BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE

Die Seite wird erstellt Stefan-Santiago Köhler
 
WEITER LESEN
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
Burnout
Eine Handreichung für Gemeinden im Bund FeG
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
Jesus Christus sagt:

               „Kommt her zu mir,
                        alle,
       die ihr mühselig und beladen seid;
             ich will euch erquicken.
            Nehmt auf euch mein Joch
                und lernt von mir;
denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig;
   so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
            Denn mein Joch ist sanft,
            und meine Last ist leicht.“

                Matthäus 11,28-30
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
5

Inhalt
  Vorwort ..................................................................................................................................... 7
  Burnout – eine Krankheit mit „biblischer“ Tradition ....................................................... 8
  Was ist ein Burnout?................................................................................................................. 9

  Von der allgemeinen Definition zur konkreten FeG-Situation
  Welche äußeren Faktoren können ein Burnout begünstigen?.......................................... 10
  Welche persönlichen Faktoren können ein Burnout begünstigen?.................................. 11
  Die Rolle von Ehe und Partnerschaft.................................................................................... 12
  Glaube und Burnout............................................................................................................... 13
  Burnout als Problem des „Systems“ Gemeinde,
  Bund FeG und nicht nur des Einzelnen............................................................................... 15
  Der Pastorenberuf im Bund Freier evangelischer Gemeinden auf der Schwelle
  zwischen traditioneller Rückbindung und gegenwartsrelevanter Ausrichtung.............. 23

  Erfahrungsberichte Betroffener
  Bericht I.................................................................................................................................... 25
  Bericht II................................................................................................................................... 27
  Bericht III................................................................................................................................. 29
  Bericht IV................................................................................................................................. 31
  Was hat geholfen? Zusammenstellung aus den Berichten Betroffener............................ 34

  Hilfen und Empfehlungen
  Haupt- und vollberufliche Mitarbeitende sind auch nur Menschen –
  mit besonderer Berufung....................................................................................................... 35
  Was kann der Einzelne tun?................................................................................................... 36
  Was sollte im System geschehen?.......................................................................................... 37
  Fragen zum Selbsttest für Gemeinden.................................................................................. 39
  Fragen zum Selbsttest für Mitarbeiter.................................................................................. 42
  Literatur zum Thema.............................................................................................................. 44
  Hilfen........................................................................................................................................ 44
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
7

Vorwort                                                           Als Bundesleitung und als Arbeitskreis Seel-
                                                                sorge wollen wir mit Ihnen gemeinsam Chancen
                                                                zur Entwicklung ergreifen, wo es hilfreich und
                                                                nötig ist.
„Ja, es war ein Mangel an Wertschätzung, der mich
ausbrennen ließ. Mir fehlte der Respekt vor meiner                Besonders danke ich den Mitautoren an die-
Arbeit.“                                                        sem Heft:
   So fasst es ein Pastor für sich zusammen, der
einen Burnout durchmachte und dem es heute                      Elena Lill, Lehrende und supervidierende Trans-
wieder gut geht. Ein anderer sagt: „Ich habe men-               aktionsanalytikerin unter Supervision (DGTA)
tal nicht mehr abschalten können. Immer häufiger                Susanne Benischek, Psychologische Lebensbera-
quälten mich Schuldgefühle, weil ich eine Sache                 terin
noch nicht erledigt oder noch nicht sehr gut ge-                Tanja Rockensüß, KSA Grundausbildung; Fach-
macht hatte.“ Sie sind keine Einzelfälle. Auch an-              krankenschwester für Psychiatrie
dere leitende Mitarbeiter, Älteste oder Pastoren                Willy Weber, Dozent i.R., Ausbilder, Supervisor
in Freien evangelischen Gemeinden sind ausge-                   und Berater (KSA/DGfP)
brannt. Gemäß einer aktuellen Studie1 haben nur                 Christian Bouillon, Dozent für Praktische Theo-
10 % der befragten Pastoren Freier evangelischer                logie an der Theologischen Hochschule Ewers-
Gemeinden ein gesundes arbeitsbezogenes Ver-                    bach
haltens- und Erlebensmuster, 37% ein burnout-                   Detlef Kühne, Gemeindepastor, Vertrauenspas-
gefährdetes Muster.                                             tor im Sauerlandkreis
   Wie kann es dazu kommen? Liegen die Ur-                      Harald Petersen, Gemeindepastor, Seelsorgebe-
sachen nur in der Persönlichkeitsstruktur der                   auftragter im BFeG, Vorsitzender des AK Seel-
betroffenen Mitarbeiter oder sind sie auch in                   sorge
Arbeitsbedingungen von Gemeinden und Bun-
desgemeinschaft zu suchen? Wir wollen beides in                    Das vorliegende Material kann in Leitungs-
den Blick nehmen.                                               kreisen, bei Mitarbeitertreffen, bei Gemeindever-
   Das Ihnen vorliegende Material wurde auf                     sammlungen und Foren, evtl. einer Gemeinde-
Wunsch der Bundesleitung der Freien evan-                       freizeit bearbeitet werden. Es berücksichtigt neue
gelischen Gemeinden von einer Arbeitsgruppe                     wissenschaftliche Erkenntnisse und ist in einem
erstellt, der auch mehrere Mitglieder des Arbeits-              allgemeinverständlichen Stil gehalten.
kreises Seelsorge angehörten. Ziel war es, die ak-
tuelle Entwicklung wahrzunehmen, zu verstehen                      Im Namen der Bundes-
und positiv auf sie einzuwirken.                                leitung und des Arbeits-
   Dabei leitet uns eine wertschätzende Einstel-                kreises Seelsorge grüßt
lung zur Arbeit. Arbeit lässt uns die Schöpfung                 Sie ganz herzlich
gestalten und erhalten, ermöglicht es uns kreativ
zu sein, sie stiftet Sinn und gibt dem Alltag Struk-            Burkhard Theis
tur. Es gibt einen Zusammenhang von Glück und                   (Bundessekretär
sinnstiftender Arbeit. Es geht also nicht um weni-              Mitte West, Mitglied der
ger Arbeit, sondern um fördernde Arbeitseinstel-                Bundesleitung und im
lung und gute strukturelle Arbeitsbedingungen.                  Arbeitskreis Seelsorge)

1
 Ergebnisse der Studie im Aufsatz : Voltmer, Thomas, Spahn: Spiritualität, Gesundheit und berufsbezogene Verhaltens- und
Erlebensmuster von Pastoren der Freien evangelischen Gemeinden, Pastoraltheologie, Jg. 99, S.488-505, Göttingen 2010.
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
8

    Burnout
                                                                          Irgendwo im Südland, in der Wüste sinkt er er-
                                                                       schöpft im dürftigen Schatten eines Ginstergebü-
                                                                       sches um. Er ist nur noch müde, dienstmüde und
    eine Krankheit mit                                                 lebensmüde. Und sehr kleinlaut.
    biblischer Tradition                                                  Er betet. Das kann nur gut sein. Aber auch
                                                                       sein Gebet ist müde und krank. Er sei auch nicht
                                                                       besser als seine Väter, er, der große Glaubenser-
                                                                       neuerer Israels. Darin mochte er ja Recht haben.
       So modern die Burnout-Erkrankung zu sein                        Aber er wollte auch sterben. „Es ist genug.“ So
    scheint, sie findet sich schon in der Bibel.                       vornehm drücken das nicht alle aus.
       In der Literatur zur Sache findet sich der Be-                     Und dann bittet er Gott geradezu darum, ster-
    griff „Elia-Müdigkeit“, die besonders Personen                     ben zu dürfen. Diesmal erhört Gott seinen Pro-
    im „geistlichen Amt“ betreffe2. Ist Burnout also                   pheten nicht.
    eine „Elia-Krankheit“? Jedenfalls finden sich bei                     Er schickt ihm nicht den Tod, sondern einen
    ihm typische Anzeichen dieses scheinbar neuen                      Engel. Dessen Therapie ist so schlicht wie sie
    Krankheitsbildes. Schauen wir uns den heiligen                     wirksam ist: Der rüttelt ihn wach. Seine Anwei-
    Propheten des alten Israel ein wenig an. Die Kapi-                 sung ist knapp aber klar: „Steh auf und iss!“ Er
    tel 17 bis 19 im 1. Königsbuch zeichnen sein Bild                  muss noch einmal wiederkommen. Therapie
    nach:                                                              braucht Zeit. Erst recht, wenn die Therapeuten
       Elia ist ein unerschütterlicher Prophet, ein
    Mann Gottes, der gerade stehen kann, der sich
    dem König Ahab in den Weg stellt und schließ-
    lich ganz Israel herausfordert und in die Entschei-
    dung ruft: „Ist Jahwe Gott, so folgt ihm, ist es aber
    Baal, dann folgt ihm!“ (18,21). Er ruft Gott an,
    für sich selber zu reden und Gott antwortet so
    umwerfend deutlich, dass Israel auf die Knie geht.                 keine Engel sind. Aber schließlich tragen die Bei-
       Das war wohl Elias größtes Erfolgserlebnis -                    ne den Elia auf einem langen Weg, der bei Gott
    und sein höchster Einsatz. Im Tanzschritt geleitet                 ankommt. Der Horeb wurde so etwas wie Elias
    er das Königsgespann nach Jesreel. Lauter starke                   Rehazentrum. Gott hat sich Zeit für ihn genom-
    Szenen, glaubensvoll und glaubensstärkend.                         men, ihn auch auf den Teppich geholt von we-
       Aber dann kam Isebels Briefträger mit seinem                    gen Einzelkämpfertum und Märtyrergehabe. Mit
    Todesurteil. So etwas kann den stärksten Got-                      Erfolg. Denn am Ende kann Elia wieder durch
    tesmann umhauen. Und das geschah. Es müs-                          Wüsten gehen und seinen Prophetendienst auf-
    sen nicht immer gleich Hinrichtungen sein, die                     nehmen.
    uns aus der Fassung bringen, manchmal genügt                         „Elia war ein schwacher Mensch wie wir“,
    schon eine hässliche Dauerkritik. Jedenfalls ging                  schreibt Jakobus über ihn (5,17).
    es über Elias Kräfte. Auch über seinen Glauben,                      Ein „Ausgebrannter“ ist in guter Gesellschaft.
    über sein Gottvertrauen? Der Erzähler bewertet                     Wenn Gott dem Elia wieder auf die Beine und in
    das nicht, nur dies weiß er: Den Elia packt die Pa-                den Dienst geholfen hat, dürfen wir auch für alle
    nik. Er rennt um sein Leben. Anfangs darf sein                     hoffen, die von einer „Elia-Müdigkeit“ heimge-
    Diener noch mitlaufen. Dann schickt er auch ihn                    sucht werden. Ein Burnout kann zum Neustart
    weg. Gut war das sicherlich nicht. Elia isoliert                   werden.
    sich selbst. So etwas ist Gift in einer solchen Kri-
    se. Er will keinen mehr sehen. Sich selber wohl
    auch nicht mehr.

    2
        Matth. Burisch, Das Burnout-Syndrom, Heidelberg, 2006; Traugott U. Schall, Erschöpft, müde, ausgebrannt.., Würzburg 1993
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
9

Was ist ein                                                        einzusetzen. Gleichzeitig hat der Erschöpfte er-
                                                                   höhte Ansprüche gegenüber anderen.

„Burnout“?                                                         3. Emotionale Reaktionen
                                                                   In dieser Phase werden Depression oder Ärger,
                                                                   Wut, Aggression erlebt. Dieses kann sich auch in
                                                                   vermehrten Schuldzuweisungen äußern.

   Burnout ist ein engl. Begriff und bedeutet so                   4. Abbau
viel wie Ausbrennen oder ausgebrannt sein.                         In dieser Phase kommt es zu einem Abbau der
   Herbert Freudenberger prägte in den 70er                        kognitiven Leistungsfähigkeit, der Motivation
Jahren diesen Begriff, mit dem er den geistigen,                   und der Kreativität. Die Unterscheidungsfähig-
körperlichen und emotionalen Erschöpfungs-                         keit und Beurteilungsfähigkeit nimmt ab.
zustand ehrenamtlicher MitarbeiterInnen von
Hilfsorganisationen beschrieb.                                     5. Verflachung
   Burnout lässt sich definieren als ein Zustand                   In dieser Phase reduziert sich das emotionale, das
physischer, emotionaler und mentaler Erschöp-                      soziale, das geistige und das geistliche Leben.
fung aufgrund langanhaltender Einbindung in
belastende Situationen. Burnout ist ein Zusam-                     6. Psychosomatische Reaktionen
menspiel zwischen Mensch und Umwelt und je-                        In dieser Phase treten körperliche Beschwerden
der kann davon betroffen werden.3                                  auf, wie z.B. Kopfschmerzen, Magenschmerzen,
   Manchmal verbirgt sich hinter dem Begriff                       Rückenbeschwerden u.v.m.
Burnout nicht nur ein Erschöpfungszustand,
sondern eine Erschöpfungsdepression.                               7. Verzweiflung
   Die Symptome der Erschöpfungsdepression                         In dieser Phase erleben die Betroffenen eine gro-
können vielfältig sein, hier einige Beispiele: An-                 ße Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, die so
triebsverlust, Freudlosigkeit, Schlafstörungen,                    weit gehen kann, dass sie den Lebenssinn verlie-
Verzweiflung, manchmal auch Unruhe, körperli-                      ren und Selbstmordgedanken haben.
che Beschwerden, Traurigkeit, innere Leere. Der
Alltag kann nicht mehr, oder nur mit großer Ein-
schränkung, bewältigt werden.

In welchen Phasen verläuft ein Burnout?

Matthias Burisch beschreibt in seinem Buch „Das
Burnout-Syndrom“ 7 Phasen:

1. Anfangsphase
Diese Phase ist gekennzeichnet durch erhöhten
Energieeinsatz und das Erleben von Erschöp-                           Manchmal verlaufen die Phasen in der Rei-
fung. Die Ruhephasen reichen oft nicht aus, um                     henfolge von 1-7, bei anderen verbinden sich
sich zu erholen.                                                   einzelne Phasen miteinander, oder werden auch
                                                                   übersprungen.
2. Reduziertes Engagement                                             Ein Burnout zeichnet sich dadurch aus, dass
In dieser Phase werden Unlust erlebt und fehlen-                   diese Phasen über einen längeren Zeitraum be-
de Motivation sich für andere und für die Arbeit                   stehen, sich verschärfen und krisenhaft zuspitzen.

3
    ähnlich Pines u. Aronson, 1988; Burisch, Matthias: Das Burnout-Syndrom; 2006 S. 18
BURNOUT EINE HANDREICHUNG FÜR GEMEINDEN IM BUND FEG - FEG SEELSORGE
10

     Von der allgemeinen Definition zur konkreten FeG-Situation

     Welche äußeren                                     • starke Fremdbestimmung: Wenn der Beschäf-
                                                          tigte wenig Spielraum hat, seine Aufgaben auf

     Faktoren                                             seine individuelle Art durchzuführen, kann
                                                          das bei ihm zu einem Gefühl von Entmündi-
                                                          gung führen.
     können einen                                       • der Anspruch an den Beschäftigten, ständig

     Burnout begünstigen?
                                                          erreichbar zu sein. Ihm fehlt dadurch die
                                                          Möglichkeit, Arbeit und Privatleben vonein-
                                                          ander zu trennen.
                                                        • mangelnde Bestätigung und Anerkennung
                                                          für die erbrachten Leistungen. Meistens wird
       Eine Vielzahl von unterschiedlichen Faktoren       selbstverständlich erwartet, dass der Beschäf-
     am Arbeitsplatz kann ein Burnout begünstigen,        tigte dauerhaft auf gleichbleibend hohem Ni-
     unabhängig davon, ob es sich dabei um einen          veau seine Arbeit erledigt.
     ehrenamtlichen, häuslichen oder beruflichen Ar-    • der Wegfall von Mitarbeitern und Kollegen.
     beitsplatz handelt. Solche Faktoren sind:            Der Einzelne muss ein immer größer wer-
                                                          dendes Aufgabenspektrum bewältigen, ohne
     • das Gefühl von Über- oder Unterforderung           sich Rückmeldung oder Unterstützung von
       bei dem Beschäftigten.                             Teamkollegen holen zu können, und wird da
     • eine schwierige Arbeitsmarktsituation, wenn        durch zwangsläufig zum Einzelkämpfer.
       es kaum oder keine Alternativen zum derzei-      • der wachsende Anspruch an den Beschäftig-
       tigen Beschäftigungsverhältnis gibt.               ten, dass er bereit ist, im Rahmen seiner Tätig-
     • der Konkurrenzdruck zwischen Mitarbeitern,         keit weite Wegstrecken zurückzulegen.
       Teams und auch Pastorenkollegen.                 • eine mangelhafte Kommunikationskultur, bei
     • unklare und/oder unerreichbare Zielvorga-          der z. B. Informationen „versickern“ oder nur
       ben, die von dem Beschäftigten erfüllt wer-        auf Umwegen zu dem Empfänger gelangen.
       den sollen.                                      • undurchsichtige Organisationsstrukturen, bei
                                                          denen der Beschäftigte nicht genau weiß, wer
                                                          wofür zuständig ist und an wen er sich mit be-
                                                          stimmten Anliegen zu wenden hat.

                                                          Darüber hinaus gibt es weitere, von der Ar-
                                                        beitssituation unabhängige Faktoren, welche die
                                                        Entstehung eines Burnouts begünstigen können,
                                                        nämlich:

                                                        • Stress, den der Betroffene als destruktiv und
                                                          zermürbend erlebt.
                                                        • anhaltende Arbeitslosigkeit, die zu einer exis-
                                                          tenziellen Abhängigkeit von der Arbeitsagen-
     • die Kontrolle durch Vorgesetzte oder Auftrag-      tur führt. Der Betroffene kann sich wertlos
       geber, z. B. wenn diese eine hohe Transparenz      und überflüssig fühlen.
       fordern und der Beschäftigte unter dem Druck     • langfristiger Mangel an Erholungszeiten
       steht, über alles Rechenschaft ablegen zu müs-   • Wertekonflikten ausgesetzt zu sein und sich
       sen.                                               auf eine Weise verhalten und handeln zu müs-
11

  sen, die dem persönlichen Wertesystem wi-             len, zu kurz kommen und die Anteile des Le-
  dersprechen.                                          bens zu viel Raum einnehmen, die mangels
• mit einer Behinderung leben zu müssen: die            Sinn und Freude seinen inneren Energietank
  Erfahrung, auf Hilfe angewiesen und aus Be-           entleeren.
  reichen des öffentlichen Lebens ausgegrenzt         • das Erleben von Rollenkonflikten, weil zu
  zu sein. Menschen mit Behinderung müssen              viele Rollen gleichzeitig ausgefüllt werden sol-
  damit leben, dass ihre Möglichkeiten, das ei-         len. Aber auch Rollenkonflikte, die auch da
  gene Potential zu entfalten, teilweise stark ein-     durch entstehen können, dass Mitmenschen
  geschränkt sind.                                      bestimmte Erwartungen haben, wie eine Rolle
• wenn die Dinge, die dem Betroffenen Freude            ausgefüllt werden muss.
  machen und seinen inneren Energietank fül-

Welche persönlichen                                       mer“ anstrengen müssen, immer stark sein

Faktoren
                                                          müssen (Antreiber-Verhalten).
                                                      •   Personen, die sich selbst, ihre Bedürfnis-
                                                          se, ihre Grenzen und ihre Fähigkeiten nicht
                                                          gut wahrnehmen und vertreten können; sie
können einen                                              haben Schwierigkeiten, ihre eigenen Bedürf-

Burnout begünstigen?                                      nisse zu äußern und für deren Erfüllungen zu
                                                          sorgen.
                                                      •   Personen, die ein hohes Ideal haben, wer sie
                                                          sein sollen und was sie alles tun sollen, die
                                                          Verantwortung im Übermaß tragen und
   Die persönlichen Faktoren, die das Entstehen           schlecht etwas an andere delegieren können.
eines Burnouts begünstigen können, sind vielfäl-      •   Personen, die aufgrund der Schlussfolgerung
tig und immer individuell. Häufig haben sie mit           aus ihrer Lebensgeschichte den Eindruck ha-
der Situation und der persönlichen Geschichte             ben, nicht wichtig zu sein, es nicht zu schaf-
des Betroffenen eine Verbindung.                          fen, oder sich innerlich nicht ok zu fühlen,
   In der Regel kommen immer mehrere Fakto-               die einen mangelnden Selbstwert erleben, sich
ren zusammen, die sich mit ein oder mehreren              mit anderen vergleichen müssen und die ver-
auslösenden Situationen verbinden. Diese aus-             suchen, sich über Leistung aufzuwerten.
lösenden Situationen können z.B. unbewältigte         •   Personen, die in Konflikten nicht wissen, wie
Konflikte, Misserfolge, Überforderungen sein.             sie sich verhalten sollen und entweder unsi-
Hier einige Bespiele für persönliche Faktoren, die        cher oder dominant auftreten, die Beziehun-
zur Entstehung eines Burnouts beitragen kön-              gen nicht wertschätzend und stabil gestalten
nen. Personen, die besonders gefährdet sind, ein          können.
Burnout zu bekommen sind:                             •   Personen, die nicht genügend befriedigende
                                                          soziale Kontakte erleben und die ihre Freizeit
• Personen, die ungenügende Fähigkeiten zur               nicht erfüllend gestalten können.
  Stressbewältigung, Entspannung und zum              •   Personen, die schwerwiegende Erfahrungen
  Ausruhen haben, häufig schlafen diese Perso-            in ihrem Leben gemacht haben, die aktuell er-
  nen zu wenig.                                           fahren, dass diese Situationen sich im Hier
• Personen, die sehr unter innerem Druck ste-             und Jetzt wiederholen und sie nicht genügen-
  hen, die „immer“ alles perfekt machen müs-              de Bewältigungsstrategien zur Verfügung ha-
  sen, es allen recht machen müssen, sich „im-            ben.
12

                                                         • Personen, die den Eindruck haben, sie müss-
                                                           ten ständig erreichbar sein, die keinen Feier-
                                                           abend und wenig Urlaub machen.
                                                         • Personen, die über längere Zeit großen Belas-
                                                           tungen ausgesetzt sind, z.B. Krankheit,
                                                           schwierige Familiensituationen, Begleitung
                                                           von Sterbenden u. Menschen in Krisensituati-
                                                           onen, hohe Berufsanforderungen, zu viele
                                                           Termine.
                                                         • Personen, die wenig Erfolg erleben und diesen
                                                           auch nicht für sich selbst verbuchen können.
                                                         • Personen, die ihre Gefühle nicht richtig wahr
                                                           nehmen und deuten können, die deshalb
                                                           schlecht mitbekommen, wie es ihnen in ein-
                                                           zelnen Situationen geht.
                                                         • Personen, die ein hohes Engagement haben,
                                                           anderen zu helfen und die dieses Helfen brau-
                                                           chen, um selbst Anerkennung zu bekommen.
                                                         • Personen, die das Gefühl haben, sich durch
                                                           Leistung rechtfertigen zu müssen, vor Gott
                                                           und vor Menschen.
                                                         • Personen, die sich von Gott nicht wirklich ge-
                                                           liebt wissen und nicht aus der erfahrenen
     • Personen, die nicht genügende Fähigkeiten           Gnade leben, sondern aus eigener Kraft han-
       haben, sich abzugrenzen, die sehr sensibel          deln.
       sind und die nicht nein sagen können.
     • Personen, die sich nicht genügend um ihr kör-     Dies sind nur einige Beispiele. Jeder Burnout,
       perliches Wohlbefinden kümmern, die sich          den ein Mensch erlebt, hat seine individuelle
       nicht gesund ernähren und sich nicht genü-        Entstehungsgeschichte.
       gend bewegen.

     Die Rolle von                 Ehe                   halt macht. Die traditionelle Rollenverteilung
           und                                           tritt immer mehr zurück und oftmals sind beide

     Partnerschaft
                                                         Ehepartner berufstätig. Aufgaben in Familie und
                                                         Haushalt werden von beiden Geschlechtern über-
                                                         nommen, ebenso die Kindererziehung. Berufli-
                                                         che Veränderungen, die mit einem Ortswechsel
                                                         einhergehen, erfordern einen wesentlich höheren
        Im Bereich der persönlichen Faktoren, die ein    Klärungsbedarf als früher. Das ein Partner dem
     Burnout begünstigen, muss auch das Thema Ehe,       anderen „den Rücken frei hält“ und in allem zu-
     Partnerschaft und Familie betrachtet werden.        rück tritt ist nicht mehr die Regel. Sollte es auch
     Wir erleben in den letzten Jahrzehnten eine deut-   nicht sein, denn die Ehe darf nicht als Ausgleich
     liche Veränderung unserer Gesellschaft in diesem    für ungünstige und ungeklärte Arbeitsbedingun-
     Bereich, der auch nicht vor unseren Gemeinden       gen her halten!
13

   Zudem besteht ein oft nicht nur innerer Druck     stabilisierende Ressource ist, sehr schnell zu ei-
für leitende Mitarbeiter, eine vorbildliche Ehe zu   nem zusätzlichen destabilisierenden Faktor. Die
führen. Die Ehe muss sozusagen gelingen, da sie      Betroffenen „kämpfen dann sozusagen an zwei
ja Vorbildcharakter haben soll und bei Pastoren      Fronten“. Sowohl der dienstliche als auch der pri-
durchaus die berufliche Existenz daran hängen        vate Bereich kostet dann Kraft.
kann.                                                   Zudem belasten Burnout fördernde Muster
                                                     in der Regel auch die Partnerschaft ebenso, wie
                                                     sie das Berufsleben belasten. Umgekehrt fördert
                                                     alles, was Betroffene über sich und ihre persön-
                                                     lichen Burnoutfaktoren lernen, auch das Mitein-
                                                     ander in Ehe und Familie.
                                                        Ehepartner und Kinder sind zudem auch Be-
                                                     troffene im Sinne eines Mitleidens und Ertragens.
                                                     Sie müssen lernen, mit dem Betroffenen umzu-
                                                     gehen, sind irritiert von eventuell radikal verän-
  Wenn es unter diesen sich verändernden Be-         dertem Verhalten. Sie haben existenzielle Ängste
dingungen und eh schon vorhandenen weiteren          und oftmals große Scheu, ihrerseits Hilfe in An-
persönlichen oder äußeren Burnout begünsti-          spruch zu nehmen.
genden Faktoren dann nicht gelingt, aufkom-
mende Konflikte in Ehe und Familie zu klären,
wird das, was eigentlich eine gesundheitliche und

Glaube
                                                     unsere Sünde ans Kreuz getragen, uns erlöst und
                                                     den Himmel zur Heimat gemacht hat.
                                                        Aber in unserer sonn- und alltäglichen Glau-

              und
                                                     benspraxis verdreht sich der Christusglaube ge-
                                                     legentlich zu einer Leistungsreligion. Religion ist

      Burnout
                                                     das menschliche Bemühen, Gott gnädig zu stim-
                                                     men anstatt seine Gnade dankbar zu empfangen.
                                                     Sie muss leisten, um seinen Segen zu verdienen.
                                                     Religion macht müde und kann Einzelne und
                                                     ganze Gemeinden krank machen.

   Wer richtig glaubt, kann kein Burnout bekom-      Einige kritische Beobachtungen:
men – mögen manche denken. Aber Elia, ein
glaubensvoller Prophet, erlitt die „Elia-Krank-         a) Wir reden und diskutieren, wie wir Ge-
heit“, wie man ein Burnout gelegentlich auch um-        meinde bauen wollen und können. Wir ent-
schrieben hat.                                          werfen Papiere und erwarten von den haupt-
   Darum einige Zusammenhänge, die wir be-              und nebenberuflichen Mitarbeitenden, dass
denken sollten.                                         sie die richtigen Konzepte kreieren und so
   Der Christusglaube zielt auf die Gemein-             umsetzen, dass sich der Gottesdienstraum
schaft der Erlösten und ist das Gegenteil von           füllt und die Gemeinde wächst. Die Verant-
einer Leistungsreligion.                                wortlichen werden am Erfolg oder Misserfolg
   Wir predigen die Gnade Gottes, die uns ohne          gemessen und bewertet.
jedes „Gesetzeswerk“, ohne jede Vorleistung ge-         Das ist nicht alles falsch. Nur dürfen wir nicht
schenkt wird. Wir verkündigen Christus, der             vergessen, dass wir uns täuschen und überneh-
14

     men, wenn wir glauben, wir seien die Bauher-        zum Druck. Kurz: Vom Evangelium zum
     ren dieses heiligen Unternehmens Gemein-            Gesetz. Natürlich wird evangelische Predigt
     debau. Jesus sagt: „Ich will meine Gemeinde         zumuten, aufrufen, warnen und mahnen.
     bauen“ (Matth. 16,18). Zwar weist er Petrus         Aber in alledem muss die Grundmelodie des
     eine fundamentale Position als „Fels“ zu, aber      Evangeliums dominant bleiben, damit der
     damit beschreibt Jesus eher ein „Material“ als      Christusglaube nicht zur Leistungsreligion
     eine Bauherrschaft. Es bleibt einzig und allei-     verkommt und die Hörer predigtgeschädigt
     ne Gnade und Möglichkeit Jesu Christi, dass         werden.
     Gemeinde gebaut wird.

     Wir können und sollten ihn bitten, das auch
     bei, mit und durch uns und trotz uns zu tun.
     Wir können und dürfen seine Mitarbeiter
     und Handlanger sein. Die Bauherren sind
     wir nicht. Wir sind aufs Beten und Glauben
     verwiesen, und in der Abhängigkeit von ihm
     tun wir das uns Mögliche. Das befreit uns vom
     Druck, den wir uns selber machen. Das setzt
     Kräfte frei zu kreativem Tun. Das schützt uns
     vor Überforderung – und manchen vor einem
     Burnout.

     b) Die Predigt des Evangeliums bildet das
     Zentrum unserer Gottesdienste. Sie will und
     soll prägen und tut es auch. Darum braucht
     sie unsere besondere Aufmerksamkeit. Denn           c) Viele brauchen Seelsorge, Begleitung, Er-
     auch die Predigt ist durch Leistungsreligion        mutigung, einen Schutzraum, in dem sie sich
     gefährdet. Das liegt nahe. Denn vieles läuft        öffnen und wahr werden können. Aber viele
     nicht, wie es sollte, sowohl bei den einzelnen      trauen sich nicht, sie zu erbitten. Sie fürchten,
     Mitgliedern als auch in der Gesamtgemein-           nicht verstanden, nicht wahr- und angenom-
     schaft. Wer in verantwortlicher Mitarbeit           men zu werden. Sie fürchten die einfachen
     steht, erlebt sich häufig enttäuscht und frust-     Antworten, die schnellen Ratschläge und eine
     riert.                                              kurzschlüssige „geistliche Vermahnung“. Sie
     Da gerät die Predigt in Gefahr. Sie verrutscht      fürchten unbewusst Leistungsreligion und
     leicht vom Zuspruch zum Anspruch, von der           hoffen zu oft vergeblich auf das Evangelium.
     Ermutigung zur Kritik, von der Entlastung           Das darf konfrontieren, widersprechen, korri-
                                                         gieren und aufrufen. Aber in alle dem will und
                                                         muss die Stimme des guten Hirten zu hören
                                                         sein, der das Verlorene sucht, das Verwundete
                                                         verbindet, den Schuldigen aufnimmt und ger-
                                                         ne vergibt. Eine evangelische Seelsorge wirkt
                                                         besonders in unserer Gemeindegesellschaft
                                                         als ein Therapeutikum, das auch einem Burn-
                                                         out vorbeugen und die Heilung fördern kann.

                                                          Glaube und Burnout? Ein evangeliumsgesät-
                                                       tigter Glaube ist kein garantierter Schutz gegen
                                                       ein Burnout, wohl aber eine wirksame Präven-
                                                       tion.
15

Burnout             als Problem des „Systems“
Gemeinde, Bund FeG und nicht nur des Einzelnen

Burnout ist nicht geeignet, einseitig Schuld zu-    „Hauptsache ich werde bezahlt! Die Stimmung
zuweisen, sondern eine Chance für alle, weil es     im Gemeindebetrieb ist zwar mies, das sitz ich
auch Probleme eines Systems deutlich macht.         aus, das wird wohl wieder werden, also weiter!“
                                                       Hinzu kommt: Mitarbeiter gehen mit einer
Problembeschreibung                                 hohen Motivation in den Dienst. Was aber, wenn
                                                    trotz hoher Motivation und Leistungsbereitschaft
• In Gemeinden wird große Betroffenheit er-         von denen, denen man dient, kaum etwas zurück-
  lebt, wenn Mitarbeiter (vollzeitliche und         kommt? Weder Lob noch angemessene Kritik.
  nichtvollzeitliche) in der Gemeinde einen            Wird nur bei voller und guter Leistung ermu-
  Burnout haben.                                    tigt und gelobt?
• Bei der Suche nach Gründen besteht die Ge-           Wer aber beurteilt, ob die Leistung voll er-
  fahr, einseitig zu argumentieren und sich den     bracht wurde? Gibt es objektive Kriterien dafür,
  eigenen Anteilen (der Mitarbeiter selbst; die     oder bleibt es der subjektiven Beurteilung der
  Gemeindemitglieder; der gesamte Bereich           Gemeindemitglieder überlassen?
  Gemeinde; Bundesstrukturen) nicht zu stellen.        Wann ist genug? Wenn alle zufrieden sind?
  „Was früher als nerviges Problem des Indivi-      Wird man aber alle zufrieden stellen können?
  duums diskreditiert wurde, also als Problem
  des Einzelnen, wird nun als Problem des ge-          „Ich werde ja in meinem Job auch nicht gelobt.
  samten Betriebes verstanden.“ (Spiegel Artikel    Warum dann die Mitarbeiter in der Gemeinde lo-
  30/2011)                                          ben?“ Warum wird das selbst erfahrene Defizit
• Die Frage ist: Gibt es im Umfeld von Gemein-      zum Maßstab für den Umgang miteinander in
  de Bedingungen, die den Burnout bei Mitar-        der Gemeinde gemacht? Es darf und soll doch
  beitern fördern? Wollen wir uns gemeinsam         in der Gemeinde anders laufen als in der Welt.
  dieses Umfeld kritisch anschauen und gemein-      Wenn die Gesellschaft schon keine Anerken-
  sam daran arbeiten eine Atmosphäre für Mitar-     nungskultur hat, dann doch wenigstens und erst
  beiter zu gestalten, die die Lust an Verantwor-   recht die Gemeinde.
  tung fördert und nicht den Frust?
                                                       Sind Erfolge und Misserfolge nicht auch sys-
                                                    tembezogen und nicht nur auf einzelne zu bezie-
Folgende 5 Punkte stehen im Mittelpunkt:            hen? Haben die Probleme in der Gemeinde nur
                                                    mit der Arbeit der Mitarbeiter zu tun, oder doch
1. Wertschätzung                                    auch mit der Einstellung vieler Gemeindemit-
                                                    glieder?
 Lob, Anerkennung, Ermutigung.
                                                     Verständnisvolles Klima.
  Im Gespräch mit Betroffenen spielte zu wenig
Lob und Anerkennung eine Rolle.                        Es ist wichtig einander zu kennen. Was be-
  Mitarbeiter können sich nur bedingt auf ihre      schäftigt die Mitarbeiter neben ihrer Aufgabe in
Bezahlung zurückziehen. Die Nichtvollzeitlichen     der Gemeinde auch noch? Wie sieht deren Alltag
schon gar nicht, weil es keine Bezahlung gibt.      aus? Je mehr wir voneinander wissen, umso bes-
Für einen Pastor verbietet sich die Einstellung:    ser verstehen wir die Rahmenbedingungen unse-
16

                                                            chen, an Personen, die mehr als andere in der Öf-
                                                            fentlichkeit stehen. „Schlechte Nachrichten sind
                                                            (aus Sicht der Medien) gute Nachrichten!“ Weil
                                                            sie Aufsehen erregen. An eine solche Unkultur
                                                            gewöhnt man sich und hält sie für selbstverständ-
                                                            lich.
                                                               Dabei ist eine Projektion der Verantwortung
                                                            auf die Verantwortlichen zu beobachten:
                                                               „Du, ihr seid verantwortlich, damit es mir gut
     rer Verantwortung. Schüttelt man die Predigt für       geht! Du Lehrer, du Arbeitgeber, du Arbeitneh-
     eine Beerdigung wirklich in drei Stunden Vorbe-        mervertretung, du Staat, du Behörde, du Arzt, du
     reitung aus dem Ärmel? Braucht auch ein Pastor         Hauskreisleiter, du Seelsorger, du Gemeindelei-
     nach dem Gespräch mit einem Ehepaar, das sich          tung, du Pastor!“
     trennen will, erst mal Pause um sich dann dem             Eigenverantwortung wird kleiner geschrieben
     Biblischen Unterricht zuwenden zu können?              und viele Verantwortliche lassen sich solche Er-
        Hat der Vollzeitler wirklich nachmittags „frei“     wartungen und Forderungen auch aufbürden.
     wenn er abends noch eine Mitarbeitersitzung zu            „Wer ein wirklicher Diener der Gemeinde
     leiten hat? Nein, es beschäftigt und arbeitet in ei-   ist, opfert sich für die Wünsche und Klagen der
     nem.                                                   Gemeindeherde auf „– wer diese Einstellung
                                                            durch seine Gemeindebiographie verinnerlicht
      Redekultur in der Gemeinde.                          hat wehrt sich kaum oder gar nicht gegen unan-
                                                            gemessene Kritik oder eine überzogene Erwar-
        „Ein Christ ist immer im Dienst! Mitarbeiter        tungshaltung. Die Frage an das „System“ Gemein-
     und Pastoren erst recht!“                              de ist, ob gelernt wird, in Gemeinde konstruktiv
        „Wenn wir unsere 10 Stunden im Betrieb ge-          und wertschätzend Kritik zu üben. Konstruktive
     macht haben, dann fängt für uns die Gemeinde-          Kritik, die das Bemühen des Mitarbeiters wür-
     arbeit an. Was macht eigentlich der Pastor?“           digt, baut auf, weil sie das Gute eben nicht aus
        So mancher flotte Spruch sitzt dann doch tiefer     dem Blick verliert. Die Gemeindeleitung kann
     als beabsichtigt.                                      hier prägend Vorbild sein, indem sie öffentlich
        „Kannst du auch mal ein vernünftiges Klavier-       Mitarbeiter für ihren Einsatz lobt.
     vorspiel am Anfang des Gottesdienstes spielen?“
     Nach diesem Spruch verlässt der freiwillig mitar-       Umgang mit Fehlern.
     beitende Musiker verletzt das Gemeindehaus. Zu
     zimperlich? Soll er sich doch wehren!                     „Alles perfekt zu machen ist zur gesellschaftli-
        „Deine Predigt war unbiblisch!“ Darf eigent-        chen Norm erhoben worden.“ (Spiegel 30/2011)
     lich jeder in der Gemeinde zu jedem und allem             Wie kann es dazu kommen, dass in der Ge-
     seine unausgewogene „Reflexion“ ungefiltert            meindegemeinschaft der „Schwachen“, der Ge-
     weiter geben? Manch einer traut sich eine Bewer-       meinschaft der berufenen und gerechtfertigten
     tung, die mit seinen Kompetenzen nur wenig zu          Sünder, plötzlich die Perfektion, die fehlerfreie
     tun hat.                                               Leistung eine so wichtige Rolle spielt? „Für Jesus
        Reden, was gut ist und gut tut. Ermutigendes,       nur das Beste und die Besten!“ Gilt auch für Ge-
     aufbauendes Reden und genauso ehrliches Re-            meinde: Weiter, höher, besser? Der letzte Gottes-
     den. Das gibt es in den Gemeinden. Aber viel-          dienst war ja schon gut, aber der nächste muss
     leicht kann man noch intensiver darauf achten.         noch besser werden. Was macht das mit den Mit-
                                                            arbeitern im Bereich Gottesdienstgestaltung?
      Kritikkultur.                                           Manche Gemeindeleitung beklagt sich darü-
                                                            ber, kaum noch junge Leute für die Gemeinde-
        Die Gesellschaft, die Medien konfrontieren mit      leitung gewinnen zu können. Warum wohl? Hat
     einer oft schonungslosen Kritik an Verantwortli-       man in der Gemeinde mitbekommen, wie mit
17

Verantwortlichen umgegangen wird, wenn sie             Bewährt hat sich, wenn hin und wieder Aus-
Fehler gemacht haben?                               wertungsgespräche seitens der Gemeindeleitung
   Sowohl AT und NT berichten seitenweise von       mit den Mitarbeitern stattfinden. Wo nicht nur
fehlerhaften Menschen mit denen Gott trotzdem       die Funktion des Mitarbeiters reflektiert wird,
gnädig gearbeitet hat. Vom Wissen um diese bi-      sondern auch seine persönliche Situation. Wo
blischen Verhältnisse muss es zum Leben in der      braucht der Mitarbeiter Unterstützung und Be-
Gemeinde kommen. Wenn die Liebe dünn ist,           gleitung? Was wünscht er sich und wie geht es
werden die Fehler dick. Auch an dieser Stelle hat   ihm?
die Gemeindeleitung die Möglichkeit den Um-
gang mit Fehlern sensibel anzugehen. Das wider-      Wertschätzung   für Mitarbeiter drückt sich auch
spricht nicht dem Grundsatz, für Gott das Beste     aus in:
geben zu wollen!
                                                    • Bezahlung: Hält sich die Gemeinde an die
                                                      Richtlinien des Bundes? Oder hat man als Ge-
                                                      meinde die Möglichkeit das Gehalt zu erhö-
                                                      hen?

                                                    • Ausstattung mit Arbeitsmitteln: Stellt die Ge-
                                                      meinde nur das Nötigste bereit, dass immer
                                                      wieder von Mitarbeitern neu erkämpft werden
                                                      muss, oder darf es auch etwas mehr sein?

                                                    • Fortbildungsmöglichkeiten: Wenn Mitarbeiter
                                                      gute Arbeit leisten sollen, können sie dafür
                                                      auch Lehrgänge, Seminare und Kongresse be-
 Unterstützung.                                      suchen, die von der Gemeinde mitfinanziert
                                                      werden? Viele Gemeinden zahlen Mitarbei-
• Schutz von Mitarbeitern                             tern, die als Schüler und Studenten kein eige-
• eintreten füreinander                               nes Einkommen haben, die Fortbildungen und
                                                      signalisieren somit Wertschätzung.
   Ein Arbeitnehmer im Betrieb ist geschützt
durch vertragliche Vereinbarungen. Durch die        • Erstattung von Supervision: Es kann neben
Arbeitnehmervertretung. In der Gemeinde ist           regelmäßigen Feedbackgesprächen mit der Ge-
es die Gemeindeleitung, die mit der Gemeinde-         meindeleitung geboten sein, Supervision be-
mitgliederversammlung die Aufgaben und den            wusst als Mitarbeiterförderung einzusetzen.
Umfang von Aufgaben der Mitarbeiter klar be-          Das reflektierende Gespräch (z.B. von Pasto-
sprechen sollte. Das sind die Schwerpunkte, das       ren im Kollegenkreis) ist ein gutes vorbeugen-
sind die Ziele, das leisten wir an Unterstützung      des Instrument. Betroffene berichten, dass sie
und Fortbildung, das ist das finanzielle Budget,      die Kommunikation vor dem Burnout nicht so
das sind die Ansprechpartner für Fragen in der        gepflegt haben, wie es gut gewesen wäre. Nach
Gemeindeleitung. Wenn es Schwierigkeiten gibt         dem Burnout und dem Klinikaufenthalt ist für
wenden sich Mitarbeiter an die Gemeindeleitung,       sie klar geworden, dass sie das reflektierende
um zunächst dort über Inhalte und Umfang der          Gespräch unbedingt beibehalten wollen. Je
Arbeit zu reden. Die Gemeindeleitung stellt sich      kleiner die Gruppe, umso besser.
auch schützend vor die Mitarbeiter, wenn es zu
unberechtigter Kritik und überzogenen Erwar-        Behauptung: Eine gesunde Wertschätzungskul-
tungen kommen sollte. Je klarer die Absprachen      tur ist in hohem Maß vorbeugend!!
über die Aufgaben getroffen wurden, umso bes-
ser für alle Beteiligten.
18

     2. Klärungsfähigkeit                                  gemeinsam mit dem Leitungskreis, sondern sieht
                                                           sich selbst als „Schuldigen“.
      Berufsbild des Pastors                                 Sah er sich als „den Leiter“, so bürdet er sich
      Veränderung der letzten Jahre/Jahrzehnte            jetzt allein die Verantwortungsrolle auf.
                                                              Hier spielt nun ein falsches Berufungsver-
        War der Pastor bisher mehr der Verkündiger         ständnis eine ganz entscheidende Rolle.
     und Seelsorger, so soll er verstärkt der innovati-       Die berufenen Apostel gehen die Negativent-
     ve Leiter sein, der Ziele erarbeitet, vorstellt und   wicklung in der Jerusalemer Gemeinde (Apg 6,1-
     kommuniziert; der für die Vision begeistert;          11) ganz anders an. Die Frage, wer hat Schuld,
     Mitarbeiterbegleitung, Coaching der Mitarbei-         spielt keine Rolle. Sie gehen es gemeinsam an und
     ter taucht in den Wünschen der Gemeinden, die         stellen fest: Wir brauchen einfach mehr Mitarbei-
     einen neuen Pastor suchen, verstärkt auf. Ja, er      ter, damit wir, die Apostel, unseren Schwerpunk-
     soll leiten, aber eben im Team des Leitungskrei-      ten wieder richtig nachkommen können. Dabei
     ses. Ziele vorgeben, aber nicht zu dominant. Lei-     wird die ganze Gemeinde bei der Lösung der
     ten, aber dienend leiten. Gute Verkündigung ist       Schwierigkeiten miteinbezogen.
     selbstverständlich und kompetente Seelsorge bei          Die Berichte von Betroffenen mit Burnout sa-
     der Zunahme von seelischen Nöten, Trennungen          gen: Ich lebte mit einer selbstauferlegten Rolle
     und Scheidungen auch.                                 durch meine geistliche Biographie, die bei genau-
        Mit der Gemeindeleitung wird sich auf Ziele        er Prüfung am NT völlig falsch war.
     und Schwerpunkte der Gemeindearbeit geeinigt.            Betroffene sagen aber auch: Mir wurde eine
     Daneben sollen aber auch alle anderen Erwar-          Rolle vermittelt, die viel mit Leistung, aber we-
     tungen und Hoffnungen seitens der Gemeinde-           nig mit Gnade und Berufung zu tun hatte. „Gut
     mitglieder möglichst „bedient“ werden. Der Lei-       bist du dann, wenn du viel leistest und vielen ge-
     ter soll auch Hirte sein für alle Schafe.             fällst!“ Betroffene sagen: „Die Therapie meines
                                                           Burnouts führte zur Korrektur und Klärung mei-
        Wenn klare Zielvorgaben und Schwerpunkte           nes Berufungsbildes.“ Dies kann aber im offenen
     besprochen wurden, müssen sie der Gemeinde            Kommunikationsprozess mit Gemeindeleitung,
     gegenüber klar gemacht werden. Es muss trans-         Gemeindemitgliedern und Freunden schon im
     parent sein, damit die Gemeindeöffentlichkeit         Vorhinein geschehen.
     informiert ist und individuelle Erwartungen zu-
     rückschraubt zugunsten der Ziele und somit des         Rollen und Aufgaben von Mitarbeitern
     Aufbaus der Gemeinde.                                  Erwartungen/Ansprüche/Verantwortlichkeit

      Unklarheit in Gemeinden/Bund                          Den Rahmen abstecken, darstellen in der
      Verständnis von Berufung                            Gemeinde und diesen Rahmen auch schützen.
                                                           Wenn sich die Rahmenbedingungen durch die
        „Ich bin doch berufen!“ Damit sind hohe Idea-      Dynamik der Gemeindearbeit verändern, muss
     le und biblische Vorbilder verbunden. Der Beru-       der Rahmen wieder neu abgesteckt und transpa-
     fene startet hoch engagiert. Hat hohe Erwartun-       rent gemacht werden.
     gen an die Effizienz seines Dienstes im Hinblick        Wenn es Fragen gibt, oder Klagen, ist klar gere-
     auf Gemeindewachstum nach innen und außen.            gelt wer der Ansprechpartner ist. Wenn es einen
     Die Gemeinde wächst und es gibt beim Berufe-          Chef des Abholdienstes gibt wird nicht der Pastor
     nen die Identifikation mit diesen „Erfolgen“. Aber    wütend angerufen, weil man vergessen wurde.
     dann treten Mitglieder aus. Es gibt Kritik an der
     Predigt, an der Seelsorge. Solche Entwicklungen        Zielvereinbarungen
     sind dem Hochengagierten nicht gleichgültig und
     er sieht sich als Mitverantwortlichen oder sogar        Was wollen wir mit wem und bis wann in wel-
     als Alleinverantwortlichen für diese Negativen-       cher Form erledigt haben? Bei wem laufen die
     twicklung. Er analysiert weniger die Umstände         Fäden zusammen? Wer behält das Erreichen des
19

Zieles im Blick? Haben wir das Ziel klar beschrei-     • Ehepartner / Familie
ben können?                                              Betroffene berichten, dass Probleme in diesem
                                                         Bereich zu einer Belastung werden können, die
 wirklich etwas bewegen / erreichen können oder         das Burnout Risiko erhöhen. Da hat man nicht
    tot laufen in einem System, dass sich nicht ver-     nur den „Teller“ Gemeindearbeit zu drehen,
    ändern will.

 Klärung am Anfang und im weiteren Verlauf
    der Arbeit

 Hilfen dazu annehmen

   Dazu hat die Bundespflege zwei Papiere ent-
worfen. „Fördergespräch der Gemeindeleitung“,
Modell 1 und Modell 2, unterscheiden sich in der
Anzahl der Bereiche und Fragen. Für Gemein-
deleitungen ist es gut, wenn sie einmal im Jahr
ein solches Fördergespräch selbst, oder besser
noch moderiert von außen durchführen. Dies
klärt und korrigiert evtl. die Zusammenarbeit.           bei Nichtvollzeitlern den „Teller“ Beruf eben
Dadurch wird klar, wo es Blockaden gibt und wo           auch noch ganz stark, und dann der Teller
man sich noch mal neu sortieren muss.                    „Ehe und Familie“. Eine einseitige Konzentrati-
                                                         on auf Gemeindearbeit und Beruf führt zu ei-
 Rolle der verschiedenen Ebenen                         ner Schieflage in diesem Bereich. Kommt es
                                                         hier zur Schieflage bedarf es einer immensen
•   Gemeinde                                             Anstrengung diesen „Teller“ wieder oben zu
•   Gemeindeleitung                                      halten. Hier gilt es rechtzeitig mit der Familie
•   Kreis                                                im Gespräch zu sein, wie es den anderen Fami-
•   Bund                                                 lienmitgliedern mit der Balance von Gemein-
                                                         de, Arbeit und Familie geht. Die subjektive
   Vor allem die Ausbildung an der THE, die              Wahrnehmung des Mitarbeiters kann tatsäch-
Bundespflege, AKPW, der Arbeitskreis Seelsorge,          lich weitab von der Realität liegen. In vielen
die Vertrauenspastoren und die Bundessekretäre           Fällen wird zu lange geschwiegen und Frustra-
überlegen gemeinsam, wie dem Burnout vorge-              tionen unterdrückt
beugt werden kann. Das Studium an der THE
hat sehr stark die Persönlichkeit der Berufenen         Falsche Vorstellungen von:
im Blick und sensibilisiert durch verschiedene
Lehrveranstaltungen in diesem Bereich. Die Ta-         • Demut
gungen im Herbst für Mitarbeiter und Pastoren          • Dienen
liefern einen wichtigen Beitrag. Die Gebetstreffen     • Missbrauch dieser Vorstellungen
der Pastoren stellen eine gute Plattform dar, um
sich gegenseitig zu unterstützen. Die Bundesse-          Haben Jesus, Petrus, Paulus alle Erwartungen
kretäre sind mit Gemeindeleitungen intensiver          der Menschen erfüllt?
im Gespräch und sensibilisieren im Hinblick auf          Da wehrt sich Jesus gegen die Forderung sei-
das Miteinander von Gemeindeleitungen und              ner Mutter endlich ein Wunder zu tun. Paulus
Mitarbeitern. Die Bundespflege bietet Coaching         kritisiert offen in seinen Briefen das Verhalten
und Coaching Fortbildung an. Das Fortbildungs-         verschiedener Mitarbeiter. Den Korinthern ge-
angebot soll für den Bereich Burnoutprävention         genüber findet er scharfe Worte, die gar nicht de-
verstärkt werden.                                      mütig klingen. Er verteidigt sich gegen Vorwürfe
20

     und rechtfertigt sich. Er provoziert sogar. Und    dem sie nicht mehr zuhören, sondern nur anord-
     Jesus kritisiert offen manches am Verhalten der    nen können.
     Jünger.                                            Andererseits fühlen sich manche Nichtbeauftrag-
        Dienen bedeutet nicht alles zu schlucken und    te durch ihre Nachordnung gekränkt und reagie-
     unkommentiert zu ertragen.                         ren ihren Frust an den Leitungsverantwortlichen
        Demut bedeutet nicht überzogene Erwartun-       ab, indem sie vor allem kritisieren statt zu unter-
     gen einfach hinzunehmen. Wer als Mitarbeiter       stützen, nach Fehlern suchen statt ihre eigenen
     alle Erwartungen befriedigen will, dient zwar      zu bedenken, fordern ohne selber Verantwortung
     an vielen Stellen, aber dient er so wirklich dem   zu übernehmen, sich als Besserwisser aufspielen,
     Aufbau der Gemeinde? Was nach Demut aussieht       ohne etwas besser zu machen.
     ist im Grunde genommen vielleicht nur Angst.
     Angst zu leiten und zu führen. Wer als Bergfüh-    b) Unsere Strukturen, etwa die eines eingetrage-
     rer abends rechtzeitig auf der Berghütte mit der   nen Vereins, können dazu verleiten, Gemeinde
     Gruppe sein will, kann nicht allen möglichen       wie ein Unternehmen, wie eine Firma anzuse-
     Pausenwünschen und Aussichtswünschen der           hen. Da gibt es nicht nur ein Oben und Unten,
     Gruppe demütig nachkommen. Sonst tappen alle       da muss vor allem produziert und konkurriert
     im Dunkeln durch die Bergwelt.                     werden. Da zählt Leistung. An ihr werden Unter-
        Was bedeutet dienende Leiterschaft wirklich?    nehmen und Mitarbeiter jeder Ebene gemessen
     Wie verstehen wir Demut und mit welchen Vor-       und entsprechend bezahlt.
     stellungen dazu sind wir aufgewachsen? Darüber     In einer Gemeinde bedeutet leiten dienen. Das
     muss gesprochen werden in Gemeindeleitungen        gilt selbst in einem guten Management. Aber Ge-
     und Gemeinden, um falsche Vorstellungen und        meinde ist kein Produktionsbetrieb. Die hauptbe-
     damit falschen Forderungen an Mitarbeiter ent-     ruflich Tätigen sind nicht in dem Sinn Angestell-
     gegen zu wirken.                                   te, dass sie nur an Leistung und Erfolg gemessen
                                                        werden könnten. Gemeindeleitungen bilden
       Gemeindestrukturen verstehen sich als            nicht Chefetagen und Mitgliederversammlungen
     Dienststrukturen im gegenseitigen Geben und        keine Treffen von lauter Chefs, die ihre Angestell-
     Nehmen.                                            ten zur Verantwortung rufen.
                                                        Natürlich sollen die verantwortlich Mitarbeiten-
        Als Gemeinde brauchen wir Strukturen, um        den sich einbringen und ihren Dienst verant-
     unser Miteinander zu ordnen und nach außen         wortlich gestalten. Aber sie sind zugleich Schutz-
     erkennbar zu machen. Das beobachten wir schon      befohlene der Gemeinde, die ihren Dienst stützt,
     in den Gemeinden des Neuen Testamentes. For-       fördert und mitträgt. Die sie ermutigt und im
     mal sind unsere Satzungen demokratisch ausge-      Gebet zu und hinter ihnen steht und ihnen den
     richtet: Jedes Gemeindeglied hat gleiches Recht,   Dienst leicht macht.
     hat Verantwortung und Stimme. Das entspricht
     unseres Erachtens dem Evangelium.                   Team- und Gabenorientiertes Arbeiten
        Wir müssen allerdings zugleich wach bleiben,
     damit die Gemeindestruktur ihren Dienstcharak-        Die Arbeit im Team ist eine Chance der Re-
     ter bewahrt.                                       flexion und des Feedbacks, der Wertschätzung
                                                        und der Korrektur für die eigene Mitarbeit. Im
     Konkret:                                           vertrauensvollen Team wird gesagt was gut und
                                                        was nicht so gut war. Hier kann der Mitarbeiter
     a) Je nach Typ und Art können Leitungsverant-      Unterstützungsbedarf anzeigen und um Hilfe
     wortliche versucht sein, ihren Dienst für Macht-   bitten. Hier wird durch Rückmeldungen der an-
     spiele zu missbrauchen, indem sie ihre Meinung     deren auch klar, wo die Stärken und besonderen
     durchsetzen und Andersdenkende diskriminie-        Gaben des Mitarbeiters liegen und wo er evtl.
     ren, indem sie niemanden neben sich „groß“         stärker als bisher schwerpunktmäßig arbeiten
     werden lassen und Unbequeme abdrängen, in-         soll. Denn wenn die Gaben mit den Aufgaben
21

übereinstimmen führt dies zu einer hohen Ein-         und wertschätzenden Umgang mit Konflikten
satzbereitschaft und einer hohen Befriedigung.        zu lernen. Auch dies ist ein Bereich, in dem sich
„Das ist mein Platz; das ist genau meine Sache!“      Fortbildung auszahlt. Ein Netzwerk erfahrener
   Wenn ein Mitarbeiter bei der Vorbereitung          Konfliktbegleiter könnte helfen, wenn Gemein-
und Durchführung von Bibelarbeiten seine Er-          den selbst nicht mehr klar kommen. Nur wenn
füllung findet, dazu aber kaum noch kommt, weil       wir Konflikte annehmen und darin die positiven
er permanent mit Strukturfragen und Organisa-         Anteile erkennen, werden wir uns ihnen richtig
tion zu tun hat, wird ihm je länger je mehr die Be-   stellen und gute Lösungen finden!
friedigung fehlen. Es muss wieder zum richtigen
Schwerpunkt gemäß seiner Gaben kommen. Das            Behauptung: Der Mangel an Konfliktlösungsfä-
muss er selbst wissen, und kommunizieren und          higkeit und falsche Vorstellungen von Konflikten
die anderen müssen es wissen, um in der Arbeits-      erschöpfen in hohem Maß. Dies ist i.d.R. nicht
struktur etwas zu verändern.                          ein Einzel- sondern ein Gesamtproblem!

Behauptung: Neben der persönlichen ist die Klä-
rungsfähigkeit des Gesamtsystems von entschei-        4. Beziehungen
dender Bedeutung und verhindert Unklarheiten
und Frustration, die ein Burnout begünstigen          •   Offenheit / Authentizität
können!                                               •   Vertrauensklima
                                                      •   pos. geistliches Klima
                                                      •   Freundschaften
3. Konfliktfähigkeit
                                                         In unserem Bund treten wir nach unserem Ge-
• mangelhafte Fähigkeit dazu in Gemeinden             meindeverständnis an mit der Vorstellung, dass
• Konflikte werden oft als etwas angesehen, wo        Gemeinde nach dem Neuen Testament auch ge-
  am Ende Gewinner und Verlierer stehen               lebte Gemeinschaft und Teilen des Lebens heißt.
• Konflikte können auch so gelöst werden, dass        Diese persönliche Nähe in allen Bereichen des
  beide Seiten am Ende gewinnen!                      Gemeindelebens wird von neuen Gemeindemit-
• Mut und Fähigkeit, Probleme zeitnah zu klären       gliedern oft als besonders anziehend beschrie-
                                                      ben, entspricht es doch dem Wunsch vieler Men-
   Konflikte sind für alle Beteiligten unange-        schen nach vertrauensvollen und authentischen
nehm. Deshalb neigt man oft dazu, sie nicht           Beziehungen. Doch mit der Zeit erleben wir, dass
anzugehen, schiebt Klärungen vor sich her und         das in der Praxis oft nicht einfach ist. Menschen
steigt damit unbewusst in einen Prozeß ein, bei       werden aneinander schuldig, Missverständnisse
dem sich beide Seiten alles mögliche denken,          und fehlende Klärungen hinterlassen Verletzun-
aber nicht wirklich wissen. Damit sich Konflikte      gen, Freundschaften zerbrechen, Enttäuschungen
nicht weiter aufschaukeln, braucht es nicht nur       bleiben zurück. Das „wir müssen uns in der Ge-
den Mut, sie zeitnah anzugehen, sondern auch          meinde alle lieben“ wird schnell zur Überforde-
die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv zu lösen. Vo-    rung und ist zudem auch grundsätzlich falsch.
rausetzung dafür ist, dass wir grundstäzlich ver-     Was wir müssen ist: einander annehmen und
stehen, dass Konflikte immer eine Chance sind,        wertschätzen! Offen füreinander bleiben und da-
etwas zu lernen und zu verbessern und dass am         rauf achten, dass man selbst sich so verhält, dass
Ende von Konflikten nicht Gewinner und Verlie-        das Gegenüber einem weiter vertrauen kann. Wo
rer stehen sollten. Welche nicht erfüllten Bedürf-    falsche Vorstellungen aufgegeben werden und
nisse auf beiden Seiten haben zu dem Konflikt         das Miteinander geistlich positiv geprägt wird,
geführt? Was wünscht man sich (auch vonein-           können zwar einerseits auch tiefe Freundschaf-
ander)? Es gibt heute gute Hilfen (z.B. Mediation     ten in der Gemeinde entstehen, andererseits aber
und Gewaltfreie Kommunikation), um auf allen          auch alle anderen Beziehungen wertschätzend
Ebenen der Gemeindearbeit einen konstruktiven         und offen gelebt werden.
22

     Behauptung: Der Mangel an authentischen und          arbeiter, die sich alleine gelassen fühlen, stehen in
     vertrauensvollen Beziehungen (damit sind nicht       der Gefahr auszubrennen. Es reicht nicht zu wis-
     die pseudo-frommen „Wir sollen uns ja lieben“ -      sen, dass Gott mit einem ist. Auch die Gemeinde
     Beziehungen gemeint!)“ ist ein Kraft kostender       und insbesondere die Leiter der Gemeinde müs-
     und zermürbender Faktor!                             sen zeigen, dass sie mit einem sind! Im Besonde-
                                                          ren gilt das für hauptamtliche Mitarbeiter, gerade
                                                          wenn sie die einzigen vollzeitlichen Mitarbeiter
     5. Unterstützungsmöglichkeiten                       der Gemeinde sind und dazu neigen, sich als
                                                          Einzelkämpfer zu sehen. Die Teilnahme an regel-
     •   Reflektionsmöglichkeiten                         mäßigen Hauptamtlichentreffen in den Bundes-
     •   Ansprechpartner, Begleitung                      kreisen und das Zurseitestellen von Mentoren für
     •   Seelsorge                                        die ersten Dienstjahre sind zwar gut, aber nur ein
     •   Supervision                                      Anfang. Pastoren und Pastorinnen brauchen die
     •   Coaching                                         Möglichkeit zur Seelsorge und Supervision. Das
                                                          ist nicht immer kostenlos und Gemeinden soll-
       Mitarbeit in der Gemeinde muss immer einge-        ten sich an den Kosten beteiligen, damit es nicht
     bunden sein in gute Beziehungen. Niemand wird        an fehlenden Mitteln scheitert. Eine klare Emp-
     von jetzt auf gleich ein guter Mitarbeiter.. Jeder   fehlung seitens des Bundes könnte hier hilfreich
                                                          sein. Nützt aber nichts, wenn die Betreffenden
                                                          selbst nicht die Notwendigkeit erkennen. Auch
                                                          an die Ehepartner muss in diesem Zusammen-
                                                          hang gedacht werden, die in der Regel einen
                                                          nicht unerheblichen Teil der Lasten mittragen
                                                          und ebenfalls Begleitung brauchen. Das System
                                                          der Vertrauenspastoren ist bei dem allen nur ein
                                                          Beitrag, der insbesondere nicht durch organisa-
                                                          torische und administrative Aufgaben blockiert
                                                          werden, sondern echte Begleitung der Kollegen
                                                          ermöglichen sollte.

                                                          Behauptung: Sowohl als Mittel der Wertschät-
                                                          zung als auch als Entwicklungsmöglichkeit sind
                                                          verschiedene Formen der Unterstützung unab-
                                                          dingbar!

     braucht für seine Entwicklung Unterstützung,         Schluss
     Begleitung und ein Gegenüber, dass ihm hilft,
     seine Arbeit zu reflektieren. Das kann zum einen     Ein Gesamtsystem, dass in allen angeführten
     in guten geistlich geführten Teams geschehen, die    Bereichen vorbildhaft arbeitet, kann nicht die
     lernen sich gegenseitig zu öffnen und konstruk-      Verantwortung des Einzelnen zur Verhinderung
     tiv nicht nur an der Sache sondern auch an der       eines Burnout ersetzen.
     Person orientiert zu arbeiten. Das geschieht aber
     auch da, wo Mitarbeiter Mentoren haben, die sie      Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem
     anleiten und ihren Wachstumsprozess begleiten.       Burnout kommt, dürfte erheblich sinken.
     Gerade junge und neue Mitarbeiter brauchen Be-
     gleitung und zuverlässige Ansprechpartner. Dazu      Wo es in einer Gemeinde zu einem Burnout von
     gehören auch Coaching und Seelsorge für alle         Mitarbeitern kommt, sollten alle Faktoren ge-
     Mitarbeiter, aber auch die Möglichkeit zur Super-    prüft werden und das Geschehen als Chance ge-
     vision, wenn Probleme in Teams auftreten. Mit-       nutzt und verstanden werden!
Sie können auch lesen