Corona-Unternehmenshilfen - eine vorläufige Bilanz - Bundesfinanzministerium
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Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF November 2021 Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz ● Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen notwendigen Einschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hatten massive Folgen für die wirtschaftliche Aktivität, sowohl auf der Angebots- als auch der Nachfrageseite. Deutschland stand daher auch wirtschaftspolitisch vor bislang nicht gekannten Herausforderungen. ● Unter hoher Unsicherheit hat die Bundesregierung binnen sehr kurzer Zeit umfangreiche Stabilisierungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Eine zentrale Rolle spielten hierbei die Corona-Hilfen für Unternehmen, Freiberuflerinnen und Freiberufler und Selbstständige. Die zahlreichen Hilfsprogramme, das Konjunkturprogramm, das Kurzarbeitergeld sowie die zahl- reichen steuerlichen Erleichterungen haben geholfen, die Einkommen stabil zu halten, Unter- nehmen vor der Insolvenz zu bewahren und Beschäftigung zu sichern. Damit hat die Bundes- regierung die Voraussetzungen für einen starken Aufschwung geschaffen. ● Diese Politik trägt Früchte. Während Prognosen noch im Juni 2020 von einem Einbruch der Wirtschaft von bis zu 7,8 Prozent ausgingen, ging die deutsche Wirtschaftsleistung dank des beherzten Eingreifens schließlich „nur“ um 4,6 Prozent zurück. Dieses Jahr ging es schon wie- der bergauf, laut der Herbstprojektion der Bundesregierung um 2,6 Prozent. Das ist ein Erfolg der entschlossenen Politik. Denn ohne die umfangreichen Stabilisierungs- und Unterstüt- zungsmaßnahmen wäre der wirtschaftliche Einbruch in Deutschland weitaus tiefgreifender gewesen – mit dramatischen Langzeitfolgen. Dass Deutschland durch diese Maßnahmen deut- lich besser durch die Krise gekommen ist als andere große europäischen Volkswirtschaften, zeigen auch die Analysen des Internationalen Währungsfonds. ● Angesichts der länger andauernden Einschränkungen wurden die Hilfen immer wieder verbessert und ausgeweitet, sodass im Laufe der Zeit die Beantragung deutlich einfacher und die Förderung großzügiger wurde. Zudem standen die Hilfen einem immer größeren Kreis an Unternehmen zur Verfügung. So wurde die Neustarthilfe für Selbstständige eingeführt und die besonderen Herausforderungen einzelner Branchen wie des Einzelhandels und der Kultur- branche berücksichtigt. ● Grundsätzlich lassen sich diese Unterstützungsmaßnahmen in rückzahlbare und nichtrückzahl- bare Hilfen unterteilen. Mit Stand Anfang November 2021 wurden über die Zuschussprogramme über 57 Mrd. Euro ausgezahlt, das Volumen der ausgereichten, rückzahlbaren Hilfen (Kredit-, Bürgschafts- und Beteiligungsprogramme) liegt bei knapp unter 70 Mrd. Euro. Einleitung Eindämmungsmaßnahmen notwendig. Volkswirt- schaftlich waren von der Pandemie sowohl Nach- Die Bekämpfung der Ausbreitung des Corona frage- wie Angebotsseite stark negativ betrof- virus machte seit März 2020 einschneidende fen. Weltweit standen Regierungen damit auch 26
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz November 2021 wirtschaftspolitisch vor bislang nicht gekannten Kurzarbeitergeld beziehen, erreichte im April 2020 Herausforderungen. Unter hohem Zeitdruck und einen Höchststand von 5,98 Millionen, deutlich hoher Unsicherheit mussten in kurzer Zeit wich- mehr als die 1,4 Millionen auf dem Höhepunkt Analysen und Berichte tige Entscheidungen zur Stabilisierung der deut- der globalen Finanzkrise. Inzwischen sind rund schen Volkswirtschaft getroffen werden, um kurz- 40 Mrd. Euro an Kurzarbeitergeld geflossen, um Ar- und langfristige negative Folgen zu verhindern. beitsplätze zu sichern. Die Bundesregierung regierte frühzeitig und um- fänglich. Sie half Unternehmen und ihren Beschäf- Zudem beschloss die Bundesregierung im Juni 2020 tigten erfolgreich durch die Krise: Insbesondere ein kraftvolles, zielgerichtetes und zukunftsorien- kleine und mittlere Unternehmen sowie Solo- tiertes Konjunkturprogramm. Es zeigte sich, dass selbstständige, die coronabedingt hohe Umsatzein- mit diesem Konjunkturpaket unser Land in dieser bußen hinnehmen mussten, wurden in der Krise beispiellosen Krise maßgeblich stabilisiert und dass unterstützt. Insgesamt wurden inzwischen rund die Voraussetzungen für einen starken Aufschwung 57 Mrd. Euro als Zuschüsse ausbezahlt. Allein bei geschaffen wurden. Der konjunkturelle Impuls war der Überbrückungshilfe III sind es inzwischen rund wirksam, fair und gerecht: Das Konjunkturpro- 22 Mrd. Euro. Über 300.000 Soloselbstständige pro- gramm kam dort an, wo es gebraucht wurde. Der fitierten schon von einer Betriebskostenpauschale, Kinderbonus und die Mehrwertsteuersenkung hal- insgesamt wurden bislang mehr als 1,5 Mrd. Euro fen besonders Familien und Beziehenden normaler dieser Neustarthilfe ausgezahlt. und geringer Einkommen in der Krise. So gelang es trotz des hohen Wirtschaftseinbruchs, die Einkom- Dazu kommen Kredite, Bürgschaften und Beteili- men zu stabilisieren. Die verfügbaren Einkommen gungen – wie etwa bei der Lufthansa. Hier wird der privater Haushalte stiegen im Jahr 2020 sogar. Staat das Geld nach der Krise zurückerhalten. Der Bund hilft allen Unternehmen außerdem durch Auch die Fachwelt ist sich einig: Diese Krisenpolitik umfangreiche steuerliche Maßnahmen, wie Stun- ist ein voller Erfolg gewesen. So wird Deutschland dungen oder Anpassungen von Vorauszahlun- von internationalen Organisationen wie dem In- gen, die bislang in Höhe von rund 109 Mrd. Euro ternationalen Währungsfonds (IWF) im internatio- in Anspruch genommen worden sind. Hinzu kom- nalen Vergleich oft als Vorbild bezeichnet. Der IWF men dauerhafte gesetzliche steuerliche Verände- hat die Politik der Bundesregierung ausdrücklich rungen, die sich bis heute auf rund 39 Mrd. Euro gelobt und darauf hingewiesen, dass Deutschland summieren. vergleichsweise gut mit der Corona-Krise fertig wird. In seinem Deutschland-Bericht schreibt der Mit dem ausgeweiteten Kurzarbeitergeld hat die IWF, dass die Maßnahmen der Bundesregierung je- Bundesregierung Millionen Arbeitsplätze erhal- des neunte Unternehmen vor der Insolvenz geret- ten: Deutschland hat trotz Pandemie eine nied- tet haben, das sind etwa 400.000 Unternehmen. rige Arbeitslosenquote, eine der niedrigsten in der Europäischen Union (saisonbereinigt 3,4 Pro- Dieser Artikel konzentriert sich auf die zentralen zent im September 2021 laut Eurostat). Die Zahl Unternehmenshilfen der Bundesregierung und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die stellt diese zusammenfassend dar. 27
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz November 2021 Die zentralen Unternehmenshilfen der Bundesregierung Grundsätzlich können die Unternehmenshilfen der Bundesregierung jenseits der steuerlichen Maß- nahmen und des Kurzarbeitergelds in zwei Kategorien unterteilt werden: 1. Die rückzahlbaren Hilfen dienen insbesondere der Liquiditätssicherung von Unternehmen und beinhalten unterschiedliche Finanzierungsinstrumente wie Kredite, Bürgschaften, Garan- tien und Rekapitalisierungen. Hierzu zählen das KfW-Sonderprogramm inklusive Schnellkredit, Bürgschafts- und Garantieprogramme der Bürgschaftsbanken, Mittelständischen Beteiligungs- gesellschaften (MBGen) und Bund-Länder-Großbürgschaften sowie der Wirtschaftsstabilisie- rungsfonds (WSF). 2. Bei den nichtrückzahlbaren Hilfen handelt es sich um die sogenannten Zuschussprogramme, insbesondere die Corona-Soforthilfe, die Überbrückungshilfen sowie die November- und De- zemberhilfen. Neben diesen branchenunspezifischen Programmen wurden aber auch Pro- gramme für bestimmte Sektoren, Härtefälle oder Berufsgruppen aufgelegt, um deren beson- derer Betroffenheit und spezifischen Lage gerecht zu werden (z. B. Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen, Härtefallhilfen und Neustarthilfen). Zu Beginn der Krise beziehungsweise im weiteren Verlauf wurden die Programmkonditionen aller Unternehmenshilfen ausgeweitet und insbesondere im Bereich der nichtrückzahlbaren Hilfen konti- nuierlich weiterentwickelt. Schnelle Stabilisierung zu oder Erfahrungen mit vergleichbaren Instrumen- Beginn der Pandemie ten früherer Krisen (Finanzmarktstabilisierungs- fonds) ermöglicht wurde. In kürzester Zeit und unmittelbar zu Beginn der Pandemie in Deutschland und Europa entstand im Als nichtrückzahlbares Instrument wurde die Co- März 2020 der „Corona-Schutzschild“. Die Bundes- rona-Soforthilfe – bestehend aus einem finanzi- regierung ermöglichte dadurch Unternehmen in ellen Zuschuss bis zu 15.000 Euro – konzipiert, um dieser frühen Phase insbesondere Zugang zu Li- antragsberechtigten kleinen Unternehmen und quidität, da die einbrechende Nachfrage und die Selbstständigen mit bis zu zehn Beschäftigten, die Schließung von Betriebsstätten zu immensen Um- oftmals erschwerten Zugang zu Fremdkapital ha- satzrückgängen führten. Neben dem Zugang zu Li- ben und somit durch Liquiditätsengpässe schnel- quidität beziehungsweise Fremdkapital wurden ler in ihrer Existenz gefährdet sein können, rasch auch bereits zu Beginn der Krise Instrumente zur Hilfe zukommen zu lassen. Im Verlauf des Som- Stärkung des Eigenkapitals zur Verfügung gestellt, mers 2020 wurde dieses Zuschussprogramm durch einerseits durch die Corona-Soforthilfe des Bun- die Überbrückungshilfen (Phase I) als Teil des des für kleine Unternehmen und Selbstständige in Konjunkturprogramms ersetzt und die Förderhöhe Form von Zuschüssen sowie andererseits durch Be- ausgeweitet. In Abhängigkeit von der Höhe des co- teiligungen des WSF bei Unternehmen der Real- ronabedingten Umsatzrückgangs wurden hierüber wirtschaft, die gesetzlich festgelegte Größenkrite- angefallene Fixkosten anteilig gefördert. Im Sep- rien erfüllen. Wichtig war zu Beginn insbesondere tember wurde die Überbrückungshilfe I von der die schnelle Umsetzbarkeit, welche z. B. durch den Überbrückungshilfe II abgelöst. Rückgriff auf bestehende Strukturen wie der KfW 28
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz November 2021 Über die staatliche Förderbank KfW wurden mittels wirtschaftliche Widerstandskraft vieler Unterneh- des Sonderprogramms Kredite in insgesamt unbe- men bereits substanziell geschwächt war. Im Fokus grenzter Höhe bereitgestellt, mit günstigeren Kon- standen nun nicht mehr nur die Aufrechterhaltung Analysen und Berichte ditionen als bei den regulären Förderbedingungen der unmittelbaren Liquidität, z. B. durch Fremdka- der KfW üblich. Zudem wurde der WSF „als letzter pitalinstrumente, sondern großzügigere Zuschüsse Rettungsanker“ konzipiert, um die Überwindung und darin spezifische Lösungen für besonders ge- von Liquiditätsengpässen beziehungsweise die troffene Branchen. Auch der Kreis der Antrags- Stärkung der Kapitalbasis von Unternehmen zu si- berechtigten wurde ausgeweitet, um mittelgroße chern, deren Bestandsgefährdung erhebliche Aus- Unternehmen aufzufangen, die bislang verhältnis- wirkungen auf die Wirtschaft, die technologische mäßig wenig von Zuschüssen des Bundes im Ver- Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische In hältnis zu ihrer Größe profitierten, aber die Grö- frastrukturen oder den Arbeitsmarkt hätte. Hierbei ßenkriterien des WSF nicht erfüllten. wurden insbesondere Nachrangdarlehen und stille Beteiligungen gegen Auflagen vergeben. Rückzahlbare Instrumente Zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung von Lie- ferketten und zur Steuerung von Forderungs- Um auch kleinere Unternehmen unterstützen zu ausfallrisiken wurde zudem ein Schutzschirm können, die zunächst nicht antragsberechtigt wa- für Warenkreditversicherungen mit einem Ga- ren, wurde das Liquiditätsangebot durch die Er- rantievolumen von jeweils 30 Mrd. Euro für die weiterung des KfW-Schnellkredits für kleinere Jahre 2020 und 2021 eingerichtet. Unter der Bun- Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten aus- desgarantie konnten die unter den Schutzschirm geweitet, die zunächst nicht antragsberechtigt wa- fallenden Warenkreditversicherer den Versiche- ren. Auch wurden die Hilfsangebote für kleine und rungsschutz weiterhin bedarfsgerecht bereitstellen. mittelständische Unternehmen durch das Reka- Der Bund agierte dabei wie ein Rückversicherer. pitalisierungsprogramm durch stille Beteiligun- Die Maßnahme lief planmäßig zum 30. Juni 2021 gen über die MBGen verbessert. Dabei wurden die aus. Für Start-ups wurde außerdem ein gesonder- Förderbedingungen des bereits bestehenden Pro- tes Maßnahmenpaket aufgelegt, da für diese klas- gramms, wofür Bund und Länder bereits seit Jahr- sischen Fremdkapitalinstrumente oftmals nicht zehnten Rückgarantien übernommen hatten, ab passten oder Förderbedingungen der Zuschusspro- November 2020 ausgeweitet, und zwar durch eine gramme hinsichtlich des Gründungsdatums nicht deutliche Anhebung des maximalen Beteiligungs- erfüllt waren. betrages pro Unternehmen, höhere Risikoüber- nahme des Bundes und der Länder sowie zahlrei- che Prozesserleichterungen. Anpassung der Hilfsarchitektur im Krisenverlauf Nichtrückzahlbare Instrumente Die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie änderten sich im Laufe der Krise. So Um diejenigen Unternehmen, die besonders von folgte auf den ersten Lockdown im Frühjahr 2020 den erneuten Schließungen als Reaktion auf die eine Phase im Sommer 2020 mit weniger gesell- zweite Welle im November 2020 betroffen waren, schaftlichen und wirtschaftlichen Einschrän- zu unterstützen, wurde eine außerordentliche kungen. Gegen Ende des Jahres 2020 war jedoch Wirtschaftshilfe gewährt (November- beziehungs- eine erneute Verschärfung der gesundheitspoliti- weise Dezemberhilfe). Dabei standen insbesondere schen Beschränkungen erforderlich. Mit ihr ging diejenigen Sektoren im Fokus, bei denen nicht mit auch eine Anpassung der Hilfsarchitektur einher, Nachholeffekten beim Konsum zu rechnen war, da angesichts der fortdauernden Krisenlage die etwa bei Restaurants, Bars, Hotels oder Theatern. 29
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz November 2021 Die pauschalierte Unterstützung bestand in einem obwohl pandemiebedingte Schwierigkeiten und Zuschuss von bis zu 75 Prozent des Vergleichsum- grundsätzlich tragfähige Geschäftsmodelle vor- satzes aus dem Jahr 2019 für direkt oder in hohem lagen. Für diese Fälle wurden im Frühjahr 2021 Maße indirekt von den Schließungen betroffene die Härtefallhilfen eingeführt. Bund und Länder Unternehmen. Gleichzeitig war klar, dass für alle entwickelten die Härtefallhilfen mit weniger fes- betroffenen Unternehmen eine Lösung gefunden ten Förderkriterien und Einzelfallentscheidungen werden musste. Mit dem Jahreswechsel 2020/2021 durch Härtefallkommissionen der Länder als Er- ging deshalb das bereits laufende Programm der gänzung der Hilfsarchitektur. Überbrückungshilfen in die dritte Phase und wurde fortan das zentrale Unterstützungsinstru- Die längere Phase der coronabedingten Einschrän- ment, wobei die grundsätzliche Fördersystema- kungen machte insbesondere auch der Kultur- tik beibehalten wurde. Durch eine Ausweitung branche zu schaffen. Es war der Bundesregierung des Kreises der Antragsberechtigten, der maxima- ein wichtiges Anliegen, hierfür maßgeschneiderte len Fördersumme, der förderfähigen Fixkosten so- Hilfen bereitzustellen. Durch lange Planungs- wie branchenspezifischen Regelungen konnten die und Vorbereitungszeiten in Verbindung mit Unsi- Unternehmen schneller, umfänglicher und zielge- cherheit über die Durchführbarkeit und hygiene- richteter angesichts der pandemischen Lage und bedingten Kapazitätsbeschränkungen sah sich die der lang anhaltenden Einschränkungen im Win- Kulturbranche mit einer grundsätzlich schwieri- ter/Frühjahr 2021 unterstützt werden. Darüber hi- gen Lage konfrontiert, welche die Wiederaufnahme naus wurde für besonders stark und dauerhaft be- von Veranstaltungen erschwerte. Der im BMF kon- troffene Unternehmen ein Eigenkapitalzuschuss zipierte und mittlerweile von der Beauftragten der zur Substanzstärkung eingeführt. Die dritte Phase Bundesregierung für Kultur und Medien verwal- wurde in Form der Überbrückungshilfe III Plus bis tete und bewirtschaftete Sonderfonds des Bundes Ende 2021 verlängert. für Kulturveranstaltungen berücksichtigt diese Problematik durch zwei zentrale Module: erstens Viele Soloselbstständige waren stark von der Krise eine Wirtschaftlichkeitshilfe für Veranstaltungen betroffen. Im Verlauf der Fördermonate der Über- (bis Ende März 2022), die unter Beachtung corona brückungshilfen zeichnete sich aber ab, dass oft- bedingter Hygienebestimmungen mit reduzier- mals Soloselbstständige aufgrund fehlender Fix- tem Publikum stattfinden müssen. Zweitens eine kosten nicht an den Programmen teilnehmen Ausfallabsicherung für Kulturveranstaltungen, konnten. Deshalb wurde mit der Neustarthilfe An- die coronabedingt abgesagt werden müssen (bis fang 2021 ein spezielles Programm für Soloselbst- Ende 2022). Dadurch wird ein erheblicher Beitrag ständige aufgelegt. Anstelle einer Einzelerstattung zu Planungssicherheit und Neustart der Branche von Fixkosten können Soloselbstständige eine Be- geleistet. Ein vergleichbar ausgestaltetes Absiche- triebskostenpauschale als Vorschuss für den För- rungsinstrument für Messen und Ausstellungen derzeitraum beantragen, welcher in Abhängigkeit unter Federführung des Bundesministeriums für zum tatsächlichen Umsatzrückgang anteilig zu- Wirtschaft und Energie (BMWi) zur Unterstützung rückgezahlt werden muss. Mit der Neustarthilfe der Messeveranstaltungswirtschaft ist Ende Okto- Plus wurde auch dieses Programm parallel zur ber 2021 an den Start gegangen. Überbrückungshilfe bis Ende 2021 verlängert. Zur konkreten Umsetzung der nichtrückzahlbaren Zudem zeigte sich, dass in breit angelegten Pro- Instrumente erfolgte eine enge Zusammenarbeit grammen wie den Zuschusshilfen nicht alle denk- der Bundesregierung mit den Ländern, denen bei baren Fallkonstellationen und Umstände be- der Auszahlung der Hilfen und bei der Lösung vie- rücksichtigt werden können, weshalb es einzelne ler praktischer Fragen eine wichtige Rolle zukam. Unternehmen gab, die „durch das Raster“ fielen, 30
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz November 2021 Mittelabfluss und Wirkung Die in Abbildung 1 dargestellten Volumina der zen- tralen Hilfsprogramme der Bundesregierung kön- Die von der Bundesregierung zur Verfügung ge- nen auch öffentlich über das Dashboard Deutsch- Analysen und Berichte stellten Hilfen wurden über die vergangenen ein- land1 eingesehen werden, womit ein transparenter einhalb Jahre Pandemie breit in Anspruch genom- Umgang mit den beispiellosen Unterstützungen men, sodass in der Summe bereits hohe zweistellige für Unternehmen gewährleistet wird. Bei allen Un- Milliardenbeträge in den unterschiedlichen Hilfs- ternehmenshilfen ist mit Stand Ende Oktober 2021 programmen abgeflossen sind. Im Rahmen der eine rückläufige Nachfrage nach Unterstützung oben ausgeführten Zuschussprogramme sind hier- zu verzeichnen, einhergehend mit der wirtschaft- bei inzwischen über 57 Mrd. Euro ausgezahlt wor- lichen Erholung seit der Aufhebung der wesentli- den, wobei der größte Teil davon auf die Über- chen und einschneidenden Beschränkungen im brückungshilfe III entfällt. Auch das gesonderte Frühsommer 2021. Tabelle 1 schlüsselt die Mittel- Programm für Soloselbstständige – die Neustart- abflüsse der Zuschussprogramme detaillierter auf. hilfe – wurde stark in Anspruch genommen, wenn- Hinsichtlich des Mittelabflusses des Sonderfonds gleich sie aufgrund der geringeren Fördersumme des Bundes für Kulturveranstaltungen ist anzu- insgesamt weniger ins Gewicht fällt. Mittels der merken, dass Anträge auf Wirtschaftlichkeitshilfe rückzahlbaren Hilfen des KfW-Sonderprogramms, erst nach Durchführung und Anträge auf Ausfall der Bürgschaften und des WSF wurden knapp un- absicherung erst nach dem geplanten Veranstal- ter 70 Mrd. Euro ausgereicht, der größte Anteil tungsdatum möglich sind. Auch startete der Fonds hiervon entfällt auf die Kredite der KfW, wie Abbil- erst im Sommer 2021. dung 1 zu entnehmen ist. 1 https://www.dashboard-deutschland.de/#/themen/ konjunkturprogramm/konjunkturprogramm Abbildung 1 Corona-Hilfen für Unternehmen in Mrd. Euro Bürgschaften/Garantien Kredite Rekapitalisierung Zuschüsse1 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Soforthilfen Überbrückungshilfen I-III (Plus) Neustarthilfe (Plus) November- und Dezemberhilfe Wirtschaftsstabilisierungsfonds KfW-Sondermaßnahme Großbürgschaften Bürgschaften der Bürgschaftsbanken 1 Auszahlungen. Stand: 15. November 2021. Quelle: Dashboard Deutschland/Destatis, BMF, BMWi, Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH, KfW, PricewaterhouseCoopers GmbH 31
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz November 2021 Corona-Zuschussprogramme im Einzelnen Tabelle 1 Ausgezahltes Volumen Anzahl der Gesamt Mittelwert¹ Programm Fördermonate Anträge (in Mrd. Euro) (in Euro) Corona-Soforthilfe - 1.790.699 13,53 7.555 Überbrückungshilfe I Juni bis August 2020 137.187 1,42 10.348 Überbrückungshilfe II September bis Dezember 2020 215.299 2,75 12.782 Novemberhilfe November 2020 385.295 6,66 17.275 Dezemberhilfe Dezember 2020 376.872 7,17 19.021 Überbrückungshilfe III November 2020 bis Juni 2021 534.640 23,20 43.399 Überbrückungshilfe III Plus Juli 2021 bis Dezember 2021 28.077 0,69 24.493 Neustarthilfe Januar bis Juni 2021 264.203 1,57 5.935 Neustarthilfe Plus Juli 2021 bis Dezember 2021 97.406 0,28 2.829 Härtefallhilfen³ bis Dezember 2021 1734 0,00 24.855 Sonderfonds Kulturveranstaltungen Wirtschaftlichkeitshilfe Juli 2021 bis März 2022 15.601 0,01 622 Ausfallabsicherung² September 2021 bis Dezember 2022 1.781 - - Summe 3.847.060 57,26 1 Ausgezahltes Volumen je eingegangenem Antrag. Es kann zu Abweichungen kommen im Vergleich zum ausgezahlten Volumen je tatsächlich bearbeitetem/bewilligtem Antrag. 2 Gezeigt sind nur registrierte Veranstaltungen und vorab geschätztes Volumen. Wenn die jeweiligen Veranstaltungen nicht entsprechend der Richtlinien einen Ausfall erleiden, werden auch keine Auszahlungen bewilligt. 3 Unterschiedliche Fristen und Vorgaben in den Ländern. 4 779 Anträge auf Härtefallhilfen davon 173 bewilligt, 235 abgelehnt und 371 in Bearbeitung. Stand: 16. November 2021. Quelle: Bundesministerium der Finanzen Die Wirkung der Programme und die Abfederung Ländern, dank erfolgreicher makroökonomischer der Krisenlage spiegelt sich grundsätzlich auch in Krisenreaktion und politischer Maßnahmen im den niedrigen Unternehmensinsolvenzzahlen wi- Gesundheitssektor als sehr resilient erwiesen habe. der, welche auch nach dem Auslaufen der Ausset- zung der Insolvenzantragspflicht keine krisenhaf- ten Anstiege erkennen lassen, sondern unterhalb Fazit und Ausblick der Zahlen aus den Vorkrisenjahren liegen. Die Ausweitung der Programme hat in Kombination Die Corona-Krise hat die Bundesrepublik Deutsch- mit der umfangreichen Bereitstellung von Liqui- land vor nie gekannte Herausforderungen gestellt. dität eine existenzielle Notlage bei vielen Unter- Mit breit angelegten staatlichen Hilfsprogram- nehmen infolge der langanhaltenden Umsatzein- men hat die Bundesregierung in dieser Krisensi- brüche wohl verhindert. Die Liquiditätssituation tuation schnell und entschlossen gehandelt. Auch der Unternehmen hat sich im Vergleich zum Som- wenn die Corona-Pandemie noch nicht vollständig mer 2020 durch die zweite und dritte Welle im überwunden ist, lässt sich festhalten, dass die un- Winterhalbjahr 2020/2021 in der Breite nicht ver- ter hoher Unsicherheit und teilweise ohne „Blau- schlechtert, trotz verschärfter Lockdownmaßnah- pause“ aufgestellte Hilfsarchitektur der Bundesre- men. Die deutsche Krisenreaktion wurde auch in- gierung die deutsche Volkswirtschaft erfolgreich ternational positiv aufgenommen. So stellte der und wirksam vor erheblichen Schäden bewahrt Internationale Währungsfonds fest, dass sich die hat. Durch die sich ändernden pandemischen Um- deutsche Wirtschaft, auch im Vergleich zu anderen stände mussten die Maßnahmen zudem mehrmals 32
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Corona-Unternehmenshilfen – eine vorläufige Bilanz November 2021 angepasst werden. Nachdem der Fokus zunächst Dank der fortschreitenden Impfkampagne konn- auf Maßnahmen zur Liquiditätsstützung der Un- ten über die vergangenen Monate hinweg viele ternehmen lag, wurde im Verlauf der Krise die Exis- Einschränkungen aufgehoben werden. So wurde Analysen und Berichte tenzsicherung von Unternehmen zum Schutz vor die Basis für eine starke wirtschaftliche Erholung Insolvenz immer wichtiger. geschaffen. Im Zuge dessen ist die Nachfrage nach Hilfen stark zurückgegangen. Mit der Aufhebung Die Konzeption der Hilfen stand dabei immer in ei- pandemiebedingter Einschränkungen wird die nem Spannungsfeld zwischen hoher Passgenauig- Hilfsarchitektur nunmehr auf die Branchen kon- keit der Hilfen einerseits und ihrer schnellen und zentriert, die nach wie vor stark von der Pandemie „unbürokratischen“ Bereitstellung andererseits. betroffen sind, beispielsweise wegen langer Pla- Der Mittelabfluss von über 57 Mrd. Euro bei den Zu- nungszeiträume. In diesem Sinne wurde der Son- schussprogrammen und knapp unter 70 Mrd. Euro derfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen bei den rückzahlbaren Programmen belegt, dass aufgelegt, der bei Veranstaltern auf große Resonanz die Hilfen bei der Wirtschaft angekommen sind. gestoßen ist und diese weiterhin stabilisierend be- Die Programme standen somit insgesamt der deut- gleiten soll. Es ist zu hoffen, dass bei weiterem Zu- schen Wirtschaft in dieser nie dagewesenen Kri- rückdrängen der Pandemie im Jahresverlauf 2022 senlage stützend zur Seite und ergänzten andere alle Unterstützungsmaßnahmen auslaufen kön- Unterstützungsleistungen im Bereich des Steuer- nen und zur wirtschaftlichen Normalität zurück- wesens oder des Kurzarbeitergelds sehr wirksam. gekehrt werden kann. 33
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