Der wässrige Baukasten - Farbe und Lack

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Der wässrige Baukasten - Farbe und Lack
14 WÄSSRIGE LACKE // HÄRTER

                                                                                                Quelle: M- Schuppich – stock.adobe.com
          Der wässrige Baukasten

                                 EPOXIDHÄRTER // WÄSSRIGE EPOXIDSYSTEME WERDEN TECHNISCH
                             ANSPRUCHSVOLLEN ANWENDUNGEN GERECHT, UND DAS SENSIBILISIERUNGS-
                               POTENZIAL FÜR DEN ANWENDER IST NIEDRIG. DER HÄRTER ENTSCHEIDET
                                         ÜBER DIE EIGENSCHAFTEN EINER BESCHICHTUNG.

FA RBE UND L A C K / / 0 6 .2 0 2 1
Der wässrige Baukasten - Farbe und Lack
WÄSSRIGE LACKE // HÄRTER 15

Elisabeth Moshake und Dr. René Manski, Hobum Oleochemicals

Der unsachgemäße Einsatz und die Unwissenheit über das Gefah-                                                        Ergebnisse auf einen Blick
renpotenzial lösemittelhaltiger Epoxidsysteme haben die Gesundheit
der Anwender früher geschädigt. Hierbei sind sowohl die Epoxidharze
als auch die Amin- oder Amidhärter als sensibilisierend zu bewerten                                                  –            Durch Modifikation aminischer und amidischer Epoxidhärter
[1]. Insbesondere lösemittelhaltige Harz-Härter-Systeme sind proble-                                                              lassen sich die Eigenschaften der Epoxidbeschichtung einstellen.
matisch. Die Berufsgenossenschaft Bauwirtschaft (BG Bau) hat dazu
bereits im Jahr 2001 eine Untersuchung veröffentlicht [2]. Dieser er-                                                –            Intrinsisch emulgierende Härter besitzen gute Pigment-
schreckende Bericht hat dazu geführt, dass bessere Aufklärung sowie                                                               benetzungseigenschaften und können mit großer Verarbeitungs-
verschärfte Auflagen zur Kennzeichnung eingeführt wurden.                                                                         toleranz gehandhabt werden.
Es hat sich herausgestellt, dass wässrige Systeme die Gefahr der
Sensibilisierung deutlich senken. Dies hat Auswirkungen auf die No-                                                  –            Das Vorgehen bei der Formulierung der intrinsisch
vellierung der Giscodes (Gefahrstoff-Informationssystem-Codes), bei                                                               emulgierenden Härter entscheidet über Glanzgrad und Endhärte
denen die wässrigen Systeme in den niedrigsten Kennzeichnungs-                                                                    der Beschichtung.
kategorien eingestuft sind. Dieses freiwillige Klassifizierungssystem
ermöglicht, Gefährdungen schnell zuzuordnen [3]. So lassen sich                                                      –            In Dickschichtanwendungen sind diffusionsoffene
Produktgruppen mit bestimmten gemeinsamen Gefahrenmerkmalen                                                                       Beschichtungen zu bevorzugen, um ein Schüsseln und
einordnen.                                                                                                                        Rissbildung zu vermeiden.
Beschichtungen mit Lösungsmitteln – Volatile Organic Compounds
(VOC) – tragen außerdem zur Luftverschmutzung bei, vor allem in
Städten. In chinesischen Ballungszentren zeigte sich die Luftver-
schmutzung besonders deutlich, etwa bei den Olympischen Spielen
2008. Seitdem arbeiten die chinesischen Behörden daran, die Situa-
tion zu verbessern. Im Mai 2018 haben sie in mehreren chinesischen                                         Übersicht wässrige Epoxidsysteme
Städten die Industrie angewiesen, Beschichtungen auf Lösungsmittel-
basis durch Alternativen auf Wasserbasis zu ersetzen. Von der Regie-                                       Wenn von Epoxidharz gesprochen wird, sind oft Diglycidylether des
rung unterstützte Bauprojekte dürfen mittlerweile keine lösungsmittel-                                     Bisphenol A (BADGE) gemeint. Dieses Epoxidflüssigharz wird min-
basierten Beschichtungen oder Klebstoffe mehr verwenden.                                                   destens seit den 1930er Jahren hergestellt [4]. Es ist das günstigste
Die steigenden Anforderungen an die Arbeitssicherheit und den Um-                                          und mengenmäßig das häufigste. In Wasser ist es unlöslich, löst sich
weltschutz sowie die gesetzlichen Bestimmungen treiben weltweit                                            aber bei Raumtemperatur gut in Aminen, reagiert in kurzer Zeit damit
den Einsatz wässriger Beschichtungsstoffe an.                                                              und bildet ein stabiles, mehr oder weniger polares Polymer. Je nach

                                                                   Flüssigharz        Festharzdispersion                          80000
                                                                                                                                                                                     Härtertyp B

                                                 100 %                                                                            70000                                             „Merginamid A 210/5“
          Aminischer oder amidischer Härter

                                                                                                                                                                                    „Merginamid A 216“
                                                                                                                                  60000

                                                 + Alkohol
                                                                                                             Viskosität in mPas

                                                                                                                                  50000

                                                                                                                                  40000
                                                 Typ A
                                                                                                                                  30000

                                                                                                                                  20000
                                                 Typ B
                                                                                                                                  10000
                                              Wässriges System              Wasserverdünnbares System
                                                                                                                                       0
                                                                                                                                      0,00    10,00   20,00     30,00   40,00     50,00    60,00    70,00
                                              Lösemittelhaltiges System, geringe Mischbarkeit mit Wasser
                                                                                                                                                              Wasserzugabe in %

       Abb. 1 // Herstellungsmöglichkeiten wässriger Epoxidsysteme                                                    Abb. 2 // Wasserverdünnung von Härtertyp A und Härtertyp B mit
       durch Kombination von Epoxidharzen und -härtern.                                                               Flüssigharzdispersion (BADGE, EEW = 190 g/Eq).

                                                                                                                                                                                FAR B E U ND L A CK // 06. 2021
Der wässrige Baukasten - Farbe und Lack
16 WÄSSRIGE LACKE // HÄRTER

                                                                                                     1800

                                                                                                     1600
                                                                                                                                         Härtertyp B
                                                                                                     1400                               „Merginamid A 210/5“
                                                                                                                                        „Merginamid A 216“
                                                                                                     1200

                                                                                Viskosität in mPas
                                                                                                     1000

                                                                                                      800

                                                                                                      600

                                                                                                      400

                                                                                                      200

Abb. 3 // Dickschicht; links Härtertyp A, rechts Härtertyp B.                                           0
                                                                                                        0   1   2      3       4        5         6       7

                                                                                                                    Wasserzugabe in %

                                                                                          Abb. 4 // Wasserverdünnung von Härtertyp A und Härtertyp B
                                                                                          mit Festharzdispersion (EEW = 980 g/Eq).

der Funktionalität der gewählten Amine entstehen elastische bis sprö-       Härtern (Typ B) bleibt das charakteristische, milchartige Aussehen der
de Duromere.                                                                Festharzdispersion erhalten (Abb. 1). Einige wässrige Härter sehen
Wegen der Polarität des Amins ist es möglich, diese Epoxidharz-             seitdem wie eine Festharzdispersion aus.
Amin-Mischung mit einer geringen Wassermenge zu mischen. Zugabe
von Alkoholen erhöht diese Toleranz, und es entsteht ein wasserver-         Aufbau der Härterkomponente
dünnbares System (Abb. 1).
Für ein lösemittelfreies, wässriges Epoxidsystem werden jedoch Här-         Die Epoxidhärter auf Aminbasis können sowohl aminische als auch
ter benötigt, die selbst Emulgatoren sind. Um das hydrophobe Ep-            amidische Strukturen aufweisen. Wässrige aminische Härter ent-
oxidharz in die wässrige Phase zu überführen, werden Härter einge-          stehen aus der Umsetzung von Polyaminen mit Bisphenol-A- oder
setzt, die in ihrem molekularen Aufbau genügend polare, funktionelle        Bisphenol-F-Harzen und Ethergruppen, die Harze enthalten (Adduk-
Gruppen enthalten, wie Hydroxy-, Amin- oder Ether-Gruppen. So               te). Daher überwiegen in diesen Härtern die Aromaten. In aminischen
emulgieren die Härter von sich aus und sind in der Lage, Flüssigharze       Systemen lässt sich die Flexibilität des Polymers beispielsweise durch
ohne weitere Additive in eine glatte Wasserphase zu überführen. Die         Verwendung von Festharzen mit höherem Epoxid-Äquivalentgewicht
entstehenden Emulsionen erlauben eine weitere Wasserverdünnung              (EEW) erreichen. Der hohe Gehalt an aromatischen Bestandteilen er-
bis zu einem Festkörpergehalt von ca. 20 %, ohne dass die Phase zu-         höht außerdem die Chemikalienbeständigkeit, vermindert aber die UV-
sammenbricht. Diese „echten Wasserhärter“ (Typ A) sind seit Mitte der       Stabilität.
1970er Jahre kommerziell verfügbar und werden im Korrosionsschutz           Amidische Härter basieren auf einem Polymergerüst, das sich aus
und im Bauwesen eingesetzt [5].                                             der Umsetzung von Polyaminen mit Fettsäuren ergibt. Die Fettsäu-
Eine weitere Möglichkeit, wässrige Epoxidsysteme herzustellen, bieten       ren werden durch die Hydrolyse von Triglyceriden verschiedener
Festharzdispersionen. Sie enthalten feinstverteilte, mikroskopisch kleine   Pflanzenöle gewonnen und werden als Mono-, Di-, Tri- oder Oligo-
Festharzkugeln, die mit externen Emulgatoren in Wasser verteilt und         mer-Fettsäuren eingesetzt. Die resultierenden Härter weisen folglich
über eine längere Zeit in der Schwebe gehalten werden. Sie sehen aus        einen Anteil biobasierter Rohstoffe auf. Amidische Härter haben
wie Milch. Diese wässrigen Dispersionen erlauben den lösemittelarmen        meist eine dunklere Farbe als die aminischen Härter. In den Fett-
Einsatz von Festharzen mit hohem Epoxid-Äquivalentgewicht (EEW ~            säure-basierten Härtern überwiegen die aliphatischen Bausteine. Die
500–1000 g/Eq), die vormals nur in Lösungsmitteln wie Xylol auf dem         aliphatischen Kohlenstoffketten der Fettsäuregruppen des Härters
Markt waren. Das Sensibilisierungspotenzial dieser Harzdispersionen         geben dem ausgehärteten Polymer eine gewisse Weitmaschigkeit.
hat die niedrigste Einstufung beim Giscode für Epoxidsysteme [3].           Die Flexibilität der Amide bildet die Grundlage für die guten Korro-
Wässrige Festharzdispersionen lassen sich außerdem einsetzen, um            sionsschutzeigenschaften und die höhere UV-Beständigkeit dieser
Addukte mit Aminen oder Amiden zu bilden. Bei diesen modifizierten          Systeme.

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Der wässrige Baukasten - Farbe und Lack
WÄSSRIGE LACKE // HÄRTER 17

                         Vorgehen 1                                         Vorgehen 2                                     Vorgehen 3

            Epoxidharz                 Härter                  Epoxidharz                Härter               Epoxidharz                    Härter

             Pigment                                                                     Pigment                                          Pigment

                                                                                                                                           Wasser
                            Wasser                                             Wasser

         Rezeptur                                 Gew.-Teile                                                                  Wasser
         Araldit PY 340-2                            80
         Titandioxid                                120
         „Merginamid A 155/2“                        80
         Wasser                                     200

       Abb. 5 // Drei Verfahrenswege für die Formulierung wässriger Epoxidsysteme.

Auch die Härtertypen A und B sind sowohl auf aminischer als auch auf            Die Härter vom Typ B haben eine niedrige Scherstabilität, ihre Emul-
amidischer Basis verfügbar. Je nach Anforderung der Anwendung gilt              sionen sind meist nur bis etwa 50 °C stabil. Dies bedeutet, dass eine
es, aminische oder amidische Härter auszuwählen.                                Pigmentanreibung behutsamer vorgenommen werden muss, um die
                                                                                Phase nicht zu zerstören. Dies stellt höhere Anforderungen an den
Eigenschaften der Epoxidsysteme mit den Härtertypen A und B                     Formulierer und schränkt die Auswahl der Pigmente und Füllstoffe ein.
                                                                                Des Weiteren ist in den aufgetragenen Beschichtungen häufig ein Pig-
Für Anwender auf der Baustelle sind die Epoxidsysteme auf Flüssig-              mentausschwimmen zu beobachten.
harzbasis mit dem Härtertyp B einfach zu verarbeiten. Mischt man das            Im Gegensatz zu Härtern vom Typ B sind die Härter vom Typ A auch
System und verrührt es zu einer glatten Phase, so stellt sich mit Härter        bei höheren Temperaturen scherstabil. Dadurch ist es möglich, die
B schnell die Verarbeitungsviskosität ein. Die Viskositätserniedrigung,         Pigmente intensiver anzureiben und eine bessere Pigmentbenetzung
die mit der Wasserzugabe einhergeht, ist in Abb. 2 gezeigt. Diese gute          zu erreichen (Abb. 3, links). Außerdem kann der Anwender vollständig
Verarbeitbarkeit und das niedrige Sensibilisierungspotenzial sind die           dispergieren, ohne Gefahr zu laufen, die Emulsion zu brechen.
Pluspunkte dieser Härter vom Typ B.                                             In Abb. 4 ist die Mischviskosität der beiden Härtertypen bei Vermi-
Intrinsisch emulgierende wässrige Härter vom Typ A – wie die Pro-               schung mit Festharzdispersion als Harzkomponente verdeutlicht. Hier
dukte der „Merginamid“-Reihe A 155/2, A 210/5 und A 216 – haben                 stellt sich bei beiden Typen von Anfang an eine niedrige Mischvisko-
ebenfalls nur ein niedriges Sensibilisierungspotenzial. Das Epoxidsys-          sität ein. Der Unterschied zwischen den Härtern Typ A und Typ B hin-
tem mit Flüssigharz und Härtertyp A lässt sich bis zu einem Festkör-            sichtlich der Ausgangsviskosität ist nicht mehr signifikant. In der Regel
pergehalt von 20 % verdünnen, um die optimale Verarbeitungsviskosi-             wird der Verarbeiter daher seine Pigmentanreibung in den robusten
tät einzustellen (Abb. 2). Die Wasserzugabe erfolgt in Portionen, damit         Härtern vom Typ A durchführen und auf der Baustelle die Festharz-
sich nach jeder Wasserzugabe zunächst eine stabile Emulsion bilden              dispersion sowie Wasser zugeben. Aufgrund der niedrigen Mischvis-
kann.                                                                           kosität kann hier nur eine Wasserzugabe bis maximal 10 % erfolgen.
Bei der Herstellung wässriger Epoxidharzsysteme lassen sich unter-              Dieses System ist hinsichtlich der Topfzeit – in diesem Fall mehr als
schiedliche Wege beschreiten. So können in fast allen Formulierungen            sechs Stunden – und der Robustheit optimal.
sowohl die Harz- als auch die Härterkomponente pigmentiert oder
gefüllt werden. Die besseren Pigmentbenetzungseigenschaften der                 Formulierung
Härter sind durch die höhere Polarität der Amine gegeben und verhin-
dern das Koagulieren der dispergierten Pigmente. Insbesondere die               Der Wassergehalt der wässrigen Härter beträgt bei Auslieferung ge-
Härtertypen A besitzen eine hohe Polarität und benetzen die Pigmente            wöhnlich um 50 %. Es ist für den Formulierer möglich, schon vor dem
besser als Typ B.                                                               Vermischen mit dem Harz den Härter mit Wasser zu verdünnen, ins-

                                                                                                                                FAR B E U ND L A CK // 06. 2021
Der wässrige Baukasten - Farbe und Lack
18 WÄSSRIGE LACKE // HÄRTER

                                      Abb. 6 // (oben) Beschichtun-
                                      gen mit nicht diffusionsoffenem
                                      Härter neigen zu Rissbildung.
                                      Abb. 7 // (unten) 3 mm dicke,
                                      diffusionsoffene Beschichtung
                                      von „Merginamid A 210/5“ auf
                                      Estrich-Beton.

besondere bei hohen Ausgangsviskositäten. Abhängig vom Vorgehen         Dickschichtanwendungen
sind drei Verfahrenswege für die Formulierung wässriger Epoxidsyste-
me möglich, wie in Abb. 5 veranschaulicht.                              Im Bereich der Bodenbeschichtung sind oft anders als beim obigen
Der Anwender kann hier durch die Wahl der Mischungsreihenfolge          Beispiel deutlich dickere Schichten erwünscht, und zwar Schichtdicken
die Eigenschaften der Beschichtung wählen. Unter Einsatz des in-        im Millimeterbereich. Ein typisches Phänomen bei der Trocknung dicker
trinsisch emulgierenden Härters wird gezeigt, dass Glanz und Pen-       Schichten ist der Schwund durch spätes Entweichen des Dis-pergier-
delhärte der Beschichtung vom gewählten Vorgehen abhängen (Tab.         mittels. Die Oberfläche schließt bereits, bevor das gesamte Wasser ent-
1 und 2). Die Beschichtung nach dem Vorgehen 1 weist den höchs-         weichen kann. Der Schwund erzeugt das sogenannte Schüsseln der
ten Glanz auf. Der Formulierungsweg nach Vorgehen 2 ermöglicht          Beschichtung. Es führt beim Auftragen auf großflächige Untergründe im
die Herstellung seidenglänzender Beschichtungen. Die nach Vorge-        Verlauf der Aushärtung zum Aufbau von Spannungen. Folge davon sind
hen 3 formulierten Beschichtungen ergeben matte Filme bei einer         Rissbildungen und andere ungewollte Störungen in der Beschichtung
leichten Abnahme der Beschichtungshärte. Dieser Härter ist in Kom-      (Abb. 6).
bination mit Flüssigharz, Festharzdispersion oder Kombination aus       In einer selbstverlaufenden, nicht schüsselnden Dickschichtanwendung
beiden besonders geeignet für den Einsatz im Korrosionsschutz und       von mehreren Millimetern Stärke muss der überwiegende Teil des Was-
auf mineralischen Untergründen.                                         sers früh aus der Schicht entweichen. Praktisch simultan erfolgt die Ver-
                                                                        netzungsreaktion von Harz und Härter. Damit das verbliebene Wasser
                                                                        nicht eingeschlossen wird, braucht es Poren, durch die das Wasser aus-
                                                                        treten kann. Dies wird erreicht, indem die Polaritäten des Härters und des
                                                                        Harzes aufeinander abgestimmt werden. Die Beschichtung wird dadurch
                                                                        diffusionsoffen und lässt Wasserdampf auch aus dem Untergrund durch.

Mehr z um Thema!                                                        Abb. 7 zeigt eine ca. 3 mm dicke, diffusionsoffene Beschichtung des
                                                                        modifizierten Polyamin-Addukts A 210/5 auf Estrich-Beton. Die hier vor-
                                                                        gestellte Richtrezeptur für eine selbstverlaufende Dickschicht-Bodenbe-
                                                                        schichtung kommt ohne jegliches Lösungsmittel, ohne Benzylalkohol
      FARBEUNDLACK
      FARBE
      FARBEUND
            UNDLACK
            UND LACK // 360°                                            und ohne Phenole aus (Tab. 3). Die Trocknung und Durchhärtung erfolgt
                                                                        so schnell, dass die Beschichtung bereits spätestens nach 24 Stunden
                                                                        begangen und gegebenenfalls überlackiert werden kann. Über Mischun-
           Härter                                                       gen aus Festharzdispersion und Flüssigharz ist die Vernetzungsdichte der
                                                                        Filme und damit die Chemikalienbeständigkeit variierbar.

                                                                        Zusammenfassung
 153 Ergebnisse für Härter!
                                                                        Aktuell gibt es verschiedene wasserbasierende Epoxidsysteme. Viele
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                                                                        Anwendungen, die vormals lösemittelbasierten Systemen vorbehal-

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Der wässrige Baukasten - Farbe und Lack
WÄSSRIGE LACKE // HÄRTER 19

Tab. 1 // Glanzgrad der Formulierungen aus Flüssigharz, Härtertyp A und Titandioxid nach drei Vorge-                          Tab. 3 // Beispielrezeptur für diffusionsoffene,
hensweisen.                                                                                                                   selbstverlaufende Dickschichtanwendungen mit
        Weißlacke, 100 µm                               Glanzgrad in % bezogen auf Glanz-Standard                             Härtertyp A, hier 1–4 mm Dicke.
      nassaufgezogen nach [h]                 Vorgehen 1               Vorgehen 2               Vorgehen 3                     Anreibung im Härter                            Menge
                      0                          95,9                     78,4                     30,1                        „Merginamid A 210/5“                            13,1
                      1                          96,0                     79,0                     28,7                        Wasser                                          11,4
                      2                          95,6                     77,9                     28,3                        Entschäumer Byk 045                              0,4
                      3                          90,01)                   77,7                     26,51)                      TiO2 , Cronos 2160                               3,5
                     3,5                                                  76,41)                                               Pigment, Bayferrox                               0,3
1)
     Ende der Topfzeit
                                                                                                                               (Schwarz)
                                                                                                                               Bariumsulfat, EWO                                19
                                                                                                                               Quarzmehl W12 / W6                              23,8
Tab. 2 // Pendelhärte nach König der Formulierungen aus Flüssigharz, Härtertyp A und Titandioxid nach                         Diesen Ansatz bis zu einer Korngröße von ~ 50 µm
den drei Vorgehensweisen.                                                                                                     dispergieren. Dann das Harz zugeben und gut
                                                            Pendelhärte nach König in s (DIN 53157)                           einrühren, unmittelbar vor der Ausbringung den
                                                                                                                              Sand einrühren.
                                              Vorgehen 1                  Vorgehen 2                Vorgehen 3
     Nach 1 Tag                                   62                          59                        49                     Härte
     Nach 4 Tagen                                 141                         131                      120                     Epilox T19-38 / 700                             11,3
     Nach 7 Tagen                                 169                         159                      142                     Quarzsand (0,1–0,3 mm)                          28,5
     Nach 11 Tagen                                185                         179                      155

ten waren, lassen sich inzwischen mit den                            kaum Fehler machen. Je nachdem in welcher                Literatur
wässrigen Systemen verwirklichen. Durch                              Reihenfolge Harz, Härter, Pigment und Wasser             [1] Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe,
die Modifikation aminischer und amidischer                           mit den intrinsisch emulgierenden Härtern ein-           Ranking von Stoffen in Epoxidharzsystemen aufgrund ihrer
Epoxidhärter sind die Eigenschaften der Ep-                          gesetzt werden, erreichen die Beschichtungen             sensibilisierenden Wirkstärken, Freiburg, 2012
oxidbeschichtung einstellbar, darunter die                           unterschiedlichen Glanz und Härte.                       [2] Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Umgang mit
Chemikalienresistenz.                                                Diffusionsoffene Dickschicht-Anwendungen                 Epoxidharzen, Frankfurt, www.bgbau.de/fileadmin/Themen/
Intrinsisch emulgierende Härter vom Typ A wei-                       sind mit mehreren im Markt befindlichen                  Arbeitsschutz/EpoxidharzWorkshop.pdf. 2001
sen zwar nach Mischung mit einem Flüssigharz                         wässrigen Epoxidsystemen möglich. Her-                   [3] Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Giscode für
eine höhere Ausgangsviskosität als die mit                           steller und Anwender arbeiten permanent                  Epoxidharz-Produkte, Frankfurt, www.wingisonline.de/
Festharzdispersion umgesetzten Addukthärter                          an der Erweiterung der Anwendungsfelder.                 GISCodes.aspx?codeid=23, 2021
vom Typ B auf. Härtertyp A lassen sich jedoch                        Insbesondere im Baubereich können die                    [4] Patent Schlack, 1934 DE000000676117A
mit großer Formulierungstoleranz verarbeiten                         wässrigen Systeme förderlich sein, da sie in             [5] Richardson, F.: Water dispersible epoxide resin curing agents,
und erreichen eine bessere Pigmentbenet-                             arbeitsmedizinischer Hinsicht deutlich besser            Pigment & Resin Technology, 1973, Vol. 2 No. 5: 41–44
zung. So braucht der Formulierer beim Härter-                        sind als lösemittelhaltige Systeme. Durch die
typ A etwas länger, um durch Wasserzugabe                            sehr niedrigen VOC-Gehalte wird die Umwelt               Kontakt // emoshake@hobum.de
die Verarbeitungsviskosität einzustellen, kann                       geschont, und der Verbraucher profitiert von
jedoch bei der Anreibung und Verarbeitung                            verbesserter Innenraumluftqualität in Neu-
aufgrund der Scherstabilität des Härters Typ A                       oder sanierten Altbauten.

         ELISABETH                                                    DR. RENÉ MANSKI
         MOSHAKE                                                      Jahrgang 1974, promovierte
         Jahrgang 1992, studierte                                     in organischer Chemie an
         Wirtschaftschemie an                                         der Universität Bremen.
         der Christian-Albrechts-                                     Anschließend beschäftigte
         Universität zu Kiel und                                      er sich mit der Formulierung
         der Université de Nantes,                                    von wässrigen Lacksystemen.
         Frankreich. In ihrer Mas-                                    Danach wechselte er in den Vertrieb von erklärungsbe-
         terarbeit entwickelte sie in Kooperation mit dem R&D         dürftigen Rohstoffen vor allem für CASE-Anwendungen.
         Controlling von Beiersdorf ein Kennzahlensystem für die      Bei Chemiedistributoren, wie BCD Chemie oder Azelis
         globale R&D. Anschließend stieg sie dort im Technology       Deutschland bekleidete er diverse Managementpositi-
         Scouting ein. Seit 2019 arbeitet sie als Technical Marke-    onen. Seit 2020 ist er Head of Sales & Marketing bei
         ting Manager bei Hobum Oleochemicals.                        Hobum Oleochemicals.

                                                                                                                                                            FAR B E U ND L A CK // 06. 2021
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