jens Warnken, Geschäftsführer airkom Druckluft GmbH (Wildau) „Als Unternehmer habe ich täglich neue Herausforderungen und Gestaltungsmög- lichkeiten. Ich würde junge Menschen gern daran teilhaben lassen und die Lust wecken, selbst Unternehmer zu sein. Wenn ich aber die Hälfte meines Arbeitstages damit verbringen muss, bürokratische Anforderungen zu erfüllen, ist das weder für mich befriedigend noch macht es die Selbständigkeit für Jugendliche attraktiv. Im konkreten Handeln der Verwaltung wird zu oft übersehen, dass wir Mittelständler das Rückgrat der Gesellschaft sind.“ Brandenburg braucht mehr gewerbliche Existenzgründer Anzahl der Existenzgründungen je 10.000 Erwerbsfähige 150 Jeder fünfte Brandenburger Unternehmer ist über 60 Jahre alt 130 110 18,5 90 70 81,5 Bundesdurchschnitt 2017 50 Unternehmer < 60 Jahre 30 Unternehmer > 60 Jahre 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Brandenburg Berlin Entwicklung der Gründungszahlen in Berlin und Brandenburg von 2007 bis 2017 sowie Anteil der über 60-Jährigen an den Brandenburger IHK-Unter- nehmerinnen und -Unternehmern. Quelle: Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn und eigene Erhebung, 2017 20
Forderungen aus Sicht der Wirtschaft 쐽 Die Landesregierung muss den Unternehmergeist stärken und die Bedeutung von Unternehmertum für die gesamte Gesellschaft unterstreichen. Dazu gehört auch die Verankerung von Entrepreneurship im Bildungswesen. Unternehmeri- sches Scheitern darf keine Nachteile bei der Inanspruchnahme von Förderung haben. Die Unterstützung der Wirtschaft muss sich stärker im Verwaltungshandeln wiederfinden. 쐽 Das Land muss die Förderung für Nachfolger und Existenzgründer aufwerten. Um die Fortführung bestehender Unter- nehmen zu sichern, sind zielgerichtete Projekte und flexible Förderungen notwendig, die den Fokus auf den Nachfolge- prozess an sich legen und nicht einseitig die Übernehmerseite adressieren. Zusätzlich werden dringend mehr Anlaufstel- len in der Fläche benötigt. 쐽 Die geplante und wichtige Kampagne „Gründerland Brandenburg“ existiert bislang in der Gründungs- und Nachfolge- strategie des Landes nur auf dem Papier. Sie muss spätestens in 2020 umgesetzt werden und einen einfachen Zugang zu Unterstützungsmaßnahmen gewährleisten. 쐽 Gründungswilligen in der hervorragenden Brandenburger Wissenschaft müssen konkrete Angebote unterbreitet werden, wie sie ihre Ideen vor Ort verwirklichen können. Es darf nicht sein, dass Brandenburg Forschung finanziert und andere Länder dann die Früchte der Unternehmensgründungen ernten. 쐽 Gründungspolitische Anreize müssen verstärkt und auch intensiver auf kommunaler Ebene durchgesetzt werden. Bran- denburg braucht eine Gründungskultur – auch in der Fläche. Unternehmensförderung an die Schaffung neuer Arbeits- plätze zu binden, darf kein Kriterium mehr in den Förderrichtlinien sein, denn es wird der demografisch bedingten Arbeits- marktsituation nicht gerecht. 21
IX Ideen auf den Markt bringen Status quo Brandenburgs Forschung und Entwicklung unter Bundesdurchschnitt Im Bundesvergleich der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung ist Brandenburg auf einem der letzten Plätze. Die geringe Forschungsintensität zeigt sich auch im Bundesvergleich der Patentanmeldungen. Die Katalysatoren für eine erfolg- reiche Innovationsdynamik liegen einerseits in forschungsstarken Industriebranchen, die regional nur punktuell vorhanden sind. Andererseits muss sich die vorhandene öffentliche Anwendungsforschung in Brandenburg viel zielgerichteter auf die kleinen und mittleren Unternehmen einstellen. Dieses noch ungenutzte Potenzial gilt es zu erschließen. Clusterarbeit nur bedingt in der Wirtschaft wahrnehmbar Nach wie vor werden die Cluster von den Brandenburger Unternehmen mehrheitlich nicht wahrgenommen. Bekanntheit und Wirksamkeit verschiedener Cluster befinden sich auf unterschiedlichen qualitativen Niveaus. Um Wachstum und Beschäfti- gung in der Fläche zu sichern, muss aber auch auf die Ursprünge regionaler Wertschöpfung geblickt werden. Bedingt durch die Fokussierung gibt es Schwierigkeiten bei einzelnen Fördervorhaben, die außerhalb der definierten Cluster angesiedelt sind (z.B. Holz, Keramik). Für die Neuauflage der gemeinsamen Innovationsstrategie „innoBB 2025“ muss das Land mehr Flexibilität beim Zuschnitt der Cluster und bei der KMU-gerechteren Gestaltung der Aktivitäten wagen. Geringere Beschäftigungsintensität hochqualifizierter MINT-Akademiker Für Forschungsaktivitäten bis hin zu marktreifen Innovationen spielen in der Regel Akademiker mit einem technisch-natur- wissenschaftlichen Hintergrund eine wesentliche Rolle. Trotz attraktiver Dichte an Hochschulen und Universitäten sind von 1.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Brandenburg nur 27 in einem MINT-Expertenberuf tätig – deutlich we- niger als der Bundesdurchschnitt von 37. Geringe Nutzung komplexer Förderungen in Forschung und Entwicklung Komplexe und komplizierte Richtlinien hindern vor allem kleine und mittlere Unternehmen, für größere Forschungsvorhaben adäquate Förderungen zu nutzen. So wird das in der aktuellen Förderperiode verfügbare Budget von 174 Mio. Euro für das Programm ProFIT zu gerade einmal einem Drittel ausgeschöpft. Die Unternehmen benötigen eine attraktive und vor allem niedrigschwellige Förderung – auch mit Blick auf die mittelfristig wieder steigenden Zinssätze. Zu selten kooperieren Hoch- schulen und Universitäten mit kleinen und mittleren Betrieben. 22
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