DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE

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DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
DAS OFFIZIELLE MAGAZIN DES HAMBURGER HAFENS   DEZEMBER | 2022

DIE DIGITALE
TRANSFORMATION

PORT OF HAMBURG MAGAZINE
DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                        DIGITALISIERUNG IST IN VIELEN
                        BEREICHEN ALLTAG. DAZU GEHÖRT
                        AUCH DER HAMBURGER HAFEN.
                                                        © iStockphoto
DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

                                                                                                  © HHM / Achim Multhaupt
Liebe Leserinnen
und Leser,
herzlich willkommen in der digitalen
Welt. Diesen Text hat eine Software er-
fasst, indem ich ein paar Schlüsselwör-
ter eingegeben habe. Das glauben Sie
nicht – zu Recht. Dabei wäre es mög-
lich. Wir müssten uns nur ein entspre-
chendes Programm anschaffen.
Damit wäre ich auch schon beim The-
ma: Digitalisierung ist in vielen Be-
reichen Alltag. Dazu gehört auch der
Hamburger Hafen. Ein schönes Bei-
spiel dafür ist die Hamburg Port Autho-
rity (HPA). Sie hat für eine bessere und
effizientere Wartung die Köhlbrandbrü-
cke mit Sensoren bestückt. Diese sen-
den alle Daten an die Zentrale, wo der
Zustand überwacht wird. Sollte es zu
Unregelmäßigkeiten kommen, rücken
die Fachleute aus und schauen sich die
betreffende Stelle vor Ort genauer an.
Dieses Beispiel ist nur eines von vielen
Projekten. Jens Meier, Vorsitzender der
Geschäftsführung bei der HPA, erläu-
tert noch andere in einem lesenswerten Interview. Vielleicht so viel vorweg:
In ein paar Jahren können wir mit weniger Staus rechnen – zumindest im
Hafengebiet.
Mit dazu beitragen wollen viele Start-ups, die in Hamburg ein neues Zuhau-
se gefunden haben. Der Digital Hub Logistics, unterstützt von der Behörde
für Wirtschaft (BWI) und der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), hat
sich vergrößert und bietet jetzt auf 3.200 Quadratmetern Platz für 84 junge
Firmen in ihrer Startphase. Unterstützt werden sie von bis zu 24 etablierten
Unternehmen.
Mit dabei ist auch die HHLA, die mit HHLA Next eine Tochterfirma gegrün-
det hat, die der digitale Abtrieb des Unternehmens sein soll. Dazu gehört
auch die Investition in vielversprechende Start-ups. Wie das genau läuft,
lesen Sie in einem aufschlussreichen Feature.
Nicht nur die Hafenwirtschaft ist dabei, die eigenen Prozesse zu digitalisie-
ren. Auch die Reedereien arbeiten mit Hochdruck daran, einen besseren
Überblick über die Ladung zu bekommen. Ein wunderschönes Beispiel ist
Hapag-Lloyd.
Ein intensiver Blick ins Magazin lohnt daher für alle Leserinnen und Leser.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen. Bleiben Sie neugierig.

AXEL MATTERN
Vorstand Hafen Hamburg Marketing e.V.
DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
Inhaltsverzeichnis
     03   EDITORIAL
     DIE DIGITALE TRANSFORMATION

     06   AUF DASS DIE VITALWERTE STIMMEN
          Digitale Zwillinge sind besonders in der Logistik schon im Einsatz

     12   „WIR SIND FÜR IDEEN OFFEN“
06        Jens Meier, Vorsitzender der HPA-Geschäftsführung, spricht über Digitalisierung im
          Hamburger Hafen

     16   HHLA NEXT INVESTIERT IN DIGITALE INNOVATIONEN
          Die Tochter der HHLA AG unterstützt Start-ups, die in der Logistik
          durchstarten wollen

     20   AUSDRUCKEN HAT AUSGEDIENT
          Das Schüttgutterminal Hansaport baut die Automatisierung weiter aus
12
     22   ES GEHT IMMER NOCH BESSER
          Hapag-Lloyd möchte mithilfe digitaler Prozesse schneller ent- und beladen

     28   SCHIFFSBEZOGENE HAFENUMFUHREN SIND DER RICHTIGE WEG
          Digitale Lösung hilft bei Umfuhren per Feederschiff im Hafen

     30   JEDERZEIT VERLÄSSLICHE DATEN
          Rohkaffee-Spezialist NKG Kala nutzt digitalen Yard-Manager
16
     32   EIN ÖKOSYSTEM FÜR DIGITALE INNOVATIONEN
          Im Digital Hub Logistics helfen Unternehmen innovativen Start-ups

     HAFEN HAMBURG MARKETING E.V.

     36   PETER PICKHUBENS PINNWAND
          Tipps und Storys von Hamburgs frechster Hafenmöwe

22   38   HHM INTERN
          Inga Gurries leitet Marktentwicklung Asien, Sameeha Pradeep Sule übernimmt in Mumbai

32
DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
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                            SEAPORT HUB

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   Professionals at the waterfront
rofessionals at the waterfront
   Handling and Warehousing
 ndling and Warehousing
   ► General cargo ► Iron products
  ► Heavy
General     lifts► Iron
        cargo           Steel products
                      ► products

Heavy lifts      ► Steel products

   Quay Operation and Warehousing
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    Operation       and& Co.
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                             KG)
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       & Co. (GmbH    Co. KG)Hamburg
    Phone:31-39,
 hornweg  +49(0)40-7  52 Hamburg
                 D-21107 07-0

ne: +49(0)40-7 52 07-0

                                                       FLEXIBEL & UNIVERSAL

                                                       17
                                                                                                              IN
                                                                                                   NDORTE
                                                                            N D L O G IS T IK S TA
                                                               H A F E N- U                        N D IN AV IE
                                                                                                                N
                                                                             H L A N D UND SKA
                                                                      UTSC
                                                             NORDDE

     www.schrammgroup.de
                                   company of
                                                                                      in   Brunsbüttel Ports GmbH
DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

          Ein Modell der Köhl-
          brandbrücke reprä-
          sentiert den digitalen
          Zwilling.

                                                © HPA AöR & MKP GmbH

06 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

                     Auf dass die
                 Vitalwerte stimmen
Digitale Zwillinge helfen, Unterhaltungs- und Wartungsarbeiten von Infrastrukturbauwerken zu
erkennen. Schwachstellen werden entdeckt, bevor große Schäden entstehen. Beispiele aus dem
Hamburger Hafen, dem deutschen Schienennetz und der Transport- und Logistikbranche.

Die Köhlbrandbrücke ist Wahrzeichen Hamburgs          Zwilling bekommen. „Wir haben ihn pilotiert, um
und Rückgrat von Wirtschaft und Verkehr im Hafen      Probleme aus dem operativen Geschäft aufzuneh-
der Elbmetropole. Das Bauwerk mit 3,6 Kilometer       men“, sagt Christof Ullerich, Bauingenieur und Leiter
Länge ist leistungsfähig, aber inzwischen auch war-   des Kompetenzzentrums Brücken und Ingenieurbau-
tungsintensiv, weil es mit knapp 50 Jahren nicht      werke bei der Hamburg Port Authority (HPA).
mehr das Jüngste ist. Mit bis zu 38.000 Fahrzeugen    Doch was ist das überhaupt, ein digitaler Zwilling?
muss es tagtäglich allerdings auch einiges ausshal-   Grob gesagt handelt es sich dabei um einen auf elek-
ten. Die Schrägseilbrücke hat daher einen digitalen   trischen Sensoren basierenden Datenklon eines

                                                                                                Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 07
DIE DIGITALE TRANSFORMATION - PORT OF HAMBURG MAGAZINE
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                               realen Objekts. Mit ihm lassen sich notwendige Un-       nannten Schallsensoren nehmen den Klang auf, der
                               terhaltungs- und Wartungsarbeiten wie beispielswei-      durch Schwingungen des Seiles entsteht. Verändert
                               se der Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen erken-         sich dieser, lässt das den Schluss zu, dass etwas
                               nen. „Wir haben das Projekt ,smart Bridge’ vor etwa      nicht stimmt. Also wird jemand hingeschickt, der
                               drei Jahren gestartet, heute ist daraus ein Großde-      prüft, ob alles in Ordnung ist. „Als wir das Projekt ini-
                               mons-trator für die vorbeugende Instandhaltung und       tiiert haben, hatten wir als Anlass die Probleme mit
                               automatisierte Verkehrssteuerung geworden“, sagt         der Köhlbrandbrücke“, erläutert Ullerich. Da die Fi-
                               Ullerich, der bei der HPA auch für Innovationsprojekte   nanzierung gesichert war, konnte die HPA dieses
                               zuständig ist. 520 Sensoren wurden für das Vorhaben      Großprojekt tatsächlich angehen.
                               an der Brücke montiert, unter anderem, um ein Zu-
                               standsmonitoring zu erstellen.                           JEDES BAUTEIL BEURTEILEN
                               „Mit den Sensoren sehen wir, was da draußen los ist.     Die Rampen der Brücke sind aus Beton, der Mittelteil
                               Das hilft uns, die Situation viel besser einzuschät-     ist aus Stahl, somit ist das Spektrum, Erkenntnisse zu
                               zen“, fügt er hinzu. Das Bauwerk ist als sogenanntes     generieren, sehr groß. „Wir wollten die Grenzen aus-
                               Building Information Model (BIM) abgebildet, das         loten, was mit einem digitalen Zwilling möglich ist“,
                               den Datenstrom bündelt. Analoge Daten wie die Be-        sagt er. Das Ergebnis: Die Sensoren erlauben es, je-
                               funde aus Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 und            des Bauwerk individuell zu betrachten und Messer-
                               digitale Daten aus der kontinuierlichen sensorischen     gebnisse in Form von konkreten Fakten zu erhalten.
                               Überwachung werden darin zusammengeführt und             Die Ingenieure können so viel besser beurteilen, was
                               analysiert. „Geben die Sensoren einen Auschlag,          an welcher Stelle zu tun ist, und im Fall der Brücke
                               wenn ein Lkw über die Brücke donnert, ist das in et-     muss diese nicht immer gleich für den Verkehr ge-
                               wa so, wie wenn das EKG, das den Herzrhythmus            sperrt werden, sollte ein Problem auftreten. Diese
                               misst, ausschlägt, wenn jemand eine Treppe hoch-         kündigen sich an, wie das Beispiel der Akustiksenso-
                               rennt.“ Danach sollte sich das Ganze aber wieder be-     ren der Stahlseile zeigt. Bislang musste ein Inspekti-
                               ruhigen. Sowohl im Falle der Brücke als auch beim        onsteam von Zeit zu Zeit hinaufklettern.
                               Arzt, der das Messgerät anlegt und die Daten aus-        Das Thema digitaler Zwilling geht jedoch deutlich
                               wertet. „Wie der Arzt erfassen wir die Vitalparameter    über die „smart Bridge“ hinaus. Denn die HPA hat
                               unserer Brücke“, erläutert der Bauingenieur.             die Vision, einen Digital Port Twin, also einen digita-
                               Der Klon soll Ausfallzeiten minimieren und Kosten        len Zwilling des gesamten Hamburger Hafen, zu ent-
                               sowie Instandsetzungen planbarer machen. Die Sen-        wickeln. Inzwischen gibt es dort viele Einzelzwillinge.
                               soren sind daher an kritischen Stellen angebracht,       Einen hat beispielsweise die Elbe. Er zeigt, wie tief
                               etwa an den Schrägseilen der Brücke. Diese soge-         sie an welchen Stellen ist und wo Sedimente ausge-

                                                                                                                                             © HPA AöR & MKP GmbH

                Der virtuelle Blick auf die Köhlbrandbrücke zeigt auch den aktuellen Zustand des Bauwerks.

08 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
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DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

baggert werden müssen. „Wir kennen den Tiden-                Außerhalb des Hafens ist die Technologie ebenfalls
stand, die Strömung – alles wird über Sensorik ge-           bereits im Einsatz. So hat das noch junge Unterneh-
messen“, erläutert Ulrich Baldauf, Informatiker und          men Railwatch aus Bonn ein Messsystem entwi-
bei der HPA für den Bereich Forschung & Entwick-             ckelt, das einen digitalen Zwilling eines Güterzuges
lung zuständig. Außerdem seien alle Schiffsbewe-             erstellen kann – während dieser vorbeifährt. Hinter-
gungen über das automatische Identifikationssystem           grund: Üblicherweise ist es die Aufgabe eines Wa-
(AIS) bekannt sowie die Zeiten, die für die Löschung         genmeisters, Güterzüge, die im Terminal abfahrbe-
von Ladung benötigt werden. Damit lässt sich eine            reit stehen, bei Wind und Wetter von allen Seiten
Optimierung der Prozesse erreichen. „Und wir haben           abzugehen und manuell auf Schäden zu prüfen. Stellt
einen Zwilling des Straßenverkehrs“, erzählt er. Der         er einen Schaden fest, muss der betroffene Wagen
wiederum über Verkehr und Zustand der Straßen im             aus dem 600 Meter langen Zugverband ausrangiert
Hafen Bescheid weiß.                                         werden – ein zeitaufwendiges und kostenintensives
                                                             Verfahren.
AUF DEM WEG ZUM GESAMTBILD                                   „Wir können schon an der Strecke mit bis zu acht
Bislang werden alle Klons singulär genutzt. „Wir se-         Meter Entfernung vorbeifahrende Züge aufnehmen
hen aber große Potenziale darin, alle Einzelzwillinge        und anhand der hochauflösenden Bilder technische
zu einem Gesamthafenzwilling zusammenzubrin-                 Zustände an Loks oder Güterwagen erkennen“, sagt
gen“, sagt Baldauf. Damit wolle man feststellen, wel-        Tobias Frede, COO/CTO von Railwatch. Ein beschä-
che Auswirkungen beispielsweise eine verspätete              digter Wagen wird nach Ankunft für die Weiterfahrt
Schiffsankunft oder eine Brückensperrung auf den             also erst gar nicht mehr bereitgestellt. Das Unterneh-
Straßenverkehr oder die Emissionen hat. Es sei mög-          men hat dazu am öffentlichen Schienennetz in Euro-
lich, ein übergreifendes Monitoring zu schaffen und          pa bereits 25 seiner Pulsar genannten Messsysteme
gezielt dort einzugreifen, wo was los ist.                   aufgebaut, das auch UIC-Wagennummern, Wagen-
Die HPA wolle die Daten aber auch für die strategi-          anschriften und Gefahrguttafeln erkennt.
sche Hafenplanung verwenden. So ließen sich unter-           „Um einen digitalen Zwilling erstellen zu können, benö-
schiedliche Szenarien für die Nutzung einer neuen            tigen wir alle Daten über Wagen, Achszahl, Abstand
Fläche simulieren, etwa ob dort sinnvollerweise ein          und Ladegüter, die unser System digital und automati-
Wasserstoff- oder Containerterminal oder besser ei-          siert bei der Durchfahrt erfasst“, erläutert Frede. Rail-
ne Lagerhalle gebaut werden soll. Jeder Fall habe            watch kann damit beispielsweise berechnen, wie lange
unterschiedliche Auswirkungen auf den Schiffs- und           ein Bremsklotz noch hält, bevor er gewechselt werden
Straßenverkehr, die Kosten sowie Emissionen, die             muss. „Das System stellt auch fest, ob ein Radsatz eine
sich zuvor berechnen ließen.                                 Flachstelle hat“, fügt er hinzu.
 © HPA AöR & MKP GmbH

Jedes Bauteil, das mit einem Sensor ausgestattet ist, lässt sich permanent analysieren.

                                                                                                          Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 09
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■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

    Metrans und Railwatch
    arbeiten an digitalen
    Waggons.

                                                                                                                                                                          © HHLA
                                                                                                                                                        © HPA AöR & MKP GmbH
                                Die Erkennung funktioniert akustisch, klopft ein Rad      DIGITALE STRASSENTRANSPORTE
                               laut, stimmt etwas nicht. Der digitale Zwilling unter-     LAUFEN PARALLEL
                               stützt den Wagenmeister bei seiner Arbeit. Entdeckte       Auch für den Straßengüterverkehr gibt es bereits digi-
                               Schäden werden ihm übermittelt, sodass er sie schnel-      tale Zwillinge. Cargo Support aus Nürnberg, das auf
                               ler lokalisieren kann. Er entscheidet dann, ob der Wa-     flexible digitale Lösungen rund um den Transport von
                               gen in die Werkstatt muss oder weiterfahren kann.          Gütern spezialisiert ist, hat beispielsweise eine Soft-
                               Die Stationen stehen an der Strecke auf privaten           ware im Portfolio, mit der es möglich ist, alle relevan-
                               Grundstücken, ohne eine Verbindung zur Infrastruk-         ten Daten in Echtzeit zu verarbeiten. „Wir haben ein
                               tur, also der Schiene, haben zu müssen. „Das Gerät ist     Fahrtenmodell entwickelt, das die Transportrealität
                               innerhalb von vier Stunden aufgebaut und benötigt le-      abbildet und jederzeit dynamisch bleibt“, erläutert Ge-
                               diglich einen Stromanschluss“, fügt er hinzu. Rail-        schäftsführer Volker Hasch. Das Fahrtenmodell stellt
                               watch nutzt den Mobilfunkstandard 5G, der es er-           die komplette Lieferkette dar, von Lkw- über Bahn- bis
                               möglicht, die erfassten Daten schnell zur Verarbeitung     zu Schiffstransporten, und enthält Auftraggeber und
                               an die firmeneigene Cloud zu übermitteln. Der Pulsar       Empfänger sowie Zoll. „Der digitale Zwilling bildet da-
                               ist dafür mit spezieller Kamera- und Sensortechnik         bei die Realität der Disposition ab“, fügt er hinzu.
                               ausgestattet. Das Unternehmen                                                      Die Realität muss für jeden Trans-
                               installiert die Messstationen im                                                   port individuell gebaut werden
                               Auftrag von Kundinnen und                „Wir wollten die                          und ändert sich mitunter wäh-
                               Kunden auch an Industrieein-
                               fahrten, Terminals in Seehäfen
                                                                       Grenzen ausloten,                          rend der Tour, sei es, dass ein zu-
                                                                                                                  sätzlicher Halt vorgesehen ist
                               oder Grenzübergängen.                     was mit einem                            oder der Lkw aufgrund einer Stra-
                               Im vergangenen Jahr beispiels-                                                     ßensperrung eine andere Route
                               weise hat Railwatch gemeinsam           digitalen Zwilling                         nehmen muss. Kommt ein Schiff
                               mit dem zur Hamburger Hafen
                               und Logistik AG (HHLA) gehö-
                                                                          möglich ist.“                           verspätet an, hat das ebenso Aus-
                                                                                                                  wirkungen auf geplante Lkw-
                               renden Eisenbahnverkehrsunter-                                                     Transporte. „Dann muss der Dis-
                               nehmen Metrans Rail Deutschland das Projekt „DigiT-        ponent jeweils recht kurzfristig reagieren“, sagt Hasch.
                               win“ gestartet, ein Feldtest zur digitalen Unterstützung   Die Aufgabe des digitalen Zwillings ist es also auch, ein-
                               der wagentechnischen Untersuchung. „DigiTwin er-           zelne Transportabschnitte zu überwachen und zu über-
                               möglicht es, den digitalen Wandel im Schienengüter-        prüfen. Das geschieht per Ortung der Ladeeinheit oder
                               verkehr voranzutreiben“, erläutert Projektleiter Frede.    Lkw, Zug und Schiff beziehungsweise durch Lkw-Fah-
                               Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BM-       rer, die über die Cargo Support-App ihren jeweiligen Sta-
                               VI) fördert das Vorhaben im Rahmen seines Programms        tus übermitteln.
                               „Zukunft Schienengüterverkehr“ mit rund 3,5 Millionen      „Schon bei der kleinsten Abweichung informiert der
                               EUR. Der Versuch läuft noch bis Ende 2023.                 digitale Zwilling die Disponentin oder den Disponen-

10 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

  Fahrten-Modell (digitaler Zwilling)
  Prozessorientierte Disposition

        Kundensicht auf
        den Auftrag: Was
        wünscht sich der
        Kunde?
                                    Aufnahme                                                     Gestellung              Rückgabe

        Dispositionssicht
        auf den Auftrag: Wie
        realisiert die Dispo
        den Kundenwunsch?          Truck – voll          Bahn – voll          Truck – voll   Ab- und Aufsatteln     Truck – Leer

  ten, damit dieser entscheiden kann, was als Nächs-     nen Systeme nutzt, spielt keine Rolle. Alle Daten kön-
  tes zu tun ist“, erläutert Cargo Support-Geschäfts-    nen auch aus Fremdsystemen an den digitalen
  führer Hasch. Denn bei den vielen Transporten ist es   Zwilling übermittelt werden.
  der Disponentin oder dem Disponenten mittlerweile      Auch zur Simulation von Transporten lässt sich der di-
  unmöglich geworden, jeden Kunden per Telefon zu        gitale Zwilling nutzen, um beispielsweise herauszufin-
  informieren. Hier springt also der digitale Zwilling   den, auf welchen Relationen besser die Bahn als
  ein, bei dem alle Daten zusammenlaufen. Ob der An-     Transportmittel eingesetzt wird, sollte das Ziel lauten,
  wender nun die Cargo Support-App oder seine eige-      CO2-Emissionen zu reduzieren. ■ Nicole de Jong (njo)

 Our way of doing customs.                                                                                        HAMBURG
                                                                                                                  FRANKFURT AIRPORT
                                                                                                                  BREMERHAVEN
Local, international, digital                                                                                     ROTTERDAM
                                                                                                                  GDYNIA
  Consulting and solutions Import/Export Value Added Services                                                     GDANSK
  Instruction and Informations for Import/Export at www.porath.com                                    Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 11
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                                            „Wir sind für Ideen offen“
                               Jens Meier, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Hamburg Port Authority (HPA), macht im
                               Gespräch mit dem Port of Hamburg Magazine deutlich, wie bedeutend eine kontinuierliche Digita-
                               lisierung für den Hamburger Hafen ist.

                               Im Hamburger Hafen gehört die Digitalisierung          Dazu gehörte damals unter anderem eines der ersten
                               der Prozesse zur täglichen Arbeit. Seit wann be-       IoT-Projekte, die smartROAD. smartROAD zielte dar-
                               schäftigt sich die Hamburg Port Authority schon        auf ab, auf ausgewählten Straßenabschnitten im
                               mit dem Thema? Was waren die ersten Projekte,          Hamburger Hafen Anwendungsfälle einer intelligen-
                               die ins Leben gerufen wurden?                          ten Straße zu demonstrieren. Neben Möglichkeiten
                               Die HPA hat bereits sehr früh damit begonnen, sich     der    Verkehrserkennung     und     des  Verkehrs-
                               mit den Vorteilen der Digitalisierung auseinanderzu-   managements sowie adaptiver Beleuchtungssteue-
                               setzen. Zum Beispiel haben wir die Straßen im Ham-     rung für Fußgänger und Radfahrer zeigte das Pro-
                               burger Hafen mit Bluetooth, Videodetektoren und In-    jekt, wie moderne Sensorik Daten über Infrastruktur-
                               duktionsschleifen ausgestattet, um den Verkehrsfluss   zustand und Umwelteinflüsse sammelt und abbildet.
                               auf der begrenzten Hafenfläche zu optimieren. Erste    In Zusammenarbeit mit Partnerfirmen wurden an
                               Ergebnisse haben wir 2015 einem internationalen        ausgewählten Straßenabschnitten im Hamburger
                               Publikum auf der IAPH Welthafenkonferenz gezeigt.      Hafen alle relevanten Informations- und Kommunika-

12 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

                                                                                   der Wartung unserer Anlagen sind nur einige zentra-
                                                                                   le Beispiele, wie wir den Hafen Schritt für Schritt mo-
                                                                                   dernisiert haben. Der Einbau von Sensoren, wie zu-
                                                                                   letzt auf einer Reihe von Straßen auf der Veddel,
                                                                                   spielt dabei immer noch eine Rolle.
                                                                                   Natürlich müssen wir am Ball bleiben. Daher ist es uns
                                                                                   wichtig, nicht alles selbst umsetzen zu wollen, son-
                                                                                   dern vielmehr sehen wir den Hafen auch als Testflä-
                                                                                   che für innovative Projekte und sind offen für Ideen.

                                                                                   Teilen wir den Fortschritt auf die verschiedenen
                                                                                   Verkehrsträger auf und beginnen mit der Straße.
                                                                                   Wir sehen aktuell einen großen Wandel bei den
                                                                                   Fahrzeugen. E-Fahrzeuge sind längst keine Selten-
                                                                                   heit mehr im Straßenbild. Seit September 2022 wer-
                                                                                   den im Hamburger Hafen die ersten drei batterie-
                                                                                   elektrischen (BEV) Nikola Tre Sattelzugmaschinen
                                                                                   in Europa getestet.
                                                                                   In Zusammenhang mit alternativen Antrieben ist die
                                                                                   Digitalisierung eine gute Möglichkeit, um die Infra-
                                                                                   struktur bestmöglich zu nutzen. Auf dem ITS Con-
                                                                                   gress haben wir dazu das Pro-
                                                                                   jekt MOZART vorgestellt. Ziel
                                                                                   von MOZART (Mobility, Opti-
                                                                                                                           „Durch besser
                                                                                   mierung, dig. Zwilling, Analy-       fließende Verkehre
                                                                                   se, Real Time, Traffic) ist, star-
                                                                                   re und adaptiv geregelte             müssen Fahrzeuge
                                                                                   Lichtsignalanlagen (LSA) um
                                                                                   eine netzübergreifende, konti-
                                                                                                                      weniger bremsen und
                                                                                   nuierliche Echtzeit-LSA-Pro-         beschleunigen, was
                                                                                   grammauswahl zu ergänzen.
                                                                                   Durch besser fließende Ver-        wiederum zur Reduzie-
                                               © © HPA, Andreas Schmidt-Wiethoff

                                                                                   kehre müssen Fahrzeuge we-
                                                                                   niger bremsen und beschleu-
                                                                                                                       rung des Schadstoff-
                                                                                   nigen, was wiederum zur               ausstoßes führt.“
                                                                                   Reduzierung des Schadstoff-
                                                                                   ausstoßes führt. Ein weiterer positiver Aspekt sind
                                                                                   besser planbare Transporte für die Unternehmen. Der
                                                                                   Faktor Zeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Damit Ver-
                                                                                   kehre entsprechend gesteuert werden können, sind
                                                                                   viele Berechnungen innerhalb von Sekunden, wenn
                                                                                   nicht sogar Millisekunden notwendig. Im Projekt MO-
tionstechnologie-Systeme, Sensoren, Videokameras                                   ZART wurde dafür in den ersten beiden Phasen eine
und Netzwerkkommunikationskomponenten instal-                                      sogenannte Digital Annealer Unit getestet.
liert, um die Idee eines smartPORT voranzubringen.                                 Beide Entwicklungen sind im Hafen ganz klar auch
                                                                                   unter den Aspekten der Nachhaltigkeit zu sehen. Wir
Was meinen Sie, wie weit sind Sie in den vergan-                                   bringen mit innovativen Antrieben und einer moder-
genen Jahren bei der Digitalisierung insgesamt                                     nen Verkehrssteuerung zum einen die Dekarbonisie-
vorangekommen?                                                                     rung maßgeblich voran. Zum anderen mindern wir
Dank des Engagements aller Beteiligten sind wir be-                                aber auch weiter den Ausstoß von CO² und reduzie-
reits ein großes Stück vorangekommen. So hat zum                                   ren die Lärmentwicklung im Hafen.
Beispiel die Modernisierung der Hafenbahn – auch
durch Digitalisierung – dazu beigetragen, dass die-                                Die HPA hat erst vor Kurzem auch Sensoren in
ses Bindeglied zwischen den Umschlagterminals der                                  eine neuartige Asphaltdecke mit eingebaut. Wel-
Containerschiffe und dem europäischen Schienen-                                    che digitalen Prozesse sollen diese unterstützen?
netz ein zentraler Wettbewerbsfaktor für den Ham-                                  Im Rahmen der Straßenerneuerung auf der Veddel
burger Hafen ist. Aber auch der Neubau der Nauti-                                  wurden auch 66 Beschleunigungs- und Temperatur-
schen Zentrale mit der dazugehörigen Digitalisierung                               sensoren eingebaut. Diese ermöglichen zum einen, In-
                                                                                                                                                                           © HHLA/Rätzke

von Kartenmaterial oder der Einsatz von Drohnen bei                                formationen über die Belastung der Straße zu erlangen

                                                                                                                               Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 13
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                               und somit das Erhaltungsmanagement zu optimieren,        satzes durch verbesserte Planbarkeit und Reaktionsfä-
                               zum anderen dienen sie der Verbesserung des Ver-         higkeit im operativen Betrieb bei. transPORT rail ist ein
                               kehrsleitsystems. Temperatursensoren geben bereits       Verkehrsmanagementsystem für den Bahntransport im
                               während der Bauarbeiten Aus-                                                    Hamburger Hafen, das eine ef-
                               kunft über die Temperatur des
                               Asphalts. Beschleunigungssen-
                                                                        „Bei smartBRIDGE                       fektive Schnittstelle für den Gü-
                                                                                                               ter- und Datentransport bietet.
                               soren messen anhand von               sind mehr als 520 Sen-                    Zugang zum System erhalten die
                               Schwingungen und Druck die                                                      Nutzer entweder per Schnittstel-
                               tatsächliche Belastung der Stra-      soren verbaut, die auch                   le oder über das Internet (Web-
                               ße, die durch Achslasten, die Ge-
                               schwindigkeit sowie die Be-
                                                                      für Predictive Mainte-                   Client). Nutzer sind in der Regel
                                                                                                               Ladestellen und Eisenbahnver-
                               schleunigungs- und Bremskräfte        nance genutzt werden.“                    kehrsunternehmen (EVU), Letz-
                               hervorgerufen werden. Mit den                                                   tere können die Eingabe ihrer
                               Daten aus den Sensoren sollen                                                   Daten aber auch an Eisen-
                               Rückschlüsse auf den Belagszustand und das Tragver-      bahn-Operateure oder andere Dienstleister vergeben,
                               halten möglich sein. Auch die Einbindung in ein Ver-     sofern sie eine entsprechende Vollmacht ausstellen.
                               kehrsmodell zur Optimierung des Verkehrsflusses ist in
                               Zukunft vorstellbar.                                     Ein weiterer großer Bereich für digitale Anwen-
                                                                                        dungen ist die Instandhaltung der Infrastruktur.
                               Die Hamburger Hafenbahn ist ein sehr wichtiger           Mit digitalen Zwillingen lassen sich Bauwer-
                               Verkehrsträger für die Hinterlandanbindungen             ke wie die Köhlbrandbrücke virtuell darstellen.
                               des Hamburger Hafens. Auch hier sind Sie dabei,          Was versprechen Sie sich von solchen Anwen-
                               viele Abläufe zu automatisieren. Können Sie die          dungen?
                               wichtigsten kurz beschreiben?                            Ein sehr prominentes Beispiel ist die smartBRIDGE,
                               Neben umfangreichen Investitionen in die physische       ein Pilotprojekt mit dem Ziel, die Instandhaltung der
                               Infrastruktur der Hafenbahn tragen auch Investitionen    Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen zu optimie-
                               in IT-Systeme, vor allem auch transPORT rail als zen-    ren. Die Software erschafft einen digitalen Zwilling,
                               trale Austauschplattform von bahnbezogenen Daten         eine Echtzeitrepräsentation der realen Brücke auf
                               und Transportabwicklung, im Hafen zu einer Verbesse-     Basis all ihrer zur Verfügung stehenden Zustands-
                               rung der Infrastrukturnutzung und des Ressourcenein-     daten, um ihre Instandhaltung durch alle damit be-
                                 © © HPA, Andreas Schmidt-Wiethoff

                                                                                                                 Im hauseigenen Video-
                                                                                                                 format erläuterte HPA-
                                                                                                                  Chef Jens Meier auch
                                                                                                                     schon die digitalen
                                                                                                                  Lösungen im Hambur-
                                                                                                                             ger Hafen.

14 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

trauten Akteure zu verbessern. Bei smartBRIDGE           testen, um bedeutsame Resultate für die maritime
sind mehr als 520 Sensoren verbaut, die auch für         Hafenwirtschaft zu erzielen.
Predictive Maintenance genutzt werden. Bei dem           homePORT bietet Testflächen für autonomes Fahren,
Projekt digitaler Zwilling / Digital Port Twin handelt   einen Drohnen-Start- und Landeplatz sowie angeglie-
es sich um eine Fortsetzung der Augmented und            derte Wassertestflächen für Wasserdrohnen. Hafenak-
Virtual Reality-Projekte der HPA. Der digitale Zwil-     teure haben die Möglichkeit zum Ausprobieren, Experi-
ling soll die Planung von künftigen Infrastrukturpro-    mentieren und Kollaborieren mit weiteren Partnern, um
jekten unterstützen, indem komplexe Abläufe bes-         Innovationen für die maritime Wirtschaft und die Logis-
ser, sicherer und effizienter dargestellt werden         tik voranzubringen – und das zu Wasser, zu Land und in
können. Anwendungsbeispiele sind virtuelle Abbil-        der Luft. Unser Ziel ist, dazu beizutragen, die Effizienz
dungen der Leitstände der HPA sowie die Einbin-          der Hafenflächennutzung intelligent zu erhöhen und
dung von Sensordaten. Alle in 3D visualisierten          schädliche Umwelteinflüsse weiter zu verringern.
Leitstände und die digitalisierten Prozessabläufe
lassen sich im Digital Port Twin abbilden und für        Die HPA geht ja bei der Digitalisierung mutig vo-
Optimierungen nutzen.                                    ran. Profitieren eher die anderen Häfen von Ihren
                                                         Erfahrungen?
Mit homePORT haben Sie ein ganzes Areal für              Durch unsere Netzwerke im Rahmen der IAPH und
Innovative Unternehmen zur Verfügung gestellt.           chainPORT stehen wir im kontiniuerlichen Austausch
Gibt es hier bereits Synergien, die bei der Digitali-    mit anderen Häfen. Dies ist zum einen wichtig, um über
sierung des Hafens unterstützen?                         den Tellerrand zu schauen und voneinander zu lernen,
homePORT ist ein im Herzen des Hamburger Hafens          zum anderen ist es elementar sich abzustimmen, denn
gelegener Innovationscampus, dessen Ziel es ist,         Insellösungen machen entlang der Lieferkette keinen
ambitionierten Hafenakteuren, der Wissenschaft so-       Sinn. Dabei geht es nicht darum, alle Daten miteinan-
wie behördlichen Institutionen die Möglichkeit zu ge-    der zu teilen, sondern die relevanten Daten, die die Lie-
ben, Produktinnovationen zu entwickeln und real zu       ferkette effektiver machen. ■           Ralf Johanning

                                                                                                      Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 15
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                                                                                                                                               © HHLA / Nele Martensen
                                                      HHLA Next investiert
                                                     in digitale Innovationen

                               HHLA Next sucht für Kundinnen und Kunden sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern nach
                               Zukunftslösungen für einen sicheren und klimaneutralen Transport von Waren und Gütern weltweit.

                               HHLA Next wurde als Innovations- und Venture           ierlich Markttrends und neue Technologien anschaut
                               Building-Einheit mit dem Fokus auf Digitalisierung     und weltweit nach interessanten Unternehmen Aus-
                               und Nachhaltigkeit in der maritimen Logistik ge-       schau hält. In einer Datenbank sammeln wir diese
                               gründet. Ziel ist dabei, wie Geschäftsführerin Simo-   Unternehmen nach verschiedenen Segmenten, stra-
                               ne Lode es auf den Punkt bringt: „Aus Ideen erfolg-    tegischen Innovationsfeldern sogenannte „Opportu-
                               reiche Produkte und Geschäftsmodelle zu                nity Spaces“) und konkreten Anwendungsfällen, also
                               entwickeln. Entweder in Form von Eigenentwick-         zum Beispiel entlang der Supply Chain bis hin zu au-
                               lungen oder durch Investitionen in innovative Unter-   tonomem Fahren oder autonomem Umschlag. Die
                               nehmen.“                                               Unternehmen in unserer Datenbank beobachten wir
                               Technologische Entwicklungen und innovative Ge-        kontinuierlich, um zum richtigen Zeitpunkt mit ihnen
                               schäftsmodelle werden nach bestimmten Kriterien        in Kontakt zu treten und Investitionen anzustoßen.“
                               beobachtet, um sie frühzeitig bewerten zu können.      Welche Formen der Beteiligung an Unternehmen
                               Gleichzeitig schafft HHLA Next die Bedingungen,        möglich sind, wird dabei individuell entschieden.
                               damit sich besondere, marktreife Ideen nachhaltig      Grundsätzlich hat sich HHLA Next vorgenommen,
                               entwickeln können. „Wir suchen auf der einen Seite     Unternehmen in der Wachstumsphase mit der not-
                               Unternehmen, die zur HHLA passen und in die wir in-    wendigen Flexibilität und Reaktionsfreudigkeit be-
                               vestieren können, und auf der anderen Seite gründen    gleiten zu können. Als Dachgesellschaft stellt sie da-
                               wir selbst Unternehmen aus“, erläutert Lode und er-    bei die notwendigen Rahmenbedingungen, Struk-
                               gänzt: „Dazu haben wir ein Team, das sich kontinu-     turen und Prozesse bereit.

16 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

                                                           Start-up – Portraits
                                                           Zwei Start-ups, die den Schritt an den Markt
                                                           schon erfolgreich gewagt haben, sind HHLA
                                                           Sky und modility.

                                                           modility
                                                           modility beschreibt sich selbst als das „booking.
                                                           com“ für kombinierten Verkehr, eine Plattform,
                                                           über die Angebot und Nachfrage für kombinierten
                                                           Verkehr zusammengebracht wird. Ziel ist es, Un-
                                                           ternehmen den Zugang zu CO2-freundlichen Trans-
                                                           porten so einfach wie möglich zu gestalten und da-
                                                           durch dafür zu sorgen, dass die europäische
                                                           Schieneninfrastruktur noch besser genutzt wird.
                                                           Dabei ist modility als Teil des HHLA Next-Portfo-
                                                           lios ein sogenanntes Corporate Spin-off. Das
                                                           achtköpfige Team kombiniert die Agilität und
                                                           den innovativen Gedanken eines Tech-Start-up
                                                           zusätzlich mit den Vorteilen des Mutterunterneh-
                                                           mens, der Hamburger Hafen und Logistik AG
                                                           (HHLA), und kann so von Beginn an über dessen
                                                           großes Netzwerk verfügen und das Know-how
                                                           und die Erfahrung für sich nutzen. Noch bevor
                                                           modility im März 2022 sein einjähriges Bestehen
                                                           gefeiert hat, ist es im vergangenen Dezember
                                                           bereits mit dem Deutschen Exzellenz-Preis 2022
                                                           in der Kategorie „Strategie, Transformation &
                                                           New Work“ ausgezeichnet worden.

                                                                 Informationen unter: modility.com

                                                           HHLA Sky
FRÜH FÖRDERN MIT MÖGLICHST                                 HHLA Sky ist ebenfalls eine Ausgründung des
WENIG RISIKO: FONDS                                        Mutterunternehmens HHLA, das sich vollstän-
Um auch in Start-ups in einer sehr frühen Phase in-        dig auf den Luftraum und konkret auf Drohnen-
vestieren zu können, nutzt die HHLA Next Fonds wie         technologie konzentriert hat.
den von Motion Ventures. Investiert wird über diesen       Hinter der Gründung steckte der innovative Ge-
Fonds in Unternehmen, die noch nicht so lange am           danke, sich der Herausforderung zu stellen,
Markt sind und die dadurch mit einem höheren Risi-         Drohnenflotten zentral und gleichzeitig an unter-
ko belegt sind zu scheitern. Fonds Investments bie-        schiedlichen Einsatzorten auf der Welt steuern
ten eine risikoärmere Investmentmöglichkeit, da            zu können. HHLA Sky hat dafür eine Plattform
durch das große Portfolio, das ein Fonds beinhaltet,       entwickelt, die den gesamten Prozess über Pla-
das Risiko zu scheitern deutlich geringer ist, als wenn    nung, Disposition, Flug bis zur Daten-Bereitstel-
direkt investiert wird.                                    lung abbilden kann. Das Start-up hat so inzwi-
Ein Beispiel eines Investments über Motion Venture         schen ein ganzes System für die Steuerung und
ist Harbour Lab – ein Unternehmen aus Griechen-            den Betrieb von autonomen Industriedrohnen
land, auf das genau die Kriterien zutreffen, die für In-   aufgebaut.
vestmententscheidungen herangezogen werden:                Mit dem ersten skalierbaren Drohnenleitstand,
Harbour Lab ist in der maritimen Logistik aktiv, zahlt     der mehr als 100 Drohnen gleichzeitig managen
auf Digitalisierung ein und verknüpft als Plattform        und fernsteuern kann, hat HHLA Sky den Deut-
verschiedene Akteure in der maritimen Logistik und         schen Innovationspreis gewonnen.
adressiert dadurch ganz dezidiert ein Kundenprob-
lem als Schnittstelle zwischen Reedereien und Port
Authority.                                                       Informationen unter: hhla-sky.de

                                                                                                    Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 17
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                                                                                                                                                     © HHLA / Martin Elsen
                                                                                                                    Eine Digitalisierung im
                                                                                                                   Hafen ist an vielen Stel-
                                                                                                                  len möglich. Vielverspre-
                                                                                                                    chende Ideen kommen
                                                                                                                             von Start-ups.

                               Kerngedanke solcher Investments ist durchweg,             „Wir haben uns über 2.000 Unternehmen angeschaut,
                               dass durch das Zusammenspiel aus Industrie-Know-         700 davon haben es in unsere Datenbank geschafft.
                               how und Projekt- und Venture Building-Know-how           Und der ,perfect fit‘ ist nicht ganz so einfach zu finden.
                               gute Ideen und erfolgreiche Ventures entstehen sol-      Erst mal muss er natürlich zur HHLA-Strategie passen.
                               len. Hinzu kommt das Angebot von begleitenden            Das heißt auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit einzah-
                               Services wie zum Beispiel Finanzen oder Controlling,     len. Wir haben einen starken Innovationsfokus bei der
                               strategischer Unterstützung, Marketing und Kom-          HHLA. Dementsprechend muss es schon mal per se ei-
                               munikation für die Unternehmen.                          ne neuartige Geschäftsidee sein“, erläutert Lode.
                               Auch wenn dank Fonds gerade Start-ups vielverspre-
                               chende Investmentmöglichkeiten darstellen können,        BEOBACHTEN UND INNOVATION ERKENNEN
                               liegt der Fokus nicht allein auf jungen Unternehmen,     Wie viele Markterfahrungen gibt es schon? Wie viele
                               stellt Simone Loder heraus: „Wir beschäftigen uns        Kundinnen und Kunden sind schon an Bord? Werden
                               nicht nur mit Start-ups, sondern mit innovativen, also   entsprechende Umsätze und damit auch Ergebnisse
                               auch schon reiferen Unternehmen, die es schon län-       erzielt? Und wie viele Finanzierungsrunden hat dieses
                               ger am Markt gibt.“ Selektiert wird dabei nach festge-   Unternehmen schon hinter sich? Diese Fragen stellen
                               legten Kriterien und in verschiedenen Etappen.           für Lode und ihr Team die Grundlage für Auswahlkrite-
                                                                                        rien dar. Gleichzeitig geht es auch immer darum zu prü-
                                                                                        fen, ob eine strategische, langfristige Partnerschaft für
                                                „Wir haben uns über                     beide Seiten attraktiv ist und Wachstum verspricht.
                                                  2.000 Unternehmen                     Strategisch gesehen steht an oberster Stelle der Inves-
                                       Nele Martensen

                                                                                        titionsentscheidung vor allem ein Punkt, der unweiger-
                                                  angeschaut, 700 da-                   lich in der Konzernstrategie der HHLA begründet liegt:
                                       © HHLA

                                                                                        der Gewinn. Auftrag der HHLA Next ist, neue strategi-
                                                  von haben es in unsere                sche Geschäftsfelder für die HHLA zu entwickeln – und
                                                 Datenbank geschafft.“                  damit verbunden ein langfristiger Gewinnerzielungs-
                                                                                        auftrag. Ein Unternehmen ist somit dann interessant,
                                   Simone Lode, Geschäftsführerin HHLA Next             wenn es ein Marktsegment bedient, das auch zukünf-
                                                                                        tig hohe Wachstumsraten verzeichnen wird. Gleichzei-

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DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

tig, so ein weiteres Kriterium, soll das Unternehmen        Standort für Start-ups – viele mit einem maritimen
nicht nur von Kapital profitieren, sondern auch vom         Schwerpunkt. Der Digital Hub Logistics Hamburg ist
Marktzugang durch die HHLA, damit sind vor allem die        enger Partner der HHLA Next und bietet die Möglich-
Industrie-Expertise und der Kunden-Zugang gemeint.          keitt, in der Start-up Szene noch bekannter zu werden
                                                            und das Netzwerk ausbauen zu können. Das ist wichtig,
HARD FACTS VERSUS SOFT SKILLS                               gerade weil die Strategie hinter HHLA Next neben dem
„Neben den Gründern selbst ist vor allem das Team im        internationalen auch den lokalen Markt fördern will:
Unternehmen wichtig. Man investiert in erster Linie in      „Besseren Kontakt zu Start-ups pflegen, um dann unse-
das Team, das Gründerteam, die wesentlichen Mitar-          ren Deal Flow zu füllen, wie man so schön sagt. Und
beiterinnen und Mitarbeiter. Und dann kommen Ge-            das nicht nur auf dem internationalen Parkett, sondern
schäftsidee und alle weiteren Kriterien. Das heißt, alle    natürlich auch hier in Hamburg. Hier kommen wir her
müssen mit Leidenschaft dabei sein, müssen eine hohe        und hier fühlen wir uns zu Hause“, betont Simone Lode.
Professionalität an den Tag legen, wissen, wovon sie
reden, und am Ende muss es ein Kundenbedürfnis be-          VIELE START-UPS ERFOLGREICH AM MARKT
friedigen. Das zeigt sich dann natürlich an der Markt-      Über die Förderung bestehender Unternehmen hin-
durchdringung und an den Kundinnen und Kunden, die          aus hat die HHLA-Tochter übrigens bereits ein gan-
sie akquirieren“, erklärt Simone Lode.                      zes Portfolio an erfolgreich am Markt bestehenden
Deswegen reicht eine Kriterien-Tabelle nicht aus. Teil      HHLA-Unternehmen geschaffen, die innovative Lö-
der HHLA-Next-Philosophie und eines jeden Auswahl-          sungen für Luft, Wasserwege und Schiene bieten.
prozesses ist es, die Gründer und das Team auch im          Ein ganz neues Projekt, das noch in den Startlö-
persönlichen Gespräch kennenzulernen.                       chern steckt, ist dabei heyport. „In naher Zukunft
Erst wenn Hard Facts und Soft Skills geprüft sind, steht    wird heyport als eigenes Unternehmen am Markt
die Investitionsentscheidung an: „Wenn wir alle unsere      sein, als eine Plattform für die Koordination rund
Kriterien so weit mit einem grünen Haken versehen ha-       um einen Port Call. Das heißt, heyport unterstützt
ben, dann würden wir in eine vertiefte Prüfung des Un-      bei der Koordination und Kommunikation von
ternehmens einsteigen. Das nennt man dann Due Dili-         Schiffsanläufen in Häfen weltweit und ist somit in-
gence. Wir durchleuchten alle wesentlichen Bereiche         teressant für Terminal Betreiber, aber auch für Ree-
des Unternehmens ganz genau – kommerzielle, finanzi-        dereien“, verrät Simone Lode. ■         Birte Hirsch
elle und technische Bereiche, aber auch rechtliche und
steuerliche Seiten. Wir checken einmal das Unterneh-
men auf Herz und Nieren. Wenn es da keine Einwände
                                                                     Informationen
gibt, warum wir investieren sollten, dann kommen wir
                                                                     unter: hhla-next.de
hoffentlich zu einer positiven Investitionsentscheidung.“
Räumlich ist man bei HHLA Next offen: Denn Hamburg
etabliert sich zunehmend insgesamt als attraktiver

                                                                                              Mit HHLA Next
                                                                                           lassen sich eigene
                                                                                            Ideen realisieren.
 © HHLA / Nele Martensen

                                                                                                       Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 19
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                                                Ausdrucken hat ausgedient
                               Hansaport ist das am weitesten automatisierte Schüttgut-Terminal der Welt. Nun sollen die Abläu-
                               fe noch stärker digitalisiert und dadurch noch effizienter werden, wie ein aktuelles Projekt zeigt.

                               Viele Prozesse – etwa der Datenaustausch zur Erstel-              Seit sechs Monaten sind die Abläufe nun digitalisiert.
                               lung von Frachtdokumenten – sind bei Hansaport                    Die implementierte IT-Lösung minimiert – insbeson-
                               schon lange digitalisiert. Bis vor Kurzem gab es aller-           dere in Stresssituationen unter anderem in der Steuer-
                               dings auch noch einige lange Wege für die in- und                 warte – das Risiko von Übertragungsfehlern erheb-
                               externe Kommunikation bei Deutschlands größtem                    lich: „Wenn ein Auftrag bei der Zentrale eingeht,
                               Umschlagunternehmen für Kohle, Erz und Baustoffe.                 geben wir über die Plattform den Lageplatz vor“, sagt
                               So wurden Informationen zu Standardabläufen wie                   Schwarz. Und auch die Kommunikation bei der Bela-
                               die Bestellung einer bestimmten Menge auf einem                   dung hat sich erheblich vereinfacht: Die Steuerung
                               bestimmten Zug in der Regel per Mail oder telefo-                 sieht den jeweiligen aktuellen Status, sodass nicht
                               nisch ausgetauscht, berichtet der stellvertretende                mehr wie früher ständig telefoniert werden muss. An
                               Abteilungsleiter Betrieb, Michael Schwarz.                        den Verladestationen fallen Papier und die händische
                               Ein Beispiel: Die Daten wurden auf- oder abgeschrie-              Zuweisung ebenfalls weg: „Die Daten müssen nur
                               ben und mehrfach ausgedruckt, um sie an die Verla-                noch abgerufen werden“, freut sich Schwarz.
                               destationen zu verteilen. Dort wurden diese erneut in
                               zwei Systeme eingetragen, jeweils mit Ausdruck und                PROTOTYP SPIELT SZENARIEN DURCH
                               in Excel-Listen. „Dabei waren Übertragungsfehler                  Der Prototyp, der gerade ausgiebig mit den Kollegin-
                               möglich“, so Schwarz. Durch die Angabe etwa einer                 nen und Kollegen der Salzgitter AG getestet wird, um
                               falschen Sorte kann jedoch ein hoher Schaden bei                  noch vorhandene Fehler auszumerzen, gibt nun bei-
                               unseren Kundinnen und Kunden verursacht werden.                   spielsweise vor, welche Materialien wann von wel-
                               Das Ziel lag daher auf der Hand: Um die Prozesse zu               chen Lagerplätzen mit welchen Kombigeräten auf
                               vereinfachen und zu verbessern, sollten die Daten                 welche Waggons verladen werden sollen. In die mehr-
                               nur einmal ins System eingetragen werden, und zwar                monatige Testphase wurden auch die Hansaport-Mit-
                               von der Person, die die Bestellung auslöst. Anschlie-             arbeiterinnen und Mitarbeiter mit einbezogen, die in
                               ßend nutzen allen Berechtigten in der Logistikkette               diesen Prozessen aktiv sind. Ihre Meinungen vervoll-
                               in- wie extern diese Datenbasis.                                  ständigten die Perspektiven, aus denen die Aufgaben-
                                                                                                 stellung betrachtet wurde.
                                                                                                 Dabei sind die Mitarbeitenden dem neuen System
                                                                                                 gegenüber aufgeschlossen, haben sie doch bereits
                                                                                                 umfangreiche Erfahrungen mit Veränderungsprozes-
    Die implemen-                                                                                sen im Rahmen der Automatisierung des Hansaport
    tierte IT-Lösung
                                                                                                 sammeln können. Es wurde schnell erkannt, dass
    minimiert das
                                                                                                 durch die Anpassung des Systems der Aufwand re-
    Risiko von Über-
    tragungsfehlern                                                                              duziert und Fehler vermieden werden, ohne dass Ar-
                                                                                   © Hansaport

    erheblich.                                                                                   beitsplätze in Gefahr geraten.
                                                                                                 In einer weiteren Phase wurden dann Kundinnen und
                                                                                                 Kunden einbezogen, um auch deren Wünsche und
                                                                                                 Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Disponentinnen
                                                                                                 und Disponenten können nun alle relevanten Verlad-
                               „Wir haben uns deshalb für ein Onlineportal auf un-               einformationen wie Zeit, Materialart beziehungswei-
                               serer Webseite entschieden“, erinnert sich Schwarz.               se Sorte, Menge und Gewicht im Zuge ihrer Bestel-
                               Ende 2019 gab es erste Gespräche, dann machten                    lung vorgeben. Anschließend erfolgt ein manueller
                               sich ein vierköpfiges Projektteam eines IT-Dienstleis-            Check auf Seiten von Hansaport, der künftig eben-
                               ters sowie zwei Mitarbeitende von Hansaport an die                falls digitalisiert werden soll.
                               Arbeit. Die größte Herausforderung neben rein IT-                 Der Vorteil für die Kundinnen und Kunden: Sie können
                               technischen Fragestellungen: Wer benötigt eigent-                 jederzeit die Daten und den Status einsehen und ihre
                               lich welche Daten? „Im Vorfeld hatten wir natürlich               Bestellung ändern, solange diese nicht in Bearbeitung
                               versucht, die Prozesskette abzubilden, aber Vieles                ist. „Wir liefern ihnen quasi ein Live-Abbild“, unter-
                               klärt sich erst im Laufe eines solchen Projektes, be-             streicht Schwarz. Statt – je nach Kunde – wöchentlich
                               ziehungsweise entstehen in diesem Prozess auch                    oder täglich händisch eine Tabelle zu erstellen, daraus
                               Ideen für vereinfachte Prozessabläufe“, erläutert der             ein PDF zu generieren und zu verschicken, können die-
                               Betriebsfachmann.                                                 se die Bestände nun rund um die Uhr abrufen.

20 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

                     WEITERE DIGITALISIERUNGSPROJEKTE                         sierungs- und Entwicklungsaktivitäten unserer Mut-
                     SIND GEPLANT                                             tergesellschaft Salzgitter AG“, ergänzt Schwarz.
                     Mit dem bereits Erreichten zeigt sich das Entwick-       „Die neue Vision und Strategie unseres Hauptge-
                     lungsteam zufrieden: „Wir sind hier auf einem sehr       sellschafters ist für uns bei allen Entwicklungen ei-
                     guten Weg, das Projekt ist fast abgeschlossen.“ Im       ne starke Motivation, auch in Zukunft gemeinsam
                     Frühjahr 2023 soll nun auf Basis des neuen Bahnmo-       mit unseren Kunden und Partnern an der Weiterent-
                     duls auch für die Binnenschiffe ein gleichartiges Sys-   wicklung unserer Systeme und Dienstleistungen zu
                     tem entwickelt werden. Erste Schritte wurden dazu        arbeiten.“
                     bereits umgesetzt. Aber es gilt am Hansaport weiter-     Deshalb wird heute schon die Zieldefinition für die
                     hin: „Ein fertiges System, das gibt es nicht. Unsere     nächste Systemanpassung entwickelt: Schwarz: „Künf-
                     Systeme werden ständig weiterentwickelt.“                tig sollen unsere Kundinnen und Kunden auch unsere
                     Ein weiteres Beispiel dafür ist die Verknüpfung des      Daten der Liegeplatznutzung über eine Schnittstelle
                     Hansaport-Systems mit dem Zuglokalisierungssys-          automatisch in ihre Systeme einfließen lassen können
                     tem der Deutschen Bundesbahn. Aber auch insge-           und beispielsweise ein Seeschiff elektronisch nominie-
                     samt soll die Anlage noch effizienter gemacht wer-       ren können. So kommen wir dem übergeordneten Ziel,
                     den, um die Prozesse im Umschlag weiter zu               Transparenz über die gesamte Lieferkette zu erhalten,
                     optimieren. „Dieses Projekt fügt sich in die Digitali-   immer näher.“ ■                   Claudia Behrend (cb)
© HHM / Hasenpusch

                     Das Massengutterminal Hansaport
                     wird zunehmend digitalisiert.

                                                                                                                         Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 21
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

    Digitale Lösungen unterstützen auch
    beim Be- und Entladen im Hamburger
    Hafen.

                                                © Hapag-Lloyd

22 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

Es geht immer noch besser
Wie viel Potenzial in der noch engeren Abstimmung der Terminals im Hamburger Hafen mit den
Reedereien mithilfe von Digitalisierung steckt, zeigt Hapag-Lloyd durch ein Frachtmonitoring,
smarte Stauplanung, IT-gestütztes Screening von Gefahrgut und sofortiges Entladen im Hafen.

                                                                                   Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 23
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                               Die Überwachung der Ladevorgänge im Hafen zu di-             Hapag-Lloyd. „Wir sind dadurch nicht mehr auf die
                               gitalisieren, liegt auf der Hand. Schließlich ist die rei-   Informationen der Terminals angewiesen, die zuwei-
                               bungslose Interaktion der Beteiligten im Interesse al-       len etwas verspätet kommen.“ Weitere Vorteile sind
                               ler. Dass Logbücher trotz der damit verbundenen              die Verkürzung der Hafenaufenthaltszeiten, die Ver-
                               Fehleranfälligkeit noch bis Ende 2021 in Papierform          besserung der Zuverlässigkeit der Fahrpläne und die
                               geführt wurden, hat allerdings einen einfachen Grund:        Optimierung der Betriebsabläufe an Bord sowie der
                               Die Prozesse sind so komplex, dass es trotz bereits          Planung der Besatzung.
                               seit längerer Zeit vorhandener Technologie gedauert          Das IT-System beinhaltet ein mobiles Handgerät für
                               hat, bis die Prozesse bei allen am Umschlag Beteilig-        die Eingabe der Terminal-Aktivität in Echtzeit und
                               ten etwa fünf bis sechs Partnern gleichzeitig harmoni-       ein webbasiertes Dashboard für die Analyse und
                               siert und digitalisiert waren.                               Überprüfung der Daten. Die Daten werden mit

                                                                                                                           Das IT-System
                                                                                                                            beinhaltet ein
                                                                                                                      mobiles Handgerät
                                                                                                                      für die Eingabe der
                                                                                                                       Terminal-Aktivität
                                                                                                                               in Echtzeit.

                                                                                                                                          © Hapag-Lloyd

                               Nachdem das System auf der „Frankfurt Express“               einem Web-Server synchronisiert und sind sofort
                               und vier weiteren Schiffen bereits seit Ende 2020 ge-        im Web-Dashboard sichtbar. Dieses wird vom Stau-
                               testet wurde, wird es nun seit August dieses Jahres          planer in der Zentrale, aber auch vom lokalen Ha-
                               sukzessive in der gesamten Flotte eingeführt. Mithil-        fenbüro (PTO, kurz für Plant and Terminal Opera-
                               fe von „CargoMate“ werden die Frachtvorgänge an              tions) genutzt. Das browserbasierte Dashbord
                               Bord digitalisiert. „Damit können wir wie auch alle          visualisiert die von dem mobilen Gerät gesammel-
                               anderen Teilnehmer die Lade- und Löschaktivitäten            ten Daten und ist von Computern mit Internetan-
                               in Echtzeit verfolgen und hochrechnen, wann das              schluss aus zugänglich, wie dem des Kapitäns, des
                               Schiff fertig wird“, erläutert Dr. Ralf Belusa, Mana-        Ersten Offiziers und der für den Hafenbetrieb zu-
                               ging Director Digital Business & Transformation bei          ständigen Abteilungen an Land.

24 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

                                                                                                               Der Stauplaner
                                                                                                               bei Hapag-Lloyd
                                                                                                               arbeitet mit KI und
                                                                                                               Machine Learning.
 © Hapag-Lloyd

STAUPLANUNG MITHILFE VON KI                           berücksichtigen“, berichtet Belusa. „Sonst bräuchte
Auch in der Stauplanung hat die Digitalisierung im-   man für jeden Faktor, beispielsweise Gewicht, La-
mer stärker Einzug gehalten. „Anders wäre es in an-   de- und Löschhafen, Containerart, besondere La-
gemessener Zeit heutzutage auch nicht mehr mög-       dung wie Gefahrgut, Ballastplanung, Stabilität,
lich, die vielen unterschiedlichen Parameter zu       Leercontainer, Leerräume und besondere Kunden-

                                                                                              Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 25
■ DIE DIGITALE TRANSFORMATION

                               anforderungen jeweils einen dafür verantwortlichen      men, durch die die Planungszeit für große Schiffe mit
                               Menschen.“ Hinzu kommt, dass ein Stauplan nicht         einer Kapazität von über 20.000 TEU (Standardcon-
                               statisch ist, sondern immer wieder angepasst wer-       tainer) und Anläufen in mehreren Häfen erheblich re-
                               den muss, etwa wenn ein Container nicht                 duziert wird: Statt wie früher 16 Stunden dauert es
                               (rechtzeitig) angeliefert wird oder sich die Rotation   nur noch 40 Minuten, ein Plan für einen einzelnen
                               ändert, beispielsweise weil ein Hafenanlauf auf-        Hafen kann sogar in weniger als 15 Minuten erstellt
                               grund eines Staus oder Streiks ausfällt.                werden. Das Tool nimmt dadurch aber nicht nur dem
                               Hapag-Lloyd setzt bereits seit 2019 auf die von Sol-    Stauplaner viel Routinearbeit ab und lässt ihm mehr
                               verminds programmierte Stauplan-Optimierungssoft-       Zeit für die anspruchsvollen Problemstellungen, es
                               ware „Sonata“ und hat das indische Softwareunter-       führt auch zu einer schnelleren Abfertigung von
                               nehmen maßgeblich bei der Entwicklung der               Schiffen und damit zu einer Kostenreduzierung. „Es
                               Basisfunktionalitäten unterstützt. „Das Tool nutzt KI   ist allerdings keine Voll-Automatik, und die wird es
                               und Machine Learning, um unseren Stauplanern in         wohl auch frühestens in 30 oder 50 Jahren geben“,
                               Echtzeit einen beziehungsweise mehrere Vorschläge       schränkt Belusa ein.
                               zu machen, wie die zu ladenden Container auf dem
                               Schiff verteilt werden sollten“, erläutert Belusa. Es   JUST-IN-TIME OPTIMIERUNGSINITIATIVE
                               wird inzwischen bereits auf knapp der Hälfte der der-   Dem Ziel, die Schiffsanläufe im Hafen zu optimieren,
                               zeit 253 Containerschiffe von Hapag-Lloyd eingesetzt    dient auch JIT, die Just-in-Time Optimierungsinitiative.
                               und ermöglicht auch die Simulation auf mehreren         Hapag-Lloyd ist eine der ersten Reedereien weltweit,
                               Schiffen.                                               die sich seit Anfang dieses Jahres daran beteiligen.
                               Herzstück der Software sind Optimierungsalgorith-       Mithilfe von JIT soll die Kommunikation der Dienstleis-

26 | Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022
DIE DIGITALE TRANSFORMATION ■

          Hapag-Lloyd möchte mit-
          hilfe digitaler Anwendun-
          gen zum schnellen Entla-
                      den beitragen.
                                                          eingesetzt, an deren Entwicklung Hapag-Lloyd aktiv
                                                          beteiligt ist. Vorläufer dafür sind bereits in mehreren
                                                          Häfen im Einsatz, unter anderem in Tanger (Marokko)
                                                          und Hamburg.
                                                          „Gerade in Kombination mit Cargomate verbinden
                                                          sich mit JIT immer mehr Informationsstränge“, freut
                                                          sich Belusa. Außerdem entwickelt sich dadurch eine
                                                          gewisse Eigendynamik für alle an der Transportkette
                                                          Beteiligten, wenn beispielsweise die Information zur
                                                          spätestmöglichen Anlieferung eines Containers trans-
                                                          parent und valide ist. Auch die Anbindung an das
                                                          Slotbuchungverfahren (SBV) sei ein guter nächster
                                                          Schritt, ist Belusa überzeugt. „Dadurch verbinden wir
                                                          dann unser eigenes System mit dem Schiffsmanage-
                                                          ment und dem Optimierungssystem für die Terminals
                                                          und können dadurch holistischer oder ganzheitlicher
                                                          optimieren. Das ist auch wichtig, den es gibt immer
                                                          mehr gemanagte Services, die sich gegenseitig be-
                                                          einflussen.“ ■                                       cb

                                                            Gefahrgut-Screening
                                                            Rund sieben Prozent der Ladung an Bord ist
                                                            Schätzungen zufolge Gefahrgut. Nach Anga-
                                                            ben des Netzwerks Cargo Incident Notification
                                                            System (CINS), in dem sich neben Hapag-Lloyd
                                                            15 weitere Reedereien zusammengeschlossen
                                                            haben, sind etwa 0,059 Prozent aller Container
                                                            falsch, nicht oder unzureichend deklariert. Dies
                                                            geschieht teilweise vorsätzlich, indem bei-
                                                            spielsweise Synonyme oder Handelsnamen an-
                                          © Hapag-Lloyd

                                                            gegeben werden, aber auch aufgrund mangel-
                                                            hafter Arbeitsprozesse. Problematisch ist dies
                                                            nicht an Bord der Schiffe, sondern auch beim
                                                            Umschlag in den Häfen. Schließlich muss bei-
                                                            spielsweise gefährliche Ladung spätestens
                                                            zwölf Stunden vor dem Hafenanlauf angemel-
ter – beispielsweise zwischen Reederei, Terminal, Lot-      det und später auch gesondert auf dem Termi-
se, Hafenbehörde, Schlepper und Festmacher – im             nal zwischengelagert werden.
Hafenkommunikationsverbund verbessert und stan-             Ein Hebel, dieses Risiko weiter zu minimieren,
dardisiert werden.                                          ist ein genaues Screening der Ladung, um noch
„Unser Ziel ist ‚Berthing on Arrival‘, also sofortiges      mehr Gefahrgut zu identifizieren. Hapag-Lloyd
Entladen ohne Wartezeit im Hafen, damit die Pier frei       setzt dabei mittlerweile auf das Produkt Haz-
ist, wenn unser Schiff eintrifft“, erläutert Belusa.        Check Detect der gemeinnützigen Gesellschaft
„Wenn wir die Liegeplatzsituation rechtzeitig kennen,       Exis Technologies. In einer Datenbank werden
können wir die Geschwindigkeit des Schiffes darauf          Schlag- und Schlüsselwörter für Gefahrgut ana-
einstellen.“ Im Vorfeld soll dafür im Rahmen von JIT        lysiert, bestimmt und aktualisiert sowie unter
48 Stunden – beziehungsweise noch intensiver 24             anderem von den Teilnehmern selbst gepflegt.
Stunden – vor der geplanten Einlaufzeit umfangreich         Dabei wird die Datenbank automatisiert über ei-
zwischen Reeder und Terminal kommuniziert werden,           ne Schnittstelle genutzt, die Software screent
da etwa mit jeder Fahrplanveränderung das Zeitfens-         dann alle mit Gefahrgut in Verbindung stehen-
ter für den Liegeplatz wieder neu mit dem Terminal          den Wörter in der Warenbeschreibung. Alle po-
abgestimmt werden muss.                                     tenziellen Treffer werden daraufhin von den
Diese Kommunikation soll künftig über eine von Port-        Reedereien manuell geprüft und gegebenen-
chain betriebene, gemeinsam von Reederei und Termi-         falls korrigiert.
nal genutzte digitale Plattform erfolgen.. Dabei werden
die von der DCSA (Digital Container Shipping Associa-
                                                                   Informationen unter: hapag-lloyd.com
tion) neu entwickelten Kommunikationsstandards

                                                                                                     Port of Hamburg Magazine | Dezember 2022 | 27
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