DIE ZEITSCHRIF T FÜR AUSLANDSCHWEIZER OK TOBER 2006 / NR. 5 - Der Gotthard ist ein sagenhafter Berg Wie viel Patriotismus braucht die Demokratie? ...

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DIE ZEITSCHRIFT FÜR AUSLANDSCHWEIZER

 OK TOBER 2006 / NR. 5

Der Gotthard ist
ein sagenhafter Berg

Wie viel Patriotismus
braucht die Demokratie?

Tanja Frieden:
Leben für den Fun-Sport
DIE ZEITSCHRIF T FÜR AUSLANDSCHWEIZER OK TOBER 2006 / NR. 5 - Der Gotthard ist ein sagenhafter Berg Wie viel Patriotismus braucht die Demokratie? ...
EDITORIAL                                                                                                                        I N H A LT                                                   3

                                           Plädoyer für einen «Patriotismus light»
                                                                                                                                                                           5

                                           V
                                                    IELE SCHWEIZERINNEN UND SCHWEIZER          haben mit ihrer Heimat nicht selten ei-                                     Briefkasten
                                                   nen Umgang, der von Unsicherheit geprägt ist und leicht masochistische Züge
                                                   trägt. Engländer, Franzosen, Italiener oder gar Amerikaner verhalten sich ganz an-                                      5
                                           ders. Sie waren im Gegensatz zu den Schweizern immer stolz auf ihre Heimat. Manchem                                             Gelesen: Der Fall Jeanmaire
                                           Schweizer scheint seine Herkunft oft fast peinlich zu sein.
                                                                                                                                                                           7
                                                Ich erinnere mich an Radiosendungen zum 1. August mit Beiträgen von Auslands-                                              Gesehen: Small Number, Big Impact
                                           korrespondenten, die erkunden mussten, welches Bild die Menschen in den Gastländern
                                           von der Schweiz hatten. Den Schweizern ist es stets wichtig zu wissen, was die anderen                                          8
                                           über sie denken. Deshalb wird vor heiklen Abstimmungen auch immer wieder gedroht,                                               Der Gotthard ist ein sagenhafter Berg
                                           vom Ausgang hänge das Ansehen der Schweiz im Ausland ab. Den Franzosen wäre das
                                           völlig egal, den Engländern auch. Wer ausländische Medien konsumiert, stellt schnell fest,
                                                                                                                                                                           11
                                                                                                                                                                           Abstimmungen
                                           dass die Schweizer Innenpolitik ausserhalb der Landesgrenzen kaum jemanden interes-
                                           siert. Vielleicht zu Unrecht...                                                                                                 12
                                                Gerne wird hier auch übersehen, dass das Image der Schweiz in der ganzen Welt her-                                         Offizielle EDA-Informationen
                                           vorragend ist, dass das Land, in dem angeblich Milch und Honig fliesst, oft gar zu makel-
                                           los dargestellt wird.
                                                Ist es Unsicherheit, die uns gewisse Realitäten nicht sehen lässt? Warum sind wir häu-
                                           fig geneigt, unser Licht unter den Scheffel zu stellen, obwohl wir keinen Grund dazu ha-
                                           ben?
                                                Zum Glück hat sich die Stimmung im Land in den letzten Jahren stark gewandelt.
                                           Wie ich im letzten Editorial geschildert habe, hat das weisse Kreuz im roten Feld in allen
                                           Gesellschaftsschichten längst Kultstatus erworben. Schweizer zu sein ist cool geworden,
                                           vor allem unter den Jungen.
                                                Der Soziologe Kurt Imhof von der Universität Zürich beschäftigt sich seit langem
                                           mit Fragen rund um den Patriotismus – unter besonderer Berücksichtigung der Situa-
                                           tion in der Schweiz. Wir haben uns mit ihm über die Definition der Heimatliebe unter-
                                           halten, über deren Notwendigkeit und die Gefahren, die fehlgeleiteter Patriotismus                                              Tanja Frieden, Snowboard-Olympiasiegerin
                                           bewirken kann. Imhof erinnert im Gespräch daran, dass der Staat vor allem durch die
                                                                  68er-Bewegung in Misskredit geraten war. Sie hat das Bild einer                                          Regionalnachrichten
                                                                  ausbeuterischen Nation gezeichnet und diese als hässliche Fratze
                                                                  des Kapitalismus und der Bourgeoisie an den Pranger gestellt. Und
                                                                  noch in den Achtzigerjahren habe die Linke für die Schweizerinnen                                        14
                                                                                                                                                                           Wie viel Patriotismus braucht die
                                                                  und Schweizer den Begriff Heimat nicht dingfest machen können,
                                                                                                                                                                           Demokratie?
                                                                  da die Schweiz für sie Synonym für unmoralisches und inkorrektes
                                                                  politisches Handeln war. Vor allem die Intellektuellen standen mit                                       16
                                                                  der Schweiz auf Kriegsfuss. Die Feststellung des Schriftstellers Max                                     ASO-Informationen
                                                                  Frisch wurde quasi zur Losung: «Mit der Schweiz verbindet mich
                                           Heinz Eckert
                                                                  nur noch der Reisepass.» Selbst die FDP, einst zusammen mit der                                          18
                                           SP die staatstragende Partei des Landes, politisierte damals mit dem Slogan: «Mehr Frei-                                        Porträt: Tanja Frieden, Olympiasiegerin
                                           heit, weniger Staat.» Diese Zeiten sind vorbei. Seit die Welt zum globalen Dorf gewor-
                                           den ist, befinden sich die Nationalstaaten wieder im Aufwind, Heimatgefühle dürfen wie-
                                                                                                                                                                           19
                                                                                                                                                                           In Kürze
                                           der ausgelebt werden. Imhof plädiert deshalb für einen «Patriotismus light», für einen
                                           Patriotismus ohne religiöse, politische oder ideologische Prägung. Man könne und dürfe
                                           doch stolz sein auf einheimische Errungenschaften und Institutionen, meint Imhof. Und
                                           er erwähnt die SBB, den funktionierenden Service Public, die soliden Sozialversicherun-
                                                                                                                                                                           Titelbild:
                                           gen oder die direkte Demokratie und erklärt sie zu Kunstwerken, an denen Generatio-                                             Mineure feiern am
                                           nen erfolgreich gearbeitet hätten.                                                                                              6. September 2006 den ersten
                                                                                                                                                                           Durchschlag für die
                                                So gesehen gibt es wirklich genügend Gründe, auf die Schweiz stolz zu sein.                                                neue Oströhre im Gotthard.
                                                                                                                           HEINZ ECKERT, CHEFREDAK T OR                    Foto: Keystone
SC HWEIZ ER R EVU E Oktober 2006 / Nr. 5

                                           I M P R E S S U M : «Schweizer Revue», die Zeitschrift für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, erscheint im 33. Jahrgang in deutscher, französischer, italienischer, englischer
                                           und spanischer Sprache in 21 regionalen Ausgaben und einer Gesamtauflage von über 390 000 Exemplaren. Regionalnachrichten erscheinen viermal im Jahr.
                                           ■ R E DA K T I O N : Heinz Eckert (EC), Chefredaktor; Rolf Ribi (RR), Alain Wey (AW), Gabriela Brodbeck (BDK), Auslandschweizerdienst EDA, CH-3003 Bern, verantwortlich für die «Offiziellen
                                           EDA-Informationen». Aus dem Bundeshaus berichtet René Lenzin (RL). Übersetzung: CLS Communication AG ■ POS T ADRESSE: Herausgeber/Sitz der Redaktion/Inseraten-Administra-
Foto: Keystone

                                           tion: Auslandschweizer-Organisation, Alpenstrasse 26, CH-3006 Bern, Tel. +4131356 6110, Fax +4131356 61 01, PC 30-6768-9. Internet: www.revue.ch ■ E - M A I L : revue@aso.ch ■ DRUC K:
                                           Zollikofer AG, CH-9001 St.Gallen. ■ ADRESS ÄNDERUNG: Bitte teilen Sie Ihre neue Adresse Ihrer Botschaft oder Ihrem Konsulat mit und schreiben Sie nicht nach Bern.
                                                                                                                                                                                                             Einzelnummer CHF 5.– ■
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BRIEFKASTEN                                                                                     GELESEN                                                     5

                                          «Freudentaumel                       geschlichen hat. Gerhard                     In den späten Siebzigerjahren hatte ein «Jahrhundertverrat»
                                          in Rot-Weiss»                        Richter ist eher einer der sehr              die Schweiz aufgewühlt. Der Einsterngeneral Jean-Louis
                                          In seinem ausgezeichneten            grossen Maler unserer Zeit und               Jeanmaire, Kommandant der (damaligen) Luftschutztrup-
                                          Editorial – dem man nicht            obwohl er in seinen Werken in                pen, war im August 1976 in Lausanne auf offener Strasse ver-
                                          unbedingt voll zuzustimmen           der Tat auf die Fotografie zu-                haftet worden. Die Vorwürfe im Haftbefehl: militärischer
                                          braucht – hat Chefredaktor           rückgreift, so ist er dennoch                Nachrichtendienst und militärische Spionage. Der Brigadier

                                                                                                                   «Vaterlandsverräter»
                                          Heinz Eckert einen Fehler            nicht das, was man als «künstle-             der Schweizer Armee hatte seit den frühen Sechzigerjahren
                                          begangen. Er bezeichnet «La          rischen Fotografen» bezeichnen               militärische Dokumente an sowjetische Militärattachés über-
                                          Suisse n’existe pas» als Slogan,     könnte. Nochmals vielen Dank                 geben. Es war die Zeit des Kalten Krieges, im Volk und in den
                                          mit dem die Schweiz in den           für all Ihre Bemühungen für die              Medien sorgte der «Landesverrat» für eine nationale Empö-
                                          Neunzigerjahren auf sich auf-        Schweizer im Ausland!                        rung. In einem streng geheimen Verfahren der Militärjustiz
                                          merksam machte. In Tat und           MAR TIN BAENNINGER, WES TMOUNT,              wurde der Berufsoffizier im Juni 1977 degradiert, aus der
                                          Wahrheit ist «Suiza no existe»       QUEBEC, KAN ADA                              Armee ausgeschlossen und zu 18 Jahren Zuchthaus verur-
                                          ein Bild des Waadtländer                                                          teilt, von denen er 12 Jahre absitzen musste. Jeanmaire starb
                                          Künstlers Ben Vautier, das mit       Lavaux – einfach schön                       1992 im Alter von fast 82 Jahren.
                                          über 100 anderen Kunstwerken         Vielen Dank für den ausge-               Der «Fall Jeanmaire» ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen. So-
                                          den Schweizer Pavillon an der        zeichneten Artikel in der Juni-       eben ist ein Buch erschienen, dass die Hintergründe dieser Affäre,
                                          Weltausstellung von Sevilla          Ausgabe dieses Jahres der             die Stichhaltigkeit der Anklage, das Verfahren vor Militärgericht
                                          von 1992 zierte, der – wie vom       «Schweizer Revue» über das            und die Person des Offiziers sorgfältig beurteilt. Der Autor Jürg
                                          Bundesrat beschlossen – dem          Lavaux. Ich habe mich sehr            Schoch hatte seinerzeit als Journalist im Bundeshaus über die
                                          Thema Schweizer Kultur               gefreut zu hören, dass das La-        Staatsaffäre berichtet. Für seine Recherchen sind ihm nun die Jean-
                                          gewidmet war. Vautier wollte         vaux in Kürze zum Weltkultur-         maire-Akten im Bundesarchiv geöffnet worden. – Fast dreissig
                                          damit aussagen, dass es keine        erbe der UNESCO zählen                Jahre nach dem Gerichtsurteil stellen sich Fragen: Hat Jeanmaire
                                          schweizerische Kultur per se         wird. Ich habe schon sehr viele       tatsächlich Landesverrat zu Gunsten der Sowjetunion begangen?
                                          gebe, sondern eine Reihe loka-       Länder bereist, aber glauben          Sind bei seiner Verhaftung und seiner Verurteilung die rechtsstaat-
                                          ler und regionaler Kulturen in       Sie mir, das Lavaux ist der           lichen Normen eingehalten worden? Warum fiel das Urteil der-
                                          unserem Land. Der Pavillon           schönste Platz auf Erden, dank        massen hart aus?
                                          wurde zwar in der Schweiz von        der aussergewöhnlichen Land-             Im Parlament sprach Bundesrat Kurt Furgler am 7. Oktober 1976
                                          gewissen konservativen Kreisen       schaft und all den Weinbauern,        von «geheimsten verratenen Unterlagen» und nannte den ange-
                                          heftig kritisiert, doch fand er      die seit Generationen unter           klagten Offizier noch vor der Gerichtsverhandlung einen «Verrä-
                                          internationale Beachtung und         Schwerstarbeit die Weinberge          ter». Die später bekannt gewordene Anklageschrift listet 35 Ver-
                                          wurde als zukunftsträchtig be-       pflegen. Ein wichtiger Hinweis:        stösse auf. Als «geheim» klassifiziert war nur das Reglement zur
                                          zeichnet. Unterschlagen wird         Die Weinberge vom Lavaux              Durchführung der Kriegsmobilmachung, von dem es aber tausende
                                          meist die Existenz eines zwei-       befinden sich «am Fusse der Al-        von Exemplaren gab. Korpskommandant Josef Feldmann stellte spä-
                                          ten Bildes von Ben Vautier im        pen am Lac Léman» und nicht           ter fest, dass Jeanmaire «nie Zugang zu streng geheimen Akten
                                          Schweizer Pavillon in Sevilla.       «am Genfersee». Jeder Einwoh-         hatte».
                                          Sein Titel: «Je pense donc je        ner aus dem Kanton Waadt, der            Rechtsstaatliche Grundsätze wurden wiederholt verletzt: Jean-
                                          Suisse»...                           etwas auf sich hält, würde diese      maire wurde nach seiner Festnahme 107 Tage lang von der Umwelt
                                          PHILIPPE LÉVY, EHEM. GENERAL -       Region nie anders nennen.             abgeschnitten, was der Menschenrechtskonvention widersprach.
                                          DIREK T OR DER MESSE BASEL           CLEO BOLENS DIBBLE, WAAD TL ÄNDE-     Bei seiner Verhaftung lagen keinerlei Beweise vor, wie der Bundes-
                                                                               RIN, WOHNHAFT IN WASHING T ON,        anwalt zugeben musste. Während der Untersuchung rapportierte
                                          Kleiner Fehler                       US A                                                       der Bundesanwalt regelmässig Bundesrat Furg-
                                          Zunächst möchte ich Ihnen                                                                       ler, was eine Verletzung der Staatsgewalten war.
                                          meine Glückwünsche zu Ihrem          Dankeschön                                                 Der Ankläger und der Gerichtspräsident bespra-
                                          ausgezeichneten Magazin aus-         Wie bereits viele andere vor                               chen gemeinsam den Prozess, was ein sauberes
                                          sprechen, das ich immer mit          mir möchte auch ich Ihnen und                              Gerichtsverfahren ausschloss. Das Urteil von 18
                                          grosser Begeisterung lese. Der       Ihren Mitarbeitern meinen                                  Jahren Haft lag nur zwei Jahre unter der gesetz-
                                          Inhalt ist nicht nur sehr aktuell,   grössten Dank für die ausge-                               lichen Höchststrafe. Der «Verrat am Vaterland»
                                          sondern auch sehr interessant,       zeichnete «Schweizer Revue»                                musste gesühnt werden, so wollten es das Volk,
                                          gut präsentiert und im Ver-          aussprechen. Ich lese jede Aus-                            die meisten Politiker, die Offiziere und die Me-
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                          gleich zu anderen Veröffentli-       gabe von vorne bis hinten durch                            dien. Das harte Urteil sollte zudem den auslän-
                                          chungen dieser Art intelligent       und fühle mich sehr mit dem           dischen Geheimdiensten zeigen, dass man die eigene Abwehr wie-
                                          geschrieben. Bravo. Dennoch          verbunden, was in der Schweiz         der im Griff hatte. Der Buchautor ist überzeugt, dass der Prozess
                                          möchte ich Sie auf einen             tagtäglich passiert. Somit bleibt     gegen den Offizier im damaligen aufgeputschten Klima nicht fair
                                          kleinen Fehler aufmerksam ma-        der Schweizer in mir wach und         sein konnte. «Jeanmaire war Täter und Opfer zugleich.» ROLF RIBI
                                          chen, der sich in der August-        lebendig! Vielen Dank!                Jürg Schoch: Fall Jeanmaire, Fall Schweiz. Wie Politik und Medien einen «Jahr-
                                          Ausgabe dieses Jahres ein-           JEANNY KAR TH, SÜDAFRIKA              hundertverräter» fabrizierten. Verlag «hier und jetzt», Baden 2006, Fr. 38.–
DIE ZEITSCHRIF T FÜR AUSLANDSCHWEIZER OK TOBER 2006 / NR. 5 - Der Gotthard ist ein sagenhafter Berg Wie viel Patriotismus braucht die Demokratie? ...
GESEHEN                                                                                                                            7

                                                Small Number – Big Impact
                                                Seit dem frühen 18. Jahrhundert sind mehrere Hunderttausend Schweizer
                                                in die USA ausgewandert. Einige haben nachhaltige Spuren hinterlassen,
                                                wie das Buch «Small Number – Big Impact» von Bruno Abegg und Barbara
                                                Lüthi zeigt. Bilder und Biografien stellen Motive für die Auswanderung,
                                                Reise, Eingliederung und den Einfluss der US-Schweizer dar. Das Buch ist im
                                                NZZ-Buchverlag in Englisch erschienen und kostet 68 Franken.

                                                Louis Chevrolet, Autokonstrukteur                                    Fritz Zwicky, Wissenschaftler

                                                Elisabeth Kübler-Ross, Sterbeforscherin                              Othmar H. Ammann, Brückenbauer
Fotos aus dem Buch: Small Number – Big Impact
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                                Yule Kilcher, Abenteurer                  Marc Forster, Hollywood-Regisseur                      Ausgewanderte Schweizer Familie
DIE ZEITSCHRIF T FÜR AUSLANDSCHWEIZER OK TOBER 2006 / NR. 5 - Der Gotthard ist ein sagenhafter Berg Wie viel Patriotismus braucht die Demokratie? ...
8                                                         EIN KÖNIGLICHES GEBIRGE

                                                                                      Gotthard – der sagenhafte Berg                                                                      entfernt – die Reuss und der Tessin. Das
                                                                                                                                                                                          Gotthardmassiv ist auch eine Wetterscheide.
                                                                                      Nicht das Matterhorn, nicht die Jungfrau oder der Pilatus –                                         Wenn es im Norden regnet, beschert dem Sü-
                                                                                      der Gotthard ist für die Eidgenossen der Berg der Berge.                                            den meist ein Nordwind ein Bilderbuchwet-
                                                                                      Hier soll die Schweiz entstanden sein, hier hat sie ihre Jahr-                                      ter. Wenn im Norden der Föhn weht, giesst
                                                                                                                                                                                          es im Tessin oft tagelang.
                                                                                      hundertwerke gebaut. Von Rolf Ribi
                                                                                                                                                                                          Die Strasse über den Pass
                                                                                                                                                                                          Bis ins 12. Jahrhundert verhinderte die
                                                                                      Jeder Schüler hört die Sage vom Bau der         piz im 13. Jahrhundert geweiht wurde. Das           Schlucht der Schöllenen den Weg zum Gott-
                                                                                      Teufelsbrücke, wo die Urner den Teufel          Altarbild zeigt den Heiligen Gotthard.              hard. Erst nach dem Bau der Teufelsbrücke
                                                                                      überlistet haben. Viele kennen das Bild           «Der Gotthard ist zwar nicht das höchste          um 1220 begann ein Saumverkehr mit Last-
                                                                                      «Gotthardpost» von Rudolf Koller, das im        Gebirge der Schweiz, und in Savoyen über-           tieren bis in die Lombardei. Aber bis ins
                                                                                      Zürcher Kunsthaus hängt. Ältere Männer          trifft ihn der Montblanc an Höhe um vieles;
                                                                                      und Frauen erinnern sich an das militärische    doch behauptet er den Rang eines königli-
                                                                                      Reduit am Gotthard im Zweiten Weltkrieg.        chen Gebirges über alle andern, weil die
                                                                                      Manche Eidgenossen sehen die Geburts-           grössten Gebirgsketten bei ihm zusammen-
                                                                                      stunde des Landes im Freiheitswillen der        laufen», schrieb Johann Wolfgang von Goe-
                                                                                      Hirten am Gotthard. Und                                          the 1779 in seinen «Briefen
                                                                                      alle Schweizer sind stolz auf                                    aus der Schweiz». In der Tat
                                                                                      die Jahrhundertwerke der                                         treffen die Berner und Wal-
                                                                                      Passstrasse, der Eisenbahn                                       liser Alpen von Westen, die
                                                                                      mit ihren Kehrtunnels, der                                       Glarner und Bündner Al-            Denkmal für verunglückte Mineure in Airolo.
                                                                                      Autobahn mit dem Strassen-                                       pen von Osten am Gott-
                                                                                      tunnel und schon bald des                                        hard zusammen. Im Nor-             16. Jahrhundert blieb der gefährliche Pfad
                                                                                      längsten Bahntunnels der                                         den und Süden schneiden            vor allem eine lokale Verbindung zwischen
                                                                                      Welt.                                                            die Reuss und der Tessin           den beiden Tälern. Für den Weg von Flüe-
                                                                                                                                                       tiefe Täler ins Gebirge.           len nach Bellinzona brauchten die Säumer
                                                                                      «Königliches Gebirge»                                               Der Gotthard ist eine eu-       sieben Tage. Im 17. und 18. Jahrhundert gab
                                                                                      Zunächst ist der Gotthard                                        ropäische Wasserscheide.           es einen Pferdepostdienst zwischen Zürich
                                                                                      ein massives Gebirge zwi- Die legendäre «Gotthardpost»           Von seinen Höhen nehmen            und Mailand. Mit dem Ausbau des alten
                                                                                      schen dem Reusstal und der von Rudolf Koller, 1870.              vier grosse Flüsse ihren Lauf      Saumweges zur Passstrasse um 1830 wurde
                                                                                      Leventina, genauer zwischen Urserental und – der Rhein bis zur Nordsee, die Rhone zum               der Gotthard zum wichtigsten Verkehrsweg
                                                                                      Bedrettotal. Sein höchster Gipfel Pizzo Ro- Mittelmeer, die Reuss in die Aare und später            über die Alpen – zuerst mit Pferdekutschen
                                                                                      tondo erreicht 3192 Meter. Der Name Gott-       in den Rhein, der Tessin in den Po und dann         und später mit den ersten Automobilen.
                                                                                      hard stammt vom Pass zwischen Hospental         ins Adriatische Meer. Zuoberst auf dem Pass            Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte ein
                                                                                      und Airolo, und dieser trägt den Namen ei- fliessen zwei muntere Bächlein aus kleinen                wachsender Reiseverkehr ein. Mit dem Na-
                                                                                      nes Bischofs, dem die Kapelle auf dem Hos- Bergseen, nur wenige Schritte voneinander                tionalstrassenbau kam die Idee eines Stras-
Sammlung Rhyner, Stadt- und Universitätsbibliothek Bern, Pro Literis, Pressedienst.
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5
Fotos: Alptransit/Kunsthaus Zürich/

                                                                                      Fast vier Jahre dauerten die Bohrungen ...                               ...bis zum ersten Durchbruch am 6. September 2006.
DIE ZEITSCHRIF T FÜR AUSLANDSCHWEIZER OK TOBER 2006 / NR. 5 - Der Gotthard ist ein sagenhafter Berg Wie viel Patriotismus braucht die Demokratie? ...
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                                                                                                        sentunnels am Gotthard auf. 1980 war der
                                                                                                        damals längste Strassentunnel der Welt nach
                                                                                                        elfjähriger Bauzeit verwirklicht – 16,9 Kilo-
                                                                                                        meter lang in einer einzigen Tunnelröhre mit
                                                                                                        einem Sicherheitsstollen. «Der Tunnel ist
                                                                                                        kein Korridor für den Schwerverkehr. Un-
                                                                                                        sere Verkehrspolitik sieht heute und morgen
                                                                                                        den Güterverkehr auf der Schiene», sagte
                                                                                                        Bundesrat Hans Hürlimann bei der Einwei-
                                                                                                        hung. Heute wissen wir: Diese Hoffnung hat
                                                                                                        sich nicht erfüllt, die Flut der Lastwagen        Ein Gesamtkunstwerk: die sieben Kehrtunnels der Gotthardbahn.
                                                                                                        (und Personenwagen) wird immer grösser
                                                                                                        und bringt den Menschen an der Gotthard-          die Gotthardautobahn wieder Schlagzeilen:             dungsmythos eindrücklicher geprägt als der
                                                                                                        route mehr Fluch als Segen.                       Riesige Felsbrocken lösten sich bei Gurtnel- Dichter Friedrich Schiller in seinem Frei-
                                                                                                           Am 24. Oktober 2001 um 9.44 Uhr wird           len aus dem Berg und stürzten 700 Meter in            heitsdrama «Wilhelm Tell» von 1804. «Der
                                                                                                        der Gotthardstrassentunnel zum Inferno:           die Tiefe. Ein deutsches Ehepaar im Auto              Gotthardweg wird zum Schicksalsweg Tells,
                                                                                                        Ein nordwärts fahrender Lastwagen voller          wurde tödlich getroffen, viele andere hatten          zum gemeinsamen Schicksalsweg der Eidge-
                                                                                                        Pneus stösst frontal mit einem südwärts fah- Glück. Bis 125 Tonnen schwere und 50 Ku-                   nossen» (Helmut Stalder). Der neue Bundes-
                                                                                                        renden Sattelschlepper zusammen. Feuer            bikmeter grosse Granitbrocken versperrten             staat von 1848 habe diesen Mythos gern auf-
                                                                                                        bricht aus, ein Dieseltank explodiert, der        Autobahn und Kantonsstrasse. Gegen solche             genommen: «Um den Gotthard herum liess
                                                                                                        Rauch raubt Sicht und Atemluft, die Tunnel- Giganten gebe es keinen Schutz, sagten die                  sich eine nationale Identität aufbauen», mit
                                                                                                        decke stürzt herab. Elf Menschen sterben an       Urner Behörden. Der überhängende Felskopf             Tugenden wie Freiheitsliebe, Wehrhaftigkeit,
                                                                                                        Rauchvergiftung. Der Brand                                        wurde Tage später von Fach- Gottesfurcht und Traditionsverbundenheit.
                                                                                                        im Gotthardtunnel wurde                                           leuten meisterhaft gesprengt.            Ein Jahrhundert lang blieb der Gotthard
                                                                                                        zur nationalen Katastrophe,                                       Dutzende Fernsehkameras               das Symbol für Freiheitswille, Widerstand
                                                                                                        ja zum europäischen Ereignis.                                     verfolgten das Spektakel auf          und Wachsamkeit, ja sogar als die von Gott
                                                                                                        Es war das schlimmstmögli-                                        der sicheren Talseite.                geschaffene Festung der Schweiz. Dieser
                                                                                                        che Szenario. Kritiker ver-                                                                             Überzeugung war der Bundesrat am Vor-
                                                                                                        langten den raschen Bau ei-                                       Vaterländischer Mythos                abend des Zweiten Weltkriegs: «Es kommt
                                                                                                        ner zweiten Tunnelröhre und                                       «Der Bau der Teufelsbrücke            nicht von ungefähr, dass die ersten eidgenös-
                                                                                                        endlich die Verlagerung des                                       in der Schöllenen wurde als           sischen Bünde sich um den Gotthardpass la-
                                                                                                        Güterverkehrs auf die Bahn.                                       die entscheidende Tat gese-           gerten. Die Tatsache war providenziell und
                                                                                                        Das Bundesamt für Strassen                                        hen, die am Anfang der Eid-           wesentlich für den Sinn des eidgenössischen
                                                                                                        erklärte, der Tunnel mit sei- Die Schöllenen mit der              genossenschaft stand»,                Staatsgedankens.» Der Gotthard als Symbol
                                                                                                        ner Infrastruktur sei sehr si- Teufelsbrücke.                     schreibt der Historiker und           der Selbstbehauptung – das galt auch für die
                                                                                                        cher. «Kein Mensch hätte im Tunnel sterben        Journalist Helmut Stalder in seinem Buch              Alpenfestung des «Reduit national» von Ge-
                                                                                                        müssen, wenn sich die Betroffenen richtig         «Mythos Gotthard». Der Gotthard als Keim-             neral Henri Guisan. Am Ende des Krieges
                                                                                                        verhalten hätten.» Fünf Jahre später lieferte     zelle der Schweiz – keiner hat diesen Grün-           stand fest: Der Gotthard und seine Festung
Fotos: Alptransit/Sammlung Rhyner, Stadt- und Universitätsbibliothek Bern, Pro Literis, Pressedienst.
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                                                                                        Aufschüttung mit Aushub aus dem Gotthard im Reussdelta vor Flüelen.         Grossbaustelle beim Tunneleingang in Faido.
DIE ZEITSCHRIF T FÜR AUSLANDSCHWEIZER OK TOBER 2006 / NR. 5 - Der Gotthard ist ein sagenhafter Berg Wie viel Patriotismus braucht die Demokratie? ...
10                          EIN KÖNIGLICHES GEBIRGE

                                          haben den Feind von einem Angriff abgehal-            Mailand nicht mehr dabei – der Vater der             von Zürich nach Mailand wird um eine
                                          ten, die Unabhängigkeit hat gesiegt – auch            Gotthardbahn galt als Sündenbock für die             Stunde auf zwei Stunden 40 Minuten ver-
                                          dank einem gnädigen Schicksal.                        Kostenüberschreitung und trat verbittert zu-         kürzt. Die Flachbahn ermöglicht längere
                                                                                                rück.                                                Güterzüge mit doppelt so viel Gewicht wie
                                          Die Bahn durch den Gotthard                             Nicht nur der Tunnel, die ganze Gotthard-          heute, die bis 160 Stundenkilometer schnell
                                          Gotthard oder Lukmanier – der jahrelange              bahn ist ein grandioses Gesamtkunstwerk.             fahren werden.
                                          Streit um den neuen Alpentunnel endete erst           Dazu gehören die sieben Kehrtunnels bei                 Die neue Gotthardstrecke ist Teil der
                                          1871 mit der Gründung der Gotthardbahn-               Wassen, im Dazio Grande und in der Bia-              Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen
                                          gesellschaft. Treibende Kraft war der Zür-            schina-Schlucht, die elegant hunderte von            (Neat). Der 1992 vom Schweizervolk be-
                                          cher Politiker und Kaufmann Alfred Escher.            Höhenmetern überwinden. «Die Gotthard-               schlossene Bau der Neat und das 1998 geneh-
                                          Der Genfer Louis Favre erhielt den Zuschlag           bahn, das war der helvetische Suezkanal, das         migte Projekt mit dem Bau der beiden Tun-
                                          für den Bau des 14,9 Kilometer langen Tun-            war die technische Bezwingung der Alpen,             nels am Gotthard und am Lötschberg soll
                                          nels, den er für 47,8 Millionen Franken in ge-        das war der Sieg über die Vertikale» (Helmut         2016 vollendet sein und wird gegen 18 Milli-
                                          nau acht Jahren verwirklichen wollte.                 Stalder).                                            arden Franken kosten. Schon jetzt lässt sich
                                            Im September 1872 beginnen die Mineure                                                                   sagen: Der Gotthardbasistunnel mit seinen
                                          ihre unglaublich harte Arbeit. Sie stehen             Noch ein Jahrhundertwerk                             zwei einspurigen Röhren wird zum Werk des
                                          knietief im Wasser, die Luft ist heiss und rau-       Und wieder entsteht am Gotthard ein Bau-             21. Jahrhunderts.
                                          chig, der Aufenthalt im Tunnel höchst ge-             werk des Jahrhunderts: Der 57 Kilometer                 Und was geschieht nach der Eröffnung der
                                          fährlich. Am 28. Februar 1880 treffen die             lange Basistunnel von Erstfeld nach Bodio            neuen Flachbahn mit der alten Gotthard-
                                          Bohrstangen aus den beiden Stollen fast               ist ein Tunnel der Superlative, der längste Ei-      bahn, diesem Meisterwerk der Ingenieur-
                                          exakt aufeinander – seitlich weichen sie nur          senbahntunnel der Welt. Zwischen der Zent-           kunst? Wenn statt der heute 260 Züge am
                                          33 Zentimeter ab, in der Höhe fehlen nur              ralschweiz und der Südschweiz entsteht die           Tag nur noch drei Dutzend Lokomotiven die
                                          wenige Zentimeter. Der damals längste                 erste alpenquerende Flachbahn, eine gerade           Kehrtunnels beim Kirchlein von Wassen er-
                                          Bahntunnel der Welt und die erste winter-             Verbindung in der Ebene, die kühnste Vision          klimmen? Dann soll die alte Gotthardstre-
                                          sichere Verbindung durch die Schweizer                zur Bezwingung der Alpen. Seit dem Herbst            cke zum Weltkulturerbe der Unesco wer-
                                          Alpen sind vollendet. Am 1. Juni 1882 nimmt           1993 arbeiten sich mächtige Tunnelbohrma-            den.
                                          die Gotthardbahn den Betrieb auf.                     schinen mit einem Bohrkopf von zehn Me-
                                            Mindestens 200 Mineure, fast alle Italie-           ter Durchmesser in den hunderte Millionen
                                          ner, haben ihr Leben verloren. Auf dem                Jahre alten Fels. Noch nie wurde ein Tunnel
                                          Friedhof von Göschenen ist ihnen ein klei-            so tief in den Berg gebohrt. Gemäss Compu-
                                          ner Gedenkstein gewidmet, beim Bahnhof                termodell werden die Tunnelvortriebe am
                                          von Airolo steht das von Vincenzo Vela ge-            Ende mit weniger als zwanzig Zentimeter              LITERATUR. DOKUMENTATION:
                                                                                                                                                     Helmut Stalder: «Mythos Gotthard». Orell Füssli Verlag,
                                          schaffene Denkmal «Le vittime del lavoro»             Abweichung aufeinander treffen.                      Zürich 2003. Fr. 44.80, Euro 29.90; «Der St.Gotthard
                                          für die verunglückten Arbeiter. Louis Favre              Auf einem Kilometer müssen die Züge               und seine Hospize». Schweizerischer Kunstführer.
                                                                                                                                                     Bern 1994; www.alptransit.ch (Neat-Basistunnel)
                                          erlebte seinen Triumph nicht mehr – ein hal-          höchstens acht Höhenmeter überwinden.                www.gotthard-strassentunnel.ch (Verkehrsinformatio-
                                          bes Jahr vor der Vollendung seines Werks              Dank dieser geringen Steigung werden die             nen, Besuch Kommandozentrale); www.gotthardtun-
                                                                                                                                                     nel.ch (Informationen zum Bahntunnel und seine
                                          brach er im Tunnel zusammen. Auch Alfred              Reisezüge mit 250 Kilometern pro Stunde              Geschichte); www.gotthard-hospiz.ch (Sehenswürdig-
                                          Escher war bei den Feiern in Luzern und               durch die Alpen brausen. Die Verbindung              keiten, Hotel, Restaurant)
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5
Foto: Alptransit

                                          Schema des Gotthardbasistunnels mit Nothaltestellen und Lüftung.               Mit 57 Kilometern ist der neue Basistunnel der längste Eisenbahntunnel der Welt.
POLITIK/ABSTIMMUNG                                                                                                                             11

                                          Vorschau auf die Abstimmung                      Resultate der Abstimmung                       Kommentar: Herbe Niederlage
                                          vom 26. November                                 vom 24. September                              für die Linke
                                          1. Beitrag an die neuen                          1. Ja zum neuen Ausländer- und
                                                                                                                                          Bis kurz vor der Abstimmung war die
                                          Mitgliedstaaten der EU                           zum neuen Asylgesetz                           Linke zuversichtlich, eine Mehrheit für
                                          2. Einheitliche Kinderzulagen                    2. Nein zur Volksinitiative «Nati-             ihre Volksinitiative «Nationalbankge-
                                          von mindestens 200 Franken                       onalbankgewinne für die AHV»                   winne für die AHV» erzielen zu können.
                                                                                                                                          Umso ernüchternder fiel das Ergebnis für
                                          Im Zusammenhang mit dem zweiten bilate-          Die Schweiz kann ihr Ausländerrecht defini-     sie aus: Drei von fünf Stimmberechtigten
                                          ralen Verhandlungspaket haben die Schweiz        tiv modernisieren. Die Stimmberechtigten       und 23 von 26 Kantonen lehnten den Vor-
                                          und die EU gleich noch zwei weitere Verein-      haben dem linksgrünen Referendum eine          schlag ab. Eine deutliche Mehrheit sagte
                                          barungen getroffen: Den Ausbau des freien        Abfuhr erteilt und das Gesetzesprojekt von     damit Nein zu einem Abenteuer, auf das
                                          Personenverkehrs auf die zehn neuen Mit-         Bundesrat und Parlament deutlich angenom-      sich bisher noch kein Land eingelassen
                                          glieder der Union und einen Beitrag von ei-      men. Es schreibt ein duales Zulassungssys-     hat, nämlich die Verknüpfung von Wäh-
                                          ner Milliarde Franken an diese zehn Staaten.     tem für Ausländer fest: EU-Bürger sind auf-    rungs- und Sozialpolitik. So verlockend
                                          Die eigentlichen Verhandlungsdossiers und        grund der bilateralen Verträge Schweizern      der Geldsegen für die AHV gewesen wäre –
                                          die Ausdehnung des Personenverkehrs ha-          gleichgestellt, von ausserhalb der EU haben    das Volk vermochte darin weder eine
                                          ben den Referendumstest im vergangenen           nur noch gut qualifizierte Personen Zugang      nachhaltige Lösung für die Sicherung der
                                          Jahr bestanden. Nun muss das Volk auch           zum schweizerischen Arbeitsmarkt. Verbes-      Renten zu sehen, noch wollte es Bund
                                          noch über den dritten Teil befinden. Die          sert werden soll die Integration der in der    und Kantonen jährliche Einnahmeaus-
                                          Schweizerische Volkspartei hat, unterstützt      Schweiz anwesenden Ausländer.                  fälle von 1,5 Milliarden bescheren.
                                          von Schweizer Demokraten und der Aktion             Parallel zum Ausländergesetz befürwor-
                                                                                                                                             Die Abstimmungssieger werden trotz
                                          für eine unabhängige und neutrale Schweiz,       tete das Volk auch eine Verschärfung des
                                                                                                                                          des klaren Verdikts nicht lange auf ihren
                                          erfolgreich das Referendum gegen diese Ko-       Asylrechts. Obwohl das Referendumskomi-
                                                                                                                                          Lorbeeren ausruhen können. In wenigen
                                          häsionszahlungen ergriffen.                      tee gegen diese Bestimmungen breiter abge-
                                                                                                                                          Jahren droht der AHV eine Finanzierungs-
                                             Bundesrat und Parlament wollen die Un-        stützt war und sich der Abstimmungskampf
                                          terstützungsbeiträge im Rahmen des Osthil-       fast ausschliesslich auf sie konzentrierte,    lücke. Also gilt es, rasch eine Reform auf-
                                          fegesetzes leisten. Es handelt sich nicht um     erreichten beide Gesetze praktisch die glei-   zugleisen und dabei einen Mix aus Leis-
                                          Zahlungen an den Kohäsionsfonds der EU,          che Zustimmung: 68 Prozent der Stimmen-        tungskorrekturen und Mehreinnahmen zu
                                          sondern um direkte Beiträge der Schweiz an       den sagten Ja zum Ausländergesetz, 67,8 Pro-   finden, der im Volk mehrheitsfähig ist.
                                          bilateral ausgehandelte Projekte in osteuro-     zent waren es beim Asylgesetz. Alle Kantone    Noch deutlicher ist die Niederlage der
                                          päischen Staaten. Festgelegt ist nur die Ge-     stimmten zu. Über 75 Prozent Ja-Stimmen        Linken bei den Revisionen des Asyl- und
                                          samthöhe und die Verteilung an die einzel-       erreichten beide Gesetze in den Kantonen       des Ausländergesetzes. Obwohl auch bür-
                                          nen Länder. Insgesamt werden sich die            Aargau, Appenzell-Innerrhoden, Glarus,         gerliche Kreise die Gesetze kritisiert hat-
                                          Zahlungen auf zehn Jahre erstrecken. Zu 60       Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Thurgau           ten und obwohl die Asylgesuche so gering
                                          Prozent müssen die beiden Departemente,          und Zug. In der Westschweiz schlossen          sind wie seit Jahren nicht mehr, ist die
                                          welche die Osthilfe leisten, die zusätzlichen    die Gesetze etwas schlechter ab als in         Mehrheit überzeugt, dass der Zugang zum
                                          Ausgaben intern kompensieren. Nicht ge-          der Deutschschweiz. Nur knapp über 50 Pro-     Asylrecht weiterer Verschärfungen be-
                                          kürzt werden darf dabei die Entwicklungs-        zent war die Zustimmung in Genf, Jura und      darf. Dieses Ergebnis kommt insofern
                                          hilfe an die Länder der südlichen Hemi-          Neuenburg.                                     nicht überraschend, als das Volk in sämt-
                                          sphäre. Die restlichen 40 Prozent stammen                                                       lichen Abstimmungen zur Ausländer-
                                          aus allgemeinen Bundesmitteln.                   Nationalbankgewinne nicht für die AHV
                                                                                                                                          politik der letzten Jahre Bundesrat und
                                                                                           Die Volksinitiative der Sozialdemokraten,
                                                                                                                                          Parlament gefolgt ist.
                                          Preis für den bilateralen Weg                    welche einen Teil der Nationalbankgewinne
                                                                                                                                             Mit dem Ja zum Ausländergesetz haben
                                          Die SVP hat verlangt, dass die Milliarde bud-    in die Alters- und Hinterbliebenenversiche-
                                                                                                                                          die Stimmberechtigten die Basis für eine
                                          getneutral finanziert wird. Zudem wollte sie      rung leiten wollte, scheiterte am Volks- und
                                                                                                                                          zeitgemässe Einwanderungs- und Inte-
                                          ins Gesetz schreiben, dass die Schweiz keine     am Ständemehr. 58,3 Prozent der Stimmen-
                                          ähnlichen Zahlungen leistet, wenn Rumä-          den sagten Nein zu diesem Vorschlag. Zu-       grationspolitik gelegt. Weniger klar ist,
                                          nien, Bulgarien und weitere Staaten der EU       stimmung erhielt er nur gerade in den Kan-     ob das revidierte Asylgesetz die hohen
                                                                                                                                          Erwartungen der Befürworter zu erfüllen
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                          beitreten. Mit beiden Anliegen ist sie im Par-   tonen Tessin (57,5 Prozent), Basel-Stadt
                                          lament gescheitert, weshalb sie das Referen-     (53,6) und Genf (51,3). Ganz knapp fiel das     vermag. Denn auch mit diesen Verschär-
                                          dum ergriffen hat. Der Nationalrat stimmte       Begehren im Jura durch (49,2 Prozent Ja).      fungen dürfte es schwierig bleiben, Men-
                                          dem Gesetz mit 127 zu 53 Stimmen zu, der         Am klarsten wurde es in Appenzell-Inner-       schen von der Schweiz fernzuhalten, die
                                          Ständerat mit 37 zu 1.                           rhoden (74,9 Prozent Nein), Zug (66,8),        zwar in ihren Ländern nicht verfolgt
                                            Für den Bundesrat und die Mehrheit des         Glarus (66,5) sowie Appenzell-Ausserrhoden     werden, aber im reichen Norden auf ein
                                          Parlaments sind diese Zahlungen der Preis        und Thurgau (je 66,2) verworfen.          RL   besseres Leben hoffen.           RENE LENZIN
                                          Fortsetzung auf Seite 15
12                          O F F I Z I E L L E E D A - I N F O R M AT I O N E N

                                          Ehegüterrecht                      Arbeit, sowie die Zinsen des      chen Anteil am Vermögen des         werden können und der von ih-
                                                                             Eigengutes.                       andern.                             nen gewählte schweizerische
                                          bei Wohnsitz                         Wird der Güterstand durch                                           Güterstand keine Geltung hat.
                                          im Ausland                         Scheidung oder Tod aufgelöst,     Änderung der Güterstände            Entsprechende Bestimmungen
                                                                             wird die Errungenschaft hälftig   durch Ehevertrag                    darüber, welches Recht nun an-
                                          Das schweizerische Ehegüter-       der Frau und dem Mann zuge-       Die Ehegatten können durch          gewendet wird - das schweize-
                                          recht regelt, welche Güter         schrieben. Der Anteil, der        einen Ehevertrag die vom            rische oder das ausländische -
                                          während der Ehe den Ehegat-        dem verstorbenen Ehegatten        Gesetzgeber vorgegebenen            enthält das massgebliche
                                          ten gehören und wie das Ver-       gehört, vererbt sich nach den     Regelungen in einem gewissen        internationale Privatrecht des
                                          mögen bei Scheidung oder Tod       Bestimmungen des Erbrechts.       Rahmen ihren individuellen          Wohnsitzstaates.
                                          aufgeteilt wird. Bei Wohnsitz-                                       Bedürfnissen anpassen. Wer             Das internationale Privat-
                                          nahme im Ausland kann das          Gütergemeinschaft                 einen Ehevertrag schliessen         recht regelt, welche Rechtsord-
                                          internationale Privatrecht des     Gesetzlich in Artikel 221 bis     will, muss urteilsfähig sein. Un-   nung auf den jeweiligen Sach-
                                          Wohnsitzlandes unter Um-           246 ZGB festgehalten, wird        mündige oder Entmündigte            verhalt angewendet wird. Es
                                          ständen vorsehen, dass der in      sie durch Ehevertrag zwischen     brauchen die Zustimmung ih-         regelt privatrechtliche Rechts-
                                          der Schweiz gewählte Güter-        den Ehegatten vereinbart. Hier    res gesetzlichen Vertreters.        beziehungen (Personenrecht,
                                          stand nicht gültig ist. Es ist     werden drei Vermögensmassen       Grundsätzlich werden Ehever-        Familienrecht, Erbrecht, Ver-
                                          deshalb empfehlenswert, sich       unterschieden: das Frauengut,     träge in der Schweiz bei einem      tragsrecht, Gesellschaftsrecht
                                          bei einem Wohnsitzwechsel          das Männergut und das Ge-         Notar abgeschlossen.                usw.) mit internationalem Cha-
                                          ins Ausland über die massgeb-      samtgut. Das Gesamtgut gehört                                         rakter. Es beantwortet haupt-
                                          lichen internationalen Privat-     beiden Ehegatten ungeteilt.       Weitere Informationen zum           sächlich folgende Fragen:
                                          rechtsregelungen des Wohn-         Was zum Gesamtgut gehört,         schweizerischen Ehegüterrecht       Welches nationale Recht ist an-
                                          sitzstaates zu informieren.        wird im Ehevertrag geregelt.      sind in der Broschüre «Ehe-         wendbar? Welches Gericht ist
                                                                                                               und Erbrecht, ein Leitfaden         zuständig? Unter welchen Be-
                                          Das schweizerische Zivilgesetz-    Gütertrennung                     für Braut- und Eheleute» des        dingungen kann ein Entscheid,
                                          buch (ZGB) unterscheidet           Die Gütertrennung wird als        Bundesamtes für Justiz enthal-      der in einem Staat gefällt wur-
                                          drei verschiedene Formen des       «ausserordentlicher Güter-        ten. Sie kann über diese Inter-     de, in einem anderen Staat
                                          Güterstandes.                      stand» umschrieben und ent-       netadresse bezogen werden:          anerkannt und vollstreckt wer-
                                                                             weder von Gesetzes wegen          www.bundespublikationen.ch          den? Im Ausland werden also
                                          Errungenschaftsbeteiligung         oder durch den Richter ange-                                          diejenigen Normen zur Beur-
                                          Sie wird in den Artikeln 196 bis   ordnet (Artikel 247 bis 251       Bei Wohnsitz im Ausland             teilung von Sachverhalten an-
                                          220 ZGB geregelt. Sie wird als     ZGB). Die Gütertrennung           Komplexer wird die Situation,       gewendet, die die internationa-
                                          «ordentlicher Güterstand» be-      kann aber auch durch Ehever-      sobald Schweizer Ehepaare ih-       len Privatrechtsregelungen der
                                          zeichnet und gilt von Gesetzes     trag zwischen den Ehegatten       ren Wohnsitz von der Schweiz        betroffenen Staaten vorsehen.
                                          wegen, wenn die Ehegatten kei-     gewählt werden. Bei der Gü-       ins Ausland verlegen. In sol-          Für unsere Mitbürgerinnen
                                          nen Ehevertrag geschlossen ha-     tertrennung gibt es kein ge-      chen Fällen wird neben schwei-      und Mitbürger im Ausland
                                          ben. Bei der Errungenschafts-      meinsames Vermögen. Beide         zerischem auch ausländisches        wichtig zu wissen: Es gilt grund-
                                          beteiligung haben Frau und         Ehegatten verwalten und nut-      Recht tangiert. Viele Braut-        sätzlich das internationale Pri-
                                          Mann grundsätzlich getrennte       zen ihr Vermögen autonom          und Eheleute sind sich nicht        vatrecht ihres Wohnsitzlandes.
                                          Vermögen. Die Vermögens-           und verfügen selbstständig        bewusst, dass bei einem Wohn-       Dieses bestimmt im Wesentli-
                                          werte werden in Eigengut und       darüber während der Ehe. Bei      sitzwechsel ins Ausland die         chen, welches Recht für ihre
                                          Errungenschaft aufgeteilt.         der Auflösung der Ehe hat kein     Rechtsbestimmungen des              güterrechtlichen Verhältnisse
                                            Zum Eigengut gehören             Ehegatte einen güterrechtli-      Wohnsitzstaates angewendet          angewendet wird und welche
                                          Vermögenswerte, die einem
                                          Ehegatten ausschliesslich zum
                                          persönlichen Gebrauch dienen:
                                          zum Beispiel Kleider, Sport-
                                          ausrüstung oder Vermögens-
                                          werte, die ein Ehegatte bereits
                                          bei der Heirat besitzt oder
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                          die er während der Ehe unent-
                                          geltlich erwirbt (Schenkung,
                                          Erbschaft). Unter die Errun-
                                          genschaft fallen Vermögens-
Illustration: Bartak

                                          werte, die die Ehegatten im
                                          Verlauf ihrer Ehe entgeltlich
                                          erwerben, beispielsweise durch
13

                                          Gestaltungsmöglichkeiten be-       geber ein Kostenvoranschlag          VOLKSINITIATIVEN
                                          stehen.                            unterbreitet. Auf diese Weise        Seit der letzten Ausgabe sind folgende Volksinitiativen lanciert wor-
                                             Wir empfehlen deshalb im        kann die Kundin oder der             den und können unterschrieben werden:
                                          Ausland lebenden schweizeri-       Kunde entscheiden, ob das
                                          schen Ehepaaren, sich in ihrem     Institut die Rechtsabklärungen       ■ «Für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten; bis 27. Dezember
                                          Wohnsitzstaat über die dort        vornehmen soll oder nicht.           2007
                                          geltenden Bestimmungen des         Adresse:                             ■ «Gegen masslosen Bau umwelt- und landschaftsbelastender Anla-
                                          internationalen Privatrechts zu    Schweizerisches Institut für         gen»; bis 20. Dezember 2007
                                          erkundigen. Unter Umständen        Rechtsvergleichung,                  ■ «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!»; bis 20. Dezem-
                                          kann dieses gewisse Wahlmög-       1015 Lausanne                        ber 2007
                                          lichkeiten bei der Festlegung      Tel.: +41 21 692 49 11                 Unter der Seite www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis_1_3_1_1.html
                                          der güterrechtlichen Verhält-      Fax: +41 21 692 49 49                können Sie die Unterschriftenbogen der hängigen Initiativen herun-
                                          nisse einräumen. Dies würde        E-Mail: Secretariat.isdc-            terladen.
                                          bedeuten, dass die schweizeri-     dfjp@unil.ch
                                          schen Ehepaare mitbestimmen        Internet: www.isdc.ch
                                          könnten, welches Recht für                                              URNENGANG
                                          ihre güterrechtlichen Verhält-                                          Eidgenössische Volksabstimmung vom 26. November 2006
                                          nisse massgeblich ist, ob          Gesunde Umwelt
                                          schweizerisches oder dasjenige                                          ■ Bundesgesetz vom 24. März 2006 über die Zusammenarbeit mit den
                                          des Wohnsitzstaates. Auch soll-    und Sozialwerke                      Staaten Osteuropas (unter Vorbehalt des Zustandekommens des Refe-
                                          ten sich Auslandschweizerin-       durch Energie-                       rendums)
                                          nen und -schweizer erkundi-        besteuerung                          ■ Bundesgesetz vom 24. März 2006 über die Familienzulagen (unter
                                          gen, was mit dem bisher                                                 Vorbehalt des Zustandekommens des Referendums)
                                          gelebten Güterrecht geschieht.     Ein überparteiliches Initiativ-
                                             Auskünfte über die zuständi-    komitee hat die eidgenössi-
                                          gen Rechtsbehörden des             sche Volksinitiative «Nicht          Erdgas sowie Energie von              digen Schweizer Botschaft
                                          Wohnsitzlandes können die          erneuerbare Energien statt           Wasserkraftwerken.                    oder Ihrem zuständigen
                                          schweizerischen Vertretungen       Arbeit besteuern» lanciert.             Nach Auffassung des Initia-        Schweizer Konsulat im Aus-
                                          im Ausland erteilen. Diese ver-                                         tivkomitees würden sich die           land. Nur diese Stellen sind für
                                          mitteln auch Adressen von An-      Die Volksinitiative bezweckt,        Lohnkosten reduzieren und er-         die Verwaltung der Adressen
                                          wälten und Notaren im Wohn-        die schweizerische Bundesver-        hielten die Arbeitnehmer netto        unserer Landsleute im Ausland
                                          sitzstaat.                         fassung (BV) zu ändern. In ei-       mehr Lohn. Ebenso würde der           und damit für den korrekten
                                             Sieht das internationale Pri-   nem neuen Artikel 131a BV sol-       Faktor Arbeit für die Wirt-           Versand der «Schweizer Re-
                                          vatrecht des Wohnsitzstaates       len die Grundzüge einer              schaft günstiger und bestehe          vue» zuständig.
                                          eine Anwendung des schweize-       ökologischen Energiesteuer           ein Anreiz, neue Arbeitsplätze           Durch Ihre Mithilfe lassen
                                          rischen internationalen Privat-    festgehalten werden. So soll         zu schaffen. So würde auch der        sich aufwändige Nachforschun-
                                          rechts vor und wollen sich         der Bund alle obligatorischen        Konsum angekurbelt.                   gen vermeiden, die der Aus-
                                          Auslandschweizerinnen und          Sozialversicherungen teilweise          Die Initiative können Sie          landschweizerdienst aufgrund
                                          -schweizer über die entspre-       oder vollständig mittels Steu-       noch bis zum 24. Juli 2007 un-        der zahllosen Rücksendungen
                                          chenden schweizerischen            ern auf nicht erneuerbare            terzeichnen.                          von unzustellbaren Ausgaben
                                          Bestimmungen informieren,          Energien finanzieren. Durch                                                 der «Schweizer Revue» durch-
                                          können sie an folgende Stellen     die Verlagerung der Abgaben                                                zuführen hat.
                                          in der Schweiz gelangen:           von der Arbeit auf diese Ener-
                                                                                                                  Adressänderungen:
                                          ■ Rechtsauskunftsstellen der       gien soll die Umwelt geschützt       Bitte nicht nach
                                          Kantone                            und sollen die Sozialversiche-       Bern melden                           VERANT WOR TLIC H FÜR DIE OFFI-
                                          ■ kantonale Anwaltsverbände.       rungen in der Schweiz langfris-                                            ZIELLEN EDA-INF ORMATIONSSEITEN:
                                             Ferner erteilt das schweize-    tig gesichert und finanziert          Melden Sie Adressänderungen           G ABRIEL A BRODBEC K, AUSL AND-
                                          rische Institut für Rechtsver-     werden.                              einzig und allein Ihrer zustän-       SC HWEIZERDIENS T/EDA
                                          gleichung in Lausanne Rechts-         Ferner sieht die Initiative
                                          auskünfte, allerdings gegen        vor, die Beiträge aller sozialver-   Inserat
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                          Gebühr. Die Tarife bewegen         sicherungspflichtigen Prämien-
                                          sich je nach Aufwand zwischen      zahler schrittweise und mög-
                                          CHF 150 und CHF 450 pro            lichst schnell zu reduzieren.
                                          Stunde. Sollten die Recherchen     Die Prämien sollen ersetzt
                                          einen Aufwand von CHF 500          werden, indem nicht erneuer-
                                          übersteigen, so wird der Auf-      bare Energien besteuert wer-
                                          traggeberin oder dem Auftrag-      den. Dies sind Kohle, Erdöl,
14                           PAT R I O T I S M U S U N D D E M O K R AT I E

                                          Ein Plädoyer für den «Patriotismus light»                                                            Wirtschaftspolitik gar nicht in der Lage, den
                                                                                                                                               Nationalstaat zu pflegen und für die Linke
                                          Das weisse Kreuz auf rotem Grund ist zum modischen Accessoir
                                                                                                                                               war es politisch inkorrekt, die Schweiz auch
                                          geworden, die Schweiz steht quer durch die Bevölkerung wieder                                        nur irgendwie gut zu finden. Der neue Patri-
                                          hoch im Kurs: Ein neuer, unpolitischer Patriotismus liegt im                                         otismus kommt von den Jungen, die nicht in
                                                                                                                                               den alten politischen Querelen involviert
                                          Trend. Kurt Imhof, Soziologe und Patriotismus-Experte, erklärt
                                                                                                                                               waren und die Schweiz einfach lieben.
                                          warum. Interview Heinz Eckert
                                                                                                                                               Und seit wann ist diese Art von Patriotismus
                                                                                                                                               festzustellen?
                                          «Schweizer Revue»: Noch vor wenigen                 War das ein Kalkül der SVP?                         Die Zweifel an der Globalisierung haben
                                           Jahren gehörte es zum guten Ton, die Schweiz         Die SVP hat mit diesem Programm für            nicht nur der SVP geholfen, sondern auch
                                           zu kritisieren. Was war der Grund für diese        viele ein Vakuum gefüllt, aber ich glaube        den Boden für den neuen Patriotismus vor-
                                           negative Einstellung zur Heimat?                   nicht, dass es kalkuliert war. Christoph Blo-    bereitet. Als dann die Expo.02 die Schweiz
                                             Kurt Imhof: Mit der Achtundsechziger-            cher ist sicher ein Patriot, er spielte nichts   auf eine unbekümmerte Art und Weise ge-
                                           Bewegung begann der politische Kampf               vor.                                             feiert hat, wirkte sie als Katalisator und ver-
                                           gegen den Staat mit all seinen Ausprägungen.                                                        stärkte den Trend zum neuen Patriotismus
                                           Bekämpft wurden Auswüchse des Kalten               Der Patriotismus, der heute gepflegt wird, hat    noch. Auch die Kulturschaffenden machten
                                           Krieges wie die staatliche Überwachung, die        damit aber nicht mehr viel zu tun.               damals mit. So setzte sich ein Schweizbild
                                           Bundespolizei, der Ausbau des                                                                                    durch, das nicht durch Parteifar-
                                           Staatsschutzes sowie die Bour-                                                                                   ben getönt war.
                                           geoisie und das Kapital. Man darf
                                           dabei nicht vergessen, dass die SP                                                                             Und seither darf man wieder unge-
                                          – wie die FDP auch – nach dem                                                                                   straft mit einem Schweizerkreuz
                                           Krieg eine ausgesprochen staats-                                                                               auf der Brust herumlaufen und
                                           tragende Partei war. Auch da-                                                                                  erst noch als modisch gelten?
                                           gegen protestierte die Achtund-                                                                                   So ist es. Die Expo machte
                                           sechziger-Bewegung. Hinzu kam,                                                                                 das Schweizerkreuz zu einem
                                           dass die Schweiz im Nord-Süd-                                                                                  modischen Accessoir. Alle, die
                                           Dualismus nicht als Opfer, son-                                                                                die Schweiz politisch verein-
                                           dern als Täter betrachtet wurde.                                                                               nahmt oder aus wirtschaftlichen
                                           Damals wurde die Revolution ja                                                                                 Gründen abgelehnt hatten, wur-
                                           vom Süden erwartet. Der linke                                                                                  den so durch Jugendliche unter-
                                           Kampf gegen den Staat wurde                                                                                    laufen, die feststellten, dass sie
                                           dann durch bürgerliche Parteien                                                                                in einem tollen Land lebten.
                                           fortgesetzt. In den Siebzigerjah-                                                                              Diese Jungen stellten Vergleiche
                                           ren begann die FDP mit dem                                                                                     an und waren plötzlich stolz auf
                                           Slogan «Weniger Staat, mehr                                                                                    ihre Heimat.
                                           Freiheit» zu werben. Der Anti-
                                           etazismus hat also eine lange linke                                                                            Taten sich andere Länder ähnlich
                                           wie rechte Tradition.                  Kurt Imhof: «Schweizbild ohne Parteifarben»                             schwer mit dem Patriotismus?
                                                                                                                                                            Auch italienische Linke hatten
                                          Das war lange vor Ronald Reagan und Mar-             Nein. Die SVP hat den Patriotismus ganz         Mühe mit dem Staat, aber so extrem wie in
                                          garet Thatcher…                                    stark politisch gefärbt. Diejenigen, die den      der Schweiz war es sonst nirgends. Die
                                            Ja, die Schweiz war damals eine Vorkämp-         Mythos Schweiz mit Fahnen pflegten, waren          Schweiz ist eben eine Willensnation ohne
                                          ferin für den Neo-Liberalismus. Erst Jahre         politisch eindeutig festgelegt. Die Holocaust-    selbstverständliches, historisch gegebenes
                                          später kamen Reagan und Thatcher mit dem           Debatte in den Neunzigerjahren hat das            Selbstverständnis, es muss immer wieder er-
                                          gleichen Programm an die Macht. 1983 hat           noch verschärft. Das hat der SVP erneut Ge-       neuert werden.
                                          dann die SVP von der FDP das «Antietazis-          legenheit gegeben, ihr spezifisches Schweiz-
                                          mus-Szepter» übernommen und mit einem              Verständnis noch zu verstärken.                   Wurden denn die Schweizer Tugenden wie
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                          «Landi-Patriotismus» ergänzt. Mit Letzte-                                                            Sauberkeit, Sicherheit, Pünktlichkeit, Zuver-
                                          rem hat sie ihre Stimmen gewonnen. In den          Von Ihnen stammt der Begriff Patriotismus         lässigkeit, welche die Jungen heute so preisen,
                                          Neunzigerjahren wurde der Antietazismus,           light. Was ist das?                               früher nicht wahrgenommen?
                                          verbunden mit Patriotismus und basierend              Dieser Patriotismus kommt weder von der          Im Gegenteil. Man hat sie sogar abgelehnt.
                                          auf geistiger Landesverteidigung, noch ver-        rechtskonservativen Seite noch aus der po-        Die Linke hat sie als kleinkariert und bour-
Foto: Keystone

                                          stärkt und als Mischung zum Erfolgsrezept          litischen Mitte noch von der Linken. Die          geois verschrieen, die Mitte meinte, diese
                                          der SVP.                                           Mitte war aufgrund ihrer globalisierten           Schweizer Errungenschaften würden zu viel
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                                                                                                                                                       Fortsetzung von Seite 11
                                          kosten. Für den Patriotismus blieb nur die          Absolut. Unsere Demokratie ist ohne Sou-                 für den Bilateralismus. Die Schweiz profi-
                                          SVP übrig.                                        verän mit einem Selbstverständnis als                      tiere von der Öffnung der neuen Märkte in
                                                                                            Schweizer Bürger nicht denkbar.                            Mittel- und Osteuropa und müsse daher
                                          Braucht eine Demokratie den Patriotismus?                                                                    auch einen Beitrag an die Entwicklung die-
                                             Eine Demokratie braucht den Glauben ans        Sieht das ein Euroturbo auch so?                           ser Region leisten. Sie warnen davor, dass ein
                                          Gemeinsame, sie braucht Loyalität und Ak-            Die Euroturbos haben das vergessen, weil                Nein der Schweiz den bilateralen Weg ge-
                                          zeptanz. Warum sollten wir uns sonst einem        sie nur das Primat der Wirtschaft und den                  fährden könnte. Zwar hat Brüssel noch nicht
                                          demokratischen Entscheid beugen? Deshalb          Markt als Regulierungsprinzip vor Augen ha-                verlauten lassen, wie die Union auf einen
                                          ist eine Demokratie ohne Patriotismus über-       ben.                                                       negativen Volksentscheid reagieren würde.
                                          haupt nicht denkbar. Diese Tatsache haben                                                                    Aber es ist davon auszugehen, dass weitere
                                          die Linke und die Mitte während vieler Jahre      Genügt Europa als Identifikation nicht?                     Verhandlungen tatsächlich schwierig wür-
                                          erstaunlicherweise übersehen oder verges-           Die europäische Identität beruht entwe-                  den. In der Schwebe ist derzeit noch die Ra-
                                          sen. Und nicht nur das: Die Schweiz wurde         der auf der Abwehr gegen neue Kriege, auf                  tifizierung des Beitritts der Schweiz zum
                                          sogar abgelehnt und als Auslaufmodell be-         dem Christentum oder auf der Aufklärung.                   Schengener Abkommen.
                                          zeichnet. Viele meinten, eine globalisierte       Als gemeinsamer Nenner für eine europäi-
                                          Welt brauche keine nationalen Identitäten         sche Identität würde sich nur die Aufklärung               Mindestens 200 Franken pro Kind
                                          mehr.                                             eignen.                                                    «Ein Kind, eine Zulage» - diesen Grundsatz
                                                                                                                                                       hat das Parlament im März dieses Jahres ver-
                                          Welche Rolle spielte die EU-Frage?                Patriotismus ist immer auch eine Frage des                 abschiedet. Stimmt Ende November auch
                                            Eine entscheidende Rolle. Sie hat die Eli-      Masses. Wie viel davon erträgt es?                         noch das Volk zu, erhält jedes Kind in der
                                          ten gespalten. Früher sind Politik und Wirt-         Es kommt darauf an, wie der Patriotismus                Schweiz mindestens 200 und jeder Jugendli-
                                          schaft immer Hand in Hand gegangen. Und           inhaltlich geladen ist. Der ethnische Patrio-              che in Ausbildung mindestens 250 Franken
                                          diese Spaltung war nicht gut für das Selbst-      tismus schliesst andere aus und ist so gefähr-             Zulage pro Monat. Diese Beträge gelten
                                          verständnis des Landes.                           lich wie der religiös geprägte Patriotismus,               unabhängig vom Beschäftigungsgrad der
                                                                                            der den Gedanken der Auserwähltheit in sich                Eltern. Allerdings gibt es eine Ausnahme:
                                          Ein grosser Schub Patriotismus kommt nun ja       birgt. Von diesen beiden gibt es überall zu                Selbstständig Erwerbende fallen nicht unter
                                          ausgerechnet von den Secondos. Sollten diese      viel. Vom offenen republikanischen Patrio-                 das landesweite Obligatorium.
                                          nicht eher multikulturell sein?                   tismus hingegen, der aufgrund eines Willens-                  Heute sind die Zulagen kantonal geregelt.
                                            Das ist das Resultat eines gelungenen In-       aktes von Bürgern eines Staates entstanden                 Für das erste Kind variieren sie von 154 Fran-
                                          tegrationsprozesses, der immer zu einer Art       ist, kann es nicht genug geben.                            ken im Kanton Jura bis zu 260 Franken im
                                          von Überidentifikation führt. Das Gegenteil                                                                   Wallis. In 17 Kantonen erhalten Eltern der-
                                          davon sind die Banlieus in Frankreich, wo         Wird sich der neue Patriotismus politisch auf              zeit weniger als 200 Franken für das erste
                                          Sub-Gesellschaften aus nicht integrierten         die nächsten eidgenössischen Wahlen auswir-                Kind. Allerdings sind das Mindestansätze.
                                          Einwanderern entstanden sind.                     ken?                                                       Etliche Kantone kennen bereits heute höhere
                                                                                              Ganz sicher. Es kommt nun darauf an, wie                 Zulagen ab dem zweiten oder dritten Kind
                                          Liegt der neue Patriotismus weltweit im           weit die Linke und die politische Mitte in der             sowie für Jugendliche in Ausbildung. Zudem
                                          Trend?                                            Lage ist, Projekte und Visionen für die                    steht es den Arbeitgebern frei, höhere Zula-
                                             Ja, der Nationalstaat als primäres Ord-        Schweiz anzubieten und sich dem eigenen                    gen auszurichten. So erhalten zum Beispiel
                                          nungsmodell der Weltgesellschaft lebt wie-        Land zuzuwenden. Themen könnten Bil-                       Bundesangestellte monatlich 330 Franken für
                                          der auf und nimmt nicht nur symbolisch an         dung, Familie, Verkehr, Konkordanz und De-                 das erste Kind.
                                          Bedeutung zu. Die Menschen identifizieren          mokratie sein. Wenn sich SP, FDP und CVP                      Die Harmonisierung führt zu jährlichen
                                          sich über ihren Nationalstaat. Das ist eine       der Schweiz und ihrer Institutionen an-                    Mehrkosten von rund 600 Millionen Fran-
                                          Reaktion auf die Globalisierung. Gleichzei-       nimmt, wird die SVP auf hohem Niveau                       ken. Drei Viertel davon hat die Wirtschaft
                                          tig nimmt weltweit auch die Diskussion über       stagnieren. Auch die Europapolitik muss auf                zu tragen, welche die Zulagen über Arbeit-
                                          die Demokratie zu.                                der Souveränität basieren. Die Europa-                     geberbeiträge finanziert. Deshalb haben der
                                                                                            politiker müssen mit dem Ziel antreten,                    Gewerbe- und der Arbeitgeberverband das
                                          Wie wichtig ist das Nationalgefühl für die per-   Europa zu verschweizern. Dann gelingt das                  Referendum ergriffen. Unterstützt werden
                                          sönliche Identität?                               Vorhaben.                                                  sie von der FDP und der SVP. Hingegen set-
                                            In politischer Hinsicht von entscheiden-                                                                   zen sich die Gewerkschaften, die CVP, die
                                          der Bedeutung. In einer Demokratie sind wir                                                                  SP und die Grünen für die Vorlage ein. Sie
SC HWEIZ ER R EVUE Oktober 2006 / Nr. 5

                                                                                            KURT IMHOF (49) ist Professor für Publizistikwissen-
                                          ohne patriotisches Nationalgefühl absolut         schaft und Soziologie an der Universität Zürich. Er lei-
                                                                                                                                                       empfinden die heutigen kantonalen Unter-
                                          regierungs- und regulierungsunfähig. Für die      tet den Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesell-       schiede als stossend und betrachten höhere
                                          subjektive Befindlichkeit ist die Bedeutung        schaft. Imhof, der vor seiner Hochschulkarriere als        Kinderzulagen als wichtiges Element der
                                                                                            Hochbauzeichner und Bauführer tätig war, ist Autor
                                          des Nationalgefühls unterschiedlich.              zahlreicher Bücher über Medien, Kommunikation und          Familienpolitik. Der Nationalrat hat sich mit
                                                                                            den sozialen Wandel.                                       106 zu 85 Stimmen für einheitliche Mindest-
                                          Dann beurteilen Sie die gegenwärtige Ent-                                                                    zulagen ausgesprochen, der Ständerat mit
                                          wicklung als positiv?                                                                                        23 zu 21. (RL)
16                          A S O - I N F O R M AT I O N E N

                                           84. Ausland-                           spiele für die fruchtbare               schen Partizipation von Aus-          dem Bundesgesetz über die
                                                                                  Zusammenarbeit zwischen                 landschweizerinnen und                Zusammenarbeit mit den Staa-
                                           schweizer-Kongress                     Wirtschaft und Kultur. Die              Auslandschweizern und sprach          ten Osteuropas zuzustimmen.
                                           in Basel                               Teilnehmer des Auslandschwei-           sich entsprechend für eine ra-        Der Rat stimmte dem Gesetz
                                                                                  zer-Kongresses hatten die Gele-         sche Einführung dieser Wahl-          mit grossem Mehr zu.
                                           Der 84. Auslandschweizer-              genheit, sich davon ein eigenes         und Abstimmungsvariante aus.             Eine engagierte Debatte
                                           Kongress vom 18. bis 20. Au-           Bild zu machen – dank organi-           Das E-Voting sollte nach An-          führte der ASR zum Thema
                                           gust in Basel war dem Thema            sierten Besuchen von Basler             sicht des ASR wenn immer              Solidarität und Asyl im Hin-
                                           «Partnerschaft zwischen Wirt-          Grosskonzernen wie Novartis,            möglich noch vor dem Jahr             blick auf die Volksabstimmung
                                           schaft und Kultur» gewidmet.           Roche und Syngenta sowie von            2010 Realität werden.                 vom 24. September über das
                                           Als Vertreter des Bundesrats           Basler Kulturtempeln, die zum              Etwas mehr als ein Jahr vor        neue Ausländergesetz und die
                                           begrüsste Christoph Blocher            internationalen Renommee                den eidgenössischen Parla-            Revision des Asylgesetzes.
                                           die 400 Kongressteilnehmer,            der Rheinstadt beitragen:               mentswahlen vom Oktober               Mehrere Ratsmitglieder äus-
                                           die Gelegenheit bekamen,               Fondation Beyeler, Tinguely-            2007 hat der ASR ein Wahlma-          serten ihr Unbehagen in Bezug
                                           Basels Chemiekonzerne und              Museum, Schaulager, Kunst-              nifest verabschiedet, das auf         auf dieses Dossier und stellten
                                           Museen zu besuchen.                    museum, Antikenmuseum und               fünf Pfeilern basiert: Politik,       die humanitäre Tradition der
                                                                                  Museum der Kulturen.                    Mobilität, Bildung, internatio-       Schweiz in den Vordergrund
                                           Bundesrat Christoph Blocher                                                    nale Präsenz der Schweiz sowie        sowie den möglichen Image-
                                           sprach über die Rolle der              Auslandschweizerrat                     Pflege der Beziehung zum Hei-          schaden, den die Schweiz in der
                                           Schweizer im Ausland und der           Die rund 100 anwesenden Mit-            matland. Im Bereich Politik           Welt aufgrund von Gesetzen
                                           Ausländer in der Schweiz. Blo-         glieder des Auslandschweizer-           wünscht sich der ASR eine             erleiden könnte, die von eini-
                                           cher erinnerte an die Aussage          rats (ASR) debattierten am              stärkere Beteiligung der Aus-         gen gar als unmenschlich kriti-
                                           des Schriftstellers und                                                                                              siert werden. Nach lebhafter
                                           Schweizkritikers Max                                                                                                 Diskussion stimmte der Rat
                                           Frisch, ihn verbinde                                                                                                 den beiden Gesetzen mit 38 zu
                                           mit der Heimat nur                                                                                                   26 Stimmen zu.
                                           noch der Pass. Mit den                                                                                               Der 85. Auslandschweizer-Kon-
                                           Auslandschweizern sei                                                                                                gress findet vom 17. bis 19. August
                                           das bestimmt anders,                                                                                                 2007 in Genf statt. Das Thema ist
                                           meinte Blocher und in-                                                                                               die humanitäre Rolle der
                                           formiert dann über das                                                                                               Schweiz.
                                           neue Asylgesetz, über
                                           das am 24. September
                                           abgestimmt wurde.                                                                                                    Schweizerschulen
                                           Im Anschluss an seine                                                                                                im Ausland
                                           Rede beantwortete                                                                                                    zu Gast in Zürich:
                                           Bundesrat Blocher
                                           Fragen aus dem Publi-                                                                                                Keyplayer der
                                           kum und sprach sich        Bundesrat Blocher im politischen Gespräch mit jungen Auslandschweizern.                   Schweizer Qualität
                                           klar gegen weitere
                                           Schliessungen von Konsulaten           Vortag im Basler Rathaus über             landschweizer an der politi-        Zürich beherbergte vom
                                           aus. Dann unterhielt sich              aktuelle Themen rund um die               schen Debatte und ermutigt          4. bis 6. Juli die Präsidenten
                                           Blocher ausführlich mit jungen         Fünfte Schweiz, darunter die              jene dazu, für einen Sitz im eid-   und Leiter der 16 Schweizer-
                                           Auslandschweizern über poli-           Einführung des elektronischen             genössischen Parlament zu           schulen im Ausland. Diese
                                           tische Fragen.                         Abstimmens und Wählens                    kandidieren.                        treffen sich einmal jährlich
                                              Im Rahmen der Plenarsit-            (E-Voting). Bundeskanzlerin                 Im Bestreben, die mit der         in der Schweiz zu einem
                                           zung vom Samstag sprachen              Annemarie Huber-Hotz prä-                 Unterzeichnung der bilateralen      mehrtägigen Informations-
                                           Michael Plüss, Leiter Novartis         sentierte in diesem Zusammen-             Verträge zwischen der Schweiz       und Erfahrungsaustausch.
                                           Schweiz, Guido Magnaguagno,            hang den Stand der Entwick-               und der EU erworbenen
                                           Direktor des Basler Tinguely-          lung auf Bundesebene. Sie                 Rechte wie etwa die Personen-       Hauptthemen der diesjährigen
S C HWE IZER REVU E Oktober 2006 / Nr. 5

                                           Museums, sowie Charles-Henri           bestätigt, dass die Pilotversu-           freizügigkeit zu bewahren,          Konferenz waren Finanzma-
                                           Favrod, Schriftsteller, Journa-        che erfolgreich verlaufen sind            bekräftigte der ASR seine           nagement, mehrsprachiger Un-
                                           list und Gründer des Lausan-           und dass E-Voting eingeführt              Unterstützung des 1-Milliar-        terricht in einem multikultu-
                                           ner Musée de l’Elysée, zum             werden könnte. Der Ausland-               den-Kohäsionsbeitrags der           rellen Umfeld, pädagogisches
                                           Kongressthema.                         schweizerrat erachtet das                 Schweiz an die zehn neuen EU-       Benchmarking, gemeinsamer
                                              Basel und seine Region bilden       E-Voting als wertvolles Instru-           Mitgliedländer und empfahl,         Auftritt des Bildungs- und For-
Foto: ASO

                                           eines der besten Schweizer Bei-        ment zur Förderung der politi-            am kommenden 26. November           schungsplatzes Schweiz im
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